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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 01.10.2008
Aktenzeichen: III 235/05
Rechtsgebiete: UStG


Vorschriften:

UStG § 2 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
In dem Rechtsstreit

...

hat der III. Senat des Thüringer Finanzgerichts

aufgrund mündlicher Verhandlung

in der Sitzung vom 1. Oktober 2008

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin und der XXX-Bauservice GmbH im Streitjahr 1999.

Die Gesellschafter GuR sind seit Anfang 1999 zu je 50 v.H. als Gesellschafter sowohl an der GuR GbR (GbR) als auch an der XXX-Bauservice GmbH (GmbH) beteiligt.

Zwischen den Beteiligten ist ausschließlich streitig, ob die GmbH organisatorisch in das Unternehmen der GbR eingegliedert ist. Die übrigen Voraussetzungen für das Bestehen einer Organschaft gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1999 sind unstreitig.

Mit Beschluss der Gesellschafter der GmbH vom 27. Oktober 1998 wurde Frau S., Ehefrau des Gesellschafters R, zur alleinigen Geschäftsführerin der GmbH bestellt.

Bereits mit Gesellschaftsvertrag vom 02.10.1995 wurden die beiden Gesellschafter GuR zu Prokuristen der GmbH bestellt und erhielten jeweils die Alleinvertretungsvollmacht für die Gesellschaft.

Mit Schreiben der GmbH an den Beklagten vom 06.10.1998 sowie vom 11.12.1998 bat die GmbH um die Ausstellung einer Bestätigung für das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen der GbR und der GmbH. Das Beklagte erteilte mit Schreiben vom 08.10.1998 diese Bestätigung.

Die für das Streitjahr 1999 beim Beklagten am 12.04.2000 eingegangene Umsatzsteuererklärung basierte auf dem Bestehen einer Organschaft zwischen der GbR und der GmbH und führte zu einer Umsatzsteuer i.H.v. 321.240,71 DM.

Am 12.07.2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet.

Im Schreiben vom 06.12.2002 des damaligen steuerlichen Beraters der GbR an den Beklagten bestritt die Klägerseite erstmalig das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen den beiden Gesellschaften und beantragte eine Änderung der Umsatzsteuerveranlagungen für die Kalenderjahre 1998 und 1999.

Der Beklagte folgte zunächst diesem Antrag und änderte auf der Grundlage des § 164 Abs. 2 AO 1977 den Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr am 29.08.2003 dahingehend, dass er die Umsatzsteuer i.H.v. 57.643,56 EUR (112.741 DM) festsetzte. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Mit Bescheid vom 24.06.2004 änderte der Beklagte erneut den Umsatzsteuerbescheid 1999 und setze die Umsatzsteuer auf 164.247,40 EUR (321.240 DM) fest. Bei dieser Änderung ging der Beklagte nunmehr wieder, wie ursprünglich, von dem Bestehen einer Organschaft zwischen den beiden Gesellschaften aus.

Nach erfolglosem Einspruch verfolgt die Klägerin ihr Begehren mit der Klage weiter und macht im Wesentlichen geltend: In dem Zeitraum vom 01.01.1999 bis zum 22.09.1999 habe zwischen den beiden Gesellschaften keine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden.

Es möge zwar richtig sein, dass der Gesellschafter R. die Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 1997 unterzeichnet habe, jedoch sei nach § 35 GmbH-Gesetz zur Zeichnung nur der Geschäftsführer befugt.

Grundsätzlich seien die Steuererklärungen von dem oder den Geschäftsführern zu unterzeichnen. Die Unterzeichnung der Steuererklärung für das Jahr 1997 durch den Gesellschafter R. sei nur deswegen erfolgt, weil die weitere Unterschrift eines Geschäftsführers vergessen worden sei. Zudem sei ein einziges Beispiel für den Versuch einer Alleinvertretung der Gesellschaft durch einen der beiden Prokuristen wohl kaum ausreichend, um nachzuweisen, dass die Alleinvertretungsbefugnis, die nach dem Gesellschaftsvertrag auch gar nicht gewollt sei, auch tatsächlich gelebt worden sei. Rein tatsächlich sei die Alleinvertretungsvollmacht für den Gesellschafter R. zu keinem Zeitpunkt so ausgeübt worden, sondern immer nur im Zusammenwirken mit einem Geschäftsführer. Die Alleinvertretung der Prokuristen sei weder gewollt, noch sei sie tatsächlich wirksam ausgeübt worden. Die Änderung des Bescheides stelle sich als reiner Willkürakt gegenüber der Klägerin dar.

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 1999 vom 24.06.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.02.2005 zu ändern und die Umsatzsteuer 1999 auf 57.643,56 EUR herabzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, die GmbH sei nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse organisatorisch in das Unternehmen der GbR im Streitjahr 1999 eingegliedert gewesen. Entsprechend der Beteiligungsverhältnisse und der lt. Gesellschafterbeschlüssen vom 02.10.1995 erteilten Einzelprokura für die beiden Gesellschafter R. und G. habe sowohl bei dem Organträger "GbR" als auch bei dem Organ "GmbH" für die beiden Gesellschafter jeweils Alleinvertretungsvollmacht bestanden. Diese Alleinvertretungsvollmacht sei auch tatsächlich ausgeübt worden. Die im Außenverhältnis rechtlich befugte Vertretung sei durch keine der Gesellschafterbeschlüsse für den strittigen Zeitraum eingeschränkt worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht wertet die mit Schreiben vom 16.03.2005 des Bevollmächtigten im Namen G. und R. gestellte Klage wegen Umsatzsteuer 1999 als für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts erhoben und sieht in der vom Bevollmächtigten gewählten Formulierung lediglich ein redaktionelles Versehen. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der Klage als Anlage sowohl der geänderte Umsatzsteuerbescheid vom 24.06.2004 als auch die Einspruchsentscheidungen vom 17.02.2005 beigefügt waren, welche der Beklagte ausschließlich für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts GuR erlassen hatte.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Änderungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, insbesondere da bei Wertung der Gesamtumstände die GmbH auch organisatorisch in das Unternehmen der GbR eingegliedert war. Hinsichtlich der Begründung verweist das Gericht zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 105 Abs. 5 FGO auf die zutreffenden Gründe der Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 17.02.2005.

Das Gericht merkt im Übrigen noch Folgendes an: Die Bestellung der Gesellschafter R. und G. als Prokuristen mit Alleinvertretungsvollmacht wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 2. Oktober 1995 erstmals durch Abberufung der Geschäftsführerin S. mit Gesellschafterbeschluss vom 17. Juli 1999 dahingehend geändert, dass nunmehr der Gesellschafter R. mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer bestellt wurde.

Die gemäß § 35 GmbHG geregelte gesetzliche Vertretung der GmbH durch Geschäftsführer stellt eine organschaftliche Vertretung der GmbH dar. Daneben ist eine Vertretung durch rechtsgeschäftlich bestellte Vertreter wie z.B. Prokuristen zulässig. Von dieser Möglichkeit haben die Gesellschafter der GmbH, wie ausgeführt, mit Beschluss vom 2. Oktober 1995 Gebrauch gemacht (§ 46 Nr. 7 GmbHG). Indem die Gesellschafterversammlung die Prokuristen mit Alleinvertretungsvollmacht ausgestattet haben, stehen die Prokuristen im Außenverkehr den jeweiligen Geschäftsführern gleich.

Dementsprechend stellt sich auch die vom Gesellschafter alleinvertretungsberechtigten Prokuristen R. unterschriebene Umsatzsteuererklärung 1997, entgegen der Rechtsansicht des Bevollmächtigten, als rechtswirksam dar. Aus der Tatsache, dass der Gesellschafter/Prokurist R. diese Steuererklärung ohne weitere Unterschrift eines Geschäftsführers allein unterschrieben hat, wird der tatsächliche Wille der Gesellschafter bei Abschluss des Gesellschaftsvertrages vom 2. Oktober 1995 ersichtlich, der dahingehend ausgeformt wurde, dass der Gesellschafter R. wie auch der Gesellschafter G. Alleinvertretungsvollmacht erhalten und ausüben sollten (§ 133 BGB).

Schließlich wird auch aus dem eigenen Verhalten der Gesellschafter erkennbar, dass diese selbst - zu Recht - von dem Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft ausgegangen sind. Mit Schreiben der GmbH an den Beklagten vom 11. Dezember 1998, mithin zu einer Zeit in der bereits mit Beschluss vom 27.10.1998 die Ehefrau des Gesellschafters R., Frau S., zur Geschäftsführerin der GmbH bestellt worden ist, suchte die Klägerin selbst beim Beklagten um eine Bestätigung über das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft nach . Hieraus wird erkennbar, dass die Gesellschafter der Bestellung der Frau S. zur Geschäftsführerin keinerlei tatsächliche und rechtliche Veränderungen hinsichtlich des Bestehens einer umsatzsteuerlichen Organschaft beigemessen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Für die Zulassung der Revision sieht der Senat keinen Anlass (§ 115 Abs. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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