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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 19.03.2008
Aktenzeichen: 2 Bf 192/05
Rechtsgebiete: HmbVwVfG, BGB


Vorschriften:

HmbVwVfG § 57
HmbVwVfG § 59
BGB § 125 S. 1
BGB § 126 Abs. 2
BGB § 242
1. Ein öffentlich-rechtlicher Vergleichsvertrag ist nach § 59 Abs. 1 HmbVwVfG i.V.m. § 125 Satz 1 BGB nichtig, wenn er den Anforderungen an die Schriftform aus § 57 HmbVwVfG i.V.m. § 126 Abs. 2 BGB nicht entspricht. Die Einhaltung der rechtsgeschäftlich bestimmten Schriftform gemäß § 127 Abs. 2 BGB reicht zur Wahrung von § 57 HmbVwVfG nicht aus.

2. Ein Leistungserfüllungsanspruch lässt sich bei einem nichtigen öffentlich-rechtlichen Vertrag aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nur herleiten, wenn eine Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen nicht möglich ist und ein Fortbestand der dadurch eingetretenen Verhältnisse nach der Rechtsordnung schlechthin unerträglich wäre.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 Bf 192/05

Verkündet am 19.03.2008

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 2. Senat, durch den Richter Dr. Ungerbieler, die Richterin Haase und den Richter Probst sowie den ehrenamtlichen Richter Hansen und die ehrenamtliche Richterin Kelzenberg für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des gesamten Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 51.129,18 Euro aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag.

Der Beklagte ist seit 1998 Eigentümer des 193 qm großen Grundstücks A-Straße 2 (Flurstück 45), das an der Ecke zur B-Straße belegen ist. Bereits zuvor hatte er das Grundstück A-Straße 6 (Flurstück 47) erworben. Spätestens im Jahre 2002 ist er auch Eigentümer des dazwischen liegenden Grundstücks A-Straße 4 (Flurstück 46) geworden. Alle drei Flurstücke zusammen bilden ein in etwa quadratisch geschnittenes Grundstück mit einer Seitenlänge von jeweils ca. 25 m. Die Grundstücke A-Straße 4 und 6 sind bisher mit zwei zwei- bis dreigeschossigen Wohn- bzw. Geschäftshäusern bebaut.

Die genannten Flurstücke befinden sich im Geltungsbereich eines Baustufenplans. Dieser enthält zumindest für die Flurstücke 45 und 46 keine Festsetzungen, da diese Fläche als Wegefläche eines - nicht verwirklichten - Straßenzuges dienen sollte. Für alle anderen Grundstücke entlang der Nordseite der A-Straße enthält der Baustufenplan eine Ausweisung als "G 4" nach der BPVO.

Das Grundstück A-Straße 2 weist seit langem keine dauerhafte Bebauung mehr auf. Bis zum Jahr 1991 stand es im Eigentum der Klägerin. Durch Mieter bzw. Pächter wurde auf dem Grundstück auf der Basis einer widerruflichen Baugenehmigung in einem Behelfsbau ein Imbiss betrieben. 1991 wurde das Grundstück an einen Privatmann mit der Auflage verkauft, binnen zwei Jahren eine Neubebauung mit einem viergeschossigen Geschäftshaus vorzunehmen. Eine genehmigte Bebauung in Form eines fünfgeschossigen Gebäudes mit zweigeschossigem Restaurant scheiterte ca. 1995. Der Grundstückseigentümer geriet in Vermögensverfall. Während dieses Zeitraums wurde auf dem Grundstück weiterhin ein Imbiss betrieben, für den bis 1998 nunmehr jeweils befristete Genehmigungen erteilt wurden.

In einem Widerspruchsverfahren auf Erteilung einer weiteren Nutzungsgenehmigung für eine Imbissnutzung erklärte sich die Klägerin gegenüber dem Beklagten in einem ersten nicht streitigen Vergleich bereit, den Betrieb des Imbisses und der damit in Zusammenhang stehenden baulichen Anlagen bis zum 30. Juni 1999 zu dulden.

Für das Grundstück A-Straße 2 beantragte der Beklagte im Januar 1999 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines fünfgeschossigen Geschäftshauses, das dem Projekt des Voreigentümers ähnelte. Die Unterlagen reichten für eine Genehmigung zunächst nicht aus, so dass die Klägerin den Beklagten im März und Mai 1999 aufforderte, die Antragsunterlagen zu ergänzen.

Im Juni 1999 beantragte der Beklagte die Verlängerung der von ihm als Nutzungsgenehmigung bezeichneten baurechtlichen Duldung bis zum Baubeginn des geplanten Neubaus. Ende Juli 1999 stellte der Beklagte beim Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Klägerin einstweilen zu verpflichten, die bis zum 30. Juni 1999 befristete Duldung für den Imbiss bis zum 31. Oktober 1999 zu verlängern.

Unter dem 2. September 1999 erhielt der Beklagte die von ihm beantragte Baugenehmigung für das Grundstück A-Straße 2. Vor diesem Hintergrund bot die Klägerin im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens einen Vergleich über die vorübergehende weitere Imbissnutzung auf dem streitigen Grundstück an. Der Beklagte zeigte seine grundsätzliche Vergleichsbereitschaft, erklärte jedoch, er sei daran interessiert, die Angelegenheit außergerichtlich zu regeln. Darauf bot die Klägerin dem Beklagten im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 11. November 1999 folgenden Vergleich an:

"1. Der Antragsteller verpflichtet sich, bis zum 31.12.2001 die Nutzung des auf dem Grundstück A-Straße 2 durchgeführten Imbissbetriebes einzustellen und die für diesen Zweck aufgestellten Anlagen, Imbisswagen, Toilettenwagen, Zeltüberdachung zu entfernen.

2. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich, die gegenwärtige Nutzung der Flächen bis zum 31.12.2001 zu dulden. Die Duldung kann widerrufen werden, wenn Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dies gebieten.

3. Der Antragsteller verpflichtet sich, mit dem Bau des mit dem Baugenehmigungsbescheid vom 2.9.1999 genehmigten Vorhabens oder eines Vorhabens für einen Gebäudekomplex auf den Grundstücken A-Straße 2 - 6 spätestens am 2.1.2002 zu beginnen und das Vorhaben spätestens nach Ablauf von 24 Monaten fertig zu stellen.

4. Für den Fall, dass der Antragsteller mit der Durchführung des unter der Ziffer 3. dieses Vergleiches bezeichneten Vorhabens nicht spätestens am 2.1.2002 beginnt oder es nicht spätestens am 2.1.2004 fertigstellt, verpflichtet er sich zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von jeweils DM 50.000.

5. Der Antragsteller nimmt seinen Antrag vom 28. Juli 1999 zurück."

Dieses Schreiben wurde dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zeitgleich auch unmittelbar zur Kenntnis gebracht.

Mit Schreiben vom 11. November 1999, das unmittelbar an die Klägerin gerichtet war, teilte der Beklagte durch seine Prozessbevollmächtigten mit:

"Unter Bezugnahme auf Ihren Schriftsatz vom 11.11.1999 an das Verwaltungsgericht Hamburg in der Sache ... bestätige ich Ihnen nach Rücksprache mit meinem Mandanten, dass dieser den Vergleich annimmt."

Einem in der Folge beantragten Vorbescheid für den Neubau eines Geschäftshauses auf den Grundstücken A-Straße 2 - 6 entsprach die Klägerin mit Bescheid vom 4. Juli 2001 nur zum Teil. Zu einem weiteren unter im November 2001 gestellten Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau eines Hotels mit 65 Zimmern und Gastronomie teilte die Klägerin im Dezember 2001 mit, dass ein solches Vorhaben nach § 34 BauGB nicht genehmigungsfähig sei. - Die Imbissnutzung wurde Ende 2001 eingestellt.

Im Anschluss an die Ablehnung nahm der Beklagte erneut Änderungen an den Entwürfen vor. Dabei bestand zwischen den Beteiligten weiterer Kontakt mit dem Ziel, ein genehmigungsfähiges Projekt zu planen. Im Juli 2002 erteilte die Klägerin die Baugenehmigung für die Errichtung eines Hotels mit 54 Zimmern und Gastronomie auf den Grundstücken A-Straße 2 - 6.

Im Oktober 2002 wandte sich die Klägerin an die Prozessbevollmächtigten des Beklagten und fragte unter Bezugnahme auf den Vergleich vom 11. November 1999 an, wann mit dem Baubeginn für das genehmigte Hotel zu rechnen sei. Hierauf teilte der Beklagte durch seinen Prozessbevollmächtigten Anfang Dezember 2002 mit, dass es bisher nicht gelungen sei, einen Betreiber für das Hotel zu finden. Zwei Hotelketten, mit denen er im Gespräch sei, forderten eine Vergrößerung bis auf ca. 90 Zimmer, damit sich das Hotel wirtschaftlich führen lasse. Durch seinen Architekten begehrte er eine Änderung der Baugenehmigung mit dem Ziel, 76 Zimmer unterzubringen.

Daraufhin forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 15. Januar 2003 auf, auf Grund des Vergleiches vom 11. November 1999 eine Vertragsstrafe in Höhe von 50.000,-- DM entsprechend 25.564,59 Euro bis zum 10. Februar 2003 zu entrichten, da er seine Verpflichtungen aus dem Vergleich nicht erfüllt habe. Dem trat der Beklagte in mehreren Schreiben entgegen.

Die Klägerin hat am 7. März 2003 Klage zunächst auf Zahlung von 25.564,59 Euro erhoben und zur Begründung vorgetragen:

Der Beklagte habe nach ihren Feststellungen bis zum 15. Januar 2003 mit dem Bauvorhaben nicht begonnen. Deshalb sei die im Vergleich vereinbarte Vertragsstrafe fällig geworden. Die Geschäftsgrundlage des Vergleichs sei nicht weggefallen. Dies könne insbesondere nicht daraus hergeleitet werden, dass er mangels Wirtschaftlichkeit des geplanten Hotelprojekts das Vorhaben nicht in der genehmigten Form realisieren wolle. Ziel des Vergleiches sei es gewesen, einen städtebaulichen Missstand zu beseitigen. Nur deshalb sei die ungenehmigte Nutzung für eine Übergangszeit noch geduldet worden. Entgegen des Vortrags des Beklagten sei es den Beteiligten bei Abschluss des Vergleichs nicht klar gewesen, dass sich der Baubeginn terminlich weiter verschieben könne. Im Gegenteil seien ausdrücklich vor dem Hintergrund der Vergangenheit präzise bestimmte Termine vereinbart worden.

Ferner forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 25. März 2004 zur Zahlung einer weiteren Vertragsstrafe in Höhe von 25.564,59 Euro (50.000,-- DM) auf, da er das genehmigte Bauvorhaben nicht bis zum 2. Januar 2004 fertig gestellt habe. Der Beklagte lehnte eine Zahlung mit Schreiben vom 1. April 2004 ab.

Anschließend hat die Klägerin unter dem 13. April 2004 eine Klagänderung dahin erklärt, dass sie im Klageverfahren nunmehr 51.129,18 Euro (100.000,-- DM) begehre. Der Beklagte sei nach Ziffer 3 des Vergleichs verpflichtet, an die Klägerin weitere 50.000,-- DM für den Fall zu zahlen, dass das Bauvorhaben nicht spätestens am 2. Januar 2004 fertig gestellt gewesen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 51.129,18 Euro zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat im Wesentlichen ausgeführt:

Zwar hätten die Beteiligten einen Vergleichsvertrag geschlossen. Gleichwohl könne die Klägerin daraus zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinen Anspruch auf Zahlung herleiten. Er habe aus § 60 VwVfG einen Anspruch auf Vertragsanpassung und könne sich auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Insoweit komme zwar eine vollständige Vertragsauflösung nicht in Betracht. Der Vergleich sei aber dahin zu ändern, dass ihm eine Fristverlängerung hinsichtlich des Baubeginns zuzugestehen sei. Der Klägerin sei bekannt gewesen, dass er ein Hotel habe errichten und dann an einen Betreiber habe vermieten wollen. Ohne diese Vermietung sei die Investition für ihn völlig sinnlos. Die Umstände, die zum Abschluss des Vergleichs geführt hätten, hätten sich so wesentlich geändert, dass ihm ein Festhalten an dieser Vereinbarung nicht mehr zugemutet werden könne. Er habe zunächst aus Gründen der Wirtschaftlichkeit von der Errichtung des 1999 genehmigten Geschäftshauses Abstand genommen und in der Folge eine Genehmigung zum Neubau eines Hotels erhalten. Sodann habe er aber festgestellt, dass das genehmigte Vorhaben auf Grund einer zu geringen Zimmeranzahl nicht rentabel geführt werden könne und sich kein Betreiber finden lasse. Ferner sei ihm mit Schreiben vom 15. Oktober 2002 auf Grund der stark verbesserten Planung ein weiterer Bauaufschub gewährt worden. Deshalb habe er darauf vertrauen dürfen, dass die Vertragsstrafe nicht plötzlich und umgehend geltend gemacht werde.

Mit Urteil vom 16. März 2005, dem Beklagten zugestellt am 30. März 2005, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verpflichtet und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Anspruch der Klägerin sei aus Ziffer 4 des Vergleichsvertrages vom 11. November 1999 begründet. Unstreitig habe der Beklagte mit dem Bau des durch den Baugenehmigungsbescheid vom 2. September 1999 genehmigten Vorhabens oder eines Vorhabens für einen Gebäudekomplex auf den Grundstücken A-Straße 2 - 6 nicht bis zum 2. Januar 2002 begonnen und das Vorhaben auch nicht bis zum 2. Januar 2004 fertig gestellt. Die Vertragsstrafe sei nach § 339 Satz 1 BGB i.V.m. § 62 HmVwVfG verwirkt. Der Vergleichsvertrag sei nicht etwa unwirksam. Die Beteiligten hätten einen wirksamen öffentlich-rechtlichen Vergleichsvertrag nach § 55 HmbVwVfG geschlossen. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin ihr diesbezügliches Ermessen beim Abschluss eines solchen Vertrages fehlerhaft ausgeübt haben könnte. Der Vertrag sei auch nicht wegen fehlender Schriftform nichtig. Nach § 57 HmbVwVfG sei ein öffentlich-rechtlicher Vertrag schriftlich zu schließen, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben sei. Die Schriftform sei eingehalten, selbst wenn sie nicht im Sinne des § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB auf derselben Urkunde erfolgt sei. Die Annahme in einem gesonderten Schreiben sei für die Einhaltung der Schriftform ausreichend. Das Bundesverwaltungsgericht habe offen gelassen, ob die Schriftform im Sinne des § 57 VwVfG immer die Urkundeneinheit verlange. Es habe die Auffassung vertreten, dass dies jedenfalls bei einseitig verpflichtenden Verträgen nicht erforderlich sei, da der Zweck des § 57 VwVfG in einer mit der Schriftlichkeit verbundenen Warn- und Beweisfunktion liege, der jedenfalls im Fall der einseitigen Übernahme von Verpflichtungen des Bürgers gegenüber der Verwaltung ausreichend durch zwei unterzeichnete Urkunden Rechnung getragen werden könne. Die Kammer schließe sich dieser Auffassung auch für den Fall der gegenseitig verpflichtenden Verträge an. Jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art, in denen kein Anhaltspunkt ersichtlich sei, dass der Warn- und Beweisfunktion nicht entsprochen sein könnte, entspreche eine andere Ansicht dem Sinn und Zweck der Vorschriften nicht. Der Anspruch der Klägerin sei nicht nach dem Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage entfallen. Durch die verwaltungsrechtliche Sonderregelung des § 60 HmbVwVfG, dessen Voraussetzungen aber nicht erfüllt seien, sei ein Rückgriff auf den zivilrechtlichen Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht möglich. Eine Überprüfung sei ausschließlich anhand der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 HmbVwVfG vorzunehmen. Danach könne eine Vertragspartei die Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen, wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen seien, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert hätten, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten sei. Die von dem Beklagten vorgetragene Verschlechterung der Wirtschaftslage, die ihn nach seinem Vortrag bewogen habe, vom Bau eines Geschäftshauses Abstand zu nehmen und stattdessen ein Hotel zu bauen, erfülle diese Kriterien nicht. Gleiches gelte für die Planungen hinsichtlich des Neubaus eines größeren Hotels aus Gründen der Wirtschaftlichkeit. Die Durchsetzbarkeit der vereinbarten Vertragsstrafe scheitere auch nicht an den nach Vergleichsabschluss geführten Verhandlungen über das Bauvorhaben bzw. durch den in diesem Zusammenhang gewährten Bauaufschub. Zwar könnten auch öffentlich-rechtliche Verträge nach Vertragsschluss geändert werden. Auch dann gelte jedoch das Schriftformerfordernis des § 57 HmbVwVfG. Bereits diese Schriftform sei nicht beachtet worden. Soweit sich die Beteiligten nach Fristablauf im Januar 2002 offenbar über einen Aufschub hinsichtlich des Beginns der Realisierung des Bauvorhabens geeinigt hätten, sei nicht ersichtlich, dass eine konkrete neue Frist für den Baubeginn vereinbart worden sei. Dies schließe die Realisierung der ursprünglich vereinbarten Vertragsstrafe zum Zeitpunkt der Geltendmachung durch die Klägerin im Januar 2003 nicht aus. Es sei nicht anzunehmen, dass ein zeitlich unbefristeter Bauaufschub gewährt worden sei. Vielmehr habe der Aufschub im Zusammenhang mit den Gesprächen über die Genehmigung eines Hotelneubaus anstelle des ursprünglich geplanten Geschäftshauses gestanden. Die Gespräche hätten schließlich in die Erteilung der Baugenehmigung vom 24. Juli 2002 gemündet. Damit sei für die Klägerin und auch für den Beklagten der Aufschubgrund beseitigt gewesen, da das beantragte Vorhaben nunmehr genehmigt gewesen sei. Insofern habe im Januar 2003 auch aus diesem Grund ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe bestanden. Aus den gleichen Erwägungen liege keine unzulässige Rechtsausübung und damit kein Verstoß gegen § 242 BGB vor.

Auf den am 27. April 2005 eingegangenen Antrag auf Zulassung der Berufung hat das Berufungsgericht durch Beschluss vom 20. Februar 2006 die Berufung zugelassen. Mit seiner Berufungsbegründung macht der Beklagte geltend:

Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht von einem wirksam abgeschlossenen Vergleichsvertrag aus. Für die Wirksamkeit des Vertrages wäre es erforderlich gewesen, eine von beiden Parteien unterzeichnete einheitliche Vertragsurkunde zu verfassen. In der Konsequenz sei der Vergleichsvertrag gemäß § 59 Abs. 1 HmbVwVfG i.V.m. § 125 BGB nichtig. Dies entspreche der Rechtsprechung zahlreicher Oberverwaltungsgerichte. Die vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, die keine einheitliche Urkunde für erforderlich halte, betreffe eine andere Verfahrenssituation. Die Beweisfunktion einer einheitlichen Urkunde habe den Sinn, dem Bürger Nachweisschwierigkeiten bei Ansprüchen gegen die Verwaltung zu ersparen. Diesem Beweisgedanken komme dann ein geringeres Gewicht zu, wenn es solche Ansprüche nicht gebe. Bei einem Vergleichsvertrag handele es sich demgegenüber nicht um eine einseitige Verpflichtung, sondern um einen Vertrag, der nur bei gegenseitigem Nachgeben beider Parteien zulässig sei. Wenn, wie teilweise in der Literatur vertreten, auf eine einheitliche Urkunde verzichtet werde, müsse jeweils durch Auslegung ermittelt werden, ob zwei schriftliche Erklärungen auf einen öffentlich-rechtlichen Vertragsabschluss abzielen oder aber ob es sich lediglich um Absprachen, Verständigungen, Agreements, Benehmens- und Einvernehmensformen handele. Dies bedeute, dass zunächst ermittelt werden müsse, aus welchen Gründen Parteien einen Vertrag abgeschlossen haben könnten und führe in der praktischen Rechtsanwendung zu unlösbaren Interessenkonflikten. Auch der zusätzliche Aufwand bei der Unterzeichnung einer gemeinsamen Urkunde sei nicht geeignet, allein aus Gründen der Verfahrenseffizienz vom Formerfordernis abzusehen. Ferner habe das Verwaltungsgericht den Regelungsgedanken des § 60 HmbVwVfG nicht zutreffend gewürdigt. Hätten sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgeblich gewesen seien, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten sei, könne diese Partei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder nicht zumutbar sei, den Vertrag kündigen. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Denn das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung sei so stark gestört, dass das von jedem Vertragsbeteiligten normalerweise zu tragende Risiko überschritten werde und es dem benachteiligten Partner unmöglich werde, in der ursprünglichen vertraglichen Regelung seine Interessen auch nur annähernd noch gewahrt zu sehen. Das Verwaltungsgericht irre, wenn es meine, die von ihm, dem Beklagten, angesprochenen wirtschaftlichen Interessen seien für den Vertragsinhalt nicht maßgeblich gewesen. Es sei den Parteien nicht darum gegangen, kurzfristig eine Bebauung des Grundstücks zu realisieren. Vielmehr sei die Entwicklung einer städtebaulich sinnvollen Lösung das Ziel gewesen. Auf Grund der wirtschaftlichen Verhältnisse, die sich zwischenzeitlich nach Vertragsschluss geändert hätten, sei es nicht möglich, ein städtebaulich gelungenes Gesamtkonzept innerhalb kürzester Zeit zu verwirklichen. Dies sei der Klägerin zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens bekannt gewesen. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der dazu führe, dass das Einfordern der Vertragsstrafe gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB verstoße.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 16. März 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 16. März 2005 zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das verwaltungsgerichtliche Urteil. Sie meint, dass auf Grund der abgegebenen Erklärungen ein formgültiger öffentlich-rechtlicher Vertrag zustande gekommen sei. Dies sei auch in einem gerichtlichen Verfahren geschehen. Vor diesem Hintergrund seien weder Beweis- noch Nachweisschwierigkeiten gegeben. Auch einer Warnfunktion zu Gunsten der Verwaltung habe es nicht bedurft, da sie es gewesen sei, die das Angebot abgegeben habe und ihre "Leistung" lediglich in der Duldung einer Nutzung verstanden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die Sachakten der Klägerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg.

1. Die Klägerin hat keinen Zahlungsanspruch aus den Ziffern 3 und 4 der Vereinbarung der Beteiligten vom 11. November 1999. Dieser außergerichtliche Vergleichsvertrag ist nach § 59 Abs. 1 HmbVwVfG i.V.m. § 125 Satz 1 BGB nichtig, weil er der nach § 57 HmbVwVfG gesetzlich vorgeschriebenen Schriftform des Rechtsgeschäfts nicht genügt und ein Verstoß gegen eine gesetzliche Formvorschrift nach § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit des Vertrags führt (vgl. insoweit Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2007, § 59 Rn. 14 m.w.N.).

Voraussetzung für die Wirksamkeit eines - wie hier - zweiseitigen subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrags ist nach § 57 HmbVwVfG - sofern gesetzlich nicht strengere Anforderungen gelten - sein schriftlicher Abschluss. Auf Grund einer fehlenden näheren Konkretisierung der dazu erforderlichen Voraussetzungen in § 57 HmbVwVfG und der in § 62 Satz 2 HmbVwVfG vorgeschriebenen ergänzenden Anwendung der Vorschriften des BGB ergeben sich die Anforderungen aus § 126 Abs. 2 BGB. Nach § 126 Abs. 2 Satz 1 BGB muss bei einem Vertrag die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Hieran fehlt es. Der Abschluss eines Vergleichsvertrags hätte im Streitfall nur im Rahmen eines einfachen Briefwechsels erfolgt sein können, in dem die Klägerin im Schreiben vom 11. November 1999 ein Angebot mit dem Vergleichstext abgegeben und der Beklagte in seinem Schreiben vom selben Tage ohne weitere Ausführungen oder eine Wiederholung des Textes die Annahme des Angebots erklärt hat. Dieser Geschehensablauf schließt zugleich eine Anwendung der Sonderregelung des § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB aus, nach der die Schriftform auch gewahrt ist, wenn die gleich lautenden Vertragsexemplare der Parteien jeweils nur von dem anderen Vertragspartner unterschrieben sind.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts reicht die Einhaltung der durch Rechtsgeschäft bestimmten Schriftform des § 127 Abs. 2 BGB zur Wahrung des § 57 HmbVwVfG nicht aus. Vielmehr entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 3.3.1995, BVerwGE 98, 58, 67 - unter Bezug auf Urt. v. 15.12.1989, 7 C 6.88 - Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 4), den Entscheidungen zahlreicher Oberverwaltungsgerichte (so z.B. OVG Koblenz, Urt. v. 11.12.2000, 2 A 11170/00, juris; OVG Lüneburg, Urt. v. 25.7.1997, NJW 1998, 2921; VGH Mannheim, NwVZ-RR 1990, 225; OVG Saarlouis, Urt. v. 24.4.1990, 1 R 77/89, juris; a.A. wohl VGH Kassel, Urt. v. 25.11.2004, NVwZ-RR 2005, 680, 681) und Kommentaren (z.B.: Meyer/Borks, VwVfG, 2. Aufl., § 57 Rn. 3; Obermayer, a.a.O., § 57 Rn. 8; Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Aufl. 1995, S. 772; Ziekow, VwVfG, 2006, § 57 Rn. 4), dass bei einem zweiseitig verpflichtenden subordinationsrechtlichen Vertrag die Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB einzuhalten sind. Das Berufungsgericht hat keinen Anlass, hiervon abzuweichen.

Eine jenen Sonderfällen vergleichbare Situation, für die das Bundesverwaltungsgericht eine von § 126 Abs. 2 BGB abweichende Form als Schriftform i.S. des § 57 VwVfG anerkannt hat (einseitig den Bürger verpflichtende, von ihm unterzeichnete vertragliche Verpflichtungserklärung, Urt. v. 24.8.1994, BVerwGE 96, 326, 331 ff.; koordinationsrechtliche Verwaltungsvereinbarung zwischen zwei Bundesländern, Urt. v. 19.5.2005, NVwZ 2005, 1083, 1084), besteht nicht. Eine in einem Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern vorgesehene Ergänzung des § 57 VwVfG dahin, dass ein Schriftwechsel für den Vertragsschluss ausreiche, ist bisher weder im Bund noch in Hamburg Gesetz geworden (vgl. zum Vorschlag Schmitz, DVBl. 2005, 17, 23). Soweit im Schrifttum unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom August 1994 ein Briefwechsel als ausreichend angesehen wird (vgl. z.B. Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 57 Rn. 19 f.; Hennecke in: Knack, VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 57, Rn. 6; jew. m.w.N.), wird dies dem Zweck des § 57 HmbVwVfG und der erforderlichen klaren gesetzlichen Regelung nicht gerecht. Angesichts der dem Formerfordernis zugrunde liegenden Warn- und Beweisfunktion ist es mit der Gesetzeslage nicht vereinbar, jeden den formalen Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB nicht entsprechenden "Vertrag" darauf zu untersuchen, ob die Zielsetzungen der Formvorschrift im konkreten Einzelfall deren strikte Einhaltung erfordern und ob durch die abgegebenen Erklärungen der Parteien die mit den Formanforderungen verfolgten Ziele noch gewahrt werden. Dies würde neben den mit der Ermittlung vielfach verbundenen Schwierigkeiten auch zu einer nicht mehr vorhersehbaren Relativierung der Formvorschrift führen. Der von der Gegenauffassung vornehmlich angeführte Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie berücksichtigt diese Umstände nicht hinreichend, die ihrerseits geeignet sind, die Effizienz und Transparenz einer vertraglichen Regelung in Frage zu stellen.

2. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der "Vertragsstrafe" folgt auch nicht aus einem auf Treu und Glauben beruhenden Anspruch auf Erfüllung des formnichtigen Vergleichsvertrags. Die Berufung auf die Formnichtigkeit eines öffentlich-rechtlichen Vertrags kann zwar grundsätzlich dem auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben widersprechen. Dies ist für die (Rück-)Abwicklung nichtiger öffentlich-rechtlicher Verträge anerkannt (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 16.5.2000, NVwZ 2000, 1285 ff.; Beschl. v. 5.3.1998, NJW 1998, 3135; Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 59 VwVfG Rn. 33).

Allerdings gilt dies in erster Linie für jene Konstellationen, in denen aufgrund der Nichtigkeit eines Vertrags eine Rückabwicklung in Betracht kommt, die darauf gerichtet ist, erbrachte Leistungen erstattet zu erhalten, obwohl die dafür erhaltene Leistung nicht zurück gewährt werden kann. Dennoch können Treu und Glauben im Einzelfall auch die Grundlage für die Begründung oder Bestätigung eines Leistungsanspruchs i.S. einer Heilung des Formverstoßes bilden (vgl. z.B. OVG Lüneburg, Urt. v. 13.8.1991, NJW 1992, 1404 f.; BGH, Urt. v. 14.6.1996, NJW 1996, 2503 f.). Ein Leistungserfüllungsanspruch aus einer nichtigen Vereinbarung lässt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben allerdings nur herleiten, wenn das Ergebnis nach der Rechtsordnung andernfalls schlechthin unerträglich wäre (OVG Lüneburg, a.a.O.; Ziekow, a.a.O., § 62 Rn. 7; Bonk in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 57 Rn. 27). Die Anwendung des Grundsatzes darf nicht dazu führen, dass die bestehenden gesetzlichen Formvorschriften des bürgerlichen Rechts wie des öffentlichen Rechts auf diese Weise umgangen werden (BGH, a.a.O.; Bonk, a.a.O.). Ein Erfüllungsbedürfnis ist durch Treu und Glauben nur gerechtfertigt, wenn eine Rückabwicklung der bereits erbrachten Leistung des Gläubigers - hier der Klägerin - nicht möglich ist und Kenntnis der Formnichtigkeit oder Arglist seitens des noch Leistungspflichtigen bestand oder diesem ein anderer, besonders schwerer Treueverstoß anzulasten ist. Derartiges ist im Streitfall nicht ersichtlich.

Zwar war der vom Beklagten vor Abschluss der Vereinbarung geäußerte Wunsch, eine außergerichtliche vergleichsweise Regelung zu treffen, mitursächlich für den anschließenden Formverstoß und hat sich der Beklagte auf den Formverstoß erstmals im Berufungszulassungsverfahren berufen. Dies gibt dem Berufungsgericht allerdings keinen Anlass für die Annahme, der anwaltlich vertretene Beklagte habe auch zuvor bereits (jedenfalls) in Kenntnis der Formnichtigkeit des Vertrags gehandelt. Nach dem Ablauf der Geschehnisse um das streitige Bauvorhaben ist davon auszugehen, dass der Klägerin und dem Beklagten die Formnichtigkeit ihrer Vereinbarung bis zur verwaltungsgerichtlichen Entscheidung und den in der Entscheidungsbegründung niedergelegten Ausführungen zur Wirksamkeit der Vereinbarung nicht bewusst war. Andernfalls hätte der Beklagte insbesondere keine Veranlassung gehabt, die Klägerin im Dezember 2001 zu bitten, die nach dem Wortlaut der Vereinbarung am 1. Januar 2002 fällig werdende erste Vertragsstrafe nicht einzufordern, und wäre kein nachvollziehbarer Grund dafür ersichtlich, dass sich der Beklagte nicht bereits erstinstanzlich auf die Formnichtigkeit berufen hat.

Seine Berufung auf die Formnichtigkeit im Rechtsmittelverfahren stellt auch im Übrigen keinen besonders schweren Treueverstoß dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin als Verwaltungsbehörde gehandelt hat, von Amts wegen mit dem Verwaltungsverfahrensrecht und seinen Formvorschriften vertraut sein muss und dass sie ohne weiteres in der Lage gewesen wäre, den Beklagten zu einem formgültigen Abschluss der Vergleichsvereinbarung - zumindest zu einer vollständigen und unterzeichneten Wiedergabe des Vergleichstextes - zu veranlassen.

Hinzu kommt, dass auch der Inhalt der Vereinbarung mit den gegenseitigen Leistungen und Verpflichtungen der Beteiligten es nicht gebietet, den Beklagten an seinen Verpflichtungen aus der Vereinbarung festzuhalten, nachdem er die Leistung der Klägerin - die Erteilung einer zeitlich befristeten weiteren Duldung der Imbissnutzung auf dem Grundstück A-Straße 2 - ausgenutzt hat. Diese war nach Inhalt und Dauer nicht von einem Gewicht, dass die Nichterbringung der Gegenleistung als solche bereits als besonders schwerer Treueverstoß angesehen werden kann. Ob der Inhalt der Verpflichtungen des Beklagten mit § 59 Abs. 2 HmbVwVfG noch in Einklang steht, ist darüber hinaus nicht frei von Zweifeln. Selbst wenn die vom Beklagten übernommene Verpflichtung, auf dem Grundstück A-Straße 2 bis zum Jahresbeginn 2002 mit der Errichtung eines Gebäudes zu beginnen und dieses bis zum Jahresbeginn 2004 fertig zu stellen, unter Wahrung der Anforderungen und Grenzen des § 176 BauGB Gegenstand einer öffentlich-rechtlichen Vergleichsvereinbarung sein konnte und die Verpflichtung dem Grunde nach mit dem Versprechen einer Vertragsstrafe als Zwangsmittel - und nicht etwa eines pauschalierten Schadenersatzes - verbunden werden durfte (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.3.1995, BVerwGE 98, 58, 62 zum Wohnungsrecht; OVG Hamburg, Urt. v. 9.11.1995, Bf II 13/93 zum Baurecht und Urt. v. 22.11.2002, NordÖR 2003, 492 ff. zum Wohnungsrecht), wären hier jedenfalls die Einzelheiten der Vertragsstrafe rechtlichen Bedenken hinsichtlich ihrer Angemessenheit (vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 6.3.1986, BVerwGE 74, 78, 83) ausgesetzt gewesen. Hätte die Klägerin das Baugebot gemäß § 176 BauGB in Form eines Verwaltungsaktes erlassen und dieses mit der Festsetzung (Androhung) eines Zwangsgeldes verbunden, wäre dieses angesichts der Höchstgrenze in § 20 Abs. 2 HmbVwVG von seinerzeit 50.000.- DM (jetzt 25.000.- Euro) bei einer erstmaligen Festsetzung aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsprinzip (vgl. z.B. Engelhardt/App, VwVG, 7. Aufl. 2006, § 11 Rn. 8; Sadler, VwVG, 6. Aufl. 2006, § 11 Rn. 22 jew. m.w.N.) voraussichtlich niedriger bzw. anders zu bemessen gewesen.

3. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO. Ein Anlass, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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