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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Sachsen
Urteil verkündet am 05.08.2009
Aktenzeichen: 7 K 1262/04
Rechtsgebiete: BierStG, HBeglG 2004, GG


Vorschriften:

BierStG § 2
BierStG § 7
HBeglG 2004 Art. 15
GG Art. 2 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 2
GG Art. 38 Abs. 1
GG Art. 42 Abs. 1
GG Art. 76 Abs. 1
GG Art. 77
GG Art. 100 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Finanzrechtsstreit

...

hat der 7. Senat

unter Mitwirkung

des Richters am Finanzgericht H als Vorsitzenden,

der Richter am Finanzgericht G und S sowie

der ehrenamtlichen Richter T und V

auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung

vom 5.8.2009

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob die Erhöhung der Sätze in § 2 Abs. 2 Biersteuergesetz (BierStG) durch das Haushaltsbegleitgesetz (HBeglG) 2004 in verfassungsgemäßer oder verfassungswidriger Weise zustande gekommen ist.

Die Steuersätze nach § 2 Abs. 2 BierStG in der ab 1.1.2004 gültigen Fassung beruhen auf Art. 15 des HBeglG 2004: Die Bundesregierung hat am 13.8.2003 den Entwurf des HBeglG 2004 beschlossen und am 15.8.2003 dem Bundesrat als eilbedürftige Vorlage gemäß Art. 76 Abs. 2 Satz 4 GG und am 8.9.2003 dem Bundestag zugeleitet (BR-Drs 652/03, Bl. 57 ff. d.A.; BT-Drs. 15/1502, Bl. 122 ff. d.A.). Der Gesetzentwurf sei besonders eilbedürftig, weil die erfolgreiche Umsetzung des Haushaltsstabilisierungskonzepts 2004 ein zeitgleiches Inkrafttreten mit dem Bundeshaushalt 2004 zum 1. Januar 2004 erfordere. Der Gesetzentwurf enthält keine Bezugnahme auf das BierStG.

Die erste Lesung des HBeglG 2004 im Bundestag fand am 9.9.2003 statt; das Gesetz ist in die zuständigen Ausschüsse überwiesen worden. In der parlamentarischen Debatte wurde durch den Bundesfinanzminister Eichel und die Abgeordneten Dr. Rexrodt und Schöler die Koch/Steinbrück-Arbeitsgruppe erwähnt (Plenarprotokoll 15/58). Am 12.9.2003 wurde das Gesetz in einer Sitzung des Haushaltsausschusses und am 24.9.2003 in einer Sitzung des Finanzausschusses des Bundestages behandelt.

In der Sitzung vom 26.9.2003 (Plenarprotokoll 791) hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme den Gesetzentwurf abgelehnt; die Bundesregierung hat hierzu eine Gegenäußerung vorgenommen und dem Bundestag am 1.10.2003 zugeleitet (BR-Drs 652/03; BT-Drs 15/1639, Bl. 158 ff. d.A.).

Am 30.9.2003 stellten die Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück das sogenannte "Koch -Steinbrück-Papier" im Haus des Bundesrates öffentlich vor. Darin ist im "Bereich I - Subventionsabbau" als Regelabbau eine Kürzung von Subventionen von 12% grds. in 3 Jahren vorgesehen. Dort ist als laufende Nummer 27 die Mengenstaffel bei der Biersteuer genannt, deren Subventionswirkung durch "Anhebung der gestaffelten Steuersätze um 12% in 3 Schritten" reduziert werden sollte ("Koch-Steinbrück-Papier", Anlage 9 zum Schriftsatz des Beklagten vom 12.8.2008, S. 21).

Am 8.10.2003 fand eine Anhörung im Haushaltsausschuss des Bundestages statt (Protokoll Nr. 15/27 des Haushaltsausschusses, Anlage 4 zum Schriftsatz des Beklagten vom 12.8.2008), am 15.10.2003 die abschließende Beratung des Finanzausschusses und des Haushaltsausschusses. Aus dem Bericht des Haushaltsausschusses vom 15.10.2003 (BT-Drs 15/1751, Bl. 208 ff. d.A.; Protokoll der 28. Sitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 15.10.2003, Anlage 5 zum Schriftsatz des Beklagten vom 12.8.2008) ergibt sich, dass die Landesminister Dieckmann (NRW) und Riedel (Hessen) das "Koch-Steinbrück -Papier" dem Ausschussvorsitzenden formal mit der Bitte überreicht hätten, es per Umdruck allen Abgeordneten zur Kenntnis zu geben (BT-Drs 15/1751, S. 4). Die CDU/CSU Fraktion hat erklärt, die Kurzvorstellungen der Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück zum Subventionsabbau durch die beiden Landesminister stelle keine Einbringung in das Verfahren dar, zumal die beiden Landesminister auf die Frage, ob es sich dabei um eine Stellungnahme zu dem vorliegenden Gesetzentwurf handele, dieses ausdrücklich nicht bestätigt hätten (BT-Drs 15/1751, S. 5).

Im Entschließungsantrag von Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU vom 14.10.2003 zur dritten Beratung des Gesetzentwurfs (BT-Drs 15/1752) wird beantragt,

der Bundestag wolle beschließen:

"1. ...

2. Die Bundesregierung wird aufgefordert,

- umgehend die inhaltliche Ausgestaltung der angekündigten gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der erforderlichen Einsparungen in der Rentenversicherung, zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und zur Umsetzung der Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück im parlamentarischen Verfahren offen zu legen und

- ein tragfähiges Konzept zur Finanzierung des Vorziehens der 3. Stufe der Steuerreform vorzulegen.

3. Die Beratungen werden ausgesetzt, bis die Novemberschätzungen und die von der Bundesregierung zu erarbeitenden Gesetzentwürfe vorliegen."

Im Entschließungsantrag von Abgeordneten und der Fraktion der FDP vom 15.10.2003 zur dritten Beratung des Gesetzentwurfs (BT-Drs 15/1753) wurde beantragt zu beschließen:

"1. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, ein überarbeitetes Konzept für eine solide Finanzierung zum Vorziehen der dritten Steuerreformstufe vorzulegen.

2. ...

3. Sämtliche Subventionen und staatliche Zuwendungen sind linear um 20% zu kürzen.

..."

Am 17.10.2003 fand die zweite und dritte Lesung des HBeglG 2004 im Bundestag statt, bei der das Gesetz angenommen wurde (Plenarprotokoll 15/67 (neu), Bl. 162 ff. d.A.). Dabei werden die Arbeiten der "Koch-Steinbrück-Arbeitsgruppe" durch den Bundesfinanzminister Eichel und die Abgeordnete Hajduk erwähnt (Plenarprotokoll 15/67 (neu), Bl. 162 ff. d.A.).

Im Finanzausschuss des Bundesrates stellten die Länder Hessen und Nordrhein-Westfalen am 23.10.2003 (Niederschrift der 779. Ausschusssitzung, Anlage 7 zum Schriftsatz des Beklagten vom 12.8.2008) den Antrag, den Vermittlungsausschuss einzuberufen "mit dem Ziel zu verlangen, die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück zum Abbau von Steuervergünstigungen und Finanzhilfen einzubeziehen, die in den Sitzungen des Haushaltsausschusses und des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 15. Oktober 2003 vorgelegt wurden". Daneben wurde der Antrag gestellt, die Einberufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung zu verlangen. Das Land Hessen gab zu Protokoll, die Vorschläge auch in das Gesetzgebungsverfahren zum Steueränderungsgesetz 2003 einzubringen. Beide Anträge wurden vom Finanzausschuss als Ausschussempfehlungen angenommen.

In der 793. Sitzung des Bundesrates am 7.11.2003 wird das "Koch-Steinbrück-Papier" mehrfach erwähnt. Bundesfinanzminister Eichel begrüßte den "weiteren Vorschlag" der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück. Er führte weiter aus: "Angesichts der heutigen Finanzlage - dies betone ich - werden wir alles kombinieren und weiter gehen müssen; wenn ich es richtig verstanden habe, war dies auch vorgesehen" (BR-Plenarprotokoll 739, S. 427). In dieser Sitzung wurde die Ausschussempfehlung beschlossen. Nach der Begründung des Anrufungsbeschlusses sind die Vorschläge der Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück im Haushaltsausschuss und im Finanzausschuss beraten worden (BR-Drs 729/03; BT-Drs 15/1992, Bl. 189 d.A.). Das "Koch -Steinbrück -Papier" selbst wurde der Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht beigefügt.

Der Vermittlungsausschuss gab dem Bundestag nach Sitzungen am 13.11.2003, 26.11.2003 , 10.12.2003, 14.12/ 15.12.2003 und am 16.12.2003, die Beschlussempfehlung, das HBeglG 2004 nach Maßgabe seiner Beschlüsse zu ändern (BT-Drs 15/2261). In der Beschlussempfehlung war in Artikel 8a - neu - die Änderung der Mengenstaffel in § 2 Abs. 2 BierStG - erstmalig in Form eines formulierten Gesetzestextes - enthalten.

Am 19.12.2003 nahm der Deutsche Bundestag nach "Debatte zu den Reformen in der Steuer-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik" in namentlicher Abstimmung die Gesetzesänderungen nahezu einstimmig an (592:2:1; BT-Plenarprotokoll 15/84, S. 7369, 7375 ff, Bl. 201 ff. d.A.). Zu Beginn der Debatte hatten die Abgeordneten Pau und Dr. Lötzsch die Absetzung u.a. des TOP 2 (HBeglG) beantragt, weil die Beschlussempfehlungen den Abgeordneten dieses Hauses "gestern um 20.45 Uhr" zugestellt worden seien. Dieser Geschäftsordnungsantrag wurde "mit den Stimmen des ganzen Hauses gegen die Stimmen der beiden Antrag stellenden Abgeordneten bei einigen Enthaltungen abgelehnt." Die Abgeordneten Ferner, Hagemann , Burchardt, Schmidt, die Abgeordneten Fricke und Kampeter und die Abgeordnete P hatten verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der erstmals im Vermittlungsausschuss eingebrachten Subventionskürzungen aus dem "Koch-Steinbrück-Papier" erhoben (Erklärungen nach § 31 GO, Anlagen 3, 4 und 5 zum Plenarprotokoll, S. 7440 f.). Die Abgeordnete Dr. Lötzsch kritisierte, dass ihr die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses nicht fristgerecht ("gestern Abend") zugeleitet wurden (S. 7370).

Der Bundesrat stimmte dem Gesetz am 19.12.2003 zu (BR-Plenarprotokoll 795). Zuvor hatte der Berichterstatter des Vermittlungsausschusses Dr. Wagner u.a. auf die Änderung des BierStG hingewiesen (Plenarprotokoll 795, S. 500, Bl. 207 d.A.).

Das HBeglG 2004 mit der in Art. 15 enthaltenen Änderung der ermäßigten Steuersätze des § 2 Abs. 2 BierStG wurde am 29.12.2003 ausgefertigt, am 31. Dezember 2003 verkündet und trat am 1. Januar 2004 in Kraft.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter der S . Er wendet sich gegen den Biersteuerbescheid vom 5.2.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.4.2004. Dieser Bescheid wurde ersetzt durch den Jahressteuerbescheid 2004 vom 7.2.2005, welcher durch Bescheid vom 5.4.2005 geändert wurde. Die S (Brauerei) gehörte zu den kleineren Brauereien auf dem deutschen Markt und agiert vor allem regional. Sie beschäftigte im Streitjahr 2004 9 Mitarbeiter und 3 Auszubildende. Kerngeschäft der Brauerei ist die Fassbierherstellung, das sie regional an Gaststätten liefert und die Flaschenbierherstellung.

Im Monat Januar 2004 hatte die Klägerin insgesamt 686,23 hl Bier aus dem Biersteuerlager entnommen. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5.2.2004 (Bl. 3 der Behördenakte) hat der Beklagte Biersteuer i.H.v. 4.356,13 EUR unter Anwendung der Steuersätze nach § 2 Abs. 2 BierStG in der ab 1.1.2004 gültigen Fassung festgesetzt.

Gegen den Steuerbescheid hat die Brauerei am 6.2.2004 Einspruch eingelegt, beschränkt auf den Unterschiedsbetrag, der sich aus der Differenz zwischen den ab 1.1.2004 angewandten Steuersätzen und den bis zum 31.12.2003 angewandten Steuersätzen ergibt. Das der Biersteuererhöhung zugrundeliegende Haushaltsbegleitgesetz 2004 sei formell und materiell verfassungswidrig. Zur Begründung nahm die Brauerei auf die Begründung der Verfassungsbeschwerde vom 21.2.2004 der G GmbH (Az.: 2 BvR 412/04) Bezug. Mit Einspruchsentscheidung vom 23.4.2004 (Bl. 111 der Behördenakte) hat der Beklagte den Einspruch zurückgewiesen.

Mit der am 27.5.2004 erhobenen Klage hat die Brauerei ihr Begehren weiter verfolgt. Sie hat vorgetragen, sie sei bereits 2002 wirtschaftlich in Bedrängnis geraten, weil das Elbehochwasser das von ihr im Rahmen von Bierlieferungsverträgen an Gaststätten zur Verfügung gestellte Inventar vernichtet habe. Die Änderung des Biersteuergesetzes durch Art. 15 HBeglG 2004 gefährde ihre wirtschaftliche Existenz erneut. Sie habe keine Möglichkeit gehabt, sich auf die neue Entwicklung einzustellen. Im gesamten parlamentarischen Verfahren bis zur Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses sei von einer Änderung des Biersteuergesetzes keine Rede gewesen. Erst die Nachtsitzung des Vermittlungsausschusses vom 14. zum 15.12.2003 habe dieses Ergebnis gebracht, ohne dass die Biersteueränderung zuvor Gegenstand der parlamentarischen Lesungen gewesen wäre. Das Gesetz sei am 31.12.2003 veröffentlicht worden und am 1.1.2004 in Kraft getreten. Eine Übergangsregelung zur Gewährleistung der nötigen Anpassungsmaßnahmen sei nicht vorgesehen. Sie sei nicht mehr in der Lage gewesen, die Steuererhöhung einzupreisen. Ihre gesamte kalkulatorische Geschäftsgrundlage sei zusammengebrochen, so dass sie von der Insolvenz bedroht sei. Art. 15 des HBeglG 2004 sei nicht formell verfassungsgemäß zustande gekommen und verstoße gegen Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 GG.

Das Bundesverfassungsgericht habe die dazu geltenden Anforderungen in seinem jüngsten Beschluss vom 15.1.2008 2 BvL 12/01 konkretisiert. Das Zustandekommen des HBeglG 2004 halte diese verfassungsrechtlichen Standards nicht ein. Dies ergebe sich bereits daraus, dass das durch den Vermittlungsausschuss in das Gesetz eingebrachte "Koch -Steinbrück -Papier" kein Gegenstand von "Anträge und Stellungnahmen der Abgeordneten" vor der Dritten Lesung des HBeglG 2004 im Bundestag gewesen sei. Das "Koch -Steinbrück -Papier" sei lediglich in zwei nichtöffentlichen Ausschusssitzungen als "intellektueller Beitrag" zweier nicht dem Bundestag angehöriger Personen vorgelegt worden, die zudem ausdrücklich bestätigten, dass es sich dabei nicht um eine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf gehandelt habe.

Pauschalerwähnungen der Arbeiten der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück vor dem 30.9.2003 (Vorstellung des Papiers) genügten nicht den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an eine Einbringung in das Gesetzgebungsverfahren durch Anträge und Stellungnahmen der Abgeordneten. Dies ergebe sich daraus, dass bis zum 30.9.2003 noch niemand wissen konnte, was überhaupt im "Koch-Steinbrück -Papier" stehen werde. Der allgemeine Begriff des Subventionsabbaus sei bekannt gewesen, welche Definition einer Subvention die Verfasser wählen würden, sei unklar geblieben. Dass darunter auch die Absenkung des ermäßigten Steuersatzes für kleine Brauereien verstanden werden solle, habe niemand ahnen könne. Die Erwähnungen der Liste bis zum 30.9.2003 könnten daher nicht ernsthaft als Einbringung dieser Liste in das Gesetzgebungsverfahren angesehen werden.

Da die zweite und dritte Lesung des HBeglG 2004 bereits am 17.10.2003 stattgefunden habe, sei somit nur noch zu prüfen, ob in der Zeit zwischen dem 30.9.2003 und dem 17.10.2003 das Gesetzgebungsverfahren durch "Anträge und Stellungnahmen von Abgeordneten" in einer Weise bestimmt worden sei, die den Abgeordneten des Deutschen Bundestages in Wahrnehmung ihrer aufgrund ihres freien Mandats obliegenden Verantwortung die Möglichkeit gegeben habe, einen solchen Antrag zu erörtern, Meinungen dazu zu vertreten, Regelungsalternativen vorzustellen und hierfür eine Mehrheit im Parlament zu suchen.

Die öffentliche Anhörung des Haushaltsausschusses am 8.10.2003 habe sich ausschließlich im Rahmen des vorliegenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung bewegt (Seite 348 d.A.). Eine Einbringung des "Koch-Steinbrück-Papiers" in das Gesetzgebungsverfahren sei nicht erfolgt. Der Haushaltsausschuss und der Finanzausschuss hätten sich am 15.10.2003 nicht mit Anträgen und Stellungnahmen der Abgeordneten zur Änderung des BierStG befasst (Bl. 349 ff. d.A.). Lediglich zwei nicht dem Parlament angehörige Personen hätten das "Koch-Steinbrück-Papier" als intellektuellen Beitrag vorgestellt. Es sei einer Stellungnahme eines Sachverständigen vergleichbar. Das "Koch-Steinbrück-Papier" sei den Mitgliedern des Deutschen Bundestags vor der Dritten Lesung nicht übermittelt worden.

Damit sei das durch den Vermittlungsausschuss in das HBeglG aufgenommene "Koch-Steinbrück-Papier" zuvor nicht Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens gewesen und habe nicht Gegenstand des Vermittlungsausschusses sein dürfen (Bl. 352 d.A.). Die Verfassungswidrigkeit werde noch deutlicher, wenn man berücksichtige, dass der Vermittlungsvorschlag dann sogar noch über das "Koch-Steinbrück -Papier" hinausgegangen sei. Die Liste habe eine Kürzung der jeweiligen Tatbestände in drei Schritten um jeweils 4% vorgesehen. Gegenstand des Vermittlungsvorschlags sei dann jedoch eine Kürzung von sofort 12% gewesen.

Die gesetzliche Grundlage sei auch deshalb verfassungswidrig, weil eine fehlende Übergangsbestimmung verhindert habe, dass sich die Brauereien auf eine Verminderung der Steuerermäßigungen hätten einstellen können (Bl. 355 d.A.).

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 27.5.2004, 9.9.2008 und vom 10.12.2008, 9.1.2009 verwiesen. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 9.1.2009 dem Gericht einen Schriftsatz vom 12.12.2008 des Hauptzollamts L an das FG Baden-Württemberg - Außensenate Freiburg - im dortigen Verfahren 11 K 1236/08 übergeben, in dem dieser die Übermittlung des "Koch-Steinbrück-Papiers" an die Mitglieder des Haushalts- und Finanzausschusses sowie die übrigen Bundestagsabgeordneten dargestellt hat (Bl. 402 ff. d.A.).

Mit dem Bescheid für Biersteuer für das Kalenderjahr 2004 vom 7.2.2005, geändert durch Bescheid vom 5.4.2005, hat der Beklagte ausgehend von einer Gesamtjahreserzeugung der Brauerei von 14.646,07 hl die Biersteuer auf 91.030,37 EUR festgesetzt. Das Amtsgericht D hat am 1.10.2006 über das Vermögen der S das Insolvenzverfahren eröffnet und den Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schriftsatz vom 30.4.2008 hat der Kläger das nach § 240 ZPO analog unterbrochene Verfahren aufgenommen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid für Biersteuer für das Kalenderjahr 2004 vom 7.2.2005, geändert durch Bescheid vom 5.4.2005, dahingehend abzuändern, dass die Biersteuer in der Höhe festgesetzt wird, die sich bei Anwendung der bis zum 31.12.2003 geltenden Steuersätze ergibt; den Rechtstreit auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art 100 Abs. 1 GG einzuholen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Änderung des § 2 BierStG durch Art. 15 HBeglG 2004 vom 29.12.2003 sei in formell verfassungsgemäßer Weise zustandegekommen. Eine Überschreitung der Kompetenzen des Vermittlungsausschusses habe nicht vorgelegen. Das Verfahren habe den vom BVerfG im Beschluss vom 15. Januar 2008 (2 BvL 12/01, BFH/NV 2008, 248) aufgestellten Anforderungen genügt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 12.8.2008 und vom 26.11.2008 verwiesen.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 26.1.2009 das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das beim Bundesfinanzhof anhängige Revisionsverfahren VII R 4/09 beantragt. Der Kläger hat die Fortsetzung des Verfahrens im Hinblick auf den bislang nicht berücksichtigten Aspekt erbeten, dass den Abgeordneten des Deutschen Bundestages das "Koch-Steinbrück -Papier" vor der Dritten Lesung nicht zugeleitet worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte 7 K 1262/04 und die Steuerakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid für Biersteuer für das Kalenderjahr 2004 vom 7.2.2005, geändert durch Bescheid vom 5.4.2005, der den Biersteuerbescheid für Januar 2004 vom 5.2.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23.4.2004 ersetzt hat, § 68 Satz 1 FGO (vgl. FG des Saarlandes , Urteil vom 25. November 2008, 2 K 2284/04, StE 2009, 51 -[...]), ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 FGO.

1. Der Beklagte hat die Biersteuer dem Grunde und der Höhe nach zutreffend festgesetzt. Die S wurde zutreffend als Abgabenschuldnerin nach § 7 BierStG i.V.m. § 2 BierStG in Anspruch genommen. Nach § 2 Absatz 1 Satz 2 BierStG beträgt die Biersteuer je Hektoliter Bier 0,787 Euro je Grad Plato, dem Stammwürzegehalt des Bieres in Gramm je 100 Gramm Bier (§ 2 Abs. 1 Satz 3 BierStG). Abweichend hiervon war auf die Schwerter Brauerei Wohlers KG mit einer Gesamtjahreserzeugung von 14.646,07 hl im Streitjahr 2004 nach § 2 Abs. 2 BierStG ein ermäßigter Steuersatz für Bier aus unabhängigen Brauereien mit einer Gesamtjahreserzeugung von weniger als 200.000 Hektolitern anzuwenden. Die Festsetzung entspricht den ab 1.1.2004 aufgrund der Änderung durch Art. 15 HBeglG 2004 vom 29.12.2003 (BGBl. I 2003, 3076, 3086) anzuwendenden ermäßigten Steuersätzen des § 2 Abs. 2 BierStG.

2. Der Senat ist nicht von der Verfassungswidrigkeit des Art. 15 HBeglG 2004 vom 29.12.2003 überzeugt, so dass das Verfahren nicht nach Art 100 Abs. 1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen war. Art. 15 HBeglG 2004 vom 29.12.2003 ist in verfassungsgemäßer Weise zustande gekommen. Der Vermittlungsausschuss hat mit seinen Beschlussempfehlungen im Verfahren zum Erlass des HBeglG 2004 seine verfassungsrechtlichen Kompetenzen nicht überschritten.

Das Bundesverfassungsgericht hat zu den Kompetenzen des Vermittlungsausschusses ausgeführt (BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 2 BvL 12/01, BVerfGE 120, 56, BGBl. I 2008, 481): Die Kompetenzen des Vermittlungsausschusses und ihre Grenzen sind in der Verfassung nicht ausdrücklich geregelt. Sie ergeben sich aber aus der Funktion und Stellung des Gremiums im Gesetzgebungsverfahren. Die Einrichtung des Vermittlungsausschusses beruht auf der bundesstaatlichen Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens, wonach der Vermittlungsausschuss die Aufgabe hat, im Falle unterschiedlicher Auffassungen zwischen Bundestag und Bundesrat einen Einigungsvorschlag zu erarbeiten, über den der Bundestag sodann erneut zu beschließen hat (Art. 77 Abs. 2 Satz 5 GG). Der Vermittlungsausschuss hat demgemäß im Gesetzgebungsverfahren zwar keine Entscheidungskompetenz, wohl aber eine den Kompromiss vorbereitende, ihn aushandelnde und faktisch gestaltende Kompetenz. Diese jeder Vermittlungstätigkeit innewohnende faktische Gestaltungsmacht ist durch die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens beschränkt. So verfügt der Vermittlungsausschuss über kein eigenes Gesetzesinitiativrecht, sondern wird nur tätig, sofern er nach der Zustimmung des Bundestages zu einem Gesetzentwurf (Art. 77 Abs. 1 GG) von einem der in Art. 76 Abs. 1 GG genannten Initiativberechtigten angerufen wird. Ihm kommt daher lediglich die Aufgabe zu, auf der Grundlage dieses Gesetzesbeschlusses und des vorherigen Gesetzgebungsverfahrens Änderungsvorschläge zu erarbeiten, die sich sowohl im Rahmen der parlamentarischen Zielsetzung des Gesetzgebungsvorhabens bewegen als auch die jedenfalls im Ansatz sichtbar gewordenen politischen Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat ausgleichen. Andernfalls würde der von Verfassungs wegen gebotene Zusammenhang zwischen der öffentlichen Debatte im Parlament und der späteren Schlichtung zwischen den an der Gesetzgebung beteiligten Verfassungsorganen aufgelöst, und zwar zulasten der öffentlichen Beobachtung des Gesetzgebungsverfahrens, denn der Vermittlungsausschuss tagt im Interesse der Effizienz seiner Arbeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit, er muss seine Empfehlungen auch nicht unmittelbar vor der Öffentlichkeit verantworten. Zur Wahrung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, der Rechte der Abgeordneten, der Öffentlichkeit der parlamentarischen Debatte und damit der demokratischen Kontrolle der Gesetzgebung darf der Vermittlungsausschuss daher lediglich solche Änderungen, Ergänzungen oder Streichungen des Gesetzesbeschlusses vorschlagen, die sich im Rahmen des Anrufungsbegehrens und des Gesetzgebungsverfahrens bewegen. Der Vermittlungsvorschlag darf weder zu einer Verlagerung der Entscheidungen in den Ausschuss und damit zu einer Entparlamentarisierung führen noch dazu, dass der Bundesrat ohne Beteiligung des Bundestages Einfluss auf die Gesetzgebung nehmen kann (BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 2 BvL 12/01, BVerfGE 120, 56, BGBl. I 2008, 481; vgl. BFH-Beschluss vom 27. August 2008 I R 33/05, BFH/NV 2009, 89, jeweils m.w.N.).

Das zum Anrufungsbegehren führende Gesetzgebungsverfahren wird durch die zuvor dort eingeführten Anträge und Stellungnahmen der Abgeordneten, aber auch des Bundesrates sowie im Falle einer Regierungsvorlage gegebenenfalls der Bundesregierung bestimmt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welcher Form der Bundestag die Anträge und Stellungnahmen in seinem Gesetzesbeschluss berücksichtigt hat. Entscheidend ist allein, dass sie im Gesetzgebungsverfahren vor dem Gesetzesbeschluss bekannt gegeben worden sind und die Abgeordneten in Wahrnehmung ihrer ihnen aufgrund ihres freien Mandats obliegenden Verantwortung die Möglichkeit hatten, diese zu erörtern, Meinungen zu vertreten, Regelungsalternativen vorzustellen und hierfür eine Mehrheit im Parlament zu suchen. Diese Möglichkeit wird verschlossen, wenn Regelungsgegenstände erst nach der letzten Lesung des Bundestages in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt werden. Die Abgeordneten werden stattdessen mit einem fertigen Gesetzentwurf konfrontiert, dessen einzelne Bestandteile sie in diesem Verfahrensabschnitt nicht mehr in das übliche Beratungsverfahren aufnehmen können. Dies ist nur vertretbar, wenn es sich sämtlich um Regelungsgegenstände handelt, die jedenfalls dem Grunde nach im Gesetzgebungsverfahren erkennbar geworden sind. Andernfalls können auch keine Meinungsverschiedenheiten zwischen Bundestag und Bundesrat bestehen, auf deren Ausgleich das Vermittlungsverfahren zielt, da das Parlament mit dem Regelungsgegenstand noch nicht befasst war (BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 2 BvL 12/01, BVerfGE 120, 56, BGBl. I 2008, 481; vgl. BFH-Beschluss vom 27. August 2008 I R 33/05, BFH/NV 2009, 89, jeweils m.w.N.).

Die Kompetenz des Vermittlungsausschusses beschränkt sich danach darauf, mit dem Beschlussvorschlag eine Brücke zwischen Regelungsalternativen zu schlagen, die bereits zuvor in den Gesetzgebungsorganen erörtert worden oder jedenfalls erkennbar geworden sind. Der Vermittlungsausschuss darf mit seinem Vorschlag weder ein ihm nicht zustehendes Gesetzesinitiativrecht beanspruchen noch das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren verkürzen und der öffentlichen Aufmerksamkeit entziehen. Der Vermittlungsvorschlag muss so ausgestaltet sein, dass er dem Bundestag aufgrund der dort zu führenden parlamentarischen Debatte zurechenbar ist. Er ist deshalb durch diejenigen Regelungsgegenstände begrenzt, die bis zur letzten Lesung im Bundestag in das jeweilige Gesetzgebungsverfahren eingeführt waren. Dies muss nicht in Form eines ausformulierten Gesetzentwurfs erfolgen. Der Regelungsgegenstand muss aber so bestimmt sein, dass seine sachliche Tragweite dem Grunde nach erkennbar wird (BVerfG-Beschluss vom 15. Januar 2008 2 BvL 12/01, BVerfGE 120, 56, BGBl. I 2008, 481; vgl. BFH-Beschluss vom 27. August 2008 I R 33/05, BFH/NV 2009, 89, jeweils m.w.N.).

Gemessen daran ist die Änderung der ermäßigten Steuersätze in § 2 Abs. 2 BierStG ohne Verstoß gegen den Parlamentsvorbehalt (Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 42 Abs. 1 Satz 1, Art. 76 Abs. 1 und Art. 77 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 5 GG) erfolgt. Der Vermittlungsausschuss hat durch die Einbeziehung des "Koch -Steinbrück -Papiers" in seine Beratungen und einzelner Gegenstände in die Beschlussempfehlung vom 16.12.2003 seine durch das Grundgesetz gezogenen Grenzen nicht überschritten. Der Anrufungsbeschluss ist nicht unzulässig und der Vermittlungsausschuss hat kein Gesetzesinitiativrecht in Anspruch genommen (FG des Saarlandes , Urteil vom 25. November 2008 2 K 2284/04, StE 2009, 51 - [...]).

Die Änderung der Mengenstaffel des § 2 Abs. 2 BierStG war in hinreichender Form in das Gesetzgebungsverfahren eingeführt worden, indem über das "Koch -Steinbrück-Papier" und damit mittelbar auch über diese Subventionskürzung im Bundestag und im Bundesrat sowie in den jeweiligen Ausschüssen gesprochen wurde:

Die Änderung des § 2 Abs. 2 BierStG war im "Koch-Steinbrück-Papier" unter der laufenden Nummer 27 enthalten. Das "Koch-Steinbrück -Papier" wurde öffentlich vorgestellt und war jedem Interessierten zugänglich. Bereits während der ersten Lesung des HBeglG 2004 im Bundestag am 9.9.2003 haben der Bundesfinanzminister Eichel und die Abgeordneten Dr. Rexrodt und Schöler die Koch/Steinbrück-Arbeitsgruppe und deren zu erwartende Ergebnisse im Zusammenhang mit der Gegenfinanzierung des im HBeglG vorgesehenen Vorziehens der dritten Stufe der Einkommensteuerreform erwähnt. Im Gesetzentwurf bereits vorgesehene Subventionskürzungen (Eigenheimzulage und Pendlerpauschale) sowie die Frage der generellen Notwendigkeit von Subventionskürzungen wurden in der Debatte intensiv diskutiert. Dabei wurde von Bundesfinanzminister Eichel ausdrücklich auf zu erwartende Vorschläge "aus der von den Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück initiierten Arbeitsgruppe" hingewiesen. Ein Streitpunkt in den jeweiligen kontrovers geführten Debatten war die Frage, in welchem Umfang das Vorziehen der dritten Stufe der Steuerreform kreditfinanziert werden kann bzw. in welchem Umfang weitere Subventionskürzungen erfolgen sollten.

Nach der Veröffentlichung des Papiers wurde bereits in der 27. Sitzung des Haushaltsausschusses durch den Abgeordneten Schöler auf die "Liste der Subventionskürzungen" hingewiesen. Das "Koch -Steinbrück-Papier" wurde durch die Landesminister Dieckmann (NRW) und Riedel (Hessen) im Haushaltsausschuss und im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages am 15.10.2003 vorgestellt. Das "Koch-Steinbrück-Papier" sollte in die Beratung einbezogen werden als "ein Teil des Gesetzgebungsverfahrens". Der Bericht des Haushaltsausschusses vom 16.10.2003 enthielt daraufhin mehrfach Bezüge zum "Koch -Steinbrück -Papier", namentlich den Hinweis der Koalitionsfraktionen "dass für Koch -Steinbrück im Haushaltsentwurf 2004 bereits eine Platzhalterposition ausgewiesen sei" und "dass die Koch-Steinbrück-Liste der Steuersubventionskürzungen eins zu eins umgesetzt werden solle...". Die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP hingegen beanstandeten, dass "die Kurzvorstellungen der Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch/Steinbrück zum Subventionsabbau durch die beiden anwesenden Landesminister aus Nordrhein-Westfalen und Hessen keine Einbringung in das parlamentarische Verfahren darstellen...". Deren Antrag auf "inhaltliche Ausgestaltung der angekündigten gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der erforderlichen Einsparungen in der Rentenversicherung, zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und zur Umsetzung der Vorschläge der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück im parlamentarischen Verfahren..." wurde im Ausschuss abgelehnt.

Darüber hinaus wurde dieser Antrag wortgleich im Rahmen des Entschließungsantrags von Abgeordneten und der Fraktion der CDU/CSU vom 14.10.2003 zur dritten Beratung des Gesetzentwurfs gestellt. Im Entschließungsantrag von Abgeordneten und der Fraktion der FDP vom 15.10.2003 zur dritten Beratung des Gesetzentwurfs (BT-Drs 15/1753) wurde zudem beantragt zu beschließen, "... Sämtliche Subventionen und staatliche Zuwendungen sind linear um 20% zu kürzen.

..."

Unabhängig vom Streit zwischen Koalitionsfraktionen und Opposition um die Einbeziehung des "Koch -Steinbrück -Papiers" in das Gesetzgebungsverfahren, musste demzufolge bei der anschließend am 17.10.2003 stattfindenden zweiten und dritten Lesung des HBeglG 2004 im Bundestag jedem Abgeordneten die Bedeutung des "Koch -Steinbrück-Papiers" für die Gegenfinanzierung der im HBeglG 2004 vorgesehenen Steuersenkung bewusst sein. Tatsächlich haben Bundesfinanzminister Eichel und die Abgeordnete Hajduk wiederum das "Koch -Steinbrück -Papier" erwähnt.

Der Senat schließt sich der Auffassung des FG des Saarlandes an (FG des Saarlandes , Urteil vom 25. November 2008, 2 K 2284/04, StE 2009, 51 -[...]), wonach es nicht von Bedeutung ist, ob mit dem Verteilen des "Koch -Steinbrück -Papiers" an alle Abgeordneten des Haushaltsausschusses eine Einbringung in das parlamentarische Verfahren gewollt war oder bereits zu diesem Zeitpunkt erfolgt ist. Denn es wurde sowohl in der ersten als auch in der zweiten und dritten Lesung über das "Koch -Steinbrück-Papier" gesprochen. Ob und inwieweit dabei auf den Inhalt im Einzelnen tatsächlich eingegangen wurde, ist für die Einbeziehung der Mengenstaffel der Biersteuer in das Gesetzgebungsverfahren letztlich ohne Bedeutung, da es allen Abgeordneten unbenommen geblieben war, auf Einzelheiten einzugehen. Ebenfalls unerheblich ist es, ob einzelne Abgeordnete bereits zuvor davon ausgegangen sind, dass die Befassung mit den Vorschlägen des "Koch -Steinbrück -Papiers" im Detail erst im Rahmen der Arbeit des Vermittlungsausschusses erfolgen würde. Denn eine Kenntnisnahme der Vorschläge der Arbeitsgruppe und eine Diskussion darüber wären auch schon zuvor möglich gewesen.

Darüber hinaus hat der ebenfalls initiativberechtigte Bundesrat in seiner 793. Sitzung am 7.11.2003 nach vorheriger Diskussion die Anrufung des Vermittlungsausschusses unter ausdrücklicher Einbeziehung des "Koch -Steinbrück -Papiers" beschlossen. Spätestens mit der Einbeziehung des "Koch -Steinbrück -Papiers" in den Anrufungsbeschluss ist es insoweit formal Inhalt des Gesetzgebungsverfahrens geworden, dass die darin enthaltenen Vorschläge wie Bestandteile einer Stellungnahme des Bundesrates anzusehen sind (FG des Saarlandes , Urteil vom 25. November 2008, 2 K 2284/04, StE 2009, 51 -[...]).

Der Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, es habe niemand ahnen können, dass die Absenkung der Ermäßigung des Steuersatzes für kleine Brauereien als Subvention zu verstehen sei. Diese Steuerermäßigung ist Bestandteil des Subventionsberichts der Bundesregierung (Anlage 2 lfd. Nr. 46 des 18. Subventionsberichts für die Jahre 1999 bis 2002). Dass mit allen dort enthaltenen Subventionen bei der Diskussion eines Subventionsabbaus auch die Mengenstaffel auf dem Prüfstand stehen würde, war für die Brauereien nicht unvorhersehbar.

Der Vermittlungsausschuss ist mit seinem Vorschlag auch im Rahmen des Anrufungsbegehrens und der bestehenden Differenzen zwischen Bundestag und Bundesrat geblieben, denn die in Art. 8 a - neu - der Beschlussempfehlung zum HBeglG 2004 enthaltene Änderung der Mengenstaffel in § 2 Abs. 2 BierStG war im "Bereich I - Subventionsabbau" als laufende Nummer 27 enthalten. Ihre Subventionswirkung sollte danach durch "Anhebung der gestaffelten Steuersätze um 12% in 3 Schritten" reduziert werden. Zwar ging der Vermittlungsvorschlag insoweit darüber hinaus, dass die Anhebung der gestaffelten Steuersätze in einem Schritt erfolgte. Da jedoch auf eine Eingrenzung des Vermittlungsgegenstandes verzichtet werden kann, kann der Vermittlungsausschuss Ergänzungen und Erweiterungen des ursprünglichen Gesetzesbeschlusses vorschlagen (vgl. FG des Saarlandes , Urteil vom 25. November 2008, 2 K 2284/04, StE 2009, 51 -[...] m.w.N.; Dietlein in Epping/Hillgruber, BeckOK GG, Art. 77, Rn 39).

Das HBeglG 2004 ist auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil es den Abgeordneten des Deutschen Bundestages erst am 18.12.2003 ("gestern um 20.45 Uhr") zugestellt worden war. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben in der Kenntnis dieses Umstandes indes den Antrag der Abgeordneten Pau und Dr. Lötzsch auf Absetzung der Abstimmung über das HBeglG 2004 abgelehnt. Es handelt sich dabei um eine autonome Entscheidung der Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die unter Berücksichtigung des bestehenden Zeitdrucks eigenverantwortlich entschieden haben, dass die Vorbereitungszeit ausreichend gewesen sei.

3. Durch Art. 15 HBeglG ist die Brauerei nicht in ihren Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt worden.

Eine Verletzung des Art. 14 GG liegt schon deshalb nicht vor, weil es bereits an einem Eingriff in den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts fehlt. Die Eigentumsgarantie schützt nicht das Vermögen gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten, beispielsweise infolge neuer oder erhöhter Steuern oder Abbau von Steuersubventionen. Vielmehr fällt die Erwartung, dass ein Unternehmen auch in Zukunft rentabel betrieben werden kann, nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG-Beschluss vom 25. Juli 2007 1 BvR 1031/07, NVwZ 2007, 1168; Beschluss vom 8. Juni 1988 2 BvL 9/85, 2 BvL 3/86, NJW 1988, 2529 ). Art. 14 Abs. 1 GG schützt zwar ausnahmsweise dann gegen die Auferlegung von Geldleistungspflichten, wenn diese den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse so grundlegend beeinträchtigen, dass ihnen eine erdrosselnde Wirkung zukommt. Das ist jedoch vorliegend nicht der Fall, denn die Steuerentlastung kleinerer Brauereien wurde nicht vollständig abgeschafft, sondern weitestgehend beibehalten. Dies wird daran deutlich, dass der ursprünglich streitige Unterschiedsbetrag für Januar 2004 lediglich 470,08 EUR betrug. Dies entspricht bei einem Monatsausstoß im Januar 2004 von 69.142 l einer Subventionskürzung für die Klägerin von etwa 0,68 Cent/l. Dass in dieser Subventionskürzung keine übermäßige Belastung zu sehen ist, liegt auf der Hand. Darüber hinaus kann der Biersteuer insgesamt keine erdrosselnde Wirkung zukommen, weil sie im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten sehr niedrig ist. Sie hat sich seit 1950 in der Höhe nicht geändert und hat gegenwärtig, auf die Mengeneinheit bezogen, den Charakter einer Bagatellsteuer (BFH-Urteil vom 5. August 2002 VII R 105/99, ZfZ 2003, 17).

Die Änderung der Mengenstaffel greift auch nicht in den Schutzbereich der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ein, denn Art. 12 Abs. 1 GG schützt die Berufsfreiheit grundsätzlich nicht vor Veränderungen der Marktdaten und Rahmenbedingungen der unternehmerischen Entscheidungen. In der bestehenden Wirtschaftsordnung umschließt das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG das berufsbezogene Verhalten der Unternehmen am Markt nach den Grundsätzen des Wettbewerbs. Marktteilnehmer haben aber keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben. Insbesondere gewährleistet das Grundrecht keinen Anspruch auf eine erfolgreiche Marktteilhabe oder auf künftige Erwerbsmöglichkeiten. Vielmehr unterliegen die Wettbewerbsposition und damit auch die erzielbaren Erträge dem Risiko laufender Veränderung je nach den Verhältnissen am Markt und damit nach Maßgabe seiner Funktionsbedingungen. Demgegenüber ist der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG berührt, wenn Normen, die die Berufstätigkeit selbst unberührt lassen, aber Rahmenbedingungen der Berufsausübung verändern, infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv berufsregelnde Tendenz entfalten oder bei faktischen oder mittelbaren Beeinträchtigungen in ihrer Zielsetzung und ihren Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent gleichkommen (BVerfG-Beschluss vom 25. Juli 2007 1 BvR 1031/07, NVwZ 2007, 1168 m.w.N.).

Der Mengenstaffel kommt keine berufsregelnde Tendenz in diesem Sinne zu, denn die mit der Biersteuerpflicht verbundene wirtschaftliche Belastung trifft sämtliche subventionierten Brauereien gleichermaßen. Zudem sind die Subventionen für alle subventionierten Betriebe im gleichen Umfang gekürzt worden, auch wenn im Einzelfall die Auswirkungen unterschiedlich sein können. Solche Unterschiede ergaben sich - je nach der tatsächlichen Jahresproduktion - aber auch schon in der Vergangenheit, wenn eine Stufe in der Mengenstaffel überschritten wurde (vgl. FG des Saarlandes , Urteil vom 25. November 2008, 2 K 2284/04, StE 2009, 51 -[...]).

Die Änderung der Mengenstaffel verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, denn die allgemeine Erwartung des Bürgers, das geltende Recht werde unverändert fortbestehen, ist verfassungsrechtlich nicht geschützt; dies gilt auch im Bereich des Steuerrechts. Steuerpflichtige können grundsätzlich nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber steuerliche Vergünstigungen, die er zu sozial- oder wirtschaftspolitischen Zwecken gewährt, uneingeschränkt auch für die Zukunft aufrechterhält. Insbesondere dann, wenn die beeinträchtigte Rechtsposition auf staatlicher Gewährung beruht, geht der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz nicht so weit, den Steuerpflichtigen vor jeder Enttäuschung zu bewahren (BVerfG-Beschluss vom 25. Juli 2007 1 BvR 1031/07, BVerfGE 110, 274, NVwZ 2004, 846 m.w.N.).

Angesichts der langen Diskussionen über den Subventionsabbau in Deutschland, konnten die kleineren Brauereien nicht darauf vertrauen, dass die Mengenstaffel weiterhin in der bisherigen Form geregelt sein würde. Hinzu kommt, dass der Markterfolg nur unwesentlich von der Höhe der Biersteuer abhängig ist, sondern maßgeblich von der eigenen Kostensituation, der Entwicklung der Rohstoffpreise und dem von einem starken Wettbewerb geprägten Umfeld. Eine Übergangslösung zum stufenweisen Abbau der Subvention war angesichts des geringen Umfangs von 12 Prozent nicht notwendig.

Die Kürzung der Mengenstaffel verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG: Will der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm aus wirtschafts-, sozial-, umwelt-, oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist, hat er eine große Gestaltungsfreiheit. In der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen durch finanzielle Zuwendung oder Verschonung von Besteuerung des Staates gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei. Zwar bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Das bedeutet jedoch nur, dass er seine Leistungen und Befreiungen nicht nach unsachlichen Gesichtspunkten, also nicht willkürlich verteilen darf. Diese Erwägungen gelten auch dann, wenn der Gesetzgeber eine Subvention steuerrechtlich durch Befreiung verwirklicht, statt eine direkte finanzielle Zuwendung vorzunehmen. Grundsätzlich führt die Streichung einer steuerlichen Begünstigung zur Herstellung größerer Gleichheit, sofern sich nicht ausnahmsweise auf Grund eines anderen Rechts eine Pflicht zur Ungleichbehandlung herleiten lässt (BVerfG-Beschluss vom 25. Juli 2007 1 BvR 1031/07, NVwZ 2007, 1168 m.w.N.).

Vorliegend hat der Gesetzgeber indes durch die Kürzung der Mengenstaffel die aus zulässigen finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen gerechtfertigte Ungleichbehandlung von kleineren und größeren Brauereien vermindert. Damit hat der Gesetzgeber seine Gestaltungsfreiheit bei der Differenzierung der Steuerbelastung mit der Biersteuer nach der Größe der Brauereien nicht verletzt. Die Klägerin wird als kleinere Brauerei weiterhin gegenüber den größeren Brauereien durch eine Steuerentlastung bevorzugt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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