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Gericht: Finanzgericht Thüringen
Urteil verkündet am 12.09.2007
Aktenzeichen: IV 413/03
Rechtsgebiete: EStG, AO


Vorschriften:

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
EStG § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. a
EStG § 10 Abs. 2 S. 2 Buchst. c
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 4
AO § 179 Abs. 1
AO § 180 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Thüringen

IV 413/03

Gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen

In dem Rechtsstreit

...

hat der IV. Senat des Thüringer Finanzgerichts

auf Grund der mündlichen Verhandlung

in der Sitzung vom 12. September 2007

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Steuerpflicht der Zinsen aus einer Lebensversicherung, die zur Absicherung eines betrieblichen Kredits verwendet wurde.

Die Klägerin erzielt als Augenärztin Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Am 26. September 2000 beantragte sie bei der Sparkassen-Versicherung (kurz: SV) den Abschluss einer Lebensversicherung, Versicherungsnummer 90-5352235-7, mit Versicherungsbeginn zum 1. November 2000 und Ablauf der Beitragszahlungen zum 1. November 2012 über eine Versicherungssumme von 52.313 EUR (s. Bl. 109 ff der Gerichtsakte). Am 9. Oktober 2000 schloss sie mit der W-Sparkasse, B (kurz: SpK), einen Darlehensvertrag (Nr. 6013002167) über 138.000 DM mit einem bis zum 31. Oktober 2010 festen Zinssatz von 6,05%. Tilgungen sollten erstmals am 1. November 2012 geleistet werden (s. Bl. 114 der Akte). Zur Sicherung des vorgenannten Darlehens trat die Klägerin mit Vertrag vom 9. Oktober 2000 die Ansprüche aus der obigen Lebensversicherung bis zu einer Summe von 138.000 DM an die SpK ab (s. Bl. 112 der Akte). Das Darlehen diente der Ablösung eines Eigenkapitalhilfedarlehens (EKH-Darlehen - Nr. 6310002528 - Vertrag vom 12. August 1993 - Bl. 138-142 der Gerichtsakte) bei der SpK in gleicher Höhe vom 12. August 1993.

Im Jahre 1993 hatte die Klägerin ihre Augenarztpraxis eröffnet. Zur Finanzierung der Investitionen im Zusammenhang mit der Einrichtung der Augenarztpraxis hatte sie bei der Deutschen Ausgleichsbank Anträge auf das im Jahr 2000 abgelöste EKHDarlehen über 165.000 DM und auf ein DtA-Existenzgründungsdarlehen über 231.000 DM im Rahmen der staatlichen Existenzgründungsförderungsprogramme gestellt (Antrag und Verwendungsnachweis zum Antrag auf Bl. 27 - 30 der Gerichtsakte). Im Verwendungsnachweis ist unter der Überschrift "Zeitlicher Einsatz der Mittel" bestimmt, dass die Eigenkapitalhilfe sowohl für die Finanzierung von Baumaßnahmen, Maschinen, Einrichtungen usw. als auch für die Finanzierung des aktuellen Betriebsmittel- bzw. Umlaufmittelbedarfs (z.B. Lohn- und Gehaltszahlungen) eingesetzt werden kann (s. Bl 29 oben). In der Finanzamtsakte befindet sich auf Blatt 8 ein Kontoauszug des EKH-Darlehenskontos, wonach am 1. September 1993 80.000 DM "valutiert", am 4. Oktober 1993 85.000 DM "überwiesen" worden waren und am 14. Dezember 1993 eine Sondertilgung über 27.000 DM erfolgt war. Es verblieb die streitige Darlehenssumme von 138.000 DM. Das Darlehen war für 10 Jahre tilgungsfrei. Laut Vertrag sollte eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 2% der Darlehenssumme (3.300 DM) in 1993 vom Darlehensbetrag abgezogen werden. Die Klägerin hat weiterhin einen Auszug aus der Buchführung für das Jahr 1993 über die Entwicklung des Kassen/Bankkontos eingereicht, auf dem die für die Beurteilung dieses Falles maßgeblichen Buchungen der Darlehenszuflüsse und der Abflüsse der Investitionsaufwendungen enthalten sind. Auf dieser Kontoübersicht sind am 6. August 1993 zwei Geldzugänge aus dem hier nicht streitigen ERP-Darlehen in Höhe von insgesamt 180.000 DM und im Zusammenhang mit dem hier maßgeblichen EKH-Darlehen ein Geldzugang in Höhe von 76.700 DM (80.000 DM Valutierung abzgl. 3.300 DM Bearbeitungsgebühr) unter dem 14. September 1993 und ein Geldzugang in Höhe von 85.000 DM unter dem 7. Oktober 1993 verbucht. In der Zeit zwischen 1. August 1993 und 14. September 1993 sind größere Investitionen in Höhe von 231.369,42 DM erkennbar. Auf die zum Nachweis vorgelegten Urkunden und Rechnungen (Bl. 53 - 73 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen. Zum Zeitpunkt des ersten Geldzugangs aus dem EKH-Darlehen betrug der Negativsaldo des Kontos 77.687,91 DM. Diese Verbindlichkeit war hauptsächlich durch die Investitionen, aber auch durch laufende Betriebsausgaben bewirkt worden. Nach dem Zugang der zweiten Darlehensrate in Höhe von 85.000 DM sind innerhalb des 30-Tage-Zeitraumes (vgl. Rdn. 50 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. Juni 2000 zur "Finanzierung unter Einsatz von Lebensversicherungen", Bundessteuerblatt - BStBl - I 2000, 1118, künftig kurz: BMF) nur noch Investitionsausgaben in Höhe von 4.273,76 DM und Privatentnahmen in Höhe von 104.000 DM verbucht. Nach den Angaben der Klägerin wurde die Privatentnahme vom 12. Oktober 1993 in Höhe von 29.000 DM für den Erwerb des Firmenfahrzeuges verwendet. Die entsprechende Rechnung und ein Nachweis über die Zulassung des Fahrzeugs am 12. Oktober 1993 liegen vor. Hinsichtlich der anderen Privatentnahmen wurden keine Angaben über die Verwendung gemacht. Am 16. November 1993 wurde eine Einlage in Höhe von 51.000 DM gebucht, ohne dass entsprechende Einnahmen dargestellt wurden. In der Folgezeit sind bis 16. Dezember 1993 keine größere Ausgaben (Ausnahme: 5.008,66 DM am 16. November 1993 für einen Lamellenvorhang) verbucht. Wegen der weiteren Kontenbewegungen wird auf die Buchungsliste auf den Blättern 102 bis 106 der Gerichtsakte verwiesen. Im Einspruchsverfahren hatte die Klägerin bereits ein Anlageverzeichnis zum 31.12.1993 (Blatt 14 bis 17 der Finanzamtakte) eingereicht. Danach waren im Jahr 1993 Wirtschaftsgüter im Gesamtwert von über 300.000 DM angeschafft worden. Wie sie die Wirtschaftsgüter finanzierte, hat die Klägerin nicht angegeben. Nach den übereinstimmenden Angaben der Parteien wurden die Geldzugänge (auch die Darlehen), die Ausgaben für die Investitionen und die laufenden Kosten über das laufende Geschäftskonto abgewickelt.

Am 4. Februar 2002 erließ das Finanzamt den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen, wonach die Zinsen aus der o. g. Lebensversicherung insgesamt einkommensteuerpflichtig sind.

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, mit der Begründung, dass das betreffende Darlehen ausschließlich und unmittelbar für die Finanzierung begünstigter Gegenstände verwendet worden sei. Zwischen der Darlehensauszahlung und der Anschaffung/Herstellung der Gegenstände des Anlagevermögens bestehe ein enger zeitlicher Zusammenhang. Der direkte Geldfluss sei dabei nicht von entscheidender Bedeutung. Der sachliche Zusammenhang sei unbestreitbar ebenfalls vorhanden und die Verwendung des Darlehens sei damit nicht steuerschädlich.

Mit Einspruchsentscheidung vom 3. April 2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet mit der sinngemäßen Begründung zurück, die Zinsen aus der streitigen Kapitallebensversicherung seien vorliegend steuerpflichtig, weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass die Kapitallebensversicherung ein Darlehen abgesichert habe, das ein Darlehen aus dem Jahre 1993 abgelöst habe, das der Finanzierung begünstigter Wirtschaftsgüter gedient habe. Nach der Darlehensausreichung in 1993 seien nur noch Wirtschaftsgüter im Wert von 35.055,66 DM erworben worden, sodass kein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Darlehen in Höhe von 165.000 DM und den Anschaffungskosten der Wirtschaftsgüter hergestellt werden könne.

Zur Begründung ihrer dagegen eingelegten Klage trägt die Klägerin vor, dass nach dem Hinweis des Beklagte auf das BMF-Schreiben zwischen der Überweisung der Darlehensmittel und der Bezahlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der Wirtschaftsgüter nur ein Zeitraum von nicht mehr als 30 Tagen liegen dürfe, um die Besteuerung der Versicherungserträge zu vermeiden. Die Darlehensauszahlung und deren Verwendung seien im Jahre 1993 erfolgt, während die Verwaltungsanweisung, welche vom Beklagten als Begründung angeführt werde, erst im Jahre 2000 erlassen worden sei. Es widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn sich eine Behörde zur Begründung eines für den Bürger belastenden Verwaltungsaktes, der einen nahezu 10 Jahre zurückliegenden Vorgang betreffe, auf eine Verwaltungsanweisung berufe, die volle sieben Jahre nach dem zu beurteilenden Vorgang erlassen worden sei. Der Hinweis auf das BMF könne also nicht als Begründung für den angefochtenen Verwaltungsakt dienen, sodass eine schlüssige Begründung fehle. Schon aus diesem Grund sei der angefochtene Bescheid aufzuheben. Die Argumentation des Beklagten entspreche aber auch nicht dem von ihm selbst zitierten BMF-Schreiben. Unter der Rdn. 39 werde sinngemäß ausgeführt, dass bei einer längeren Investitionsphase (z.B. der Herstellung eines Gebäudes oder der Einrichtung einer Arztpraxis) die Voraussetzungen für eine steuerunschädliche Investition erfüllt seien, wenn das Darlehen bis zu drei Monaten nach Fertigstellung oder Lieferung des Wirtschaftsgutes aufgenommen worden sei. Da der in der Verwaltungsanweisung angeführte Fall exakt dem hier zu beurteilenden Sachverhalt entspreche, sei selbst danach der angefochtene Bescheid aufzuheben. Es könne nach der Sachverhaltsdarstellung des Beklagten auch nicht bezweifelt werden, dass das EKH-Darlehen zur Finanzierung begünstigter Anschaffungs- oder Herstellungskosten verwendet worden sei. Nur unter dieser Voraussetzung sei das EKH-Darlehen überhaupt gewährt worden. Der Darlehensnehmer habe die entsprechende Verwendung des EKH-Darlehens nachweisen müssen. Der Beklagte bestreite auch nicht, dass das Ablösungsdarlehen die begünstigten Investitionen nicht überschreite. Daraus folge zwingend, dass der angefochtene Bescheid dem BMF entspreche und die Klage damit begründet sei. Die vom Beklagten offenbar vertretene Meinung, erst nach der Auszahlung des Darlehens müssten die begünstigten Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet worden sein, um Steuerunschädlichkeit zu erreichen, sei weder mit dem Wortlaut noch mit dem Sinn des Gesetzes vereinbar. Sie stehe auch im Widerspruch zu dem Sinn und dem Wortlaut des angeführten BMF-Schreibens. Entscheidend sei der sachliche und wirtschaftliche Zusammenhang zwischen Darlehensaufnahme und den begünstigten Investitionen. Dieser Zusammenhang sei hier eindeutig gegeben. Eine Steuerfestsetzung sei aber auch gemäß § 169 der Abgabenordnung (AO) wegen Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich. Der angefochtene Verwaltungsakt datiere vom 4. Februar 2003, während die steuerlich relevanten Tatbestände, die Grundlage des Verwaltungsaktes seien, bereits aus dem Jahre 1993 stammten.

Die Klägerin beantragt,

1. Den angefochtenen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 4. Februar 2003, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. April 2003, aufzuheben;

2. die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen;

3. die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

Die Klage abzuweisen.

Zur Begründung dieses Antrags trägt er vor, dass im Streitfall über die Verwendung der Ansprüche aus der im Jahr 2000 abgeschlossenen Lebensversicherung zu entscheiden sei, welche zur Sicherung und Tilgung des Darlehens vom 9. Oktober 2000 eingesetzt worden seien. Damit gehe der Hinweis der Klägerin fehl, das BMF-Schreiben sei nicht anwendbar und es sei Festsetzungsverjährung eingetreten. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Rdz. 39 des BMF-Schreibens vom 15. Juni 2000 beziehen, weil kein Vorschaltdarlehen gegeben sei. Ein Vorschaltdarlehen müsse dem EKH-Darlehen vorangegangen sein und ebenfalls der Finanzierung der begünstigten Wirtschaftsgüter dienen, wozu die Klägerin keine Angaben gemacht habe. Dass das im Jahr 1993 aufgenommene Darlehen einzig der Finanzierung begünstigter Wirtschaftsgüter gedient habe, habe die Klägerin nicht belegen können. Sie habe hierzu selbst erklärt, das Darlehen sei auf das laufende Konto ausgezahlt worden, von dem nach und nach die einzelnen Anschaffungen vorgenommen, aber auch diverse andere Geschäftsvorfälle abgewickelt worden seien. Wie dem eingereichten Anlageverzeichnis zu entnehmen sei, seien nach der Darlehensausreichung im September 1993 nur noch Wirtschaftsgüter im Wert von 35.055,66 DM erworben worden. Ob dies mit Darlehensmitteln geschehen sei, sei nicht nachgewiesen. Aber selbst wenn dies zu bejahen wäre, wäre eine volle Steuerschädlichkeit gegeben. Denn die zur Sicherung und Tilgung des Darlehens verwendeten Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag wären dann nicht auf die mit dem Darlehen finanzierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten begrenzt. Welche Investitionen im Einzelnen getätigt worden seien, stehe nicht fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien, auf die vorgelegten Unterlagen sowie auf die Akten des Finanzamtes verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angegriffene Verwaltungsakt ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO-). Die Klage ist deshalb abzuweisen.

Das Finanzamt hat zu Recht durch Feststellungsbescheid entschieden, dass die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus der hier streitigen Kapitallebensversicherung der Klägerin (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) im Zeitpunkt ihrer Verrechnung oder Auszahlung steuerpflichtig sind.

Die Zulässigkeit der gesonderten Feststellung der Steuerpflicht vom 4. Februar 2002 ergibt sich aus §§ 179 Abs. 1 und 180 Abs. 2 AO i.V.m. § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO. Danach stellt das für die Einkommensbesteuerung des Versicherungsnehmers zuständige Finanzamt die Steuerpflicht der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Beiträgen enthaltenen Sparanteilen (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes - EStG) gesondert fest, wenn für Beiträge zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall - wie im Streitfall - die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht erfüllt sind.

Dem Erlass des streitigen Feststellungsbescheides stand im Jahre 2003 auch nicht die Festsetzungsverjährung entgegen. Der Prozessbevollmächtigte verkennt bei diesem Einwand, dass steuerrechtlich die Absicherung eines in 2000 neu abgeschlossenen Darlehens durch eine ebenfalls in 2000 abgeschlossene Kapitallebensversicherung streitig ist, auch wenn im tatsächlichen Bereich Vorgänge aus dem Jahre 1993 zu prüfen sind. Diese zeitliche Verschiebung ist darauf zurückzuführen, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung auch die durch eine Lebensversicherung bewirkte Absicherung eines Darlehens, das ein Darlehen aus früheren Jahren ablöst oder umschuldet, steuerlich begünstigt sein kann. Dies soll allerdings nur der Fall sein (s. Rdn. 43 ff des BMF-Schreibens), wenn auch das abgelöste oder umgeschuldete Darlehen den Anforderungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG (siehe unten) entsprach. Die vierjährige Festsetzungsverjährung für den Erlass eines Feststellungsbescheides nach § 9 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 AO war deshalb gemäß §§ 169, 170 AO noch nicht abgelaufen, weil für die Verjährung der Besteuerungszeitraum 2000 maßgebend war. Die Vorgänge aus 1993 spielen nur mittelbar insoweit eine Rolle, als diese Umstände im Zusammenhang mit dem Abschluss des abgelösten Darlehens ebenfalls geprüft werden müssen.

Die streitigen Zinsen sind auch steuerpflichtig. Außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG steuerpflichtig. Nach Satz 2 der Vorschrift gilt dies zwar nicht für Zinsen aus Versicherungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Um eine solche Lebensversicherung handelt es sich im Streitfall. Jedoch gilt nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach dem im Streitfall nur einschlägigen § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG erfüllt sind. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG sind jedoch gerade nicht erfüllt, weil im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens nicht festgestellt bzw. erwiesen werden konnte, dass das für diese Beurteilung maßgebliche ursprüngliche und durch das Darlehen vom 9. Oktober 2000 abgelöste EKH-Darlehen vom 12. August 1993 unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- und Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern, die dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt waren, gedient hat.

Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG können Beiträge zu Versicherungen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. bb, cc und dd nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn die Ansprüche aus Versicherungsverträgen während deren Dauer im Erlebensfall der Tilgung oder Sicherung eines Darlehens dienen, dessen Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Dies gilt nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG ausnahmsweise dann nicht, wenn das Darlehen unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes dient, das dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt und keine Forderung ist.

Unstreitig ist die hier streitige Lebensversicherung der Klägerin aus dem Jahr 2000 eine Versicherung i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG. Zwischen den Parteien ist auch nicht mehr streitig, dass das Darlehen vom 9. Oktober 2000 über 138.000 DM das EKH-Darlehen vom 12. August 1993 in genau derselben Höhe ablösen sollte, wie das tilgungsfreie EKH-Darlehen 1993 abzüglich der Sondertilgung von 27.000 DM vereinbart worden war. Eine steuerbegünstigte Absicherung eines Darlehens durch eine Kapitallebensversicherung ist nach der Verwaltungsauffassung (s. hierzu Rdn. 43 ff des BMF-Schreibens) auch für den Fall der Ablösung oder Umschuldung eines Darlehens möglich, wenn das abgelöste oder umgeschuldete Darlehen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG erfüllt hat.

Das abgelöste EKH-Darlehen vom 12. August 1993 diente aber nach den feststellbaren Umständen nicht unmittelbar und ausschließlich der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern, die dauernd zur Erzielung von Einkünften bestimmt waren.

Der Senat schließt sich der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen, für den Steuerpflichtigen günstigen Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG insoweit an, als die nach dem Gesetzeswortlaut an sich schädliche zwischenzeitliche Begründung einer Forderung durch das mit der Lebensversicherung abgesicherte Darlehen dann nicht schädlich ist, wenn diese Forderung lediglich ein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung ist (Urteil des BFH vom 13. Juli 2004 VIII R 61/03, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 2005, 184, Urteil des Finanzgerichts -FG- Düsseldorf vom 14. September 2006 - 11 K 4804/05 F, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2006, 1827, Heinicke in Ludwig Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Rdz. 190 ff zu § 10 EStG). Bei der Beurteilung, wann ein derartiges noch begünstigtes notwendiges Durchgangsstadium vorliegt, ist aber zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber durch die Verwendung des Begriffes "unmittelbar" und durch das Verbot der Finanzierung einer Forderung einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Auszahlung des Darlehens und der Anschaffung bzw. Herstellung des Wirtschaftsgutes fordert. Nach Heinicke (a.a.O.) bedeutet "unmittelbar", dass die Wirtschaftsgüter direkt mit den Policendarlehensmitteln im Zeitpunkt der Anschaffung zu finanzieren sind, dass aber enge Ausnahmen (s. unten) möglich sind. Der hier entscheidende Senat ist deshalb der Auffassung, dass es nicht steuerschädlich ist, wenn das Darlehen im Zusammenhang mit den begünstigten Investitionen nicht direkt an die liefernden und leistenden Unternehmen ausgezahlt wird, sondern zwischenzeitlich auf ein bei einer Bank gesondert geführtes Investitionskonto des Steuerpflichtigen eingezahlt worden ist, von dem die Rechnungen dann gezahlt werden. Bei dieser Zahlungsweise handelt es sich - so auch der BFH zu einem gesondert geführten Baukonto, über das die einzelnen Zahlungsvorgänge im Zusammenhang mit einem Bauvorhaben abgewickelt werden - nicht um ein steuersparendes Finanzierungsmodell, sondern um einen üblichen Zahlungsweg. Diese Rechtsauffassung fußt darauf, dass das Tatbestandsmerkmal der "unmittelbaren und ausschließlichen" Verwendung des Darlehens für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks wortlautkorrigierend ausgelegt wird. Eine derartige, für den Steuerpflichtigen begünstigende wortlautkorrigierende Auslegung setzt zur Vermeidung unlösbarer Abgrenzungsschwierigkeiten aber voraus, dass die zwischenzeitliche Begründung einer Forderung für eine wirtschaftlich sinnvolle Zahlungsgestaltung unbedingt notwendig ist.

Demgemäß hat auch die Finanzverwaltung es in ihrem BMF-Schreiben unter Rdn. 39 für steuerunschädlich gehalten, wenn während einer längeren Investitionsphase (z.B. der Herstellung eines Gebäudes oder - wie hier - der Einrichtung einer Arztpraxis) Aufwendungen, die nur auf diese Investition bezogen sein dürfen, über ein gesondertes, eigens hierfür eingerichtetes Vorschaltkonto (z.B. Baukonto) bezahlt werden. Die Voraussetzungen für die Steuerunschädlichkeit seien für das Darlehen zu prüfen, das unter Einsatz von Lebensversicherungsansprüchen zur Endfinanzierung des angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgutes eingesetzt werde. Die Voraussetzungen seien erfüllt, wenn dieses Darlehen bis zu drei Monate nach Fertigstellung oder Lieferung des Wirtschaftsgutes aufgenommen worden sei und sowohl das Darlehen als auch der Teil der Ansprüche aus Lebensversicherungen, der zu seiner Tilgung oder Sicherung eingesetzt werde, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten des finanzierten Wirtschaftsgutes nicht überstiegen. Das der Endfinanzierung dienende Darlehen gelte als Erstdarlehen.

Ein derartiges Vorschaltdarlehen hat die Klägerin, auch wenn der Prozessbevollmächtigte dies behauptet, aber gerade nicht für die Zahlungsabwicklung bzw. für die Vorfinanzierung ihrer hier streitigen Investitionen eingerichtet und unterhalten. Ein Vorschaltkonto und auch ein Investitionskonto, wie es der BFH als steuerunschädlich erachtet, verlangen nämlich, dass ausschließlich die begünstigten Investitionen über dieses Konto abgewickelt werden und der sich am Ende ergebende Schuldposten durch das maßgebliche Darlehen abgelöst wird. Damit ist sichergestellt, dass nur die begünstigten Investitionen durch das durch die Lebensversicherung gesicherte Darlehen finanziert werden. Es wurden aber im Streitfall nicht Wirtschaftsgüter über ein gesondertes Konto bis zu dem Zeitpunkt vorfinanziert, zu dem das hier streitige Darlehen ausgereicht wurde, sondern die Zahlungen für den Erwerb der Wirtschaftsgüter wurden über das allgemeine Geschäftsgirokonto, über das die Klägerin auch alle weiteren laufenden Betriebsausgaben und -einnahmen abwickelte, ausgeführt. Bei einer derartigen Zahlungsabwicklung über das allgemeine betriebliche Girokonto ist aber eine Trennung der Zahlungen für die laufenden Betriebsausgaben (z.B. Löhne, Mieten, Nebenkosten usw.) von Zahlungen für begünstigte Investitionen auf Wirtschaftsgüter nicht möglich. Die Zahlungsvorgänge und auch die Zahlungsmittel können nicht mehr genau den Investitionen zugeordnet werden. Ein Nachweis für die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale des Ausnahmetatbestandes in § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe c EStG ist nicht möglich.

Der hier entscheidende Senat folgt auch nicht der vom Prozessbevollmächtigten zur Begründung seiner Position angeführten Auffassung der Finanzverwaltung, dass die mit den begünstigten Investitionen zusammenhängenden Zahlungsvorgänge innerhalb eines begrenzten Zeitraumes über ein betriebliches Girokonto abgewickelt werden können, ohne eine Steuerpflicht auszulösen. Die Finanzverwaltung hat unter Rdn. 53 des BMF-Schreibens bestimmt, dass erst dann eine steuerschädliche Verwendung der Darlehensmittel im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG vorliegt, wenn diese zunächst auf ein Konto (z.B. Kontokorrentkonto, Sparkonto) des Darlehensnehmers überwiesen werden und die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsgutes erst nach mehr als 30 Tagen von diesem Konto bezahlt werden. Das FG Düsseldorf ist in seinem Urteil vom 14. September 2006 (a.a.O.) dem gefolgt und sieht erst dann keinen ausreichenden zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mehr zwischen der Auszahlung des Darlehens auf ein Girokonto und der Anschaffung eines Wirtschaftsgutes, wenn der Darlehensbetrag an mehr als 35 Tagen auf dem Girokonto belassen wurde. Der BFH hat offen gelassen, ob er der Auffassung der Verwaltung überhaupt folgen könnte (Urteil des BFH vom 13. Juli 2004, a.a.O.).

Die Zahlungsabwicklung des Darlehens und der Investitionen über ein betriebliches Girokonto führt jedoch dazu, dass nicht mehr nachvollzogen werden kann, ob die Darlehensmittel unmittelbar und vor allem ausschließlich für die Finanzierung der begünstigten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten eingesetzt wurden. Betriebliche Girokonten werden als Kontokorrentkonten geführt, auf denen alle Geldzu- und -abflüsse zeitnah verbucht werden und am Ende des Tages rein informativ der Tagessaldo aus den vorgenommenen Buchungen einschließlich des Vortagessaldos und am Ende des vereinbarten Abrechnungszeitraumes (je nach Vereinbarung, halbjährlich z.B.) der Saldo aus allen Buchungen errechnet und dann genehmigt wird. Auch der jeweilige Tagesabschlusssaldo führt zu einer Forderung oder Verbindlichkeit des Kontoinhabers, die durch die vorhergehenden Verrechnungen weitgehend unabhängig von den einzelnen Zahlungsvorgängen und vor allem rechtlich unabhängig von den Rechtsgründen der Zahlungsvorgänge sind, auch wenn keine Novation hinsichtlich der einzelnen Rechnungspositionen eintritt. Zahlungen eines an einem Kontokorrentverhältnis Beteiligten erfolgen, so Carsten Schmidt (Carsten Schmidt, Handelsrecht, § 21 III Nr. 2 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof -BGH-, z.B. Urteile vom 28. Mai 1991 XI ZR 214,90, Der Betrieb -DB- 1991, 1621, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1991, 2908, und vom 3. November 1978 I ZR 150, 76, NJW 1979, 924, DB 1979, 444), nicht zur Tilgung bestimmter Forderungen, sondern bilden Rechnungsposten, die bei der nächsten Saldierung und Abrechnung des Kontokorrents ihre Wirkung ausüben. Werden auf ein Kontokorrentkonto größere Beträge - wie im Streitfall die hier streitigen Darlehensteilsummen - eingezahlt, so dienen diese Einzahlungen nicht der Finanzierung der vorher durch dieses Konto finanzierten bzw. der später zu finanzierenden konkreten Investitionen, sondern der Finanzierung aller in der Vergangenheit getätigten und für die Zukunft zu erwartenden Zahlungen. Eine ausschließliche, nur gedankliche Zuordnung der Mittel auf dem Kontokorrentkonto zu bestimmten Ausgaben würde dem besonderen Charakter eines derartigen Kontos widersprechen. Dem stehen auch die im Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 (GrS 2-2/88, BStBl II 1990 817, BFHE 161, 290) aufgestellten Grundsätze nicht entgegen. Der BFH führt darin aus, dass der Bestand und die Rechtsnatur der "in Rechnung" gestellten Forderungen und Leistungen nicht berührt würden, ihre selbstständige Geltendmachung jedoch ausgeschlossen werde. Die laufende antizipierte Verrechnungsabrede sei jedoch nicht auf eine laufende Verrechnung der in das Konto eingestellten Posten gerichtet. Deshalb sei für die steuerliche Qualifikation einer Aufwendung nicht das Einstellen in ein betriebliches Kontokorrentkonto, sondern die steuerliche Veranlassung maßgeblich. Vorliegend ist allerdings nicht die Qualifikation einer Aufwendung als Betriebsausgabe streitig, die anhand des Veranlassungszusammenhangs vorzunehmen ist, sondern die ausschließliche und unmittelbare Verwendung von Kreditmitteln für bestimmte begünstigte Investitionen. Diese ausschließliche und unmittelbare Verwendung der streitigen Geldmittel kann nach Auffassung des hier entscheidenden Senats nicht durch eine gedachte Zuordnungsentscheidung des Steuerpflichtigen oder durch das Herstellen eines rein zeitlichen und sachlichen Veranlassungszusammenhangs belegt werden, sondern muss anhand der nachgewiesenen Zahlungsflüsse auf den streitigen Konten bewiesen werden. Werden aber Gelder auf ein gemischtes betriebliches Girokonto eingezahlt, so dienen diese Gelder gerade nicht der Begleichung ganz bestimmter vergangener und zukünftiger Verbindlichkeiten, sondern der Begleichung aller Verbindlichkeiten, die über dieses Konto abgewickelt werden.

Auch die vom Bundesfinanzhof vorgenommene Auslegung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG fordert nicht die Anerkennung der hier streitigen Zahlungsvorgänge über ein Kontokorrentkonto. Wie eine telefonische Nachfrage bei der zuständigen Bearbeiterin einer Bank ergab, wickeln zwar die meisten Ärzte ihre Investitionen wie die Klägerin so ab, dass sie die gewährten Darlehen auf ihr Betriebskonto überweisen lassen und von diesem Konto dann die Investitionen bezahlen. Die Zuordnung der Darlehensmittel zu den konkreten Finanzierungskosten für Investitionen sei doch, so die Bankmitarbeiterin, über die vorliegenden Rechnungen möglich. Sie bestätigte aber, dass eine Abwicklung der Investitionen über das Betriebskonto nicht unbedingt nötig ist. Auf Verlangen der Bankkunden werde auch ein spezielles Investitionskonto - gleich einem Baukonto - für die hier streitigen Vorgänge geführt, auf dem ausschließlich die Darlehensvaluta und die Investitionskosten verbucht würden. Dies zeigt aber, dass die Abwicklung über das betriebliche Kontokorrentkonto kein notwendiges Durchgangsstadium im Rahmen einer wirtschaftlich sinnvollen Zahlungsgestaltung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil des BFH vom 13. Juli 2004. a.a.O.) darstellt, sondern nur eine Erleichterung in der Zahlungsabwicklung. Aber auch bei wirtschaftlich etwa vergleichbaren Baumaßnahmen ist es üblich, ein gesondertes Baukonto einzurichten, über das die Finanzierung abgewickelt wird. Die vorgenannte Erleichterung rechtfertigt es deshalb nicht, von der Notwendigkeit des Nachweises abzusehen, dass die begünstigten Investitionen unmittelbar und ausschließlich durch das gesicherte Darlehen finanziert wurden.

Der Einwand der Klägerin, das Darlehen habe nur zur Finanzierung der begünstigten Investitionen verwendet werden dürfen, führt nicht zur Begründetheit der Klage. Soweit eine derartige Beschränkung der Verwendungsmöglichkeit der Darlehensmittel wirklich vorgelegen hätte, hätte dies keinen Einfluss auf die hier vorzunehmende steuerliche Beurteilung. Denn maßgeblich ist der Nachweis der Verwendung im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG, weil gegen Bankauflagen auch verstoßen werden kann. Dieser Nachweis konnte aber, wie oben dargestellt ist, nicht geführt werden. Im Übrigen ist entgegen dem Einwand der Klägerin eine Beschränkung bei der Verwendung des streitigen Darlehens auf die Finanzierung von Investitionen aus dem vor Abschluss des Darlehensvertrages gefertigten Verwendungsnachweis nicht erkennbar. Ganz im Gegenteil durften die Darlehensmittel danach auch für die laufenden Betriebsausgaben verwendet werden.

Will also ein Steuerpflichtiger seine Investitionen in der hier streitigen Form finanzieren und die Finanzierung durch eine Lebensversicherung absichern, so darf er die damit zusammenhängenden Zahlungsvorgänge nicht über sein betriebliches Kontokorrentkonto abwickeln, sondern muss zum Zwecke des Nachweises ein gesondertes Investitionskonto einrichten. Da die Klägerin dies nicht getan hat, kann der Nachweis der gesetzlich geforderten Unmittelbarkeit und Ausschließlichkeit der Verwendung der streitigen Darlehensmittel zur Finanzierung begünstigter Investitionen nicht geführt werden. Die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG greift somit nicht zu Gunsten der Klägerin ein. Die Zinsen aus der Lebensversicherung aus dem Jahr 2000 sind deshalb steuerpflichtig.

Aber auch, wenn man der Auffassung der Verwaltung in Rdn. 53 des BMF folgen würde, hätte die Klage keinen Erfolg, weil die Klägerin auch die in dieser Vereinfachungsregelung enthaltenen Voraussetzungen nicht erfüllt hat. Die Verwaltung hat die in dieser Verwaltungsanweisung niedergelegte Ausnahmeregelung ausdrücklich auf die Gestaltung beschränkt, dass zuerst das Darlehen auf das Kontokorrentkonto eingezahlt wird und erst dann innerhalb eines klar und eng begrenzten Zeitraumes von 30 Tagen von diesem Kontokorrentkonto die begünstigten Investitionen bezahlt werden. Bestätigt wird diese Auslegung des Willens der Verwaltung, nur die Investitionen, die nach den Zufluss des Darlehens auf dem Kontokorrentkonto finanziert werden, zu begünstigen, u.a. dadurch, dass auch nach Rdn. 55 des BMF-Schreibens Darlehen, die aufgenommen werden, um Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines begünstigten Wirtschaftsgutes, die zunächst durch Eigenmittel bezahlt wurden, zu refinanzieren, nicht der Finanzierung dieser Anschaffungs- oder Herstellungskosten i. S. des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG dienen. Die Refinanzierung bereits getätigter Ausgaben soll also mit Ausnahme der Umschuldung bzw. Ablösung eines bereits begünstigten Darlehens regelmäßig gerade nicht von der Regelung des § 10 Abs. 2 Satz 2 Satz 2 Buchst. a) EStG betroffen sein. Sind aber nur Zahlungen begünstigt, die nach Darlehenszufluss auf dem Kontokorrentkonto geleistet wurden, so ist vorliegend nicht feststellbar, dass innerhalb von 30 Tagen nach der Valutierung der beiden Darlehensraten von 76.700 DM am 14. September 1993 und 85.000 DM am 7. Oktober 1993 diese Darlehensteilsummen ausschließlich für begünstigte Investitionen verwendet wurden. Nach dem Zufluss der ersten Rate auf dem Kontokorrentkonto sind aus der von der Klägerin eingereichten Kontenübersicht (Bl. 102 ff der Gerichtsakte) nur Investitionen in Höhe von rund 37 TDM und nach dem Zufluss der zweiten Rate nur noch Investitionen in Höhe von 4273,76 DM verbucht. Höchstwahrscheinlich wurde auch das Firmenfahrzeug (gebucht ist eine Privatentnahme in Höhe von 29 TDM) in diesem Zeitraum bezahlt. Was mit den verbleibenden knapp 40 TDM der ersten Rate und rund 52 TDM der zweiten Darlehensrate finanziert wurde, konnte im finanzgerichtlichen Verfahren nicht mehr aufgeklärt werden. Die Klägerin hat insoweit auch keine weiteren Angaben gemacht. Die objektive Feststellungslast für den Nachweis der gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Satz 2 Buchst. a) EStG i.V.m. Rdn. 53 des BMF-Schreibens begünstigten Verwendung der streitigen Darlehensmittel obliegt aber der Klägerin, weil sie sich auf den für sie günstigen Steuertatbestand beruft. Die Nichterweislichkeit geht deshalb zu ihren Lasten.

Entgegen der Auffassung der Klägerin reicht alleine ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang der Darlehensvalututierung mit den Ausgaben für die Investitionen für die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale "ausschließlich und unmittelbar" nicht aus. Die Klägerin will mit diesem Einwand wohl erreichen, dass alle Investitionen, die in zeitlicher Nähe zur Valutierung des hier maßgeblichen Darlehens bezahlt wurden, von der Begünstigung der Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 2 Satz 2 Buchst. a) EStG erfasst werden. Es muss jedoch nachweislich feststehen, dass die betreffenden Darlehensmittel nicht auch für nichtbegünstigte Zwecke verwendet werden konnten. Dies wird aber, wie oben ausgeführt wurde, allenfalls für die Ausgaben nach dem Zufluss des Darlehens auf dem Kontokorrentkonto auf Grund einer gedachten Zuordnungsentscheidung unterstellt werden können. Soweit die Investitionen vor Darlehenszufluss getätigt wurden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass für den Fall eines Negativsaldos auf dem Kontokorrentkonto - wie im Streitfall - dieser auch durch andere Ausgaben hervorgerufen wurde und für den Fall eines Positivsaldos die Investitionen z.B. durch Eigenmittel finanziert wurden. Diese beiden Annahmen schließen aber eine Begünstigung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a) EStG aus. Außerdem ist zu bedenken, dass die von der Verwaltung aufgestellte und für die Steuerpflichtigen sehr günstige Vereinfachungsregelung, die eine Ausnahme von der gesetzliche Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 2 Satz 2 Buchst. a) EStG nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässt, nicht auch noch erweiternd über den Wortlaut und über den Regelungsgehalt hinaus ausgelegt werden kann.

Ist aber nicht auszuschließen, dass ein Darlehen auch nur teilweise steuerschädlich verwendet wurde, so tritt die Steuerpflicht für die Zinsen aus der Kapitallebensversicherung, die zur Sicherung dieses Darlehens eingesetzt wurde, insgesamt ein. Eine teilweise steuerschädliche Verwendung "infiziert" das gesamte Darlehen (Urteil des BFH vom 13. Juli 2004 VIII R 48/02, BStBl II 2004, 1060, BFHE 207, 136). Eine Aufteilung in einen steuerschädliche und einen steuerunschädlichen Teil kommt nicht in Betracht (Urteil des BFH vom 12. Oktober 2005 VIII R 19/04, BFH/NV 2006, 288). Im Streitfall konnte nicht ausgeschlossen werden, dass das streitige Darlehen auch für nicht begünstigte Zahlungen verwendet wurde. Diese Unsicherheit geht zu Lasten der Klägerin, die eine für sie günstige steuerliche Regelung anwenden will.

Aus den vorgenannten Gründen ist der Einwand der Klägerin, der für die Besteuerung maßgebliche Sachverhalt liege im Jahr 1993 und die Regelungen des BMF-Schreibens seien erst im Jahre 2000 veröffentlicht worden und könnten deshalb nicht mehr auf den früher liegenden Sachverhalt angewendet werden, unbeachtlich, weil der hier zu entscheidende Sachverhalt bereits nach den gesetzlichen Regelungen nicht zu der begehrten Begünstigung führen kann. Außerdem begünstigen die hier einschlägigen Vereinfachungsregelungen in dem BMF-Schreiben die Steuerpflichtigen über den gesetzlichen Wortlauf hinaus, sodass die angegriffenen Verwaltungsanweisungen die Klägerin überhaupt nicht beschweren. Die Klage kann also auch mit diesem Argument keinen Erfolg haben und muss deshalb abgewiesen werden.

Der Senat lässt die Revision zu, weil die Rechtsfrage, ob die in der Praxis übliche Finanzierungsmethode, Investitionen über ein betriebliches Kontokorrentkonto abzuwickeln und dann ein Investitionsdarlehen auf dieses Kontokorrentkonto zur abschließenden Finanzierung der Investitionen zu überweisen, den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstabe a EStG entspricht, grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 FGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.



Ende der Entscheidung

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