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Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 01.10.2009
Aktenzeichen: 1 K 106/07
Rechtsgebiete: KStG, EStG


Vorschriften:

KStG § 5 Abs. 1
KStG § 6 Abs. 5
KStG § 6 Abs. 6
KStG § 10
EStG § 4d
Satzungsmäßige Leistungen einer Unterstützungskasse im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 KStG in der Rechtsform der GmbH sind keine Betriebsausgaben. Sie fallen unter das Abzugsverbot des § 10 Nr. 1 KStG. Soweit sich hierdurch im Falle der Überdotierung des Kassenvermögens gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe e) i.V.m. § 6 Abs. 5 KStG eine partielle Steuerpflicht ergibt, beruht diese auf beachtlichen, nicht zu beanstandenden Erwägungen des Gesetzgebers. Die Besteuerung der Unterstützungskasse ist bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung systemgerecht. Sie kann zudem durch eine gemäß § 6 Abs. 6 KStG zulässige Vermögensrückübertragung auf das Trägerunternehmen während des laufenden Geschäftsjahres vermieden werden. Eine einschränkende Auslegung des § 10 Nr. 1 KStG ist deshalb nicht geboten.
In dem Rechtsstreit

...

hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 1. Oktober 2009

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob satzungsmäßige Zuwendungen einer Unterstützungskasse unter das Abzugsverbot des § 10 Nr. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) fallen.

Die Klägerin ist eine nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Ziffer 3 KStG von der Körperschaftsteuer (KSt) befreite Unterstützungskasse. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Gewährung einmaliger oder laufender Unterstützung an Mitarbeiter der X GmbH & Co. KG sowie an ehemalige Mitarbeiter dieser Firma oder ihrer Rechtsvorgänger. Gemäß § 10 ihrer Satzung erbringt sie Leistungen nach pflichtgemäßem Ermessen nach Maßgabe des Gesellschaftsvermögens und der jeweils gültigen Bestimmungen für soziale Betriebsunterstützungskassen. Auf den näheren Inhalt der Satzung wird verwiesen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass am Schluss des Streitjahres 2002 das Kassenvermögen der Klägerin gemessen am Maßstab des § 5 Abs. 1 Ziffer 3 Buchstabe e) KStG um 3,26% überdotiert ist, so dass nach § 6 Abs. 5 KStG eine partielle Steuerpflicht besteht.

Die Klägerin erzielte in 2002 unter Einbeziehung einer Gewerbesteuerrückstellung einen Verlust in Höhe von 364.060 Euro. Der Verlust beruhte maßgeblich auf als Betriebsausgaben verbuchten Unterstützungsleistungen in Höhe von 508.110 Euro. Der Beklagte - das Finanzamt (FA) - veranlagte sie zunächst antragsgemäß (KSt-Bescheid 2002 vom 5. April 2004), jedoch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach Überprüfung der Besteuerung ging es in Ansehung der Unterstützungsleistungen von einem Abzugsverbot gemäß § 10 Nr. 1 KStG aus und setzte die KSt 2002 mit gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 20. Dezember 2004 auf 1.179 Euro und den Solidaritätszuschlag (SolZ) zur KSt 2002 auf 64,84 Euro fest. Auf den Einspruch der Klägerin vom 17. Januar 2005 reduzierte das FA mit geändertem Bescheid vom 8. März 2007 die KSt 2002 auf 1.008 Euro und den SolZ zur KSt 2002 auf 55,44 Euro. Der Gesamtbetrag der nichtabziehbaren Aufwendungen wurde darin weiterhin mit 508.110 Euro in Ansatz gebracht. Mit Einspruchsentscheidung vom 15. März 2007 wies das FA den weitergehenden Einspruch zurück: Das Abzugsverbot gemäß § 10 Nr. 1 KStG sei einschlägig. Die Unterstützungsleistungen der Klägerin seien nicht als Betriebsausgaben zu qualifizieren, weil sie nicht dazu bestimmt seien, der gewerblichen Betätigung der Klägerin zu dienen. Ihre Leistungen würden ohne Gegenleistung der Empfänger gezahlt. Auf den näheren Inhalt der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.

Mit der am 17. April 2007 erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:

Das Abzugsverbot gemäß § 10 Nr. 1 KStG betreffe den Grenzbereich zur Einkommensverwendung, welcher entsprechend der Aussage des § 12 EStG der privaten, außersteuerlichen Ebene zuzurechnen sei. Vom Abzug ausgeschlossen seien solche Aufwendungen, welche ihrer Art nach als Einkommensverwendung zu qualifizieren seien, nicht aber Betriebsausgaben. Vorrangiges Anwendungsgebiet der Vorschrift sei die zuwendende Betätigung der Vereine, Stiftungen und anderer Zweckvermögen. Für die Tätigkeit von Kapitalgesellschaften sei das Abzugsverbot regelmäßig nicht einschlägig. Die Abgrenzung der gewerblichen von der gesellschaftsrechtlichen Sphäre habe hier vorrangig anhand der speziellen Regelung des § 8 Abs. 3 KStG zu erfolgen. Ihre Unterstützungsleistungen seien bei zutreffender Würdigung als echte Betriebsausgaben zu qualifizieren und dementsprechend vollumfänglich zum Abzug zuzulassen. Sie sei insbesondere auch in Ansehung der vom Trägerunternehmen übernommenen Aufgabe, nämlich der Durchführung eines Teils der betrieblichen Altersversorgung, gewerblich tätig. Die Zuwendungen des Trägerunternehmens aus früheren Jahren seien als Betriebseinnahmen zu qualifizieren. Umgekehrt seien die Leistungen der Klägerin an die ehemaligen Arbeitnehmer des Trägerunternehmens als Betriebsausgaben anzusehen. Soweit im Streitzeitraum keine Zuwendung des Trägerunternehmens an sie erfolgt sei, ergebe sich auch keine Änderung der Veranlagung. Die teilweise in Verwaltungserlassen niedergelegte gegenläufige Auffassung sei durch das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. Dezember 1991 I R 68/89, BStBl II 1992, 744 überholt. Der BFH habe klargestellt, dass es sich bei den Zuwendungen des Trägerunternehmens an seine Unterstützungskasse nicht um Einlagen, sondern um betrieblich veranlasste Aufwendungen handele. Auf den Schriftsatz der Klägerin vom 29. Mai 2007 wird Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die geänderten Bescheide für 2002 über KSt und SolZ vom 20. Dezember 2004 und vom 8. März 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. März 2007 aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Hinweis auf das Urteil BFH, BStBl II 1992, 744 rechtfertige keine andere Beurteilung. Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben seien durch einen kausalen Zusammenhang dergestalt definiert, dass der Steuerpflichtige durch die Aufwendungen in die Lage versetzt werde, Einnahmen zu erzielen, und er umgekehrt mittels der Einnahmen die Ausgaben leisten könne. Diese Voraussetzungen seien hier schon deshalb nicht gegeben, weil die Zuwendungsempfänger keinen Rechtsanspruch auf Leistungen der Klägerin hätten. Umgekehrt habe die Klägerin die gewährten Unterstützungsleistungen auch nicht allein aus den Zuwendungen des Trägerunternehmens erbringen können. Dies ergebe sich anschaulich aus der Gegenüberstellung ihrer Vermögenserträge und Unterstützungsleistungen in den Jahren 1999 - 2002. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des FA vom 16. Juli 2007 Bezug genommen.

Der Berichterstatter hat den Beteiligten mit Verfügung vom 9. März 2009 einen rechtlichen Hinweis erteilt. Die Klägerin hat hierzu mit Schriftsatz vom 28. Mai 2009, auf dessen Inhalt verwiesen wird, Stellung genommen.

Die steuerlichen Vorgänge sind beigezogen worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Steuerbescheid verletzt die Klägerin nicht in ihren steuerlichen Rechten. Das FA ist zu Recht davon ausgegangen, dass wegen der Unterstützungsleistungen in Höhe von 508.110 Euro ein steuerliches Abzugsverbot besteht.

Nach § 10 Nr. 1 KStG sind Aufwendungen für die Erfüllung von Zwecken, die durch Satzung vorgeschrieben sind, vom Abzug ausgeschlossen. Diese Voraussetzungen sind in Ansehung der von der Klägerin gewährten Unterstützungsleistungen erfüllt. Für eine teleologische Reduktion oder sonstige Einschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift bleibt kein Raum. Zuwendungen des Trägerunternehmens und Leistungen der Unterstützungskasse sind im Grundsatz erfolgsneutral: Die Zuwendungen des Trägerunternehmens gelten nicht als Einkünfte der Kasse. Die Unterstützungskasse empfängt die Zuwendungen nämlich nicht zur Einkunftserzielung, sondern zur satzungsmäßigen Bedienung von Versorgungsleistungen zugunsten von (ehemaligen) Arbeitnehmern des Trägerunternehmens. Umgekehrt handelt es sich bei den Kassenleistungen an die Endbegünstigten auch nicht um Betriebsausgaben der Unterstützungskasse selbst (vgl. Höfer, Kommentar zur Betrieblichen Altersversorgung, Band II Rn. 2262 f.). Eine sachwidrige und/oder sonst unangemessene Belastung von Unterstützungskassen ist daher nicht ersichtlich. In diesem Zusammenhang ist auch in Rechnung zu stellen, dass Unterstützungskassen grundsätzlich steuerbefreit sind und nur im Hinblick auf ihre anteilig auf das überdotierte Vermögen entfallenden Einkünfte der Steuerpflicht unterliegen. Die Steuerbelastung der Klägerin beruht daher im Kern nicht auf der Versagung des Betriebsausgabenabzugs für die von ihr gewährten Unterstützungsleistungen, sondern auf der durch die §§ 5 Abs. 1 Ziffer 3 Buchstabe e) und 6 Abs. 5 KStG spezialgesetzlich vorgegebenen partiellen Steuerpflicht für den Fall einer Überdotierung des Kassenvermögens.

Dass § 10 Nr. 1 KStG auch für satzungsmäßige Leistungen von Unterstützungskassen einschlägig ist, wurde bereits vom BFH mit Urteil vom 29. Januar 1969 I R 247/6, BStBl II 1969, 269 zur vergleichbaren Vorschrift des § 12 Nr. 1 KStG 1968 bejaht und entspricht auch nach wie vor der überwiegenden Rechtsauffassung in der Literatur (vgl. Ahrend/ Förster/Rößler, Steuerrecht der betrieblichen Altersversorgung, 3. Teil Rn. 724; Frotscher/ Maas, KStG, § 10 Rn. 10b; Graffe, in Dötsch/Jost/Pung/Witte, KStG § 10 Rn 12 a.E.; Streck/Olgemüller, KStG, 7. Aufl. 2008, § 10 Rn. 9; anderer Auffassung wohl Gosch/Heger, KStG, 2. Aufl., § 10 Rn. 20).

Der Senat sieht auch unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung über die Qualifizierung von Zuwendungen des Trägerunternehmens an seine Unterstützungskasse als Betriebsausgaben keinen Raum für eine anderweitige Beurteilung der Abzugsfähigkeit von Unterstützungsleistungen. Richtig ist zwar, dass Zuwendungen des Trägerunternehmens an eine von ihm beherrschte Unterstützungskasse in der Rechtsform der GmbH nicht als Einlagen, sondern als Betriebsausgaben zu qualifizieren sind. Dies gilt jedenfalls insoweit, als die gesetzlichen Abzugsvoraussetzungen gemäß § 4 d Einkommensteuergesetz (EStG) gewahrt sind (vgl. BFH, Urteil vom 4. Dezember 1991 I R 68/89, BStBl II 1992, 744). Hieraus kann jedoch nicht im Umkehrschluss abgeleitet werden, dass es sich bei den Zuwendungen des Trägerunternehmens aus der Perspektive der Unterstützungskasse stets um Betriebseinnahmen handelt, denen die Unterstützungsleistungen als Betriebsausgaben gegenüberzustellen wären. Hiergegen spricht bereits die Zweckgebundenheit der zugewandten Mittel. Es sind hieraus vom Trägerunternehmen versprochene Versorgungsleistungen zu erfüllen. Die Weiterleitung der Gelder ist deshalb aus Sicht der Unterstützungskasse als erfolgsneutraler Vorgang zu qualifizieren. Die Tatsache, dass die Verwaltungsanweisung der Oberfinanzdirektion (OFD) Düsseldorf vom 5. November 1987, DB 1987, 2613 in einem einzelnen Punkt, nämlich in der Qualifizierung der nicht gemäß § 4 d EStG abzugsfähigen Zuwendungen als Einlage möglicherweise überholt ist, rechtfertigt nicht die Abweichung von den gesetzlichen Vorgaben des § 10 Nr. 1 KStG.

Der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung noch einmal betonte Gesichtspunkt einer sachwidrigen Substanzbesteuerung vermag der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Eine solche Besteuerung liegt hier schon deshalb nicht vor, weil die Unterstützungskasse im Grundsatz steuerbefreit ist und die im Streitfall zur Anwendung kommende partielle Steuerpflicht gemäß § 6 Abs. 5 KStG auf beachtlichen und in der Sache nicht zu beanstandenden Motiven des Gesetzgebers beruht. Vor der Einführung von Höchstgrenzen des zulässigen Kassenvermögens verfügten wegen der steuerlichen Abziehbarkeit der Zuführungsleistungen Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen häufig über ein höheres Vermögen als sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigten. Da Überschüsse regelmäßig als Darlehen an das Trägerunternehmen zurückflossen, führte dies ebenfalls zu Betriebsausgaben. Um solchen Gestaltungen entgegenzuwirken, sind Höchstgrenzen des zulässigen Kassenvermögens mit der Sanktionierung in Gestalt einer partiellen Steuerpflicht auch für Unterstützungskassen eingeführt worden (vgl. Gosch/Heger, KStG, 2. Aufl., § 6 Rn. 1). Unterstützungskassen werden jährlich auf eine Überdotierung des Kassenvermögens hin überprüft. Der Eintritt der partiellen Steuerpflicht kann durch eine gemäß § 6 Abs. 6 KStG zulässige Vermögensrückübertragung während des laufenden Wirtschaftsjahres vermieden werden. Hierdurch soll es den Unterstützungskassen ermöglicht werden, eine Steuerpflicht zu vermeiden (vgl. Gosch/Heger, KStG, 2. Aufl., § 6 Rn. 2 und 28). Die Besteuerung der Unterstützungskassen ist deshalb bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung systemgerecht. Eine Besteuerung ihrer Vermögenssubstanz ist vom Gesetzgeber nicht intendiert und kann durch die der Kasse eingeräumten Gestaltungsmöglichkeiten vermieden werden.

Nach allem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abzuweisen.

Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Ende der Entscheidung

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