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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 25.04.2007
Aktenzeichen: 2 K 2207/04
Rechtsgebiete: EigZulG


Vorschriften:

EigZulG § 2 Abs. 1
EigZulG § 9 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

2 K 2207/04

Eigenheimzulage ab 2002

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 2. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 25. April 2007

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Weber als Vorsitzenden,

den Richter am Finanzgericht Schulz,

die Richterin am Finanzgericht Dr. Leingang-Ludolph,

die ehrenamtliche Richterin und

die ehrenamtliche Richterin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Im Rahmen der Festsetzung der Eigenheimzulage ist streitig, ob die Kläger eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung innerhalb von zwei Jahren nach Fertigstellung erworben und deshalb Anspruch auf einen Fördergrundbetrag in Höhe von 2.556 EUR haben.

Die Kläger erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 2. September 2002 die in , Hochparterre links belegene Eigentumswohnung (im Seitenflügel), die sie seit November 2002 zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Das Gebäude wurde 1912 als Wohngebäude errichtet. Es verfügte seinerzeit über fünf Wohnungen (im Erdgeschoss eine Wohnung mit zwei Zimmern; im Hochparterre, 1. und 2. Etage jeweils eine Wohnung mit jeweils acht Zimmern - sowie jeweils fünf weiteren Räumen inklusive Küche und jeweils zwei Toiletten - und in der 3. Etage eine Wohnung mit fünf Zimmern; Lagebezeichnung laut Hausliste und Anlage zur Hausliste, Stichtag 10. Oktober 1934). Aus den in den Akten des Beklagten (das Finanzamt -FA-) befindlichen Bauzeichnungen ist ersichtlich, dass das Gebäude mit drei Treppenaufgängen errichtet wurde. Das im 2. Weltkrieg beschädigte Gebäude wurde im Jahre 1946 mit einem Notdach versehen. Hierdurch ging die oberste Wohnung verloren. Ausweislich der Akten des FA waren die im Erdgeschoss und im Hochparterre belegenen Wohnungen im Jahre 1954 zu Wohnzwecken vermietet. Im Übrigen wurden von der Witwe des Bauherren 28 Räume zu gewerblichen Zwecken vermietet (2 Räume im Keller und jeweils 13 Räume in der 1. und 2. Etage), vermutlich an den VEB (VEB). Zu einem späteren, unbekannten Zeitpunkt nutzte der VEB das gesamte Gebäude als Bürogebäude. Der Prozessbevollmächtigte erwarb die im Hochparterre rechts belegene Wohnung (im Vorderhaus).

Im Jahre 2000 erwarb die das Gebäude und sanierte es von Grund auf. Im Rahmen der Sanierung des Gebäudes sollen die beiden im Seitenflügel befindlichen Treppenaufgänge beseitigt worden sein (in den Akten des Beklagten befinden sich jedoch Zeichnungen, die darauf schließen lassen, dass die Treppenaufgänge bereits zu DDR-Zeiten entfernt wurden). Im Hochparterre entstanden zwei Wohnungen. Die Wohnung der Kläger befindet sich im Seitenflügel, in dem sich seit der Errichtung des Gebäudes die Sanitäranlagen befanden. Aus den alten Bauzeichnungen ist ersichtlich, dass sich im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes dort auch die Küche befand.

Mit dem im Dezember 2002 beim FA eingegangenen Antrag auf Eigenheimzulage beantragten die Kläger unter Berücksichtigung einer Bemessungsgrundlage von 215.000 EUR Eigenheimzulage für einen Neubau. Mit Bescheid vom 25. April 2003 setzte das FA die Eigenheimzulage ab 2002 auf jährlich 2.045 EUR (1.278 EUR zuzüglich 767 EUR Kinderzulage) fest.

Zur Begründung des hiergegen eingelegten Einspruchs trugen die Kläger vor, durch die Baumaßnahmen sei ein bautechnisch neues Gebäude entstanden. In dem gesamten Gebäude habe es für alle Räumlichkeiten nur eine Toilette im Keller gegeben. Küche, WC, Bad bzw. Dusche seien vor der Sanierung nicht vorhanden gewesen. Die Kläger reichten ferner eine schriftliche Erklärung des ehemaligen Mitarbeiters des VEB , Herrn , vom 9. Dezember 2003 ein, der nach eigenen Angaben seit 1988 bei VEB bzw. der GmbH beschäftigt war und der nach dem Konkurs der GmbH das Gebäude als Mitarbeiter des Konkursverwalters betreut hatte. Er gab an, dass es im gesamten Haus keine für Wohnungen typischen Bäder und Küchen gegeben habe. "Es gab lediglich auf den Etagen jeweils 2 Toiletten mit einem Handwaschbecken. Außerdem gab es eine Teeküche und im Keller eine Art Kantine. Diese bestand aus einem Aufenthaltsraum sowie einer größeren Teeküche".

Das FA wies den Einspruch mit Bescheid vom 11. November 2004 zurück. Zur Begründung führte es aus, dass es sich um einen Altbau handele, für den eine höhere als die festgesetzte Eigenheimzulage nicht in Betracht komme.

Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage tragen die Kläger vor, auf der gesamten Etage habe sich früher nur eine Wohnung befunden. Die Wohnräume hätten sich im Vorderhaus befunden, während sich die Wirtschaftsräume im Seitenflügel, der jetzigen Wohnung der Kläger befunden hätten. Bereits aus diesem Grunde handele es sich bei der von ihnen erworbenen Wohnung um eine neue Wohnung. Im Übrigen habe die Umbaumaßnahme so gravierend in die Substanz eingegriffen, dass von einem neuen Gebäude gesprochen werden müsse.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, den Bescheid über Eigenheimzulage vom 25. April 2003 und den Einspruchsbescheid vom 11. November 2004 dahin abzuändern, dass ab dem Jahr 2002 Eigenheimzulage in Höhe von 3.323 EUR (2.556 EUR zuzüglich 767 EUR Kinderzulage) festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist das FA auf seinen Einspruchsbescheid.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Zu Recht hat das FA die von den Klägern erworbene Wohnung als nicht neu hergestellt angesehen und deswegen lediglich die Eigenheimzulage für "Altbauten" festgesetzt. Den Klägern würde ab 2002 ein Fördergrundbetrag in Höhe von 2.556 EUR jährlich nur dann zustehen, wenn sie die Wohnung spätestens bis zum Ablauf des zweiten auf das Jahr der Fertigstellung folgenden Jahres angeschafft hätten (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 2 Satz 1 Eigenheimzulagengesetz -EigZulG-). Weder die durchgeführten Sanierungsmaßnahmen noch die Teilung der ursprünglich auf der Etage befindlichen Wohnung in zwei Wohnungen führen dazu, dass die von den Klägern angeschaffte Wohnung als neu hergestellt anzusehen ist. Im Einzelnen:

Das Herstellen einer Wohnung bedeutet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich der Senat anschließt, das Schaffen einer neuen bisher nicht vorhandenen Wohnung (BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 III R 53/00, BFH/NV 2003, 972). Baumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude können deshalb nur dann als Herstellung einer Wohnung angesehen werden, wenn diese Baumaßnahmen in ihrem Ergebnis einem Neubau gleichkommen; das ist dann der Fall, wenn die Wohnung bautechnisch neu ist. Bautechnisch neu ist eine Wohnung dann, wenn das betreffende Gebäude in seiner wesentlichen Substanz so tiefgreifend umgestaltet oder in einem solchen Ausmaß erweitert wird, dass die neu eingefügten Teile der entstandenen Wohnung das Gepräge geben (BFH-Urteil vom 11. September 1996 XI R 46/93, BStBl II 1998, 94; BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 III R 53/00 a.a.O.). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn verbrauchte Teile ersetzt werden, die für die Nutzungsdauer bestimmend sind, wie z. B. Geschossdecken, die Dachkonstruktion, Fundamente oder tragende Außen- und Innenwände. Wird hingegen nur ein für die Nutzungsdauer bestimmender Gebäudeteil erneuert, so reicht dies in der Regel für die Beurteilung als bautechnisch neues Gebäude nicht aus (BFH-Urteil vom 29. Januar 2003 III R 53/00 a.a.O.).

Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die von den Klägern erworbene Wohnung nicht allein wegen der Beseitigung der Treppenhäuser und der dadurch zusätzlich geschaffenen Wohnfläche als neu hergestellt anzusehen. Sowohl die Fundamente als auch die tragenden Innen- und Außenwände des bisherigen Gebäudes sind in ihrer Funktion belassen worden.

Nach Auffassung des Senats führt auch die zwischenzeitliche Nutzung des Gebäudes durch das VEB nicht dazu, dass die im Hochparterre belegene Wohnung der Kläger als neue Wohnung anzusehen ist, denn die ursprünglich im Hochparterre befindliche Wohnung hat ihre Eigenschaft als Wohnung durch die zwischenzeitliche Nutzung als Büro nicht verloren. Die im Hochparterre befindliche ursprüngliche Wohnung wurde nach dem Krieg noch zu Wohnzwecken vermietet. Zwar wurde sie später - wie die anderen Wohnungen des Hauses auch - ausschließlich für gewerbliche Zwecke genutzt. Allein die Umwidmung einer Wohnung führt jedoch noch nicht dazu, dass diese ihre Wohnungseigenschaft verliert. Deshalb kann bei einer abermaligen Umwidmung und neuerlichen Nutzung zu Wohnzwecken keine neue Wohnung entstehen (so auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 10. Februar 1998, BStBl I 1998, 190 Rz. 11). Ausweislich der Bestätigung des Herrn befanden sich auf jeder Etage - wie im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes - jeweils zwei Toiletten. Außerdem befand sich auf jeder Etage eine Teeküche. Für den Senat steht damit fest, dass sich im Hochparterre (mangels tiefgreifender baulicher Veränderungen) bis zur Sanierung des Gebäudes eine Wohnung befunden hat. Dem Umstand, dass die im Seitenflügel im Ankleideraum ursprünglich vorhandene Badewanne später (während der Nutzung durch den VEB) möglicherweise ersatzlos entfernt wurde, misst der Senat keine streitentscheidende Bedeutung zu.

Die von den Klägern erworbene Wohnung ist schließlich auch nicht durch die im Rahmen der Sanierungsarbeiten erfolgten Teilung der ursprünglichen Wohnung nicht neu geschaffen worden.

Der Senat verkennt nicht, dass durch Teilung einer Wohnung in zwei oder mehrere Wohnungen neue Wohnungen im bewertungsrechtlichen Sinne geschaffen werden können. Dabei tritt jedoch nach Auffassung des Senats eine Wohnung an die Stelle der alten Wohnung mit der Folge, dass für diese bei Erfüllen der übrigen Voraussetzungen nach dem EigZulG nur ein Anspruch auf einen Fördergrundbetrag in Höhe von 1.278 EUR besteht.

Wird infolge von Baumaßnahmen eine Wohnung geteilt, kann nach Auffassung der Verwaltung - der der Senat folgt - der Bauherr bestimmen, welche Wohnung an die Stelle der bisherigen Wohnung tritt und welche Wohnung neu entstanden ist (vgl. BMF-Schreiben vom 10. Februar 1998, a.a.O., Rz. 11). Eine solche Bestimmung ist durch den die Sanierung durchführenden Bauherren ( ) nicht erfolgt. Haben auch die Erwerber der beiden Wohnungen - wie vorliegend - keine Bestimmung getroffen, welche Wohnung an die Stelle der alten Wohnung tritt, sollen nach Auffassung der Oberfinanzdirektion Berlin - der der Senat ebenfalls folgt - alle Erwerber (nur) die Altbauförderung erhalten, wenn sich nach objektiven Kriterien nicht feststellen lässt, welche die alte und welche die neue Wohnung ist (Verfügung vom 12. Oktober 2001 - St 175 - EZ 1110 - 3/01, Der Betrieb 2001, 2687).

Nach Auffassung des Senats lässt sich vorliegend jedoch nach objektiven Kriterien feststellen, welche die alte und welche die neue Wohnung ist: Die Wohnung der Kläger ist als die alte Wohnung anzusehen. In den jetzt zur Wohnung der Kläger gehörenden Räumen befanden sich nämlich bereits vor der Sanierung die Toiletten (jetzt eines von zwei Bädern), das Bad (jetzt Zimmer) und die Küche. Dagegen wurde in den acht Räumen der anderen, im Vorderhaus geschaffenen Wohnung im Rahmen der Sanierung des Gebäudes erstmals ein Bad, eine Toilette und eine Küche eingebaut und dadurch eine neue Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinne geschaffen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).

Der Senat hat die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob und unter welchen Voraussetzungen bei der Teilung einer Wohnung eine neue Wohnung geschaffen wird.

Ende der Entscheidung

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