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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 20.09.2007
Aktenzeichen: 1 K 542/07
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 227 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

1 K 542/07

Erlass von Einkommensteuer und Nebenleistungen 2000, 2001, 2003 und 2004

Umsatzsteuer und Nebenleistungen 1999, 2000 und 2001

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 1. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. September 2007

durch

den Präsidenten des Finanzgerichts Karl als Vorsitzenden, die Richterin am Finanzgericht Hübner, die Richterin am Finanzgericht Gehlhaar, die ehrenamtliche Richterin ... den ehrenamtlichen Richter ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Parallel zu seinen Rechtsmitteln gegen Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide beantragte der Kläger den hier streitigen Erlass der daraus resultierenden Forderungen einschließlich Nebenleistungen.

Im Antrags- und Rechtsbehelfsverfahren berief er sich zum Einen auf sachliche Unbilligkeit, weil der Beklagte nach einer Betriebsprüfung trotz der vorgelegten Beweismittel und erteilten Auskünfte an deren Rechtsauffassung festgehalten habe und zum Anderen auf persönliche Unbilligkeit, weil er selbst aufgrund eines unheilbaren Herzleidens dauernd arbeitsunfähig werde bzw. sogar schon voll erwerbsunfähig sei, weil er infolge der unwiderruflichen Aufgabe seines Immobilieneigentums auch keine Vermietungseinkünfte mehr erzielen könne (zumal dies beim Fiskus ein Aneignungsrecht bewirke) und weil ihm wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung auch seine Anteile an der GmbH oder GbR nicht entgegen gehalten werden könnten, so dass er sogar schon die eidesstattliche Versicherung habe abgeben müssen. Zuletzt sei ihm auch nicht vorzuwerfen, dass er bei der Kreissparkasse keinen Antrag auf Erlass der Kreditsumme gestellt habe, denn dieser sei abgelehnt worden.

Der Beklagte lehnte den Erlass mit Bescheid vom 2. November 2006 ab und wies auch den dagegen fristgerecht eingelegten Einspruch mit Bescheid vom 3. April 2007 zurück. Dabei verneinte er die sachliche Unbilligkeit, weil schon vom Grundsatz her das Erlassverfahren nicht dazu da sei, die Ergebnisse einer Betriebsprüfung zu überprüfen, und weil auch der Ausnahmefall einer offensichtlich und eindeutig fehlerhaften Abgabenfestsetzung, bei der dem Steuerpflichtigen das regulär vorgesehene Einspruchsverfahren nicht zumutbar sei, weder vorgetragen noch ersichtlich sei.

Auch die persönliche Unbilligkeit nahm er nicht an, schon weil er den Kläger nicht für erlassbedürftig hielt. Er führte aus: Der Kläger tilge mit 300 EUR monatlich sogar einen Kredit der GbR, verfüge vermutlich noch über die 85.000 EUR aus der Veräußerung von drei Wohneinheiten im Jahr 2005 sowie 65.000 EUR aus der vorfristigen Kündigung von zwei Lebensversicherungen im Jahr 2004 und besäße noch Anteile an diversen Gesellschaften. Insofern könne dahinstehen, ob die GmbH überschuldet sei; die GbR verfüge jedenfalls noch über zwei Grundstückseinheiten, die im Jahr vor der Auflösung mit einem Wert von 95.000 EUR eingebracht worden seien, und auch die im November 2006 neu gegründete GmbH sei sicherlich ebenfalls noch nicht überschuldet. Darüber hinaus sei auch zweifelhaft, ob der Kläger alle zumutbaren Anstrengungen unternommen habe, um seine Abgabenschulden zu tilgen, denn er habe in Kenntnis dieser Schulden bspw. erhebliche Barmittel zur Gründung einer neuen GmbH eingesetzt und durch den Verzicht auf zwei fast vollständig vermietete Grundstücke auf Vermögenswerte bzw. die daraus zu erwartenden Erträge verzichtet. Der vom Kläger behaupteten völligen Arbeits- und Berufsunfähigkeit stehe entgegen, dass er tatsächlich weiterhin fortgesetzt als Rechtsanwalt auftrete und dass ihm demzufolge zwar möglicherweise eine Tilgung der Rückstände in einer Summe nicht zuzumuten sei, wohl aber Ratenzahlungen oder Stundungen. Im Übrigen berief er sich darauf, dass die Einziehung der Steuer keineswegs die wesentliche Ursache für die Existenzgefährdung bilde, denn die Kreissparkasse betreibe weiterhin die Zwangsvollstreckung wegen einer Hauptforderung von 591.768,55 EUR nebst Zinsen und Kosten. Ergänzend spricht er dem Kläger im Einspruchsbescheid auch noch die Erlasswürdigkeit ab, weil er bspw. die Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen 2002, 2003 und 2005 wie auch diverse Umsatzsteuervoranmeldungen ab 2000 zu spät abgegeben und abgegebene Anmeldungen und Vorauszahlungen zu spät entrichtet habe, was gerade bei einem Rechtsanwalt besonders schwer wiege. Zudem habe er seine Lage wohl zumindest teilweise selbst herbeigeführt, indem er bspw. entgegen seiner Vereinbarung mit der Hypothekenbank die ihr zustehenden Gelder an die Eheleute abgeführt und dadurch einen Schadensersatzanspruch über 106.086, 66 DM nebst Zinsen ausgelöst habe.

Dagegen hat der Kläger am 27. April 2007 Klage erhoben. Er meint, der Beklagte habe mit seiner Ablehnung zum Einen die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten und zum Anderen sein Ermessen in zweckwidriger Weise gebraucht.

Zunächst sei der Erlass schon aus sachlichen Gründen geboten, da die streitigen Prüfungsfeststellungen zwar vielleicht den Steuergesetzen entsprächen - aber ihrem Sinn und Zweck und den Wertungen des Gesetzgebers zuwider laufen würden.

Außerdem sei der Erlass aus persönlichen Gründen geboten. Er sei nämlich sehr wohl erlasswürdig, denn die Forderung des Beklagten, seine Beteiligungen zu verwerten, könne nicht erfüllt werden, weil diese gar nicht werthaltig seien, und der Verzicht auf sein Immobilieneigentum könne ihm nicht vorgehalten werden, da er dazu von der kreditgebenden Bank gezwungen worden sei, obwohl er zuvor sogar für rund 480.000 DM bzw. EUR einen Erwerber gefunden habe. Und er sei auch erlasswürdig, denn die vom Beklagten dagegen aufgeführten Fristüberschreitungen seien durch seinen im Juli 2000 festgestellten Darmkrebs und seinen im Februar 2002 festgestellten Leberkrebs verursacht. Insofern sei "die Behauptung, der Kläger habe seine mangelnde Leistungsfähigkeit selbst herbeigeführt", beleidigend. Im Grunde betreibe der Beklagte eine existenzvernichtende und berufsschädigende Vollstreckung auf breiter Front, um seine private und seit 15 Jahren bestehende berufliche Existenz zu vernichten, indem er Ende 2006 vorsätzlich Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse wegen seiner Forderungen aufgrund der Betriebsprüfung i.H.v. rund 66.000 EUR den Gesellschaften, an denen er beteiligt sei, diversen Banken und sogar dem Amtsgericht zugestellt habe, so dass die Rechtsanwaltskammer inzwischen schon den Widerruf seiner Zulassung prüfe. Ohne den Erlass drohe er zum Sozialfall zu werden, da er sein Vermögen inzwischen aufgebraucht habe, mangels ausreichender Anwartschaftszeiten keine Erwerbsunfähigkeitsrente erwarten könne und der Verdienst seiner Frau für sie beide nicht zum Leben ausreiche. Jedenfalls hätten die aus dieser Situation resultierenden Sorgen und Probleme seinen allgemeinen Gesundheitszustand noch weiter angegriffen und lösten nunmehr eine Gefahr für sein Leben und seine Gesundheit aus.

Dem Einwand des Beklagten aus dem Klageverfahren, der Kläger habe im Juni 2006 12.500 EUR aus der Veräußerung eines Geschäftsanteils an der erhalten, hält er entgegen, dass er das Geld seinem Sohn gegeben habe, um ihm das zu deren Gründung geborgte Geld zurückzuzahlen. Zu dem Hinweis des Beklagten auf einen im Juli 2007 für 30.102,14 EUR bestellten PKW führt er aus, dass dieser PKW als Ersatzinvestition für einen zur Gründung der als Sacheinlage geleisteten, inzwischen aber bei einem unverschuldeten Unfall zerstörten PKW gedacht war und dass er diesen PKW über einen Kredit finanziere, dessen Zinsen sogar die Gesellschaft aufbringe.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 2. November 2006 und des Einspruchsbescheides vom 3. April 2007 zu verpflichten, Steuern und steuerliche Nebenleistungen in Höhe von insgesamt 57.460,07 EUR zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung im Wesentlichen auf seinen Einspruchsbescheid sowie darauf, dass die Vollstreckungsmaßnahmen für den Erlass unerheblich seien.

Dem Gericht hat der Verwaltungsvorgang des Beklagten über den Antrag des Klägers auf Erlass vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erlass der Steuern und steuerlichen Nebenleistungen.

Gemäß § 227 Abs. 1 AO können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Da es sich bei der Entscheidung über ein Erlassbegehren jedoch um eine Ermessensentscheidung handelt, die nur daraufhin überprüfbar ist, ob die Finanzbehörden bei ihrer Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens über- oder unterschritten oder von dem ihnen eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht haben, während den Gerichten eine eigene Ermessensausübung grundsätzlich verwehrt ist (BFH, Beschl. v. 19. Oktober 1971, GmS-OGB 3/70, BStBl II 1972, 603), beschränkt sich die gerichtliche Überprüfung auf die Sachlage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BFH, Urt. v. 31. März 1976, I R 51/74, BStBl II 1976, 499 ).

Zu diesem Zeitpunkt hat der Beklagte die sachliche Unbilligkeit aber mit einer zutreffenden Überlegung verneint. Sachliche Billigkeitsgründe sind gegeben, wenn die Besteuerung eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Besteuerungstatbestand fällt, im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck des Steuergesetzes nicht vereinbar ist, wenn also ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers feststellbar ist (BFH, Urt. v. 25.November 1980, VII R 17/78, BStBl II 1981, 204) bzw. wenn der Steuerbescheid auf einem offensichtlichen und eindeutigen, anderweitig nicht behebbaren Irrtum des FA über die bereits aus dem Gesetz ersichtlichen Wertungen des Gesetzgebers beruht (BFH, Urt. v. 3.März 1970, II 135/64, BStBl II 1970, 503). Ob eine solche Sachlage angesichts der abweisenden Beschlüsse des Senats im Prozesskostenhilfeverfahren und im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wegen Einkommen- und Umsatzsteuer überhaupt anzunehmen ist, kann in den dazu anhängigen Verfahren des Klägers geklärt werden. Denn selbst die Korrektur einer offensichtlich fehlerhaften Steuerfestsetzung ist im Billigkeitsverfahren aus verfahrensrechtlichen Gründen unzulässig, wenn sie noch im Rahmen einer offenen oder änderbaren Steuerfestsetzung vorgenommen werden kann (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 227 AO 1977 Tz.21 und 22, m.w.N.) oder wenn es dem Steuerpflichtigen möglich und zumutbar war, sich gegen die Fehlerhaftigkeit rechtzeitig zur Wehr zu setzen (BFH, Urt. v. 21. Januar 1992, VIII R 51/88, BStBl. II 1993, 3), wie hier.

Die persönliche Unbilligkeit hat der Beklagte ebenfalls zu Recht schon mit der Überlegung verneint, dass eine Erlassbedürftigkeit des Klägers jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung nicht feststellbar war. Erlassbedürftig ist ein Steuerpflichtiger, dessen wirtschaftliche oder persönliche Existenz im Falle der Versagung eines Billigkeitserlasses gefährdet ist, weil der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden oder die Erwerbstätigkeit nicht mehr fortgesetzt werden kann (BFH, Urt. v. 26. Feruar 1987, IV R 298/84, BStBl. II 1987, 612), nicht hingegen bei nur vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten (Tipke/Kruse-Kruse/Loose, Komm. zur AO/ FGO, 99. Erglfg. Oktober 2002, § 227 Rdnr. 90). Lässt sich dies zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, geht das zu Lasten des Klägers, weil die Anwendung einer begünstigenden Norm in Frage steht und Umstände tatsächlicher Art aufzuklären sind, die in seiner Wissens- und Einflusssphäre liegen (BFH, Urt. v. 29. April 1987, X R 22/82, BFH/ NV 1988, 73). Insoweit hat der Beklagte im Einspruchsbescheid zu Recht angeführt, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers trotz seiner Rückfragen im Anhörungsschreiben bis zuletzt in entscheidenden Punkten unklar bzw. widersprüchlich geblieben sind, weil der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Sachaufklärung verletzt hat, welche die Sachaufklärungspflicht der Finanzbehörden begrenzt. Dieser Mangel war im finanzgerichtlichen Verfahren nicht mehr heilbar. Soweit der Beklagte darauf abstellt, dass dem Kläger wegen seiner Beteiligungen an diversen Gesellschaften eine Liquidation von Vermögenswerten und wegen seiner offenbar fortbestehenden Kreditwürdigkeit wohl auch eine eine Kreditaufnahme noch möglich und zumutbar war, ist die gegenteilige Behauptung des Klägers zu unsubstantiiert. Zu dem Wert seiner Anteile an der GmbH und GbR, insbesondere zur Einlage von Grundvermögen im Wert von 95.000 EUR in die GbR, zu der Schuldentilgung zugunsten der GbR, zur Veräußerung von drei Wohneinheiten im Wert von 85.000 EUR bzw. zur vorfristigen Kündigung von zwei Lebensversicherungen im Wert von 65.000 EUR hat der Kläger überhaupt nichts Konkretes vorgetragen und somit seiner Darlegungs- und Beweislast nicht genügt. Zu seinem Anteil an der gerade gegründeten GmbH hat er in der mündlichen Verhandlung zwar vorgetragen, dass er das Geld für die Gründung von seinen Kindern geliehen habe und dass er den Erlös aus der Anteilsveräußerung von 12.500 EUR zur Tilgung dieser Schuld wieder an seinen Sohn abgeführt habe. Aber selbst wenn das zutrifft, resultieren daraus keine Ermessensfehler des Beklagten bei der Einspruchsentscheidung, denn dieser Vortrag erfolgte erst nach deren Absenden, außerdem bestätigt er sogar den Wert des dem Kläger noch verbliebenen Anteils an der GmbH. Zuletzt wäre wegen der überproportionale Begünstigung anderer Gläubiger - hier durch Auszahlung des Erlöses an den Sohn - eine Ablehnung des Erlasses ohnehin gerechtfertigt. Angesichts dieser gerade im Verhältnis zu den Steuerschulden erheblichen Werte kommt es auf die Gründe des Klägers für seinen Verzicht auf sein Immobilieneigentum dann im Einzelnen nicht mehr an, zumal auch diese erst in der mündlichen Verhandlung vorgetragen wurden. Ebenso hat der Beklagte zu Recht eingewandt, dass die behauptete völlige Arbeits- und Berufsunfähigkeit durch seine fortgesetzte Tätigkeit als Rechtsanwalt widerlegt sei, und ist zutreffend von einer durch die Krankheit sicherlich eingeschränkten Rechtsanwaltstätigkeit ausgegangen, denn er hatte jedenfalls bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte dafür, dass ohne den begehrten Erlass der lebensnotwendige Unterhalt nicht mehr zu bestreiten sein oder dass die Fortsetzung der Erwerbstätigkeit gefährdet werden könnte. Auch eine fortbestehende Kreditwürdigkeit durfte angesichts der Gesellschaftsgründungen ermessensfehlerfrei unterstellt werden und wird durch den Autokauf sogar bestätigt, zumal der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung insofern ungereimt erscheint, als eine einmal geleistete Sacheinlage bei Beschädigung oder Verlust nicht zwangsläufig vom Einlegenden zu ersetzen ist, und bei einem unverschuldeten Unfall eine entsprechende Versicherungszahlung zu erwarten ist.

Aber selbst wenn der Kläger ohne den Erlass tatsächlich seinen Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten und seine Erwerbstätigkeit nicht mehr fortsetzen könnte, durfte der Beklagte den Erlass schon allein mit dem Argument ablehnen, dass die Einziehung der Steuer keineswegs eine wesentliche Ursache für die Existenzgefährdung ist. Voraussetzung für einen Erlass ist nämlich auch, dass der Erlass auch tatsächlich dem Steuerschuldner zugute kommt, denn es ist gerade nicht Sinn und Zweck des Billigkeitserlasses anderen Gläubigern zulasten des Fiskus Vorteile zu gewähren (BFH, Urt. v. 11. Mai 1965, I 390/61, HFR 1965, 483). Infolgedessen ist die unstreitig weiter betriebene Zwangsvollstreckung der Kreissparkasse wegen einer Hauptforderung von 591.768 EUR hier bereits schädlich, weil ein Erlass der sehr viel geringeren Steuerschuld nicht dem Kläger, sondern allenfalls der Sparkasse zugute käme.

Angesichts dieser aus mehreren Gründen fehlenden Erlassbedürftigkeit kann dahin gestellt bleiben, ob der Beklagte zu Recht auch eine fehlende Erlasswürdigkeit abgelehnt hat. Insofern ist nur klarzustellen, dass der Beklagte keineswegs behauptet hat, der Kläger habe die Fristüberschreitungen selbst verschuldet, sondern dass er dem Kläger lediglich vorgeworfen hat, die Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Hypothekenbank selbst herbeigeführt zu haben.

Zuletzt kann auch der Einwand des Klägers, der Beklagte betreibe eine Vollstreckung auf breiter Front, um seine private und seit 15 Jahren bestehende berufliche Existenz zu vernichten, der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, denn die Rechtmäßigkeit von Vollstrekkungshandlungen kann nicht im Rahmen einer Verpflichtungsklage auf Erlass der Steuerschuld überprüft werden. Abgesehen davon gehört es zu den Aufgaben des Beklagten eine festgesetzte, vollziehbare und nicht erlassene Steuerforderung mit allen ihm vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten rechtlichen Mitteln durchzusetzen, bis eine Befriedigung eingetreten ist. Die damit verbundenen beruflichen Konsequenzen für den Kläger hat der Gesetzgeber, als er bei Vermögensverfall eine Überprüfung der Rechtsanwaltszulassung statuiert hat, im Interesse der Mandanten und im Hinblick auf die besondere Stellung des Anwalts als Organ der Rechtspflege bewusst in Kauf genommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden.



Ende der Entscheidung

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