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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 27.10.2008
Aktenzeichen: 2 Bf 53/07.Z
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 5
Eine von einem Bauträger errichtete Wohnanlage, die zum Eigentumserwerb und/oder Miete der Wohneinheiten vorgesehen ist und im Gebäudekomplex über eine von einem anderen Träger betriebene Sozialstation verfügen soll, die das "Betreute Wohnen" ermöglicht, stellt keine in einem Bebauungsplan festgesetzte Anlage des Gemeinbedarfs mit der Zweckbestimmung "Alteneinrichtung der freien Wohlfahrtspflege" dar.
HAMBURGISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT

Beschluss

2 Bf 53/07.Z

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 2. Senat, durch den Richter Dr. Ungerbieler, die Richterin Sternal und den Richter Albers am 27. Oktober 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Dezember 2006 zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 635.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin streitet um eine Bebauung des Flurstücks. Das 9.603 qm große Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Sinstorf 6 vom 2. März 1970 (HmbGVBl. S. 106) und in einem durch Rechtsverordnung vom 24. September 1996 (HmbGVBl. S. 243) festgesetztem Landschaftsschutzgebiet. Für den überwiegenden Teil des Grundstücks gilt die Festsetzung Baugrundstück für den Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung "Alteneinrichtungen der freien Wohlfahrtspflege II"; ein nordöstlicher Teilbereich ist als "WA II" ausgewiesen.

Die Klägerin stellte mit Schreiben vom 26. August 2002 bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides für die Errichtung einer Alteneinrichtung und eines Doppelhauses. Sie formulierte dabei die Frage, ob "auf dem Grundstück eine Alteneinrichtung in Form eines Altenpflegeheimes oder als altengerechtes Wohnen mit Betreuungsmöglichkeit errichtet" werden könne. Mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 konkretisierte sie den Antrag dahin, dass sie als Bedarfsträger eine Einrichtung der freien Wohlfahrtspflege vorgesehen habe. Die Beklagte erteilte der Klägerin unter dem 14. November 2002 einen Vorbescheid für den "Neubau einer Alteneinrichtung der freien Wohlfahrtspflege sowie die Errichtung eines Doppelhauses". Auf die in der Bauvoranfrage der Klägerin gestellte Frage antwortete sie, dass eine spätere Erteilung der Baugenehmigung nach Maßgabe der beigefügten zwei Anlagen möglich sei. Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung sei die Einleitung des notwendigen Erschließungsbescheidsverfahrens. Hierfür sei ein Antrag auf Erschließung zu stellen. Eine gesicherte Erschließung sei gleichzusetzen mit der plangemäßen Erschließung nach Maßgabe des Bebauungsplanes Sinstorf 6. In der Anlage Nr. 2 führte die Beklagte unter der Überschrift (naturschutzrechtliche) "Auflagen" im Zusammenhang mit der Landschaftsschutzverordnung vom 24. September 1996 aus, dass auf dem betreffenden Grundstück nur eine Bebauung möglich sei, die der Festsetzung des Bebauungsplanes "Gemeinbedarf" mit der Konkretisierung "Alteneinrichtung der freien Wohlfahrtspflege" entspreche. Auf Antrag der Klägerin verlängerte die Beklagte die Frist für die Inanspruchnahme des Vorbescheides bis zum 14. November 2006.

Mit dem ersten Bauantrag vom 30. Dezember 2004 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für eine "Wohnanlage barrierefrei für ältere Menschen" mit fünf Doppel-, neun Reihen- und drei Mehrfamilienhäusern (insgesamt 52 Wohneinheiten). In einem Teil des Untergeschosses eines der Mehrfamilienhäuser sollte auf einer Fläche von ca. 53 qm eine Sozialstation durch das Deutsche Rote Kreuz - (im Folgenden: DRK) eingerichtet werden.

Mit dem zweiten Bauantrag vom 14. Juli 2005 beantragte sie die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Doppelhauses auf dem nordöstlichen Teil des Grundstücks, für den die Festsetzung "WA II" gilt.

Mit dem dritten Bauantrag vom 10. November 2005 beantragte sie die Erteilung einer Baugenehmigung für den "Neubau einer Alteneinrichtung sowie eines Doppelhauses, altengerechtes Wohnen mit Betreuungsmöglichkeit der Freien Wohlfahrtspflege". Errichtet werden sollte ein Gebäudekomplex bestehend aus neun Häusern mit 54 Wohneinheiten und einer Sozialstation auf einer Fläche von ca. 130 qm gemäß den Vorgaben der freien Wohlfahrtspflege. Außerdem stellte sie vorsorglich hilfsweise einen Erschließungsantrag nach § 14 HWG.

Die Beklagte lehnte alle drei Bauanträge der Klägerin ab. Zur Begründung berief sie sich darauf, dass das erste und dritte Vorhaben der im Bebauungsplan S... 6 getroffenen Festsetzung Gemeinbedarf mit der Zweckbestimmung Alteneinrichtung der freien Wohlfahrtspflege widerspreche und unabhängig davon alle Vorhaben gemäß § 30 Abs. 1 BauGB auch deshalb unzulässig seien, weil die plangemäße Erschließung nicht gesichert sei. Die daraufhin von der Klägerin erhobenen Verpflichtungsklagen wies das Verwaltungsgericht mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 14. Dezember 2006 ab.

II.

Die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nicht, wie von der Klägerin beantragt, gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO zuzulassen, da einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt. Dabei hat der Senat gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO allein das Vorliegen derjenigen Zulassungsgründe zu prüfen, die auch ordnungsgemäß dargelegt worden sind.

1. Aus den von der Klägerin geltend gemachten Gründen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i.S. des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

a) Die Einwände der Klägerin gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der erteilte Vorbescheid vom 14. November 2002 entfalte hinsichtlich der beiden Bauanträge vom 30. Dezember 2004 und 10. November 2005 und der Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens keine Bindungswirkung, weil die Klägerin das Vorhaben wesentlich geändert habe, greifen nicht durch. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Vorbescheid gemäß § 65 HBauO 1986 die Bauaufsichtsbehörde (nur) im Umfang der getroffenen Regelungen bindet (OVG Münster, Beschl. v. 29.7.2002, 7 B 831/02, juris); hierüber ist bei der Entscheidung über die Baugenehmigung nicht erneut zu befinden (aa). Voraussetzung ist allerdings, dass der Bauantrag nicht in rechtserheblicher Weise von dem dem Vorbescheid zugrundeliegenden Vorhaben abweicht (VGH München, Urt. v. 4.11.1996, BRS 58 Nr. 151 S. 393, 394; OVG Münster, Urt. v. 23.4.1996, NWVBl. 1996, 441, 442 - bb).

aa) Was den Inhalt der in dem Vorbescheid getroffenen Regelungen anbelangt, kann der Klägerin nicht in ihrer Ansicht beigetreten werden, dass von der Beklagten auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von altengerechtem Wohnen mit Betreuungsmöglichkeit bejaht wurde. Es ist zwar zutreffend, dass die Klägerin in ihrer Bauvoranfrage diese Frage aufgeworfen hat, sie ist aber von der Beklagten in dem Vorbescheid nicht positiv geregelt worden. Nach dem insoweit allein maßgeblichen objektiven Erklärungswert (dazu Kopp/ Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl. 2008, § 35 Rn. 18 f. m.w.N.) durfte die Klägerin den Vorbescheid nur in dem Sinne verstehen, dass die Beklagte, wie es in dem Tenor unzweideutig heißt, den "Neubau einer Alteneinrichtung der freien Wohlfahrtspflege" für bauplanungsrechtlich zulässig hält. Auch in den weiteren Ausführungen der Beklagten wird stets der Begriff der Alteneinrichtung(en) benutzt. In der von der Klägerin selbst eingereichten und genehmigten Vorlage Nr. 4/2 heißt es ebenfalls "Vorbescheidsantrag Neubau einer Alteneinrichtung ...". Mit der Formulierung "Alteneinrichtung" bezog sich die Beklagte auf die für das Baugrundstück der Klägerin geltende gleich lautende Festsetzung in dem Bebauungsplan S... 6 aus dem Jahre 1970. Unter "Alteneinrichtungen" sind aber nur Alten-, Altenwohn- und Altenpflegeheime zu verstehen. Ihnen ist gemeinsam, dass sie auf einen wechselnden Bestand der Bewohner ausgerichtet sind (siehe § 1 Abs. 1 des Heimgesetzes - HeimG) und über Gemeinschaftseinrichtungen verfügen, die die Anlage als einheitliches Ganzes erscheinen lassen (Würfel in: Simon/Busse, BayBauO, Art. 51 Rn. 31). Die von der Klägerin zur Genehmigung gestellten beiden Vorhaben betreffen dagegen nicht eine Alteneinrichtung in dem vorstehenden Sinne, sondern sie entsprechen der neuen Wohnform des Betreuten Wohnens. Den Begriff des "Betreuten Wohnens" gab es zum Zeitpunkt der Planaufstellung noch nicht (vgl. dazu nunmehr § 1 Abs. 2 HeimG). Es handelt sich hierbei um eine Wohnform für ältere Menschen, die sich erst seit Anfang der 90er Jahre entwickelt hat. Bei ihr wird eine alten- bzw. behindertengerechte Wohnung, die als privater eigenständiger Haushalt geführt wird, vertraglich verbunden mit der Sicherheit einer Grundversorgung und im Bedarfsfall weiteren Dienstleistungen (vgl. Kunz/Butz/Wiedemann, HeimG, 10. Aufl. 2004, § 1 Rn.15). Da die Klägerin auch den Verkauf von Wohnungen betreiben will, ist ihre Wohnform nicht auf den wechselnden Bestand der Bewohner ausgerichtet. Zudem verfügt die Anlage als Gemeinschaftseinrichtung lediglich über eine Sozialstation, die schon baulich gegenüber den Wohnungen/Häusern völlig in den Hintergrund tritt. Die Gesamtanlage gewinnt dadurch nicht den Charakter einer Alteneinrichtung, sondern stellt sich lediglich als eine Ansammlung von Einzelwohnungen und einzelnen Häusern dar.

bb) Eine Bindungswirkung des Vorbescheides besteht auch deshalb nicht, weil die zur Genehmigung gestellten beiden Vorhaben hinsichtlich des Bedarfsträgers nicht dem Vorbescheid entsprechen, so dass die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen wird. Die Beklagte hat in dem Vorbescheid ausdrücklich geregelt, dass sie das Vorhaben nur mit einem Bedarfsträger der freien Wohlfahrt als zulässig erachte, da die Erteilung einer Befreiung gemäß § 48 HmbNatSchG nicht in Betracht komme. Die Klägerin hat vor Erlass des Vorbescheides mit Schreiben vom 10. Oktober 2002 selbst bestätigt, dass als Bedarfsträger für das Vorhaben eine Einrichtung der freien Wohlfahrtspflege vorgesehen sei. In den beiden zur Genehmigung gestellten Vorhaben tritt dagegen die Klägerin selbst als Bedarfsträgerin auf. Wenn sie demgegenüber darauf verweist, dass die sozialen Dienstleistungen vom DRK, einer Organisation der freien Wohlfahrtspflege, erbracht werden sollen, so ändert dies nichts daran, dass sie - und nicht das DRK - Bedarfsträgerin ist. Die Trägerschaft beruht nämlich auf der Bodennutzung, die in der Errichtung der Anlage oder Einrichtung und in deren Nutzung liegt. Beides soll hier aber durch die Klägerin erfolgen: Sie ist nicht nur die Bauherrin der Wohnungen bzw. Häuser, sondern auch für das Betreute Wohnen (vertragsrechtlich) verantwortlich. Die Wohnungskauf- bzw. Wohnungsmietverträge sollen kombiniert mit einem Dienstvertrag mit ihr als Vertragspartei abgeschlossen werden. Das DRK tritt lediglich als "Kooperationspartner" der Klägerin auf, der die in den Mischverträgen vereinbarten sozialen Dienstleistungen erbringt. Entgegen den Darlegungen der Klägerin im Zulassungsantrag kann deshalb nicht festgestellt werden, dass das DRK "Betreiber der Altenwohnanlage" ist; vielmehr ist das DRK bloße Erfüllungsgehilfin der Klägerin bei der Erbringung von sozialen Dienstleitungen, die diese selbst den Wohnungsinhabern dienstvertraglich schuldet.

b) Wenn die Klägerin unter Berufung auf die alte Kommentierung von Bielenberg in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BBauG, § 9 Rn. 32, 35 (heute inhaltsgleich Söfker in: Ernst/ Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 9 Rn. 63 f.) einwendet, dass es für die Erteilung der beantragten Baugenehmigung (unter der Annahme, dass das Vorhaben wesentlich geändert wurde, so dass eine Bindungswirkung des Vorbescheides nicht besteht) auf die Einhaltung der Festsetzung des Bedarfsträgers "Freie Wohlfahrtspflege" nicht ankomme, weil die Einrichtung auf einer Fläche für den Gemeinbedarf grundsätzlich auch durch eine natürliche oder juristische Person des Privatrechts als Bedarfsträger verwirklicht werden könne, dann dürfte dies zutreffend sein. Denn nur wenn die Festsetzung mit einem bestimmten Träger "steht oder fällt", ist sie inhaltlich eine solche zugunsten dieses Trägers. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn das Erfordernis der Festsetzung von der Existenz eines bestimmten Trägers abhängt oder der Bedarf dem Grunde oder seinem wesentlichen Umfang nach von den Bedürfnissen eines bestimmten Trägers bestimmt wird. Bei anderen, d.h. grundsätzlich auch von jedem beliebigen Träger oder von mehreren Trägern zu verwirklichenden Gemeinbedarfszwecken ist es unschädlich, wenn anstelle eines in der Festsetzung in Aussicht genommenen Trägers ein anderer den Zweck erfüllt (Bielenberg, a.a.O.; Söfker, a.a.O.). Der Klägerin ist aber nicht darin zu folgen, wenn sie insoweit meint, dass der erforderliche Gemeinwohlbezug der (Alten)Einrichtung durch sie als juristische Person des Privatrechts verwirklicht werde.

Die Ermächtigung zur standortgenauen Festsetzung von Gemeinbedarfsflächen in § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. f BBauG/§ 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB trägt einem besonderen Nutzungsinteresse der Allgemeinheit und dem gesteigerten Gemeinwohlbezug dieser Anlagen Rechnung. Auf die Rechtsform des Einrichtungsträgers kommt es dabei zwar nicht entscheidend an. Der erforderliche Gemeinwohlbezug einer Anlage oder Einrichtung ist deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch dann zu bejahen, wenn mit staatlicher oder gemeindlicher Anerkennung eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen wird, hinter der etwaiges privatwirtschaftliches Gewinnstreben eindeutig zurücktritt oder aber eine staatliche Gewährleistungs- und Überwachungsverantwortlichkeit besteht, die geeignet ist, den vorausgesetzten Gemeinwohlbezug auch solcher Anlagen und Einrichtungen herzustellen, deren Leistungserbringung sich nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen vollzieht und auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist (BVerwG, Urt. v. 30.6.2004, BVerwGE 121, 192, 196 f. für den Fall der Grundversorgung mit Postdienstleistungen (Universaldienst i.S.v. §§ 11 ff. PostG) durch die Deutsche Post AG; Beschl. v. 23.12.1997, BRS 59 Nr. 71 S. 245, 246; Beschl. v. 18.5.1994, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 73 S. 3, 5; siehe bereits früher für Altenheime: OVG Bremen, Urt. v. 15.9.1970, BRS 23 Nr. 9 S. 19, 21). Die Klägerin verfolgt als GmbH & Co. KG jedoch weder per se amtlich anerkannte gemeinnützige Zwecke, wie die Verbände der freien Wohlfahrtspflege, noch unterliegt die Aufgabe der Altenhilfe einer konkreten staatlichen Gewährleistungsdimension, die aufgrund staatlicher Zulassung und Kontrolle geeignet wäre, der privatrechtlichen Tätigkeit der Klägerin einen Gemeinwohlbezug zu vermitteln. Nicht zu überzeugen vermag schließlich die Argumentation, dass die Tätigkeit des DRK in der Sozialstation den erforderlichen Gemeinwohlbezug der Anlage begründe. Denn die Anlage ist nicht dem DRK, sondern der Klägerin als Rechtsträgerin zugehörig (siehe dazu bereits oben unter a) bb)).

c) Auf die von der Klägerin des Weiteren aufgeworfene Frage, ob der ihr erteilte Vorbescheid vom 14. November 2002 gemäß § 71 Abs. 1 Satz 3 HBauO 1986 wegen der für das Baugrundstück am 18. April 2006 in Kraft getretenen Veränderungssperre (HmbGVBl. S. 150) tatsächlich unwirksam geworden ist, kommt es in Bezug auf den ersten und dritten Bauantrag nicht an. Das Verwaltungsgericht hat, wie oben unter a) bereits festgestellt, zu Recht angenommen, dass eine Bindungswirkung zugunsten der Klägerin von dem Vorbescheid insoweit nicht ausgeht. Davon abgesehen hat das Verwaltungsgericht die Frage, ob die Veränderungssperre der Erteilung einer Baugenehmigung entgegensteht, als nicht entscheidungserheblich offen gelassen.

d) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts ergeben sich auch nicht hinsichtlich der von der Klägerin vertretenen Rechtsansicht, der zweite Bauantrag für den Neubau eines Doppelhauses habe nicht abgelehnt werden dürfen, weil die Erschließung des Grundstücks i.S. des § 30 Abs. 1 BauGB gesichert sei.

Wenn die Klägerin für die Erschließung des Grundstücks auf den Weg verweist, an den das Flurstück ... unmittelbar angrenzt, so ist ihr entgegenzuhalten, dass es sich insoweit nicht um die im Bebauungsplan S... 6 festgesetzte Erschließung des Baugrundstücks durch eine (erst noch herzustellende) 9 m breite Stichstraße und einen 5 m breiten Wohnweg handelt. Allein auf die gesicherte Erschließung durch diese festgesetzte Erschließungsanlage kommt es aber auch nach dem bestandskräftigen und nach der Rechtsansicht der Klägerin nicht unwirksam gewordenen Vorbescheid an. Dieser entfaltet insoweit Bindungswirkung, da das Vorhaben des Neubaus eines Doppelhauses auf der mit WA II ausgewiesenen Grundstücksfläche nicht geändert worden ist. Im Übrigen entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass es für die gesicherte Erschließung i.S.v. § 30 Abs. 1 BauGB nur auf die im Bebauungsplan vorgesehene Erschließungsanlage ankommt (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993, Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 30 S. 39, 42). Die Frage der bauordnungsrechtlichen Erschließung ist daher ohne Bedeutung. Dass mit der Herstellung dieser Erschließungsanlage in absehbarer Zeit zu rechnen ist, so dass die Erschließung gesichert wäre, kann nicht allein aus dem Umstand gefolgert werden, dass die Klägerin hilfsweise einen Erschließungsantrag nach § 14 HWG gestellt hat. Hieraus ergibt sich noch kein Anspruch der Klägerin auf Durchführung der beantragten Erschließungsmaßnahmen, da die sachlichen Voraussetzungen des § 14 HWG für eine gesicherte Erschließung damit nicht erfüllt sind.

e) Schließlich kann mit der Klägerin nicht angenommen werden, dass die Abweisung ihres Hilfsantrags durch das Verwaltungsgericht unrichtig war. Denn anders als von der Klägerin vertreten, ist mit dem Verwaltungsgericht festzustellen, dass die Ablehnung ihres dritten Bauantrages rechtmäßig war (siehe dazu oben unter a) und b)), so dass das hilfsweise geltend gemachte Feststellungsbegehren unbegründet ist.

2. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache nicht die von der Klägerin geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten sind von der Klägerin im Zulassungsantrag nicht dargelegt worden. Die von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich ohne weiteres beantworten, wie die Ausführungen des Senats unter 1., belegen, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

3. Ebenso wenig kommt eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO in Betracht. Die von der Klägerin hierzu formulierte Frage "Ist auf einen positiven Vorbescheid die Regelung des § 73 HBauO 2006 anzuwenden, wenn der Vorbescheid noch vor Inkrafttreten der HBauO 2006 erlassen wurde, die Veränderungssperre jedoch aus der Zeit nach dem Inkrafttreten der HBauO 2006 stammt?" verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da sie nicht entscheidungserheblich ist. Der erste und dritte Bauantrag unterliegen nicht der Bindungswirkung des positiven Vorbescheides, so dass es auf dessen Wirksamkeit im Hinblick auf die verfügte Veränderungssperre nicht ankommt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 39 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.1.1 (neun Reihenhäuser), 9.1.2 (fünf Doppelhäuser) und 9.1.3 (drei Mehrfamilienhäuser mit 33 Wohnungen) des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.). Von einer Addition der Streitwerte wurde abgesehen, da zwischen den mehreren Streitgegenständen eine wirtschaftliche Identität besteht. Der Klägerin geht es nur um eine Möglichkeit der Bebauung des gesamten Grundstücks. Da vorgesehen war, dem DRK die Sozialstation kostenlos zu überlassen, blieb diese bei der Streitwertbemessung außer Betracht.



Ende der Entscheidung

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