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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.06.2005
Aktenzeichen: 1 Bf 164/05
Rechtsgebiete: LehrArbzVO


Vorschriften:

LehrArbzVO § 1
LehrArbzVO § 2
LehrArbzVO § 3
LehrArbzVO § 4
Die Lehrerarbeitszeitverordnung vom 1. Juli 2003 (HmbGVBl. S. 197) ergänzt die Vorschriften der Arbeitszeitverordnung (ArbzVO) durch Regelungen zur Verteilung der an Schulen anfallenden Aufgaben auf die Lehrkräfte und stellt dabei insbesondere Regeln zur Ermittlung des Umfangs der Unterrichtsverpflichtung auf. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr auf der Grundlage einer Prognose einschätzt, wie viel Zeit für die Erledigung der übertragenen Aufgaben erforderlich sein wird.
1 Bf 164/05

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld und E.-O. Schulz sowie die Richterin Huusmann am 9. Juni 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 2. November 2004 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Oberstudienrat und unterrichtet an einem Aufbaugymnasium das Fach Bildende Kunst. Nach Inkrafttreten der Lehrkräfte-Arbeitszeit-Verordnung erhöhtes sich die Zahl seiner wöchentlichen Unterrichtsstunden von bisher 23 auf 26 Stunden. Er ist der Ansicht, dass das neu eingeführte Lehrerarbeitszeitmodell rechtswidrig sei und begehrt die Feststellung, dass seine darauf fußende Unterrichtsverpflichtung im Schuljahr 2003/2004 rechtswidrig war. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen.

II.

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung macht er ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache und deren grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO) geltend.

Die vom Kläger dargelegten Gründe, auf die die Prüfung im Rahmen des Zulassungsverfahrens beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), führen nicht zur Zulassung der Berufung.

1.) Aufgrund der Darlegungen des Klägers hat der Senat keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung.

Soweit der Kläger geltend macht, mit dem Lehrerarbeitszeitmodell werde etwas Unmögliches geregelt, indem neben der Unterrichtstätigkeit die sonstigen Tätigkeiten von Lehrkräften planmäßig erfasst und geregelt würden, außerdem verstoße das gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und das Gleichheitsprinzip, vermag das den Senat nicht zu überzeugen.

Zutreffend geht der Kläger davon aus, dass der Arbeitsaufwand, den Lehrer jeweils konkret für die Erledigung der ihnen übertragenen Aufgaben tatsächlich aufwenden nur schwer und mit erheblichem Aufwand zeitlich messbar ist. Dies gilt jedenfalls solange, wie Lehrkräfte, anders als andere Beamte außerhalb der Unterrichtszeit und anderer zeitlich genau festgesetzter Termine (z.B. Konferenzen, Fortbildungsveranstaltungen) nicht zur Einhaltung fester mess- und prüfbarer Arbeitszeiten (etwa durch Anwesenheit im Schulgebäude) verpflichtet sind.

Entgegen der Ansicht des Klägers werden mit der Verordnung über die Arbeitszeit der Lehrerinnen und Lehrer an staatlichen Schulen vom 1. Juli 2003 (HmbGVBl. S. 197 - LehrArbzVO -) die sonstigen Arbeitstätigkeiten eines Lehrers nicht planmäßig zeitlich derart erfasst und geregelt, dass von einem jährlichen Arbeitszeitkonto der einzelnen Lehrkraft für jede übertragene Aufgabe erst nach deren Erledigung ein bestimmtes Zeitkontingent abgezogen wird. Die LehrArbzVO geht vielmehr davon aus, dass die Arbeitszeit für Lehrer denselben Umfang hat wie er für alle Beamten in § 1 Abs. 1 Satz 1 ArbZVO geregelt ist (§ 4 Abs. 3 Satz 3 LehrArbzVO). Die LehrArbzVO ergänzt die Vorschriften der ArbZVO durch Regelungen zur Verteilung der an Schulen anfallenden Aufgaben auf die Lehrkräfte und stellt dabei Regeln insbesondere zur Ermittlung des Umfangs der Unterrichtsverpflichtung der einzelnen Lehrkraft auf. Neben den unterrichtsbezogenen Aufgaben fallen für Lehrkräfte auch funktionsbezogene Aufgaben (z.B. Klassenlehrerschaft) sowie allgemeine Aufgaben (z.B. Teilnahme an Konferenzen und Elternabenden) an, außerdem sonstige dienstliche Aufgaben, die zu berücksichtigen sind (§ 2 Abs. 3 LehrArbzVO).

Die Zuweisung der (zukünftig zu erledigenden) Aufgaben auf die einzelne Lehrkraft an den Schulen erfolgt dann einerseits individuell konkret, indem ihr so viele Aufgaben, darunter auch zu erteilender Unterricht, zugewiesen werden, wie es ihrer individuellen Arbeitszeit entspricht. Die Verteilung erfolgt andererseits grundsätzlich nach einem abstrakten, pauschalen Maßstab, indem für die einzelnen Aufgaben teils die in der LehrArbzVO selbst fixierten Werte (z.B. für die Unterrichtserteilung einschließlich der damit zusammenhängenden Arbeiten) eingesetzt werden, teils für die Aufgabenerledigung Zeiten im Rahmen der Vorgaben der zuständigen Behörde nach den zeitlichen Erfordernissen der jeweiligen Schule (§ 3 Satz 1 LehrArbzVO) berücksichtigt werden.

Wie der Kläger zutreffend geltend macht, kann - und soll nach den Regelungen der LehrARbzVO - die individuelle und konkrete Situation der einzelnen Lehrkraft bei dieser Zuweisung von zu erledigenden Aufgaben regelmäßig keine Berücksichtigung finden. Dies ist aus Rechtsgründen auch schwerlich zu beanstanden. Bei der Zuweisung von schulischen Aufgaben kann angesichts der Vielzahl von Faktoren, die auf die Dauer ihrer Erledigung Einfluss nehmen können, nur in beschränktem Umfang (z.B. bei der Festlegung der Dauer der Unterrichtsstunde vgl. § 4 Abs. 1 LehrArbzVO) im Voraus, anders als möglicherweise im Nachhinein, die dafür tatsächlich benötigte Zeit festgestellt werden. Es bedarf bei der Aufgabenübertragung mithin bei vielen der Aufgaben einer Prognose und Einschätzung des Dienstherrn, wie viel Zeit für die Aufgabenerledigung erforderlich sein wird. Wenn für diese Einschätzung als Anhaltspunkt empirische Daten über den ermittelten tatsächlichen Zeitaufwand für die Erledigung einzelner Aufgaben mit berücksichtigt worden sind, ist das entgegen der Ansicht des Klägers nicht deshalb zu beanstanden, weil die Daten in einem anderen Bundesland mit möglicherweise andern Anforderungen an Art, Umfang und Qualität der Aufgaben der Lehrer erhoben worden sind. Auch wenn solche empirische Daten mit Hamburger Verhältnissen nur eingeschränkt vergleichbar sein sollten, wie der Kläger geltend macht, stellen sie nicht die alleinige Grundlage für die Schätzung dar, wie viel Arbeitszeit insgesamt für eine Stunde Schulunterricht einschließlich der unterrichtsbezogenen Aufgaben (z.B. Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Korrekturen von Haus- und Klassenarbeiten) von einer Lehrkraft aufgewendet werden wird. Wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, liegt der LehrArbzVO der Bericht der 2. Hamburger Lehrerarbeitszeitkomission vom 17. Februar 2003 zugrunde, in der sich Anhaltspunkte für die Einschätzung unter Zugrundelegung der Verhältnisse in Hamburg finden. Aus der Anlage zu § 4 Abs. 2 Satz 1 LehrArbzVO ist zu entnehmen, dass der Verordnungsgeber bei der Einschätzung der für unterrichtsbezogene Aufgaben aufzuwendenden Zeiten auch unterschiedliche Schulformen und Jahrgangsstufen berücksichtigt hat, so auch Aufbaugymnasien. Es überzeugt daher den Senat nicht, wenn der Kläger geltend macht, an dem Aufbaugymnasium, an dem er tätig sei, sei die soziale Situation im Verhältnis zu anderen Gymnasien eher mäßig, was bei der umfassenden Regulierung der Arbeitszeit des Klägers keine Berücksichtigung gefunden habe. Abgesehen davon, dass der Schulleiter des Klägers hinsichtlich des Leistungskurses von der Möglichkeit des § 4 Abs. 2 Satz 2 LehrArbzVO Gebrauch gemacht hat und den Faktor dafür auf 1,8 erhöht hat, ist nicht vorgetragen oder erkennbar, dass die soziale Situation generell den oder zumindest einen der wesentlichen Faktoren bei der - abstrakten - Bemessung der erforderlichen Arbeitszeit für unterrichtsbezogene Aufgaben darstellt.

Ob der Kläger, wie er vorträgt, im kommenden Schuljahr nicht mehr in den Genuss eines abweichenden Faktors für den einen Leistungskurs im Fach Kunsterziehung kommen wird, und sich damit seine Unterrichtsverpflichtung auf 27 Wochenstunden erhöhen wird, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Dem Kläger kann nicht gefolgt werden, soweit er geltend macht, der Schulleiter sei nicht befugt, den Umfang seiner Arbeitszeit festzusetzen. Richtig ist daran, dass der Umfang der Jahresarbeitszeit nicht vom Schulleiter bestimmt wird, sondern sich aus § 1 ArbzVO, gegebenenfalls bei teilzeitbeschäftigten Lehrkräften aus dem die Teilzeit genehmigenden Bescheid ergibt. Als unmittelbarem Dienstvorgesetzten des Klägers obliegt es dem Schulleiter aber, im Rahmen der LehrArbzVO dem Kläger Aufgaben in dem dort vorgesehenen Umfang zuzuweisen und somit auf den Umfang seiner konkreten wöchentlichen Arbeitszeit Einfluss zu nehmen.

Soweit der Kläger ein "Abhängigkeitsverhältnis" von seinem Schulleiter rügt, weil der die "Feinsteuerung" bezüglich der Faktorisierung vornehmen könne, überzeugt das nicht. Eine gewisse Abhängigkeit von dem Dienstvorgesetzten ist dem Beamtenverhältnis immanent und keine Folge der Einführung des Lehrerarbeitzeitmodells.

Die Behauptung des Klägers, er müsse das für seine Tätigkeit berechnete Zeitkontingent permanent überschreiten, wenn er die Qualitätsvorgaben von Lehrplan und Ausführungsbestimmungen einhalten solle, diese Entwicklung habe bei ihm zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt, die ärztlich behandelt würden, ist ohne nähere Darlegungen geblieben und genügt damit nicht den Anforderungen des § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO. Es ist nicht im Ansatz erkennbar, welche Vorgaben der Beklagten für die Aufgabenerfüllung in qualitativer und quantitativer Hinsicht in Lehrplänen und Ausführungsbestimmungen einzeln oder in ihrer Gesamtheit dazu führen, dass die in der LehrArbzVO vorgesehene Zeit für die unterrichtsbezogenen Aufgaben des Klägers nicht für deren Erfüllung nach den Vorgaben der Beklagten ausreichen. Hier hätte der Kläger Hinweise geben müssen. Es ist auch nicht dargelegt, weshalb im Falle eines Konfliktes zwischen der Einhaltung der nach der LehrArbzVO für die Aufgabenerledigung vorgegebenen oder abweichend festgelegten Werte für unterrichtsbezogene Aufgaben einerseits und der Einhaltung der Vorschriften der Beklagten zu Quantität und Qualität dieser Aufgaben andererseits, dieser Konflikt dadurch gelöst werden muss, dass der Lehrkraft mehr Zeit zur Aufgabenerledigung eingeräumt wird. Soweit es sich, wie bei den Lehrplänen und deren Ausführungsbestimmungen dazu um Vorschriften ohne Gesetzes- oder Verordnungsrang handelt (vgl. zu Bildungsplänen § 4 Abs. 4 HmbSchulG), fehlt es darüber hinaus an Darlegungen dazu, ob und weshalb sie gegenüber den Vorschriften der LehrArbzVO vorrangig zu berücksichtigen wären.

2.) Die Darlegungen des Klägers vermögen den Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist.

Die vom Kläger aufgeworfene, möglicherweise nur mit einiger Mühe zu beantwortende Frage nach der tatsächlichen Arbeitsbelastung des Klägers stellt sich nicht. Er hat nicht geltend gemacht und dargelegt, dass die Gesamtheit der ihm übertragenen und zu erledigenden Aufgaben dazu geführt hat, dass er im Schuljahr 2003/2004 mehr als die in § 1 Abs. 1 ArbzVO vorgesehene Arbeitszeit hat arbeiten müssen und gearbeitet hat.

Die als Frage von besonderer rechtlicher Schwierigkeit bezeichnete Frage, "ob eine umfassende Faktorisierung der gesamten Arbeitszeit einer Lehrkraft des Faches Bildende Kunst noch im Gestaltungsspielraum des Dienstherrn liegt und den grundrechtlich geschützten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, Art. 33 V GG, sowie dem Gleichheitsprinzip, Art. 3 I GG entspricht", stellt sich im vorliegenden Verfahren nicht. Zum einen hat der Verordnungsgeber aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung mit der LehrArbzVO die Faktorisierung unterrichtsbezogener Aufgaben eingeführt. Zum anderen ist entgegen der Annahme des Klägers nicht die gesamte Arbeitzeit faktorisiert, vielmehr erfolgt die Wahrnehmung funktionsbezogener Aufgaben und allgemeiner Aufgaben sowie von Aufsichten nach den zeitlichen Erfordernissen der jeweiligen Schule im Rahmen der Vorgaben der zuständigen Behörde (§ 3 Satz 1 LehrArzVO), mithin nach dem erwarteten tatsächlichen zeitlichen Aufwand.

Der Senat vermag die vom Kläger aufgeworfene Frage, wie weit die zeitlichen Festlegungen aus der Verordnung den Umfang der Unterrichtsverpflichtung der Lehrer gemäß den unterrichteten Fächern und Klassenstufen spreizen dürfen, nicht als besonders schwierig einzustufen. Wie oben ausgeführt wird mit der LehrArbzVO der Zeitbedarf prognostiziert, der für die Erfüllung konkreter schulischer Aufgaben von der einzelnen Lehrkraft benötigt wird. Wenn im Rahmen dieser Prognose nach Fächern, Klassenstufen und Schulformen differenziert wird, füllt das, was nahe liegt, den prognostischen Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers insoweit aus. Besondere rechtliche Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Zulässigkeit dieser Prognose hat der Kläger nicht weiter dargelegt.

3.) Soweit der Kläger als grundsätzlich bedeutsam die Frage bezeichnet, wie Unterrichtsfächer mit welchem Faktor bei der Unterrichtung welcher Klassenstufe zu bewerten sind, so stellt sich die Frage in dieser Allgemeinheit im vorliegenden Verfahren nicht. Außerdem übersieht der Kläger, dass das Bundesverwaltungsgericht die zitierte Entscheidung vom 28.11.2003 (2 C 19.03 -DVBl 2004, 772), die nach Meinung des Klägers im Widerspruch zur LehrArbzVO steht, auf der Grundlage der bis zu 1. August 2003 gültigen Pflichtstundenverordnung vom 20. Juni 2000 (HmbGVBl. S. 107) getroffen hat, die LehrArbzVO demgegenüber eine vollständige Neuregelung darstellt.

III

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 52 Abs. 2, 47 GKG.

Ende der Entscheidung

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