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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 22.01.2009
Aktenzeichen: 1 K 1817/06
Rechtsgebiete: InvZulG 2007, AO


Vorschriften:

InvZulG 2007 § 3 Abs. 1
AO § 42
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. Januar 2009

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden,

die Richterin am Finanzgericht Hübner,

die Richterin am Finanzgericht Gehlhaar,

den ehrenamtlichen Richter ... und

die ehrenamtliche Richterin ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Investitionszulage für Modernisierungsmaßnahmen an einem ihr und ihrem Ehemann gehörenden Mehrfamilienhaus.

Die betreffende Maßnahme bestand in der Errichtung einer weiteren Wohnung von 70,39 m² im Dachgeschoss für ihren damals minderjährigen Sohn, dessen Partnerin und das gemeinsame Kind. Dafür sowie für einen Kredit und die Anschaffung weiterer Wirtschaftsgüter wie Zubehör für ein Aquarium, Blumen, Haushaltswaren, Möbel, Haushaltsgeräte und Lebensmittel entstanden den Eheleuten insgesamt Kosten von 76.823 EUR.

Allerdings war und blieb der nach Fertigstellung ab 1. Oktober 2004 zwischen den Eltern und dem Sohn abgeschlossene Mietvertrag unwirksam, weil kein Ergänzungspfleger bestellt worden war. Außerdem verfügte der Sohn, der damals noch Sekundarschüler war, über keine eigenen Einkünfte oder Bezüge und konnte somit die vereinbarte Miete von 310,42 EUR zzgl. Nebenkosten von 182,52 EUR erst begleichen, nachdem ihm zuvor per Daueraufträgen die eine Hälfte der Miete von seiner Großmutter und die andere Hälfte von seinem Vater (insoweit ausdrücklich mit Zahlungszweck "Ant. Miete ...") auf sein Konto überwiesen worden war. Hinzu kam, dass in der Wohnung noch bis Ende Dezember 2004 die Sanitär- und Kücheninstallationen wie auch Herd, Spüle, Geschirrspüler und Waschmaschine fehlten. Gleichwohl soll der Sohn aber schon in vollem Umfang das Bad genutzt haben und sich zwar nur arbeits- und freizeitmäßig aber fortwährend in der Wohnung aufgehalten haben, wenn er auch weiterhin "vollständig" von seinen Eltern "versorgt" wurde. Auch war der Mietvertrag nur deshalb und zwar auf Anraten der Baufirma so früh geschlossen worden, um die Investitionszulage bereits für das Kalenderjahr 2004 zu sichern. Erst Mitte Dezember 2004 zog dann die Lebensgefährtin mit dem gemeinsamen Kind und den noch fehlenden Haushaltsgeräten in die Wohnung ein und schloss, da schon volljährig, ab 1. Januar 2005 mit den Klägern einen ansonsten entsprechenden Folgemietvertrag.

Der Beklagte lehnte mit Bescheid vom 1. Juni 2005 den Antrag auf Investitionszulage 2004 von 5.505 EUR ab und wies auch den fristgerecht eingelegten Einspruch mit Bescheid vom 28. November 2006 als unbegründet zurück. Dagegen richtet sich die Klage vom 20. Dezember 2006.

Die Klägerin meint, sie habe trotz des unwirksamen Mietvertrages mit ihrem Sohn Anspruch auf Investitionszulage, denn dieser sei gar nicht entscheidungserheblich.

Zunächst seien die ertragssteuerlichen Grundsätze im Investitionszulagenrecht ohnehin nur eingeschränkt anwendbar. Der Wortlaut des § 3 InvZulG verlange nämlich nicht, dass das begünstigte Objekt zivilrechtlich wirksam vermietet sei, sondern nur, dass es der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dient. Daran zeige sich, dass es für die Investitionszulage nur darauf ankomme, ob die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis ihres Rechtsgeschäftes tatsächlich eintreten und bestehen lassen wollten. Ein zivilrechtlich wirksamer Mietvertrag sei dafür aber nur ein Indiz und zudem ein widerlegbares. Im vorliegenden Fall werde der erforderliche Bindungswille dadurch nach außen manifestiert, dass die Beteiligten alle übrigen Voraussetzungen für die Anerkennung von Verträgen unter nahen Angehörigen erfüllt hätten und dass die Eheleute ihre Vermietungseinkünfte auch ordnungsgemäß in ihrer Steuererklärung angegeben hätten. Damit sei eine Verschleierung privater Unterhaltsleistungen, die der § 41 AO einschränken wolle, gerade ausgeschlossen.

Überdies komme es für die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen (bspw. seit BFH, Urt. v. 13. Juli 1999, VIII R 29/97, BStBl. II 2000, 386) selbst im Ertragsteuerrecht nicht mehr auf deren zivilrechtliche Wirksamkeit an, solange sich der Bindungswille zweifelsfrei anhand der besonderen Umstände des Einzelfalles erkennen lasse. Und genau dies sei hier der Fall, weil für die Kläger schon bei Beginn der Bauarbeiten festgestanden habe, dass die Wohnung nicht unentgeltlich - sei es an Angehörige oder Dritte - überlassen werden sollte. Mittlerweile würden zivilrechtlich unwirksame Verträge sogar rückwirkend anerkannt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften nicht angelastet werden könne und sie gleich nach dem Auftreten vorn Zweifeln die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet hätten, um die Wirksamkeit des Vertrages herbeizuführen. Letzteres sei zu bejahen, da die Eltern bei Erkennen der Unwirksamkeit sofort ein neues, unstreitig wirksames Mietverhältnis abgeschlossen und damit dem Ursprungsvertrag zur Wirksamkeit verholfen hätten.

Aber selbst wenn der Mietvertrag mit dem Sohn nicht zu berücksichtigen wäre, sei die Investitionszulage zu gewähren, denn dann sei die Wohnung zumindest für eine entgeltliche Überlassung bereit gehalten worden. Auch die Lebensgefährtin ihres Sohnes habe die Wohnung nämlich zunächst nur deshalb unentgeltlich genutzt, weil sie zu dieser Zeit bereits entgeltlich an den Sohn vermietet worden sei und er um ihren Einzug gebeten habe. Unmittelbar danach, nämlich ab dem 1. Januar 2005, habe sie einen infolge ihrer Volljährigkeit unbestritten wirksamen Mietvertrag abgeschlossen und auch vertragsgemäß durchgeführt. Zwar sei die Hälfte des dort vereinbarten Mietzinses direkt von ihrem Sohn überwiesen worden, aber darin liege lediglich ein abgekürzter Zahlungsweg vom Sohn an seine Lebensgefährtin aufgrund eines Untermietvertrages und sodann von der Lebensgefährtin an die Klägerin und ihren Ehemann als ihre Vermieter.

Insgesamt sei es auch unschädlich, dass der Sohn die Miete teilweise aus Unterhaltsleistungen seines Vaters und seiner Großmutter bestritten habe. Eltern hätten bei unterhaltsberechtigten unverheirateten Kindern ein Wahlrecht zwischen der Gestellung einer Wohnung und der Gewährung von Bar- Unterhalt (vgl. BFH, NJW 2000, 758) und insofern hätten sich die Eltern in nicht zu beanstandender Weise für letzteres entschieden. Auch sei diese Form der Unterhaltsgewährung nicht etwa deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie nicht zur Gestellung einer Wohnung bzw. die Großmutter noch nicht einmal zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet gewesen seien. Die entsprechende höchstrichterliche Rechtsprechung verlange nämlich gar keinen Rechtsanspruch des Kindes auf eine eigene Wohnung und sei durchaus in Kenntnis des Unterhaltsrechtes ergangen. Überdies fehle es im Hinblick auf die Zahlungen der Großmutter schon am "vorprogrammierten Rückholverfahren", das durch die Norm des § 42 AO verhindert werden solle, denn die Großmutter habe durch die Gestaltung keinerlei Vorteile erhalten.

Zuletzt könne der Mietvertrag auch nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen werden, nur weil er zugegebenermaßen wegen der Investitionszulage vorgezogen worden sei. Das Motiv, Steuern zu sparen (vgl. dazu BFH, GrS v. 29. November 1982, BStBl. II 1983, 272) oder wie hier Investitionszulage zu erlangen, sein nämlich für sich gesehen nicht unangemessen. Überdies sei eine rechtliche Gestaltung ohnehin nur an § 42 AO zu messen, wenn sie wenigstens zivilrechtlich wirksam sei, und das sei hier aber unstreitig nicht der Fall, so dass § 41 AO zur Anwendung komme.

Die Klägerin beantragt,

den Ablehnungsbescheid vom 1. Juni 2005 sowie den Einspruchsbescheid vom 28. November 2006 aufzuheben und Investitionszulage 2004 in Höhe von 5.504,99 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, die Investitionszulage sei nicht zu gewähren, denn die betreffende Wohnung sei innerhalb des Fünf- Jahreszeitraumes schädlich genutzt worden.

Der Mietvertrag mit dem Sohn sei zivilrechtlich unwirksam, könne aber deshalb aber nicht außer Acht gelassen werden. Der Sohn habe die Wohnung nämlich genutzt und das sei schädlich, weil die Nutzung durch einem unwirksamen Mietvertrag jedenfalls nicht zur entgeltlichen werden könne. Abgesehen davon wäre sie auch sonst nicht entgeltlich gewesen, weil der Sohn die Miete erst nach entsprechenden Zahlungen seiner Großmutter und seines Vaters bezahlt habe und weder auf das eine noch auf das andere Anspruch gehabt habe. Ein minderjähriges Kind habe nämlich keinen Anspruch auf eine eigenständige Wohnung, sondern auf Unterhalt, welcher in Form von Geld zu zahlen wäre, so dass die von den Klägern zitierte Rechtsprechung nicht anwendbar sei.

Zumindest sei die von den Klägern gewählte Vermietung als Gestaltungsmissbrauch anzusehen, da der Mietvertrag mit dem Sohn nur geschlossen worden sei, um die Antragsfrist für die Investitionszulage 2004 zu wahren.

Zuletzt könne auch nicht von einem unschädlichen Leerstand der Wohnung ausgegangen werden, denn die Wohnung sei nicht nur dem Sohn, sondern von Mitte Dezember bis zum 31. Dezember 2004 auch noch seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind unentgeltlich überlassen worden, also gerade nicht zur entgeltlichen Überlassung bereit gehalten worden.

Die ursprünglich nicht nur von der Klägerin, sondern auch von ihrem Ehemann erhobene Klage ist wegen des fehlenden Einspruchs des Ehemannes für diesen zurückgenommen worden. Daraufhin hat das Gericht das Verfahren über dessen Klage abgetrennt und eingestellt und den Ehemann, der ebenfalls vom Prozessbevollmächtigten vertreten wird, noch in der Verhandlung beigeladen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Dem Gericht haben zwei Bände Steuerakten des Beklagten über die Klägerin vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Zum einen beruht dies darauf, dass die Gewährung von Investitionszulage nach § 3 Abs. 1 Satz 1 InvZulG 1999 neben anderen - hier nicht streitigen - Voraussetzungen davon abhängig ist, dass das Gebäude nach der Fertigstellung der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dient. Das mag in Anlehnung an das dazu ergangene BMF- Schreiben vom 28. Februar 2003 (IV A 5 - InvZ - 6/03, BStBl. I, S. 218) nicht so zu verstehen sein, dass der Anspruchsberechtigte daraus dann auch steuerlich zu berücksichtigende Einkünfte im Rahmen einer bestimmten Einkunftsart erzielen müsste, denn die Investitionszulage würde bei der Einkommensermittlung ohnehin nicht berücksichtigt. Aber es setzt zumindest ein steuerlich anzuerkennendes Vertragsverhältnis voraus (Sächsisches FG, Urt. v. 2. August 2006, 6 K 2632/03, Haufe-Index 1860312), denn nach dem Sinn und Zweck der Norm ist sicherzustellen, dass die geförderten Wohnungen nicht etwa zu eigenen Wohnzwecken genutzt oder unentgeltlich überlassen werden (Bordewin/ Brandt- Masuch, Komm. z. EStG, 237. Erglfg. 2003, § 3 Rdnr. 14; Blümich- Stuhrmann, Komm. z. EStG., 94. Erglfg. 2007, § 3 Rdnr. 27). Ein steuerlich anzuerkennendes Mietverhältnis lag im Streitfall jedoch im Jahr 2004 weder vor noch wurde die Wohnung für diesen Zeitraum entsprechend vorgehalten.

Der damals vorliegende und damit hier entscheidende Mietvertrag wurde nämlich unter nahen Angehörigen geschlossen. Somit ist er - ähnlich wie im Ertragsteuerrecht - daraufhin zu überprüfen, ob er bürgerlich-rechtlich wirksam ist und ob darüber hinaus sowohl die Gestaltung als auch die Durchführung des Vereinbarten dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (Sächsisches FG, Urt. v. 2. August 2006, a.a.O.). Vorliegend ist der betreffende Mietvertrag unstreitig unwirksam. Mittlerweile kann zwar auch ein zivilrechtlich unwirksamer Vertrag ausnahmsweise noch anzuerkennen sein, aber nur dann, wenn allein aus der Nichtbeachtung der Formvorschriften noch nicht auf einen fehlenden Bindungswillen geschlossen werden kann und wenn der Bindungswille aus den besonderen übrigen Umständen des Einzelfalles zweifelsfrei abgeleitet werden kann. Beides ist jedoch zu verneinen.

Die erste Voraussetzung wäre zwar bei wegen Minderjährigkeit eines Vertragspartners formungültigen Verträgen bspw. noch zu bejahen, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften nicht angelastet werden kann, etwa weil sich das Formerfordernis nicht aus dem Gesetzeswortlaut selbst, sondern erst durch einer erweiternde Auslegung oder Analogie ergibt und sich auch weder aufdrängt noch durch veröffentlichte Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen nahegelegt wird (BFH, Urt. v. 13. Juli 1999, VIII 29/97, BStBl. II 2000, 386). Aber schon davon kann hier keine Rede sein, denn dass Minderjährige allein keine Mietverträge abschließen können, ergibt sich aus § 107 BGB, und dass Eltern sie dabei in Verträgen mit sich selbst nicht vertreten können, aus §§ 1629, 1795, 1909 BGB verbunden mit der allseits präsenten Erkenntnis, dass Mietverträge infolge der damit verbundenen Mietzahlungspflicht nicht lediglich rechtlich vorteilhaft sind. Auch ansonsten ist weder aus dem Klägervortrag noch aus den Akten erkennbar, warum den Eltern die bewusste Nichteinhaltung der Formvorschriften nicht anzulasten sein sollte.

Und auch die zweite Voraussetzung wäre zwar bei wegen Minderjährigkeit eines Vertragspartners formungültigen Verträgen bspw. noch zu bejahen, wenn die Angehörigen ihren Bindungswillen zeitnah dadurch dokumentiert hätten, dass sie die Bestellung eines Ergänzungspflegers beantragt hätten, sobald sie sich der Möglichkeit eines Formfehlers bewusst wurden (BFH, Urt. v. 13. Juli 1999, a.a.O.). Aber auch davon oder auch nur von einer vergleichbaren Heilung des Formmangels, insbesondere einer späteren Genehmigung durch den mittlerweile längst volljährigen Sohn, kann keine Rede sein. Vielmehr haben die Klägerin und ihr Mann sogar einen neuen und wegen des geänderten Vertragspartners, nämlich der Freundin, überhaupt nicht vergleichbaren Mietvertrag abgeschlossen und damit klar gezeigt, dass sie den ursprünglichen Vertrag mit ihrem Sohn gerade nicht als bindend ansahen. Zwar ist der Sohn in dem späteren Mietvertrag der Eltern mit der Freundin noch als Mieter mit aufgeführt, aber er hat den Vertrag gerade nicht unterschrieben. Auch wenn hinter dem Namen des Sohnes der Zusatz "ab 1. Oktober 2004" erscheint, obwohl das nunmehr vereinbarte Mietverhältnis erst zum 1. Januar 2005 gelten sollte, können die beiden Verträge nicht so verstanden werden, dass sie nebeneinander gelten. Schließlich interpretiert selbst die Klägerin das Mietverhältnis ihres Sohnes bis heute als Untermietvertrag mit der Freundin und nicht als Teil eines getrennt aufgenommenen aber einheitlich zu verstehenden Mietvertrages mit den Eltern.

Somit kann das zivilrechtlich nach wie vor unwirksame Mietverhältnis mit dem Sohn investitionszulagerechtlich nicht anerkannt werden. Dann aber diente das Objekt jedenfalls im Streitjahr nicht der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken. Die Überlassung an die Freundin war zu diesem Zeitpunkt nämlich - der Grund mag dahinstehen - nicht entgeltlich und von einem Leerstand zum Zwecke einer künftigen entgeltlichen Vermietung kann nicht ausgegangen werden, weil die Wohnung schließlich genutzt wurde. Inwieweit die Wohnung, insbesondere das Bad, dann ohne Sanitär- und Küchenanschlüsse schon fertig gewesen ist und genutzt wurde oder inwieweit der Sohn sich dort lange genug aufhielt, um von Wohnen sprechen zu können, kann dann dahinstehen.

Zum anderen ist die Klage aber auch unbegründet, weil in der gewählten Gestaltung ein Missbrauch i.S.d. § 42 AO liegt. Ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne dieser Vorschrift ist gegeben, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die, gemessen an dem erstrebten Ziel, unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urt. v. 3. Februar 1998 IX R 38/96, BStBl. II 1998, 539, m.w.N.).

Insofern liegt zwar - entgegen der Auffassung des Beklagten - in der gewählten Gestaltung nicht schon deshalb ein Missbrauch, weil das Mietverhältnis nur deshalb so früh abgeschlossen wurde, um Investitionszulage zu erhalten. Das Motiv, Investitionszulage zu erlangen, macht eine steuerliche Gestaltung nämlich ebenso wenig unangemessen wie das, Steuern zu sparen (vgl. Beschl. des Großen Senats des BFH vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272).

Aber die Gestaltung stellt sich insofern als Missbrauch dar, als die Klägerin und ihr Mann mit der Vermietung an ihren Sohn von diesem nur und genau den Betrag erhielten, den der Sohn zuvor genau zu diesem Zweck von seinem Vater und seiner Großmutter überwiesen bekommen hatten.

Zwar stellt der BFH vornehmlich darauf ab, dass der Unterhalt für unterhaltsberechtigte Kinder (§§ 1601 f. BGB) grundsätzlich durch Entrichten einer Geldrente zu gewähren ist (§ 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB), die unterhaltsverpflichteten Eltern die Art der Unterhaltsgewährung gegenüber ihrem unverheirateten Kind selbst bestimmen können (§ 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB) und dass sie neben einer Teilrente in Geld auch eine Wohnung außerhalb des Elternhauses bereitstellen können, aber nicht müssen. Und er folgert daraus im Ertragssteuerrecht regelmäßig, dass die Eltern sich grundsätzlich auch für die Gewährung von Barunterhalt entscheiden können, ohne damit schon gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung zu verstoßen (BFH, Urt. v. 19. Oktober 1999, IX R 39/99, BStBl. II 2000, 224). Außerdem betont er - nach ausdrücklicher Rechtsprechungsänderung - zuletzt immer wieder, dass die Unterhaltszahlung einerseits und die Erfüllung der mietvertraglichen Vereinbarungen andererseits zwei bürgerlich-rechtlich und wirtschaftlich unterschiedliche Vorgänge seien, die auch steuerrechtlich voneinander zu trennen sind (BFH, Urt. v. 17. Dezember 2002 IX R 35/99, BFH/ NV 2003, 611; BFH Urteil vom 17. Dezember 2002, IX R18/00, BFH/ NV 2003, 749; BFH Urteil vom 17. Dezember 2002 IX R 58/00, BFH/ NV 2003, 750).

Aber er schließt andererseits auch nicht aus, dass die gewählte Gestaltung dann rechtsmissbräuchlich wird, wenn "aufgrund eines Gesamtplanes nur Geldbeträge hin- und hergeschoben" werden und letztlich nur ein "vorprogrammiertes Rückholverfahren" praktiziert wird. Als Beispiel nennt er den Fall, dass die Eltern dem Unterhalt empfangenden Kind gleichsam die Miete "schenken" und (nur) durch den gleichzeitigen Abschluss des Mietvertrages einen an sich privaten Vorgang in die steuerliche Sphäre verlagerten (vgl. BFH, Urt. v. 19. Oktober 1999, a.a.O). Ähnlich verhält es sich im vorliegenden Fall, in dem die Eltern und die Großmutter dem Sohn die Miete nur schenken, damit dieser mit seinen Eltern einen Mietvertrag abschließen kann, der ihnen eine Investitionszulage für eine ansonsten unentgeltliche und damit nicht begünstigte Wohnungsüberlassung ermöglichen soll. Hier kann nicht mehr nur davon gesprochen werden, dass ein unentgeltliches Überlassen der Wohnung bloß näher liegend oder allgemein üblicher wäre (was für die Annahme eines Gestaltungsmissbrauches noch nicht ausreicht). Sondern es ist davon auszugehen, dass auch und gerade für einen solchen Fall keine Investitionszulage gewährt werden sollte. Der Gesetzgeber hat nämlich Investitionszulage für eine unentgeltliche Überlassung gerade ausgeschlossen und damit - zumindest für Investitionszulagezwecke - selbst schon eine Verbindung zwischen dem Entgelt, nämlich der Unterhaltszahlung, einerseits und der Überlassung, nämlich der Erfüllung der mietvertraglichen Vereinbarungen andererseits, hergestellt, die nach Ansicht des Senats nicht zu ignorieren ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Eventuelle außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht über § 139 Abs. 4 FGO zu erstatten, weil dieser keine Sachanträge gestellt und somit im verbliebenen Prozess kein Risiko des Unterliegens getragen hat.

Ende der Entscheidung

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