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Gericht: Finanzgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 20.01.2005
Aktenzeichen: 4 K 2167/04
Rechtsgebiete: AO 1977


Vorschriften:

AO 1977 § 147 Abs. 6
AO 1977 § 200 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz

4 K 2167/04

Betriebsprüfung 1998 - 2002 (Beleganforderung)

In dem Finanzrechtsstreit

hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 4. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. Januar 2005

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht

den Richter am Finanzgericht

den Richter am Landgericht

den ehrenamtlichen Richter die ehrenamtliche Richterin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob und ggf. mit welchem Umfang der Beklagte im Rahmen einer Außenprüfung die Überlassung eines Datenträgers mit einer Kopie der in der EDV-Buchhaltung der Klägerin gespeicherten Sachkonten des Jahres 2002 verlangen kann.

Ende 2002 fusionierte die frühere Raiffeisenbank X e.G. mit der Raiffeisenbank Y e.G., der Klägerin. Mit Schreiben vom 13. November 2003 an die Klägerin wurde durch das Finanzamt X eine Außenprüfung bei der Raiffeisenbank X für die Jahre 1998 bis 2002 angeordnet, die Prüfung sollte Mitte Dezember 2003 beginnen. Ebenfalls am 13. November 2003 wies die Außenprüfungsstelle des Beklagten die Klägerin darauf hin, dass sie beabsichtige, gem. §§ 146 Abs. 5, 147 Abgabenordnung (AO) auf die elektronisch geführten Buchhaltungsunterlagen zuzugreifen. Zur Vorbereitung dieses beabsichtigten Zugriffs übersandte der Beklagte einen Fragebogen zum EDV-System der Klägerin (Bl. 14 der Außenprüfungs-Akte (AP-Akte)). Auf diesem Fragebogen erklärte die Klägerin (Bl. 15 AP-Akte), dass für die Finanzbuchführung EDV-Unterstützung eingesetzt worden sei. Hierzu sei von 1998 bis 2002 die Software "NBS Bankensysteme" der Fiducia AG verwandt worden. Bei der Frage, welche unternehmensbezogenen Anpassungen die Programme erlaubten, wurden die Felder "Kostenrechnungen" und "Verprobungsrechnungen" nicht angekreuzt. Die Daten für die Jahre 1999 bis 2002 würden im derzeitigen EDV-System vorgehalten, die Daten für die Jahre 1998 bis 1999 seien archiviert, könnten aber jederzeit aus dem Archivierungssystem in das aktive EDV-System zurückgespielt werden. Für die Wartung und Pflege der Programme sowie die Archivierung der Daten sei die Fiducia AG zuständig.

Am 15. Dezember 2003 wurden Einzelheiten des geplanten Datenzugriffs zwischen dem Prüfer und der von der Klägerin benannten Auskunftsperson, dem Prokuristen W, besprochen. Ausweislich eines Vermerks des Betriebsprüfers über dieses Gespräch (Bl. 19 AP-Akte) wurden dabei die Sachkonten, nicht aber die Personenkonten angefordert. Vermerkt ist ferner, dass die Daten für den laufenden Monat sowie 12 Monate zurück online vorhanden seien. Für das Jahr 2002 sollten die Daten auf CD zur Verfügung gestellt werden. Getrennt hiervon sollten Listen bezüglich Rückstellungsbildungen beim Wachstumssparen angefordert werden. Am 17. Dezember 2003 teilte Herr W dem Prüfer telephonisch mit, dass nach Auffassung des jetzigen Bevollmächtigten der Klägerin der direkten Einsicht in die Datenbestände zugestimmt würde; die Zurverfügungstellung der Daten auf Datenträger werde jedoch als unverhältnismäßig angesehen.

Nach Beginn der Außenprüfung wurden zunächst zwei Prüffelder behandelt (Bl. 45 AP-Akte). Am 27. Mai 2004 fand eine Besprechung zwischen Vertretern der Klägerin und des Beklagten statt (Bl. 32 AP-Akte), die sich mit dem Thema des geforderten Datenzugriffs auseinander setzten. Auch hier vertrat der jetzige Bevollmächtigte der Klägerin die Auffassung, dass eine Überlassung der Daten auf Datenträger u.a. aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht gefordert werden könne.

Mit Verfügung vom 2. Juni 2004 (Bl. 36 AP-Akte) forderte der Beklagte, gestützt auf § 147 Abs. 6 AO, die Vorlage der Sachkonten für das Jahr 2002 sowie der Daten aus der maschinellen Ermittlung der Rückstellungen für Wachstumssparen zum 31. Dezember 2002 auf einem maschinenlesbaren Datenträger. Die Verfügung war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, in der auf die Möglichkeit eines Einspruchs hingewiesen wurde. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Anforderung der Daten zu den Sachkonten der beschleunigten Überprüfung einzelner Prüffelder diene. Da sich die Prüfung aus verfahrensökonomischen Gründen schwerpunktmäßig auf das Jahr 2002 beschränke, würden die Daten nur für dieses Jahr angefordert. Die Überlassung der Daten auf Datenträger werde verlangt, da sie von den drei Möglichkeiten des § 147 Abs. 6 AO am wenigsten in das Datenverarbeitungssystem der Klägerin eingreife und den geringsten Aufwand erwarten lasse.

Am 24. Juni 2004 legte der Bevollmächtigte der Klägerin Einspruch gegen die Aufforderung zur Vorlage der Daten auf einem Datenträger ein (Bl. 41 AP-Akte). Zur Begründung trug die Klägerin vor, dass in der Besprechung am 27. Mai 2004 erklärt worden sei, dass die Betriebsprüfung weitgehend abgeschlossen sei. Eine Überlassung der genannten Sachkonten auf Datenträger sei daher nicht (mehr) erforderlich. Die Originalunterlagen in Papierform stünden selbstverständlich zur Verfügung. Da es sich bei der Klägerin um eine relativ kleine Bank handele, seien diese Konten nicht übermäßig umfangreich. Die Papiervorlage sei daher - vor allem nach einer weitgehend abgeschlossenen Prüfung - für die Klägerin weniger belastend.

Der Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2004 (Bl. 46 AP-Akte) den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass bislang nur 2 Themenbereiche (Pensionsrückstellung und Zinsabgrenzung Genussscheine) der bisher festgelegten 8 Prüfungsschwerpunkte, die alle nur das Jahr 2002 beträfen, hätten bearbeitet werden können. Zu beachten sei, dass diese Prüfungsschwerpunkte jederzeit - insbesondere auf frühere Jahre - erweitert werden könnten. Die Betriebsprüfung sei auf Grund der gesetzlichen Regelung im Steuersenkungsgesetz vom 23. Dezember 2000 ab dem 1. Januar 2002 berechtigt, die mittels Datenverarbeitungssystem erstellte Buchführung eines Steuerpflichtigen durch Datenzugriff zu überprüfen. Der sachliche Umfang der Außenprüfung werde dadurch nicht erweitert. Diese Prüfungsmethode sei erforderlich, um sich den modernen Buchführungstechniken anzupassen und um zugleich eine rationellere und zeitnähere Prüfung zu ermöglichen. Da die Klägerin erklärt habe, dass sie im gesamten Prüfungszeitraum ihre Buchhaltung mittels Datenverarbeitungssystem erstellt habe, stehe der Betriebsprüfung dem Grunde nach der Datenzugriff gem. § 147 Abs. 6 AO auf alle Prüfungsjahre zu. Da umfangreiche Datenbestände zu prüfen wären, sei der Datenzugriff auch das geeignete Mittel, um die Prüfung in angemessener Zeit und Form durchführen zu können. Soweit eingewandt werde, dass die Betriebsprüfung nicht mehr Auswertungsmöglichkeiten haben sollte als die Bank selbst, sei dies unbeachtlich, da eine Ausschöpfung der gesetzlich vorgesehenen Prüfungstechniken durch die Betriebsprüfung nicht dadurch eingeschränkt werden könne, dass der Steuerpflichtige im Rahmen einer Selbstbeschränkung nicht alle technischen Möglichkeiten nutze. Es könne auch bei der Anzahl und dem Umfang der noch nicht geprüften Schwerpunkte keine Rede davon sein, dass die Betriebsprüfung im vorliegenden Fall weitgehend abgeschlossen sei. Nach § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO müsse eine digital erstellte Buchführung, unabhängig von der Unternehmensgröße, jederzeit maschinell auswertbar sein. Bei Vorlage der Unterlagen in Papierform sei die maschinelle Auswertung nicht möglich. Die Betriebsprüfung habe ihr Auswahlermessen sowohl hinsichtlich der Form des Datenzugriffs als auch dessen Umfangs zutreffend ausgeübt. Die Anforderung der Daten auf einem Datenträger belaste die Klägerin am wenigsten. Der Datenträger könne im Rechenzentrum von Mitarbeitern, die permanent mit der Datenverarbeitung befasst seien, hergestellt werden, so dass kein eigenes Personal der Klägerin gebunden würde. Die maschinelle Auswertung könne nach Überspielen der Daten auf den Rechner des Betriebsprüfers mit einem finanzamtseigenen Auswertungsprogramm erfolgen. Das Eigentumsrecht der Klägerin an den Daten würde dadurch nicht tangiert. Die Klägerin sei verpflichtet, die steuerlich relevanten Daten zur Verfügung zu stellen. Der Datenträger werde nach dem Überspielen der Daten sogleich wieder an den Steuerpflichtigen zurückgegeben. Im Übrigen habe die Finanzverwaltung alles getan, um die Datensicherheit im Falle der Datenträgerüberlassung sicherzustellen. Ein unmittelbarer oder mittelbarer Datenzugriff scheide im vorliegenden Falle aus, da im Datenverarbeitungssystem der Klägerin nach deren Auskunft kein Auswertungsprogramm zur Verfügung stehe und somit eine maschinelle Auswertbarkeit durch den Betriebsprüfer oder mittels Unterstützung durch das Personal der Klägerin nicht möglich sei.

Zur Begründung ihrer am 22. Juli 2004 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass das Herausgabeverlangen rechtswidrig, für die Durchführung der Betriebsprüfung überflüssig und sachlich nicht gerechtfertigt sei. Das Finanzamt habe, sofern ihm hier überhaupt Ermessen einzuräumen sei, jedenfalls in fehlerhafte Weise davon Gebrauch gemacht. Die Überlassung sämtlicher Sachkonten auf einem maschinenlesbaren Datenträger sei nicht notwendig, sie beschwere die Klägerin in unnötiger und unzulässiger Weise und diene ganz offenkundig nicht dem Ziel, die steuerlichen Verhältnisse der Klägerin zu ermitteln.

§ 147 Abs. 6 AO gebe dem Betriebsprüfer verschiedene Handlungsmöglichkeiten, die in unterschiedlicher Weise in die Rechte des geprüften Steuerpflichtigen eingriffen. Das Recht auf Einsichtnahme in die maschinell gespeicherten Daten stelle sicherlich den geringsten Eingriff in der Reihe der verschiedenen Möglichkeiten dar. Schwerer wiege die zweite Alternative, nach welcher der Betriebsprüfer verlangen könne, dass die Daten nach seinen Vorgaben maschinell ausgewertet würden. Die dritte, ein Kreditinstitut unter Berücksichtigung der kundenrelevanten Daten am meisten belastende Alternative sehe vor, dass die Daten dem Betriebsprüfer auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zur Verfügung gestellt werden müssten. Bei Abwägung der verschiedenen der Betriebsprüfung zur Verfügung stehenden Handlungsalternativen müssten dabei besondere Gründe vorliegen, um diese einschneidende Maßnahme verlangen zu können.

Nach dem Sachvortrag des Beklagten sei die Betriebsprüfung nahezu abgeschlossen. Lediglich Einzelprüfungsfelder erforderten möglicherweise noch Prüfungshandlungen. Hierzu stehe unstreitig die Möglichkeit offen, die zur Prüfung dieser Gesichtspunkte erforderlichen Angaben entweder aus Papier-Belegen oder durch Einblick in die EDV der Klägerin zu ersehen. Nachdem die Klägerin zu Beginn der Betriebsprüfung die Herausgabe der Daten auf einem maschinenlesbaren Datenträger verweigert habe, sei die Betriebsprüfung fortgeführt worden. In der Besprechung am 27. Mai 2004 in den Räumen der Klägerin habe der Betriebsprüfer W mündlich erklärt, dass die Betriebsprüfung so gut wie abgeschlossen sei. Daraufhin sei von Seiten der Klägerin und ihres Bevollmächtigten erklärt worden, dass dann eine Herausgabe der genannten Sachkonten auf einem maschinenlesbaren Datenträger nicht mehr notwendig sei. Es sei vollkommen unverständlich und gehe an jeglicher Lebenswirklichkeit der Betriebsprüfungen bei Banken vorbei, wenn der Beklagte behaupte, dass die zu Grunde liegende Buchführung vollständig vorgelegt würde. Es sei selbstverständlich ganz anderes, nämlich so, dass die Betriebsprüfung zu bestimmten Prüffeldern bestimmte Unterlagen anfordere. Dieses Vorgehen sei bisher - ohne Datenzugriff - in allen Fällen so gehandhabt worden. Dass die Betriebsprüfung ihre Prüfungshandlungen ausweiten und Prüfungsschwerpunkte ergänzen könne, werde nicht bestritten. Im vorliegenden Fall sei jedoch die Äußerung des Betriebsprüfers, die Prüfung sei weitgehend abgeschlossen, so gefallen.

Der Beklagte gehe in seinem Sachvortrag fehlerhaft davon aus, dass die Größe des geprüften Unternehmens bei der Abwägung keine Rolle spiele. Hierbei werde übersehen, dass die Neuregelung des § 147 Abs. 6 AO auch nach der Gesetzesbegründung eine zeitnähere Prüfung ermöglichen solle. Die Zeitnähe sei zweifellos auch durch Prüfung von Papier-Belegen möglich. Die Betriebsprüfung beziehe sich auf das Jahr 2002 und betreffe damit den letzten Veranlagungszeitraum, für den von der Klägerin eine Erklärung abgegeben worden sei. Ergebe sich aus der Größe des Unternehmens, dass die Betriebsprüfung genauso zügig und zeitnah durch die Sichtung von Papier-Belegen oder die Einsichtnahme in die EDV des Kreditinstituts vorgenommen werden könne, erscheine es nicht sachgerecht, wenn die Herausgabe von Daten auf maschinenlesbarem Datenträger verlangt würde, deren Herstellung die kostenpflichtige Beauftragung eines außenstehenden Dritten erfordere und mit einer weiteren Zeitverzögerung der Prüfung verbunden sei. Die Unterlagen stünden selbstverständlich weiterhin in Papierform zur Verfügung; vom Umfang her handele es sich um maximal drei Leitzordner. Es erschließe sich von selbst und ohne weitere Begründung, dass eine Durchsicht dieser wenigen Unterlagen bei einer weitgehend abgeschlossenen Prüfung eine außerordentlich kurze Zeit in Anspruch genommen hätte. Allein die eintretende Zeitverzögerung für den Fall, dass die Klägerin sofort das Aufspielen der gewünschten Daten auf einen maschinenlesbaren Datenträger bei ihrem Rechenzentrum veranlasst hätte, hätte ein Vielfaches der für die Durchsicht der Originalunterlagen notwendigen Zeit betragen. Bei der Entscheidung über das gewählte Mittel sei die Möglichkeit der Prüfung an Hand der Papier-Belege oder durch Einsichtnahme in die EDV des Kreditinstituts überhaupt nicht in den Entscheidungsprozess einbezogen worden.

Der Betriebsprüfer hätte vorliegend zum Zwecke der Prüfung der noch offenen Punkte lediglich die Herausgabe der zur Durchführung dieser Prüfung erforderlichen Daten verlangen dürfen. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass die Herausgabe der Daten auf CD-ROM für die Bank mit Kosten und mit einer weiteren zeitlichen Verzögerung verbunden sei. Die Bank wäre gezwungen, die Erstellung dieser CD-ROM bei der Rechenzentrale in Auftrag zu geben. Die Zeitverzögerung und auch die Kostenbelastung bei der Bank könne vermieden werden, indem die entsprechenden Daten von der Bank auf einem USB-Stick abgespeichert und dem Betriebsprüfer übergeben würden. Die kostenpflichtige Inanspruchnahme des Rechenzentrums würde in diesem Fall vermieden. Auch diese Handlungsalternative hätte von der Betriebsprüfung im Rahmen der Abwägung der Interessen der Betriebsprüfung und der Interessen des geprüften Instituts berücksichtigt werden müssen.

Die Ermessensfehlerhaftigkeit des Herausgabeverlangens ergebe sich des Weiteren aus dem Umstand, dass durch die Herausgabe sämtlicher Sachkonten zugleich auch die Gegenbuchungen zu legitimationsgeprüften Konten, die dem besonderen Schutz des § 30a Abs. 3 AO unterlägen, herausgegeben würden. Würde die Bank gezwungen, diese Daten dem Betriebsprüfer vollständig zur eigenen Auswertung zu Verfügung zu stellen, könnte sie nicht verhindern, dass der Prüfer im Zusammenhang mit den Zinsaufwendungen der Bank die Gegenbuchungen auf den Kundenkonten einsehe und zu Kontrollzwecken abschreibe bzw. auswerte. Die Bank habe sich im Rahmen der mit dem Kunden vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu verpflichtet, die persönlichen Daten des Kunden nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Verpflichtung herauszugeben. Das Eigentumsrecht der Bank an ihren Daten umfasse auch das Recht, diese Daten nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ausgeben zu müssen. Ein solcher zur Herausgabe berechtigender Grund fehle im vorliegenden Sachverhalt. Denn der Umfang der geforderten Daten werde nicht den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit entsprechend begrenzt. Die geforderte unkontrollierte Dateneinsicht widerspreche § 30a Abs. 3 AO.

Es gehe dem Beklagten mit dem Herausgabeverlangen offensichtlich nicht um ein Ziel, das in unmittelbaren Zusammenhang mit dem zu gewinnenden Prüfungsergebnis stehe. Die Betriebsprüfung begehre ausdrücklich die Vorlage von Unterlagen, die zur Durchführung der konkreten Betriebsprüfung bei der Klägerin nicht erforderlich seien. Die von dem Beklagten verlangten Daten würden zu weit mehr als 95 Prozent unter keinem denkbaren Gesichtspunkt für die Prüfung der von ihm bisher genannten Prüffeldern benötigt. Es spreche viel dafür, dass die Betriebsprüfer des Beklagten die Prüfung bei der Klägerin dazu nutzen möchten, Erfahrungen mit der maschinellen Auswertung der Daten von Kreditinstituten zu erlangen. Insoweit sei das Vorlageverlangen in jedem Fall rechtswidrig. Beschränke der Beklagte sich auf die zu seiner Prüfung erforderlichen Unterlagen, bekomme er diese auch auf maschinenlesbaren Datenträger.

Im Verlauf der mündlichen Verhandlung ergänzte die Klägerin ihren Vortrag, die Datenträgerüberlassung widerspreche § 30a Abs. 3 AO, dahingehend, dass im System der Genossenschaftsbanken sämtliche mit einem Kunden zusammenhängenden Konten durch eine Stamm-Nummer verbunden seien, so dass möglicherweise die Betriebsprüfung durch Abgleich einer in der Buchführung gefundenen Nummer eines Anlagekontos mit den auf Grund der Angaben in den Steuererklärungen gespeicherten Girokontodaten der Steuerpflichtigen die Identität eines Kunden feststellen könne.

Die Klägerin beantragt,

die Anforderung vom 2. Juni 2004, einen maschinenlesbaren Datenträger mit den Sachkonten für das Jahr 2002 zu fertigen und dem Betriebsprüfer auszuhändigen, sowie die Einspruchsentscheidung hierzu vom 1. Juli 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf seine Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend dazu vor, dass die Voraussetzungen für den Datenzugriff gemäß § 147 Abs. 6 AO vorlägen. Die Klägerin habe nach ihrem eigenen Vortrag in dem Fragebogen zum EDV-System für den gesamten Prüfungszeitraum ihre Buchführung mittels eines Datenverarbeitungssystems erstellt bzw. erstellen lassen und könne jederzeit darauf zurückgreifen. Die Überlassung der Sachkonten auf einem Datenträger sei bei der Auswahl der drei Möglichkeiten des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6 AO die Methode, die am besten den Zweck des Gesetzes erfülle, die Überprüfbarkeit der elektronischen Daten gewährleiste und die Betriebsabläufe im Unternehmen der Klägerin am wenigsten belaste.

Der unmittelbare sowie der mittelbare Datenzugriff scheide hier aus, da der Klägerin nach deren Auskunft kein Auswertungsprogramm zur Verfügung stehe und somit eine maschinelle Auswertung im EDV-Systeme der Klägerin weder durch den Betriebsprüfer selbst (unmittelbarer Datenzugriff) noch mit Hilfe des Steuerpflichtigen (mittelbarer Datenzugriff) möglich sei. Der angeforderte Datenträger könne in dem für die Klägerin tätigen Rechenzentrum von Mitarbeitern, die permanent mit der Datenverarbeitung befasst seien, hergestellt werden. Die maschinelle Auswertung der Daten könne durch das finanzamtseigene Prüfprogramm IDEA erfolgen; eine schnelle und zügige Überprüfung der Buchführung sei dadurch gewährleistet.

Kennzeichnend für den Datenzugriff sei die maschinelle Auswertbarkeit einer digital erstellten Buchführung. Dies sei nur möglich bei Überlassung der Buchführung auf einem Datenträger, nicht aber bei Überlassung in Papierform. Das Vorlageverlangen der Betriebsprüfung entspreche der neuen Gesetzeslage. Dem stehe keine Möglichkeit der Klägerin entgegen, Unterlagen in Papierform zur Verfügung zu stellen. Es sei der Klägerin zwar weiterhin unbenommen, ihre digital erstellte Buchführung in ausgedruckter Form aufzubewahren. Diese Handhabung sei jedoch steuerrechtlich nicht mehr ausreichend. Die maßgebenden neue Regelungen in §§ 146, 147 AO verlangten, dass mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystem erstellte Buchführungsdaten auch in elektronischer Form bereit gehalten werden müssten, und zwar zu Beginn der Betriebsprüfung, was sich aus der Formulierung "unverzüglich" in § 147 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung ergebe. Nur dann seien die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung erfüllt. Andernfalls würde die gesetzliche Regelung der maschinellen Auswertbarkeit nach § 147 Abs. 2 Nr. 2 AO ins Leere laufen. Insofern sei auch der von der Klägerin vorgebrachte Zeitvergleich zwischen dem Aufspielen der gewünschten Daten auf einen Datenträger und der Durchsicht der Originalunterlagen schon vom Ansatz her unzutreffend, da es darauf dann nach der neuen Gesetzeslage nicht mehr ankomme. Es könne allenfalls der zeitliche Aufwand für die Auswertung der Buchführung in ausgedruckter Form mit einer Auswertung der Buchführung in elektronischer Form verglichen werden. Zweifelsfrei sei eine Buchführung auf einem Datenträger schneller und einfacher als in ausgedruckter Form auszuwerten. Im Übrigen werde bestritten, und dass sich die gesamte Buchführung der Antragstellerin für 2002 in nur drei Ordnern befände. Auch die betrieblichen Gegebenheiten wie die Größe des Unternehmens und die Zahl der Mitarbeiter spielten keine Rolle, sondern seien nur für die Frage der Anwendung des unmittelbaren Datenzugriffs als Ermessenskriterium von Bedeutung.

Soweit die Klägerin vortrage, der Betriebsprüfer Würth habe bei der Besprechung am 27. Mai 2004 gesagt, die Betriebsprüfung wäre so gut wie abgeschlossen, sei dies nicht zutreffend. Bei dem genannten Gespräch sei auch die Betriebsprüfung einer anderen vom Genossenschaftsverband Frankfurt vertretenen Bank angesprochen worden. Hinsichtlich jener Prüfung sei gesagt worden, dass sie weitgehend abgeschlossen sei und dass man in jenem Fall auf einen Datenzugriff verzichte. Seitens des Beklagten sei bei diesem Gespräch darauf hingewiesen worden, dass die hier fragliche Betriebsprüfung schon längst hätte beendet sein können, wenn die auf Datenträger aufforderten Sachkonten, so wie vom Gesetz vorgesehen, zu Beginn der Prüfung vorgelegt worden wären. Im Übrigen käme es nicht darauf an, was über den Ablauf der Prüfung gesagt worden sei, da die Betriebsprüfung ihr Vorlageverlangen gleich zu Beginn der Betriebsprüfung im mündlicher Form gestellt und erst auf Bitte der Klägerin zur Klarstellung nochmals in Schriftform wiederholt habe. Die Betriebsprüfung könne auch, solange eine Prüfung noch nicht abgeschlossen sei, jederzeit die Vorlage von Unterlagen verlangen.

Die Klägerin habe auch keinen Anspruch - weder aus Kostengesichtspunkten noch wegen zeitlicher Aspekte - ihre Buchführung nur auszugsweise entsprechend den Prüfungsschwerpunkten und durch Abspeichern der dazu zu Grunde liegenden reduzierten Daten auf einem USB-Stick zu verfügen zu stellen. Vielmehr habe die Klägerin der Betriebsprüfung auf ihre Kosten mit Beginn der Prüfung den Datenzugriff zu ermöglichen. Das Vorlageverlangen entspreche der bisherigen Handhabung bei herkömmlichen Prüfungen. Der Unterschied nach der Neuregelung bestehe darin, dass die Buchführung nicht mehr in ausgedruckter, sondern in maschinell verwertbarer Form vorgelegt werden müsse. Die Überlassung eines Datenträgers stelle nur ein anderes, ein neues Transportmedium der vorhandenen Buchführung dar.

Das Herausgabeverlangen hinsichtlich sämtlicher Sachkonten sei nicht fehlerhaft bzw. unverhältnismäßig. Die für die Besteuerung der Klägerin relevanten Zahlengrößen beruhten auf ihrer Buchführung. Um diese hinsichtlich ihrer Vollständigkeit und Ordnungsmäßigkeit beurteilen zu können, müsse der Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum die zu Grunde liegende Buchführung vollständig vorgelegt werden. Eine Beschränkung der Vorlage auf die von der Betriebsprüfung intern festgelegten Prüfungsschwerpunkte sei unüblich. Zum einen würden Prüfungsschwerpunkte zunächst nur vorläufig festgelegt. Eine Änderung oder Erweiterung derselben sei auf Grund neuer Erkenntnisse aus der vorlegten Buchführung bis zum Abschluss der Prüfung jederzeit zulässig. Zum anderen seien im vorliegenden Fall die Prüfungsschwerpunkte nur deshalb mitgeteilt worden, um aufzuzeigen, dass die Behauptung der Klägerin, die Prüfung sei so gut wie abgeschlossen, nicht zutreffe.

Das Bankgeheimnis werde entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin durch das Herausgabeverlangen nicht tangiert. Bei Prüfungen von Banken fordere die Betriebsprüfung landesweit keine Personenkonten, sondern nur Sachkonten an. Dadurch sei sichergestellt, dass die Betriebsprüfung nicht über Verknüpfungen mit Personenkonten Daten zur maschinellen Fertigung von Massenkontrollmitteilungen erhalte. Dies belege, dass das Bankgeheimnis durch die Betriebsprüfung in hinreichendem Umfang beachtet werde. Aus Prüfungen bei anderen Banken, die den Datenzugriff ermöglicht hätten, sei der Betriebsprüfung bekannt, dass in der Kreditorenliste nur die Kontonummer eines Kunden, nicht aber dessen Name und Adresse aufgeführt sei. Diese Daten würden durch die jeweiligen Banken vor Übergabe der Datenträger (vermutlich) ausgeblendet, was von der Betriebsprüfung nicht beanstandet werde. Das Fertigen von Kontrollmitteilungen sei danach nicht möglich. Es sei Sache der Klägerin, entsprechend zu verfahren.

Das Auswahlermessen hinsichtlich der verschiedenen Handlungsmöglichkeiten nach § 147 Abs. 6 AO sei durch die Betriebsprüfung nicht fehlerhaft ausgeübt worden. Die erste Alternative des § 147 Abs. 6 AO (unmittelbarer Datenzugriff) beinhalte, im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin, nicht nur einen Lesezugriff - wie bisher - sondern zusätzlich die Nutzung des Datenverarbeitungssystems des Steuerpflichtigen zur Prüfung von dessen Unterlagen. Nur im Zusammenwirken von Einsichtnahme und Nutzung eines vorhandenen Auswertungsprogramms sei der Gesetzeszweck, nämlich die maschinelle Auswertbarkeit einer digital erstellten Buchführung, erreichbar. Da im vorliegenden Fall, nach Aussage der Klägerin, ein Auswertungsprogramm nicht existiere und damit auch die zweite Alternative (mittelbarer Datenzugriff) nicht durchführbar sei, bleibe nur noch die von Betriebsprüfung begehrte dritte Alternative des § 147 Abs. 6 AO, die Überlassung eines maschinell verwertbaren Datenträgers. Ein Einblick in die EDV der Klägerin bzw. eine Prüfung von Papier-Belegen entspreche nicht mehr der Gesetzeslage. Wenn die Klägerin eine "Papier-Prüfung" wolle, müsse sie auch ihre Buchführung entsprechend erstellen.

Letztlich gehe es dem Bevollmächtigten der Klägerin darum, der Betriebsprüfung den Datenzugriff, so wie er im Gesetz geregelt sei, generell nicht zu ermöglichen. In dem Gespräch am 27. Mai 2004 habe der Vertreter des Bevollmächtigten der Klägerin erklärt, dass sich der unmittelbare Datenzugriff auf den reinen Lesezugriff beschränken müsse und eine Nutzung von vorhandenen Auswertungsprogrammen im System der Bank durch die Betriebsprüfung nicht erfolgen dürfe. Die Überlassung eines Datenträgers sei ebenfalls nicht zumutbar, da damit die Eigentumsrechte des Steuerpflichtigen verletzt würden und außerdem Sicherheitsbedenken bestünden. Diese Argumentation stehe jedoch im Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des Gesetzestextes und zum Gesetzeszweck der §§ 146, 147 AO. Auf diese Weise würde insbesondere die maschinelle Auswertung einer mittels Datenverarbeitungssystems erstellten Buchführung - und damit das eigentliche Ziel des Datenzugriffs - nicht ermöglicht werden. Der Datenzugriff sei erforderlich, um sich den modernen Buchführungstechniken anzupassen und um zugleich eine rationellere und zeitnähere Prüfung zu ermöglichen.

Nachdem der Beklagte im Lauf des Klageverfahrens auf die Vorlage der Daten zur maschinellen Ermittlung der Rückstellungen für Wachstumssparen verzichtet hatte und die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich dieses Teils übereinstimmend für erledigt erklärt hatten, wurde das Verfahren hinsichtlich dieses Punkts mit Beschluss vom 5, Januar 2005 abgetrennt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Gegenstand einer Außenprüfung nach §§ 193 ff AO ist vor allem die Prüfung der Buchführung (vergl. BFH-Beschluss vom 4. Oktober 1991, Az.: VIII B 93/90, BStBl II 1992, 59). In § 200 Abs. 1 S. 2 AO wird hervorgehoben, dass der Steuerpflichtige im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten insbesondere Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen und die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Erläuterungen zu geben hat. Der Umfang der Vorlagepflicht richtet sich dabei prinzipiell nach der Anforderung des Prüfers (vergl. Klein, AO, § 200 Rdn. 4), sofern er nicht Zugriff auf nicht steuerrelevante Unterlagen begehrt. Die Führung und die Aufbewahrung der vorzulegenden Unterlagen ist in §§ 146, 147 AO geregelt. Ausgangspunkt dieser Vorschriften war, wie sich bereits aus dem Begriff "Bücher" zeigt, eine Buchführung in Papierform, wie sie sich im Verlauf von Jahrhunderten entwickelt hat. Dass die in den letzten Jahrzehnten fortlaufende technische Entwicklung hin zum allumfassenden Einsatz der Elektronik und der maschinellen Datenverarbeitung auch vor der Buchführung nicht Halt machte, kam bereits in den Regelungen des §§ 146 Abs. 5 S. 2 u. 3, 147 Abs. 2 und Abs. 5 AO a.F. zum Ausdruck, die allerdings immer noch konzeptionell von einer papiergestützten Buchführung ausgingen (vergl. Schaumburg; Der Datenzugriff und andere Kontrollmöglichkeiten der Finanzverwaltung; DStR 2002, 829). Der Steuerpflichtige, der seine Buchführung mittels EDV erstellte, musste lediglich dafür Sorge tragen, dass die Finanzverwaltung die Unterlagen innerhalb angemessener Frist in lesbarer - auf Verlangen der Finanzverwaltung in ausgedruckter - Form zur Verfügung gestellt bekam; einen direkten Zugriff auf die elektronisch gespeicherten Daten hatte die Finanzverwaltung nicht. § 147 Abs. 2 S. 2 AO a.F. erlaubte ausdrücklich, auch bei einer elektronisch erstellten Buchführung lediglich die ausgedruckten Daten aufzubewahren.

Mit dem Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl. I 2000, 1433) wurden umfassende Änderungen im Hinblick auf die Weiterentwicklung der elektronischen Buchführung verabschiedet. Der Anwendungszeitpunkt der Neuregelungen wurde dabei auf den 1. Januar 2002 gelegt, um dem Kreis der einer Außenprüfung unterliegenden Steuerpflichtigen "Gelegenheit zu geben, ihre Datenverarbeitungssysteme technisch mit einer Software auszustatten, die eine Beschränkung des Zugriffs durch die Finanzverwaltung auf seine steuerlich relevanten Verhältnisse ermöglicht" (BT-Drucksache 14/3366 Bl. 125 f).

In § 146 Abs. 2 AO wurde die bis dahin bestehende Möglichkeit gestrichen, nur die Ausdrucke der auf Datenträger erstellten Buchführung aufzubewahren. § 147 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO wurde dahingehend erweitert, dass während der Dauer der Aufbewahrungspflicht die Daten nicht nur unverzüglich lesbar gemacht, sondern auch maschinell auswertbar vorgehalten werden müssen.

Vollkommen neu eingefügt wurde § 147 Abs. 6 AO, welcher der Finanzbehörde das Recht einräumt, in drei verschiedene Varianten auf die EDV-Buchhaltung eines Steuerpflichtigen zuzugreifen:

- Sie kann Einsicht in die gespeicherten Daten nehmen und das Datenverarbeitungssystem des Steuerpflichtigen zur Prüfung der Unterlagen nutzen (unmittelbarer Datenzugriff). Die Außenprüfung darf hierbei auf die eingesetzte Hard- und Software zur Prüfung der gespeicherten Daten zurückgreifen. Der Zugriff beschränkt sich dabei nicht nur auf die Lesbarmachung, sondern umfasst auch die maschinelle Auswertung, also auch das Filtern und Sortieren der Daten. Hierzu können die durch den Steuerpflichtigen installierten Auswertungsprogramme eingesetzt werden, wobei ein Eigeninteresse des Steuerpflichtigen an einer leistungsfähigen Auswertungssoftware auch bei der Betriebsprüfung auf Zustimmung treffen dürfte. Eine Installation eigener Auswertungsprogramme der Finanzverwaltung auf dem EDV-System des Steuerpflichtigen ist hingegen unzulässig. Da der Prüfer bei dieser Verfahrensweise selbständig am und im System des Steuerpflichtigen arbeitet, führt der unmittelbare Datenzugriff dazu, dass die Außenprüfung möglicherweise auf alle Konten zugreifen kann, wenn der Steuerpflichtige es versäumt, durch entsprechende administrative Maßnahmen zulässige Abschottungen einzelner Datenbestände wirksam vorzunehmen (vergl. Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU), BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 - IV D 2 - S 0316-136/01, BStBl I 2001, 415; Ritzrow in Pump/Lohmeyer/Leibner, AO, § 147 Rdn. 68; Groß, Die Anpassung der Unternehmens-EDV an die Vorgaben zum Datenzugriff der Finanzverwaltung, DStR 2002, 1121 ; Kromer, Datenzugriff der Finanzverwaltung auf IT-Systeme des Unternehmens ab 2002: Umfang und Lösungsansätze, DStR 2001, 1017; Schaumburg, a.a.O.). Zu sehen ist allerdings auch, dass die Arbeit in einem fremden EDV-System für den Prüfer und die Finanzverwaltung mit Risiken im Falle einer Fehlbedienung behaftet sein könnte (vergl. Tipke-Kruse, AO § 147 Rdn. 78).

- Sie kann sich auch der Hilfestellung des Steuerpflichtigen oder einer von ihm beauftragten Person bedienen, indem sie verlangt, dass die Daten nach Vorgaben der Finanzverwaltung maschinell ausgewertet werden (mittelbarer Datenzugriff). Die Auswertungsmöglichkeiten entsprechen prinzipiell denen des unmittelbaren Datenzugriffs, der Betriebsprüfer setzt die Hilfsperson lediglich als weisungsgebundenes Werkzeug ein, was allerdings sowohl mit einer personellen Belastung des Steuerpflichtigen verbunden ist als auch die Prüfungstätigkeit umständlicher macht.

- Letztlich hat sie die Möglichkeit, die Zurverfügungstellung der gespeicherten Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem maschinell verwertbaren Datenträger zu verlangen. Die so zur Verfügung gestellten Daten können durch die Außenprüfung auf eigenen Rechnern mit finanzamtseigenen Analyse- und Prüfprogrammen ausgewertet werden, z.B. mit dem von dem Beklagten benannten Programm IDEA (vergl. Ritzrow, a.a.O § 147 Rdn. 47a, b).

Wählt die Finanzverwaltung eine dieser Alternativen des Datenzugriffs, obliegen die hiermit zusammenhängenden Kosten gem. § 147 Abs. 6 S. 3 AO dem Steuerpflichtigen. Die Möglichkeit des Datenzugriffs besteht nur im Rahmen einer Außenprüfung. § 200 Abs. 1 S. 2 AO wurde dahingehend ergänzt, dass der Steuerpflichtige die Finanzbehörde bei Ausübung ihrer Befugnisse nach § 147 Abs. 6 AO zu unterstützen hat.

Der Wortlaut des § 147 Abs. 6 S. 1 AO zeigt bereits klar, dass in allen Fällen, in denen die Buchführung mittels EDV erstellt worden ist, der Datenzugriff prinzipiell zulässig ist. Hiermit korrespondiert die ersatzlose Streichung des § 146 Abs. 2 S. 2 AO a.F., nach dem ein Steuerpflichtiger auch bei EDV-Buchführung die Möglichkeit hatte, die Daten nach Ausdruck zu löschen. Zwar besteht nach wie vor keine Verpflichtung, die Buchführung in elektronischer Form zu erstellen (vergl. Klein, AO, § 147 Rdn. 10); wird diese auch der Arbeitsersparnis und Effizienz dienende Möglichkeit jedoch genutzt, sollen nach dem Willen des Gesetzgebers die Möglichkeiten der Überprüfung dieser Buchführung technisch nicht hinterher hinken. Eine Ausweitung des sachlichen Umfangs einer Außenprüfung ist damit nicht verbunden (vergl. Abschn. I der GDPdU, a.a.O.), da unverändert - nur - alle steuerrelevanten Daten Gegenstand der Prüfung sind. Dass die Überprüfung unter Einsatz von Auswertungsprogrammen entweder des Steuerpflichtigen oder der Finanzbehörde möglicherweise effizienter gestaltet werden kann, ist systemimmanent und damit gewollt.

Unstreitig liegen bei der Klägerin die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Datenzugriff vor, da sie für das Kalenderjahr 2002 die Buchführung in digitaler Form erstellt hat. Die Frage, ob § 147 Abs. 6 AO auch den Datenzugriff auf vor dem 1. 1. 2002 erstellte Buchführungsdaten zulässt, stellt sich im vorliegenden Fall nicht, da der Beklagte lediglich Zugriff auf Daten des Jahres 2002 verlangt hat. Auch spielt die Frage, ob der Beklagte möglicherweise direkt Zugriff auf nicht steuerrelevante Sachverhalte begehrt, keine Rolle. Der Beklagte hat lediglich die Vorlage der Sachkonten verlangt, die unzweifelhaft Bestandteil der zu überprüfenden Buchführung sind.

Der Einwand der Klägerin, dass der Beklagte möglicherweise aus den vorzulegenden Daten durch Gegenbuchungen auf legitimationsgeprüfte Konten Rückschlüsse auf durch § 30a AO geschützte Kundendaten ziehen könne, geht fehl. Die Klägerin verkennt hier offensichtlich, dass es ihre Aufgabe ist, die Datenbestände so zu organisieren, dass bei einer zulässigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Datenbestände keine geschützten Bereiche tangiert werden können (vergl. Abschn. I 2 a der GDPdU, a.a.O; Tipke-Kruse, AO § 147 Rdn. 71; Groß, a.a.O, Abschn. 3.1). Dies gilt auch für Genossenschaftsbanken, denen es oblegen hätte, das System der Speicherung ihrer Kontendaten so anzupassen, dass die vorzulegenden Datensätze keinen Rückschluss auf die Stammnummer eines Kunden zulassen. Wenn die Klägerin diesbezüglich ihre "Hausaufgaben" nicht gemacht hat (vergl. BT-Drucksache 14/3366 Bl. 125 f), obwohl der Anwendungszeitpunkt der Neuregelung deutlich nach dem Inkrafttreten des StSenkG datiert war, kann sie hiermit nicht zulässige Prüfungshandlungen blockieren.

Sowohl bei der Entscheidung, den Datenzugriff durchzuführen, als auch bei der Auswahl der Zugriffsmethode hat die Finanzverwaltung ein Ermessen, das sich an der Verhältnismäßigkeit des Verlangens zu orientieren hat. Diese Ermessensentscheidungen unterliegen nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle (§ 102 Finanzgerichtsordnung (FGO)). Der Beklagte hat sowohl in der Verfügung vom 2. Juni 2004 als auch in der Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2004 in Ausübung dieses Ermessens dargelegt, dass entsprechend der gesetzlichen Neuregelung eine effiziente, den technischen Möglichkeiten angepasste Prüfungsmethode gewählt werde und die Prüfung mittels Datenzugriff durchgeführt werden soll. Zwingende Gründe, die statt dessen allein eine Prüfung von Papier-Belegen erfordern könnten, hat die Klägerin nicht dargelegt. Die technischen Voraussetzungen des Datenzugriffs liegen vor, die erforderlichen Daten sind sofort im System der Klägerin verfügbar. Dass die Klägerin eine langwierigere, umständlichere und damit möglicherweise weniger effiziente andere Prüfungsform vorziehen würde, ist aus ihrer Sicht nachvollziehbar, entspricht aber nicht dem gesetzgeberischen Willen, mit möglichst wenig Aufwand eine möglichst hohe Effizienz zu erreichen. Es ist hier zu sehen, dass die Neuregelung des § 147 Abs. 6 AO, wie sich auch aus dem Zusammenhang mit den zeitgleichen Änderungen in § 146 und § 200 AO ergibt, ein neues Standardverfahren der Prüfungsdurchführung etablieren sollte. Zwar kann eine Prüfung auch nach wie vor in herkömmlicher Weise durchgeführt werden, wie sich aus § 147 Abs. 5 2. Halbsatz AO ergibt, nach dem die Finanzbehörde auch - auf Kosten des Steuerpflichtigen - den Ausdruck der Unterlagen verlangen kann. Im Hinblick darauf, dass nach der Neufassung der §§ 146, 147 AO zwar eine Pflicht zur dauerhaften Archivierung der digitalen Daten, nicht aber von Ausdrucken dieser Daten besteht, erscheint dies jedoch bei vorhandener EDV-Buchführung als Ausnahmetatbestand. Hier muss auch gesehen werden, dass ein derartiger Ausdruck von Daten nicht unerhebliche Kosten verursacht.

Die Auswahl der Variante des Datenzugriffs hat der Beklagte dahingehend begründet, dass diese nach seiner Auffassung die Klägerin am wenigsten belaste, da sie nach Auffassung des Beklagten kein Personal der Klägerin binde und zudem die einzige Möglichkeit der maschinellen Auswertung der Daten darstelle, da nach den Angaben der Klägerin deren EDV-System über kein eigenes Auswertungsprogramm verfüge. Es ist nicht zu erkennen, dass er hiermit die gesetzlichen Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten oder von dem ihm eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hätte. Selbst wenn man über die Intensität der Belastung der einzelnen Formen des Datenzugriffs im Einzelfall diskutieren kann, ist die vom Beklagten gewählte Form des Datenzugriffs sicherlich keine Variante, die eine vergleichsweise höhere Belastung aufweist. Im Gegenteil spricht viel dafür, dass die Datenträgerüberlassung den Steuerpflichtigen weniger belastet als die anderen beiden Möglichkeiten (vergl. Tipke/Kruse AO § 147 Rdn. 80a). Bei der Datenträgerüberlassung hat es der Steuerpflichtige zunächst eigenverantwortlich in der Hand, die angeforderten Datensätze zusammenzustellen und dabei nicht steuerrelevante Teile auszuscheiden. Die eigentliche Auswertung blockiert keinen Bildschirmarbeitsplatz bei der Klägerin und kein Personal, das zur Einweisung des Prüfers oder für die Durchführung des mittelbaren Datenzugriffs herangezogen werden müsste. Die Herstellungskosten des Datenträgers sind selbst unter Beachtung des Personalaufwands gering. Nach Kenntnis der Gerichts sind die Kosten einer handelsüblichen CD-ROM mit ca. 0,20 EUR anzusetzen; eine Diskussion, ob der von der Klägerin vorgeschlagene Einsatz eines wiederverwendbaren USB-Sticks (der gem. § 147 Abs. 6 S. 3 AO von der Klägerin zur Verfügung gestellt werden müsste) als Datenträger einen geringeren Kostenaufwand verursachen würde, erscheint daher unsinnig, zumal beide Varianten der Datenspeicherung den gleichen Personalaufwand erfordern würden (Anzumerken ist, dass die Übergabe der Daten auf einem USB-Stick durch die Wiederbeschreibbarkeit dieses Speichermediums Streitigkeiten über die Authentizität der übergebenen Daten Tür und Tor öffnen würde). Demgegenüber müsste zusätzlich zur Zurverfügungstellung eines Bildschirmarbeitsplatzes und von Personal bei den anderen - zulässigen - Formen des Datenzugriffs durch intensive administrative Maßnahmen im EDV-System der Klägerin die notwendige Beschränkung des Zugriffs des Prüfers allein auf die steuerrelevanten Daten sichergestellt werden. Es ist damit nicht ersichtlich, dass eine andere Variante des Datenzugriffs dermaßen vorteilhafter für die Klägerin wäre, dass nur diese Variante in Betracht gezogen werden könnte.

Auch greift der Einwand der Klägerin nicht durch, dass die Anordnung des Datenzugriffs einen Ermessensfehlgebrauch darstelle, da bei einer bereits fast abgeschlossenen Prüfung für die Vornahme der restlichen Prüfungshandlungen überflüssige Daten verlangt würden. Es kommt dabei nicht darauf an, ob der Prüfer Würth bei der Besprechung im Mai 2004 tatsächlich eine Äußerung dahingehend gemacht hat, dass die Prüfung fast abgeschlossen sei (was vom Beklagten vehement bestritten wird). Der zuständige Sachgebietsleiter hat in seiner Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2004 und in der Klagestellungnahme klargestellt, dass die Prüfung nicht abgeschlossen ist, sondern erst am Anfang steht und dass die unverbindlich mitgeteilten Prüfungsschwerpunkte jederzeit erweitert werden könnten.

Soweit die Klägerin einwendet, dass sie nur bereit sei, die für die Prüfung der noch offenen Prüfungsschwerpunkte notwendigen Einzeldaten herauszugeben, verkennt sie, dass Gegenstand der Betriebsprüfung die Buchführung in ihrer Gesamtheit ist und nicht das, was die Klägerin dem Prüfer vorzulegen beliebt.

Die Kostenentscheidung folgt § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision war wegen des der Entscheidung zu Grunde liegenden eindeutigen Gesetzeswortlauts nicht zuzulassen.

Verkündet am: 20.01.2005

Ende der Entscheidung

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