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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 21.04.2005
Aktenzeichen: 1 Bf 74/04
Rechtsgebiete: SchSV 98, SchSV 86


Vorschriften:

SchSV 98 § 6
SchSV 98 § 15
SchSV 86 § 1
SchSV 86 § 2 Abs. 5
SchSV 86 § 13 Abs. 4
Ein einem Museumsschiff ähnliches Wasserfahrzeug dient noch nicht deshalb ausschließlich ideellen Zwecken im Sinne der Regelungen über Traditionsschiffe, weil die durch seinen Betrieb erzielten Einnahmen seiner Erhaltung dienen. Vielmehr muss der Betrieb selbst ideellen Zwecken dienen. Reinkommerzielle Aktivitäten, die nicht wesentlich auch mit der Traditionspflege verbunden sind, sind wenn überhaupt allenfalls ausnahmsweise mit dem Betrieb eines Traditionsschiffes vereinbar, wenn sie einen ganz untergeordneten Anteil an der Schiffsnutzung ausmachen.

Eine gewerbsmäßige Nutzung im Sinne des § 2 Abs. 5 Nr. 4 c SchSV 86 (Sonderfahrzeug) setzt keine Gewinnerzielung voraus. Es genügt, dass die Dienstleistung, wie Angelfahrten, mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Nachhaltigkeit gegen Entgelt einem unbeschränkten Personenkreis zugänglich gemacht werden.


1 Bf 74/04

Verkündet am 21. April 2005

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, E.-O. Schulz und die Richterin Huusmann sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Fricke und Fuchs für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. Februar 2004 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung der Beklagten vom 2. April 2002, mit der ihm das Auslaufen und die Weiterfahrt des Motorschiffes "Libelle" untersagt worden ist.

Das Motorschiff "Libelle" ist ein 1960 als Fischkutter gebautes Schiff von 13,82 m Länge und 4,85 m Breite, das durch einen Dieselmotor angetrieben wird. Im April 1999 erteilte das Wasser- und Schifffahrtsamt Stralsund für das Schiff nach § 2 der Verordnung über die Inbetriebnahme und gewerbsmäßige Vermietung von Sportbooten im Küstenbereich i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. Juli 1996 (BGBl. I S. 1341) für das große Sportboot "Libelle" dem Eigentümer ................................ ein Bootzeugnis, gültig bis zum 15. Februar 2002, wonach das vorstehend beschriebene Sportboot für fahrtüchtig befunden worden ist.

Am 1. Februar 2002 schlossen der Verein "Traditionskutter Libelle e.V." sowie die Eigentümer des Kutters ......................., ............... sowie ........................... einen Mietvertrag für die Dauer von fünf Jahren. Danach wurde das Motorschiff "Libelle" dem Verein zur Verwirklichung und Erfüllung der Zwecke und Aufgaben des Vereins gemäß Vereinssatzung in Miete überlassen, der Mieter hatte die eventuell für den Betrieb des Kutters erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Konzessionen u.ä. auf eigene Kosten zu beschaffen. Als Gegenleistung wurde vereinbart, dass der Mieter alle durch den Betrieb und für die Reparatur und Instandhaltung des Kutters anfallenden Kosten und Beträge zu tragen habe.

Der Verein "Traditionskutter Libelle e.V." hat nach seiner Satzung vom 24. April 2001 den Zweck, maritime Aktivitäten wie Tauchen, Angeln, nautische Weiterbildung u.v.m. für jedermann zu fördern. Der Verein arbeitet danach mit dem Landesamt für Bodendenkmalpflege zusammen und organisiert geführte Tauchgänge. Er ermöglicht qualifizierten Sportanglern das Hochseeangeln auf der Ostsee und achtet auf die Einhaltung des Fischereigesetzes. Außerdem werden Skippertraining, Hochseeangeln, Meilennachweise sowie Erläuterungen zur Seemannschaft angeboten. Im März 2002 stellte die Beklagte fest, dass im Internet unter der Adresse http://www.kutter-libelle.de/ für ein- oder mehrtägige Charter-, Taucher- und Angelfahrten auf der Ostsee geworben wurde. Als Preise wurden genannt 32,00 € pro Person bei Tagesfahrten bis zu 12 Personen, bei Vollcharter 360,00 € pro Tag inkl. Mittagessen und bei Übernachtung 17,00 € pro Person inkl. Frühstück. Mehrtagescharter sollte pro Person 65,00 € (Vollverpflegung) kosten. Insbesondere wandten sich die Internetseiten auch an Tauchfreunde und boten Tagesfahrten von 7.00 bis 16.00 Uhr mit zwei bis drei Tauchgängen vor Rostocks Küste zum Preise von 45,00 € pro Person inkl. Luft an. Am 23. März 2002 stellte die Wasserschutzpolizei Rostock fest, dass das Motorschiff "Libelle" mit 13 Fahrgästen, dem Kläger als Schiffsführer und einem weiteren Besatzungsmitglied auf Angeltour unterwegs war. Die Wasserschutzpolizei ordnete daraufhin die Festlegung des Schiffes an. Am 2. April 2002 erließ die Beklagte die angefochtene Festhalteverfügung, mit der dem Kläger das Auslaufen und die Weiterfahrt des Motorschiffes "Libelle" untersagt wurde. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2002 zurück. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde aufrecht erhalten.

Hiergegen hat der Kläger am 5. August 2002 Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, bei dem Kutter "Libelle" handele es sich um ein normales Sportboot. Schiffe mit einer Länge unter 15 m benötigten keine Papiere. Im Übrigen könnten mit dem Kutter nicht mehr als 12 Personen befördert werden. Darüber hinaus sei eine Sicherheitsüberprüfung jederzeit möglich. Der Kutter entspreche allen Sicherheitsanforderungen. Er sei dem Verein "Traditionskutter Libelle e.V." von der Eigentümergemeinschaft zur Nutzung zur Verfügung gestellt worden. Der Verein sei ein gemeinnütziger Verein. Die Einnahmen, die der Verein mit der Beförderung von Fahrgästen erziele, diene der Abdeckung der Unterhaltungskosten des Kutters. Der Verein erziele keine Gewinne. Durch die Festhalteverfügung der Beklagten sei der Verein gehindert, die satzungsgemäß festgelegten Aufgaben zu erfüllen. Dadurch sei die Existenz des Vereins, vor allem aber auch die Erhaltung des Kutters gefährdet. Der Verein eröffne interessierten Bürgern die Möglichkeit für eine sinnvolle Freizeitgestaltung. Der Stadtsportbund Rostock e.V. unterstütze die Ziele und das Wirken des Vereins. Der Kutter "Libelle" sei weder als Fahrgastschiff eingesetzt worden, noch würden regelmäßig und ständig mehr als zwölf Personen befördert. Richtig sei, dass mit dem Kutter in der Vergangenheit Personen gegen Entgelt befördert worden seien. Da es sich jedoch nicht um mehr als zwölf Personen gehandelt habe, sei ein Sicherheitszeugnis nicht erforderlich. Dies ergebe sich auch aus der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe, wonach der Kutter nicht der Zeugnispflicht unterliege. Darüber hinaus messe die Beklagte offensichtlich mit zweierlei Maß. Das Motorschiff "Fritz Reuter", Heimathafen Wismar, sei trotz fehlender Sicherheitszeugnisse nicht festgehalten worden.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 2. April 2002 und den Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2002 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass auf der Homepage des Vereins im Internet Tagesfahrten für 32,00 € pro Person, Vollcharter für 360,00 € und Übernachtungen für 17,00 € pro Person sowie Mehrtagescharter für 65,00 € pro Person angeboten worden seien. Bei dem Motorschiff "Libelle" handele es sich um ein Fahrgastschiff, das nach § 1 des Flaggenrechtsgesetzes berechtigt sei, die Bundesflagge zu führen. Am 23. März 2002 sei festgestellt worden, dass mit dem Schiff mehr als zwölf Personen gegen Entgelt befördert würden. Damit unterfalle das Motorschiff "Libelle" der Richtlinie für den Bau, die Ausrüstung und den Betrieb von Fahrgastschiffen in der Seefahrt (Nationale Fahrgastschiffsrichtlinie). Für die Absicht, mit dem Betrieb des Schiffes Gewinn zu erzielen, spreche eine tatsächliche Vermutung. Die Höhe der Fahrpreise lasse den Schluss nicht zu, dass damit lediglich die Unkosten gedeckt werden sollten. Aber auch, wenn das Schiff kein Fahrgastschiff sei, so unterliege es als Kleinfahrzeug im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 7 Schiffssicherheitsverordnung 1998 der Sicherheitszeugnispflicht. Das Schiff habe darüber hinaus kein gültiges Schiffsbesatzungszeugnis. Dies sei erforderlich, da es sich um ein Kauffahrteischiff handele. Zu den Kauffahrteischiffen zählten alle jene Schiffe, die zum Erwerb durch Seefahrt bestimmt seien. Eine Gestattung des Auslaufens unter Bedingungen oder Auflagen sei nicht in Betracht zu ziehen gewesen, weil für das Motorschiff "Libelle" keine Angaben zum Fahrtgebiet und zu der Anzahl der beförderten Personen gemacht worden seien und deshalb Nebenbestimmungen nicht hätten erlassen werden können.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 6. Februar 2004 im schriftlichen Verfahren die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die Beklagte habe keine hinlänglich sicheren Feststellungen dazu getroffen, dass das MS "Libelle" zum Erwerb durch die Seefahrt im Sinne der überkommenden reichsgerichtlichen Rechtsprechung bestimmt sei und damit der Zeugnispflicht unterliege. Insbesondere habe die Beklagte nicht im Ansatz dargelegt, dass insoweit Einnahmen erzielt werden, die über den Erhalt des Schiffes erforderlichen Aufwand hinausgingen. Im Übrigen sei die Festhalteverfügung unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Mit der Auflage, nicht mehr als zwölf Personen (entgeltlich) an Bord zu nehmen, habe den Belangen der Schiffssicherheitsverordnung hinreichend Rechnung getragen werden können.

Mit der zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend:

Die angefochtene Verfügung beziehe sich selbstverständlich nur auf den Zuständigkeitsbereich der Beklagten, vorliegend also auf die aus der Sicht der Beklagten zweifelsfrei anzunehmende gewerbliche Nutzung des Motorschiffs "Libelle". Die private Nutzung des Schiffes falle nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. Soweit die Nutzung des Schiffes in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten falle, seien die Voraussetzungen für die angefochtene Festhalteverfügung nach §§ 11 Abs. 1 Nr. 2 Schiffssicherheitsverordnung und 5 Abs. 2 Schiffsbesetzungsverordnung erfüllt. Bei dem Motorschiff "Libelle" handele es sich nicht um ein sogenanntes Traditionsschiff. Voraussetzung für die Einordnung als Traditionsschiff nach der Traditionsschiffsrichtlinie sei unter anderem, dass der Betrieb ausschließlich ideellen Zwecken diene und dass das Schiff zur maritimen Traditionspflege, zu sozialen und vergleichbaren Zwecken, z.B. von der Sail Trading Association als Seeschiff eingesetzt werde. An beiden Voraussetzungen fehle es vorliegend. Das Schiff werde zu Angel- und Tauchfahrten eingesetzt. Dabei unterscheide sich sein Einsatz nicht von dem, was durch gewerbliche Anbieter auf diesem Gebiete erfolge. Der Angelsport auf Hochsee habe nichts mit maritimer Traditionspflege zu tun. Insbesondere werde damit nicht dargestellt, ob und wie mit einem ehemaligen Fischkutter früher berufsmäßig Fisch gefangen worden sei. Unabhängig davon, ob es sich bei dem Motorschiff "Libelle" um ein Fahrgastschiff im Sinne der nationalen Fahrgastschiffsrichtlinie handele oder um ein Kleinfahrzeug nach Nr. 7 des § 6 Abs. 1 Schiffssicherheitsverordnung 98, sei das Schiff zeugnispflichtig. Diese Zeugnisse seien nicht vorhanden. Solange das Schiff nicht zur Besichtigung gestellt worden sei, sei die Festhalteverfügung die einzige zur Gefahrenabwehr geeignete Maßnahme, da nur so sicher gestellt werden könne, dass eine Gefährdung jedweder Art für Menschenleben, Umwelt und die Sicherheit des Schiffsverkehrs ausgeschlossen werde.

Die Beklagte beantragt ,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 6. Februar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend:

Der Kutter sei mit Kaufvertrag vom 9. Januar 2005 veräußert worden. Die eigentliche Beschwer der Festhalteverfügung sei daher nicht mehr vorhanden.

Er habe ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit, da der Verein ein Schadensersatzinteresse habe. Durch die zu entrichtenden Liegegebühren und die Wartungskosten seien während der Stilllegung des Schiffes Kosten entstanden, ohne dass durch entsprechende Fahrten hätten Einnahmen erzielt werden können.

Der Kutter "Libelle" sei ein sogenanntes Sportboot, das nicht den Bestimmungen der Seeberufsgenossenschaft unterliege. Die Behauptung der Beklagten, der Kläger würde mit dem Kutter Angeltouren gegen Entgelt ausführen, sei falsch, auf jeden Fall ziemlich einseitig. Zweck des Vereins sei nur zu einem Teil, Angelsportfahrten durchzuführen. Im Wesentlichen seien mit dem Kutter "Libelle" Tauchsportfahrten vorgesehen. Der Verein habe für die Tauchfreunde in Rostock ein vernünftiges Schiff für Tauchzwecke zur Verfügung stellen wollen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Sachakte der Beklagten sowie die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen. Der Verein "Traditionskutter Libelle e.V." habe in der Stadt Rostock das Angebot an Freizeitmöglichkeiten erweitern und sinnvolle Freizeitbeschäftigung anbieten wollen. Es sei nicht Ziel des Vereins, Gewinne zu erzielen. Auch mit dem Traditionskutter "Nordwind" würden ähnliche Ziele verfolgt.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der angefochtene Bescheid vom 2. April 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2002 ist rechtmäßig. Der Kläger ist dadurch nicht in seinen Rechten verletzt.

1. Das Rechtsschutzinteresse des Klägers wegen möglicher Rechtsverletzung ist nicht dadurch entfallen, dass das MS "Libelle" inzwischen an Dritte verkauft worden ist.

Der Kläger hat glaubhaft bekundet, dass für die Zeit der Festhalteverfügung der Beklagten Kosten entstanden seien, ohne dass durch entsprechende Fahrten mit dem Schiff Einnahmen hätten erzielt werden können. Insoweit bestehe ein Schadensersatzinteresse. Die Klage ist zumindest als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Ein Schadensersatzbegehren des Klägers, zu dessen Vorbereitung die Fortführung der vorliegenden Klage dient, war nicht offensichtlich aussichtslos.

2. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bezieht sich die angefochtene Festhalteverfügung nach ihrem vom Kläger auch nicht bezweifelten Erklärungsinhalt nicht auf die rein private Nutzung des MS "Libelle" durch den Kläger selbst, die Mitglieder des Vereins und seine Familie mit Freunden und Verwandten. Auch aus der Sicht des Klägers wird ihm damit (lediglich) untersagt, das Schiff zu Fahrten mit Fahrgästen zu nutzen, die gegen Entgelt befördert werden. Dieses hat die Beklagte im Laufe des Verfahrens bekräftigt, der Kläger hat ein anderes Verständnis der Verfügung nicht behauptet.

3. Die Festhalteverfügung datiert vom 2. April 2002, der Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2002. Damit wird dem Kläger das Auslaufen und die Weiterfahrt des Schiffes MS "Libelle" ohne zeitliche Einschränkung untersagt. Mithin handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Dieser Dauerverwaltungsakt war zum Zeitpunkt des Erlasses rechtmäßig. Er ist auch nicht später rechtswidrig geworden.

a) Ermächtigungsgrundlage für die Festhalteverfügung war und ist, wie von der Beklagten zutreffend angenommen, § 11 Abs. 1 Nr. 2 Schiffssicherheitsverordnung in der Fassung von Art. 2 der Ersten Schiffssicherheitsanpassungsverordnung vom 18. September 1998 (BGBl. I S. 3013, 3023 - SchSV 98 -). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SchSV 98 i.V.m. § 2 Abs. 1 des Schiffssicherheitsgesetzes vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2860 mit späteren Änderungen - SchSG - ) ist die SchSV 98 auf das MS "Libelle" anwendbar. Das Schiff führt die Bundesflagge.

§ 11 Abs. 1 Nr. 2 SchSV 98 bestimmt im Abs. 1: "Wenn 1. ein zur Führung der Bundesflagge berechtigtes Schiff Anforderungen, die nach dem internationalen schiffsbezogenen Sicherheitsstandard, dem Schiffssicherheitsgesetz oder im Rahmen des Seeaufgabengesetzes vorgeschrieben sind im wesentlichen nicht erfüllt und dies eine unmittelbare Gefahr für Schiffe, Schifffahrt oder Schifffahrtseinrichtungen, Gesundheit, Küste oder die Umwelt darstellt oder 2. für ein solches Schiff nicht die vorgeschriebenen gültigen Zeugnisse über die Erfüllung der genannten Anforderungen nachgewiesen werden können, verbietet die Seeberufsgenossenschaft sein Auslaufen, seine Weiterfahrt oder seinen Betrieb oder gestattet dies nur unter Bedingungen oder Auflagen, durch welche die gebotene Gefahrenabwehr gewährleistet wird." Die Beklagte beruft sich mit recht darauf, dass das MS "Libelle" nicht über die erforderlichen Sicherheitszeugnisse verfügt und stützt sich in der angefochtenen Verfügung darauf, dass ohne die erforderlichen Sicherheitszeugnisse und die hierfür erforderlichen Untersuchungen nicht festgestellt werden könne, ob und in welchem Umfang eine unmittelbare Gefahr für Schiff, Schifffahrt oder Schifffahrtseinrichtungen von dem Schiff ausgehen. Dies entspricht sowohl dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Nr. 2 SchSV 98 als auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Denn die Beurteilung, welche Bedingungen und Auflagen erforderlich sind, um die gebotene Gefahrenabwehr bei dem Betrieb eines Schiffes zu gewährleisten, setzt eine Besichtigung des Schiffes und damit eine Bestandsaufnahme der von dem Schiff ausgehenden Gefahren voraus. Fehlt es daran, kommt ein milderes Mittel als das Auslaufverbot (Festhalteverfügung) schwerlich in Betracht.

b) Zutreffend geht die Beklagte davon aus, dass das Schiff des Klägers, ein 1960 als Fischerboot in Maasholm gebautes Schiff mit den Abmessungen 13,82 m x 4.857 m ein Schiffssicherheitszeugnis benötigte.

aa) Soweit mit dem Schiff weniger als 12 Personen befördert worden sind oder werden sollten, ergibt sich das aus § 15 Abs. 1 Nr. 2 SchSV 98 i.V.m. § 13 Abs. 4 der SchSV in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. September 1997 (BGBl I S. 2217) mit der Änderung der 11. Verordnung zur Änderung der Schiffssicherheitsverordnung vom 19. Juni 1998 (BGBl I S. 1431) - im folgenden SchSV 86 -. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 SchSV 98 sind, soweit die internationalen Schiffssicherheitsregelungen und die Vorschriften dieser Verordnung nicht entgegen stehen, zusätzlich die Bestimmungen der Schiffssicherheitsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 3.9.1997 geändert durch die Verordnung vom 19. Juni 1998 mit Ausnahme der §§ 23 Abs. 2 und 73, 1. im Bezug auf Sachverhalte, die in dem Abschnitt D Nr. 10 und 11 der Anlage zum Schiffssicherheitsgesetz genannten Rechtsakten geregelt sind oder in anderer Weise die Fischereifahrzeuge oder die Schiffsausrüstung betreffen, wenn nicht ausdrücklich anders bestimmt, bis zum Ablauf des 31. Dezember 1998 anzuwenden, 2. im Bezug auf Pflichten hinsichtlich der in § 6 genannten Schiffe sowie der Bäderboote- und Sportanglerfahrzeuge auch über den in Nr. 1 genannten Zeitpunkt hinaus oder i.V.m. § 4 Abs. 2 einschließlich der dazu gehörigen Definitionen, Ausnahmen und Abweichungen sowie Zeugnisse vorbehaltlich der Bestimmungen der Schiffsausrüstungsverordnung anzuwenden, bis das Bundesministerium für Verkehr in einer Richtlinie nach § 6 feststellt, dass sie abgelöst werden.

-1- Zum Zeitpunkt des Erlasses der Festhalteverfügung am 2. April 2002 und des Widerspruchsbescheides am 12. Juli 2002 waren vom Bundesministerium für Verkehr keine Richtlinien nach § 6 SchSV 98 erlassen worden, in deren Anwendungsbereich das MS "Libelle" fällt.

Der Anwendungsbereich der Richtlinie für den Bau, die Ausrüstung und den Betrieb von Fahrgastschiffen in der Seefahrt - nationale Fahrgastschiffsrichtlinie - vom 16. September 1999, VerkBl 1999 S. 647 erfasst das Schiff des Klägers nicht. Ziffer 1.1 der Richtlinie bestimmt: Diese Richtlinie gilt für Fahrgastschiffe unter Bundesflagge einschließlich der Bäderboote und Sportanglerfahrzeuge in der Inlandfahrt, insoweit sie nicht der Richtlinie 98/18/EG unterliegen. Dies sind 1. ... ,2. Schiffe der Klasse A bis D im Sinne der Richtlinie 98/18/EG, deren Kiel vor dem 1. Juli 1998 gelegt wurde oder die sich zu diesem Zeitpunkt in einem entsprechenden Bauzustand befunden haben, mit einer Länge von weniger als von 24 Meter. Diese Voraussetzung erfüllt das MS "Libelle". Voraussetzung für die Anwendung der Richtlinie ist allerdings weiter, dass es sich um ein Fahrgastschiff handelt. Unter Fahrgastschiff versteht die Richtlinie nach Ziffer 2.1: "ein Schiff das mehr als 12 Fahrgäste befördert oder das für die Beförderung von mehr als 12 Fahrgästen zugelassen ist". Soweit nicht mehr als 12 Fahrgästen mit dem Schiff befördert worden sind, ist die nationale Fahrgastschiffsrichtlinie nicht auf das MS "Libelle" anwendbar.

Das MS "Libelle" war zum Zeitpunkt des Erlasses der Festhalteverfügung und des Widerspruchsbescheides auch nicht vom Geltungsbereich der Richtlinie nach § 6 Abs. 1 SchSV über Sicherheitsanforderungen an Bau und Ausrüstung von Traditionsschiffen, die nicht internationalen Schiffssicherheitsregelungen einschließlich der Richtlinie 98/18/EG des Rats vom 17. März 1998 über Sicherheitsvorschriften und -normen für Fahrgastschiffe unterliegen - Sicherheitsrichtlinien für Traditionsschiffe - bekannt gemacht am 3. Februar 2000 (VerkBl. 2000 S. 57) erfasst. Denn nach Ziffer 1.1 dieser Richtlinie gilt die Richtlinie für historische Wasserfahrzeuge, die die Bundesflagge führen, soweit sie nicht den internationalen Schiffssicherheitsregelungen unterliegen, und deren Rumpflänge 15 m, jedoch nicht 55 m übersteigt oder deren Rumpflänge 15 m nicht übersteigt und die für mehr als 25 Personen an Bord vorgesehen sind. Das MS "Libelle" hat eine Rumpflänge von 13,82 m. Es ist nicht für mehr als 25 Personen an Bord vorgesehen. Es wurde von der Wasserschutzpolizei auch nicht mit so vielen Personen an Bord angetroffen. Damit ist es von dieser Fassung der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe nicht erfasst.

Bei dem MS "Libelle" handelt es sich auch nicht um ein Fahrzeug gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 SchSV 98 in der Fassung der Änderung vom 24. August 2001 (BGBl I S. 2276, 2279). Diese Regelung betrifft Fahrzeuge, die ausschließlich für Sport- oder Freizeitzwecke gebaut worden sind (Sportfahrzeuge). Das MS "Libelle" ist als Fischkutter gebaut und kann daher nicht als Sportfahrzeug i.S. dieser Vorschrift angesehen werden.

Richtlinien für Fahrzeuge nach den Nrn. 6 und 7 des § 6 Abs. 1 SchSV (Fahrzeuge die für den Fang von Fischen und anderen Lebewesen des Meeres oder deren Verarbeitung verwendet werden, Schlepper, Kleinfahrzeuge, Wasserfahrzeuge ohne eigenen Antrieb und schwimmende Arbeitsgeräte) sind nicht erlassen worden. Daher kann es dahin stehen, ob das MS "Libelle" zu einer dieser Kategorien von Wasserfahrzeugen gehört. Die Anwendung von § 15 Abs. 2 SchSV 98 wird dadurch nicht ausgeschlossen.

-2- Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Anwendung der somit einschlägigen Schiffssicherheitsverordnung 86 auch nicht gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 4 SchSV 86 ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift gilt die Schiffssicherheitsverordnung 86 nicht für "Museumsschiffe und ähnliche Wasserfahrzeuge einschließlich deren Nachbauten, sofern ihr Betrieb ausschließlich ideellen Zwecken dient und die zur maritimen Traditionspflege, zu sozialen und vergleichbaren Zwecken als Seeschiffe eingesetzt werden (Traditionsschiffe), wenn ihre Länge gemessen zwischen den äußersten Punkten des Vor- und Hinterstevens (Rumpflänge) 15 m nicht übersteigt und die nicht mehr als 25 Personen befördern." Nach der Länge des Schiffes und der Anzahl der beförderten Personen trifft diese Bestimmung auf das MS "Libelle" zu. Gleichwohl handelt es sich bei dem Schiff nicht um ein Traditionsschiff i.S. dieser Vorschrift. Das MS "Libelle" ist kein Museumsschiff. Es ist auch nicht als Nachbau eines solchen anzusehen, da wesentliche Teile des Schiffes noch aus dem Jahre 1960 stammen. Ob es sich um ein einem Museumsschiff ähnliches Wasserfahrzeug handelt, kann offen bleiben. Denn jedenfalls dient der Betrieb des Schiffes nicht, wie von § 1 Abs. 2 Nr. 4 SchSV 86 gefordert, ausschließlich ideellen Zwecken. Außerdem wird das Schiff nicht zur maritimen Traditionspflege, zu sozialen oder vergleichbaren Zwecken als Seeschiff eingesetzt.

Entgegen der Ansicht des Klägers reicht es nicht aus, dass mit den durch den Betrieb des Schiffs gewonnenen Geldmitteln der ideelle Zweck des Erhaltes des Traditionsschiffes verfolgt wird. § 1 Abs. 2 Nr. 4 SchSV 86 stellt auf den Betrieb des Schiffes ab, der ausschließlich ideellen Zwecken dienen muss. Nach dem Wortlaut reicht es mithin nicht aus, dass die Erhaltung des Schiffes ideellen Zwecken dient. Der Betrieb des MS "Libelle" diente im wesentlichen Angel- und Ausflugsfahrten mit zahlenden Gästen. Dass damit mittelbar auch der Erhaltung des Schiffes gedient wird, reicht für die Annahme eines Betriebes des Schiffes zu ausschließlich ideellen Zwecken nicht aus. Zwar schließt die Mitnahme zahlender Gäste und damit die Möglichkeit, einen Beitrag zu den hohen Unterhaltungskosten des Schiffes zu erwirtschaften, die ideelle Zweckrichtung und die Verwendung des Schiffes zur maritimen Traditionspflege nicht von vornherein aus. Es kann schwerlich angenommen werden, dass der Verordnungsgeber derartige Fahrten gänzlich hat ausschließen wollen, obgleich Traditionsschiffe aus wirtschaftlichen Gründen vielfach nur betrieben werden können, wenn die Betreiber einen Beitrag zu den hohen Unterhaltskosten im Wege entgeltlicher Gästefahrten erzielen können. Aber rein kommerzielle Aktivitäten, die nicht wesentlich auch mit der Traditionspflege verbunden sind, sind wenn überhaupt, so allenfalls dann ausnahmsweise mit dem Betrieb eines Traditionsschiffs vereinbar, wenn sie einen ganz untergeordneten Anteil an der Schiffsnutzung ausmachen, (OVG Hamburg, Beschl. v. 25.10.2004 - 1 Bs 385/04 - Independia -).

Der Betrieb des MS "Libelle" sollte im wesentlichen der Durchführung von Angel- und Tauchfahrten mit zahlenden Gästen dienen und damit nicht ausschließlich ideellen Zwecken.

Denn Zweck des Vereins "Traditionskutter Libelle", der das Schiff betrieb, ist die Förderung von maritimen Aktivitäten wie Tauchen, Angeln, nautische Weiterbildung u.v.m. für jedermann. Dies ergibt sich aus § 1 Nr. 2 der Satzung des Vereins vom 24. April 2001. Danach ermöglicht der Verein qualifizierten Sportanglern das Hochseeangeln auf der Ostsee und achtet auf die Einhaltung des Fischereigesetzes. Der Verein organisiert geführte Tauchgänge und bietet Skippertraining, Hochseeangeln, Meilennachweise, Erläuterungen zur Seemannschaft an. Da dies alles, nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten gegen Entgelt geschieht, kann die Traditionspflege nicht als Zweck für den Betrieb des Schiffes angesehen werden.

Darüber hinaus wird das MS "Libelle" auch nicht zur maritimen Traditionspflege, zu sozialen oder vergleichbaren Zwecken als Seeschiff eingesetzt. Hochseeangeln und (Wrack-) Tauchen, wozu das Schiff überwiegend genutzt werden sollte, dient dem jeweiligen Sport nicht aber der maritimen Traditionspflege. Auch sozialen oder vergleichbaren Zwecken dienen derartige Fahrten nicht. Auch wenn das Schiff, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, Tauchfreunden in Rostock für Tauchzwecke zur Verfügung stehen sollte und auch für Behindertengruppen und andere Gruppen die Möglichkeit eröffnet werden sollte zur See zu fahren und Seefahrt zu erfahren, sollte es damit nicht zu sozialen Zwecken eingesetzt werden. Es sollte, gleichgültig, ob es von einzelnen Anglern oder Tauchern oder von Mitgliedern eines Vereins genutzt werden sollte, deren Freizeitvergnügen gegen Entgelt ermöglichen. Gleiches gilt für die gelegentlichen Ausflugsfahrten. Der Kläger hat in keiner Weise vorgetragen, wie das zum Angelkutter umgebaute Schiff von den Fahrgästen, die es zu Ausflugsfahrten nutzen, gleichzeitig zur maritimen Traditionspflege, sozialen oder vergleichbaren Zwecken genutzt werden könnte. Soweit der Kläger sich auf die Möglichkeit der Erfahrungen von Seefahrt für Behindertengruppen und andere Gruppen beruft wird der Erlebniswert einer solchen Fahrt beschrieben nicht aber die besondere Pflege menschlicher Gemeinschaft.

Insoweit kann dahinstehen, ob Schiffe sozialen Zwecken dienen, die in erster Linie für Behindertengruppen oder Gruppen besonders betreuungsbedürftiger Jugendlicher eingesetzt werden. Ein solcher Fall ist nicht gegeben, da ein derartiger Einsatz den Verwendungszweck der MS Libelle nicht prägte. Ebenso bedarf keiner Entscheidung, ob ein Schiff sozialen Zwecken dient, wenn es den Mitgliedern des Trägervereins ermöglicht, gemeinschaftlich ihren sportlichen Interessen nachzugehen. Auch eine solche Fallgestaltung lag nicht vor.

Auch aus Sinn und Zweck von § 1 Abs. 2 Nr. 4 SchSV 86 lässt sich ein anderes Ergebnis nicht herleiten. Die für Museumsschiffe und ähnliche Wasserfahrzeuge und deren Nachbauten mögliche Reduzierung der Sicherheitanforderungen ist darauf zurückzuführen, das damit dem Interesse an einer Bauarterhaltung Rechnung getragen werden soll. Eine solche Bauarterhaltung steht in vielen Fällen der Umsetzung moderner Sicherheitsanforderungen in derartigen Schiffen entgegen. Außerdem wird für die Reduzierung der Sicherheitsanforderungen an derartige Schiffe von Bedeutung gewesen sein, das deren Nutzung nicht in einem regelmäßigem und kommerzialisiertem Umfang zu erwarten ist. Schließlich ist eine Reduzierung der Sicherheitsanforderungen an derartige Schiffe auch deshalb nicht unvertretbar, weil bei derartigen Schiffen für jeden Fahrgast schon von außen erkennbar ist, dass es sich um alte Schiffe handelt, und dass die Sicherheit auf einem solchen Schiff notwendig nicht dem zeitgemäßen Standard entspricht. Nach Sinn und Zweck der Ausnahme von Traditionsschiffen von dem Anwendungsbereich der SchSV 86 ist das MS "Libelle" nicht unter diese Ausnahmevorschrift zu zählen. Zwar ist es erkennbar ein altes Schiff. Es ist aber ebenso erkennbar als Angelkutter umgebaut worden. Es unterscheidet sich in seinem äußeren Anblick in keiner Weise von einem sonstigen kommerziell genutzten (Angel)Kutter. Dies hat die Beklagte dargelegt, der Kläger hat dem nicht widersprochen. Auch sollte das Schiff, wie ein kommerziell betriebener Kutter fast ausschließlich zur Durchführung von Angel-, Tauch- und Ausflugsfahrten genutzt werden.

-3- Ist mithin die Schiffssicherheitsverordnung 86 auf das MS "Libelle" anzuwenden, so erteilt die Seeberufsgenossenschaft gemäß § 13 Abs. 4 SchSV 86 ein Bau- und Ausrüstungs-Sicherheitszeugnis nicht nur für Frachtschiffe sondern auch für Sonderfahrzeuge. Ein solches Sonderfahrzeug gemäß § 2 Abs. 5 Nr. 4 c SchSV 86 ist das Schiff. Nach der Definition dieser Vorschrift ist ein Sonderfahrzeug ein Kleinfahrzeug bis zu einer Bruttoraumzahl von 100, auf dem gewerbsmäßig nicht mehr als 12 Fahrgäste befördert werden oder das für die gewerbsmäßige Beförderung von nicht mehr als 12 Fahrgästen zugelassen ist. Entgegen der Ansicht des Klägers stellt die regelmäßige Beförderung von Fahrgästen, die bereit sind, das geforderte Entgelt für Ausflugs- und Angel- und Tauchfahrten zu bezahlen, eine gewerbsmäßige Beförderung im Sinne dieser Vorschrift dar.

Zum einen sollten die Fahrten nachhaltig und nicht nur gelegentlich betrieben werden. Zum anderen erfolgen die Fahrten gegen Entgelt in einer Höhe, die deutlich die konkreten Kosten der einzelnen Fahrten übersteigt. Dies ergibt sich aus den Feststellungen der Wasserschutzpolizei. Schließlich ist der Personenkreis der Fahrgäste wie bei einem gewerblichen Anbieter völlig unbeschränkt. Das Angebot, gegen Entgelt an Fahrten teilzunehmen, richtet sich an Jedermann und damit an den von der Schiffssicherheitsverordnung geschützten Personenkreis all derjenigen, die gegen Entgelt Dienstleistungen in der Seefahrt in Anspruch nehmen wollen. Ziel der Schiffsicherheitsverordnung ist es, das Publikum davor zu schützen, dass der Mindeststandard, der zu seinem Schutz eingeführt worden ist, unterschritten wird. Dem dient unter anderem auch die Zeugnispflicht für Seeschiffe. Entscheidend für die Annahme einer gewerbsmäßigen Beförderung von Fahrgästen i.S. des § 2 Abs. 5 Nr. 4 c SchSV 86 ist mithin, ob die angebotenen Dienstleistungen mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Nachhaltigkeit angeboten werden und sie einem unbeschränkten Personenkreis zugänglich gemacht sind, so wie schließlich dass die Dienstleistungen gegen Entgelt erfolgen.

All diese Voraussetzungen waren mit dem Betrieb des MS "Libelle" erfüllt.

bb) Soweit mit dem MS "Libelle" mehr als 12 Personen befördert worden sind oder befördert werden sollen, besteht eine Zeugnispflicht, weil das Schiff dann als Fahrgastschiff einzustufen ist. Dies ergibt sich für die internationale Fahrt aus § 2 Abs. 3 des SchSG i.V, mit der Anlage A 1 (Internationales Übereinkommen von 1974 zum Schutz des menschlichen Lebens auf See mit Anlage und Anhang sowie Protokoll von 1978 zu diesem Übereinkommen) SOLAS (BGBl II 1979 S. 141, Bekanntmachung der Neufassung in deutscher Übersetzung BGBl II 1998 S. 2579; 2001 S. 58 mit späteren Änderungen). Das folgt aus SOLAS-Regel 2 f. Danach bezeichnet der Ausdruck "Fahrgastschiff" ein Schiff, das mehr als 12 Fahrgäste befördert. Nach Regel 1 finden die Regeln des SOLAS nur für Schiffe Anwendung, die in der Auslandsfahrt eingesetzt werden. Nach Regel 12 a) i) wird Fahrgastschiffen nach einer erstmaligen oder Erneuerungsbesichtigung ein als Sicherheitszeugnis für Fahrgastschiffe bezeichnetes Zeugnis ausgestellt. Nach Regel 7 von SOLAS unterliegt jedes Fahrgastschiff einer erstmaligen Besichtigung vor der Indienststellung des Schiffes, eine Erneuerungsbesichtigung ist alle 12 Monate durchzuführen sowie eine zusätzliche Besichtigung, wenn ein Anlass dafür besteht.

Soweit das MS "Libelle" lediglich in der Inlandsfahrt eingesetzt worden ist oder eingesetzt wird, ergibt sich die Zeugnispflicht aus Ziffer 4.1 der Richtlinie für den Bau, die Ausrüstung und den Betrieb von Fahrgastschiffen in der Seefahrt - nationale Fahrgastschiffrichtlinie - vom 16. September 1999 (i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 sowie 9 Abs. 3 SchSV 98). Das MS "Libelle" fällt in den Anwendungsbereich der Fahrgastschiffsrichtlinie. Nach Ziffer 1.1 dieser Richtlinie gilt sie für Fahrgastschiffe unter Bundesflagge einschließlich der Bäderboote und Sportanglerfahrzeuge in der Inlandfahrt soweit sie nicht der Richtlinie 98/18/EG unterliegen. Dies sind 1. ..., 2. Schiffe der Klasse A bis D im Sinne der Richtlinie 98/18/EG deren Kiel vor dem 1. Juli 1998 gelegt wurde oder die sich zu diesem Zeitpunkt in einem entsprechenden Bauzustand befunden haben mit einer Länge von weniger als 24 m. Diese Voraussetzung erfüllt das MS "Libelle". Es ist auch ein Fahrgastschiff im Sinne von Ziffer 2.1. der Richtlinie. Danach wird ein Fahrgastschiff als ein Schiff definiert, das mehr als 12 Fahrgäste befördert oder das für die Beförderung von mehr als 12 Fahrgästen zugelassen ist. Soweit mit dem Schiff, wie von der Wasserschutzpolizei festgestellt, mehr als 12 Personen befördert worden sind, ist mithin diese Richtlinie auf das Schiff MS "Libelle" anwendbar. Ziffer 4.1 der Richtlinie bestimmt "das Fahrgastschiff muss den Anforderungen dieser Richtlinie entsprechen. Wenn die Besichtigung die Übereinstimmung mit den anwendbaren Vorschriften dieser Richtlinie ergeben hat, erteilt die Seeberufsgenossenschaft ein Sicherheitszeugnis für Fahrgastschiffe mit den erforderlichen Nebenbestimmungen gemäß § 9 Abs. 3 der SchSV für ein bei sinngemäßer Anwendung der Richtlinie 98/18/EG entsprechendes Einsatzgebiet für die Dauer von bis zum einem Jahr. Bäderbooten nur für die Sommermonate."

cc) Die Sach- und Rechtslage hat sich nicht zu Gunsten des Klägers vom Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides bis zum Zeitpunkt des Verkaufes des Schiffes geändert.

-1- Zwar ist infolge der am 17. April 2003 in Kraft getretenen Änderung der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe (Verkehrsbl. 2003, S. 205) diese Richtlinie nun auch für Traditionsschiffe bis zu einer Rumpflänge von 15 m anwendbar, wenn sie für nicht mehr als 25 Personen an Bord vorgesehen sind. Nach Ziffer 1.1 der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe sind Traditionsschiffe historische Wasserfahrzeuge, welche die Bundesflagge führen und die hauptsächlich mit Originalwerkstoffen im Original oder als Einzelnachbildung gebaut worden sind und deren Rumpflänge 55 m nicht übersteigt und deren Betrieb ausschließlich ideellen Zwecken dient und die zur maritimen Traditionspflege, zu sozialen oder vergleichbaren Zwecken, z.B. von der Sail Training Association als Seeschiffe eingesetzt werden. Infolgedessen ist das MS "Libelle" seitdem nicht wegen fehlender Länge vom Anwendungsbereich der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe ausgenommen. Sein Betrieb dient aber nicht ausschließlich ideellen Zwecken. Auch wird es nicht zur maritimen Traditionspflege, zu sozialen oder vergleichbaren Zwecken als Seeschiff eingesetzt.

Dass die Tatbestandsmerkmale "deren Betrieb ausschließlich ideellen Zwecken dient und die zur maritimen Traditionspflege, zu sozialen oder vergleichbaren Zwecken eingesetzt werden" eine von § 1 Abs. 2 Nr. 4 SchSV 86 abweichende Auslegung oder Anwendung erfahren sollte, ist weder dem Verhalten des Bundesministeriums für Verkehr, Bau-, und Wohnungswesen noch dem der Beklagten zu entnehmen. Vielmehr ist die Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe in wesentlicher Übereinstimmung mit der Vorschrift des § 1 Abs. 2 Nr. 4 SchSV 86 gestaltet. Damit liegt es nahe, die oben zu dieser Vorschrift gefundene Auslegung auch der Auslegung von Ziffer 1.3 der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe zu Grunde zu legen. Nach den oben zu § 1 Abs. 2 Nr. 4 SchSV 86 gefundenen Ergebnissen dient der Betrieb des Motorschiffes der "Libelle" nicht ausschließlich ideellen Zwecken. Auch wird es nicht zur maritimen Traditionspflege, zu sozialen oder vergleichbaren Zwecken als Seeschiff eingesetzt. Der in der Sicherheitsrichtlinie für Traditionsschiffe in Ziffer 1.1 enthaltene ergänzende Hinweis, "z.B. Sail Training Association" als Beispiel für maritime Traditionspflege, soziale oder vergleichbare Zwecke ändert an dieser Einschätzung nichts. Vielmehr wird damit deutlich, dass dem Richtliniengeber unter maritimer Traditionspflege die tatsächliche Beteiligung am Schiffsbetrieb historischer Wasserfahrzeuge vor Augen gestanden hat. Eine solche Beteiligung findet auf dem MS "Libelle" bei Angel-, Tauch- und Ausflugsfahrten nicht statt. Auch dient sein Betrieb, wie oben ausgeführt, nicht ausschließlich ideellen Zwecken.

-2- Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 9 Abs. 3 SchSV 98 in der Fassung von Art. 5 Nr. 2 der 11. Verordnung zur Änderung seeverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 18. Februar 2004 (BGBl. I S. 300) berufen. Danach können die Richtlinien nach § 6 vorsehen, dass von der Ausstellung eines Schiffsicherheitszeugnisses abgesehen werden kann. Nach der vom Senat beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen eingeholten Auskunft vom 7. September 2004 war zu dem Zeitpunkt von der damit eingeräumten Möglichkeit, für Traditionsschiffe generell oder für bestimmte Arten von Traditionsschiffen von der Ausstellung von Sicherheitszeugnissen abzusehen, bislang kein Gebrauch gemacht worden. Nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 21. April 2005 ist dies auch gegenwärtig noch nicht der Fall.

4. Der Kläger ist richtiger Adressat der angefochtenen Verfügung. Zwar ist er nur einer von drei Miteigentümern des MS "Libelle". Das Schiff war seit dem 15. Februar 2002 für die Dauer von 5 Jahren an den Verein "Traditionskutter Libelle e.V." vermietet. An diesen Verein wendet sich die Festhalteverfügung nicht. § 11 SchSV 98 bezeichnet keinen Adressaten für die sogenannten Festhalteverfügungen. Auch hinsichtlich des Schiffssicherheitszeugnisses vermerkt § 9 Abs. 4 SchSV 98 lediglich, dass der "Verantwortliche" die Vorführung eines Schiffes zu veranlassen hat, das die erforderlichen Zeugnisse nicht oder nicht mehr besitzt. Die Regelung der Verantwortlichkeit für ein Schiff ergibt sich aus § 9 des Schiffssicherheitsgesetzes i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Anpassung der technischen steuerlichen Bedingungen der Seeschifffahrt an den internationalen Standart (Seeschifffahrtsanpassungsgesetz) vom 9. September 1998 (BGBl I S. 2860). Nach Abs. 1 dieser Vorschrift sind verantwortlich im Sinne des Gesetzes

1. soweit der Schiffseigentümer verantwortlich ist auch

a. der oder die Mieteigentümer, bei Partnerreedereien der Korrespondenzreeder oder wenn ein solcher nicht bestellt ist die Mitreeder,

b. der gesetzliche Vertreter des Eigentümers und bei juristischen Personen das vertretungsberechtigte Organ,

c. bei Personenhandelsgesellschaften der vertretungsberechtigte Gesellschafter sowie

d. Personen, die ihm gegenüber die Verantwortung für den Betrieb des Schiffes übernommen haben, wobei die Buchstaben b und c entsprechend anzuwenden sind.

Nach § 7 SchSG ist für die Erfüllung von Anforderungen die 1. ... 2. die Bauart, die Bauausführung und den baulichen Zustand der Schiffe, die Bauteile, die Freibordmarke sowie die Vorhaltung der erforderlichen Zeugnisse und Bescheinigungen und sonstige Unterlagen oder 3. ... betreffen, der Schiffseigentümer verantwortlich. Aus dem Zusammenspiel von § 7 Nr. 2 SchSG und § 9 Abs. 1 Nr. 1 a oder b SchSG ergibt sich, dass der Kläger verantwortlich war für das Vorhalten der erforderlichen Zeugnisse und Bescheinigungen für das MS "Libelle". Hinsichtlich der Heranziehung des Verantwortlichen musste die Beklagte kein Ermessen ausüben. Denn § 9 statuiert die Verantwortlichkeit sonstiger Bezeichneter, unter anderem der Miteigentümer neben der des Schiffseigentümers durch das Wörtchen "auch". Damit wollte der Gesetzgeber dem Rechtsanwender zur Vermeidung von Auslegungszweifeln einheitliche Grundsätze darüber zur Verfügung stellen, welchen Personen die Durchführung verbindlicher international konkret niedergelegter Regelungen aufgegeben ist (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Bundesratsdrucksache 873/97 S. 25). Denn gesetzestechnisch sind die wichtigsten internationalen Übereinkommen über Schiffssicherheit weithin in passivischer Formulierung verfasst. Damit verfolgte der Gesetzentwurf das Ziel, im Einklang mit den internationalen Anforderungen eine Konkretisierung von Personengruppen, denen die Einhaltung der innerstaatlichen Vorschriften des Regelwerks auf der Seite der Schifffahrttreibenden obliegt, vorzunehmen (Regierungsentwurf, a.a.O., S. 26). Dabei orientiert sich § 9 SchSG an den internationalen Regelungen des SOLAS-Übereinkommens sowie des ISM-Codes. Sichergestellt werden damit die Verantwortlichkeiten unter anderem im Bereich der Schiffssicherheit, die letztlich sämtlich auf den Schiffseigner zurückzuführen sind. Der Zweckrichtung des Schiffssicherungsgesetzes entspricht es, hinsichtlich der Heranziehung von für die Schiffssicherheit Verantwortlichen keine Lücken und Unsicherheiten auftreten zu lassen. Daher ist § 9 SchSG dahingehend zu verstehen, dass nicht nur ein (einziger) Verantwortlicher herangezogen werden kann, sondern die Heranziehung zur Verantwortlichkeit sich an sämtliche dort benannten Personen richtet. Demzufolge kann die Beklagte bei der Auswahl des Adressaten jeden heranziehen, der in den Anwendungsbereich des § 9 SchSG einzubeziehen ist. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass unter Hinweis auf eine Delegation der Verantwortung und/oder gemeinsame Verantwortungen mehrerer Personen letztlich kein für die Schiffssicherheit Verantwortlicher feststellbar ist. Eine solche Auslegung wäre mit der Zielrichtung der gesetzlichen Vorschrift schwer in Einklang zu bringen.

Der Kläger war nach eigenem Vortrag Miteigentümer des MS "Libelle". Außerdem ist er auch noch Vorsitzender des Vereins "Traditionskutter Libelle e.V.", der das Schiff bis 2007 gemietet hatte. Damit ist der Kläger sowohl verantwortliche Person im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 1 a SchSG gewesen, als auch im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 b SchSG.

5. Ist nach alledem die angefochtene Festhalteverfügung der Beklagten von ihr zutreffend auf § 11 Abs. 1 Nr. 2 SchSV 98 gestützt, bedarf es für das vorliegende Verfahren keiner weiteren Entscheidung, ob die Verfügung darüber hinaus zutreffend auch auf § 5 Abs. 2 der Schiffsbesetzungsverordnung vom 26. August 1998 (BGBl. I S. 2577 - SchBesV -) gestützt werden konnte. Insbesondere bedarf es keiner Entscheidung, ob das MS "Libelle" ein Kauffahrteischiff im Sinne von § 1 SchBesV ist (vgl. dazu Bundesfinanzhof, Urt. v. 13.2.1992, Bundessteuerblatt II S. 573).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10 und Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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