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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 28.02.2007
Aktenzeichen: 2 K 1143/06
Rechtsgebiete: AO 1977, EStG


Vorschriften:

AO 1977 § 193 Abs. 1
EStG § 41 Abs. 2
EStG § 41a Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EStG § 42f Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

2 K 1143/06

Anordnung einer Lohnsteueraußenprüfung für die lohnsteuerliche Betriebsstätte in A

In dem Rechtsstreit

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 2. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Februar 2007

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Weber als Vorsitzenden,

den Richter am Finanzgericht Schulz,

die Richterin am Finanzgericht Dr. Leingang-Ludolph,

die ehrenamtliche Richterin Frau Zilling und

den ehrenamtlichen RichterHerr Winkler

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung des Beklagten wegen Lohnsteuer streitig

Der Kläger ist Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Er betreibt in C eine Steuerberatungskanzlei. Das für C zuständige Finanzamt F veranlagt den Kläger zur Einkommensteuer und zur Umsatzteuer

Neben der Kanzlei in C unterhält der Kläger seit 1994 in A und in D jeweils eine weitere Steuerberatungskanzlei. Im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung als Arbeitgeber wegen der Steuerberatungskanzlei in A teilte der Kläger dem Beklagten im August 1994 mit, dass sich die lohnsteuerliche Betriebsstätte für die von ihm übernommene Steuerberatungskanzlei in A befinde. Wegen der in der Kanzlei in A beschäftigten Arbeitnehmer reicht der Kläger seit 1994 beim Beklagten unter der Steuernummer xxxxxx Lohnsteueranmeldungen ein. Aus den Anmeldungen ergibt sich, dass der Kläger in A im Jahre 2002 22 Arbeitnehmer beschäftigte. Bis zum Jahre 2006 reduzierte sich die Anzahl der Arbeitnehmer auf 13.

Das Finanzamt F hatte nach einer entsprechenden Beauftragung durch den Beklagten im Jahre 2003 gegen den Kläger eine Lohnsteueraußenprüfung angeordnet. Zur Begründung seines hiergegen eingelegten Einspruchs gegen die vom Finanzamt F erlassene Prüfungsanordnung hatte der Kläger mit Schriftsatz vom 11. Juni 2003 vorgetragen, dass die Lohn- und Gehaltskonten in der Praxis in A geführt würden. Die Prüfung könne deshalb nur in A durchgeführt werden, da es unzumutbar sei, sämtliche Personalunterlagen nach F zu verbringen. Das Finanzamt F hatte daraufhin die Prüfungsanordnung im August 2003 aufgehoben.

Das Finanzamt E hatte am 29. November 2005 eine Prüfungsanordnung wegen Lohnsteuer erlassen. Der Kläger hatte im dortigen Einspruchsverfahren mit Erfolg vorgetragen, die Lohn- und Gehaltskonten würden in A geführt. Es sei unzumutbar, alle benötigten Personal- und Lohnunterlagen nach D zu verbringen. Das Finanzamt E hatte daraufhin den Beklagten mit der Durchführung einer Lohnsteuer-Außenprüfung beauftragt.

Am 24. März 2006 erließ der Beklagte gegen den Kläger eine Prüfungsanordnung wegen Lohnsteuer für den Zeitraum Januar 2002 bis März 2006 für die lohnsteuerliche Betriebsstätte A und unter Hinweis auf die Beauftragung durch das Finanzamt E eine weitere Prüfungsanordnung wegen Lohnsteuer für die lohnsteuerliche Betriebsstätte in D.

Zur Begründung des gegen die lohnsteuerliche Betriebsstätte A betreffende Prüfungsanordnung eingelegten Einspruchs trug der Kläger vor, sämtliche Prüfungen hätten "am Ort der steuerlichen Erfassung" stattzufinden. Eine Prüfung durch das Finanzamt B sei mangels "steuerlicher Erfassung und Zuständigkeit unzulässig". Im Rahmen des außergerichtlichen Antrags auf Aussetzung der Vollziehung trug der Kläger ergänzend vor, die lohnsteuerliche Betriebsstätte bestimme sich nach Richtlinie 132 der Lohnsteuer-Richtlinien 2005 in Verbindung mit den §§ 10 und 12 der Abgabenordnung (AO). Danach sei die Betriebsstätte in erster Linie "die Stätte" (gemeint ist wohl: der Sitz) der Geschäftsleitung. Der Sitz der Geschäftsleitung befinde sich ausschließlich in der ...strasse in C. Für die Anordnung der Lohnsteuer-Außenprüfung sei daher ausschließlich das Finanzamt F zuständig.

Mit Bescheid vom 14. Juli 2006 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, für die Außenprüfung der Einbehaltung oder Übernahme und Abführung der Lohnsteuer sei das Betriebstättenfinanzamt gem. § 42f Einkommensteuergesetz (EStG) ausschließlich zuständig. Betriebsstättenfinanzamt sei das Finanzamt, in dessen Bezirk sich eine lohnsteuerliche Betriebsstätte des Arbeitgebers befinde. Das Finanzamt B sei für die Anordnung einer Lohnsteuer-Außenprüfung für die lohnsteuerliche Betriebsstätte des Klägers in A zuständig, da der Kläger außerhalb des Hauptsitzes zwei Betriebsstätten (in D und A) unterhalte. Zudem befänden sich nach den Angaben des Klägers in der Praxis in A sämtliche Personalunterlagen sowie die Lohn- und Gehaltskonten. Das Finanzamt F sei daher für die Überprüfung der Ertrags- und Umsatzsteuern zuständig, nicht jedoch für die Lohnsteuer der beiden Betriebstätten in A und D.

Zur Begründung der hiergegen rechtzeitig erhobenen Klage wiederholt der Kläger seinen Vortrag im Einspruchsverfahren. Ergänzend trägt er vor, Geschäftsleitung sei der Ort des Mittelpunkts der geschäftlichen Oberleitung. Dies sei nach § 12 AO dort, wo tatsächlich der maßgebende Wille des Einzelunternehmers gebildet werde. Dieser Mittelpunkt könne sich nur an einem einzigen Ort befinden; mehrere Mittelpunkte seien nicht denkbar. Bei geschäftsleitender Tätigkeit an mehreren Orten habe eine Gewichtung zu erfolgen, um den Ort der Geschäftsleitung festzustellen. Daraus folge, dass jedes Unternehmen einen bestimmten Ort der Geschäftsleitung haben müsse. Dieser befinde sich für ihn, den Kläger, ausschließlich in der ...straße in C.

In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger darüber hinaus vorgetragen, die für die Lohnfindung wesentlichen Arbeitsschritte würden für alle drei Standorte schon immer in C durchgeführt. Dort würden auch die Arbeitsverträge für sämtliche Angestellte aufbewahrt und Gehaltserhöhungen vereinbart. Lediglich die Lohnabrechnungen seien bis 2005 am jeweiligen Standort erstellt worden. Seit 2005 würden die Löhne für alle Standorte in der Praxis in A berechnet. In A würden die Löhne für alle Standorte maschinell verarbeitet und die Lohnsteuer-Anmeldungen verschickt werden. Zwar sei er früher davon ausgegangen, dass sich an jedem Standort eine lohnsteuerliche Betriebsstätte befände. Er habe aber im Jahre 2005 erkannt, dass dem nicht so sei. Vielmehr sei allein das Finanzamt F Betriebsstättenfinanzamt. Sollte die fortwährende Abgabe von Lohnsteuer-Anmeldungen beim Beklagten als auch beim Finanzamt E falsch sein, wären diese beiden Ämter verpflichtet, die Lohnanmeldungen und Lohnsteuerzahlungen an das Finanzamt F weiterzuleiten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten über die Anordnung einer Lohnsteueraußenprüfung nach §§ 196, 197 AO für die lohnsteuerliche Betriebsstätte in A vom 24. März 2006 - in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2006 - aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt der Beklagte vor, der Kläger unterhalte in seinem Zuständigkeitsbereich eine lohnsteuerliche Betriebsstätte. Der Kläger verkenne, dass hinsichtlich der Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer allein auf die lohnsteuerliche Betriebsstätte und nicht auf den Ort der Geschäftsleitung abzustellen sei. Im Übrigen verweist er auf seinen Einspruchsbescheid.

Über die ebenfalls mit Klage angefochtene Prüfungsanordnung des Beklagten wegen Lohnsteuer betreffend der lohnsteuerlichen Betriebsstätte D (Az: 2 K 1142/06) hat der Senat bislang nicht entschieden. Der Berichterstatter erfuhr jedoch während eines Telefonats am 28. Februar 2007 mit dem für den Kläger zuständigen Sachbearbeiter Lohnsteuer-Arbeitgeber des Finanzamts D, Herrn yyyyyy, dass der Kläger dort bis einschließlich Januar 2007 Lohnsteuer-Anmeldungen eingereicht hat. Er, der Kläger, habe in einem Fragebogen des Finanzamts F betreffend Lohnsteuer erklärt habe, dass die Berechnung des Arbeitslohnes und der Lohnsteuer für die Arbeitnehmer des D- Büros dort (d.h. in D) ermittelt und dass auch die Lohnkonten dort geführt würden. Herr yyyyyy hat den Fragebogen sogleich an das Gericht gefaxt. Der Kläger ist über das Telefonat und den Fragebogen in der diesem Verfahren vorangegangenen mündlichen Verhandlung in der Sache 2 K 1142/06 unterrichtet worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Beklagte war befugt, die angefochtene Prüfungsanordnung zu erlassen.

Nach § 193 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen, die - wie der Kläger - eine freiberufliche Tätigkeit ausüben, zulässig. Einer besonderen Begründung bedarf es insoweit nicht.

Beschränkt sich die Außenprüfung auf die Einbehaltung oder Übernahme und Abführung der Lohnsteuer, ist nicht das für die (Einkommens-)Besteuerung des Klägers zuständige Finanzamt gem. § 195 Abs. 1 Satz 1 AO, sondern gem. § 42f Abs. 1 EStG das Betriebsstättenfinanzamt zuständig. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es daher nicht darauf an, wo der maßgebliche Wille des Einzelunternehmers gebildet wird und ob dies nur einen oder an mehreren Orten möglich ist.

Betriebstättenfinanzamt ist nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die (lohnsteuerliche) Betriebsstätte befindet. Nach § 41 Abs. 2 EStG befindet sich die lohnsteuerliche Betriebstätte dort, wo der für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs maßgebende Arbeitslohn ermittelt wird (§ 41 Abs. 2 Satz 1 EStG). Nach § 41a Abs. 1 EStG hat der Steuerpflichtige die einbehaltene Lohnsteuer beim Betriebstättenfinanzamt anzumelden und an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen.

Der Senat ist davon überzeugt, dass der Kläger in Zuständigkeitsbereich des Beklagten eine lohnsteuerliche Betriebsstätte unterhält. Im einzelnen:

Der Kläger hat in dem ihm vom Beklagten übersandten Fragebogen zur steuerlichen Erfassung als Arbeitgeber angegeben, dass der für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs maßgebende Arbeitslohn in A ermittelt wird. Dies hat er im Jahre 2003 bestätigt, indem er im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen die Prüfungsanordnung des Finanzamts F vortrug, sämtliche Personalunterlagen befänden sich in A. Ferner meldet der Kläger seit Jahren beim Beklagten die Lohnsteuer für die in A beschäftigten Mitarbeiter an, und zwar bis zum heutigen Tage. Der Senat hat daher keinerlei keinen Zweifel, dass das Finanzamt B Betriebstättenfinanzamt in Sinne des § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG und damit für die Durchführung der Lohnsteueraußenprüfung zuständig ist. Zwar steht dem der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung entgegen, die für die Lohnfindung wesentlichen Arbeitsschritte würden für alle drei Standorte schon immer in C durchgeführt. Würde der Kläger- wie von ihm behauptet - nur eine lohnsteuerlich Betriebsstätte unterhalten, die sich in C befindet, hätte der steuerrechtskundige Kläger, nachdem er seinen angeblichen Irrtum wegen der fehlerhaften Beurteilung lohnsteuerlicher Betriebsstätten in D und A im Jahre 2005 erkannt haben will, den Beklagten und das Finanzamt E hierüber informiert. Sodann hätte es entsprechend der von ihm erkannten Rechtslage nur noch bei dem seiner Ansicht nach einzigen Lohnsteuerbetriebsstättenfinanzamt F Lohnsteueranmeldungen für alle Angestellten sämtlicher Standorte abgegeben und die Lohnsteuer dort abgeführt. Die fortlaufende Anmeldung von Lohnsteuer beim Finanzamt E für die D beschäftigten Angestellten bzw. beim Beklagten für die in A beschäftigten Angestellten lässt nur den Schluss zu, dass es sich bei dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung um reine Schutzbehauptung handelt, um den Beklagten an einer Lohnsteuer-Außenprüfung zu hindern. Die von ihm in der mündlichen Verhandlung nach Hinweis auf diesen Widerspruch vertretene Auffassung, der Beklagte und das Finanzamt E wären ihrerseits verpflichtet gewesen, die jeweils dort eingereichten Lohnsteueranmeldungen und die an diese jeweils gezahlte Lohnsteuer an das Finanzamt F weiterzuleiten, ist abwegig.

Da der Beklagte zutreffend auf § 193 Abs. 1 AO und § 42f EStG verwiesen hat, bestehen auch ansonsten keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Prüfungsanordnung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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