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Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 14.07.2008
Aktenzeichen: 1 K 346/03
Rechtsgebiete: UStG, RL 77/388/EWG


Vorschriften:

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
RL 77/388/EWG Art. 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

1 K 346/03

Umsatzsteuer 1998

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Juli 2008

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden,

die Richterin am Finanzgericht Hübner,

den Richter am Finanzgericht Keilig,

die ehrenamtliche Richterin ... und

die ehrenamtliche Richterin ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung von Vorsteuerbeträgen.

Nach Steuerfahndungsprüfung und Ermittlungen der Kriminalpolizei verschiedener Dienststellen in ganz Deutschland entdeckten diese einen international agierenden Ring von Händlern, die mit Computerteilen (Prozessoren / CPU) handelten und Umsatzsteuerkarusselle aufgebaut hatten. Im Bereich des innergemeinschaftlichen Handels wurden Umsatzsteuern in Millionenhöhe hinterzogen. Das ausgedachte Modell nutzte das geltende deutsche Umsatzsteuergesetz dahingehend aus, dass eine inländische Firma von einer Firma aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union steuerfrei Computerprozessoren erwarb und diese Teile im Inland unter Einkaufspreis zuzüglich Umsatzsteuer an eine dritte Firma veräußerte, die vereinnahmte Umsatzsteuer jedoch nicht an das zuständige Finanzamt abführte. Durch ein Firmengeflecht unterschiedlicher Firmen wurden teilweise mehrere Firmen hintereinander geschaltet, von denen mehrere die Umsatzsteuern nicht abführten bzw. Vorsteuern geltend machten. Um einer Aufdeckung der Geschäfte zu begegnen, wurden die handelnden Firmen teilweise nur wenige Monate am Markt belassen bzw. sofort wieder liquidiert oder in Insolvenz gebracht. Die erzielten Gewinne wurden sofort aus dem Markt gezogen und teilweise international angelegt. Gegen die handelnden Personen wurden steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die handelnden Personen sind zwischenzeitlich - soweit sie sich nicht durch Flucht ins Ausland einer Verhaftung entzogen haben - rechtskräftig, teilweise zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.

Im Streitjahr 1998 (sowie 1996 und 1997) handelte auch der Kläger mit Computerteilen. Er besaß die Firma A und stand unter anderem in geschäftlichem Verkehr mit den aufgedeckten Firmen und deren handelnden Personen. So handelte er 1998 auch mit der Firma B.

Die Firma B wurde mit Vertrag vom 7. Juli 1997 gegründet. Am 9. Juli 1997 erfolgte der Abschluss eines Servicevertrages mit der Firma Büroservicecenter "..." in ... und gleichzeitig die Anmeldung beim Finanzamt ... Die Geschäftsaufnahme erfolgte zum 1. Oktober 1997.

Wirtschaftliche Aktivitäten soll die Firma 1997 von ... und 1998 von den ... aus entwickelt haben, nicht jedoch in ... Die Post soll lediglich von ... nach ... versandt worden sein. Die Steuerfahndung ging daher von einem Scheinsitz aus, der im Außenverhältnis gegenüber Kunden und Behörden den Anforderungen eines formellen Firmensitzes genügen sollte.

Bei der Firma B soll es sich um eine so genannte "Abdeckfirma" für vorgeschaltete, kurzlebige Firmen handeln. Die Vorlieferanten blieben nur kurz am Markt und wurden dann entsorgt. Damit dies Kunden und Behörden nicht sofort auffiel, wurden "Abdeckfirmen" nachgeschaltet. Diese Aufgabe übernahm nach der Feststellungen der Steuerfahndung die Firma B. Die Vorlieferanten gaben in den Rechnungen unzutreffende Geschäftsadressen und falsche Geschäftsführernamen an, fälschten Eingangsrechnungen und erstellten Scheinrechnungen für nicht erfolgte Lieferungen.

Im Streitjahr bis zum 31. März 1998 erhielt der Kläger seine Waren fast ausschließlich von der Firma B. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung soll die Firma B von ihren Vorlieferanten die Computerteile weit unter Preis erworben haben. Die Preisgestaltung soll so niedrig gewesen sein, dass selbst der Kläger bei einem Weiterverkauf hiervon profitieren konnte. Es soll auch zu finanziellen Unterstützungen durch den Kläger durch Vorkassezahlungen gekommen sein.

Die Steuerfahndung und Kriminalpolizei gingen aufgrund der Ermittlungen und von Vernehmungen davon aus, dass der Kläger von den Umsatzsteuerkarussellen Kenntnis hatte und innerhalb des Karussells das letzte Glied darstellte, bevor er die Computerteile an nicht beteiligte Firmen ordnungsgemäß unter Umsatzsteuerausweis weiter veräußerte. Nach den Feststellungen der Fahndungsbehörden erzielte der Kläger seinen Gewinn dadurch, dass er die Waren noch unter dem Einkaufspreis seines Lieferanten erwerben konnte. Dies war möglich, da die Lieferanten die nicht abgeführte Umsatzsteuer in ihre Kalkulationen einbezogen.

Im Rahmen der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen wurde der Kläger kurzzeitig in Untersuchungshaft genommen. Das gegen ihn wegen Verdachts der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung, Verdacht der Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingeleitete Strafverfahren wurde am 03. April 2002 gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 5.113 EUR nach § 153a Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.

Im Jahr 1998 gab der Kläger keine Umsatzsteuervoranmeldungen ab. Die Umsätze und Vorsteuern schätze der Beklagte. Nach Fahndungsprüfung korrigierte er die Schätzungen indem er die Umsätze erhöhte und bezüglich der Umsätze mit der Firma B die Vorsteuern in Höhe von 378.670 DM auf 0 DM festsetzte. Hierbei ging der Beklagte davon aus, dass aufgrund der Feststellungen innerhalb der gesamten Lieferkette auch die Vorsteuer des Klägers nicht berücksichtigt werden könne. Mit Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 29. Dezember 2000 setzte er die Umsatzsteuer entsprechend fest.

Hiergegen richtete sich der Einspruch vom 22. Januar 2001. Der Kläger wies zur Begründung u.a. darauf hin, dass die Feststellungen der Steuerfahndung unzutreffend seien und er tatsächlich mit renommierten und anerkannten Unternehmen gehandelt habe. Da den Rechnungen, in denen Vorsteuern ausgewiesen wurde, tatsächliche Lieferungen und Leistungen zugrunde gelegen hätten, stehe ihm der Vorsteuerabzug zu. Soweit die Steuerfahndung davon ausgehe, dass die Lieferungen durch Scheinfirmen erfolgt seien bzw. nur Scheinrechnungen vorliegen würden, sei dies nicht richtig, wie die gelieferten Computerteile bewiesen. Selbst wenn die Lieferanten an einem Umsatzsteuerkarussell beteiligt gewesen seien, könne dies nicht ihm - dem Kläger - angelastet werden, da er davon keine Kenntnis gehabt habe.

Mit Einspruchsbescheid vom 06. Februar 2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er verwarf die Einwände des Klägers und vertrat die Ansicht, dass für das Vorliegen eines Vorsteuererstattungsanspruches der Kläger die Beweislast trage und die vorgetragenen Einwände ungeeignet seien, die Feststellungen der Steuerfahndung zu entkräften. Konkrete Beweise, welche die Ermittlungsergebnisse in Frage stellen würden, seien nicht benannt oder vorgelegt worden.

Am 06. März 2003 hat der Kläger Klage erhoben. Er meint weiterhin, dass er gutgläubig gewesen sei und daher der Anspruch auf Vorsteuererstattung bestehe. Im Übrigen habe der Beklagte keine eigenen Ermittlungen angestellt und sich nur auf die Feststellungen anderer Behörden verlassen. Auch sei die Aussage einer ehemaligen (seinerzeit minderjährigen) Freundin vor der Steuerfahndung mehr als zweifelhaft. Andere Zeugenaussagen würden nicht bestätigen, dass er Kenntnis von einem wie auch immer gearteten Umsatzsteuerkarussell gehabt habe. Zudem hätten die von der Steuerfahndung ermittelten Rohgewinnaufschläge von 1 - 2% den Kläger nicht in die Lage versetzt, Millionenbeträge abzuzweigen.

Soweit der Beklagte darauf abstelle, dass teilweise Computerteile unter dem Einkaufspreis verkauft worden seien, habe dies seinen Hintergrund im Marktgeschehen. Prozessoren würden sehr schnell veralten, so dass neben dem offiziellen Markt noch ein Graumarkt bestehe, bei dem ebenfalls mit Computerteilen gehandelt werde. Es sei nicht unüblich, dass hierbei ein Preisverfall auftrete, der es Händlern oder Zwischenhändlern ermögliche bzw. diese zwinge, in einer Lieferantenkette CPU günstiger zu verkaufen als die vorherigen Händler. Dies habe auch zur Folge, dass die CPU teilweise im Kreisverkehr gehandelt würden.

Der Kläger beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 29. Dezember 2000 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 06. Februar 2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf die Feststellungen der Steuerfahndung und auf die Zeugenvernehmungen und zeigt insbesondere die Preisgestaltungen auf, die nach seiner Ansicht zu erheblichen Gewinnen geführt haben, da die Beteiligten aufgrund der - von vornherein geplanten - Nichtabführung der Umsatzsteuer mit wesentlich geringeren Einkaufspreisen kalkulieren konnten. Der Kläger habe bei insgesamt 29 Unternehmen Waren eingekauft, wovon 8 in Ermittlungsverfahren einbezogen worden seien. Von Gesamtumsätzen in den Jahren 1996 bis 1998 im Umfang von 74 Mio. DM seien 67 Mio. DM mit diesen Unternehmen abgerechnet worden. Die für diese Firmen handelnden Personen seien zwischenzeitlich unter anderem wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig verurteilt worden. Der Kläger, den die Feststellungslast treffe, habe bisher nichts vorgetragen, was die Feststellungen der Steuerfahndung bzw. der Zeugen- und Beschuldigtenaussagen in den Strafverfahren widerlege. Insbesondere könne bei dem Lieferanten B von einer Schein- bzw. Abdeckfirma ausgegangen werden, was dem Kläger auch bekannt gewesen sei.

Dem Senat haben zwei Bände Umsatzsteuerakten, eine Akte mit Gewinnermittlungen des Klägers, die Einkommensteuerakte 1998 und 1999 sowie eine Heftung mit Vernehmungsprotokollen und dem Abschlussbericht der Steuerfahndung vorgelegen, auf die im Übrigen ausdrücklich Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Zu Recht hat der Beklagte den geltend gemachten Vorsteuerabzug nicht gewährt und diesen um den Umfang der vom Umsatzsteuerkarussell umfassten Geschäfte rückgängig gemacht.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) kann der Unternehmer die in Rechnungen gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der entsprechende Art. 17 der Sechsten MwSt-Richtlinie 77/388/EWG bestimmt, dass das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Der Steuerpflichtige ist danach befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer unter anderem die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert worden sind, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden.

Nach den Urteilen des EuGH vom 06. Juli 2006, C-439/04 und C-440/04, BFH/NV Beilage 2006, 454, kann das Recht auf Vorsteuerabzug verweigert bzw. der Vorsteuerabzug rückgängig gemacht werden, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass die Lieferung an einen Steuerpflichtigen vorgenommen wird, der wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Das gilt auch dann, wenn der betreffende Umsatz die objektiven Kriterien der wirtschaftlichen Tätigkeit beziehungsweise des Lieferbegriffs erfüllt. Vorsteuer kann daher nur dann geltend gemacht werden, wenn Gutgläubigkeit des Leistungsempfängers vorliegt.

Das Recht zum Vorsteuerabzug bleibt des weiteren nur dann erhalten, wenn der Unternehmer alle Maßnahmen getroffen hat, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können und die sicherstellen, dass er nicht in einen Betrug einbezogen wurde (vgl. BFH Urteil vom 19.04.07, V R 48/04, BFH/NV 2007, 2035). Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass die Identität des Rechnungsausstellers nachgewiesen ist, der Sitz des liefernden Unternehmens tatsächlich bestanden hat, kein Leistungsbezug von einem Nichtunternehmer vorliegt und keine Scheinrechnungen ausgestellt worden sind (st. Rspr., vgl. z.B. BFH Urteil vom 27.06.1996, V R 51/93, BStBl. II 1996, 620; BFH Beschluss vom 04.02.2003, V B 81/02, BFH/NV 2003, 670; BFH Beschluss vom 11.03.1999, V B 135/98, BFH/NV 1999, 1253; BFH Urteil vom 06.12.2007, V R 61/05, DStZ 2008, 301, BFH-PR 2008, 273; BFH Beschluss vom 03.08.2007, V B 73/07, UR 2007, 944).

Der den Vorsteuerabzug begehrende Leistungsempfänger trägt für das Vorliegen der Voraussetzungen die Feststellungslast. Demzufolge ist es auch seine Sache, entscheidungserhebliche Tatsachen im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht, bei der auch die Beweisnähe zu berücksichtigen ist, glaubhaft zu machen. Dies gilt auch, soweit es um die Frage geht, ob der Kläger vom Tatplan eines Vor- oder Nachlieferanten wusste oder diesen zumindest kennen konnte. Die Schwierigkeit eines Negativbeweises ändert an dieser Verteilung der Beweislast grundsätzlich nichts (vgl. BFH Urteil vom 19.04.07, V R 48/04, unter II.C.3., BFH/NV 2007, 2035, m.w.N.).

Hinweise auf fehlende Gutgläubigkeit können die rechtlichen, wirtschaftlichen und personellen Verbindungen zwischen den Akteuren liefern. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Position des Steuerpflichtigen bei der Manipulation. Je näher die Verbindung zu den Handelnden ist, desto wahrscheinlicher ist die Kenntnis von der Einbindung in eine Mehrwertsteuerhinterziehung.

Nach diesen Grundsätzen und der Auswertung der vorhandenen Unterlagen sowie Akten und dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist der Senat der Überzeugung, dass der Kläger von den Hintergründen der abgewickelten Geschäfte wusste und damit nicht gutgläubig war. Der Senat hat sich die Feststellungen der Steuerfahndungen und Polizeidienststellen in den Ermittlungs- und Abschlussberichten zu eigen gemacht und verweist insoweit ausdrücklich auf deren Inhalt.

Der Kläger hat gegen die Feststellungen der Steuerfahndung, auf denen die Rückforderung der Vorsteuerbeträge beruht, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine oder nur unsubstantiierte Einwendungen erhoben und die Feststellungen auch nicht widerlegt. Er hat lediglich behauptet, von den Umsatzsteuerkarussellen keine Kenntnis gehabt zu haben, und hat auch keine Nachweise erbracht, dass die beteiligten Firmen tatsächlich existierten und wirtschaftlich tätig waren. Einwendungen gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen bzw. Tatbeteiligten und deren teilweise Geständnisse hat der Kläger nicht vorgetragen. Dabei berücksichtigt der Senat, dass diese zwischenzeitlich rechtskräftig zu teilweise mehrjährigen Freiheitsstrafen unter anderem wegen Steuerhinterziehung verurteilt sind.

Insoweit verweist der Senat auf seine Urteile vom 14. Juli 2008 in den Rechtsstreiten 1 K 344/03 (Klage des Klägers betreffend Umsatzsteuer 1996) und 1 K 345/03 (Umsatzsteuer 1997) und macht diese zum Gegenstand der hiesigen Entscheidung. Der Senat ist der Überzeugung, dass der Kläger von den Hintergründen des Umsatzsteuerkarussells Kenntnis hatte bzw. sich ihm hätte aufdrängen müssen, dass sowohl die Lieferungen wie die ausgestellten Rechnungen aus einer Umsatzsteuerhinterziehung stammten bzw. "infiziert" waren.

Selbst wenn dem Kläger der genaue Umfang aller Geschäfte und beteiligten Firmen sowie handelnden Personen unter Umständen nicht klar gewesen ist, wusste er oder hätte zumindest wissen müssen, dass die von ihm bezogenen und weiterverkauften CPU "nicht sauber" waren. Er hatte häufigen Kontakt mit den Tätern und flog sogar im Dezember 1996 für zwei Wochen nach Brasilien, als sich die Haupttäter dorthin abgesetzt hatten. Darüber hinaus war er derjenige, der einen Teil der Geschäfte in bar abwickelte. Dies wird wiederholt in den Aussagen der Zeugen als "vorteilhaft" dargestellt. Der Senat geht davon aus, dass neben den Überweisungen und offiziellen Rechnungen und Buchungen auch Schwarzgeschäfte abgewickelt worden sind. Bei der Höhe der Rechnungsbeträge und Zahlungen sowie Umsätze sowie der Nichtabführung der Umsatzsteuer innerhalb des kurzen Zeitraumes von insgesamt etwas mehr als zwei Jahren kann davon ausgegangen werden, dass genügend Gelder "generiert" wurden, um diese z.B. im Ausland anzulegen. Dies widerlegt - obwohl für den Rechtsstreit nicht erheblich - zudem die Behauptung des Klägers, dass mit der ermittelten Gewinnspanne von 1 - 2% keine Millionenbeträge zur Seite geschafft werden konnten. Der Umfang der Geschäftstätigkeit und die durch die Nichtabführung der Umsatzsteuer entstandenen Gewinnmargen - außerhalb der offiziellen Buchführung - ermöglichten in kurzer Zeit die Entstehung von "Gewinnen" in wesentlicher Höhe.

Soweit die Steuerfahndung dargestellt hat, dass durch Nichtabführung der Umsatzsteuer im Karussell Gewinne "erwirtschaftet" werden konnten, zeigt sich dies auch am Beispiel eines Weiterverkaufs von CPU an die Firma ... Diese hatte CPU im Paket zuvor an eine Firma in ... verkauft und erhielt das gleiche Paket mit den gleichen CPU kurze Zeit später durch die Firma des Klägers zu einem niedrigeren Einkaufspreis, als sie ursprünglich selbst verkauft hatte. Zwar kann der Senat der Darstellung des Klägers folgen, dass innerhalb des Graumarktes mit CPU Preisabschläge auch in kurzen Abständen entstehen können, doch erklärt dies nicht, warum die Firma ... mit einem entsprechenden Druck und der Drohung mit der Staatsanwaltschaft den Kläger zur Rückgängigmachung des Geschäftes veranlassen konnte. Wären die Preisabschläge im üblichen Rahmen gewesen, hätte die Firma ... dies akzeptiert. Der Preisabschlag muss sich in einem Rahmen bewegt haben, der die Firma zur Annahme einer Umsatzsteuerhinterziehung veranlasst hat. Wäre der Kläger guten Gewissens gewesen, hätte er sich auf die Rückabwicklung nicht einlassen müssen. Dies spricht für ein Wissen / Wissen müssen des Klägers.

Selbst wenn das "Wissen müssen" nicht positiv nachgewiesen werden könnte - woran der Senat jedoch keinen Zweifel hat -, verbleiben noch die Feststellungen der Steuerfahndung, dass die Firma B über keinen bzw. keinen richtigen Firmensitz verfügt hat. An den behaupteten Firmensitzen konnte seitens der Steuerfahndung keine Unternehmen festgestellt werden. Bei dem Sitz der Firma B handelt es sich um ein Büroservicecenter, welches die eingehende Post nach ... weiterleitete. Nachweisbare Geschäftsaktivitäten konnten in ... nicht festgestellt werden. Die Feststellungen zum Firmensitz sind bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch den Kläger nicht widerlegt worden. Nach dem BFH (z.B. BFH Beschluss vom 11.03.99 V B 135/98, BFH/NV 1999, 1253 oder Urteil vom 06.12.07, V R 61/05, DStZ 2008, 301) führt der fehlende Nachweis eines tatsächlichen Sitzes zu einer Rückforderung der Vorsteuer. Entsprechende Nachweise hat der Kläger - obwohl dies bereits mehrfach problematisiert wurde - nicht vorgelegt. Die bloße Behauptung der Existenz einer Firma bzw. der Darstellung, dass Waren geliefert worden sein sollen, ist nicht ausreichend, die Feststellungen der Steuerfahndung zu widerlegen. Bereits aus diesem Grunde ist der Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Firmen B zu versagen.

Soweit die Firma B betroffen ist, hat diese zudem Waren oder Rechnungen von Vorlieferanten erhalten, die nach den Ermittlungen der Steuerfahndung als Scheinfirmen anzusehen sind bzw. mit gefälschten Rechnungen gearbeitet oder Scheinrechnungen für nicht existente Lieferungen erstellt haben. Die Abführung der Umsatzsteuer innerhalb dieser Lieferbeziehungen erfolgte nicht. In Anbetracht der Tatsache, dass der Kläger mit seiner Firma A ab dem 13. Mai 1997 bis zum 31. März 1998 seine Waren fast ausschließlich von der B (und ihrer Vorgängerfirma ...) bezog, er die handelnden Personen kannte, weiterhin durch Barzahlungen auffiel und - nach Beendigung der Tätigkeit der Firma ... (insoweit bezieht sich der Senat auf sein Urteil vom 14. Juli 2008 in der Sache 1 K 344/03) und Austausch mit den damals nach Brasilien geflüchteten Haupttätern - in die neu gegründeten Lieferketten einstieg, ist der Senat der Überzeugung, dass der Kläger die Hintergründe der Geschäfte, insbesondere die Zwischenschaltung der Firma B als "Abdeckfirma" kannte.

Darüber hinaus ist von Bedeutung, dass das eingeleitete Strafverfahren gegen den Kläger nach § 153a StPO mit einer Geldauflage von 5.113 EUR eingestellt worden ist. Eine Einstellung nach § 153a StPO kommt dann in Betracht, wenn die Auflage geeignet ist, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und die Schwere der Schuld nicht entgegen steht. Für den Streitfall bedeutet dies, dass zumindest die Schuld festgestanden und der Kläger dies mit Zahlung der Geldauflage eingestanden hat. Andernfalls hätte er dagegen vorgehen können und müssen. Der Senat glaubt dem Kläger nicht, wenn er auf der einen Seite der Einstellung eines Strafverfahrens nach § 153 a StPO zustimmt und eine Geldauflage leistet und auf der anderen Seite im Besteuerungsverfahren behauptet, keine Kenntnis von den Vorgängen gehabt zu haben. Der Kläger hat nicht dargestellt, warum er der Einstellung nach § 153a StPO zugestimmt hat, wenn er unschuldig war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

Ende der Entscheidung

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