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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.12.2006
Aktenzeichen: 4 K 1577/01
Rechtsgebiete: EStG, GewStG


Vorschriften:

EStG § 4 Abs. 4a
GewStG § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

4 K 1577/01

In dem Finanzrechtsstreit

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 4. Senat -

ohne mündliche Verhandlung am 21. Dezember 2006

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht den Richter am Finanzgericht den Richter am Landgericht den ehrenamtlichen Richter den ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2001 wird der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1999 vom 22. November 2000 dahingehend geändert, dass der Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag auf 185,-- DM festgesetzt wird.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten zugunsten des Klägers vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die gewerbesteuerliche Behandlung der nach § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes -EStG- wegen sogen. Überentnahmen nicht abziehbaren Schuldzinsen im Streit.

Der Kläger betrieb im Streitjahr 1999 einen Friseurbetrieb und damit einen stehenden Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes -GewSt-. In seiner Gewerbesteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 1999 gab er einen Gewerbeertrag in Höhe von 60.705,-- DM sowie Dauerschuldzinsen in Höhe von 9.338,-- DM an. Der Beklagte wich bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages insofern von der eingereichten Gewerbesteuererklärung ab, als er den Gewerbeertrag - ebenso wie den Gewinn bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb im Zusammenhang mit der Einkommensteuerveranlagung - um die nicht abziehbaren Schuldzinsen für Überentnahmen im Sinn des § 4 Abs. 4a EStG in Höhe von 2.056,-- DM erhöhte (Bl. 3 der Gewerbesteuerakten -GewStA-, Bl. 3, 16 f. der Einkommensteuerakten -EstA-). Bezüglich der Berechnung des Hinzurechnungsbetrages nach § 4 Abs. 4 a Sätze 4 und 5 EStG wird auf das Schreiben des Beklagten vom 18. Dezember 2000 (Bl. 6 f. der GewStA) Bezug genommen.

Danach berechnete der Beklagte den Hinzurechnungsbetrag entsprechend der Regelung in § 4 Abs. 4a Sätze 4 und 5 EStG 1999 in der Fassung des Steuerbereinigungsgesetzes 1999 vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I 1999 S. 2601), mit der die rückwirkende Neuregelung des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs für Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a erfolgt war. Ausgehend von Überentnahmen in Höhe von 34.276,-- DM setzte der Beklagte hiervon 6 v. H. - somit 2.056,-- DM- als nicht abzugsfähige Schuldzinsen an. Darüber hinaus rechnete er gem. § 8 Nr. 1 GewStG 50 v.H. der Entgelte für Dauerschulden von 9.338,-- DM, somit 4.669,-- DM, hinzu und legte einen Gewerbeertrag, abgerundet auf volle 100,-- DM, in Höhe von 67.400,-- DM zugrunde. Eine Auswirkung des Hinzurechnungsbetrags nach § 4 Abs. 4a Sätze 4 und 5 EStG 1999 auf die Höhe der nach § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnenden Dauerschuldzinsen erkannte der Beklagte nicht an, weil er insoweit keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG einerseits und den nach § 4 Abs. 4a EStG 1999 nicht abzugsfähigen Schuldzinsen andererseits sah. Deshalb sah der Beklagte keine Möglichkeit, insoweit eine entsprechende Anrechnung vorzunehmen.

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Er begründete diesen damit, dass infolge der Hinzurechnung der Schuldzinsen auf Überentnahmen bei der Gewinnermittlung und der vom Beklagten in der Höhe unverändert belassenen Dauerschuldzinsen eine Doppelbesteuerung entstünde. Gemäß § 8 GewStG würden nur die Beträge dem Gewinn hinzugerechnet, insbesondere die Zinsaufwendungen, die zuvor bei der Ermittlung des Überschusses auch abgezogen worden seien. Eine Hinzurechnung der Zinsen könne daher nicht in Betracht kommen, wenn diese bei der Gewinnermittlung ihrerseits nicht abgezogen werden dürften. Der Kläger bezog sich hierbei auch auf eine Verfügung der OFD Düsseldorf vom 4. Januar 2001 - G 1422 A -St 131 (Haufe Datenbank "Verwaltungsanweisungen", Haufe-Index: 565002), wonach der nicht zuzurechnende Teil der Zinsen geschätzt werden sollte. Dabei seien die Zinsen für Investitionsdarlehen uneingeschränkt abzugsfähig und damit voll hinzurechnungsfähig. Die restlichen zuzurechnenden Zinsaufwendungen seien den verbleibenden Zinsen zuzuordnen. Nach einer dementsprechenden Berechnung seien im Ergebnis die zur Hälfte dem Gewerbeertrag hinzuzurechnenden Dauerschuldzinsen um den dem Gewerbeertrag zugeschlagenen Betrag von 2.056,-- DM zu kürzen. Hiernach errechnete der Kläger die gemäß § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnenden Zinsen wie folgt:

 Zinsen für Investitionen 3.168,92 DM
andere Zinsen6.169,58 DM 
Kürzung des Zinsaufwandes um die Hinzurechnung bei der Ermittlung des Gewerbeertrages./. 2.056,-- DM 4.113,58 DM
  7.282,50 DM

Dies ergebe unter Zugrundelegung einer 50%igen Hinzurechnung der Entgelte für Dauerschulden den Betrag von 3.641,25 DM, um den der Gewinn aus Gewerbebetrieb nur erhöht werden dürfe (Bl. 12 ff. der GewSt-Akten).

Der Beklagte wies mit Entscheidung vom 15. März 2001 den Einspruch als unbegründet zurück. Nach § 8 Nr. 1 GewStG sei dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG) die Hälfte der Dauerschuldzinsen wieder hinzuzurechnen, soweit diese Zinsen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden seien. Gewerbeertrag sei gemäß § 7 GewStG der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu ermittelnde Gewinn. Gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG 1999 seien Schuldzinsen nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden seien. Die nach § 4 Abs. 4a Sätze 2 - 5 EStG 1999 typisierend ermittelten nicht abzugsfähigen Schuldzinsen seien dem Gewinn hinzuzurechnen. Hierbei handele es sich um den Gewinn nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Dieser (erhöhte) Gewinn sei - entsprechend der Rechtslage zu den nach § 4 Abs. 5 EStG nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben - der nach § 7 GewStG maßgebende Gewerbeertrag. Daraus ergebe sich, dass die Hälfte der Dauerschuldzinsen diesem (erhöhten) Gewinn hinzuzurechnen sei. Weil kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den nicht abzugsfähigen Schuldzinsen und den betrieblichen Schuldzinsen bestehe, könne auch beim Ansatz der dem Gewerbeertrag hinzuzurechnenden Dauerschuldzinsen keine Verrechnung vorgenommen werden (Hinweis auf die RdVfg. der Oberfinanzdirektion -OFD- Koblenz vom 29. September 2000 - S 2319 A - St 31 1-, Anlage 2 Rz 4.5). Insoweit sah der Beklagte auch die vom Kläger angeführte Verwaltungsanweisung der OFD Düsseldorf für ihn, den Beklagten, nicht bindend an.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage, mit der der Kläger sein Rechtsschutzziel weiterverfolgt. Er steht weiterhin auf dem Standpunkt, dass eine Berichtigung der Hinzurechnung der Entgelte für Dauerschulden nach § 8 Nr. 1 GewStG zu erfolgen habe, weil in § 4 Abs. 4a EStG 1999 i.V.m. § 7 GewStG die Hinzurechnung der Zinsen zum Gewerbesteuermessbetrag ab dem 1.1.1999 neu geregelt worden sei. Andernfalls würde der Gewinn aus Gewerbebetrieb zweimal um die gleichen Betriebsausgaben (nämlich die wegen Überentnahmen nicht abziehbaren Zinsen) erhöht werden.

Wegen der Hinzurechnung der Zinsen aufgrund Überentnahmen gemäß § 4 Abs. 4a EStG 1999 und der Hinzurechnung der Hälfte der Entgelte für Schuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG erfolge die doppelte Erfassung gewisser Anteile der Schuldzinsen zum Gewerbeertrag. Die nach § 8 Nr. 1 GewStG vorzunehmende Hinzurechnung sei deshalb zu korrigieren, weil durch § 4 Abs. 4a EStG 1999 eine Neuregelung des Abzugs der Zinsen als Betriebsausgaben erfolgt sei. Folglich sei entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten eine Korrektur der Schuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG vorzunehmen. Der Kläger führt ergänzend auch die Verfügungen der OFD Frankfurt vom 14. Dezember 2000 - G 1422 A - 31-St II 22 (Finanzrundschau -FR- 2001, 219) und die Verfügung der OFD Münster vom 22. Januar 2001 - G 1422 - 79 - St 12 - 34 (Der Betrieb -DB- 2001, 304) an, wonach die Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG bei Überentnahmen richtig zu stellen sei, da zumindest ein mittelbarer Zusammenhang zwischen den nicht abzugsfähigen Schuldzinsen (hier: aufgrund Überentnahmen) und den betrieblichen Schuldzinsen festzustellen sei. Zumindest ein Teil der letzteren betreffe die Verzinsung der Überentnahmen. Hieran anknüpfend ermittelt der Kläger die hinzuzurechnenden Dauerschuldzinsen wie folgt:

 Zinsaufwand 1999 insgesamt DM
Zinsen kurzfristig867,--
Zinsen langfristig (durch Investitionen bedingt)3.169,--
Zinsen langfristig (Sonstiges)6.170,--
 10.206,--

 Zinsaufwand DMv.H.Dauerschuldzinsen DM
gesamter Zinsaufwand10.206,--  
Zinsen aufgrund von Investitionen - Dauerschuldzinsen-3.169,--  3.169,--
 7.037,--100 
Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4 a EStG-2.056,--  
 4,981,--70 
anzusetzender Anteil sonstige langfristige Zinsen - 70 v.H. von 6.170,-- DM  4.319,--
   7.488,--
Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG - 50 v.H. -  3.744,--

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2001 den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 1999 vom 22. November 2000 dahingehend abzuändern, dass die hinzuzurechnenden Entgelte für Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG lediglich mit 3.744,-- DM angesetzt werden und hieran anknüpfend der Steuermessbetrag nach dem Gewerbeertrag auf 185,-- DM festgesetzt wird,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er hält an seinem Rechtsstandpunkt in der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2001 fest und weist ergänzend darauf hin, dass er auf die im Einspruchsverfahren zitierte Rundverfügung der OFD Koblenz gebunden sei und deshalb entgegenstehende Verwaltungsanweisungen anderer Bundesländer nicht anwenden dürfte.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid vom 22. November 2000 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 15. März 2001 sind rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Denn der Beklagte hat zu Unrecht sämtliche auf das Streitjahr entfallenden Schuldzinsen als Entgelte für Dauerschulden behandelt und dem Gewerbeertrag zugerechnet.

1. Nach § 8 Nr. 1 GewStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG) die Hälfte der Entgelte für Schulden, die wirtschaftlich der nicht nur vorübergehenden Verstärkung des Betriebskapitals dienen, hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind. § 8 Nr. 1 GewStG enthält ein partielles Abzugsverbot, das nur gesetzestechnisch als Hinzurechnungstatbestand ausgestaltet ist (vgl. Güroff in Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 6. Aufl., 2006, § 8 Rz. 3; Hofmeister in Blümich, Kommentar zu EStG, KStG, GewStG und Nebengesetzen, Stand: August 2006, § 8 GewStG Rz 14; BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 65/03, BStBl II 2005, 102).

2. Im Streitfall fehlt es hinsichtlich der vom Beklagten hinzugerechneten Entgelte für Schulden insoweit an dem Erfordernis, dass diese in vollem Umfang bei der Ermittlung des Gewinns zuvor abgesetzt worden sind.

Die gemäß § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG 1999 ermittelten nicht abziehbaren Schuldzinsen sind gemäß § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG 1999 dem Gewinn hinzuzurechnen. Gemäß § 7 GewStG gehen die nicht abziehbaren Schuldzinsen in den nach den Vorschriften des EStG ermittelten Gewinn und damit in den Gewerbeertrag ein. Denn unabhängig davon, ob durch § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG 1999 eine Erhöhung des Gewinns verbunden sein soll oder bei einem unverändert gebliebenen Gewinn eine Erhöhung der Einkünfte bezweckt ist, folgt die Einbeziehung der nicht abziehbaren Schuldzinsen bei der Gewerbesteuer aus der ratio legis. Denn soweit § 4 Abs. 4a EStG 1999 dazu dient, privat veranlasste Schildzinsen des Steuerpflichtigen zu ermitteln, die "zu Unrecht" den Gewinn gemindert haben, gilt diese Zielrichtung und Wertung des Gesetzgebers auch für die auf den Gewinn bezogene Gewerbesteuer (vgl. Hundsdoerfer/Henning, Konzept und Praktikabilität einer eigenkapitalbezogenen Begrenzung des Schuldzinsenabzugs - zum neuen § 4 Abs. 4a EStG, Betriebs-Berater -BB- 2000, 542, 543).

3. Dies hat insoweit auch Auswirkungen auf die nach § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnenden Dauerschuldzinsen. Denn nach § 8 GewStG werden bei der Ermittlung des Gewerbeertrags generell nur solche Beträge dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet, die bei der Ermittlung des Gewinns auch abgezogen worden sind. Soweit demnach Zinsaufwendungen nach § 4 Abs. 4a EStG bei der Ermittlung des Gewinns - und sei es aufgrund der vorzunehmenden außerbilanzmäßigen Hinzurechnung - im Ergebnis (per Saldo) nicht abgezogen werden dürfen, kommt daher eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG bereits dem Grunde nach nicht in Betracht (Hundsdoerfer/Henning, a.a.O., S. 544f.; Hegemann/Querbach, Auswirkungen des betrieblichen Schuldzinsenabzugsverbots auf die Gewerbesteuer (§ 4 Abs. 4a EStG), Neue Wirtschaftsbriefe -NWB- Fach 5, S. 1533, 1535f.; Happe, Gewerbesteuerliche Behandlung der nichtabziehbaren Schuldzinsen, StuB -Steuer- und Bilanzpraxis- 2001, 959, 960).

4. Allerdings bereitet die Frage in der praktischen Umsetzung, in welchem Umfang der (einkommensteuerlich) nicht abziehbare Teil der Zinsaufwendungen den dem Grunde nach als Dauerschuldentgelte i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG zu qualifizierenden Zinsaufwendungen zuzuordnen ist, große Schwierigkeiten. Für die Dauerschuldzinsen ergibt sich nämlich schon aus dem Prinzip der Wiederhinzurechnung der bei der Gewinnermittlung abgesetzten Zinsen, dass es grundsätzlich auf die tatsächlich gezahlten oder passivierten Zinsen ankommt (BFH-Urteile vom 28. Januar 1970 I R 12/68, BStBl II 1970, 336, und vom 28. Juli 1976 I R 12/75, BStBl II 1976, 792). Folglich erhöhen nur die tatsächlich entstandenen Dauerschuldzinsen den Gewerbeertrag, sofern sie den Gewinn vorher gemindert haben. Aufgrund der gemäß § 4 Abs. 4a EStG 1999 typisierten Hinzurechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen können diese in ihrer tatsächlichen Höhe allerdings nicht oder jedenfalls nur mit erheblichen Schwierigkeiten ermittelt werden (vgl. hierzu Hundsdoerfer/Henning, a.a.O., S. 544f.). Denn aufgrund der spezifischen Wirkungsweise der Vorschrift des § 4 Abs. 4 a EStG sind niemals die gesamten betrieblichen Zinsaufwendungen, sondern nur ein Teil davon nicht abziehbar. Es verbleibt nämlich ein Sockelbetrag von max. 4.000 DM (nunmehr 2.050 EUR), der gem. § 4 Abs. 4 a Satz 5 EStG stets abziehbar ist. Darüber hinaus bleibt der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unberührt (§ 4 Abs. 4a Satz 6 EStG 1999).

5. Trotz dieser praktischen Schwierigkeiten kann dem Beklagten jedoch nicht gefolgt werden, soweit er deshalb keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den Dauerschuldentgelten nach § 8 Nr. 1 GewStG einerseits und den nach § 4 Abs. 4a EStG 1999 nicht abzugsfähigen Schuldzinsen andererseits sieht und demzufolge eine ungekürzte Hinzurechnung vorgenommen hat. Denn die erforderliche Zuordnung des einkommensteuerlich nicht abziehbaren Teils der Zinsaufwendungen zu den dem Grunde nach als Dauerschuldzinsen im Sinne von § 8 Nr. 1 GewStG zu qualifizierenden Zinsaufwendungen kann jedenfalls im Wege der Schätzung erfolgen. Insoweit schließt sich der erkennende Senat den vom Kläger für seinen Rechtsstandpunkt angeführten Verwaltungsanweisungen der OFD Düsseldorf, der OFD Münster und der OFD Frankfurt an. Dies stellen nach Auffassung des Senats zutreffende Norminterpretationen hinsichtlich der Konkurrenzsituation des § 4 Abs. 4a EStG einerseits und des § 8 Nr. 1 GewStG andererseits dar. Darüber hinaus bestehen für weitere OFD-Bezirke parallele Verwaltungsvorschriften (Vfg. der OFD Magdeburg vom 7. Juni 2001 - G 1422-19-st 2217, juris; der OFD Hannover vom 26. März 2001- G 1422-98-StO 232, juris, der OFD Chemnitz vom 16. Juli 2001 - G 1422-14/1-St 21, Haufe-Index: 664771; der OFD Nürnberg vom 12. Februar 2001 - G 1422 - 103/St 31, Haufe-Index: 544250, und der OFD Cottbus vom 6. März 2001 - G 1422 - 18 - St 224, Haufe-Index: 1136074).

6. Die vom Kläger im Wege der Schätzung nach Maßgabe dieser Verwaltungsanweisungen vorgenommene Zuordnung hält der Senat ebenfalls für sachgerecht.

Danach waren die Zinsen für Investitionsdarlehen, die gem. § 4 Abs. 4 a Satz 6 EStG 1999 uneingeschränkt abzugsfähig waren (vgl. hierzu auch Rdn. 26-29 des BMF-Schreibens vom 22. Mai 2000 - IV C 2-S 2144-60/00, BStBl 2000 I S. 588; und Rdn 26-29 des BMF-Schreibens vom 17. November 2005 - IV B 2 - S 2144 - 50/05, BStBl I 2005, 1019), in voller Höhe nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnen, da insoweit auch die sonstigen Voraussetzungen für eine Dauerschuld gegeben waren. Die restlichen dem Grunde nach unter § 8 Nr. 1 GewStG fallenden Dauerschuldzinsen waren hierbei nur in dem Verhältnis nach Maßgabe des § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnen, in dem die abziehbaren Zinsaufwendungen zu den gesamten Zinsaufwendungen standen, wobei die Zinsen für Investitionsdarlehen wieder herauszurechnen waren. Hiernach hat der Kläger den anzusetzenden Anteil sonstiger langfristiger Zinsen zutreffend in Höhe von 70 v.H. berechnet, was einen Hinzurechnungsbetrag von 3.744,-- DM statt bisher von 4.669,-- DM ergibt.

Der Klage war mithin in vollem Umfange stattzugeben.

II.

Die Entscheidung erging im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO-)

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten und die Abwendungsbefugnis beruhen auf §§ 151 Abs.2 und 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung -ZPO-.

V.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da ungeachtet der gleich lautenden Verwaltungsanweisungen verschiedener Oberfinanzdirektionen eine höchstrichterliche Rechtsprechung zur gewerbesteuerlichen Behandlung der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen - soweit ersichtlich - bislang noch nicht vorliegt.



Ende der Entscheidung

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