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Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 24.01.2007
Aktenzeichen: 4 K 1414/03
Rechtsgebiete: AO 1977, FördG, MaBV, BGB


Vorschriften:

AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 2
FördG § 3 S. 1
FördG § 4 Abs. 1 S. 5
MaBV § 2 Abs. 1
MaBV § 2 Abs. 2
MaBV § 3 Abs. 1
MaBV § 3 Abs. 2
BGB § 134
BGB § 139
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Sachsen

4 K 1414/03

Gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1992

In dem Finanzrechtsstreit

hat der 4. Senat unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters ... am Finanzgericht ...

des Richters ... am Finanzgericht ...

des Richters ... am Amtsgericht ...,

der ehrenamtlichen Richterin ...

des ehrenamtlichen Richters ...

auf Grund mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 24.1.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Rückgängigmachung eines Bauvertrages ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung - AO - ist, wenn zuvor Sonderabschreibungen auf Anzahlungen aufgrund dieses Bauvertrages nach dem Fördergebietsgesetz - FördG - in Anspruch genommen wurden.

Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid vom 18.7.2002 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1992 (Bl. 28 der Akten über die gesonderte/einheitliche Feststellung der Einkünfte) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.5.2003 (Bl. 24 der Rechtsbehelfsakte).

Mit Kaufvertrag vom 27.11.1992 (Bl. 1 der Akte Dauerunterlagen) kaufte die Klägerin das Grundstück E in L . Des weiteren schloss sie im Jahr 1992 einen Generalübernehmer-/Bauträgervertrag ab, um auf dem Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus zu errichten. Das Entgelt sollte 3.046.425,- DM einschließlich Umsatzsteuer betragen, eine Anzahlung i.H.v. 2.700.000,- DM war von ihr bis zum 30.12.1992 im Voraus zu leisten. Zur Sicherung des Kaufpreises hatte der Generalübernehmer eine unbefristete Bürgschaft eines deutschen Kreditinstitutes zu stellen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Generalübernehmer-/Bauträgervertrag (Bl. 18 der Akte Dauerunterlagen) verwiesen.

Die Klägerin reichte am 30.3.1993 die Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1992 vom 26.3.1993 ein. Darin erklärte sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.H.v. ./. 1.860.812,- DM, die sich aus Einnahmen i.H.v. 0,- DM, Sonstigen Aufwendungen i.H.v. 715.204,- DM, Neutralen Aufwendungen i.H.v. 6.420,- DM und den hier streitigen Sonderabschreibungen nach § 4 Fördergebietsgesetz i.H.v. 1.139.188,- DM zusammensetzten. Der Beklagte stellte die Besteuerungsgrundlagen mit Bescheid vom 20.10.1993 erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.

Im Jahr 2001 führte das Finanzamt L bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Betriebsprüfer kürzte die Werbungskosten um die in Anspruch genommene Sonderabschreibung und stellte hierzu fest:

"Sonderabschreibungen auf Anzahlungen können vorgenommen werden, soweit es sich bei den Anzahlungen um Zahlungen für einen Begünstigungstatbestand des Fördergebietsgesetzes handelt. Es war geplant, das[] Grundstück mit einem Gebäude zu bebauen. Die geleistete Anzahlung war demnach begünstigt. Mit Rückabwicklung des Bauvertrages in 1998 entfallen die Voraussetzungen des § 1 und des § 3 des Fördergebietsgesetzes. Die Sonderabschreibungen sind rückzubuchen. Dies hat in der Veranlagung zu erfolgen, in welcher die Sonderabschreibungen gewährt wurden. Betroffen ist das Jahr 1992.

Der Steuerbescheid für das Jahr 1992 ist nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung zu ändern. Die Rückabwicklung und der Wegfall der Voraussetzungen für die Sonderabschreibungen stellt steuerlich ein rückwirkendes Ereignis dar. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eintrat. Eine Änderung ist bis zum 31.12.2002 möglich. ..."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 8.1.2002 (Bl. 3 der Akten über die Betriebsprüfung) verwiesen.

In der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1992 vom 26.3.1993 wurde den Steuerberatern R und S Empfangsvollmacht für alle Beteiligten erteilt. Mit Bescheid vom 22.4.2002, bekannt gegeben an die S und Partner Steuerberatungsgesellschaft, änderte der Beklagte die Feststellung unter Berufung auf § 164 Abs. 2 AO entsprechend dem Betriebsprüfungsbericht. Hiergegen legte einerseits die S Steuerberatungsgesellschaft mbH und andererseits Herr Dipl.-Kfm. W Einspruch ein. Herr Dipl.-Kfm. W erklärte, er sei beauftragt von Herrn Dr. T , einem Gesellschafter der Klägerin. Am 18.7.2002 erließ der Beklagte nunmehr unter Berufung auf § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO den angefochtenen Bescheid und hob daneben am 22.7.2002 den Bescheid vom 22.4.2002 auf. Beide Bescheide gab er Herrn Dipl.-Kfm. W für die Klägerin bekannt.

Der Klägervertreter trägt vor, die Klage sei im Namen der Grundstücksgemeinschaft als Klägerin erhoben worden. Herr Dr. T sei für die Klägerin vertretungsberechtigt. Der Klägervertreter ist der Ansicht, die Zustellung des Bescheides sei unwirksam. Der Beklagte habe bei der Zustellung des angefochtenen Bescheides nicht beachtet, dass die Grundstücksgemeinschaft aufgelöst und voll beendet gewesen sei. Spätestens mit der Rückabwicklung des Bauvertrages wegen des gescheiterten Grundstückserwerbs im Jahre 1998 sei die Klägerin erkennbar kraft Gesetzes aufgelöst gewesen. Ihr einziger vermögensrelevanter Vorgang sei noch die Vereinnahmung und Auskehrung der Zinsforderung im Jahre 1998 gewesen. Damit habe die Änderung der Gewinnfeststellung nicht mit Bescheid gegenüber einer GbR, sondern allenfalls gegenüber den einzelnen Gesellschaftern durch Haftungsbescheid geltend gemacht werden können.

Der Beklagte habe den Bescheid vom 20.10.1993 nicht nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO ändern dürfen. In der Rückgängigmachung des Bauvertrages im Jahre 1998 habe kein Ereignis gelegen, das steuerliche Wirkungen für die Vergangenheit habe und damit zur Änderung des Bescheides berechtigt habe. Durch das fragliche Ereignis sei gerade nicht die ursprüngliche Befugnis zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung für 1992 nachträglich entfallen, weil sie von Anfang an nicht bestanden habe. Das vermeintliche Ereignis der Rückabwicklung habe lediglich eine von Anfang an bestehende Sachlage verdeutlicht, keine neue geschaffen. Jedenfalls fehle es an der Kausalität des vermeintlichen Ereignisses für die Unrichtigkeit des Ursprungsbescheides. Von vornherein hätte die Sonderabschreibung für 1992 nicht gewährt werden können. Mit dem Bauvertrag für sich allein genommen habe kein Anschaffungsgeschäft vorgelegen. Aufgrund des Kaufvertrages, den sie versehentlich nicht mit dem damaligen Grundstückseigentümer geschlossen habe, habe sie schon von Anfang an und niemals später das Eigentum an dem Grundstück erwerben können. Damit sei auch ohne die Berücksichtigung irgendwelcher nachträglicher Ereignisse die Sonderabschreibung nicht zu gewähren gewesen. Die Rückabwicklung könne nicht einmal als neues Ereignis bewertet werden. Sie verdeutliche nur die von Anfang an gegebene Unmöglichkeit der Vollziehbarkeit des Anschaffungsgeschäftes.

Unabhängig hiervon hätte die Sonderabschreibung nicht gewährt werden dürfen, weil die Vorauszahlung i.H.v. 2.700.000,- sich auf der Grundlage des streitgegenständlichen Bauvertrages als sogenannte willkürliche Vorauszahlung darstellt. Jedwede Vorauszahlung sei nach der Makler- und Bauträgerverordnung - MaBV - unzulässig bzw. steuerlich unbeachtlich gewesen.

Auch wenn der Bescheid vom 20.10.1993 zutreffend die Sonderabschreibung berücksichtigte, habe der Beklagte kein Recht zur Änderung des ehemals ergangenen und bestandskräftigen Bescheides. Die Klägerin habe in diesem Falle die Voraussetzungen nach § 4 FördG eingehalten und somit die Sonderabschreibung rechtmäßig innerhalb der Steuererklärung geltend gemacht. Da der Bescheid keinerlei Vorbehalte enthalten habe, habe der Beklagte kein Recht mehr, in einen abgeschlossenen Sachverhalt einzugreifen. Die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO seien nicht erfüllt. Das FördG enthalte keine Regelung, wonach eine Sonderabschreibung auf Anzahlungen an weitere Voraussetzungen als die Zahlung selbst geknüpft sei. Allein aufgrund der mit einem Dritten vertraglich vereinbarten Zahlung über die Errichtung eines Anwesens, die tatsächlich geleistet sein müsse, sei dem Steuerpflichtigen die Sonderabschreibung zu gewähren. Demzufolge liege keine der Voraussetzungen der Regelung des § 175 AO für die Änderung des Bescheides vor.

Dem Beklagten sei bei Erlass des geänderten Bescheides bekannt gewesen, dass die Steuervergünstigung auf eine Anzahlung gewährt worden sei und dass das geplante Vorhaben noch nicht in Angriff habe genommen werden können, da aufgrund eines Einspruchs der vermeintlichen Alteigentümer die Grundstücksfrage nicht geregelt gewesen sei. Trotz dieser Kenntnisse habe der Beklagte den Bescheid ohne jeglichen Vorbehalt erlassen. Der Schutzzweck des § 175 AO gebiete es, dass alle zum Zeitpunkt des Ergehens des Bescheides vorhandenen Kenntnisse vom Beklagten verarbeitet würden. Die Nichtrealisierung des Bauvertrages sei auf Umstände zurückzuführen, die außerhalb ihrer Sphäre gelegen hätten. Sie hätte nachweisbar die Absicht gehabt, das geplante Bauvorhaben zu verwirklichen.

Die Klägerin habe innerhalb der Steuererklärung 1992 selbst erklärt, dass das Bauwerk voraussichtlich Dezember 1994 fertiggestellt werde. Der Beklagte habe auch diesem eindeutigen Hinweis keine Beachtung geschenkt und die hieraus notwendigen Schlüsse gezogen. Die weiteren Jahre seien antragsgemäß veranlagt worden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1992 vom 18.7.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.5.2003 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seien Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines zur Erzielung von Überschusseinkünften vorgesehenen abnutzbaren Wirtschaftsguts regelmäßig nur im Rahmen der Absetzung für Abnutzung - AfA - (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 EStG) oder gegebenenfalls neben der Normal-AfA nach § 7 Abs. 1 oder 4 EStG ( § 7 a Abs. 4 EStG) im Rahmen von Sonderabschreibungen zu berücksichtigen. Daher blieben Vorauszahlungen auf Anschaffungskosten im Zeitpunkt ihrer Leistung an den Veräußerer einkommensteuerrechtlich zunächst ohne Auswirkung. Sie wirkten sich im Falle der Normal-AfA erst ab Anschaffung des Wirtschaftsguts verteilt auf dessen Nutzungsdauer als Werbungskosten aus, im Falle der Sonderabschreibungen ausnahmsweise auch bereits im Jahr der Anzahlungen auf Anschaffungskosten ( § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG). Voraussetzung sei jedoch in allen Fällen, dass das betreffende Wirtschaftsgut letztendlich auch angeschafft werde. Nichts anderes folge aus den Regelungen des FördG. § 4 FördG, wonach Sonderabschreibungen auch auf Anzahlungen gewährt werden könnten, sei kein selbständiger Begünstigungstatbestand, sondern setzte die Erfüllung der Tatbestände der §§ 1 bis 3 FördG voraus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorgelegten Steuerakten und der Gerichtsakte 4 K 1414/03 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der (Änderungs-)Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung 1992 vom 18.7.2002 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5.5.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten ( § 100 Abs. 1 FGO).

1. Der Beklagte hat den Bescheid zutreffend an die Klägerin adressiert. Zwar richten sich Bescheide über gesonderte und einheitliche Feststellungen nicht an die Personengesellschaft als solche, sondern an die einzelnen Gesellschafter. Es ist jedoch ausreichend, dass der Beklagte im Anschriftenfeld die von der Klägerin im Rechtsverkehr verwendete geschäftsübliche Bezeichnung der Gesellschaft angegeben hat, da sich aus dem Bescheid die weiteren Angaben über die Gesellschafter entnehmen lassen (vgl. Brockmeyer, in: Klein, AO, § 122, Rn. 15 m.w.N.). Die Bekanntgabe erfolgte zutreffend an Herrn Dipl.-Kfm. W als Bevollmächtigten des Vertreters der Klägerin, Herrn Dr. T

2. Die Klägerin hat nicht (mehr) die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach dem FördG. Begünstigt ist nach § 3 Satz 1 FördG nur die Anschaffung und die Herstellung von abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern sowie Modernisierungsmaßnahmen und andere nachträgliche Herstellungsarbeiten an abnutzbaren unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Da der Bauvertrag über die Errichtung eines Gebäudes zwischenzeitlich im Jahre 1998 rückabgewickelt wurde, sind die Voraussetzungen eines Begünstigungstatbestandes nach § 3 FördG endgültig nicht mehr erfüllt mit der Folge, dass die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nicht mehr besteht.

a) Zum Zeitpunkt des Erlasses des geänderten Bescheides am 20.10.1993 bestand die Berechtigung der Klägerin zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung: Die Sonderabschreibungen des Fördergebietsgesetzes konnten bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten und für Teilherstellungskosten in Anspruch genommen werden ( § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG). Die von der Klägerin aufgrund des Generalübernehmer-/Bauträgervertrages bis zum 30.12.1992 geleistete Anzahlung i.H.v. 2.700.000,- DM ist eine Anzahlung auf eine begünstigte Baumaßnahme i.S.d. § 3 Satz1 FördG. Der zivilrechtlich wirksame Abschluss des Grundstückskaufvertrages und des Generalübernehmer-/Bauträgervertrages sowie die Leistung der Anzahlung lassen darauf schließen, dass die Klägerin im Jahr 1992 die Durchführung einer Baumaßnahme i.S.d. § 3 FördG beabsichtigte.

Unerheblich ist, ob zu diesem Zeitpunkt die Erfüllung des Grundstückskaufvertrages der Verkäuferin unmöglich war. Der Grundstückskaufvertrag blieb weiterhin wirksam, da allenfalls ein Fall subjektiver nicht jedoch objektiver Unmöglichkeit vorlag (vgl. §§ 325, 306 BGB a.F.). Diese subjektive Unmöglichkeit der Verkäuferin, der Klägerin das Eigentum am Grundstück zu verschaffen, war den Kaufvertragsparteien zudem bewusst, wie sich aus § 10 des Kaufvertrages ergibt, wonach Schadenersatzanspruch der Klägerin ausgeschlossen wurden, sollte der Verkäuferin die Erfüllung des Kaufvertrages nicht möglich sein, weil sie entgegen ihrer Auffassung nicht Alleineigentümerin des Grundstücks sei und dieses auch nicht erwerben könne.

Infolge dessen standen der Erfüllung des Generalübernehmer-/Bauträgervertrages zwar faktische Hindernisse entgegen. Gleichwohl war auch dieser Bauvertrag zwischen der Klägerin und dem Generalübernehmer zivilrechtlich wirksam. Die bestehende aber den Kaufvertragsparteien nicht bekannte subjektive Unmöglichkeit der Verkäuferin führte nach § 11 des Kaufvertrages zunächst zu einer Beschaffungspflicht und zur Mitwirkung am Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin. Erst nachdem es misslang, "das Vertragsziel, nämlich den Erwerb des Alleineigentums am vorbezeichneten Grundbesitz durch die Käufer als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu erreichen", war der zunächst der Kaufvertrag und in der Folge auch der Generalübernehmer-/Bauträgervertrag nach dem Leistungsstörungsrecht abzuwickeln.

Der Generalübernehmer-/Bauträgervertrag ist auch nicht bereits deshalb zivilrechtlich unwirksam, weil in dem Vertrag eine Anzahlung von 2.700.000,- DM bei einem Gesamtentgelt i.H.v. 3.046.425,- DM vereinbart war. Ein Verstoß gegen die Sicherungspflichten der Bauträger nach den Regelungen des § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 MaBV liegt schon deshalb nicht vor, weil der Bauträger nicht verpflichtet war, der Klägerin das Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen. Jedoch liegt ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung nach § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 MaBV vor, da die Klägerin die Anzahlung gegen Sicherheitsleistung durch eine zwar unbefristete aber nicht selbstschuldnerische Bürgschaft zu leisten hatte. Da die Bürgschaft mithin nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 2 MaBV zu entsprechen hatte, dürfte die entsprechende Klausel nichtig gewesen sein ( § 12 MaBV i.V.m. § 134 BGB). Dies führt jedoch nicht dazu, die Nichtigkeit des gesamten Vertrages anzunehmen ( § 139 BGB), da aus den Umständen, insbesondere wegen der bereits erfolgten Anzahlung, zu entnehmen ist, dass die Beteiligten den Vertrag insgesamt bestehen lassen wollten.

Im übrigen ist es für die Besteuerung unerheblich, ob die Rechtsgeschäfte unwirksam sind oder geworden sind, da die Klägerin und der Generalübernehmer das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts bis zur Rückabwicklung im Jahr 1998 hatten eintreten und bestehen lassen ( § 41 Satz 1 AO). Damit bestand jedenfalls im Jahr 1992 die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung.

Die Höhe der Anzahlung ist auch steuerlich anzuerkennen, da auch die volle Vorauszahlung des Kaufpreises gegen Sicherheitsleistung i.S.d. § 7 Abs. 1 MaBV eine Anzahlung sein kann (BFH-Urteil vom 14. Januar 2004, Az.: IX R 33/03, BStBl. II 2004, 750; Stuhrmann, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 4 FördG, Rn. 10).

b) Diese Berechtigung zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen ist durch die Rückabwicklung des Generalübernehmer-/Bauträgervertrages im Jahr 1998 nachträglich entfallen. § 4 Abs. 1 Satz 5 FördG, wonach Sonderabschreibungen auch auf Anzahlungen gewährt werden können, ist kein selbständiger Begünstigungstatbestand. § 4 FördG regelt lediglich die "Bemessungsgrundlage für Sonderabschreibungen", setzt also die Erfüllung der Tatbestände der §§ 1 bis 3 FördG voraus (BFH-Urteil vom 28. Juni 2002, Az.: IX R 51/01, BStBl. II 2002, 758 m.w.N.). Darüber hinaus versteht man unter dem auch in § 4 FördG verwendeten Begriff "Anzahlungen" Vorleistungen auf ein zu einem späteren Zeitpunkt noch zu vollziehendes Anschaffungsgeschäft. Beide Aspekte setzen für die Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen (auf Anzahlungen) den späteren Vollzug des Anschaffungsgeschäfts voraus (BFH-Urteil vom 28. Juni 2002, Az.: IX R 51/01, a.a.O.). Dieser Vollzug des Anschaffungsgeschäftes konnte nach der Rückabwicklung des Vertrages endgültig nicht mehr stattfinden.

3. Der Beklagte hat zutreffend den Bescheid vom 20.10.1993 nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert. Das zur Änderung des Bescheides berechtigende Ereignis, das steuerliche Wirkungen für die Vergangenheit hat, ist die Rückgängigmachung des Bauvertrages im Jahre 1998. Durch dieses Ereignis ist die ursprünglich bestehende Befugnis zur Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nachträglich weggefallen. Die Begünstigung durch das FördG, die schon vor dem üblichen AfA-Beginn, dem Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes, eingreift, entfällt rückwirkend, wenn der Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang nicht abgeschlossen wird (Brandis, in: Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 7 a EStG, Rn. 40 m.w.N.; FG München-Urteil vom 28. November 2000, Az.: 13 K 469/00 DStRE 2001, 887, nachgehend BFH-Urteil vom 29. Juni 2004, Az.: IX R 7/01; vgl. BFH-Urteil vom 5. September 2001, Az.: I R 107/00 für den Fall erhöhter Absetzungen nach § 7 d EStG). Zwar erfolgen bei der Einkommensteuer als laufend veranlagter Steuer aufgrund des Eintritts neuer Ereignisse erforderliche steuerliche Anpassungen regelmäßig nicht rückwirkend, sondern in dem Besteuerungszeitraum, in dem sich der maßgebliche Sachverhalt ändert. Dies gilt jedoch nicht bei sogenannten Einmaltatbeständen (dazu Rüsken, in: Klein, AO, § 175, Rn. 58), zu denen Vertragsänderungen nach Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen auf Anzahlungen gehören (vgl. FG München-Urteil vom 7. Oktober 2004, Az.: 5 K 4148/02, EFG 2005, 158 für den Fall der Kaufpreisherabsetzung).

Selbst bei angenommener Nichtigkeit des Generalübernehmer-/Bauträgervertrag wegen Verstoßes gegen die MaBV durfte der Beklagten den Bescheid vom 20.10.1993 nach § 175 Abs. 1 Satz1 Nr. 2 AO ändern, denn die Rückgängigmachung eines unwirksamen, aber gleichwohl wirtschaftlich vollzogenen Rechtsgeschäfts stellt ein rückwirkendes Ereignis dar (vgl. Brockmeyer, in: Klein, AO, § 41, Rn. 3; Loose, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, § 175 AO, Rnrn. 37 und 40, jeweils m.w.N.).

4. Feststellungsverjährung ist nicht eingetreten. Die Feststellungsfrist beginnt in den Fällen des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Ereignis eintritt ( § 175 Abs. 1 Satz 2 AO), also vorliegend mit Ablauf des Jahres 1998. Zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides am 18.7.2002 war die vierjährige Feststellungsfrist (§§ 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) noch nicht abgelaufen. Der Grundsatz von Treu und Glauben stand der Änderung der Feststellung nicht entgegen. Die Klägerin hat die Sonderabschreibung aufgrund eines noch nicht beendeten Sachverhaltes in Anspruch genommen. Die Klägerin musste damit rechnen, dass die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse durch die Rückgängigmachung des Generalübernehmer-/Bauträgervertrages eine Änderung der Feststellung zur Folge hat.

5. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nach § 115 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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