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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 12.05.2004
Aktenzeichen: 6 K 419/02
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2
EStG § 13
EStG § 34b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

URTEIL

In dem Finanzrechtsstreit

wegen einh. und ges. Gewinnfeststellung 1999

hat der 6. Senat unter Mitwirkung des Richters am Finanzgericht ... als Vorsitzender des Richters am Finanzgericht ... der Richterin am Finanzgericht ... des ehrenamtlichen Richters ... des ehrenamtlichen Richters ... auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 12. Mai 2004

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Streitig ist, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Waldwertminderung bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft bei der Bewertung des Waldbestandes zu berücksichtigen ist.

Der Kläger erzielt mit einem Forstbetrieb von etwa 110 ha Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Gewinnermittlung erfolgt durch Überschußrechnung. Im Streitjahr führte er im Zuge der Forstbestandspflege eine Jungdurchforstung von 63 Festmetern und einen Eicheneinschlag von 18,54 Festmetern durch. Er erklärte zur gesonderten Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 1999 für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 einen Verlust von 19.163 DM, von dem auf das Kalenderjahr 1999 4.791 DM entfielen. Ausweislich der Gewinnermittlung machte der Kläger "AfA gem. Abschn. 212 Abs. 1 EStR n.F." von 10.992 DM als Betriebsausgaben geltend. Der Beklagte erkannte den Betriebsausgabenabzug nicht an. Mit Bescheid vom 9. Januar 2001 stellte er abweichend für das Wirtschaftsjahr 1999/2000 einen Verlust von 8.171 DM fest, von dem auf das Kalenderjahr 1999 2.043 DM entfielen. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte am 21. Februar 2002 zurück. Daraufhin erhob der Kläger am 28. Februar 2002 Klage.

Er ist der Auffassung, die bis zum vorangegangenen Wirtschaftsjahr auf der Grundlage von Abschnitt 212 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) durchgeführte Waldwertminderung sei auch im verfahrensgegenständlichen Zeitraum fortzuführen. Eine ordnungsgemäße Bilanzierung des Wirtschaftsgutes Wald gebiete die Berücksichtigung einer Wertminderung. Dies sei auch zur Vermeidung von finanziellen Härten aus Gründen der Billigkeit als geltendem Rechtsgrundsatz notwendig. Die Härten bestünden insbesondere aufgrund einer Bodenverschlechterung durch "versauerte Böden", Nährstoffverarmung der Verwitterungsböden sowie Ablagerungen von Schwefel und Aluminium. Sie würden nicht mehr durch die ermäßigten Steuersätze des § 34b des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgeglichen. Sie würden noch verstärkt durch die Waldschadensbelastung und geringere Einschlagmengen. Der im Betriebswerk vorgeschlagene Nutzungssatz von 261 Festmetern sei nicht zuletzt durch eine nicht zuschußberechtigte Jungdurchforstung und eine fehlerhafte Bepflanzung mit Nadelholz erheblich unterschritten. Diese Umstände führten unabhängig von einem späteren Verkaufserlös zu einer Substanzverringerung und damit zu einem Verlust. Eine weitere Härte sei darin zu sehen, daß eine "Verrechnung" der Waldanschaffungskosten im Sinne einer gleichmäßigen Verteilung nicht mehr möglich sei. Zudem müsse sich der Beklagte aus Gründen des Vertrauensschutzes an der bislang praktizierten pauschalen Waldwertminderung festhalten lassen. Denn er - der Kläger - habe die Wertminderung zum Gegenstand der Waldinvestitionsrechnung gemacht. Auch liege in der Aufhebung der Regelung eine Abkehr von der Gleichmäßigkeit des Verwaltungshandelns.

Der Kläger beantragt, den Feststellungsbescheid 1999 vom 9. Januar 2001 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2002 dahingehend zu ändern, daß ein Verlust von 24.949 DM festgestellt wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt Abweisung.

Er trägt vor, der Anerkennung einer Waldwertminderung als Betriebsausgabe fehle die gesetzliche Grundlage. Nur wenn der Kläger einen flächenmäßig fest umgrenzten Großkahlschlag durchgeführt hätte, käme eine Herabsetzung der Anschaffungskosten in Betracht.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze vom 26. Februar und 25. April 2002, vom 10. April 2002 sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2004 Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist nicht begründet.

a) Das stehende Holz zählt zu den nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19. Dezember 1962 IV 268/59 S, BFHE 77, 107, BStBl III 1963, 357; offengelassen in BFH-Urteil vom 10. November 1994 IV R 68/93, BFHE 176, 541, BStBl II 1995, 779). Es ist daher nicht abschreibungsfähig nach § 7 EStG, sondern unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG nur einer Teilwertabschreibung zugänglich, soweit eine voraussichtlich dauernde Wertminderung des Wirtschaftsguts vorliegt.

Wirtschaftsgut ist dabei entweder der gesamte Waldbestand oder ein nach objektiven Kriterien abgrenzbarer Teil des stehenden Holzes (offengelassen in BFH-Urteil in BFHE 77, 107, BStBl III 1963, 357; für letzteres BFH-Urteil in BFHE 176, 541, BStBl II 1995, 779; Seeger in Schmidt, 19. Auflage, § 34 b EStG, Rn. 2; Selder in Blümich, § 13 EStG, Rn. 288; Jachmann in Kirchhof, 1. Auflage, § 13 EStG, Rn. 65; Mitterpleininger in Littmann/Bitz/Pust, § 13 EStG, Rn. 10 a), nicht aber der einzelne Baum (so Kleeberg, FR 1998, 189). Denn die selbständige Bewertungsfähigkeit eines Gegenstandes ist Hauptkriterium für die Beurteilung desselben als selbständiges Wirtschaftsgut. Ein im Wirtschaftsleben selbständig bewertbares Gut liegt vor, wenn es in seiner Einzelheit von Bedeutung und bei einer Veräußerung greifbar ist. Ob ein Gegenstand in diesem Sinne gegenüber einem lediglich unselbständigen Teil eines Wirtschaftsgutes oder gegenüber einem anderen Wirtschaftsgut abgegrenzt, d.h. individualisiert werden kann, ist nach der allgemeinen Verkehrsanschauung zu entscheiden (vgl. BFH-Urteil Urteil vom 28. September 1990 III R 178/86, BFHE 162, 177, BStBl II 1991, 187 m.w.N.). Maßgebend ist der Nutzungs- und Funktionszusammenhang, der Grad der Festigkeit einer Verbindung, der Zeitraum, auf den die Verbindung angelegt ist sowie das äußere Erscheinungsbild. Ist letzteres dadurch bestimmt, daß die Gegenstände für sich allein betrachtet unvollständig erscheinen oder gar ein Gegenstand ohne den oder die anderen ein negatives Gepräge hat, ist regelmäßig von einem einheitlichen Wirtschaftsgut auszugehen (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 1983 VIII R 179/79, BFHE 139, 509, BStBl II 1984, 196). Zwar ist ein Baum regelmäßig nicht mit dem anderen körperlich verbunden. Doch ist ein forstwirtschaftlich genutzter Baum nicht von einem anderen zu trennen, ohne daß dieser weiter als stehendes Holz forstwirtschaftlich genutzt werden kann. Forstgerechte Bäume mit einer wirtschaftlich nutzbaren Holzausbeute wachsen nur in unmittelbarer Umgebung mit anderen Bäumen. Im übrigen macht ein einzelner Baum keinen Wald oder kein Waldstück, die Grundlage der Forstwirtschaft sind, aus. Das stehende Holz in seiner Gesamtheit nutzt sich nicht ab. Sein Bestand vermehrt sich durch regelmäßigen Zuwachs. Umweltbedingte, negative Einflüsse auf das stehende Holz werden hierdurch zumindest ausgeglichen.

b) Eine dauernde Wertminderung des stehenden Holzes, die zu einer Teilwertabschreibung berechtigte, liegt nicht vor.

Zwar ist dem teilweisen Abgang von stehendem Holz durch eine entsprechende Minderung der Anschaffungskosten Rechnung zu tragen. Dies setzt jedoch einen Kahlschlag wesentlicher Flächen voraus (vgl. BFH-Urteil in BFHE 176, 541, BStBl II 1995, 779). Anders ist dagegen der streitbefangene Fall zu beurteilen, in dem ein Abgang nur durch Herausschlagen einzelner Bäume (Durchforstung) gegeben ist. Weder die im Wirtschaftsjahr 1999/2000 im Rahmen der Bestandspflege vorgenommene Jungdurchforstung von 63 Festmetern noch der Eicheneinschlag von insgesamt 18,54 Festmetern stellen einen Kahlschlag wesentlicher Flächen dar.

Mögliche Umweltschäden am stehenden Holz sind nicht mit einem teilweisen Abgang in der Folge von Kahlschlag wesentlicher Flächen gleichzusetzen. Denn diese Schäden werden regelmäßig durch natürlichen Holzzuwachs zumindest ausgeglichen. Wenn Umwelteinflüsse ein solches Ausmaß erreichen, daß wesentliche Flächen abgeholzt werden müssen, besteht eine voraussichtlich dauernde Wertminderung, die zu einer Teilwertabschreibung berechtigt. Hierfür bestehen allerdings keine Anhaltspunkte.

c) Schließlich kommt keine Fortführung der pauschalierten Waldwertminderung nach Abschnitt 212 Abs. 1 Satz 5 EStR, der letztmals für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 galt, in Betracht. Die Begrenzung der jährlichen Wertminderungsbefugnis um 3 v.H. auf Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Januar 1999 beginnen, mit Abschnitt 212 Abs. 1 Satz 3 EStR n.F. begegnet auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes keinen Einwänden. Denn die bis zum Streitjahr von der Finanzverwaltung zugelassene Pauschalierung der Waldwertminderung entbehrte einer Rechtsgrundlage (vgl. FG Nürnberg, Urteil vom 2. Februar 1983 V 197/78, EFG 1983, 403; FG Münster, Urteil vom 19. Mai 1993 13 K 3537/90 E,EFG 1994, 33).

Im übrigen ist mit der Änderung der Verwaltungshandhabung eine steuerliche Begünstigung von Forstwirten nur für künftige Feststellungs- und Veranlagungszeiträume ausgelaufen. Ein Vertrauenstatbestand dahingehend, daß ein Steuerpflichtiger berechtigt vom Fortbestand einer ihm günstigen Regelung ausgehen kann, ist nicht gegeben (vgl. dazu Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 5. Februar 2002 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, NJW 2002, 3009). Auch eine Übergangsregelung war nicht geboten, weil der Wegfall der Begünstigung ersichtlich nicht zu schwerwiegenden Härten für den Kläger führt (vgl. BFH-Beschluß vom 7. März 2003 IV B 163/02, BFH/NV 2003, 777). Indem die Begünstigung gleichmäßig für sämtliche Forstbetriebe wegfiel, ist schließlich kein Verstoß gegen die Besteuerungsgleichheit gegeben.

2. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben, § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Ende der Entscheidung

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