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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: 4 K 2063/05
Rechtsgebiete: EStG, GewStG, InsO


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EStG § 15 Abs. 2
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
GewStG § 2 Abs. 1 S. 2
InsO § 56
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

4 K 2063/05

Gewerbesteuermessbetrag 2001 - 2003

In dem Finanzrechtsstreit

...

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 4. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Juni 2007

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht xxx den Richter am Finanzgericht xxx den Richter am Finanzgericht xxx die ehrenamtliche Richterin xxx den ehrenamtlichen Richter xxx

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2001 und 2002 vom 4. Januar 2005 sowie der Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 vom 23. März 2005 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2005 werden ersatzlos aufgehoben.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Da Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten zugunsten des Klägers vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist in Streit, ob die Einkünfte des Klägers als Insolvenzverwalter noch als freiberuflich oder schon als gewerblich einzustufen sind.

Der Kläger erzielte als selbständiger Rechtsanwalt Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG-. Daneben war er in den Streitjahren in zunehmendem Umfang als Insolvenzverwalter tätig. Den aus der Insolvenzverwaltertätigkeit erzielten Gewinn ermittelte der Kläger für das Kalenderjahr 2002 getrennt von den Einkünften aus der übrigen Rechtsanwaltstätigkeit. In seiner Einkommensteuererklärung für 2002 erklärte der Kläger sowohl die Gewinne aus der Rechtsanwalts- als auch aus der Insolvenzverwaltertätigkeit als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 18 Abs.1 Nr. 1 EStG.

Für die Kalenderjahre 2000 bis 2002 fand bei dem Kläger eine Außenprüfung statt. Im Rahmen dieser Prüfung wurden die Einkünfte aus der Insolvenzverwaltertätigkeit als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG qualifiziert. Da nach Auffassung des Betriebsprüfers ab dem Kalenderjahr 2001 die Insolvenzverwaltung nach ihrem Umfang nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft des Klägers beruhte, qualifizierte er unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001 (Az.: XI R 56/00, BStBl II 2002, 202) nunmehr die Einkünfte aus dieser Tätigkeit nach der sogen. Vervielfältigungstheorie als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Der Beklagte folgte den entsprechenden Prüfungsfeststellungen (Hinweis auf den Prüfungsbericht vom 2. November 2004, Bl. 5 ff. der Bp-Berichtsakten) und erließ unter dem Datum vom 4. Januar 2005 für die Kalenderjahre 2001 und 2002 erstmalige Gewerbesteuermessbescheide, wobei er die in der Höhe unstreitigen Gewinne aus der Insolvenzverwaltung als Gewerbeertrag nach § 7 des Gewerbesteuergesetzes -GewStG- ansetzte. Den entsprechenden Gewerbesteuermessbescheid für 2003 erließ der Beklagte aufgrund der zwischenzeitlich eingereichten Gewinnermittlung unter dem Datum vom 23. März 2005.

Hiergegen legte der Kläger jeweils fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass der hier zu beurteilende Streitfall sich wesentlich von dem durch den BFH entschiedenen Rechtsstreit unterscheide. In dem vom BFH entschiedenen Fall habe es sich um eine aus vier Rechtsanwälten bestehende Gesellschaft des bürgerlichen Rechts -GdbR- gehandelt, welche als Verwalterin im Gesamtvollstreckungsverfahren tätig gewesen sei. Die GdbR habe mehrere Rechtsanwälte mit vergleichbarer Qualifikation wie ihre Gesellschafter sowie weitere 67 Personen (z.B. Reno-Gehilfinnen und Buchhalterinnen) beschäftigt gehabt. Allein in der großen Zahl der Beschäftigten sei hier ein gewichtiges Indiz gegen die individuelle Leistung der Gesellschafter der GdbR zu sehen gewesen. Im vorliegenden Streitfall seien dagegen lediglich drei Personen (Reno-Gehilfinnen und Buchhalterin) beschäftigt gewesen. Diese Mitarbeiter sowie die als "Subunternehmer" hinzugezogenen Rechtsanwälte hätten zwar allesamt über eine qualifizierte Ausbildung verfügt; eine ordnungsgemäße Abwicklung von Insolvenzverfahren setze aber gerade ein besonderes Fachwissen der Mitarbeiter voraus. Im Übrigen werde das Amt eines Insolvenzverwalters immer "höchstpersönlich" ausgeübt und könne demzufolge auch nicht durch einen Bevollmächtigten wahrgenommen werden. Da ein Insolvenzverwalter zudem als Amtstreuhänder eingesetzt sei, könnten die Einkünfte aus dieser Tätigkeit nur als solche aus selbständiger Arbeit qualifiziert werden. Trotz der höchstpersönlichen Ausübung des Amtes des Insolvenzverwalters sei die Beschäftigung von Hilfskräften durch die Insolvenzordnung nicht ausgeschlossen. Da aber der Kernbereich der höchstpersönlichen Arbeiten gerade nicht auf Bevollmächtigte übertragen werden könne, scheide damit auch in seinem Fall die sogen. Vervielfältigungstheorie aus. Solange die Tätigkeit der Mitarbeiter entsprechend überwacht werde, sei der Umfang der Einschaltung von Mitarbeitern daher ohne Bedeutung. Zu einer solchen Überwachung sei der Insolvenzverwalter nach den Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung -BRAO- sowie der Insolvenzordnung -InsO- aber ohnehin verpflichtet. Für eine Verletzung der entsprechenden Pflichten hafte der Insolvenzverwalter nach § 60 InsO persönlich. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse seien im Streitfall die Einkünfte aus seiner Insolvenzverwaltertätigkeit somit als solche aus selbständiger Arbeit zu qualifizieren, weil die Einkünfte ausschließlich auf seine persönliche Arbeitskraft zurückzuführen seien.

Der Beklagte wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Einkünfte aus Gewerbebetrieb unterlägen im Unterschied zu den übrigen Einkunftsarten grundsätzlich der Gewerbesteuer, sofern die übrigen Voraussetzungen des Gewerbesteuergesetzes -GewStG- vorlägen. Die Qualifizierung der Einkünfte sei im Streitfall somit entscheidend für die Beurteilung der Gewerbesteuerpflicht. Bei den Einkünften des Klägers aus seiner Rechtsanwaltspraxis handele es sich unstreitig um solche aus selbständiger (freiberuflicher) Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der BFH sei dagegen in der Entscheidung XI R 56/00 zum Ergebnis gelangt, dass die Einkünfte aus der Tätigkeit eines Verwalters im Vollstreckungsverfahren grundsätzlich zu den Einkünften im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit) gehörten, auch wenn diese Tätigkeit durch einen Rechtsanwalt ausgeübt werde, der im Übrigen Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erziele. Zu Recht seien daher im Streitfall die entsprechenden Einkünfte des Klägers aus der Insolvenzverwaltertätigkeit den Einkünften nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zugerechnet worden. Dies entspreche auch der ständigen BFH-Rechtsprechung, die die Tätigkeit eines Konkurs-, Zwangs- und Vergleichsverwalters als eine vermögensverwaltende, i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG qualifiziere. Das gleiche gelte für einen Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren, der wiederum mit einem Konkurs- oder Insolvenzverwalter vergleichbar sei. Nehme die sonstige selbständige Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG jedoch einen Umfang an, der die Beschäftigung mehrerer Angestellter oder die Einschaltung von Subunternehmern erforderlich mache, und würden den genannten Personen nicht nur untergeordnete, insbesondere vorbereitende oder mechanische Aufgaben übertragen, liege insoweit eine gewerbliche Tätigkeit nach der sog. Vervielfältigungstheorie vor.

Der Kläger habe sich im Streitfall für die Erledigung der Arbeiten im Rahmen der Insolvenzverwaltertätigkeit u.a. der Mithilfe von zwei Rechtsanwälten und drei weiterer Angestellter bedient. Aufgrund der beruflichen Qualifikation der Mitarbeiter könne davon ausgegangen werden, dass diese nicht nur mit vorbereitenden oder rein mechanischen Arbeiten betraut gewesen seien. Selbst dann, wenn nur Hilfskräfte beschäftigt worden wären, die ausschließlich untergeordnete Arbeiten erledigt hätten, könnte es sich nach dem BFH-Urteil vom 25. November 1970 (I R 123/69, BStBl II 1971, 239) im Einzelfall um eine gewerbliche Tätigkeit handeln, denn anders als bei der originären Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG könne für den Bereich der Insolvenzverwaltung bereits die Beschäftigung von mehr als einem qualifizierten Mitarbeiter die gewerbliche Qualifizierung der Einkünfte zur Folge haben.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse habe die Insolvenzverwaltung durch den Kläger im Streitfall jedenfalls einen Umfang angenommen, der allein hier die Beschäftigung mehrerer Angestellter sowie die Einschaltung von weiteren Rechtsanwälten erforderlich gemacht habe. Es sei daher davon auszugehen, dass die erzielten Einkünfte nicht mehr im Wesentlichen auf der individuellen Arbeitskraft des Klägers beruhten, so dass diese entsprechend dem BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001 als gewerbliche zu qualifizieren seien. Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf die Aktenausfertigung der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2005 (Bl. 20 ff. der GewSt-Akten) Bezug genommen.

Mit seiner hiergegen erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Er hält die vom Beklagten angeführte BFH-Entscheidung vom 12. Dezember 2001 für nicht einschlägig. In dem Urteil des BFH werde ausgeführt, dass es zu den Wesensmerkmalen einer selbständigen Tätigkeit gehöre, dass sie in ihrem Kernbereich auf der eigenen persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruhe. Nehme die Tätigkeit einen Umfang an, der die ständige Beschäftigung mehrerer Angestellter oder die Einschaltung von Subunternehmern erfordere und würden diesen Personen nicht nur untergeordnete, insbesondere mechanische Arbeiten, übertragen, so könne deren Umfang im Einzelfall den gewerblichen Charakter der Tätigkeit begründen. Nach der BFH-Rechtsprechung sei in jedem Fall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden. In dem vom BFH entschiedenen Streitfall, der dem Beklagten als Präjudiz diene, habe es sich um eine GdbR gehandelt, in der sich eine Rechtsanwältin und drei Rechtsanwälte zu gemeinsamer Berufsausübung zusammengeschlossen hätten. Ihre Einnahmen hätten überwiegend aus Tätigkeiten als Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren gestammt. Die dortige Klägerin habe mehrere Rechtsanwälte mit vergleichbarer Qualifikation wie ihre Gesellschafter und ferner 67 Personen beschäftigt, die teilweise eine Fachausbildung als Reno-Gehilfinnen bzw. Buchhalterinnen durchlaufen hätten. Die Zahl der insgesamt Beschäftigten von 70 Arbeitnehmern sei nach den Ausführungen des BFH ein gewichtiges Indiz gewesen, das gegen die individuelle Leistung der Gesellschafter der Klägerin gesprochen habe. Ein derartiger Sachverhalt liege hier jedoch nicht vor, denn der Kläger habe in den Streitjahren 2001 und 2002 insgesamt nur drei Personen mit einer qualifizierten Fachausbildung als Buchhalter bzw. Reno-Gehilfin (davon zwei Personen als Teilzeitbeschäftigte mit Fachausbildung) beschäftigt und darüber hinaus im Jahr 2001 nur einer Rechtsanwältin und im Jahr 2002 noch zwei weiteren Rechtsanwälten bzw. Assessoren Aufträge für Vorarbeiten in den Insolvenzverfahren erteilt. Sämtliche beschäftigten Mitarbeiter und Rechtsanwälte als Subunternehmer hätten selbstverständlich über eine qualifizierte Ausbildung verfügt. Eine ordnungsgemäße Abwicklung von Insolvenzverfahren setze jedoch ein besonderes Fachwissen aller Mitarbeiter (vergleichbar mit der Tätigkeit eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers) voraus. Freilich hätten die als freie Mitarbeiter bzw. als Subunternehmer beschäftigten Juristen, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung weiter erläutert hat, noch über keine ausreichende praktische Erfahrung auf dem Gebiet des Insolvenzrechts verfügt.

Bei der Beurteilung und Qualifizierung der Tätigkeit des Insolvenzverwalters habe der Beklagte auch nicht hinreichend gewürdigt, dass das Amt eines Insolvenzverwalters höchstpersönlich und nicht durch einen Bevollmächtigten wahrgenommen werden könne. Insbesondere könnten insolvenztypische Handlungen, die der Schuldner nicht selbst vornehmen könne, nur durch den Insolvenzverwalter höchstpersönlich vorgenommen werden (z.B. die ihm als Amtsträger zugewiesene Tätigkeit wie die Teilnahme an den Gläubigerversammlungen und Prüfungsterminen, die Abgabe der dort vorgesehenen Erklärungen, die Erstellung und Abgabe der Schlussrechnung und des Schlussverzeichnisses, die Erklärung über die Gestaltung noch nicht beendeter Rechtsgeschäfte, Anfechtungen und die Entscheidung über die Aufnahme von Prozessen etc.). Eine Übertragung dieser Geschäfte sei unzulässig, insofern widerspreche die Unterstellung, der Insolvenzverwalter sei nicht mehr eigenverantwortlich tätig, den gesetzlichen Grundlagen der InsO sowie dem tatsächlich verwirklichten Sachverhalt. Nach der Amtstheorie, die vom Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung vertreten und vom Bundesgerichtshof übernommen worden sei, übe der Insolvenzverwalter ein privates Amt aus. Er sei danach weder gesetzlicher Vertreter des Schuldners noch im Fall einer juristischen Person deren Organ, sondern vielmehr Amtstreuhänder, der materiell-rechtlich wie prozessual im eigenen Namen mit Wirkung für und gegen die Masse handele. Diese Stellung als Amtstreuhänder sei nicht mit der Qualifizierung der Einkünfte des Insolvenzverwalters als Einkünfte aus Gewerbebetrieb vereinbar, sondern müsse unwillkürlich zu Einkünften aus selbständiger Tätigkeit führen. Die Beschäftigung von Hilfskräften sei durch die Insolvenzordnung nicht ausgeschlossen. Da die Ausstellung einer Generalvollmacht oder einer beschränkten Vollmacht zur Erledigung der oder von Teilen der höchstpersönlichen Aufgaben des Insolvenzverwalters gesetzlich nicht zulässig sei, scheide auch die Anwendung der Vervielfältigungstheorie und die Diskussion über die Qualifikation des eingesetzten Hilfspersonals aus. Der Umfang der Einschaltung von Mitarbeitern und der Umfang des Geschäftsanfalls habe keine Bedeutung, solange die Tätigkeit der Mitarbeiter entsprechend überwacht werde. Genau zu dieser Überwachung sei der Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter aufgrund der Vorschriften der BRAO und der InsO gesetzlich verpflichtet. Die Vervielfältigungstheorie sei auf die Angehörigen der freien Berufe bereits seit 1960 nicht mehr anzuwenden, sie solle jedoch auf Einkünfte im Sinn des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG weiterhin Bedeutung haben. Der Grund dafür solle darin liegen, dass die in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfassten Tätigkeiten ihrer Natur nach einer kaufmännischen Beschäftigung näher stünden als die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten freien Berufe. Dieser Rückschluss sei nicht nachvollziehbar, denn allein aus der Aufgabenstellung des Insolvenzverwalters, die in §§ 56 - 66 InsO dargestellt sei, sei erkennbar, dass zur erfolgreichen Abwicklung eines Insolvenzverfahren die besonderen Kenntnisse eines Rechtsanwalts, Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers notwendig seien. Die der Anwendung der Vervielfältigungstheorie zugrunde liegende Unterstellung einer kaufmännischen Beschäftigung stehe die tatsächliche Tätigkeit entgegen. Zudem hafte der Insolvenzverwalter nach den gesetzlichen Vorgaben der InsO (§ 60 InsO) persönlich, wenn er schuldhaft die Pflichten verletze, die ihm nach der InsO oblägen.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Würdigung des tatsächlich vorliegenden Sachverhalts beruhten die Einkünfte des Klägers somit aus der Tätigkeit als Verwalter im Insolvenzverfahren ausschließlich auf der persönlichen Arbeitskraft und seien als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu qualifizieren.

Der Kläger beantragt,

die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag für 2001 und 2002 vom 4. Januar 2005 sowie den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 vom 23. März 2005 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2005 ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die bisherige rechtliche Würdigung des Sachverhalts in der Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus: Auf die vom Kläger angeführte besondere Aufgabenstellung und Haftung des Insolvenzverwalters nach der InsO komme es für die Frage, ob die Tätigkeit des Insolvenzverwalters der Gewerbesteuer unterliege, nicht an. So habe der BFH in seinemUrteil vom 12. Dezember 2001 (XI R 56/00, a.a.O.) die Auffassung vertreten, dass ein Rechtsanwalt als Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfahren Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erziele. Diese könnten dann unter den Voraussetzungen der sogen. Vervielfältigungstheorie als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu beurteilen sein. Aber auch bereits in früheren Entscheidungen habe der BFH die Tätigkeit eines Konkurs-, Zwangs- und Vergleichsverwalters als eine vermögensverwaltende Tätigkeit und somit als eine sonstige selbständige Tätigkeit angesehen und damit nicht als eine freiberufliche i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Für diese Beurteilung sei maßgebend gewesen, dass es sich dabei um eine mehr kaufmännisch-praktische Tätigkeit, wenngleich unter Verwertung qualifizierter geistiger Wirtschafts- und Rechtskenntnisse handele. Nichts anderes gelte nach Rechtsauffassung des BFH für den Insolvenzverwalter, der das der Gesamtvollstreckung unterliegende Vermögen in Besitz nehme, verwalte und durch Verkauf oder in anderer Weise verwerte. Die Zugehörigkeit zur Berufsgruppe der Rechtsanwälte reiche allein nicht aus, um die von einem Rechtsanwalt erzielten Einkünfte stets als freiberuflich einzuordnen. Hierfür sei es erforderlich, dass es sich bei der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit um eine für den Rechtsanwalt berufstypische, d.h. diesen Beruf in besonderer Weise charakterisierende Tätigkeit handele. Da der Rechtsanwalt der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten sei, könne man die Verwaltung und Verwertung fremden Vermögens nicht als berufstypisch für die Rechtsanwaltstätigkeit ansehen, selbst nicht unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich im Gesamtvollstreckungsverfahren häufig schwierige Rechtsfragen stellten.

Somit sei wegen der Einordnung der Insolvenzverwaltung unter die sonstige selbständige Arbeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG die Frage, wann durch die Beschäftigung von qualifizierten Mitarbeitern die Tätigkeit des Insolvenzverwalters als eine gewerbliche zu qualifizieren sei, nach wie vor anhand der sogen. Vervielfältigungstheorie zu beantworten. Nach dieser gehöre zu den Wesensmerkmalen der selbständigen Arbeit, dass sie in ihrem Kernbereich auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruhe. Nehme die Tätigkeit einen Umfang an, der die ständige Beschäftigung mehrerer Angestellter oder aber die Einschaltung von Subunternehmern erforderlich mache, und würden den genannten Personen nicht nur untergeordnete, nicht nur insbesondere vorbereitende oder mechanische Aufgaben übertragen, so beruhe sie nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers und sei deshalb steuerrechtlich als eine gewerbliche zu qualifizieren. Aber auch dann, wenn nur Hilfskräfte beschäftigt würden, die ausschließlich untergeordnete Arbeiten erledigten, könne deren Umfang im Einzelfall den gewerblichen Charakter der Tätigkeit begründen (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 23. Mai 1984, I R 122/81, BStBl II 1984, 823). Im vorliegenden Streitfall habe der Kläger nach seinen Angaben im Jahr 2001 insgesamt drei Personen mit einer qualifizierten Fachausbildung als Buchhalterin bzw. als Reno-Gehilfin beschäftigt. Außerdem sei im Jahr 2001 noch Frau Rechtsanwältin St als freie Mitarbeiterin für den Kläger tätig gewesen. Im Jahr 2002 seien von dem Kläger drei Personen mit qualifizierter Fachausbildung, davon zwei Personen als Teilzeitbeschäftigte, und zwei weitere Rechtsanwälte für die Übernahme von Arbeiten in den Insolvenzverfahren beschäftigt worden. Nach den Feststellungen des Betriebsprüfers habe hiervon Rechtsanwalt T die ihm vom Kläger zugeteilten Insolvenzverfahren selbständig zum Abschluss gebracht (Hinweis auf Bl. 13 der Bp-Akte). Aufgrund der ständigen Beschäftigung von qualifizierten Mitarbeitern und der Vergabe von Arbeiten an Rechtsanwälte, die als freie Mitarbeiter bzw. Subunternehmer für den Kläger tätig gewesen seien, seien die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter somit als gewerblich zu qualifizieren.

Dem Gericht haben die vom Beklagten für den Kläger geführten Gewerbesteuerakten 2001 bis 2003, die Bp.-Berichtsakten sowie die Gewinnermittlungen 2002 und 2003 vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Gewerbesteuermessbescheide für 2001 bis 2003 und die Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2005 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO).

1. Denn der Kläger erzielte jedenfalls in den Streitjahren keine gewerbesteuerpflichtigen Einkünfte (§ 2 Abs. 1 S. 2 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - i.V.m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG). Die streitigen Gewerbesteuermessbescheide waren daher aufzuheben.

2. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt jeder im Inland betriebene stehende Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist unter Gewerbebetrieb ein gewerbliches Unternehmen in Sinne des EStG zu verstehen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit (im Sinne des Einkommensteuerrechts) anzusehen ist. Die selbständige Berufstätigkeit der Rechtsanwälte ist grundsätzlich freiberufliche Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Jedoch kommt es für die Abgrenzung zwischen gewerblichen und freiberuflichen Einkünften nicht schlechthin auf die Aus- und Vorbildung sowie auf die Berufsbezeichnung des Steuerpflichtigen, sondern auf die Art der von ihm ausgeübten Tätigkeit an. Wesentliches Merkmal der freiberuflichen Tätigkeit zur Abgrenzung gegenüber der gewerblichen Tätigkeit ist die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Freiberuflers.

3. Die Tätigkeit des Klägers im Bereich der Insolvenzverwaltung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH-, der auch der erkennende Senat folgt, eine vermögensverwaltende i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. BFH-Urteile vom 29. März 1961 IV 404/60 U, BStBl III 1961, 306;vom 5. Juli 1973 IV R 127/69, BStBl II 1973, 730;vom 11. Mai 1989 IV R 152/86, BStBl II 1989, 729;vom 12. Dezember 2001 XI R 56/00, BStBl II 2002, 202 vgl. auch z.B. Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 18 EStG Rdnr. 264; Stuhrmann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, § 18 Rdnr. B 228; Schmidt/Wacker, EStG, 26. Aufl., 2007, § 18 Rdnr. 97,141).

4. Die Frage, inwieweit das neue Berufsbild des Insolvenzverwalters und die Qualifizierung der Anwaltschaft durch die Einführung des Fachanwalts für Insolvenzrecht eine Überprüfung dieser BFH-Entscheidung erforderlich macht (vgl. die Kritik des BFH in der Literatur: u.a. Stöcker, Einkünfte des Insolvenzverwalters -freiberuflich oder gewerblich?, Neue Zeitschrift für Insolvenz und Sanierung -NZI- 2002, 309; Stahlschmidt, Die Gewerbesteuerpflicht des Insolvenzverwalters, Betriebs-Berater -BB- 2002, 1727, 1731; sowie die Urteilsanmerkungen von Grashoff, Deutsches Steuerrecht -DStR- 2002, 355, 356; Strahl, BB 2002, 603 und Korn, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- Beilage 2002, 15), bedarf insoweit keiner Vertiefung. Denn auch eine der Art nach selbständige vermögensverwaltende Tätigkeit des Klägers i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG kann nach der sog. Vervielfältigungstheorie unter Berücksichtigung der Gesamtumstände jedenfalls für die Streitjahre entgegen der Auffassung des Beklagten noch nicht als ein Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG eingestuft werden. Nach der vom Reichsfinanzhof -RFH- und BFH entwickelten Vervielfältigungstheorie, die für vermögensverwaltende Tätigkeiten nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nach wie vor gilt (Umkehrschluss aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG; vgl. BFH-Urteil vom 11. August 1994 IV R 126/91, BStBl II 1994, 936; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 18 Rdnr. 23), gehört es zu den Wesensmerkmalen der selbständigen Tätigkeit, dass sie in ihrem Kernbereich auf der eigenen persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers beruht. Nimmt die Tätigkeit einen Umfang an,

der die ständige Beschäftigung mehrerer Angestellter oder die Einschaltung von Subunternehmern erfordert, und werden den genannten Personen nicht nur untergeordnete, insbesondere vorbereitende oder mechanische Arbeiten übertragen, so beruht sie nicht mehr im Wesentlichen auf der persönlichen Arbeitskraft des Berufsträgers und ist deshalb steuerrechtlich als eine gewerbliche zu qualifizieren.

Aber auch dann, wenn nur Hilfskräfte beschäftigt werden, die ausschließlich untergeordnete Arbeiten erledigen, kann der Umfang des Betriebs im Einzelfall den gewerblichen Charakter der Tätigkeit begründen.

Wann diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. Mai 1984 I R 122/81, BStBl II 1984, 823; BFH-Urteil vom 11. August 1994 IV R 126/91, a.a.O.). Allerdings reicht allein die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger "selbständig und eigenverantwortlich" i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig war, im Rahmen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht aus, die Tätigkeit als selbständige zu qualifizieren. Anderenfalls ginge die vom Gesetz beabsichtigte Unterscheidung zwischen § 18 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 EStG verloren (so BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 56/00).

5. Ausgehend von dieser rechtlichen Beurteilung ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der mündlichen Verhandlung davon überzeugt (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO), dass der Kläger in den Streitjahren als Verwalter in Insolvenzverfahren noch im Sinne einer sonstigen selbständigen Arbeit und damit nicht gewerblich tätig war.

a) Die Überlegungen setzen hierbei bei der Frage an, inwieweit aufgrund der dem Insolvenzverwalter von Gesetzes wegen obliegenden Verpflichtungen eine "Vervielfältigung" seiner Amtserfüllung den Charakter der selbstständigen Tätigkeit des Insolvenzverwalters aufheben können oder nicht. Denn eine "Vervielfältigung" der Erfüllung der Aufgaben (vgl. etwa BFH-Urteil vom 11. August 1994 IV R 126/91, a.a.O.) durch vom Insolvenzverwalter eingeschaltete Dritte ist nur insoweit möglich und überhaupt denkbar, wie nicht von Gesetzes wegen die Erfüllung der Aufgaben, die sich aus dem Amt des Insolvenzverwalters ergeben, als höchstpersönliche Aufgaben ausgestaltet sind.

Zu diesen "höchstpersönlichen" Tätigkeitsfeldern des Insolvenzverwalters gehören etwa:

aufgrund entsprechenden Beschlusses des Insolvenzgerichts die Pflicht, Zustellungen vorzunehmen (§ 8 Abs. 3 InsO),

die Masse in Besitz zu nehmen (§ 148 InsO),

Berichtspflichten gegenüber dem Insolvenzgericht (§ 58 Abs. 1 Satz 2 InsO),

die Pflicht, der ersten Gläubigerversammlung den Bericht zu erstatten sowie Inventarisierungspflichten (§§ 152 ff InsO),

die Teilnahme an Gläubigerversammlungen (§§ 74 Abs. 1 Satz 2 , 57, 156 usf. InsO),

die Erstattung der Gläubigerversammlung, Gläubigersausschuss oder dem Insolvenzgericht zu gebenden Berichte (§§ 58 Abs. 1 Satz 2, 69, 79, 156 InsO),

die Aufstellung der Verzeichnisse gemäß §§ 151,152, 153 InsO,

steuer- und handelsrechtliche Buchführungspflichten (§ 155 InsO),

die Pflicht, die Masse unverzüglich zu verwerten (§ 159 InsO) oder

aufgrund entsprechender Beschlussfassung durch die Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO einen Insolvenzplan zu erstellen (§ 218 InsO),

nach § 240 ZPO über die Führung von Prozessen zu entscheiden,

bzw. nach den §§ 103 ff InsO über die Wahl der Erfüllung beiderseits nicht erfüllter gegenseitiger Verträge zu befinden,

nach §§ 129 ff InsO Anfechtungsklagen,

bzw. nach den §§ 92 f InsO Schadenersatzprozesse zu führen,

die Führung der Liste und die Prüfung der angemeldeten Forderungen sowie die Erhebung des Widerspruchs (§§ 175 ff InsO),

die Erstellung des Verteilungsverzeichnisses (§ 188 InsO),

die Anzeige der Massearmut (§ 207 Abs. 3 InsO),

bzw. der Masseunzulänglichkeit (§ 208 Abs. 1 Satz 1 InsO),

die Schlussrechnungslegung (§ 66 InsO).

b) Neben diesen ausdrücklich im Gesetz verankerten Aufgaben, die ein höchstpersönliches Tätigwerden des Insolvenzverwalters erfordern bzw. die klarstellen, was der Insolvenzverwalter in eigener Person zu tun hat, kennt das Gesetz weiterhin hier sog. unbenannte Tätigkeiten im Kernbereich des Tätigkeitsfeldes des Insolvenzverwalters. Darunter sind all diejenigen Aufgaben zu verstehen, die das Gesetz dem Insolvenzverwalter zuweist, ohne dass sich bereits aus dem Gesetz ergibt, wie diese Aufgaben zu erfüllen sind. Hierzu zählt namentlich die Pflicht, nach dem Berichtstermin die Beschlüsse der Gläubigerversammlung auszuführen und im Regelfall die Soll-Masse unverzüglich zu verwerten, § 159 InsO, oder die anderen in § 157 InsO vorgesehenen Beschlüsse der Gläubigerversammlung umzusetzen. Dabei kommen die unterschiedlichsten Fallgestaltungen in Betracht, die im Gesetz in den §§ 160 ff InsO Erwähnung gefunden haben. Schon deshalb liegt es nahe, dass es sich bei der Pflicht gemäß § 159 InsO um eine Pflicht zur Umsetzung von Beschlüssen -- und d.h. um eine Entscheidungs- und Organisationstätigkeit handelt. So hat der Insolvenzverwalter z.B. für die Einschaltung eines geeigneten Verwerters Sorge zu tragen -- und es gehört zu den benannten höchstpersönlichen Pflichten des Insolvenzverwalters, die Genehmigung der Gläubigerversammlung einzuholen. Dies, nämlich die Entscheidung, mit einem Verwerter zu kontrahieren, obliegt ihm höchstpersönlich; nur er ist nach § 80 Abs. 1 Satz 2 InsO ermächtigt, den Vertrag mit Wirkung für und gegen die Masse zu schließen. Allerdings kann er sich beim Vertragsschluss nach den allgemeinen Regeln der §§ 164 ff BGB vertreten lassen. Denn in den Kernbereich der Tätigkeit des Insolvenzverwalters gehört die Organisation der Verfahrensabwicklung, nicht der konkrete Vertragsschluss: So kann es zweckmäßig sein, die Verwertung der Masse durch die Organe der insolvenzschuldnerischen Gesellschaft vornehmen zu lassen; der Insolvenzverwalter genehmigt dann die erforderlichen Akte und trägt die Verantwortung hierfür -- höchstpersönlich.

c) Dass diese Vertretung keine "Vervielfältigung" der zum Kernbereich seiner Aufgaben gehörenden Tätigkeit des Insolvenzverwalters ist, zeigt nämlich die Position des Sachwalters im Verfahren der Eigenverwaltung nach den §§ 270 ff, 274 InsO. Denn dem Sachwalter stehen nur Überwachungsfunktionen zu: So hat er sich und seinen Mitarbeitern Zugang zum Betrieb des Schuldners zu verschaffen und sich die Bücher des Schuldners vorlegen zu lassen. Dagegen darf er keine Vermögensgegenstände an sich nehmen; seine Tätigkeit der Insolvenzverwaltung beschränkt sich auf Aufsichts- und Genehmigungsfunktionen. Die faktische Handlung liegt bei den Organen des insolvenzschuldnerischen Unternehmensträgers.

d) Diese o.a. Auflistung belegt, dass ein höchstpersönlicher Einsatz der Arbeitskraft des Insolvenzverwalters in Person regelmäßig bei einer großen Zahl von faktisch zu erbringenden Tätigkeiten schlechthin undenkbar ist (vgl. hierzu Smid, Der Kernbereich der Insolvenzverwaltung, Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht -DZWIR- 2002, 265 unter 2.). Hieran knüpft im Übrigen auch die Insolvenzverwaltervergütungsverordnung - InsVV- an, die danach differenziert, ob und wieweit der Insolvenzverwalter in Ausübung seines Amtes handelt (Verrichtungen vornimmt) oder ob und wieweit er sich Dritter bedient (Smid, Der Kernbereich der Insolvenzverwaltung, DZWIR 2002, a.a.O). Die Analyse des Vergütungsrechts macht zudem deutlich, dass der Insolvenzverwalter keinen Dienst- oder Werklohn für bestimmte Tätigkeiten oder die Herbeiführung eines Erfolges erhält, sondern für die Ausübung seines Amtes honoriert wird.

e) Mögen die Tätigkeiten des Insolvenzverwalters auch "mehr kaufmännisch-praktischer Natur" sein, lässt sich seine Aufgabe als Maßstab des "Kernbereichs" seiner Tätigkeit letztlich nur unter Rückgriff auf seine Stellung im Insolvenzverfahren bestimmen. Folgerichtig hat daher der BFH in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass der Insolvenzverwalter kaufmännisch-praktische Tätigkeiten "unter Verwertung qualifizierter geistiger Wirtschafts- und Rechtskenntnisse" ausübe (BFH-Urteil vom 29.03.1961 IV 404/60 U, BStBl III 1961, 306).

f) Entscheidend für die Beurteilung der "Vervielfältigung" der Amtstätigkeit des Insolvenzverwalters ist nach alledem Folgendes zu berücksichtigen:

Ausgangspunkt ist § 56 InsO, der bestimmt, dass in das Amt eines Insolvenzverwalters nur eine natürliche Person berufen werden kann. Die Delegation von Aufgaben des Insolvenzverwalters im organisatorischen Kontext einer juristischen Person soll damit ausgeschlossen werden; dahinter verbirgt sich der Gedanke, dass die natürliche Person als Amtsträger die Entscheidungen in eigener Person fällen und soll verantworten müssen. Die Entscheidung über die Führung eines Anfechtungsprozesses oder die Aufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Prozesses -- nicht die darauf gegründete anwaltliche Durchführung des Prozesses, die Entscheidung über die Kündigung und Entlassung von Arbeitnehmern -nicht die Durchführung der Kündigung bzw. Abwicklung der Entlassung, für die ein Arbeitsrechtsexperte eingesetzt werden kann - oder die Entscheidung über die Art der Verwertung der Masse - nicht die Durchführung einer Versteigerung- sind allesamt vom Insolvenzverwalter höchstpersönlich zu treffen; dass er sich hierzu -- zur Entscheidung -- durch Erlangung eines entsprechenden Wissens- und Informationsstandes höchstpersönlich in den Stand zu setzen hat, leuchtet unmittelbar ein. Höchstpersönlich ist aber nicht deren Umsetzung. Dieser Befund bestätigt sich, soweit das Gesetz dem Insolvenzverwalter höchstpersönliches Handeln vorschreibt wie in den oben erwähnten Fällen von Berichtspflichten nach den § 58 Abs. 1 Satz 2, § 156 InsO. Denn die Berichtspflichten des Insolvenzverwalters spiegeln seine Entscheidungs- und Anweisungsaufgaben. Daraus folgt im Übrigen, dass der Insolvenzverwalter in Person den Bericht vor der Gläubigerversammlung nach § 156 InsO abzugeben hat, wobei er den Gläubigern Gelegenheit zu Rückfragen zu geben hat, die nur er beantworten kann, da es um seine Verantwortung für die Abwicklung des Verfahrens geht (Smid, Insolvenzordnung, 2. Aufl., 2002, § 156 Rdn. 3).

g) Dies veranschaulicht, dass die Insolvenzverwaltung -- der "Kernbereich" der dem Insolvenzverwalter anvertrauten Tätigkeiten -- nach dem Maßstab der dem Insolvenzverwalter durch Gesetz überantworteten Aufgaben bestimmt wird. Diese Aufgaben sind höchstpersönlich zu erfüllen; ihre Delegation würde sich als Pflichtverletzung darstellen, aber nicht die Tätigkeit der Insolvenzverwaltung definieren. Im Falle der durch die InsO benannten Aufgaben wird "Eigenhändigkeit" geschuldet, was aber die Erledigung von Hilfstätigkeiten nicht ausschließt. Im Falle der unbenannten gesetzlichen Pflichten schuldet der Insolvenzverwalter höchstpersönliche Organisations- und Entscheidungsleistungen. Außerhalb des durch die höchstpersönliche Wahrnehmung der benannten und unbenannten Pflichten zu bestimmenden "Kernbereichs der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ist der Insolvenzverwalter berechtigt, aber gegebenenfalls auch verpflichtet, über Hilfspersonen im technisch-mechanischen Bereich hinaus geeignete qualifizierte Dritte zur Wahrnehmung von Aufgaben der Vertretung oder Beratung "der Masse" zu mandatieren oder entsprechende Mandate an eigene qualifizierte Mitarbeiter zu erteilen. Damit delegiert er nicht eigene Aufgaben, sondern nimmt durch die Mandatserteilung eigene Aufgaben war (Smid, Der Kernbereich der Insolvenzverwaltung, DZWIR 2002, a.a.O.; Schmid, Der Rechtsanwalt-Insolvenzverwalter als "Gewerbetreibender"?, DZWIR 2002, 316 unter V.2).

h) Hieraus wird auch deutlich, dass allein aus der Anzahl der für einen Insolvenzverwalter tätigen Hilfspersonen nicht abgeleitet werden kann, inwieweit der Insolvenzverwalter seine Aufgaben selbständig und höchstpersönlich wahrnimmt. Demzufolge stellt der BFH in seinerEntscheidung vom 12. Dezember 2001 (XI R 56/00) nicht nur auf die Zahl von Hilfskräften als ein Indiz für eine Gewerblichkeit der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ab, sondern rekurriert auch auf das "Gesamtbild" der Umstände des Falles.

6. Vor diesem Hintergrund kann auch nicht der Verwaltungsauffassung gefolgt werden, wonach im Rahmen einer schematischen Betrachtung bereits die Beschäftigung von mehr als einem (gleich) qualifizierten Mitarbeiter die gewerbliche Qualifizierung der Einkünfte des Insolvenzverwalters zur Folge haben könne (BMF-Schreiben vom 27.Mai 2002 , IV A 6 - S 2248 - 16/02, Haufe-Index: 767996; zu Recht kritisch: Mitlehner, Insolvenzverwaltung als gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit, NZI 2002, 190, 193; Leibner, Die Gewerblichkeit der Insolvenzverwaltertätigkeit, DZWIR 2002, 273; Stahlschmidt, Die Gewerbesteuerpflicht des Insolvenzverwalters, BB 2002, a.a.O.).

Da eine sachgerechte Ausübung der Tätigkeit des Insolvenzverwalters ohne entsprechende qualifizierte Mitarbeiter von vornherein nicht in Betracht kommt, müsste ansonsten jedwede Tätigkeit des Insolvenzverwalters als gewerbliche Tätigkeit einzustufen sein.

7. Hiernach ist für die Streitjahre auch unter Zugrundelegung der Vervielfältigungstheorie die Schwelle für die Erzielung gewerblicher Einkünfte noch nicht überschritten.

Von den vom Kläger beschäftigten 3 Hilfskräften (1 Reno-Gehilfin, 1 Bilanzbuchhalterin und eine für die Lohnabrechnungen in den Insolvenzverfahren zuständige kaufmännische Angestellte, vgl. Bl. 13 der Bp.-Berichtsakten) arbeiteten davon 2 bis einschließlich 2002 lediglich als Teilzeitbeschäftigte. Darüber hinaus war im Jahr 2001 Frau Rechtsanwältin St als freie Mitarbeiterin für den Kläger tätig. Die hierfür bezogene Vergütung in Höhe von (lediglich) 13.821,48 DM (vgl. Bl. 14 der Bp-Berichtsakten) verdeutlicht, dass die von Frau Rechtsanwältin St entfalteten Tätigkeiten im Hinblick auf das Arbeitsvolumen nicht annähernd an die ganzjährige Beschäftigung einer juristisch qualifizierten Ganztagskraft heranreichten. Auch die vom Kläger im Jahr 2002 gezahlte Vergütung an die in freier Mitarbeit beschäftigten Rechtsanwälte in Höhe von insgesamt 48.956 EUR (Frau RAin St: 10.250,27 EUR, Herr RA Se: 3.781,03 EUR, Herr RA T: 34.925,-- EUR, Bl. 5 der Bilanzakten) übersteigt keineswegs das im Jahr 2002 durchschnittlich gezahlte Jahresgehalt für eine juristisch qualifizierte Ganztagskraft. Soweit im Jahr 2003 die 3 Hilfskräfte allesamt in Vollzeitbeschäftigung tätig waren bzw. möglicherweise eine weitere Hilfskraft neu eingestellt worden ist (Indiz: Löhne und Gehälter lt. GuV 2003: 91.224,--EUR gegenüber 58.305 EUR im Jahr 2002), sieht dies der Senat angesichts der o.a. vielfältigen, auch rein mechanischen und vorbereitenden Aufgaben im Zusammenhang mit der Insolvenzverwaltung für die Einordnung der Tätigkeit des Klägers als gewerblich als noch nicht entscheidend an. #Gleiches gilt für die im Jahr 2003 gezahlte Vergütung an die in freier Mitarbeit beschäftigten Rechtsanwälte in Höhe von insgesamt 80.166,62 EUR (Herr RA Sp: 3.666,62 EUR, Herr RA Se: 32.500,-- EUR, Herr RA T: 44.000,-- EUR, Bl. 3 der Gewinnermittlung 2003). Denn auch ein Bruttogehalt in dieser Größenordnung lag im Jahr 2003 für einen qualifizierten Juristen durchaus im Bereich des Möglichen (vgl.Spiegel Online vom 6. September 2006 http://www.spiegel.de/wirtschaft "Mit 90.000 Euro Einstiegsgehalt ins Berufsleben"; http://www.sueddeutsche.de/jobkarriere/berufsstudium/artikel/754/77677 vom 9. Juni 2006: "Der Weg zum Topjurist"; http://www.manager-magazin.de/koepfe/karriere vom 3. August 2004: "Juristen-Gehälter").

Das gilt umso mehr, als die Rechtsanwälte Se und T im Jahr 2003 schon über gewisse Berufserfahrung verfügten. Damit bestehen nach Überzeugung des Senats gerade nicht die vom Beklagten angeführten Indizien gegen eine individuelle Leistung des Klägers, die die Gewerbesteuerpflicht des Klägers zur Folge hätte.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Art nicht vorliegen. Der Senat folgt ausdrücklich der in seinemUrteil vom 12. Dezember 2001 (XI R 56/00) zum Ausdruck gekommenen Rechtsauffassung des BFH. Die Entscheidung des erkennenden Gerichts beruht jedoch auf Feststellungen, die mit dem der o.a. Entscheidung des BFH zugrunde gelegten Sachverhalt überhaupt nicht vergleichbar sind (vgl. unter I.7. der Entscheidungsgründe).

Verkündet am: 21.06.2007



Ende der Entscheidung

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