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Beginn der Entscheidung

Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 27.02.2002
Aktenzeichen: IV 1311/00
Rechtsgebiete: AO 1977, FördG


Vorschriften:

AO 1977 § 125 Abs. 1
AO 1977 § 119
AO 1977 § 179 Abs. 2 S. 2
AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a
FördG § 1 Abs. 1 S. 2
FördG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

wegen Feststellungsbescheid 1997

hat der IV. Senat des Thüringer Finanzgerichts

auf Grund mündlicher Verhandlung am 27. Februar 2002 für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung für die A und B GbR, vormals Mustermann Vermögens- und Verwaltungs GbR, die Höhe der nach § 4 des Fördergebietsgesetzes(FördG) im Jahr 1997 zulässigen Sonderabschreibung umstritten. An der Mustermann Vermögens- und Verwaltungs GbR (im Folgenden M - GbR) waren ursprünglich die Herren Jürgen, Paul und Frank Mustermann zu je 1/3 beteiligt. Diese erwarben 1993 ein Grundstück in A-Stadt und errichteten darauf in der Folgezeit ein Wohn- und Geschäftshaus mit dem Ziel der gewerblichen Vermietung, das 1994 fertig gestellt wurde. Auf Grund des privatschriftlichen Vertrages vom 18. Juli 1996, später bestätigt durch notarielle Urkunde vom 16. September 1996 schieden zunächst Paul und Frank Mustermann aus der Gesellschaft aus und übertrugen ihre Anteile auf die Klägerin. Mit weiterem Vertrag vom 28. November/16. Dezember 1997 übertrug Jürgen Mustermann seinen Anteil auf Frau Claudia B, die Tochter der Klägerin. In diesem Vertrag wurde in § 1 u. a. Folgendes vereinbart:

"Mit übertragen wird die Berechtigung der Gesellschaft, die bislang unverändert gebliebene 100% ige Fördergebiets-Afa auf die Investitionen der Mustermann Vermögens- und Verwaltungs GbR geltend zu machen. Die steuerlichen Wirkungen der erhöhten Absetzung für Abnutzung für die Immobilieninvestitionen der GbR im Fördergebiet verbleiben also der Gesellschaft in ihrem neuen Bestand, bestehend aus Frau A und Frau B. Die Fördergebiets - Afa wird für die Veranlagungszeiträume bis 1996 nicht geltend gemacht. Der ausscheidende Gesellschafter Mustermann verpflichtet sich, die Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die Veranlagungszeiträume bis 1996 nach Vorgabe der Gesellschaft zu unterzeichnen und einzureichen."

Diese Vereinbarung wurde in einer weiteren Vereinbarung vom 16. Dezember 1997, die dazu dienen sollte, die zwischen den Herren Mustermann einerseits und den Eheleuten A andererseits bestehenden vertraglichen Beziehungen vergleichsweise zu regeln und zu beenden, in Abschnitt IX sinngemäß wiederholt. Hier heißt es wie folgt:

"Die früheren Gesellschafter der Mustermann Vermögens- und Verwaltungs GbR, Jürgen Mustermann, Paul Mustermann und Frank Mustermann verpflichten sich, die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung für die vorangegangenen Veranlagungszeiträume (1994 - 1996) wie von den neuen Gesellschaftern A erstellt und vorgelegt, soweit notwendig, zu unterzeichnen und diese für die Einreichung bei der Finanzverwaltung vorzusehen ....

Am 19. Januar 1998 reichten die Herren Mustermann die Feststellungserklärung für den Veranlagungszeitraum 1995 beim Beklagten ein, in der sie die Berücksichtigung der Sonder-Afa nach § 4 FördG in Höhe von 1.523.505 DM geltend machten. Der Beklagte folgte diesem Begehren und stellte mit Bescheid vom 19. Februar 1998 für 1995 den Verlust aus Gewerbebetrieb unter Berücksichtigung der Sonder - Afa in der beantragten Höhe fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit der Feststellungserklärung für den Veranlagungszeitraum 1997, beim Beklagten eingegangen am 28. Juli 1999 beantragte die Klägerin für die GbR die Berücksichtigung der Sonder - Afa nach § 4 FördG in Höhe von 1.683.920,38 DM und insgesamt die Feststellung eines Verlustes bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.665.579 DM. Der Beklagte stellte im Bescheid vom 9. Dezember 1999 jedoch nur einen Verlust in Höhe von 149.677 DM fest (laufender Gewinn 18.972 ./. Sonderabschreibung 168.649). In einer Anlage zum Bescheid führte er zur Begründung aus, dass von der insgesamt möglichen Sonderabschreibung von 1.795.009 DM bereits 1.626.360 DM in den Vorjahren (1994 und 1995) in Anspruch genommen worden seien. Daher sei für 1997 nur noch ein Abzugsbetrag von 168.649 DM möglich.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und trug zur Begründung vor, der gegen die Vorgängergesellschaft ergangene Feststellungsbescheid für 1995 sei nichtig. Daher sei die GbR nicht gehindert, die Sonder-AfA in der begehrten Höhe in Anspruch zu nehmen. Die Nichtigkeit des Feststellungsbescheids 1995 folge daraus, dass die Herren Mustermann als ausgeschiedene Gesellschafter der GbR für diese keine Feststellungserklärung und keine Bilanz mehr hätten erstellen dürfen. Die von Jürgen Mustermann abgegebene Feststellungserklärung sei daher mangels Vertretungsbefugnis unwirksam. Sie hätten auch das Wahlrecht zur Inanspruchnahme der Sonder - Afa nicht mehr ausüben können und dürfen, da sie zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung für 1995 keine Beteiligten mehr gewesen seien. Der erste Gesellschafterwechsel sei dem Beklagten bereits Anfang 1997 mitgeteilt worden.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 15. August 2000 als unbegründet zurück. Er wies in den Gründen darauf hin, dass ihm der Gesellschafterwechsel erst am 24. Juni 1998 bekannt geworden sei. Die GbR (in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung) habe ihre Anspruchsberechtigung (teilweise) in den Feststellungszeiträumen 1994 und 1995 wahrgenommen. Dazu sei sie berechtigt gewesen, da alle Voraussetzungen für die Gewährung der Sonder-AfA vorgelegen hätten. Denn das Gebäude sei in 1994 fertig gestellt gewesen und die GbR habe die Investition selbst in 1994 getätigt. Die Übertragung der Gesellschaftsanteile sei erst im Juli 1996 bzw. Dezember 1997 erfolgt. Demnach seien im Feststellungszeitraum 1995 die Herren Mustermann Gesellschafter und somit Feststellungsbeteiligte gewesen. Sie hätten somit im Rahmen der Gewinnverteilung an der von der GbR beanspruchten Sonder - Afa nach dem FördG partizipiert. Die Veräußerung der Gesellschaftsanteile in den Jahren 1996 und 1997 berühre nicht die Berechtigung der GbR, die zulässigen Sonder - Abschreibungen innerhalb des fünfjährigen Begünstigungszeitraumes beliebig zu verteilen. Ebenso wenig sei es von Bedeutung, ob und inwieweit die Feststellungsbeteiligten des Jahres 1995 später getroffene vertragliche Vereinbarungen mit einem neuen Gesellschafter nicht eingehalten hätten. An die Wahl sei die GbR für die folgenden Feststellungszeiträume gebunden, weil der Feststellungsbescheid 1995 inzwischen bestandskräftig geworden sei. Er sei auch nicht nichtig, da er an keinem besonders schwer wiegenden Fehler leide, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig wäre.

Mit der Klage macht die Klägerin weiterhin geltend, dass der Feststellungsbescheid 1995 ihrem Begehren auf Berücksichtigung der vollen Sonder - Afa nicht entgegenstehe. Dieser Bescheid sei entgegen der Auffassung des Beklagten nichtig, da die Herren Mustermann zum Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts nicht mehr Mitglieder der Gesellschaft gewesen seien und somit auch keinen Gesellschafterbeschluss hätten fassen können. Dies folge daraus, dass die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach §§ 1, 4 FördG ein steuerliches Wahlrecht sei, das der GbR selbst zustehe und nicht den einzelnen Gesellschaftern. Zum Vergleich bezieht sie sich auf Regelungen im Investitionszulagengesetz (InvZulG) und Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). Die Altgesellschafter hätten mangels Vertretungsmacht oder Geschäftsführungsbefugnis die GbR nicht binden können. Demzufolge sei das Wahlrecht für 1995 noch nicht verbraucht und stehe weiterhin der GbR in ihrer heutigen Zusammensetzung zu.

Hilfsweise trägt die Klägerin vor, dass der Feststellungsbescheid 1995 trotz Bestandskraft noch geändert werden könne. Zum einen sei die Änderung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 c der Abgabenordnung (AO) möglich, weil der Bescheid durch den Einsatz unlauterer Mittel, nämlich Täuschung durch bewusst unwahre Angaben des Jürgen Mustermann, erwirkt worden sei. Zum anderen sei auch eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO möglich, weil dem Beklagten nach eigenem Vortrag das Fehlen eines Gesellschafterbeschlusses für die Inanspruchnahme der Sonder-AfA nicht bekannt gewesen sei. Habe er aber Kenntnis erlangt, dann verstoße er gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs - BGB), weil er sich widersprüchlich verhalte (Verbot des venire contra factum proprium). Jedenfalls könne er aber im Falle einer Änderung des Feststellungsbescheids 1997 im vorliegenden Verfahren den Feststellungsbescheid 1995 nach § 174 Abs. 4 AO ändern. Für das weitere Vorbringen wird auf die von der Klägerin eingereichten Schriftsätze, insbesondere den vom 29. Oktober 2001 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Feststellungsbescheids 1997 vom 15. Dezember 1999 und der Einspruchsentscheidung vom 18. Oktober 2000 den Verlust aus Gewerbebetrieb für 1997 wie erklärt auf 1.665.579 DM festzustellen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest. Ergänzend führt er aus, dass es zwar richtig sei, dass der Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG zum Ausdruck gebracht habe, dass das Wahlrecht zur Inanspruchnahme der Sonder - Afa nicht dem Einzelnen an der Gesellschaft oder Gemeinschaft Beteiligten sondern der Gesellschaft selbst zustehe. Durch diese gesetzliche Regelung habe vermieden werden sollen, dass ein Mitunternehmer seinen Anspruch rückwirkend verliere, wenn er vor Ablauf eines Verbleibens- oder Verwendungszeitraums aus der Gesellschaft ausscheide (Hinweis auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 29. März 1993, Bundessteuerblatt - BStBl - I 1993, 279, Tz 1). Im vorliegenden Fall habe die Gesellschaft jedoch ihr Wahlrecht bereits in den Feststellungszeiträumen 1994 und 1995 weitgehend wahrgenommen. Entgegen der Auffassung der Kläger sei nicht vom Bestand der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung auszugehen. Vielmehr berühre der Umstand, dass die Herren Mustermann ihre Anteile in späteren Feststellungszeiträumen verkauft hätten, nicht die Berechtigung der GbR, die zulässigen Sonder-Abschreibungen innerhalb des fünfjährigen Begünstigungszeitraums beliebig zu verteilen. Es sei aber für die Frage der Anspruchsberechtigung ohne Bedeutung, ob und inwieweit die Feststellungsbeteiligten des Jahres 1995 später getroffene vertragliche Vereinbarungen mit den neu eintretenden Gesellschaftern gebrochen hätten. Da die GbR ihr Wahlrecht in 1994 und 1995 in Anspruch genommen habe, sei die zulässige Afa insoweit verbraucht. Nichtigkeit des bestandskräftigen Feststellungsbescheids, wie die Klägerin meine, sei nicht gegeben, denn er leide an keinem besonders schwer wiegenden Fehler, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig wäre. Es sei daher auch unerheblich, wann das Finanzamt vom Gesellschafterwechsel erfahren habe.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu Recht hat der Beklagte bei der Feststellung des Verlustes für 1997 die Sonderabschreibung nach § 4 FördG nur in Höhe von 168.649 DM berücksichtigt.

Gemäß der genannten Vorschrift in der für das Streitjahr geltenden Fassung können für nach § 3 FördG begünstigte Investitionsmaßnahmen Sonderabschreibungen angesetzt werden und zwar im Jahr des Investitionsabschlusses und den folgenden fünf Jahren (§ 4 Abs. 1 Satz 2 FördG). Die Verteilung auf den fünfjährigen Begünstigungszeitraum bleibt dem Anspruchsberechtigten überlassen. Dies ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 FördG bei Personengesellschaften und Gemeinschaften die die Investition durchführende Gesellschaft oder Gemeinschaft.

Im vorliegenden Fall hatte die Gesellschaft bereits in den Jahren 1994 und 1995 einen Teil der möglichen Sonderabschreibung von 1.795.009 DM in Anspruch genommen. Die entsprechenden Feststellungsbescheide sind bestandskräftig geworden. Der Beklagte hat daher im Streitjahr zu Recht nur noch den Restbetrag von 168.649 DM zum Abzug zugelassen. Soweit die Klägerin meint, der Beklagte sei an den bestandskräftigen Feststellungsbescheid 1995, in dem eine Sonderabschreibung in Höhe von 1.523.505 berücksichtigt worden war, nicht gebunden, vermag ihr der Senat nicht zu folgen:

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Feststellungsbescheid vom 19. Februar 1998 nicht nichtig. Gemäß § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwer wiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Dies ist nach der Rechtsprechung nur anzunehmen, wenn er die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, den ergangenen Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen (so z.B. Entscheidung des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. Dezember 2000 I R 50/00 Bundessteuerblatt - BStBl - II 2001, 381 m.w.N. und vom 13. Mai 1987 II R 140/84, BStBl II 1987, 592). An anderer Stelle hat der BFH ausgeführt, dass ein Verwaltungsakt nach § 125 Abs. 1 AO nur nichtig sein könne, wenn es sich um einen Mangel handelt, der eine unerträgliche Rechtsverletzung darstellt und der mit der rechtsstaatlichen Ordnung schlechthin unvereinbar ist (z.B. BFH vom 11. Juli 1986 VI R 105/83, BStBl II 1986, 775). Derartige Fehler der Mängel haften dem Feststellungsbescheid vom 16. Februar 1998 nicht an. Der Bescheid ist, wie im Gesetz (§ 179 ff AO) vorgeschrieben, an die Feststellungsbeteiligten gerichtet gewesen. Das waren die Herren Mustermann, die in 1995 noch alleinige Gesellschafter waren. Er ist inhaltlich bestimmt. Es ist eindeutig ersichtlich, was festgestellt wird, nämlich der Verlust der betreffenden Gesellschaft für das Jahr 1995. Es war auch rechtlich möglich, diesen Verlust festzustellen. Ob der Gewinn bzw. Verlust dagegen zutreffend oder falsch festgestellt wurde, ist für die Frage der Nichtigkeit ohne Belang. Selbst die Klägerin macht nicht geltend, dass der Bescheid an andere Personen oder direkt an die "GbR" hätte gerichtet werden müssen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das Finanzamt beim Erlass dieses Bescheides die an die Verwaltung zu stellenden Anforderungen in besonders hohem Maße verletzt hätte. Dies wäre selbst dann nicht der Fall, wenn die Auffassung der Klägerin zuträfe, dass den Feststellungsbeteiligten Mustermann bei Abgabe der Feststellungserklärung, das aus § 4 FördG folgende Verteilungswahlrecht nicht mehr zugestanden habe. Dann läge nämlich allenfalls ein Rechtsanwendungsfehler vor, der einen Bescheid zwar anfechtbar macht, aber nicht zur Nichtigkeit führt. Es ist zwar anerkannt, dass ein krasser Rechtsverstoß ausnahmsweise zur Nichtigkeit führen kann, wenn das Finanzamt offensichtlich und bewusst zum Nachteil der Klägerin gehandelt hat. Ein solch krasser Rechtsverstoß ist hier aber schon deshalb nicht ersichtlich, weil die Auffassung der Klägerin erheblichen Zweifeln begegnet und die Rechtsfrage, wer nach einem Wechsel der Gesellschafter für vergangene vor dem Gesellschafterwechsel liegende Zeiträume das Wahlrecht zur Inanspruchnahme und Verteilung der Sonder - Afa nach § 4 FördG in Anspruch nehmen bzw. ausüben darf, keineswegs eindeutig im Sinne der Klägerin zu klären ist. § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG besagt zwar, dass die Gesellschaft an die Stelle des Steuerpflichtigen als Anspruchsberechtigter tritt. Was dies für die hier zu beurteilende Frage bedeutet, lässt sich aber nur durch Auslegung der Vorschrift gewinnen. Denn "Gesellschaft" im Sinne der genannten Vorschrift kann einerseits - insoweit der Auffassung der Klägerin folgend - bedeuten, dass sie völlig losgelöst vom jeweiligen Gesellschafterbestand als selbstständiges Rechtssubjekt und somit vergleichbar den Körperschaften und Handelsgesellschaften handelt (sog. partielle Rechtsfähigkeit), kann aber andererseits auch so verstanden werden, dass die Gesellschaft in Abhängigkeit von den im jeweiligen Feststellungszeitraum beteiligten Gesellschaftern handelt, d.h. nur als Subjekt der Einkunftserzielung (so auch Stuhrmann in Blümich, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz und Nebengesetzen in Anm. 6 zu § 1 FördG unter Hinweis auf die Beschlüsse des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS4/82, BStBl II 1984,751, und vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BStBl. II 1995, 617, ebenso Kaligin in Lademann, Kommentar zum Einkommensteuergesetz Anm. 3 zu § 1 FördG). Für letztere Auffassung spricht, dass die Förderung mittels Sonderabschreibungen und Rücklagen letztlich anteilmäßig im Rahmen der Einkommensermittlung der einzelnen Gesellschafter durch Steuerverzicht geschieht, wozu es verfahrensrechtlich erforderlich ist, den Gewinn bzw. Verlust, auf den sich die Sonderabschreibung ausgewirkt hat, auf der Ebene der Gesellschaft gesondert und einheitlich festzustellen (§ 179 ff AO). Dabei hat das Finanzamt im Allgemeinen den Erklärungen der Gesellschaft zu folgen. Dies ist im Streitfall geschehen. Allerdings sprechen sich die genannten Autoren dafür aus, dass bei einem vollständigen Wechsel der Gesellschafter zwischen Alt- und Neugesellschaftern vereinbart werden könne, dass die Sonderabschreibung erst zu einem Zeitpunkt nach dem Ausscheiden der Altgesellschafter beansprucht werden solle (Stuhrmann a.a.O Anm. 11 zu § 1 FördG, ebenso Kaligin in Lademann a.a.O. Anm. 11 zu § 1 FördG). Selbst wenn man dieser Ansicht, die bisher, soweit ersichtlich, in der Rechtsprechung noch nicht erörtert worden ist, folgt, wären solche Vereinbarungen allenfalls dann vom Finanzamt zu beachten, wenn sie ihm vor Erlass eines Feststellungsbescheides bekannt werden. Dies ist aber, wie inzwischen unstreitig feststeht, im vorliegenden Fall nicht gegeben.

2. Auch mit ihrem hilfsweisen Vorbringen kann die Klägerin nicht durchdringen. Ob der Feststellungsbescheid für 1995 nach den von ihr genannten Vorschriften änderbar ist, kann im vorliegenden Verfahren, in dem es um den Feststellungsbescheid für 1997 geht, nicht entschieden werden. Dazu bedarf es vielmehr der Anfechtung des Feststellungsbescheids für 1995, was bisher nicht geschehen ist und was wohl, da die Klägerin in 1995 nicht an der Gesellschaft beteiligt war, allenfalls im Wege eines zivilgerichtlichen Verfahrens erzwungen werden könnte. Bei dieser Sachlage käme allenfalls die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Betracht. Dazu bedarf es hier aber keiner Entscheidung, da die Klägerin die Aussetzung weder beantragt noch mitgeteilt hat, dass sie ein solches Erzwingungsverfahren durchführe oder beabsichtige.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch Gelegenheit bietet, durch eine Entscheidung des BFH das Recht fortzubilden oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu sichern (§ 115 Abs 2 Nr. 1 und 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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