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Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 27.03.2008
Aktenzeichen: 1 K 1846/05
Rechtsgebiete: StBerG


Vorschriften:

StBerG § 23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

1 K 1846/05

Eintragung einer weiteren Beratungsstelle

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 27. März 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden,

die Richterin am Finanzgericht Gehlhaar,

die Richterin am Finanzgericht Hübner,

den ehrenamtlichen Richter und

den ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 2005 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 18. November 2005 wird die Beklagte verpflichtet, eine weitere Beratungsstelle des Klägers in Z. mit Frau B. als Beratungsstellenleiterin in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine einzutragen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, falls nicht der Kläger vorher Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger ist ein Lohnsteuerhilfeverein, der im Bundesgebiet mehrere Beratungsstellen unterhält, eine davon in H., die von Frau B. geleitet wird.

Unter dem 2. Februar 2005 - bei der Beklagten am 3. Februar eingegangen - zeigte der Kläger die Eröffnung einer zweiten Beratungsstelle in Z. an, deren Leiterin ebenfalls Frau B. sein sollte. Die Beklagte forderte verschiedene Bescheinigungen und die Ausfüllung von Fragebögen, nach deren Eingang schließlich mit Bescheid vom 19. Mai 2005 der "Antrag auf Eintragung der Beratungsstelle in ... Z. ... in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine" abgelehnt wurde, weil eine sachgemäße Ausübung der Hilfeleistung in Steuersachen nicht gewährleistet sei. Dies begründete die Beklagte damit, dass nach den ihr erteilten Auskünften die vorgesehene Beratungsstellenleiterin nicht hinreichend häufig in der zweiten Beratungsstelle anwesend sein und damit dort die vorgesehene sachgemäße Leitung der Arbeit vornehmen könne.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem am 20. Juni 2005 eingegangenen Einspruch, zu dessen Begründung er darauf hinwies, dass sehr wohl eine sachgemäße und gewissenhafte Hilfeleistung in Steuersachen gewährleistet sei. Aus den Angaben in den Fragebögen sei keineswegs ersichtlich, dass die Aufgaben eines Beratungsstellenleiters in unzulässiger Art und Weise auf Mitarbeiter delegiert würden. Die vorgesehene Mitarbeiterin solle ausschließlich Unterlagen und Telefonanrufe entgegen nehmen sowie Besprechungstermine mit der Beratungsstellenleiterin vereinbaren.

Die Beklagte wies mit Einspruchsentscheidung vom 18. November 2005 den Einspruch als unbegründet zurück. Sie legte erneut dar, dass nach den ihr mitgeteilten Details der vorgesehenen Aufteilung der Arbeitskraft der Frau B. auf die Beratungsstellen in H. und Z. eine sachgemäße, gewissenhafte und verschwiegene Ausübung der Hilfeleistung in Steuersachen gem. § 26 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz nicht gegeben sei. Nach den von ihr erteilten Auskünften wäre diese minimal vier Stunden von 45 Stunden und maximal 26 Stunden von 45 Stunden persönlich in der vorgesehenen Beratungsstelle anwesend. Frau B. wäre im Rahmen der Sprechzeiten am Freitag lediglich von 14.00 bis 18.00 Uhr verbindlich in der Beratungsstelle anwesend. In dieser Zeit sei eine verantwortliche Leitung einer Beratungsstelle nicht möglich. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger trägt vor, dass angesichts der Entfernung von 70 km zwischen der Beratungsstelle in H., die die vorgesehene Beratungsstellenleiterin verantwortlich leite, und Z. - ihrem Wohnort - es ohne weiteres möglich wäre, die neue Beratungsstelle in ein bis eineinhalb Stunden problemlos zu erreichen. Es gebe keine Präsenzpflicht für Beratungsstellenleiter. Die sachgemäße Ausübung der Beratungstätigkeit sei in der beantragten Beratungsstelle gewährleistet. Die Beratungsstellenleiterin selbst trage das wirtschaftliche Risiko nach ihrer vertraglichen Konstruktion mit dem Kläger. Es sei daher ihre Sache zu entscheiden, an wie vielen Tagen und in welchem Umfang sie die Beratungsstelle geöffnet halte, ob sie mit Mitarbeitern besetzt sei und in welchem Umfang sie in der Beratungsstelle anwesend sei. Beratungsstellen von Lohnsteuerhilfevereinen seien oftmals nur in Abendstunden oder am Wochenende geöffnet. Etwas anderes könne die Beklagte auch nicht vorschreiben. Frau B. habe sich entschieden, zur Gewährleistung der ständigen Besetzung der Öffnungszeiten in Z.t eine Mitarbeiterin einzusetzen, die der Beklagten gemeldet sei. Sie habe sich in dem von der Beklagten übersandten und von ihr ausgefüllten Fragebogen dazu verpflichtet, alle Tätigkeiten eines Beratungsstellenleiters selbst auszuüben. Es gebe keinen Grund, an ihrer Zuverlässigkeit zu zweifeln.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 19. Mai 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2005 die Beklagte zu verpflichten, die Eintragung der Frau B. als Leiterin der Beratungsstelle in Z., in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung und hält an ihrer Auffassung fest, dass die vorgesehene Tätigkeit der Frau B. in der zweiten Beratungsstelle in Z. nicht den Anforderungen des Steuerberatungsgesetzes entsprechen könne.

Wegen weiterer Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der von der Beklagten überreichten Verwaltungsvorgänge (1 Ordner).

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die vom Kläger beantragte Eintragung einer weiteren Beratungsstelle in Z. mit der Leiterin B. im Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine vorzunehmen.

Die Voraussetzungen hierfür sind in § 23 des Steuerberatungsgesetzes geregelt. Danach darf die Hilfeleistung in Lohnsteuersachen nur durch Personen ausgeübt werden, die einer Beratungsstelle angehören. Für jede Beratungsstelle ist ein Leiter zu bestellen. Er darf gleichzeitig nur eine weitere Beratungsstelle leiten (Satz 3). Nach Abs. 3 der Vorschrift darf zum Leiter der Beratungsstelle nur eine Person bestellt werden, die zu dem in § 3 bezeichneten Personenkreis gehört (Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwalt etc.) oder eine Abschlussprüfung in einem vergleichbaren Beruf bestanden hat oder mindestens drei Jahre auf den einschlägigen Gebieten hauptberuflich tätig gewesen ist.

Danach ist die Beklagte verpflichtet, die weitere Beratungsstelle des Klägers in Z. mit der Beratungsstellenleiterin B. in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine einzutragen. Sämtliche Voraussetzungen, die im Steuerberatungsgesetz geregelt sind, werden - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - erfüllt. Die Voraussetzungen, die die Beklagte zu prüfen gemeint hat und deretwegen sie die beantragte Eintragung unterlassen hat, sind im Steuerberatungsgesetz hierfür nicht vorgesehen. So kommt es nicht darauf an, welche Öffnungszeiten die weitere Beratungsstelle in Z. hat. Es kommt auch nicht darauf an, welche Bediensteten die Beratungsstellenleiterin für die weitere Beratungsstelle in Aussicht genommen hat und welche Aufgaben im Einzelnen diese ausüben sollen.

Die Beklagte kann die Eintragung einer Beratungsstelle in das Verzeichnis der Beratungsstellen von Lohnsteuerhilfevereinen nach § 23 Abs. 6 Steuerberatungsgesetz allenfalls dann ablehnen, wenn offensichtlich die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz hinsichtlich der ins Auge gefassten weiteren Beratungsstelle nicht erfüllt sind, wenn also praktisch bereits fest steht, dass die Hilfeleistung in Lohnsteuersachen nicht sachgemäß, gewissenhaft, verschwiegen und unter Verzicht auf Werbung ausgeübt werden wird. Davon, dass diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen, kann nicht die Rede sein. Wenn Frau B. in Z. wohnt und in ihrem Einfamilienhaus eine weitere Beratungsstelle eröffnen möchte, einen ganzen Nachmittag in jeder Woche selbst in dieser Beratungsstelle anwesend sein will und darüber hinaus natürlich am Wochenende Beratungsgespräche führen kann, bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Steuerberatungsgesetz durch sie in der vorgesehenen weiteren Beratungsstelle nicht erfüllt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob ggf. eine weitere Angestellte in dem neuen Vereinslokal mit einfacheren Arbeiten betraut werden soll. Die Vermutungen der Beklagten, die vorgesehene weitere Angestellte werde möglicherweise in unzulässiger Weise Steuerberatungsangelegenheiten selbst übernehmen, erscheinen dem Senat aus der Luft gegriffen. Auch die Entfernung zwischen Z. und H. und der für eine unter Umständen kurzfristig notwendig werdende Anwesenheit der Beratungsstellenleiterin erforderliche Zeitaufwand sind keineswegs so gewaltig, dass unter diesem Aspekt Bedenken gegen die sachgemäße Ausübung der Hilfeleistung in Lohnsteuersachen in Zerbst aufkommen könnten.

Der Senat sieht sich in seiner Rechtsansicht in Übereinstimmung mit dem Finanzgericht München, das in seinem Urteil vom 30. November 2005 - 4 K 2708/05 - in einem vergleichbaren Fall ebenfalls zugunsten des dortigen Klägers entschieden hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.



Ende der Entscheidung

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