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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 09.10.2008
Aktenzeichen: 3 K 93/03
Rechtsgebiete: AO


Vorschriften:

AO § 169 Abs. 2
AO § 170 Abs. 2
AO § 171 Abs. 10
AO § 184 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat das Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt - 3. Senat -

aufgrund mündlicher Verhandlung vom 09. Oktober 2008

durch

den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht Schurwanz,

den Richter am Finanzgericht Burckgard,

den Richter am Finanzgericht Kerber,

den ehrenamtlichen Richter ... und

die ehrenamtliche Richterin ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Änderung des Bescheids vom 18. Oktober 2001 und der zu diesem ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2002 wird die Einkommensteuer für 1993 auf EUR 1.055,31 (DM 2.064,--) festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte ist befugt, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Befugnis des Beklagten, einen Einkommensteuerbescheid zu ändern.

Zum 01. Oktober 1992 eröffnete die Klägerin einen landwirtschaftlichen Betrieb im Beitrittsgebiet.

Die Einkommensteuererklärung der Klägerin für 1993 ging im Jahre 1995 beim Finanzamt U. ein. In der Anlage L gab die Klägerin als Wirtschaftjahr die Zeit vom 01. Oktober bis 30. Juni an. In Zeile 4 ist "lt. Gesonderter Feststellung" angekreuzt, in Zeile 5 findet sich unter der Überschrift "Finanzamt, Steuernummer" lediglich der maschinenschriftliche Eintrag: "..." mit dem handschriftlichen Zusatz "FA D... = landw. Betrieb". Daneben findet sich ein Bearbeitungsvermerk. "Veräußerung in 1992". Ein Gewinn ist nicht eingetragen.

Unter dem 19. Juli 1995 setzte das Finanzamt U. die Einkommensteuer der Klägerin für 1993 auf DM 0,-- fest. Im Abrechnungsteil wies es weder Forderungen noch Verbindlichkeiten aus.

Im Jahre 1997 reichte die Klägerin beim Beklagten eine berichtigte Anlage L ein. Den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1992/93 gab sie mit DM 12.494,--, den des Wirtschaftsjahres 1993/94 mit DM 14.940,--, soweit der Gewinn jeweils auf 1993 entfiel, an, die verausgabten Pachtzinsen mit DM 7.250,--, die landwirtschaftlich genutzten Flächen mit 78,81 ha, von denen 15,76 ha stillgelegt gewesen seien. Sie reichte für die Wirtschaftsjahre 1992/93 und 1993/94 Gewinnermittlungen nach § 13a EStG ein. Für das Wirtschaftsjahr 1992/93 gab sie einen Einheitswert lt. EW-Bescheid von DM 55.158,-- und einen mit diesem identischen Ausgangswert i.S.d. § 13 a Abs. 4 EStG bei einer berücksichtigten Fläche von 58,17 ha an, für das Wirtschaftsjahr 1993/94 entsprechend einen Wert von DM 74.729,-- bei einer berücksichtigten Fläche von 78,81 ha.

Unter dem 27. Januar 1998 setzte der Beklagte der Klägerin gegenüber die Einkommensteuer für 1993 auf DM 2.064,-- fest, wobei er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. DM 27.434,-- und i.R.d. Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte einen Freibetrag für Land- und Forstwirte i.H.v. DM 2.000,-- berücksichtigte.

Die Klägerin gab keine Erklärungen zur Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts und zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags auf den 01. Januar 1993 und 1994 ab.

Unter dem 11. November 1998 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Grundsteuermessbescheid für die Nutzungseinheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in S. auf den 01. Januar 1994, dem er einen Ersatzvergleichswert von DM 1.084,-- und einen Ersatzwirtschaftswert von DM 69.000,-- zugrunde legte.

Unter dem 06. Oktober 2000 erweiterte der Beklagte eine bei der Klägerin stattfindende Außenprüfung u.a. um die Einkommensteuer für 1993.

Im Rahmen der Außenprüfung legte die Klägerin eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für das Wirtschaftsjahr 1993/94 vor, in der sei einen Gewinn i.H.v. DM 107.605,40 ermittelte, von dem nach Auffassung des Beklagten ein Erlös aus dem Verkauf von Lämmern i.H.v. DM 6.748,20 abzuziehen gewesen wäre.

Im Prüfungsbericht führte er aus, den Ausgangswert i.S.d. § 13 a Abs. 4 EStG bilde der im Grundsteuermessbescheid ausgewiesene Ersatzvergleichswert. Dieser lasse von Eröffnung des Betriebs der Klägerin an eine Gewinnermittlung nach § 13 a EStG nicht zu. Er schätzte den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1993/94 auf DM 71.400,--. Dabei ging er von einer Fläche von 78,81 ha aus, von denen er nicht bewirtschaftete 15,7614 ha abzog, so dass 63.0486 ha übrig blieben. Als Hektarwert berücksichtigte er DM 889,7688, ferner einen Richtwert von 1140, setzte eine Flächenstilllegungsprämie von DM 6.529,90 hinzu und zog Pachtzinsen i.H.v. DM 7.000,- ab. Eine Schätzung des Gewinns des vorangegangenen Wirtschaftsjahres unterblieb, der Beklagte übernahm insoweit den von der Klägerin erklärten Gewinn.

Unter dem 18. Oktober 2001 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Änderungsbescheid über Einkommensteuer für 1993, die er auf DM 7.897,-- festsetzte. Er berücksichtige Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i.H.v. DM 48.194,--, ohne den o.g. Freibetrag in Ansatz zu bringen.

Der hiergegen gerichtete Einspruch ging beim Beklagten am 16. November 2001 ein. Zur Begründung führte die Klägerin aus, sie führe ihren Betrieb ohne eigene Flächen, daher sei für die Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts ausschließlich der Pächteranteil maßgeblich. Der Ersatzwirtschaftswert sei auf den 01. Januar 1994 mit DM 1.000,-- festgestellt worden, tatsächlich belaufe er sich auf DM 24.600,--. In der Anlage L zur Einkommensteuererklärung habe sie die Flächen vollständig angegeben. Sie habe dem Beklagten persönlich an Amtsstelle alle Pachtverträge vorgelegt. Gemäß § 141 Abs. 1 Satz 1 AO sei sowohl für den Beginn als auch das Ende der Buchführungspflicht eine "Feststellung" der Finanzbehörde erforderlich. Diese sei jedoch erst zum 01. Juli 1998 erfolgt. Die Mitteilung nach § 141 Abs. 2 AO sei auch dann Voraussetzung des Beginns der Buchführungspflicht, wenn der Steuerpflichtige hinsichtlich Umsatz, Gewinn oder Wirtschaftswert unrichtige oder gar keine Angaben gemacht habe. Hinsichtlich der Ernte 1993 sei anzumerken, dass die Klägerin von angepachteten 61,33 ha lediglich 58,17 ha landwirtschaftlich genutzt habe. Im Wirtschaftsjahr 1992/93 habe sie DM 5.064,-- und im Wirtschaftsjahr 1993/94 DM 7.101,-- an Pachtzinsen gezahlt, die gewinnmindernd zu berücksichtigen seien. Der Beklagte hätte die richtigen Schlussfolgerung aus den ihm bereits bei Erlass des dem streitgegenständlichen vorangegangenen Bescheids bekannten Daten ziehen müssen.

Unter dem 11. Februar 2002 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin einen geänderten Grundsteuermessbescheid für die Nutzungseinheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in S. auf den 01. Januar 1994, dem er einen Ersatzvergleichswert von DM 70.123,-- und einen Ersatzwirtschaftswert von DM 70.100,-- zugrunde legte.

Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens führte der Beklagte aus, "im Gegensatz zum Einheitswert" stelle "der Ersatzwirtschaftswert keinen Grundlagenbescheid dar." Der von der Betriebsprüfung ermittelte Ersatzwirtschaftswert sei nicht nach § 9 Nr. 1 GewStG zu kürzen.

Unter dem 20. Dezember 2002 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er führte aus, obwohl die Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht der Klägerin erst später bekannt gegeben worden sei, sei ihr Gewinn für das Streitjahr nicht nach § 13 a EStG zu ermitteln. Bei der Ermittlung des Ausgangswerts sei im Beitrittsgebiet gemäß § 13a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 57 Abs. 3 EStG vom Ersatzwirtschaftswert nach § 125 BewG auszugehen. Habe das Finanzamt die Voraussetzungen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen auf Grund wissentlich falscher Steuererklärungen bejaht, so sei es befugt, den Gewinn in derselben Weise zu schätzen, wie wenn es rechtzeitig vom Wegfall der Voraussetzungen Kenntnis erlangt und eine entsprechende Mitteilung nach § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG bekannt gegeben hätte.

Im Streitfall seien die Voraussetzungen der Gewinnermittlung nach § 13 a EStG vom Beginn der Tätigkeit an nicht erfüllt gewesen. Bereits ab dem 01. Oktober 1992 habe die Klägerin mehr als 60 ha bewirtschaftet, weshalb sie gemäß § 127 BewG i.V.m. § 28 Abs. 2 BewG verpflichtet gewesen sei, eine Erklärung zur Feststellung des Ersatzwirtschaftswerts auf den 01. Januar 1993 abzugeben, was sie unterlassen habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Noch im Dezember 2002 beglich die Klägerin die für 1993 festgesetzte Einkommensteuer, soweit die Einkommensteuerschuld nicht ohnehin bereits getilgt war.

Die Klage ging beim Gericht am 20. Januar 2003 ein.

Unter dem 14. März 2007 erließ der Beklagte gegenüber der Klägerin als Nutzer im Wege der Nachveranlagung einen Grundsteuermessbescheid auf den 01. Januar 1993 für die Nutzungseinheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens in S., dem er einen Ersatzwirtschaftswert i.H.v. EUR 27.302,-- (DM 53.400,--) und einen Ersatzvergleichswert i.H.v. DM 53.493,-- zugrundelegte. Im Bescheid wies er darauf hin, dass der Feststellungsbescheid erst nach Ablauf der Feststellungsfrist ergehe, weshalb er gemäß § 181 Abs. 5 AO nur Steuerfestsetzungen zugrunde gelegt werden könne, deren Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen sei. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe mit dem Einkommensteuerbescheid für 1993 vom 27. Januar 1998 eine bestandskräftige Entscheidung getroffen, die nicht mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2001 habe geändert werden dürfen. Der Beklagte habe dem dem angefochtenen Bescheid vorangegangenen Bescheid die Gewinnermittlung der Klägerin nach § 13 a EStG zugrunde gelegt. Sollte dies rechtswidrig gewesen sein, so habe er sich den in dieser Gewinnermittlung liegenden Fehler der Klägerin zu eigen gemacht. Dem Beklagten seien nach dem 27. Januar 1998 keine neuen Tatsachen bekannt geworden. Denn bereits mit der berichtigten Erklärung vom 11. Dezember 1997 seien ihm sämtliche für die Veranlagung der Klägerin zur Einkommensteuer erforderlichen Daten bekannt geworden. Zu diesen Daten habe insbesondere die Größe der gepachteten Flächen gezählt, die für das Wirtschafsjahr 1992/3 nach § 13 a EStG mit 58,17 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche und für das Wirtschaftsjahr 1993/4 mit 78,81 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche wie erklärt zugrunde gelegt worden sei. Die abweichende Schlussfolgerung durch die Betriebsprüfung bilde keine neue Tatsache i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Der fehlerhafte Grundsteuermessbescheid auf den 01. Januar 1994 könne nicht Ursache des Bescheids vom 27. Januar 1998 gewesen sein. Der Gewinn der Klägerin aus Land- und Forstwirtschaft sei nach § 13 a EStG zu ermitteln, da der Ausgangswert nach § 13 a Abs. 4 EStG mehr als DM 0,--, jedoch nicht mehr als DM 32.000,-- betragen habe. Nach § 13 a Abs. 4 Nr. 2 EStG sei beim Pächter der Vergleichswert der landwirtschaftlichen Nutzung des eigenen Betriebs um den Vergleichswert der landwirtschaftlichen Nutzung zugepachteter Flächen zu erhöhen. Bestehe für die zugepachteten landwirtschaftlichen Flächen kein besonderer Vergleichswert, so sei die Erhöhung nach dem Hektarwert zu berechnen. Damit habe die Klägerin in der von ihr vorgelegten Gewinnermittlung zurecht lediglich die landwirtschaftliche Fläche laut Antrag auf Ausgleichszulage mit einem Hektarwert berücksichtigt. In allen Jahren habe der danach errechnete Ausgangswert mehr als DM 32.000,-- betragen.

Gemäß § 126 Abs. 1 Satz 1 BewG gelte der sich nach § 125 BewG ergebende Ersatzwirtschaftswert für die Grundsteuer. Nach § 126 Abs. 2 BewG sei für andere Steuern der Ersatzwirtschaftswert oder ein entsprechender Anteil an diesem Wert anzusetzen. Die Eigentumsverhältnisse und der Anteil am Ersatzwirtschaftswert seien im Rahmen der Festsetzung der jeweiligen Steuer zu ermitteln.

Diese Ermittlung habe der Beklagte in der Mitteilung vom 12. Januar 1998 über den Beginn der Buchführungspflicht vorgenommen, wobei er von einem Ersatzwirtschaftswert von DM 55.158,-- ausgegangen sei. Ebenso habe er sie mit dem Einkommensteuerbescheid vom 27. Januar 1998 vorgenommen, in dem er den erklärten nach § 13a EStG ermittelten Gewinn übernommen habe, wobei er von einem Einheitswert i.H.v. DM 55.158,-- und einem Ausgangswert nach § 13 a Abs. 4 EStG i.H.v. DM 74.435,-- ausgegangen sei.

Mit dem Grundsteuerbescheid vom 14. März 2007 auf den 01. Januar 1993 und dem darin ermittelten Ersatzwirtschaftswert i.H.v. DM 53.400,-- sei ein Grundlagenbescheid i.S.d. § 175 AO ergangen. Bei gleicher Rechtsanwendung wie bei der Veranlagung zur Einkommensteuer mit Bescheid vom 27. Januar 1998 führe dessen Ansatz i.R.d. Ermittlung des Ausgangswerts nach § 13 a Abs. 4 EStG zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis. Beim Erlass letzteren Bescheids habe der Beklagte § 13 a EStG falsch angewendet. Die Gewinne der Wirtschaftsjahre 1992/3 und 1993/4 hätten nicht nach § 13 a EStG ermittelt werden dürfen. Der Beklagte könne die Änderung des Bescheids nicht auf falsche Rechtsanwendung stützen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheids vom 18. Oktober 2001 und der zu diesem ergangenen Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2002 die Einkommensteuer für 1993 auf EUR 1.055, 31 (DM 2.064,--) herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags des Beklagten wird auf dessen Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Klage ist begründet. Denn dem Erlass des angefochtenen Änderungsbescheids stand die Festsetzungsverjährung entgegen.

Eine Änderung eines Steuerbescheids ist u.a. dann nicht zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). So verhielt es sich im Streitfall als der streitgegenständliche Änderungsbescheid vom 18. Oktober 2001 erging.

1. Die Festsetzungsfrist begann gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die von der Klägerin einzureichende Einkommensteuererklärung eingereicht worden ist, mithin mit Ablauf des Jahres 1995. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Einkommensteuererklärung unrichtig oder unvollständig gewesen sein mag. Auch eine unrichtige oder unvollständige Steuererklärung setzt die Festsetzungsfrist in Gang, denn der Zweck des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO besteht darin zu vermeiden, dass die Festsetzungsfrist bereits zu laufen beginnt, bevor die Finanzbehörde etwa von Entstehen und Höhe des Anspruchs erfahren hat. Ist die Steuererklärung nicht völlig unzureichend, so besteht kein Grund, den Beginn der Festsetzungsfrist weiter hinauszuschieben. Die Finanzbehörden haben in diesem Fall ausreichend Zeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln und ggf. zu schätzen (BFH-Beschluss vom 17. September 2007 I B 18/07, BFH/NV 2008, 18). Dass die von der Klägerin im Jahre 1995 eingereichte Steuererklärung nicht völlig unzureichend war, zeigt bereits der Umstand, dass das Finanzamt U. auf ihrer Grundlage einen Einkommensteuerbescheid erließ.

2. Die Frist zur Festsetzung der Einkommensteuer beträgt nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO regelmäßig vier Jahre, sie endete mit Ablauf des Jahres 1999. Es kann dahinstehen, ob sie zunächst gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO fünf oder gar zehn Jahre betragen hat, weil die Klägerin die Einkommensteuer für das Streitjahr eventuell zunächst leichtfertig verkürzt oder gar hinterzogen haben mag. Denn jedenfalls nach Einreichung der geänderten Anlage L im Jahre 1997 belief sich die Festsetzungsfrist auf vier Jahre, ohne dass es zu einer Unterbrechung der Festsetzungsfrist gekommen wäre.

a) Wer Steuern hinterzieht oder leichtfertig verkürzt, hat keinen Anspruch auf Rechtssicherheit. Er muss in Kauf nehmen, dass die verkürzte Steuer nach Ablauf der regelmäßigen Festsetzungsfrist ihm gegenüber festgesetzt wird; er selbst nämlich hat verursacht, dass die Steuern nicht rechtzeitig festgesetzt worden sind (Kruse in Tipke/Kruse, AO, 111. Lfg., Oktober 2006, § 169, RZ 13; Hartmann in Beermann/Gosch, AO, 40. Erg.-Lfg., März 2003, § 169, RZ 20; Lohmeyer in Pump/Leibner, AO, 33. Lfg., August 2001, § 169, RZ 31).

Der Grund der Verlängerung der Festsetzungsfrist in § 169 Abs. 2 Satz 2 AO liegt in der erschwerten Prüfung und der verringerten Schutzwürdigkeit des Steuerpflichtigen (zum gesetzgeberischen Motiv: Frotscher in Schwarz, AO, 126. Lfg., November 2007, § 169, RZ 20). Es kann dahinstehen, ob der Umstand, dass die Finanzbehörde von der Tat Kenntnis erlangt, die Dauer der Festsetzungsfrist unbeeinflusst lässt (vgl. hierzu Kruse in Tipke/Kruse, AO, 111. Lfg., Oktober 2006, § 169, RZ 13, m.w.N.). Eine Steuer ist dann i.S.d. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO hinterzogen worden, wenn eine vollendete Steuerhinterziehung dazu geführt hat, dass dem Fiskus ein Steuerbetrag vorenthalten wurde, zu dessen (Rück)Gewinnung er auf eine verlängerte Festsetzungsfrist angewiesen ist (BFH-Urteil vom 26. Februar 2008 VIII R 1/07, BStBl II 2008, 659). Häufig nämlich ist aufgrund des Verhaltens des die Steuer verkürzenden Steuerpflichtigen der wahre Sachverhalt deutlich schwerer feststellbar als im Falle der Steuerehrlichkeit (Reichsfinanzhof-Urteil vom 06. April 1938 VI 193/38, RStBl 1938, 513). Es muss ein Anspruch des Fiskus auf eine Abschlusszahlung bestehen, der wegen einer vollendeten Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung bislang nicht hat realisiert werden können (BFH-Urteil vom 26. Februar 2008 VIII R 1/07, BStBl II 2008, 659). Dieser gesetzgeberische Grund für die Verlängerung der normalen Festsetzungsfrist fällt weg, wenn der Behörde der ganze Sachverhalt unterbreitet wird und diese entscheidet, dass eine Besteuerung nicht stattfindet (vgl. Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 142. Lfg., Juni 1994, § 169, RZ 28). Dies gilt erst recht, wenn die Behörde wie im Streitfall entscheidet, dass eine Besteuerung des Sachverhalts lediglich teilweise stattfindet. Die Behörde ist, sobald sie die Entscheidung getroffen hat, auf die verlängerte Festsetzungsfrist nicht mehr angewiesen. Die fehlende Realisierung des Anspruchs ist dem Steuerpflichtigen nicht mehr zuzurechnen. Es fehlt an einem Veranlassungszusammenhang und somit im Hinblick auf die Festsetzungsverjährung an der Voraussetzung einer vollendeten Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung. Denn die Steuer wird nicht mehr aufgrund eines Verhaltens des Steuerpflichtigen dem Fiskus, sondern aufgrund einer Entscheidung der Behörde der Allgemeinheit vorenthalten (vgl. RFH-Urteil vom 06. April 1938 VI 193/38, RStBl 1938, 513, und Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 142. Lfg., Juni 1994, § 169, RZ 28; a.A. womöglich Kruse in Tipke/Kruse, AO, 111. Lfg., Oktober 2006, § 169, RZ 13, und Lohmeyer in Pump/Leibner, AO, 33. Lfg., August 2001, § 169, RZ 31), so dass es sich nicht mehr um hinterzogene oder leichtfertig verkürzte Steuerbeträge handelt (vgl. RFH-Urteil vom 06. April 1938 VI 193/38, RStBl 1938, 513). Es besteht kein Grund mehr, dem Steuerpflichtigen den Schutz durch die mit Eintritt der Festsetzungsverjährung entstehende Rechtssicherheit zu versagen.

Weder in den berichtigten Anlage L noch in den dieser beigefügten Gewinnermittlungen hatte die Klägerin dem Beklagten denjenigen Sachverhalt, der für eine zutreffende Besteuerung erforderlich war, vollständig unterbreitet. Vielmehr führten ihre Angaben zu einer unzutreffend niedrigen Steuer. Sie hatte aber den Sachverhalt insoweit vollständig unterbreitet, als sich aus ihren Angaben ergab, dass sie ihren Gewinn für keines der beiden in das Streitjahr fallenden Wirtschaftsjahre nach § 13 a EStG ermitteln durfte, weil die von ihr in den Gewinnermittlungen verwendeten Ausgangswerte die für deren Wirtschaftsjahre 1992/93 und 1993/94 gemäß § 13 a Abs. 1 Nr. 2 EStG geltende Obergrenze von DM 32.000,-- überstiegen. Dennoch berücksichtigte der Beklagte den Gewinn der Klägerin wie in der geänderten Anlage L von ihr erklärt. Womöglich hätte der Beklagte eine andere Entscheidung getroffen, hätte ihm die Gewinnermittlung durch Überschussrechnung bereits bei Erlass des Änderungsbescheids im Jahre 1998 vorgelegen. Den für die, wenn auch unzulässige, Gewinnermittlung nach § 13 a EStG erforderlichen Sachverhalt aber hatte die Klägerin vollständig erklärt. Somit war ihr die unzutreffend niedrige Steuerfestsetzung nicht mehr zuzurechnen. Sie beruhte vielmehr auf der unzutreffenden Würdigung ihrer Angaben durch den Beklagten, der ihre Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft hätten schätzen können. Womöglich wäre die Schätzung auf Basis der Angaben der Klägerin in der berichtigten Anlage L unzutreffend niedrig ausgefallen, was zu einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung führen können haben mag. Die unzutreffend niedrige Steuerfestsetzung vom 27. Januar 1998 hingegen beruhte auf einer unzutreffenden Entscheidung des Beklagten, die ihrerseits auf zutreffenden Angaben der Klägerin beruhten, die dadurch vollständig waren, dass sie es dem Beklagten erlaubten, eine unzutreffende Besteuerung zu vermeiden.

b) Es kann dahinstehen, ob die Klägerin mit der von ihr eingereichten berichtigten Anlage L eine Anzeige nach §§ 153, 371 oder 378 AO erstattet hat. Denn eine solche hätte gemäß § 171 Abs. 9 AO den Ablauf der Festsetzungsfrist ohnehin nur für die Dauer eines Jahres nach der Anzeige, mithin nicht über den regelmäßigen Ablauf der Frist hinaus gehemmt.

c) Eine etwaige Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 7 AO reichte jedenfalls nicht bis zur Erweiterung der Prüfungsanordnung auf die Einkommensteuer für das Streitjahr. Sollte die Klägerin die Einkommensteuer für das Streitjahr, soweit sie zwischen den Beteiligten im Streit ist, hinterzogen oder leichtfertig verkürzt haben, so wäre die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit verjährt wäre. Die insoweit maßgebliche Verfolgungsverjährung (Kruse in Tipke/Kruse, AO, 112. Lfg., April 2007, § 169, RZ 77) belief sich auf 5 Jahre im Falle der Steuerhinterziehung (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB, § 370 Abs. 1 AO) und 3 Jahre im Falle der leichtfertigen Steuerverkürzung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 OwiG, 378 Abs. 2 AO). Sie hat mit der etwaigen tatsächlichen Beendigung der Tat begonnen. Beendet ist die Tat, wenn der Täter die mit seiner Handlung verbundene Absicht in vollem Umfang verwirklich hat, er also erreicht hat, was er wollte (Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 142. Lfg., Juni 1994, § 171, RZ 88). Im Streitfall war die etwaige Tat mit der Bekanntgabe des Bescheids vom 19. Juli 1995 beendet, aus dem sich kein Erstattungsanspruch der Klägerin ergab. Selbst im Falle der ursprünglichen Steuerhinterziehung wäre die Hemmung des Ablaufs der Steuerfestsetzungsfrist noch vor der Erweiterung der Prüfungsanordnung auf die Einkommensteuer für 1993 entfallen, so dass dahinstehen kann, ob nicht eine etwaige Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 7 AO mit dem Erlass des Änderungsbescheids vom 27. Januar 1998 ohnehin entfallen ist. Hinweise auf eine etwaige Unterbrechung der Verfolgungsverjährung nach § 78 c StGB haben sich jedenfalls nicht ergeben.

d) Die Erweiterung der Außenprüfung auf die Einkommensteuer für 1993 erfolgte erst am 06. Oktober 2000 und vermochte den Ablauf der bereits mit dem 31. Dezember 1999 verstrichenen Festsetzungsfrist nicht mehr nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO zu hemmen.

e) Auch eine etwaige Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO dauerte bei Erlass des Änderungsbescheids vom 18. Oktober 2001 nicht mehr an. Es kann somit dahinstehen, ob und ggf. inwieweit die Grundsteuermessbescheide auf den 01. Januar 1993 und 01. Januar 1994 gegenüber dem streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid einen Grundlagenbescheid bilden.

Nimmt man insoweit keinen Grundlagenbescheidscharakter des Grundsteuermessbescheids an, so scheidet eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO ohnehin aus. Nimmt man insoweit einen Grundlagenbescheidscharakter an, so konnte zwar die Möglichkeit, einen Grundsteuermessbescheid auf den 01. Januar 1993 zu erlassen, soweit die Bindungswirkung des diesem zugrunde gelegten Ersatzwirtschaftswerts reichte, den Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich der Einkommensteuer der Klägerin für 1993 hemmen, jedoch höchstens bis zum Ablauf des Jahres 2000.

aa) Sind sowohl die Frist für die Festsetzung einer Steuer im Folgebescheid als auch die Frist für die gesonderte Feststellung, der Bindungswirkung für den Folgebescheid zukommt, abgelaufen, so ist ein in Auswertung dieses Grundlagenbescheids ergehender Folgebescheid rechtswidrig (BFH-Urteile vom 08. November 2006 II R 13/05, BFH/NV 2007, 641, und vom 16.10.2008 VIII R 8/05, [...]). Denn ergeht ein gesonderter Feststellungsbescheid nicht mehr in offener Feststellungsfrist, kann er seine Bindungswirkung nur noch für Steuerfestsetzungen in offener Feststellungsfrist entfalten (BFH-Urteil vom 16. Oktober 2007 VIII R 8/05, [...]). Wie nämlich der Wortlaut des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO zeigt, wird nicht etwa die Festsetzungsfrist durch den Erlass des Grundlagenbescheids nachträglich durchbrochen, vielmehr hemmt die Möglichkeit, den Grundlagenbescheid zu erlassen, den Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich des Folgebescheids (Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 162. Lfg., September 1999, § 171, RZ 102), soweit die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids reicht. Nimmt man einen Grundlagenbescheidscharakter des Grundsteuermessbescheids an und stellt auf diesen ab, so kann offen bleiben, ob § 184 Abs. 1 Satz 3 AO, wie sich aus der Verweisung auf § 184 Abs. 1 Satz 4 AO ergibt, nicht generell auf §§ 179 bis 183 AO verweist (Brandis in Tipke/Kruse, AO, 117. Lfg., Oktober 2008, § 184, RZ 5; Frotscher in Schwarz, AO, 90. Lfg., März 2000, § 184, RZ 11) oder aber die §§ 134 bis 217 AO aufgrund der Verweisung in § 184 Abs. 1 Satz 3 AO grundsätzlich uneingeschränkt sinngemäß anzuwenden sind, wie es dem Wortlaut dieser Vorschrift entspricht, wobei allerdings im Einzelfall an Sinn und Zweck der Norm orientiert geprüft werden soll, ob eine vom Grundsatz der uneingeschränkten Anwendung der § 179 ff AO abweichende Handhabung erforderlich ist (Kunz in Beermann/Gosch, AO, 42. Lfg., August 2003, § 184, RZ 11). Letzterem entsprechend soll für die als solche angesehene Feststellungsverjährung eines Grundlagenbescheids über einen Messbetrag § 181 Abs. 5 AO gelten (Brandis in Tipke/Kruse, AO, 117. Lfg., Oktober 2008, § 184, RZ 6; a.A. Sächsisches Finanzgericht Urteil vom 30. Januar 2008 1 K 1250/05, EFG 2008, 1002).

Nimmt man an, § 184 Abs. 1 Satz 3 AO verweise auf § 181 AO, so gilt: Hat die Klägerin eine Erklärung zur Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts und zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags abgeben müssen, so hat in entsprechender Anwendung des für die gesonderte Feststellung des Einheitswerts, an dessen Stelle vom Ersatzwirtschaftswert nach § 125 BewG bei der Anwendung des § 13 a Abs. 4 EStG auszugehen war (§ 57 Abs. 3 EStG i.d.F. vom 25. Februar 1992), geltenden § 181 Abs. 3 Satz 2 AO die Feststellungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erklärung eingereicht worden ist, begonnen, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgte, auf dessen Beginn der Grundsteuermessbetrag festzusetzen war. Sollte eine solche Erklärung nicht abzugeben gewesen sein, hat die Frist bereits entsprechend § 181 Abs. 3 Satz 1 AO mit dem Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die Feststellung vorzunehmen war, begonnen. Ist eine Feststellung bei Erklärungspflicht auf den 01. Januar 1993 vorzunehmen, so beginnt die Feststellungsfrist mit Ablauf des Jahres 1996. Analog § 181 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO beträgt die regelmäßige Feststellungsfrist 4 Jahre. Sie lief, sollte eine Erklärung nicht abzugeben gewesen sein, mit dem Jahre 1997, andernfalls mit dem Jahr 2000 ab.

Gemäß § 181 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 AO ist der Ablauf der Frist für die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen insoweit unbeachtlich, als sie für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der gesonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist; gemäß § 185 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AO bleibt hierbei jedoch § 171 Abs. 10 AO außer Betracht, damit die Bestimmung des § 185 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AO nicht leer läuft (vgl. Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 162. Lfg., September 1999, § 171, RZ 103). In entsprechender Anwendung dieser Vorschriften konnte die Möglichkeit, einen Grundsteuermessbescheid auf den 01. Januar 1993 zu erlassen den Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich der Einkommensteuer für 1993, wenn überhaupt, dann allenfalls bis zum Ablauf des Jahres 2000 hemmen. Dass die in 2002 und 2007 ergangenen Grundsteuermessbescheide bestandskräftig geworden sein mögen, ist somit unerheblich.

Nimmt man an, § 184 Abs. 1 Satz 3 AO verweise nicht auf § 181 AO, so gelangt man zum selben Ergebnis: Entsprechend § 170 Abs. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist für den Grundsteuermessbetrag auf den 01. Januar 1993 mit Ablauf des Jahres 1993, sollte eine Erklärung abzugeben gewesen sein, entsprechend § 171 Abs. 2 Nr. 1 AO spätestens mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist, mithin gleichfalls spätestens mit Ablauf des Jahres 1996, gleich ob man auf die Entstehung der Einkommensteuer mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (§§ 25 Abs. 1, 36 Abs. 1 EStG) oder die der Grundsteuer mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das sie festzusetzen ist (§ 9 Abs. 2 GrStG), abstellt. Die Festsetzungsfrist beläuft sich entsprechend § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO auf 4 Jahre und ist spätestens mit Ablauf des Jahres 2000 abgelaufen.

bb) Es ist nicht etwa noch vor Ablauf des Jahres 2000 zu einer Hemmung der für die Einkommensteuer für 1993 geltenden Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO gekommen, soweit der Bescheid über den Grundsteuermessbetrag auf den 01. Januar 1993 einen Grundlagenbescheid bilden könnte. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO kann hinsichtlich der in einem Folgebescheid festzusetzenden Steuer nur hinsichtlich desjenigen Teils der Steuer eintreten, für den der Grundlagenbescheid nicht bindend ist, weil nur die nicht bindend festgestellten Besteuerungsgrundlagen überhaupt Gegenstand der Außenprüfung hinsichtlich der Einkommensteuer sind (vgl. BFH-Urteil vom 09. August 2006 II R 24/05, BStBl II 2007, 87). Andernfalls nämlich bedürfte es nicht der Regelung des § 171 Abs. 10 Satz 2 AO, die es ermöglichen soll, mit der Auswertung des Grundlagenbescheids bis zur Auswertung des Prüfungsberichts zu warten. Darüber hinaus soll § 171 Abs. 10 Satz 1 es auch ermöglichen, mit der Änderung, Aufhebung oder dem erstmaligen Erlass eines Grundlagenbescheids bis zum Ablauf der nach § 171 Abs. 4 AO gehemmten für den Folgebescheid geltenden Festsetzungsfrist zu warten. Dies gilt aber nur für die Fälle, in denen die Ablaufhemmung originär nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO eintritt, woran es im Streitfall fehlt.

cc) Auf die Frage, ob die Klägerin womöglich durch die Nichtabgabe der Erklärungen zur Ermittlung des Ersatzwirtschaftswerts und zur Festsetzung des Grundsteuermessbetrags auf den 01. Januar 1993 und 1994 Grundsteuer hinterzogen oder leichtfertig verkürzt hat, kommt es nicht an. Denn wie die Formulierung "soweit" in § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zeigt, verlängert sich gemäß dem Grundsatz der Teilverjährung die Festsetzungsfrist lediglich hinsichtlich derjenigen Steuer, die hinterzogen oder leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch im Falle der gesonderten Feststellung von Einkünften (Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, 142. Lfg., Juni 1994, § 169, RZ 52). Es muss daher, nimmt man überhaupt an, der Grundsteuermessbescheid bilde hinsichtlich des Ersatzwirtschaftswerts einen Grundlagenbescheid gegenüber dem Einkommensteuerbescheid, entsprechend gelten. Die etwaige Hinterziehung der Grundsteuer kann den Ablauf der Festsetzungsfrist hinsichtlich der Einkommensteuer nicht hemmen.

dd) Es kann dahinstehen, ob der Grundsteuermessbescheid vom 11. November 1998 auf den 01. Januar 1994 kann gegenüber dem Einkommensteuerbescheid für 1993 keinen Grundlagenbescheid bilden, weil nach § 13 a Abs. 4 Nr. 1 Satz 3 EStG grundsätzlich der Einheitswert maßgebend war, der auf den letzten Feststellungszeitpunkt festgestellt worden war, der vor dem Beginn des Wirtschaftsjahrs lag oder mit dem Beginn des Wirtschaftsjahrs zusammenfiel, für das der Gewinn zu ermitteln war. Denn als im Jahre 2001 der streitgegenständliche Änderungsbescheid erging, konnte die etwaige Möglichkeit, einen Grundsteuermessbescheid auf den 01. Januar 1994 zu erlassen, aus obigen Gründen ohnehin nicht mehr zur Ablaufhemmung des etwaigen Folgebescheids führen.

ee) Als am 11. Februar 2002 der geänderte Grundsteuermessbescheid auf den 01. Januar 1994 erging, war die hinsichtlich des Ersatzwirtschaftswerts geltende Festsetzungs- oder Feststellungsfrist abgelaufen, so dass er eine Bindungswirkung gegenüber dem Einkommensteuerbescheid für 1993 nur noch hätten entfalten können, wenn die Festsetzungsverjährung hinsichtlich dieser Steuer nicht bereits eingetreten wäre.

ff) Eine Nachveranlagung nach § 18 GrStG auf den 01. Januar 1992 hat nicht zu erfolgen, da die Klägerin ihren im Streitfall betroffenen Betrieb erst im Oktober 1992 eröffnet hatte. Aus demselben Grund sind weder ein Ersatzwirtschaftswert noch ein Ersatzvergleichswert auf den 01. Januar 1992 zu ermitteln, so dass eine Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO nicht in Betracht kommt.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

III. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

IV. Die Revision ist zuzulassen, um die Fortbildung des Rechts zur Frage des etwaigen Entfallens einer Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Steuerverkürzung i.S.d. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO durch einen Steuerbescheid, der ergeht, nachdem der Steuerpflichtige aus seiner Sicht, der sich das Finanzamt anschließt, vollständige Angaben gemacht hat, zu fördern und zugleich eine einheitliche Rechtsprechung durch eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu sichern (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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