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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: 5 K 282/04
Rechtsgebiete: AO, EStG


Vorschriften:

AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
EStG § 10 Abs. 3 Nr. 2
Stichwort: Werden Sozialversicherungsbeiträge mangels Versicherungspflicht zurückgezahlt, handelt es sich um ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Die Änderung eines Steuerbescheides auf Grund eines rückwirkenden Ereignisses erfasst zwar auch die bei der ursprünglichen Entscheidung unterlaufenen Rechtsfehler. Hierunter fällt aber nicht die nachträgliche Korrektur einer fehlerhaften Höchstbetragsberechnung gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG, die durch falsche Sachverhaltsmitteilung desjenigen Ehegatten verursacht worden ist, der nicht von der Versicherungspflicht rückwirkend freigestellt worden ist.
Finanzgericht Schleswig-Holstein

5 K 282/04

Einkommensteuer 1996 bis 1998

In dem Rechtsstreit

...

hat der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts

am 14. Februar 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den Umfang der Änderung der Einkommensteuer(ESt)-Bescheide 1996 bis 1998.

Die Kläger wurden in den Streitjahren zusammen zur ESt veranlagt. Beide erzielten u.a. als GmbH-Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.

Nach den Angaben in ihren ESt-Erklärungen bezog der Kläger sozialversicherungspflichtigen, die Klägerin sozialversicherungsfreien Arbeitslohn. Die Ehefrau erklärte jedoch, dass für sie als GmbH-Geschäftsführerin eine Anwartschaft auf Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung aus dem aktiven Dienstverhältnis bestehe.

Mit ESt-Bescheiden für 1996 vom 8. September 1997, für 1997 vom 25. August 1998 und für 1998 vom 13. Oktober 1999 kürzte das beklagte Finanzamt entsprechend den Angaben der Kläger den Vorwegabzug bei deren Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2000 teilte die Krankenkasse dem Kläger mit, dass entgegen der bisherigen Handhabung für den Kläger u.a. in der Zeit vom 01. Januar 1996 bis 31. Dezember 1998 keine Sozialversicherungspflicht bestanden habe, und sandte dem Kläger einen Antrag auf Beitragerstattung zu. Auf Antrag des Klägers zahlte die Krankenkasse anschließend die Beiträge zurück.

Am 8. Dezember 2000 begehrten die Kläger die entsprechende Änderung der Steuerbescheide 1996 bis 1998 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO).

Mit Bescheiden jeweils vom 18. Juli 2001 änderte das Finanzamt antragsgemäß die ESt-Bescheide für 1996 bis 1998 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die Änderungen führten zu niedrigeren Steuerfestsetzungen, weil nunmehr der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen nur noch anteilig aufgrund der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit der Ehefrau gekürzt worden war.

Gegen die Änderungsbescheide legten die Kläger am 17. August 2001 Einspruch ein und begehrten die Berücksichtigung des ungekürzten Vorwegabzugs bei den Sonderausgaben. Zur Begründung trugen sie vor: Bei der Ermittlung der beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben sei der Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG in Höhe von 16% des Arbeitslohnes der Klägerin gekürzt worden. Die Klägerin sei aber beherrschende Gesellschafterin der ... GmbH und unterliege nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht (was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist). Durch eine EDV-Umstellung sei es zu einem Eingabefehler gekommen. Das Kreuz "nicht rentenversicherungspflichtig" sei versehentlich in die Zeile "mit" Anwartschaft eingetragen worden. Steuerlich habe dieser Eingabefehler bisher keine Konsequenzen gehabt, da der Vorwegabzug in Höhe von 12.000 DM durch das Gehalt des Klägers in voller Höhe zu kürzen gewesen sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 3. August 2004 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Gemäß § 351 Abs. 1 AO könnten Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergebe. Insbesondere die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO lägen nicht vor. Den Berater treffe ein grobes Verschulden daran, dass erst nachträglich bekannt geworden sei, dass die Klägerin nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterlegen und auch keine Anwartschaft auf Altersversorgung bestanden habe. Denn in den Steuererklärungsvordrucken sei die ausdrücklich gestellte Frage zur Frage von Anwartschaften auf Altersversorgung aus dem aktiven Arbeitsverhältnis falsch beantwortet worden.

Am 31. August 2004 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:

Das Finanzamt habe die ESt-Bescheide 1996 bis 1998 auf Antrag der Kläger nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert. Die Berichtigung hätte aber nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfolgen müssen. Der nachträgliche Wegfall der Sozialversicherungspflicht sei nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 28. Mai 1998 (BStBl II 1999, 95) ein rückwirkendes Ereignis. Nach dem Urteil des BFH vom 23. November 2000, BStBl II 2001, 122 , umfasse die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses auch die bei der ursprünglichen Entscheidung unterlaufenen Rechtsfehler. Es sei unstreitig, dass die Klägerin in den fraglichen ESt-Erklärungen die Frage nach einer rentenversicherungsfreien Beschäftigung mit Anwartschaft auf eine Versorgung unzutreffenderweise bejaht habe. Dieser Rechtsfehler habe jedoch in den erstmaligen Steuerbescheiden keinerlei steuerliche Auswirkung gehabt, da allein aufgrund der Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit eine vollständige Kürzung des Vorwegabzuges erfolgt sei. Die Kläger hätten mangels Beschwer nicht mit Erfolg gegen die erstmaligen Steuerbescheide Rechtsmittel einlegen können. Die Kürzung des Vorwegabzuges durch den Rechtsfehler habe erstmals steuerliche Auswirkung durch den Wegfall der auf den Kläger entfallenden Kürzungsbeträge. Das rückwirkende Ereignis sei daher der Anlass, dass ein Rechtsfehler zu einer steuerlichen Auswirkung führe. Die Beseitigung solcher Rechtsfehler sei nach dem o.a. BFH-Urteil unabhängig von § 177 AO möglich und zwar auch zu Gunsten des Klägers. Das rückwirkende Ereignis berühre unmittelbar den Rechtsfehler im Zusammenhang mit der Höchstbetragsberechnung der Sonderausgaben. Nach § 26 b EStG würden Ehegatten bei der Zusammenveranlagung nach der Zusammenrechnung der Einkünfte - soweit nichts anderes vorgeschrieben sei - gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt. Diese so genannte Einheit des Einkommens der Ehegatten habe zur Folge, dass Pausch-, Frei- und Höchstbeträge, die nicht mehr die Ermittlung der Einkünfte berührten, von den Ehegatten gemeinsam in Anspruch genommen werden könnten. Dies habe allerdings ebenfalls zur Folge, dass bei der Ermittlung der Höchstbeträge nach § 10 Abs. 3 EStG der Vorwegabzug nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG nicht individuell bei jedem Ehegatten nur durch die von ihm erzielten maßgeblichen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit betroffen sei, sondern dass es zu einer Gesamtermittlung komme und durch geringe Einkünfte im Sinne von § 19 EStG nicht ausgeschöpfte Beträge im Rahmen des Vorwegabzuges des einen Ehegatten durch hohe entsprechende Einkünfte des anderen Ehegatten aufgezehrt würden. Wenn damit die Höchstbetragsberechnung nach § 10 Abs. 3 EStG i.V.m. § 26 b EStG bei Ehegatten ein einheitlicher Sachverhalt sei und ein nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rückwirkendes Ereignis in diesen Sachverhalt hineinwirke, sei ein weiterer Rechtsfehler, der die einheitliche Ermittlung der Höchstbeträge unmittelbar berühre und durch die Änderung nach § 175 AO erstmals eine steuerliche Auswirkung erlange, von dem Ereignis mit betroffen.

Unabhängig davon treffe die Kläger am nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsache kein grobes Verschulden i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die fehlerhafte Eintragung in der Steuererklärung habe keinerlei Auswirkung auf die Höhe der ursprünglich festgesetzten Steuer und die Richtigstellung dieses Fehlers hätte nur "redaktionelle" Bedeutung gehabt. Die Kläger hätten nicht damit rechnen müssen, dass aufgrund später eintretender Tatsachen diese Eintragung Bedeutung erlange und dass ihnen die Richtigstellung zu einem späteren Zeitpunkt verweigert werden würde. Sie hätten demnach nicht grob fahrlässig i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gehandelt.

Die Kläger beantragen,

die geänderten ESt-Bescheide für 1996, 1997 und 1998 jeweils vom 18. Juli 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. August 2004 zu ändern und ohne Kürzung des Vorwegabzugs für Vorsorgeaufwendungen aufgrund der Einkünfte der Klägerin aus nichtselbstständiger Arbeit die ESt 1996, 1997 und 1998 niedriger festzusetzen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt es vor: Den Klägern sei zuzustimmen, dass das Finanzamt die ESt-Bescheide 1996 bis 1998 - soweit die Bescheide wegen des rückwirkenden Wegfalls der Sozialversicherungspflicht des Klägers zu ändern gewesen seien - fälschlicherweise nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO und nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert habe. Die Anwendung der falschen Änderungsvorschrift der AO habe jedoch keine Auswirkung auf die Höhe der mit Änderungsbescheiden vom 18. Juli 2001 festgesetzten ESt. Die Tatsache, dass der Vorwegabzug nicht jedem Ehegatten einzeln, sondern beiden Ehegatten zustehe, bedinge nicht, dass es sich bei der Frage, ob und welcher Ehegatte sozialversicherungspflichtigen oder sozialversicherungsfreien Arbeitslohn beziehe, um einen einheitlichen Sachverhalt handele. Vielmehr handele es sich lediglich um die einheitliche Ermittlung eines Höchstbetrags für ggf. unterschiedliche Sachverhalte. Die von den Klägern begehrte Berichtigung würde zu einer Wiederaufrollung des gesamten Steuerfalles führen, wozu § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht ermächtige.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen ESt-Akten des Finanzamts Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Das Finanzamt hat es zu Recht abgelehnt, die Bescheide - über die Änderung der ESt-Bescheide 1996 bis 1998 hinaus - dahingehend zu ändern, dass eine Kürzung des Vorwegabzugs für Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG vollständig unterbleibt.

Zutreffend gehen die Beteiligten davon aus, dass die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO für eine Änderung der erstmaligen ESt-Bescheide 1996 bis 1998 vorgelegen haben. Die "Freistellung" von der Versicherungspflicht ist ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (BFH, Urteil vom 28. Mai 1998, X R 7/96, BStBl II 1999, 95), dass grundsätzlich zu einer entsprechenden Änderung der streitigen Bescheide berechtigt. Dass das Finanzamt die Änderung der ESt-Bescheid auf § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO gestützt hat, ist dabei unerheblich. Denn für die Rechtmäßigkeit eines Bescheides ist nicht die zu seiner Begründung herangezogene Vorschrift maßgebend, sondern es kommt allein darauf an, ob der Bescheid zum Zeitpunkt seines Ergehens durch eine entsprechende Ermächtigungsnorm gedeckt war (vgl. BFH, Urteil vom 24. März 1981, VIII R 85/80, BStBl II 1981, 778). Das ist hier der Fall. Insbesondere ist zwischen den Beteiligten nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch unstreitig, dass eine Kompensation mit gleichartigen Aufwendungen im Jahr der Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge an den Kläger nicht möglich war, so dass § 175 AO nach der Rechtsprechung des BFH einschlägig ist.

Entgegen der Auffassung der Kläger berechtigt § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO aber nicht zu der darüber hinausgehenden begehrten Änderung der ESt-Bescheide 1996 bis 1998.

Zwar erfasst die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids auf Grund eines rückwirkenden Ereignisses nach der Rechtsprechung des BFH auch die bei der ursprünglichen Entscheidung unterlaufenen Rechtsfehler (vgl. BFH, Urteil vom 23. November 2000, IV R 85/99, BStBl II 2001, 122). Ein bei der ursprünglichen Entscheidung unterlaufener Rechtsfehler liegt aber nicht vor.

Entgegen der Konstellation in der BFH-Entscheidung vom 23. November 2000 (IV R 85/99, BStBl II 2001, 122) hat das Finanzamt die Vorschrift des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG auf den von den Klägern mitgeteilten Sachverhalt korrekt angewandt. Rechtsfehler sind dem Finanzamt nicht unterlaufen. Vielmehr hatten die Kläger dem Finanzamt einen nicht zutreffenden Sachverhalt, auf den das Finanzamt § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG richtig angewandt hat, mitgeteilt.

Eine Wiederaufrollung des gesamten Steuerfalles ist bei einer Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO unzulässig (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 175 AO Rz. 55 m.w.N.). Da es sich bei einer Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO um eine punktuelle Änderung handelt, ist eine Anpassung nur derjenigen Besteuerungsgrundlagen zulässig, auf die sich das rückwirkende Ereignis auswirkt (Koenig in Pahlke/Koenig, § 175 Rz. 64; Frotscher in Schwarz, AO, § 175 Rz. 74). Der Steuerfall ist (lediglich) so zu würdigen, als wenn das rückwirkende Ereignis bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Veranlagung bekannt gewesen wäre (vgl. BFH, Urteil vom 23. November 2000, IV R 85/99, BStBl II 2001, 122).

Wäre dem Finanzamt bereits damals bekannt gewesen, dass der Kläger nicht sozialversicherungspflichtig ist, hätte es die ESt in den erstmaligen ESt-Bescheiden genau so wie nunmehr mit den angefochtenen Änderungsbescheiden vom 18. Juli 2001 festgesetzt. Eine Kürzung des Vorwegabzugs wäre aufgrund der ursprünglich mitgeteilten Angaben hinsichtlich der Vorsorgeaufwendungen der Klägerin nach wie vor durchgeführt worden. Eine Berücksichtigung des rückwirkenden Ereignisses "Freistellung von der Versicherungspflicht des Klägers" hätte bei zutreffender Anwendung des § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG zu keinem anderen Ergebnis geführt, als zu demjenigen in den Änderungsbescheiden. Eine Korrektur der fehlerhaften Angaben betreffend die Klägerin würde zu einer Wiederaufrollung des Steuerfalles führen.

Das Gericht teilt auch nicht die Auffassung der Kläger, dass ein Einspruch gegen die erstmaligen ESt-Bescheide (zur Korrektur der fehlerhaften Angaben betreffend die Sozialversicherungspflicht der Klägerin) mangels Beschwer unzulässig gewesen wäre.

Bei Zusammenveranlagung von Ehegatten zur ESt ist grundsätzlich jeder der Ehegatten rechtsbehelfsbefugt. Der zusammenveranlagende Bescheid stellt nicht einen einheitlichen Bescheid dar. Es handelt sich vielmehr um die Zusammenfassung zweier Bescheide zu einem gemeinsamen Bescheid, den jeder der Ehegatten mit verschiedenen Gründen angreifen oder gegen sich gelten lassen kann. Dabei bemisst sich die Beschwer des klagenden Ehegatten nicht ausschließlich danach, ob nach der Behauptung des Klägers das Finanzamt den gegenüber beiden Ehegatten einheitlich festgesetzten Steuerbetrag zu hoch bemessen hat. Auch eine fehlerhafte Zurechnung von Besteuerungsgrundlagen kann dann eine Beschwer des Steuerpflichtigen begründen, obwohl die fehlerhaften Besteuerungsgrundlagen keine Auswirkung auf die Steuerfestsetzung haben, wenn die zutreffende Einordnung für eine spätere Aufteilung der Steuerschuld gemäß §§ 268, 270 Satz 2 AO bedeutsam ist (vgl. BFH, Urteil vom 16. August 1978, I R 125/75, BStBl II 1979, 26 undBeschluss vom 29. Juni 2004, IV B 127/03, [...]).

Das wäre im Streitfall zumindest für den Ausgangsbescheid, den ESt-Bescheid für 1996 vom 8. September 1997, der Fall gewesen, der eine noch zu zahlende ESt-Steuerschuld von 4.384 DM ausweist (Bl. 48 der ESt-Akten). Die ESt-Schuld war zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des ESt-Bescheids noch nicht getilgt, so dass eine Aufteilung der ESt-Schuld nach Bekanntgabe des Steuerbescheids auch in Betracht gekommen wäre (vgl. dazu BFH, Beschluss vom 29. Juni 2004, IV B 127/03, [...]).

Zutreffend hat das Finanzamt auch eine (nochmalige) Änderung der geänderten ESt-Bescheide für 1996 bis 1998 vom 18. Juli 2001 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO abgelehnt. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden.

Dem Finanzamt ist nachträglich bekannt geworden, dass die Klägerin nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterlegen und für sie auch keine Anwartschaft auf Altersversorgung bestanden hat. Grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsache liegt vor, wenn die in den Steuererklärungsvordrucken ausdrücklich gestellten Fragen (hier zu Anwartschaften auf Altersversorgung aus dem aktiven Arbeitsverhältnis) nicht zutreffend beantwortet werden (BFH, Urteil vom 8. Dezember 1998, IX R 14/97, BFH/NV 1999, 743; Koenig in Pahlke/Koenig, AO, § 173 Rz. 121 m.w.N.). Dabei muss sich der Steuerpflichtige ein Verschulden seines steuerlichen Beraters als seines Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen (BFH, Beschluss vom 25. Juni 1997, VIII B 35/96, BFH/NV 1998, 8).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache war die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Ende der Entscheidung

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