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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 15.11.2006
Aktenzeichen: 2 K 312/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 15 Abs. 2 S. 1
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen-Anhalt

2 K 312/02

Einheitlicher Gewerbesteuermessbetrag 1995

In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 2. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. November 2006

durch

den Vizepräsidenten des Finanzgerichts Weber als Vorsitzenden,

den Richter am Finanzgericht Schulz,

die Richterin am Finanzgericht Leingang-Ludolph,

den ehrenamtlichen Richter und

den ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt.

Der Kläger legte das Abitur ab und erlernte den Beruf eines Elektromonteuers. Er arbeitete einige Jahre als angestellter Elektromonteur in einer Blitzschutzfirma. In dieser Zeit besuchte er einen Kurs des Verbands xxx betreffend das Gebiet des Blitzschutzes , der sich über einen Zeitraum von zwei Wochen erstreckte. Am 25. März 1993 wurde der Kläger von der Handwerkskammer zum Sachverständigen für Elektroinstallateurhandwerk/TG (Teilgebiet) Blitzschutz bestellt.

Der Kläger erstellte im Streitjahr Gutachten als Sachverständiger für das Elektroinstallateurhandwerk/TG Blitzschutz. Des Weiteren plante er Blitzschutzanlagen und übte eine beratende Sachverständigentätigkeit aus. Die Erstellung der Sachverständigengutachten umfasste die Überprüfung bestehender Blitzschutzanlagen, die Berechnung und Einstufung der Anlagen in Risikoklassen sowie die Ursachenforschung nach dem Blitzeinschlag. Das Planen der Blitzschutzanlagen umfasste die vollständige Planung äußerer und innerer Blitzschutzsysteme, die Berechnung und die Einstufung der Anlagen in Risikoklassen, die Berechnung der Erdungsanlagen, die Berechnung von Sicherheitsabständen, die Berechnung von Nährungen sowie die Berechnung von Dimensionierungen von Überspannschutzelementen.

Anlässlich einer Betriebsprüfung gelangte der Beklagte zu der Auffassung, dass der Kläger eine gewerbliche Tätigkeit ausübe und setzte mit Bescheid vom 27. Dezember 1999 einen einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 1995 in Höhe von 506,- DM fest.

Bereits während der Betriebsprüfung vertrat der Kläger die Auffassung, dass er eine freiberufliche Tätigkeit ausübe. Für einen "ähnlichen Beruf" in Sinne des § 18 des Einkommensteuergesetzes (EStG) reiche es aus, wenn der Steuerpflichtige Kenntnisse, die den auf Grund der für den Katalogberuf vorgesehenen Ausbildung erworbenen Kenntnissen vergleichbar seien, durch die Teilnahme an Kursen oder durch ein Selbststudium erworben habe. Sein Tätigkeitsfeld erfordere schon allein durch seine Bestellung als Person des öffentlichen Rechts das Vorhandensein der vom Bundesfinanzhof (BFH) geforderten gesamten fachlichen Breite des Tätigkeitsfelds. Bei ihm gehe es nicht um ein spezielles Studium oder eine Studienrichtung. Blitzschutz sei ein Teilgebiet der Elektrotechnik, für das bundesweit kein separater Studiengang angeboten werde. Selbst einen Handwerksberuf in dieser speziellen Richtung gebe es nicht. Der Kenntnisstand eines "Elektroingenieurs" sei mithin nicht Voraussetzung, um Sachverständiger für Blitzschutz zu werden. Demzufolge habe er die gesamte fachliche Breite seines Tätigkeitsfelds autodidaktisch, d.h. durch Selbststudium, durch Fernkurse und durch Seminare sowie seine nunmehr 10-jährige Tätigkeit in dieser Fachrichtung erworben. Er müsse die gesamte Bandbreite seines Bestellungsgebietes beherrschen und anwenden, um anspruchsvolle Objekte wie beispielsweise den Flughafen beurteilen zu können. Mathematisch-technische Kenntnisse seien Voraussetzung zur Be- und Abarbeitung der angebotenen Leistungsbreite. Zudem habe der BFH in seinem Urteil vom 31. Juli 1980, I R 66/78, BStBl. II 1981, 121 ausgeführt, dass das Projektieren von Elektro- und Blitzschutzanlagen durch jemanden, der die nach den Ingenieursgesetzen der Länder vorgeschriebene oder eine vergleichbare Ausbildung nicht nachweist, (bereits) dann ein der Berufstätigkeit der Ingenieure ähnlicher Beruf sei, wenn die Tätigkeit zumindest gelegentlich eine besonders schwierige und vielfältige Frage mit sich bringe, deren Lösung Kenntnisse voraussetze, wie sie üblicherweise durch die Berufsausbildung eines Ingenieurs vermittelt würden.

Gegen den Gewerbesteuermessbetragsbescheid 1995 legte der Kläger am 21. Januar 2000 Einspruch ein und vertrat weiterhin die Auffassung, dass seine Tätigkeit der eines Ingenieurs vergleichbar sei. Seine Tätigkeit bestehe zu 55 v.H. aus Sachverständigengutachten, zu 35 v.H. aus der Planung von Blitzschutzanlagen und zu 10 v.H. aus beratender Sachverständigentätigkeit. Daraus ergebe sich, dass die qualifizierte Tätigkeit überwiege und daher insgesamt von einer freiberuflichen Tätigkeit auszugehen sei. Der Kläger sprach am 23. Mai 2002 beim Beklagten vor, schilderte seine Tätigkeit und überließ dem Beklagten Kopien über Urkunden betreffend den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen sowie eine Formelsammlung betreffend den Blitzschutz. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 54 ff. der Rechtsbehelfsakte verwiesen.

Mit Bescheid vom 1. Juli 2002 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Er führte aus, auf Grund einer persönlichen Vorsprache des Klägers an Amtsstelle sei festgestellt worden, dass der Kläger im Rahmen seiner Gutachtertätigkeit überwiegend Berechnungen und Einstufungen durchführe. Diese Tätigkeit sei zum Nachweis ingenieurähnlicher Kenntnisse ungeeignet, da sie an Hand von Formelsammlungen und praktischen Erfahrungen ausgeübt werden könne. Das Überprüfen bestehender Anlagen, das die Haupttätigkeit des Klägers darstelle, verlange keine mathematisch-technischen Kenntnisse, wie sie üblicherweise nur durch die Berufsausbildung als Ingenieur vermittelt werden könne. Denn vorgenannte Tätigkeit könne mittels Formelsammlungen durchgeführt werden. Im vorliegenden Fall bestehe die anspruchsvollere Tätigkeit aus dem Planen der Installation von Blitzschutzanlagen sowie der Ursachenforschung bei einem Blitzeinschlag. Da diese Tätigkeiten jedoch selten ausgeführt würden, stellten sie nicht den Schwerpunkt der Arbeit dar. Aus dem Umstand, dass der Kläger öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger sei, könne nicht geschlossen werden, er führe bei der Mehrzahl der von ihm ausgeführten Projekte besonders anspruchsvolle Arbeiten aus und setze mathematisch-technische Kenntnisse ein. Es sei unstreitig, dass der Kläger beim Planen von Blitzschutzanlagen und bei der Ursachenforschung nach einem Blitzschlag Kenntnisse benötige und auch besitze, wie sie üblicherweise nur ein Ingenieur durch sine Ausbildung vermittelt bekomme. Jedoch müsse er diese Kenntnisse auf Grund mangelnder Nachfrage bei nur wenigen Aufträgen einsetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Einspruchsbescheid vom 1. Juli 2002 verwiesen.

Mit der am Montag, den 5. August 2002, erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass seine Tätigkeit überwiegend in der Sachverständigentätigkeit für das Elektroinstallateurhandwerk/TG Blitzschutz bestehe. Es sei unstreitig, dass das Planen der Installation von Blitzschutzanlagen sowie die Ursachenforschung bei Blitzeinschlägen ein dem Beruf des Ingenieurs vergleichbares Tätigkeitsfeld beinhalte. Dass die genannten Tätigkeitsfelder nur in geringem Maße von ihm, dem Kläger ausgeführt worden seien, wäre eine unrichtige Feststellung des Beklagten. Die Schlussfolgerung, der Nachweis ingenieurähnlicher Kenntnisse liege nicht darin, dass er - der Kläger - seine Gutachten an Hand von Formelsammlungen und praktischen Erfahrungen ausübe und dies keine mathematisch-technischen Kenntnisse erfordern würde, sei unzutreffend (Beweisangebot: Sachverständigengutachten). Die Gutachtertätigkeit zusammen mit den Aufträgen über das Planen von Blitzschutzanlagen und den Untersuchungen nach einem Blitzschlag würden den weit überwiegenden Schwerpunkt seiner Arbeit bilden. Der Beklagte gestehe in der Einspruchsentscheidung ausdrücklich zu, dass das Planen von Blitzschutzanlagen und die Ursachenforschung nach einem Blitzeinschlag einer Ingenieurtätigkeit gleich stehe. Insoweit bestehe ein Widerspruch zu der Ansicht, dass für "eine gutachterliche Feststellung bei einem Blitzeinschlag, zur Abwehr oder Überprüfung von Anlagen keine solchen Kenntnisse notwendig seien". Diese Ansicht sei unrichtig (Beweisangebot: Sachverständigengutachten).

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Einspruchsbescheides vom 1. Juli 2002 den einheitlichen Gewerbesteuermessbescheid für 1995 vom 27. Dezember 1999 zu der Steuernummer 119/248/02520 RB286 V ersatzlos aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hält an seiner Auffassung fest, dass die qualifizierte Arbeit, solle ein Beruf einem Katalogberuf ähnlich sein, den Schwerpunkt der Tätigkeit bilden müsse. Nur so sei gewährleistet, dass die notwendigen theoretischen Kenntnisse die Tätigkeit des Steuerpflichtigen im Sinne des Ingenieurberufs prägen. Die qualifizierte Arbeit des Klägers bestehe im Planen der Installation von Blitzschutzanlagen sowie der Ursachenforschung nach einem Blitzeinschlag. Dies sei jedoch nicht der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers.

Der Kläger erwidert, dass er der Behauptung, sein Haupttätigkeitsfeld sei die Überprüfung bestehender Blitzschutzanlagen, entgegentrete. Auf die Planung von Blitzschutzanlagen entfalle ein Gewinnanteil von etwa 60 - 70 v.H.

In der mündlichen Verhandlung am 15. November 2006 hat der Kläger - vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten - die Nichterhebung der angebotenen Beweise gerügt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

Der Kläger hat im Streitjahr Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, so dass der Beklagte zu Recht einen Gewerbesteuermessbetragsbescheid erlassen hat.

Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist (§ 15 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Der Kläger übt als Elektromonteur und Elektroinstallateur auf dem Gebiet des Blitzschutzes keinen freien Beruf aus. Die Berufe des Elektromonteurs und des Elektroinstallateurs sind in dem Katalog des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht genannt. Neben den dort ausdrücklich genannten Berufen gehören zur freiberuflichen Tätigkeit auch die diesen Katalogberufen ähnlichen Berufe. Der Beruf eines Elektromonteurs und der eines Elektroinstallateurs auf dem Gebiet des Blitzschutzes sind jedoch auch nicht vergleichbar mit dem Beruf eines Ingenieurs.

Ein Beruf ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (s. Urteil vom 12. Oktober 1989, IV R 118-119/87, BStBl. II 1990, 64) einem der Katalogberufe im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann. Dazu gehört die Vergleichbarkeit

(1) der Ausbildung und

(2) der beruflichen Tätigkeit.

Ingenieur wird nach den Ingenieurgesetzen der Länder, wer das Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule oder einer Ingenieurschule abgeschlossen hat. Ein Absolvent einer solchen Schule erwirbt Kenntnisse in den Kernbereichen des Ingenieurberufs, die da sind: Forschung, Lehre, Entwicklung, Versuchs- und Prüfungswesen, Projektierung, Berechnung, Konstruktion, Gestaltung, Fertigung und Betrieb, Vertrieb, Montage, Instandhaltung, Kundendienst, technische Betriebsverwaltung und Betriebsführung (s. hierzu BFH-Urteil vom 7. September 1989, IV R 156/86, BFH/NV 1991, 359).

Eine Begrenzung der Ingenieursausbildung auf ein so stark umgrenztes Gebiet wie das des Blitzschutzes und damit eine dementsprechende Begrenzung der in der Ingenieurausbildung zu erwerbenden Kenntnisse gibt es - hiervon geht auch der Kläger aus - nicht. Da sich die Kenntnisse des Klägers, die über die eines nicht weiter qualifizierten Elektromonteurs hinausgehen auf das Teilgebiet Blitzschutz beschränken, fehlt es an der Vergleichbarkeit der Ausbildung des Klägers mit der eines Ingenieurs. Der Kläger hat auf dem Gebiet des Ingenieurwesens nicht Kenntnisse, die in der fachlichen Breite denjenigen entsprechen, die ein Absolvent einer Hochschule, einer Fachhochschule oder einer Ingenieurschule erwirbt. Ob der Kläger Kenntnisse in den Kernbereichen des Ingenieurberufs wie beispielsweise der Forschung, der Lehre und der Entwicklung erworben hat, kann der Senat daher mangels Entscheidungsrelevanz dahingestellt lassen. Denn der Kläger übt bereits im Hinblick auf seine auf das Gebiet des Blitzschutzes eingeschränkte Fortbildung keinen dem Ingenieurberuf vergleichbaren Beruf aus, auch wenn er auf dem Gebiet des Blitzschutzes Kenntnisse besitzen sollte, die in der Tiefe denjenigen entsprechen, die eine Absolvent einer Hochschule, einer Fachhochschule oder einer Ingenieurschule auf dem Gebiet des Blitzschutzes besitzt. Etwas anderes vermag sich auch nicht aus der Bestellung des Klägers zu einem Sachverständigen ergeben. Denn seine Bestellung ist wiederum auf das Teilgebiet Blitzschutz begrenzt. Mithin ergibt sich - entgegen der Auffassung des Klägers - aus seiner Bestellung zum Sachverständigen nicht, dass er Kenntnisse erworben hat, die in der fachlichen Breite denen vergleichbar sind, die ein Ingenieur zu erwerben hat.

Auf die Einholung der als Beweis angebotenen Sachverständigengutachten hat der Senat wegen fehlender Entscheidungsrelevanz verzichtet. Denn der Senat schließt - wie bereits ausgeführt - nicht aus, dass der Kläger beschränkt auf das Gebiet des Blitzschutzes Kenntnisse besitzt, die denen eines Ingenieurs vergleichbar sind. Vielmehr ist für den Senat maßgeblich, dass der Kläger nicht Kenntnisse in allen Kernbereichen des Ingenieurberufs erworben hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Revision wurde mangels Vorliegens eines Revisionszulassungsgrundes im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO nicht zugelassen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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