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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: 2 Bf 133/03
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO


Vorschriften:

BauGB § 34 Abs. 1
BauNVO § 15 Abs. 1
1. Die planungsrechtlichen Bestimmungen der Reichsgaragenordnung gelten nicht als Bestandteil eines übergeleiteten Baustufenplans fort, wenn der Plan keinerlei textlichen oder zeichnerischen Hinweis darauf enthält, dass er diese zu seinem Inhalt gemacht hat. Nach Aufhebung der Reichsgaragenordnung als Bundesrecht ist für den Normadressaten in diesen Fällen nicht mehr zu erkennen, auf welcher Grundlage und in welchem Umfang Bestimmungen der Verordnung Gegenstand des Baustufenplans geworden sind (Änderung der Rechtsprechung des Senats).

2. Fehlentwicklungen aufgrund des Störpotentials von Stellplätzen und Garagen kann auch bei übergeleiteten Baustufenplänen - je nach Inhalt der planerischen Festsetzungen - aufgrund der Genehmigungsvoraussetzung des Sich-Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB oder durch eine entsprechende Anwendung von § 15 Abs. 1 BauNVO im Geltungsbereich qualifizierter Bebauungspläne begegnet werden.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 Bf 133/03

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 2. Senat, durch die Richter Dr. Ungerbieler und Probst, die Richterin Sternal sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Brehm und Liebehenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 2002 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selber tragen.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für die Herstellung einer Stellplatzanlage.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks D-Straße 75 - 79 (Flurstück der Gemarkung Winterhude) in Hamburg-Winterhude. Es liegt in einem Baublock, der durch die D-Straße im Osten, die K-Straße im Norden, die S-Straße im Westen und den K-Kanal im Süden begrenzt wird. Der Baustufenplan Winterhude vom 31. Januar 1950, erneut festgestellt am 14. Januar 1955 (Amtl.Anz. S. 61), weist die Grundstücke im genannten Bereich als Wohngebiet mit viergeschossiger geschlossener Bauweise aus. Der Teilbebauungsplan vom (Amtl.Anz. ) setzt außerdem Verkehrsflächen und für das Grundstück der Klägerin sowie die nördlich angrenzenden Grundstücke D-Straße 91 - 97 eine vordere Baulinie fest. Das Grundstück der Klägerin ist mit einem fünfgeschossigen Mehrfamilienhaus aus dem Jahre 1927 bebaut, das über 30 Wohneinheiten verfügt. Das Gebäude ist in geschlossener Bauweise in der Baulinie errichtet. Der rückwärtige Teil des Grundstücks wird durch eine Tordurchfahrt im Haus Nummer 75 erschlossen und ist vollständig begrünt.

Die Beigeladenen sind die ehemaligen Eigentümer der westlich an das Grundstück der Klägerin angrenzenden Grundstücke S-Straße 74 und 76. Die rückwärtigen Teile ihrer Grundstücke und der benachbarten Grundstücke an der S-Straße werden ausschließlich gärtnerisch genutzt.

Im rückwärtigen Bereich des südlich an das klägerische Grundstück angrenzenden, ebenfalls mit einem fünfgeschossigen Mehrfamilienhaus bebauten Nachbargrundstücks D-Straße 69 - 73 befinden sich 14 im Jahre 1983 genehmigte offene Stellplätze, die durch eine Tordurchfahrt im Haus Nummer 73 erschlossen werden. Außerdem befinden sich auf der Rückseite des Gebäudes im Kellergeschoss sieben Garagen, von denen vier im Zuge des Wiederaufbaus des Wohnhauses im Jahre 1950 genehmigt worden sind. Wegen der im Blockinnenbereich vorhandenen bzw. genehmigten Bauten und Stellplätze wird im Übrigen auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht verwiesen.

Unter dem 20. Juli 2000 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Herstellung von 18 offenen Stellplätzen auf dem rückwärtigen Teil ihres Grundstücks. Wegen der Anordnung der Stellplätze wird auf den mit dem Bauantrag eingereichten Lageplan () Bezug genommen. Die Baubeschreibung sieht vor, die Stellplätze und die Zufahrt mit Rasengittersteinen zu befestigen.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2000 lehnte die Beklagte den Bauantrag ab: Die Erteilung einer Ausnahme nach § 6 Abs. 4 HBauO für die Errichtung der Stellplatzanlage an der Nachbargrenze sei nicht vertretbar. Das Vorhaben führe zu einer ausgeprägten Störung der Umgebung und zerstöre das vorhandene Grün. Den Bewohnern der angrenzenden Gebäude sei nicht zuzumuten, neben dem Straßenlärm auch noch im rückwärtigen Bereich Verkehrslärm erdulden zu müssen.

Mit ihrem am 24. November 2000 erhobenen Widerspruch wies die Klägerin auf die herrschende Parkplatznot hin und machte geltend, dass der Straßenlärm insbesondere durch den Parkplatzsuchverkehr verursacht werde. Die Herstellung der beantragten Stellplätze werde die Verkehrsbelastung im Gebiet mindern und zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Bewohner der umliegenden Grundstücke führen. Da die Stellplätze für die Mieter des Hauses bestimmt seien, seien häufige Fahrzeugbewegungen nicht zu erwarten. Die Anordnung der Stellplätze an der Grenze zum Nachbargrundstück D-Straße 69 - 73 sei auch sinnvoll, weil auf jenem Grundstück bereits eine Stellplatzanlage vorhanden sei. Zugleich trage diese Lage dem Interesse an möglichst kurzen An- und Abfahrtswegen Rechnung. Die Begrünung des Hinterhofes bleibe zum überwiegenden Teil erhalten. Eine geplante Ligusterhecke werde zusätzlich Sicht- und Lärmschutz bieten. Darüber hinaus sei das Grundstück das einzige an der D-Straße, das gegenwärtig über keine Stellplätze im rückwärtigen Bereich verfüge. Ferner entspreche es dem in § 48 HBauO zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, den durch die Wohnnutzung verursachten Stellplatzbedarf auf dem Grundstück selbst zu decken.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. September 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Soweit die beantragten Stellplätze in den Abstandsflächen des Gebäudes D-Straße 75 - 79 lägen, seien sie nach § 6 Abs. 4 Satz 1 HBauO nur im Ausnahmewege zulässig. Die Erteilung einer Ausnahme komme jedoch nicht in Betracht, da das Wohnen und die Gestaltung der freien Grundstücksflächen wesentlich beeinträchtigt würden. Das Grundstück D-Straße 75 - 79 liege an einer stark befahrenen Straße mit entsprechenden Verkehrsimmissionen. Dasselbe gelte für die unmittelbar angrenzenden Grundstücke D-Straße 69 - 73 sowie S-Straße 74 und 76. In Anbetracht dieser Tatsache komme dem Hinterhofbereich für die Erholung der Bewohner eine erhebliche Bedeutung zu. Die Ruheräume der Wohnungen seien regelmäßig zum Blockinnenbereich hin ausgerichtet. Die unmittelbare Nähe der Stellplätze und die geschlossene Bauweise ließen insbesondere in den Morgen- und Abendstunden eine starke Lärmbelästigung durch den Motorenlärm und das Öffnen und Schließen der Fahrzeugtüren erwarten. Schon jetzt werde die Wohnruhe der Anwohner durch die Stellplatzanlage auf dem Grundstück D-Straße 69 - 73 gestört. Weitere Stellplätze würden diese Situation erheblich verschärfen. Hinzu kämen Belästigungen durch Abgase sowie optische Störungen. Abgesehen von den Stellplätzen auf dem Grundstück D-Straße 69 - 73 sei der unmittelbar an das Grundstück der Klägerin angrenzende Bereich bislang frei von Bebauung. Die Bewohner hätten Ausblick auf einen begrünten Bereich und fänden solchermaßen auch optische Erholung. Die Herstellung der beantragten Stellplätze würde diese Einheit des Blockinnenbereichs zerstören.

Soweit das Vorhaben außerhalb der Abstandsflächen des Gebäudes D-Straße 75 - 79 liege, bedürfe es entgegen der im Bescheid vom 23. Oktober 2000 vertretenen Auffassung zwar keiner Ausnahme nach § 6 Abs. 4 HBauO. Die Baugenehmigung sei aber auch insoweit zu versagen, weil das Vorhaben insgesamt gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verstoße. Die vorgenannten Störungen und Belästigungen seien nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar. Zwar sei die Errichtung von Stellplätzen im Wohngebiet nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 RGaO grundsätzlich zulässig. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 RGaO dürfe die Benutzung von Stellplätzen das Arbeiten und Wohnen sowie die Ruhe und Erholung in der Umgebung aber nicht durch Lärm oder Gerüche erheblich stören. Gemäß § 13 Abs. 1 RGaO sollten Einstellplätze in Gebieten, die einen besonderen Schutz gegen Störungen genössen, außerdem nicht im Inneren der Baublöcke liegen. Beiden Vorschriften laufe das Vorhaben der Klägerin zuwider.

Mit ihrer am 30. Oktober 2001 erhoben Klage hat die Klägerin ihr Vorbringen wiederholt und vertieft: Das Vorhaben verstoße weder gegen § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO noch gegen §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, 13 Abs. 1 RGaO. Gegen die von der Beklagten befürchteten Störungen und Beeinträchtigungen sprächen sowohl die konkrete Lage und Ausführung der geplanten Stellplätze als auch die Tatsache, dass der Blockinnenbereich bereits durch die Stellplatzanlage auf dem Nachbargrundstück D-Straße 69 - 73 vorbelastet sei. Im Übrigen gehörten Stellplatzimmissionen zu den alltäglichen Erscheinungen. Sie seien auch in Wohngebieten grundsätzlich hinzunehmen, wenn und soweit sie durch Anlagen verursacht würden, die - wie hier - der Deckung eines legitimerweise im Gebiet vorhandenen Bedarfs dienten. § 13 Abs. 1 RGaO sei schon deshalb nicht einschlägig, weil das Vorhaben nicht in einem besonders geschützten Wohngebiet liege. Darüber hinaus verletze es den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die Beklagte ihr eine Stellplatzanlage verwehre, die sämtlichen anderen Grundstückeigentümern in der Nachbarschaft genehmigt worden sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 23. Oktober 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 10. September 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Antrag vom 20. Juli 2000 begehrte Baugenehmigung zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf ihren Widerspruchsbescheid berufen und bestritten, dass das Grundstück der Klägerin das einzige sei, welches über keine rückwärtigen Stellplätze verfüge.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. Sie haben jedoch geltend gemacht, dass der Blockinnenbereich den Charakter einer "grünen Lunge" habe und durch die geplante Stellplatzanlage massiv verändert würde. Aufgrund der Vielzahl der Stellplätze sei mit permanenten Beeinträchtigungen durch an- und abfahrende Kraftfahrzeuge zu rechnen.

Das Verwaltungsgericht hat dem Begehren der Klägerin mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. Dezember 2002 entsprochen und die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, der Klägerin die unter dem 20. Juli 2000 beantragte Baugenehmigung für die Errichtung von 18 Stellplätzen im hinteren Bereich des Grundstücks D-Straße 75 - 79 zu erteilen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Herstellung der Stellplatzanlage sei mit den planungsrechtlichen Vorgaben des Baustufenplans Winterhude vereinbar. Wie sich unter Berücksichtigung der in § 12 Abs. 2 BauNVO enthaltenen Wertungen ergebe, dienten die Stellplätze den Wohnbedürfnissen i.S.d. § 10 Abs. 4 Abschnitt "W" Satz 1 BPVO. Auch die Zahl der Stellplätze sei ohne Weiteres gebietsverträglich. Denn sie erreiche nicht einmal die Anzahl der Stellplätze, die nach § 48 Abs. 2 Satz 1 HBauO verlangt werden könnte. Eines zusätzlichen Rückgriffs auf § 11 Abs. 1 Satz 1 RGaO bedürfe es nicht. Wollte man die Vorschrift dennoch für anwendbar halten, so ergäbe sich nichts anderes. Eine erhebliche Störung im Sinne dieser Vorschrift liege nämlich nicht vor, wenn eine Stellplatzanlage lediglich den Bewohnern des Grundstücks diene und die Zahl der Stellplätze die Zahl der bauordnungsrechtlich notwendigen Stellplätze sogar noch unterschreite. Ein Verstoß gegen § 13 Abs. 1 RGaO scheide ebenfalls aus, weil das in Rede stehende Wohngebiet keinen besonderen Schutz gegen Störungen genieße. Ebenso wenig sei das Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Die mit der Benutzung von Personenkraftwagen einhergehenden Belästigungen des Wohnens müssten von den Anwohnern hingenommen werden, wenn und soweit es sich um Stellplätze handele, die nach § 48 HBauO notwendig und auf dem Grundstück herzustellen seien. Die Stellplatzanlage verstoße auch nicht gegen das Bauordnungsrecht. Soweit einzelne Stellplätze in den Abstandflächen der umliegenden Gebäude lägen, bedürfe es zwar einer Ausnahme nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 HBauO. Das der Beklagten insoweit eröffnete Ermessen sei jedoch zu Gunsten der Klägerin auf Null reduziert.

Zur Begründung ihrer durch Beschluss des Berufungsgerichts vom 20. Juli 2005 zugelassenen Berufung trägt die Beklagte vor: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts finde § 12 BauNVO auf Pläne, die zwar nach dem Bundesbaugesetz, aber noch nicht unter der Geltung der Baunutzungsverordnung festgestellt worden seien, keine Anwendung. Das müsse auch für Pläne gelten, die - wie hier - gemäß § 173 Abs. 3 BBauG übergeleitet worden seien. Für diese Pläne sei weiterhin die Reichsgaragenordnung, insbesondere deren § 11 maßgebend. Danach sei auch eine wohnbezogene Stellplatzanlage nicht allein schon deshalb zulässig, weil es sich gemessen an § 48 HBauO um rechnerisch notwendige Stellplätze handele. Die Zulässigkeit setze vielmehr voraus, dass das Arbeiten und Wohnen sowie die Ruhe und Erholung in der Umgebung nicht durch Lärm und Gerüche i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 RGaO erheblich gestört werde. Das sei nicht abstrakt, sondern anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Nach diesem Maßstab erscheine hier die Schaffung von neuen Lärm- und Geruchsimmissionen unzumutbar. Ebenso sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass sie - die Beklagte - zur Erteilung einer Ausnahme gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 HBauO verpflichtet sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. Dezember 2002 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie erwidert: Das Verwaltungsgericht habe die bauplanungsrechtliche und bauordnungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu Recht bejaht. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit ergebe sich aus § 34 Abs. 1 BauGB, weil sich an der D-Straße im rückwärtigen Bereich auf allen Nachbargrundstücken offene Stellplätze oder Garagen befänden und der Baustufenplan Winterhude mit seiner Ausweisung "W 4 g" insoweit funktionslos geworden sei. Jedenfalls seien die Stellplätze aufgrund der gesetzlichen Wertung des § 12 Abs. 2 BauNVO zulässig. Das gelte auch hinsichtlich der Anzahl der Plätze, weil die Vorschrift Stellplätze für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf gemeinhin für zulässig erkläre. Die Reichsgaragenordnung stehe einer Genehmigung des Vorhabens nicht entgegen. Unabhängig davon, ob § 11 Abs. 1 Satz 1 RGaO überhaupt anwendbar sei, seien erhebliche Störungen jedenfalls weder in optischer Hinsicht noch im Hinblick auf Immissionen zu erwarten. Ebenso zutreffend habe das Verwaltungsgericht entschieden, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 6 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 HBauO vorlägen und das der Beklagten eingeräumte Ermessen auf Null reduziert sei.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich im Berufungsverfahren zur Sache nicht geäußert.

Das Berufungsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2008 das Grundstück der Klägerin und seine Umgebung in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der das Grundstück der Klägerin betreffenden Bauakten und der die Garagen und Stellplätze auf dem Nachbargrundstück D-Straße 69 - 73 betreffenden Bauvorlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und führt auch in der Sache zum Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht zur Erteilung einer Baugenehmigung für die Herstellung von 18 Stellplätzen auf dem rückwärtigen Teil des Grundstücks D-Straße 75 - 79 verpflichtet. Der Klägerin kann die begehrte Genehmigung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 der hier noch einschlägigen Hamburgischen Bauordnung vom 1. Juli 1986 - HBauO 1986 - (HmbGVBl. S. 183, m.Ä.) nicht erteilt werden, da ihr Vorhaben dem Bauplanungsrecht widerspricht.

1. Bei der Stellplatzanlage handelt es sich um ein Vorhaben i.S.d. § 29 Abs. 1 Satz 1 BauGB, das den planungsrechtlichen Vorschriften unterliegt. Das folgt zwar nicht schon daraus, dass § 2 Abs. 2 Nr. 5 HBauO 1986 Stellplätze kraft Gesetzes zu baulichen Anlagen erklärt. Denn der bundesrechtliche Begriff der baulichen Anlage in § 29 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist im Verhältnis zu den entsprechenden Begriffen des Bauordnungsrechts der Länder trotz weitgehender inhaltlicher Übereinstimmungen ein eigenständiger und insofern vom Landesrecht unabhängiger Begriff. Ihm unterfallen alle Anlagen, die im weitesten Sinne gebaut, d.h. in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden sind und welche die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange in einer Weise berühren können, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.8.1973, BVerwGE 44, 59, m.w.N.). Auch diese Voraussetzungen sind aber erfüllt. Denn zum einen reicht es zur Verwirklichung des Merkmals "bauen" aus, dass der Untergrund für die Stellplatzanlage mit Rasengittersteinen befestigt werden soll; zum anderen ist die Frage, wo und in welchem Umfang Personenkraftwagen abgestellt werden können, von erheblicher städtebaulicher Bedeutung (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 19.4.2001, 2 Bf 14/97). Letzteres findet seinen Ausdruck nicht zuletzt in § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB, der vorsieht, dass in Bebauungsplänen u.a. "Flächen für das Parken von Fahrzeugen" festgesetzt werden können.

2. Für die deshalb erforderliche bauplanungsrechtliche Beurteilung kommt es zunächst gemäß § 30 BauGB auf die Festsetzungen des Bebauungsplans an. Maßgeblich ist hier der als Bebauungsplan übergeleitete Baustufenplan Winterhude, der selbst Festsetzungen über Art und Maß der baulichen Nutzung enthält und hinsichtlich der örtlichen Verkehrsflächen und der überbaubaren Grundstücksflächen durch die Festsetzungen des Teilbebauungsplans 19 und § 13 Abs. 1 der Baupolizeiverordnung für die Freie und Hansestadt Hamburg (BPVO) zu einem qualifizierten Bebauungsplan i.S.v. § 30 Abs. 1 BauGB ergänzt wird. Danach begegnet die Stellplatzanlage zwar weder hinsichtlich der Art der Nutzung noch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche grundsätzlichen Bedenken. Gleichwohl ist die Stellplatzanlage nach den Umständen des Einzelfalles unzulässig, weil von ihr Störungen ausgehen können, die nach dem Maßstab des auf übergeleitete qualifizierte Bebauungspläne entsprechend anwendbaren § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. z.B. OVG Hamburg, Urt. v. 31.10.1991, OVG Bf II 41/90, juris) unzumutbar sind.

a) Nach der Art der baulichen Nutzung ist die beantragte Stellplatzanlage zulässig. Der Baustufenplan Winterhude weist das klägerische Grundstück als Wohngebiet aus. Gemäß § 10 Abs. 4 Abschnitt "Wohngebiet W" BPVO dienen die Grundstücke den Wohnbedürfnissen. Das schließt nach der Rechtsprechung des Berufungsgerichts, derzufolge der Begriff weit auszulegen ist, nicht nur Nutzungen ein, die ihrer Art nach Wohnen sind, sondern auch solche, die in einem Wohngebiet allgemein erwartet werden oder jedenfalls mit ihm verträglich sind, sofern sie nicht durch Schutzvorschriften im Baustufenplan selbst ausgeschlossen sind (vgl. nur OVG Hamburg, Urt. v. 13.2.2002, NordÖR 2002, 412, 413). Zur Konkretisierung der hiernach zulässigen Nutzungsarten kann - wenn auch nicht schematisch - die Baunutzungsverordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung als Auslegungshilfe herangezogen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1998, BVerwGE 108, 190; OVG Hamburg, Urt. v. 13.2.2002, a.a.O.). Denn die Vorschriften der Baunutzungsverordnung bringen regelmäßig zum Ausdruck, was nach allgemeinem Verständnis für die Wohnnutzung in bestimmten Gebieten über die eigentliche Wohnnutzung hinaus als dazugehörig oder jedenfalls mit ihr verträglich anzusehen ist. Unter Berücksichtigung des § 12 Abs. 2 BauNVO gehören offene Stellplätze für ein Mehrfamilienhaus danach ohne Weiteres zu den im Wohngebiet zulässigen Nutzungen. Ein Rückgriff auf § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 der Verordnung über Garagen und Einstellplätze (Reichsgaragenordnung - RGaO) vom 17. Februar 1939 (RGBl. I S. 219), der u.a. Einstellplätze als Zubehör zur Wohnung in allen für die Bebauung bestimmten Gebieten für zulässig erklärt, scheidet dagegen aus. Wie sogleich unter c) darzulegen sein wird, sind die planungsrechtlichen Vorschriften der Reichsgaragenordnung unter den vorliegenden Umständen nicht mehr anwendbar.

b) Dass die offene Stellplatzanlage hinter der im Teilbebauungsplan ausgewiesenen Baulinie zurückbleiben soll, ist unter dem Gesichtspunkt der überbaubaren Grundstücksfläche unschädlich. Der den Teilbebauungsplan ergänzende § 13 Abs. 1 Satz 1 BPVO bestimmt lediglich, dass die Vorderseite der "Gebäude" in der vorgeschriebenen Baulinie zu errichten ist. Andere bauliche Anlagen dürfen vor- oder zurücktreten, ohne dass es hierfür einer Ausnahme oder Befreiung von der festgesetzten Baulinie bedarf (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 14.9.2005, 2 Bf 119/02; Lechelt, Baurecht in Hamburg, Bd. II, 1994, § 13 BPVO Rn. 17 ff.).

c) Das Vorhaben der Klägerin ist jedoch nach den Umständen des Einzelfalles unzulässig.

aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt sich dieses Ergebnis allerdings nicht auf § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 RGaO stützen, wonach Einstellplätze und Garagen so angeordnet werden müssen, dass ihre Benutzung u.a. das Arbeiten und Wohnen sowie die Ruhe und Erholung in der Umgebung durch Lärm oder Gerüche nicht erheblich stört. Die Vorschriften der Reichsgaragenordnung sind als Bundesrecht außer Kraft getreten und stellen jedenfalls in den Fällen, in denen der Bebauungsplan - wie hier - keinerlei Hinweis auf die Reichsgaragenordnung enthält, auch keine in das Landesrecht eingegangenen, die fort geltenden Bebauungspläne alten Rechts ergänzenden Regelungen dar. Dem steht die von der Beklagten angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht entgegen. Zwar hat es nach Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes in älteren Entscheidungen mehrfach ausgeführt, dass die planungsrechtlichen Vorschriften der Reichsgaragenordnung weiter Anwendung fänden, so lange nicht neue Bebauungspläne aufgrund des Bundesbaugesetzes in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung mit der Wirkung des § 1 Abs. 3 Satz 2 BauNVO 1962 erlassen worden seien (vgl. grundlegend BVerwG, Urt. v. 27.1.1967, BVerwGE 26, 103; Urt. v. 14.6.1968, Buchholz 406.42 § 11 RGaO Nr. 8; Urt. v. 31.1.1969, Buchhholz 406.42 § 11 RGaO Nr. 10; Urt. v. 14.2.1969, Buchholz 406.42 § 11 RGaO Nr. 11). Es hat dies jedoch ausdrücklich und in Abgrenzung zur Überleitungsvorschrift des § 173 Abs. 3 BBauG 1960 aus § 186 Abs. 3 BBauG 1960 hergeleitet, demzufolge die Vorschriften der Reichsgaragenordnung unberührt blieben, soweit sie nicht den Bestimmungen des Bundesbaugesetzes entgegenstanden (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.1.1967, a.a.O.). Dabei blieben die Vorschriften als solche, d.h. als Vorschriften des Bundesrechts unberührt mit der Folge, dass eine Umwandlung in Pläne und die mit ihr verbundene Umqualifizierung in Ortsrecht ausgeschlossen war.

Diese Grundlage für die weitere Anwendung der planungsrechtlichen Vorschriften der Reichsgaragenordnung ist mit ihrer Aufhebung als Bundesrecht durch Art. 2 Nr. 27 des Gesetzes über das Baugesetzbuch vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2191, 2236) entfallen. Zwar wird in den Gesetzesmaterialien hierzu ausgeführt, dass die Bedeutung der einschlägigen Vorschriften der Reichsgaragenordnung durch die Aufhebung unberührt bleibe, soweit die Reichsgaragenordnung Bedeutung für Satzungen habe, die vor dem Inkrafttreten des Bundesbaugesetzes erlassen worden seien (BT-Drucks. 10/4630 S. 159). Dementsprechend ist das Berufungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung ohne weitere Differenzierungen davon ausgegangen, dass die planungsrechtlichen Vorschriften der Reichsgaragenordnung als Teil der übergeleiteten Baustufenpläne weiter gelten (vgl. z.B. OVG Hamburg, Urt. v. 12.6.2003, NordÖR 2004, 113; Urt. v. 19.4.2001, 2 Bf 14/97; ebenso Alexejew/Niere, HBauO, 19. Aufl. 2007, S. 10 Anm. 4.5 und S. 389 in der Fußnote). Diese Auffassung ist aber jedenfalls für jene Fälle aufzugeben, in denen der Plan - wie hier - keinerlei textlichen oder zeichnerischen Hinweis (z.B. durch die Festsetzung von Gemeinschaftseinstellplätzen oder - garagen) darauf enthält, dass er die Bestimmungen der Reichsgaragenordnung zu seinem Inhalt gemacht hat. Nach ihrer Aufhebung als Bundesrecht lässt sich in diesen Fällen für den Normadressaten nicht mehr erkennen, auf welcher Grundlage und in welchem Umfang Vorschriften der Reichsgaragenordnung Bestandteil des Baustufenplans (geworden) sind. Die weitere Anwendung der planungsrechtlichen Vorschriften der Reichsgaragenordnung würde deshalb dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit widersprechen, wonach ein Bebauungsplan - wie jede andere Rechtsnorm - hinreichend klar zum Ausdruck bringen muss, welche Regelung mit welchem Inhalt normative Geltung beansprucht.

Die fehlende Überleitung der Reichsgaragenordnung führt nicht zu Regelungslücken, die durch die Anwendung des geltenden Planungsrechts nicht zu schließen wären. Soweit die Reichsgaragenordnung Stellplätze und Garagen - wie z.B. in § 12 hinsichtlich der Ausnutzung von Flächen - privilegiert, wird in der Regel ein Befreiungstatbestand nach § 31 Abs. 2 BauGB gegeben und das der Beklagten eingeräumte Ermessen zu Gunsten des Bauherrn auf Null reduziert sein. Soweit die Reichsgaragenordnung Stellplätze und Garagen im Hinblick auf ihr Störpotenzial - wie z.B. in § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 - besonderen bodenrechtlichen Anforderungen unterwirft, kann Fehlentwicklungen im Geltungsbereich einfacher Pläne durch das Erfordernis des Sich-Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB und im Geltungsbereich qualifizierter Pläne durch § 15 Abs. 1 BauNVO begegnet werden. Im Streitfall kommt deshalb nicht § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 RGaO, sondern § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO zum Tragen. Ein anderes Ergebnis ist hiermit nicht verbunden. Auch bei der Auslegung des Begriffs der erheblichen Störung i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 RGaO wäre darauf abzuheben, ob dem Nachbarn die Auswirkungen von Stellplätzen zugemutet werden können (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 6.10.1978, VIII 948/77, juris; VGH Kassel, Urt. v. 10.3.1977, BRS 32 Nr. 111). Die nachfolgenden Erwägungen würden daher gleichermaßen gelten, wenn § 11 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 RGaO noch anwendbar wäre.

bb) Nach dem Maßstab des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ist die beantragte Stellplatzanlage unzulässig. Zwar haben die Nachbarn die von den Stellplätzen einer rechtlich zulässigen Wohnbebauung ausgehenden Belästigungen oder Störungen im Regelfall hinzunehmen; besondere örtliche Verhältnisse können aber zu dem Ergebnis führen, dass die Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück nicht oder nur unter Einschränkungen genehmigt werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.3.2003, NVwZ 2003, 1516 und Urt. v. 7.12.2000, BauR 2001, 914). Dies gilt insbesondere für Stellplätze, die - wie hier - im Inneren von Wohnkomplexen oder in ruhigen rückwärtigen Gartenbereichen hinter Wohnhäusern gelegen sind.

Soweit das Verwaltungsgericht unzumutbare Belästigungen oder Störungen schon deshalb für ausgeschlossen erachtet hat, weil notwendige Stellplätze auf dem Baugrundstück herzustellen seien und die Zahl der beantragten Stellplätze die Zahl der notwendigen Stellplätze sogar noch unterschreite, greift dieser Ansatz zu kurz. Abgesehen davon, dass ein Fall notwendiger Stellplätze in Ermangelung einer entsprechenden (nachträglichen) Festlegung der Beklagten nicht gegeben ist (vgl. hierzu auch OVG Hamburg, Beschl. v. 26.5.2008, 2 Bf 171/06.Z), lässt er außer Acht, dass auch die Herstellung notwendiger Stellplätze nur nach Maßgabe der weiteren bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorschriften zulässig ist und nach § 48 Abs. 3 HBauO 1986 im Übrigen nicht zwangsläufig auf dem Baugrundstück selbst erfolgen muss.

Die deshalb erforderliche Einzelfallprüfung ergibt, dass von der im Blockinnenbereich geplanten Stellplatzanlage in ihrer jetzigen Dimensionierung und Anordnung Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst unzumutbar sind. Für die Eigenart eines Baugebiets i.S.v. § 15 Abs. 1 BauNVO sind weder die konkreten tatsächlichen Verhältnisse noch die typisierenden Regelungen der Baunutzungsverordnung (bzw. hier der Baupolizeiverordnung) jeweils allein maßgebend. Vielmehr lässt sich die Eigenart eines Baugebiets nur auf die Weise abschließend bestimmen, dass neben den typisierenden Regelungen auch die jeweilige örtliche Situation, in die ein Gebiet "hineingeplant" worden ist, sowie der jeweilige Planungswille, soweit dieser in den Festsetzungen des Bebauungsplans unter Berücksichtigung der hierfür gegebenen Begründung zum Ausdruck gekommen ist, berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.5.1988, BVerwGE 79, 309, m.w.N.). Dabei scheidet bei den übergeleiteten Bebauungsplänen der Beklagten allerdings ein Rückgriff auf die Begründung in Ermangelung einer solchen regelmäßig - und so auch hier - aus.

Auch ohne diese Auslegungshilfe lässt sich dem Baustufenplan Winterhude aber entnehmen, dass der Erhalt einer Ruhe- und Erholungszone im Blockinnenbereich dem Planungswillen entspricht. Die Festsetzung eines viergeschossigen Wohngebiets mit geschlossener Bauweise folgt ersichtlich dem bei Planaufstellung vorhandenen (in die Planzeichnung eingetragenen) Bestand. Die örtliche Situation war danach durch eine geschlossene Blockrandbebauung entlang der D-Straße, der K-Straße, der S-Straße und dem K-Kanal und nur einige wenige, durch Tordurchfahrten erschlossene Gebäude im inneren Bereich geprägt. Letztere konzentrierten sich auf den zum nördlichen und südlichen Blockrand hin gelegenen Grundstücken an der D-Straße, während die rückwärtigen Flächen der an der S-Straße gelegenen Grundstücke und die großen im Zentrum des Blockinnenbereichs gelegenen Flächen, die zum Grundstück der Klägerin und zum Nachbargrundstück D-Straße 69 - 73 gehören, unbebaut waren. Soweit Garagen vorhanden waren, waren diese - wie z.B. auf dem zuletzt genannten Grundstück und dem Grundstück D-Straße 67/67 a - offensichtlich in die Kellergeschosse der Blockrandbebauung integriert. Diese tatsächlichen Verhältnisse und der Umstand, dass die Festsetzung einer geschlossenen Bauweise in einem allseits geschlossenen mehrgeschossigen Baublock typischerweise mit der Schaffung bzw. Erhaltung einer Ruhe- und Erholungszone im Blockinnenbereich verbunden ist, rechtfertigen die Annahme, dass der Plangeber den rückwärtigen Flächen auch vorliegend diese besondere Funktion zugewiesen hat. Die schon bei Planaufstellung an der D-Straße vorhandenen Tordurchfahrten geben zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Sie finden sich nur auf einzelnen Grundstücken und ändern nichts daran, dass der überwiegende Teil der hinteren Grundstücksflächen des Baugevierts mit Kraftfahrzeugen nicht zu erreichen war. Auch die später durch den Teilbebbauungsplan festgesetzte Baulinie lässt den Planungswillen nicht in einem anderen Licht erscheinen. Sie betrifft lediglich das Grundstück der Klägerin und die nördlich angrenzenden Nachbargrundstücke und ist erkennbar nicht zur Ordnung der rückwärtigen Grundstücksflächen, sondern zur Flankierung der Verkehrsplanung im östlich angrenzenden Geltungsbereich des Teilbebauungsplans festgesetzt worden.

Nach dem Ergebnis der Ortsbesichtigung ist das Berufungsgericht davon überzeugt, dass der Blockinnenbereich auch heute noch die ihm zugedachte Funktion als Ruhe- und Erholungsraum erfüllt. Die 14 offenen Stellplätze auf dem an das Grundstück der Klägerin südlich angrenzenden Grundstück D-Straße 69 - 73 und die drei Garagenboxen auf dem sich anschließenden Grundstück D-Straße 67/67 a, die nach Feststellung des Baustufenplans und des Teilbebauungsplans genehmigt worden sind (eine Genehmigung für die auf letzterem Grundstück vorhandenen offenen Stellplätze ist nicht aktenkundig), ändern nichts daran, dass die begrünten Freiflächen die Gesamtsituation im Blockinnenbereich noch maßgebend prägen. Die von diesen Anlagen ausgehenden Beeinträchtigungen der Nachbarschaft durch Lärm und Abgase sind auch nicht so ausgeprägt, als dass die zusätzlichen Immissionen durch die geplante Anlage der Klägerin nicht mehr ins Gewicht fallen würden. Die Verhältnisse auf den sich nördlich an das Grundstück der Klägerin anschließenden Grundstücken sind dagegen nur insoweit von Bedeutung, als sie die Feststellung rechtfertigen, dass das zu Wohnzwecken genutzte Hinterhaus D-Straße 91 a und das Vorderhaus D-Straße 93 zusammen wie eine geschlossene Bebauung wirken und damit den nördlichen Blockrand gleichsam vorverlagern. Sie schirmen den südlich hiervon gelegenen Blockinnenbereich ab, so dass sich dort etwaige Kraftfahrzeugemissionen von den nördlich gelegenen Grundstücken jedenfalls nicht als Vorbelastung niederschlagen. Entsprechendes gilt für die rückwärtigen Freiflächen auf den Grundstücken im Eckbereich K-Straße/S-Straße, die durch die Hinterhäuser auf den Grundstücken D-Straße 91 a, 93 und 95 abgeschirmt werden.

Wie sich aus der Gesamtwürdigung der optisch-ideellen Beeinträchtigungen durch die Verminderung der Grünflächen einerseits und der Beeinträchtigungen durch Lärm und Abgase andererseits ergibt, würde die im Blockinneren geplante Stellplatzanlage das Wohnen, die Ruhe und die Erholung über das zumutbare Maß hinaus stören. Die Funktion des Blockinnenbereichs als Ruhe- und Erholungsraum hat aufgrund der dichten Bebauung und der starken Verkehrsbelastung der umliegenden innerstädtischen Straßen für den Wohnwert der in dem Baublock liegenden Wohnungen und das Wohlbefinden ihrer Nutzer besonderes Gewicht. Durch die geplanten Stellplätze würde die Grünfläche auf dem Grundstück der Klägerin um etwa ein Drittel reduziert, wobei die raumgreifende Anordnung der Stellplätze im rechten Winkel zur Fahrgasse wesentlich zum Flächenverbrauch beiträgt. Die massierte Anordnung der Stellplätze und ihre Erstreckung tief in das Zentrum des Blockinnenbereichs hinein bis an die Grundstücksgrenze der Beigeladenen hätte zudem eine Zergliederung des Grünflächenzusammenhangs zur Folge, der jetzt zwischen den Grundstücken an der S-Straße und an der D-Straße besteht und dem Blockinnenbereich eine gewisse Großzügigkeit verleiht. Die optische Erholungsfunktion der Grünflächen würde hierunter beträchtlich leiden.

Darüber hinaus ist schon aufgrund der Anzahl von 18 Stellplätzen mit Lärmbelästigungen durch das Anlassen der Motoren, die An- und Abfahrt, das notwendige Rangieren und das Schlagen von Türen zu rechnen, die sich im Inneren des durch vier- bis fünfgeschossige Gebäude abgeschlossenen Baublocks weitaus störender auswirken werden als dies außerhalb des Baublocks der Fall wäre. Die Nutzung der Stellplätze durch die Bewohner des Hauses lässt zwar einerseits keine allzu große Bewegungshäufigkeit erwarten. Andererseits wird gerade die Nutzung durch die Bewohner mit einer gewissen Regelmäßigkeit Fahrzeugbewegungen zur Folge haben, die außerhalb der verkehrsstarken Stunden und der gewerblichen Öffnungszeiten und innerhalb der üblichen Zeiten der Ruhe und Erholung liegen. Das gilt namentlich für den frühen Morgen und den späten Abend bzw. die Nacht sowie für Sonn- und Feiertage. Die Bewohner des klägerischen Hauses wie auch der umliegenden Häuser werden hiervon deshalb besonders betroffen sein, weil sich wegen der erheblichen Verkehrsbelastung auf den Straßenseiten die Nutzung der zum Blockinnenbereich hin gelegenen Räume für Zwecke der Ruhe und Erholung, z.B. als Schlaf- und Kinderzimmer, aufdrängt. Insbesondere im Bereich der Einmündung der Tordurchfahrt in den Hinterhof ist mit einer Massierung des Lärms zu rechnen, da die Tordurchfahrt auf dem Nachbargrundstück D-Straße 69 - 73 unmittelbar angrenzt. Zusammen genommen erreichen die von der Klägerin beantragten Stellplätze und die offenen Stellplätze und Garagen auf dem vorgenannten Grundstück beinahe die Größenordnung einer Großanlage i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 5 der Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen und offenen Stellplätzen vom 17. April 1990 (HmbGVBl. S. 75, m.Ä.), was das Störpotenzial verdeutlicht. Insofern begründet die Tatsache, dass auf dem Nachbargrundstück bereits offene Stellplätze genehmigt worden sind, entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Anspruch darauf, ihrerseits die beantragte Baugenehmigung zu erhalten, sondern trägt im Gegenteil dazu bei, dass der Blockinnenbereich die geplante Stellplatzanlage in ihrer jetzigen Dimensionierung und Anordnung ohne Überschreitung der Zumutbarkeitsschwelle nicht (mehr) aufnehmen kann.

Das bedeutet andererseits nicht, dass Stellplätze im rückwärtigen Bereich des Grundstücks der Klägerin nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO schlechterdings unzulässig wären. Im Hinblick auf die im Baustufenplangebiet entsprechend heranzuziehende Wertentscheidung des § 12 Abs. 2 BauNVO wird die Beklagte der Klägerin die Herstellung von Stellplätzen jedenfalls aus planungsrechtlichen Gründen nicht zur Gänze versagen können. Eine Verringerung der Anzahl der Stellplätze und eine aufgelockertere, weniger Fläche beanspruchende Anordnung, die auch auf die vorgefundenen Nutzungsverhältnisse auf den benachbarten Gartenflächen im Blockinnenbereich Bedacht nimmt, dürften geeignet sein, Beeinträchtigungen der Nachbarschaft auf das ihr entsprechend der Eigenart des Gebiets zumutbare Maß mindern. Bei einer bauplanungsrechtlich zulässigen Gestaltung dürfte es ferner nicht ausgeschlossen sein, etwaige bauordnungsrechtliche Hindernisse durch die Erteilung von Befreiungen auszuräumen. Hinsichtlich einer Umplanung kommen jedoch verschiedene Varianten in Betracht. Sie würden sich gegenüber dem streitigen Vorhaben nicht als bloßes Minus, sondern als aliud darstellen und bedürfen der Konkretisierung in einem neuen Genehmigungsverfahren.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Für eine Entscheidung zu Gunsten der Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO besteht kein Anlass. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10 und 11, 711 ZPO.

Ein Grund, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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