Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.01.2004
Aktenzeichen: 1 Bs 480/03
Rechtsgebiete: PrFluchtlG, BauGB


Vorschriften:

PrFluchtlG § 15
BauGB § 242 Abs. 1
Zu den Anforderungen, die 1938, dem letzten Jahr in dem eine Gemeinde ein Ortsstatut hätte in Kraft setzen können, an eine beitragsfreie vorhandene Straße im Sinne des § 15 PrFluchtlG zu stellen sind.
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

1. Senat

1 Bs 480/03

Beschluss vom 9. Januar 2004

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 1. Senat, durch die Richter Dr. Gestefeld, Dr.Raecke und Dr. Meffert am 9. Januar 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 1. September 2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.782,53 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die Erhebung eines Erschließungsbeitrags.

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller mit Bescheid vom 25. Februar 2002 zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige endgültige Herstellung der Straße Sandbek (im Folgenden: Der Sandbek) in Hamburg-Fischbek in dem Abschnitt vom Fischbeker Weg bis Op de Wisch herangezogen. Der Antragsteller hat Widerspruch eingelegt und vorläufigen Rechtschutz begehrt. Zur Begründung hat er in erster Linie vorgetragen, ein Erschließungsbeitrag dürfe nicht erhoben werden, weil es sich bei dem Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt um eine vorhandene Erschließungsanlage im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB handele. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt und dazu im Wesentlichen ausgeführt, der Sandbek könne schwerlich als vorhandene Erschließungsanlage im Sinne von § 242 Abs. 1 BauGB eingestuft werden. Es sprächen gewichtige Gründe dafür, dass die Wegeflächen, auf denen der Sandbek liege, bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein Privateigentum einer Interessentengemeinschaft gewesen und erst ab 1968 in das Eigentum der Antragsgegnerin übergegangen seien. Es habe deshalb an einer "öffentlichen Straße" und damit an einer Grundvoraussetzung für das Vorliegen einer "vorhandenen" beitragsfreien Erschließungsanlage gefehlt.

Mit seiner Beschwerde wiederholt der Antragsteller im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Erhebung des Erschließungsbeitrags dürfte sowohl dem Grunde nach (1) als auch der Höhe nach (2) rechtmäßig sein.

1. Die Erhebung des Erschließungsbeitrags dürfte nach den §§ 127 ff. BauGB in Verbindung mit den §§ 44 ff. HWG dem Grunde nach gerechtfertigt sein. Insbesondere ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Erschließungsanlage Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt durch die der Beitragserhebung zu Grunde liegenden Maßnahmen erstmalig endgültig hergestellt worden ist. Der Senat vermag dem Vorbringen des Antragstellers, es handele sich um eine beitragsfreie, im Sinne des § 242 Abs. 1 BauGB schon früher "vorhandene" Erschließungsanlage, jedenfalls nach dem im vorliegenden Verfahren erreichbaren Erkenntnisstand nicht zu folgen. Dies gilt selbst dann, wenn man - ohne nähere Prüfung - zu Gunsten des Antragstellers und entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin davon ausgeht, der Sandbek sei zumindest mit der Übernahme der Unterhaltungspflicht durch die Gemeinde Fischbek 1927/28 ein öffentlicher Weg geworden.

a) Der Sandbek dürfte in dem hier maßgeblichen Abschnitt in der Zeit, in der Fischbek eine selbstständige Gemeinde war, keine "vorhandene" Erschließungsanlage im Sinne der §§ 180 Abs. 2 BBauG/242 Abs. 1 BauGB gewesen sein. Insbesondere dürfte es sich nicht um eine "vorhandene" Straße im Sinne des früher auch in Fischbek geltenden preußischen Anliegerbeitragrechts handeln.

Nach dem früheren preußischen Anliegerbeitragsrecht war eine Straße (nur) dann eine "vorhandene" Straße, wenn sie vor Inkrafttreten des ersten wirksamen Ortsstatuts nach § 15 PrFluchtlG in ihrem damals vorhandenen Zustand mit dem Willen der Gemeinde wegen ihres insoweit für ausreichend erachteten Zustandes dem inneren Anbau und dem innerörtlichen Verkehr zu dienen bestimmt war und gedient hat (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 18.1.1988 - OVG Bf VI 13/86; Urt. v. 6.2.1989 - OVG Bf VI 69/86, Beschl. v. 10.4.1997 - OVG Bs I 14/96; Beschl. v. 22.7.1997 - OVG Bs I 202/96 = NordÖR 1998 S. 265; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl. 2001, § 2 Rdnr. 33). Besaß eine Gemeinde kein gültiges Ortsrecht oder überhaupt kein Ortsstatut nach § 15 PrFluchtlG, tritt an die Stelle des sonst mit dem Inkrafttreten des ersten Ortsstatuts bezeichneten Zeitpunkts der letzte Tag, an dem die Gemeinde ein solches Ortsstatut nach dem alten Recht noch hätte in Kraft setzen können.

Nach diesen Überlegungen dürfte es im vorliegenden Zusammenhang maßgeblich auf die Verhältnisse am 31. März 1937 oder spätestens am 31. März 1938 ankommen. Denn es gibt allem Anschein nach kein von der Gemeinde Fischbek wirksam erlassenes, auf § 15 PrFluchtlG gestütztes Ortsstatut, so dass auf den letzten Tag abzustellen ist, an dem die Gemeinde Fischbek ein solches Ortsstatut noch hätte erlassen können. Dies dürfte im Hinblick auf den Übergang der Gemeinde Fischbek auf das Land Hamburg durch das Groß-Hamburg-Gesetz vom 26. Januar 1937 (RGBl. I S. 91) zum 1. April 1937 der 31. März 1937 oder - im Hinblick auf die für ein Übergangsjahr weiter bestehende Gemeindeverwaltung (vgl. § 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 des Groß-Hamburg-Gesetzes) - spätestens der 31. März 1938 gewesen sein.

Nach dem im vorliegenden Verfahren erreichbaren Erkenntnisstand spricht wenig dafür, dass der Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt spätestens am 31. März 1938 in seinem damals vorhandenen Zustand mit dem Willen der Gemeinde Fischbek wegen seines insoweit für ausreichend erachteten Zustandes dem inneren Anbau und dem innerörtlichen Verkehr zu dienen bestimmt war und gedient hat.

aa) Eine entsprechende ausdrückliche Willenskundgebung der Gemeinde Fischbek gibt es allem Anschein nach nicht. Ein Gemeinderatsbeschluss, mit dem etwa der Sandbek zu einer "vorhandenen" Straße im Sinne des § 15 PrFluchtlG erklärt wurde, fehlt. Auch kann eine entsprechende Willenskundgebung der Gemeinde schwerlich darin gesehen werden, dass die Gemeinde Fischbek 1927/28 eine ganze Reihe von Wegen - darunter auch den hier interessierenden Abschnitt des Sandbeks - in ihre Unterhaltungspflicht übernommen hat.

Es überzeugt nicht, wenn der Antragsteller vorträgt, die Übernahme der Unterhaltungspflicht sei seinerzeit nur erfolgt, wenn der Ausbauzustand der betroffenen Straße keine wesentlichen Unterhalts- und Verbesserungsarbeiten erfordere. Denn unter den Wegen, die die Gemeinde Fischbek in ihrer Unterhaltungspflicht übernommen hat, waren auch Wegstrecken, die gänzlich unbefestigt waren. Dies gilt gerade auch für Teilstrecken des Sandbeks. In diesem Zusammenhang bedarf keiner Klärung, ob und ggf. wieweit der im vorliegenden Verfahren abgerechnete Abschnitt befestigt war. Denn es kann schwerlich zweifelhaft sein, dass jedenfalls die rund 300 m lange Wegstrecke, die sich nordwestlich an den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Abschnitt anschloss, damals gänzlich unbefestigt war. Dies ergibt sich nicht nur aus dem von der Antragsgegnerin zutreffend angeführten Vermerk des Steueramtes/Anliegerabteilung des Bezirksamts Harburg vom 25. September 1961, in dem festgehalten ist, dass der Sandbek von der Cuxhavener Straße aus etwa 200 m lang einen gepflasterten Fahrdamm ohne Bürgersteige aufgewiesen habe und im weiteren Verlauf ein unbefestigter Sandweg gewesen sei. Auch in dem Vermerk vom 1. März 1972 (Band 1 der Straßenakte) heißt es etwa speziell zu dem Teilstück zwischen Neckersstücken und Flurstück 1002 einschließlich, es handele sich um unbefestigtes Gelände, auf dem zum Zeitpunkt der Ortsbesichtigung Mitte Februar 1972 noch einzelne Fahrspuren zu erkennen gewesen seien.

Ebenso wenig überzeugt der Einwand, der ehemalige Gemeindevorsteher der Gemeinde Fischbek habe ausweislich seines 1965 beglaubigten Vermerks erklärt, die Gemeinde Fischbek habe seinerzeit den Unterhalt der betreffenden Straßen und Wege übernommen, um die Baulustigen von Straßenbaukosten zu befreien; es habe erreicht werden sollen, dass an den bezeichneten Straßen mit Vorrang gebaut werde und dadurch ein Ortskern entstehe. Für die inhaltliche Richtigkeit dieser Erklärung findet sich in den Sachakten, in denen auch die damaligen Gemeinderatsbeschlüsse enthalten sind, - soweit ersichtlich - kein Beleg. Nach dem Inhalt der Sachakten (Ordner vorhandene beitragsfreie Straßen - 03 Fischbek) ist es zu der Übernahme der Unterhaltungspflicht durch die Gemeinde Fischbek allem Anschein nach deshalb gekommen, weil der Landrat mit Schreiben vom 5. November 1927 gegenüber dem Gemeindevorsteher der Gemeinde Fischbek Missstände bei der Unterhaltung von Wegen gerügt und den Gemeindevorsteher ersucht hatte, alsbald einen Gemeindebeschluss über die Angelegenheit herbei zu führen. Diesem Ersuchen dürfte die Gemeinde Fischbek mit den Beschlüssen zur Übernahme der Wegeunterhaltungspflicht vom 15. November 1927, 6. März 1928 und 12. März 1928 nachgekommen sein. Hiernach liegt es nahe, dass die Äußerung des früheren Gemeindevorstehers der Gemeinde Fischbek interessengesteuert war. Außerdem macht allein die Absicht, zu erreichen, dass an den bezeichneten Straßen mit Vorrang gebaut werde und dadurch ein Ortskern entstehe, aus einer Straße noch keine innerörtliche Gemeindestraße, wie dies für eine "vorhandene" Straße erforderlich ist.

bb) Es fehlt nach dem im vorliegenden Verfahren erreichbaren Erkenntnisstand auch sonst an hinreichenden Gründen für die Annahme, es habe sich bei dem Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt um eine "vorhandene" Straße im Sinne des preußischen Anliegerbeitragsrechts gehandelt. Ausbauzustand, Bebauung und Lage sprechen eher gegen als für die Auffassung des Antragstellers.

(1) Der Ausbauzustand kann nur als einfach bezeichnet werden.

Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen ist schon fraglich, ob der Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt bereits am 31. März 1938 eine durchgehend gepflasterte Fahrbahn aufgewiesen hat, wie dies der Antragsteller behauptet. Unmittelbare Zeugnisse aus jener Zeit liegen - soweit ersichtlich - nicht vor. Der zeitlich erste Vermerk, der sich mit dem Ausbauzustand des Sandbeks befasst, ist allem Anschein nach der von der Antragsgegnerin zutreffend zitierte Vermerk des Steueramtes/Abgabenabteilung des Bezirksamts Harburg vom 25. September 1961. Wie bereits erwähnt, hat der Sandbek danach von der Cuxhavener Straße aus über etwa 200 m eine gepflasterte Fahrbahn ohne Bürgersteige aufgewiesen; im weiteren Verlauf war er ein unbefestigter Sandweg. Ist dieser Vermerk richtig, so war der Sandbek in dem hier maßgeblichen, ca. 200 m langen Abschnitt selbst im Jahr 1961 nur auf einer kleinen Teilstrecke von etwa 50 m gepflastert und im übrigen lediglich ein unbefestigter Sandweg. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 17. Juli 2002 die Richtigkeit des Vermerks vom 25. September 1961 bestritten und vorgetragen, dass der Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt gepflastert gewesen sei, könne durch unzählige Fotos belegt werden, die nachgereicht würden. Letzteres hat der Antragsteller indes nicht getan. Vielmehr hat er sich mit Schriftsatz vom 26. August 2002 darauf berufen, ausweislich des Vermerks vom 13. Juni 2001 sei das vorhandene Kleinpflaster aus Naturstein aufgenommen, abgefahren und anderweitig verwendet worden; diese Angabe kann indes auch dann richtig sein, wenn der Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt nur zum Teil eine gepflasterte Fahrbahn aufgewiesen hat. Für den Antragsteller könnte eher der erwähnte Vermerk vom 1. März 1972 sprechen, in dem festgehalten ist, dass der Sandbek zwischen Flurstück 3744 ausschließlich und Op de Wisch eine ca. 3 m breite Fahrbahn aus Kopfsteinpflaster aufgewiesen habe und die Fahrbahnbefestigung dem davor liegenden Teil des öffentlichen Weges Sandbek entspreche. Eine weitere Klärung kann indes jedenfalls im vorliegenden Verfahren nicht erfolgen.

Darüber hinaus fehlte es in dem hier maßgeblichen Abschnitt allem Anschein nach an Gehwegen, an einer Straßenentwässerung und entgegen der Auffassung des Antragstellers auch an einer Beleuchtung. Aus dem bereits erwähnten Vermerk vom 25. September 1961 ergibt sich, dass der Sandbek (nur) von der Cuxhavener Straße bis Fischbeker Weg eine Straßenbeleuchtung aufwies; der im vorliegenden Verfahren interessierende Abschnitt beginnt indessen erst beim Fischbeker Weg. In Übereinstimmung damit ist in dem Vermerk vom 1. März 1972 für die Teilstrecke zwischen Flurstück 3744 ausschließlich und Op de Wisch festgehalten, dass keine Beleuchtung vorhanden sei. Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2002 hat sich der Antragsteller zum Beweis für seine Behauptung, dass der Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt entgegen dem Vermerk vom 25. September 1961 doch eine Straßenbeleuchtung aufgewiesen habe, auf Fotos aus jener Zeit bezogen, die er nachreichen werde. Das ist bis heute nicht geschehen.

(2) Auch die Bebauung spricht nicht für, sondern eher gegen die Annahme, es habe sich bei dem Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt bereits am 31. März 1938 um eine "vorhandene" Straße im Sinne des früheren preußischen Anliegerbeitragsrechts gehandelt.

Der Antragsteller hat dazu vorgetragen, der Sandbek habe in dem hier maßgeblichen Abschnitt vier landwirtschaftliche Betriebe sowie zwei weitere bebaute Grundstücke erschlossen. Sein Vorbringen wird indessen durch den von ihm selbst vorgelegten - undatierten - Übersichtsplan (Anlage Ast 4 = Bl. 19 d.A.), der etwa dem Stand des Baustufenplans Neugraben-Fischbek vom 8. Juni 1956 entspricht, nicht gestützt. Im Gegenteil:

Nach diesem Übersichtsplan gab es auf der Nordseite des Sandbeks in dem hier maßgeblichen Abschnitt nur ein einziges, relativ dicht am Sandbek liegendes Haus (allem Anschein nach das Haus Sandbek Nr. 10). Soweit nördlich des Sandbeks in etwas größerem Abstand einzelne weitere Häuser eingezeichnet sind, sind diese allem Anschein nach anderen Wegen zugeordnet. Nicht viel anders ist das Bild, das der Übersichtsplan für die Südseite des Sandbeks bietet: Außer einem Haus, das im Eckbereich Fischbeker Weg/Sandbek steht, scheint es nur noch ein einziges, weiter westlich liegendes, dem Sandbek zugeordnetes Gehöft gegeben zu haben.

Sollte es richtig sei, dass die in dem Übersichtsplan eingezeichnete Bebauung auch der Bebauung am 31. März 1938 entsprach, so spricht dies nicht für, sondern gegen die Annahme, es habe sich um eine "vorhandene" Straße im Sinne des früheren preußischen Anliegerbeitragsrechts gehandelt. Grundsätzlich dürfte es an einer Bestimmung zum Anbau fehlen, wenn lediglich drei Gebäude an einer 200 m langen Straße standen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 10.4.1997 - OVG Bs I 14/96; VGH Mannheim, Beschl. v. 16.5.1989 = VBlBW 1989 S. 461; Driehaus, a.a.O. § 2 Rdnr. 35). Entsprechendes gilt hier.

(3) Schließlich spricht auch die Lage des Sandbeks eher gegen als für die Auffassung des Antragstellers. Denn der hier interessierende Abschnitt des Sandbeks liegt nach dem von dem Antragsteller vorgelegten Übersichtsplan nicht im Ortskern, sondern am westlichen Rand des Ortes und führt noch nach dem Stand des Baustufenplans Neugraben/Fischbek vom 8. Juni 1956 in die freie Feldmark. Eine Straße, die zum maßgebenden Zeitpunkt am Rande der geschlossenen bebauten Ortsteile lag und in die freie Feldmark führte, wird nicht als zum innerörtlichen Verkehr und Anbau bestimmte vorhandene Straße angesehen werden können, selbst wenn an ihr einzelne verstreut liegende Gehöfte gestanden haben (vgl. Arndt, KStZ 1984 S. 109).

(4) Unter diesen Umständen kann jedenfalls gegenwärtig nicht angenommen werden, dass es sich bei dem Sandbek in dem hier maßgeblichen Abschnitt am 31. März 1938 um eine "vorhandene" Straße im Sinne des früheren preußischen Anliegerbeitragsrechts gehandelt hat. Es ist derzeit nicht einmal wahrscheinlich, dass der Abschnitt in seiner ganzen Länge eine befestigte Fahrbahn aufgewiesen hat. Außerdem dürfte eine "vorhandene" Straße selbst dann nicht vorgelegen haben, wenn die Darstellung des Antragstellers insoweit richtig wäre. Der Senat vermag der im Jahre 1949 festgehaltenen Auffassung des früheren Gemeindevorstehers der Gemeinde Fischbek, dass alle Straßen, soweit sie befestigt seien, für den Ortsbereich als "fertig ausgebaute Straßen" anzusehen seien, nicht zu folgen. Hiergegen spricht schon, dass der Landrat in seinem bereits erwähnten Schreiben für die ordnungsgemäße Herstellung einer Straße eine Pflasterung, mindestens einen Graben auf einer Seite und mindestens auf einer Seite einen Fußsteig mit Hochbord gefordert hat. Im Übrigen ist zu bedenken, dass eine kleine Landgemeinde zwar grundsätzlich einen relativ primitiven Ausbauzustand als dem innerörtlichen Anbau und Verkehr genügend ansehen konnte. Gewisse Mindestanforderungen wird man aber allgemein stellen können. Dazu zählt Driehaus (a.a.O. § 2 Rdnr. 35) das Vorhandensein einer hinreichend befestigten Fahrbahn, einer - wenn auch primitiven - Straßenentwässerung und einer eigenen Straßenbeleuchtung, die einen ungefährdeten Haus-zu-Haus-Verkehr zuließ. Diese Anforderungen dürften jedenfalls für solche Fälle gelten, in denen eine Gemeinde - wie hier - kein gültiges Ortsstatut nach § 15 PrFluchtlG besaß, es deshalb maßgeblich auf die Verhältnisse am letzten Tag ankommt, an dem die Gemeinde ein solches Statut noch hätte in Kraft setzen können, deser letzte Tag im Jahr 1938 lag, und es wegen des Fehlens eines solchen Statuts keine ortsstatuarisch festgelegten Merkmale für die Fertigstellung einer Straße gibt.

b) Der Sandbek dürfte in dem hier maßgeblichen Abschnitt auch in der Zeit vom 1. April 1938 bis zum Inkrafttreten des hamburgischen Wegegesetzes am 1. Mai 1961 nach dem Willen der nunmehr zuständig gewordenen Antragsgegnerin nicht endgültig hergestellt worden sein. Allem Anschein nach hat die Antragsgegnerin diesen Abschnitt stets als noch nicht fertiggestellt angesehen. Dem entspricht es, dass die baupolizeilichen Anforderungen an fertige Straßen in dem ehemals preußischen Gebiet der Hansestadt Hamburg vom 14. September 1939 (HVBl. S. 149) nicht erfüllt gewesen sein dürften. Dies gilt auch dann, wenn man zu Gunsten des Antragstellers davon ausgeht, dass der Straßengrund der Antragsgegnerin gehörte und eine gepflasterte Fahrbahn vorhanden war. Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen dürfte es jedenfalls an erhöhten, vom Fahrdamm abgesetzten Gehwegen (§ 1 Nr. 3 Satz 1 der Anforderungen), an einer Anlage zur Abführung des Oberflächenwassers (§ 1 Nr. 4 der Anforderungen) und einer ausreichenden Straßenbeleuchtung (§ 1 Nr. 5 der Anforderungen) gefehlt haben.

Wenn die Bekanntmachung über die baupolizeilichen Anforderungen an fertige Straßen in dem ehemals preußischen Gebiet der Hansestadt Hamburg auch keine beitragsrechtlich für die endgültige Herstellung einer Straße einzuhaltenden Merkmale enthielt, so ist ein diesen Anforderungen nicht genügender Straßenzustand doch regelmäßig ein Indiz dafür, dass die Straße nach dem Willen der Gemeinde noch nicht als endgültig hergestellt betrachtet werden kann (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 13.2.1990 - OVG Bs VI 55/89, LS in HmbJVBl. 1990 S. 63; Urt. v. 30.3.1993 - OVG Bf VI 51/89).

2. Endlich muss die Beschwerde auch insoweit erfolglos bleiben, als sich der Antragsteller gegen die Höhe des Erschließungsbeitrags wendet. Der Antragsteller hat gegenüber den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Höhe des Erschließungsbeitrags lediglich vorgetragen, er wende vorsorglich ein, dass die in Ansatz gebrachten Grunderwerbskosten nicht nachzuvollziehen seien. Dieses Vorbringen überzeugt nicht. Die Antragsgegnerin hat Grunderwerbskosten in Höhe von 69.762,49 DM angesetzt. Wie sie diesen Betrag errechnet hat, ergibt sich im Einzelnen aus Band 3 der Straßenakte (insbesondere Bl. 155, 156). Spezielle Einwendungen gegen die Berechnung hat der Antragsteller nicht erhoben.

III.

Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO und den §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.



Ende der Entscheidung

Zurück