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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 01.11.2006
Aktenzeichen: 2 E 7/01.N
Rechtsgebiete: BauleitplanfeststellungsG, BauGB, BauNVO


Vorschriften:

Bauleitplanfeststellungsgesetz § 3 Abs. 3
BauGB § 2 Abs. 3
BauNVO § 1 Abs. 9
Gegen § 3 Abs. 3 des Gesetzes über die Feststellung von Bauleitplänen (Bauleitplanfeststellungsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 1999 (HmbGVBl. S. 271) bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Der beabsichtigte Ausschluss jeglichen (weiteren) Lebensmitteleinzelhandels in Teilen eines Kerngebiets, der das Ziel verfolgt, unerwünschte städtebauliche Auswirkungen infolge einer Aufgabe von bereits bestehenden Lebensmitteleinzelhandelsbetrieben zu vermeiden, bedarf im Planaufstellungsverfahren einer konkreten Untersuchung zur Angebots- und Nachfragestruktur im betroffenen Einzugsgebiet.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Im Namen des Volkes Urteil

2 E 7/01.N

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 2. Senat, durch den Richter Dr. Ungerbieler, die Richterin Haase und den Richter Probst sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Adler und Sanders am 1. November 2006 für Recht erkannt:

Tenor:

§ 1 Nr. 2.1 der Verordnung zur Änderung des Gesetzes über den Bebauungsplan Bergedorf 82 vom 19. Mai 2000 (HmbGVBl. S. 96) ist unwirksam.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Hinsichtlich der Kosten des Verfahrens ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung des Antragstellers durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, falls nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen die Änderungsverordnung vom 19. Mai 2000 (HmbGVBl. S. 96), mit der das Gesetz über den Bebauungsplan Bergedorf 82 vom 14. November 1990 (HmbGVBl. S. 225), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. November 1997 (HmbGVBl. S. 494, 505), geändert wurde.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks R-................Weg ............ (Flurstücke...................). Er erwarb das ca. 10.000 m2 große Grundstück im Jahr 1996 von der Antragsgegnerin und verpflichtete sich im Kaufvertrag zur Herstellung von 68 Wohneinheiten. Das Gebiet war zu jener Zeit bereits durch den Bebauungsplan Bergedorf 82 überplant, der das Grundstück des Antragstellers als Kerngebiet (MK 4 g) auswies. Nach § 2 Nr. 3 des Gesetzes über den Bebauungsplan Bergedorf 82 sind in Kerngebieten mit Ausnahme der mit (C) bezeichneten Fläche Einkaufszentren und großflächige Handels- und Einzelhandelsbetriebe nach § 11 Abs. 3 BauNVO unzulässig. Das Grundstück des Antragstellers liegt nicht in dem mit (C) bezeichneten Bereich.

Der Antragsteller beantragte im Jahr 1998 die Erteilung eines positiven Vorbescheides über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Baus eines SB-Marktes und eines Getränkemarktes auf dem Grundstück mit einer Bruttogeschossfläche von insgesamt 1.220 m2. Mit Schreiben vom 23. März 1999 teilte die Bauprüfabteilung des Bezirksamtes Bergedorf dem Antragsteller mit, dass dem Vorhaben § 2 des Gesetzes zum Bebauungsplan Bergedorf 82 entgegenstehe. In seiner schriftlichen Antwort unter dem 8. April 1999 legte der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers seine Auffassung dar, nach der kein großflächiger Einzelhandelsbetrieb vorliege, da zwei Flächen beantragt seien. Gleichwohl ziehe er den Antrag zurück, soweit der Getränkemarkt betroffen sei. Im Hinblick auf den Supermarkt mit einer Bruttofläche von 20 m x 40 m (Verkaufsfläche 20 m x 30 m = 600 m2) halte er den Antrag aufrecht. Unter dem 19. April 1999 erging ein Zurückstellungsbescheid, der damit begründet wurde, dass das Grundstück in einem Gebiet liege, für das eine Änderung des Bebauungsplans vorbereitet werde.

Das Planverfahren wurde mit Aufstellungsbeschluss vom 1. April 1999 im Amtlichen Anzeiger vom 28. April 1999 (S. 1072) bekannt gemacht und im vereinfachten Verfahren nach § 13 BauGB durchgeführt.

In der Zeit zwischen dem 30. August und dem 30. September 1999 lag der Entwurf zur Änderung des Bebauungsplans Bergedorf 82 öffentlich aus (vgl. Amtl. Anzeiger vom 9. August 1999 S. 2163). Außer einem Ausschluss von Wohnungen in einem Abstand von 50 m zur oberirdischen Elektrizitätsleitung und einer Berichtigung, nach der der Verkauf von Artikeln mit sexuellem Charakter (Sex-Shop) im Kerngebiet nunmehr erlaubt sein sollte, sah der Planentwurf eine Änderung des § 2 Nr. 3 vor, indem der Satz angefügt wurde:

"Lebensmitteleinzelhandel ist nur in den Kerngebieten zulässig, die an die mit "(D)" bezeichnete Straßenverkehrsfläche grenzen."

Mit (D) wird die Fläche des E. Platzes bezeichnet, an die das Grundstück des Antragstellers nicht grenzt.

In dem ausgelegten Entwurf der Begründung zum Bebauungsplan heißt es unter 2. zu dem Anlass und dem Ziel der Planänderung:

"Mit der Änderung des Bebauungsplans sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Konzentration von Versorgungseinrichtungen des täglichen Bedarfs auf den Kern der vorhandenen Zentren Neuallermöhe-Ost (.........................................................) und Bergedorf-West bzw. des in Bau befindlichen Stadtteilzentrums Neuallermöhe-West geschaffen werden. Mit dem Ausschluß von Lebensmitteleinzelhandel in Teilen des Plangebiets sollen in diesen Zentren unerwünschte städtebauliche Auswirkungen wie Leerstände aufgrund aufgegebener Ladenflächen, Auflösung zentraler städtebaulicher Bereiche und Gefährdung der wohnstandortnahen Versorgung vermieden werden.

Auf Grundlage des rechtsgültigen Bebauungsplans ist in den Kerngebieten Lebensmitteleinzelhandel allgemein zulässig und somit nicht auf den Kernbereich um den E. .......Platz beschränkt.

Anlaß der Änderung ist die entgegen den ursprünglichen Erwartungen nur zögerlich verlaufende bauliche Entwicklung im Neubaugebiet Neuallermöhe-West und die damit einhergehende problematische Situation des dort entstehenden Einkaufszentrums. Die veränderten Rahmenbedingungen sowie die gegenwärtig entspannte Lage auf dem Wohnungsmarkt führen dazu, dass die in Neuallermöhe-West ursprünglich geplanten 5.700 Wohneinheiten kurz- und mittelfristig nur zum Teil realisiert werden können. Hinzu kommt, dass das dort entstehende Ladenzentrum, in dem u.a. auch ein Lebensmitteleinzelhandel untergebracht ist, aufgrund seines isolierten Standortes einen auf den Stadtteil begrenzten Einzugsbereich hat. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit dieses Zentrums ist also nicht sehr ausgeprägt.

In den Ladenzentren Neuallermöhe-Ost sowie Bergedorf-West sind ebenfalls Lebensmitteleinzelhandel bzw. Lebensmitteldiscounter angesiedelt, so dass die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet ist.

Vor diesem Hintergrund wird der Bebauungsplan Bergedorf 82 dahingehend geändert, dass in den Kerngebieten, die nicht direkt an den E. .........-Platz angrenzen, Lebensmitteleinzelhandel ausgeschlossen wird.

Diese Änderung betrifft nur Kerngebiete, in denen kein Lebensmitteleinzelhandel vorhanden ist." Unter 4. der Begründung heißt es u.a. zu dem Inhalt der Planänderung:

"Um den zentralen Bereich des E. .........-Platzes hat sich in den vergangenen Jahren ein Stadtteilzentrum entwickelt, das die Versorgung der Stadtteilbewohner mit Gütern des täglichen und teilweise auch des periodischen Bedarfs abdeckt. In fußläufiger Entfernung zu diesem Zentrum befinden sich die Einkaufszentren Bergedorf-West und Grachtenhauszentrum (Neuallermöhe-Ost) sowie - in ca. 1000 m Entfernung - das in Bau befindliche EKZ Neuallermöhe-West.

Es bestehen Anhaltspunkte, dass bereits bei weit weniger als 1200 m2 Geschoßfläche für zusätzlichen Lebensmitteleinzelhandel in der unmittelbaren Nähe des E. .........-Platzes Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung entstehen, die besonders gefährdend für die im Aufbau befindlichen Versorgungseinrichtungen des Zentrums Neuallermöhe-West sein könnten. Im Vordergrund der planerischen Überlegungen stehen somit die zu erwartenden negativen Effekte für dieses neue Stadtteilzentrum, dessen wirtschaftliche Tätigkeit aufgrund seiner isolierten und den bereits ausgeführten ungünstigen Rahmenbedingungen ohnehin schwierig ist. Eine mögliche Abwertung dieses Zentrums würde die von Erreichbarkeit und Zentralitätsgrad bestimmte städtebaulich ausgewogene Verteilung von Standorten der Nahversorgung erheblich beeinträchtigen. Würden im Zentrum von Neuallermöhe-West keine oder nur eingeschränkte Einkaufsmöglichkeiten für die Stadtteilbewohner zur Verfügung stehen, so wäre das nächstgelegene Einkaufszentrum am E. .........-Platz mit Entfernungen von 800 bis 1000 m zu Fuß nicht mehr zu erreichen. Durch den Verlust einer wohnungsnahen Versorgung, mit dem zwangsläufig Leerstände sowie die Auflösung zentraler Bereiche verbunden wären, verlöre der Stadtteil Neuallermöhe-West für seine Bewohner und Zuzugswillige an Attraktivität. Seine weitere Entwicklung wäre erheblich gefährdet. Im übrigen soll die zentrale Funktion des E. .........-Platzes für den Stadtteil Neuallermöhe-Ost gestärkt werden."

Anregungen von Bürgern gingen nicht ein.

Die Bezirksversammlung Bergedorf beschloss am 16. Dezember 1999 die Planänderung, die am 18. Mai 2000 von der Antragsgegnerin genehmigt wurde.

Durch Verordnung vom 19. Mai 2000, bekannt gemacht am 24. Mai 2000 (HmbGVBl. S. 96), wurde das Gesetz über den Bebauungsplan Bergedorf 82 entsprechend geändert.

Unter dem 17. April 2000 bat der damalige Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers um die Erteilung eines Vorbescheides (SB-Markt und Getränkemarkt). Mit Bescheid vom 15. Mai 2000 lehnte die Bauprüfabteilung des Bezirksamtes Bergedorf die Erteilung eines positiven Vorbescheides (Neubau eines SB-Marktes und Getränkemarktes) ab. Die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens von dem Antragsteller hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Hamburg zurück (Urt. v. 2.5.2006, 11 K 664/01), ein Zulassungsantrag ist anhängig (2 Bf 221/06).

Mit dem vorliegenden Normenkontrollantrag, der am 16. Mai 2001 beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht eingegangen ist, wendet sich der Antragsteller gegen den Ausschluss von Lebensmitteleinzelhandel in § 2 Nr. 3 letzter Satz des Gesetzes über den Bebauungsplan Bergedorf 82 in der Fassung vom 19. Mai 2000.

Er rügt, dass die Planänderung im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB durchgeführt worden sei und trägt vor, es liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 BauGB vor. Ihm sei die Möglichkeit genommen worden, Anregungen und Bedenken gegen die allein sein Grundstück betreffende Veränderungsplanung geltend zu machen. Auf eine frühzeitige Bürgerbeteiligung könne nur verzichtet werden, wenn ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben werde, nicht hingegen, wenn er geändert werde. Die Änderung des Bebauungsplans wirke sich auch nicht nur unwesentlich auf das Plangebiet und die Nachbargebiete im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 BauGB aus. Durch die Änderung werde auf den weitaus überwiegenden Kerngebietsflächen Lebensmitteleinzelhandel ausgeschlossen. Da rein geographisch etwa 75% der Kerngebietsfläche betroffen sei, könne von einer unwesentlichen Änderung nicht die Rede sein. Das Änderungsverfahren habe auch deshalb nicht gemäß § 13 BauGB durchgeführt werden können, weil die Grundzüge der Planung durch die Änderung berührt worden seien. Es handele sich nicht lediglich um eine kleinere Randkorrektur. Vielmehr habe das Kerngebiet seinen Gebietscharakter verloren. Die Festsetzung "Ausschluss von Lebensmitteleinzelhandel" entbehre einer Rechtsgrundlage. Weder in § 7 BauNVO 1990 noch in § 7 BauNVO 1977 finde sich die Nutzungsart: Lebensmitteleinzelhandel. Dort sei lediglich von "Einzelhandelsbetrieben" und "Handelsbetrieben" die Rede, eine Untergliederung in bestimmte Sortimente von Handelsbetrieben/Einzelhandelsbetrieben gebe es nicht. Die Festsetzung verstoße auch gegen das Übermaßverbot. Allenfalls könne noch vertretbar sein, in einem Kerngebiet großflächigen Einzelhandel auszuschließen. Im Hinblick auf das Vertrauen, das er in den Bebauungsplan Bergedorf 82 gesetzt habe und angesichts der Tatsache, dass er bereits im Juli/August 1998 eine Bauvoranfrage eingereicht habe, sei ein Verbot von Lebensmitteleinzelhandel nicht zu vertreten. Die Änderung des Bebauungsplans Bergedorf 82 sei nicht gemäß § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich gewesen. Praktisch seien außer seinem alle übrigen Grundstücke im Bereich des Bebauungsplans Bergedorf 82 bebaut. Die Einbeziehung anderer Grundstücke stelle einen "Etikettenschwindel" dar, um sich nicht dem Vorwurf einer Einzelfallregelung auszusetzen. Es bestehe kein Planungsbedürfnis, in einem Kerngebiet einen "Tante-Emma-Laden" heutiger Prägung zu verhindern, um das Neubaugebiet Neuallermöhe-West mit dem dort entstehenden Einkaufszentrum zu schützen. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin eine Gefährdung nicht nachgewiesen. Die Änderung des Bebauungsplans stelle in Wirklichkeit eine reine einzelfallbezogene Verhinderungsplanung dar. Aus den Unterlagen ergebe sich, dass allein sein Markt habe verhindert werden sollen. Die Antragsgegnerin habe versäumt, eine sachgerechte Abwägung öffentlicher und privater Belange durchzuführen. Es bedürfe konkreter Angaben, weshalb jegliche Form von Einzelhandel der besagten Art die gewachsenen Einzelhandelsstrukturen schädigen würde. Hierzu hätte ein Einzelhandelsgutachten eingeholt werden müssen. Eine gerechte Abwägung erfordere eine individuelle Betrachtung der jeweiligen örtlichen Situation. Er habe ein Gutachten zu der Verträglichkeit eines Lidl-Lebensmittelmarktes von der Firma A. eingeholt, das zu dem Ergebnis komme, dass die Ansiedlung eines Lebensmitteleinzelhandelsunternehmens an bestehende Einzelhandelsstrukturen anknüpfe und eine Stärkung der Nahversorgung in diesem Gebiet gewährleiste. Auch sei zu berücksichtigen, dass sich die Einwohnerzahl von Neuallermöhe-West in der Zeit von 1998 bis 2005 von 8151 auf 12446 Einwohner erhöht habe. Schließlich liege ein Verstoß gegen die Normenklarheit vor. Aus der Planzeichnung und der Legende gehe nicht hervor, welche Bedeutung den Zeichen (C) und (D) zukomme, dies sei erst aus dem Text nachvollziehbar. Die Festsetzung sei zu unbestimmt. Durch Teilung und Zusammenlegung grenzten möglicherweise schon jetzt andere MK-Flächen an die "D-Fläche" an. Wegen der Anstoßfunktion der Bekanntmachung sei erforderlich, die Bürger ausreichend über den Geltungsbereich des Bebauungsplans zu informieren. Die Bekanntmachung müsse einen ersten informativen Hinweis geben. Daran fehle es, wenn der zukünftige Geltungsbereich des Plans nicht oder unzutreffend wiedergegeben werde. Dies führe auch zwangsläufig zu einem Abwägungsfehler, weil nicht feststehe, welche Stellungnahmen abgegeben worden wären, wenn die Veränderungen bekannt gewesen wären. Eventuell wären andere Anregungen oder Bedenken geltend gemacht worden, die im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen gewesen wären. Ein weiteres Indiz für das Vorliegen eines Abwägungsmangels liege darin, dass die Antragsgegnerin von einer Gefährdung nahe gelegener Zentren durch das Bauvorhaben ausgegangen sei. Im Übrigen sei sein Interesse bei der Abwägung nicht hinreichend berücksichtigt worden. Er habe das Grundstück im Vertrauen darauf gekauft, dass die Bebauung in der vorgesehenen Weise möglich sei. Dieser Vertrauensschutz hätte Berücksichtigung finden müssen.

Der Antragsteller beantragt,

§ 1 Nr. 2.1 der Verordnung zur Änderung des Gesetzes über den Bebauungsplan Bergedorf 82 vom 19. Mai 2000 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Sie trägt vor, dass das Bebauungsplanverfahren unter Beachtung der gesetzlichen Verfahrens- und Formvorschriften durchgeführt worden sei. Bei der Veröffentlichung des Aufstellungsbeschlusses im Amtlichen Anzeiger sei der Geltungsbereich des Bebauungsplans sowohl kartographisch als auch grundstücksbezogen abgegrenzt worden. Außerdem habe eine Karte, in der das Gebiet farbig angelegt sei, bei der Stadtplanungsabteilung des Bezirksamtes Bergedorf eingesehen werden können. Durch den Verzicht auf eine frühe Bürgerbeteiligung liege kein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1 BauGB vor, da das Verfahren zutreffend nach § 13 BauGB durchgeführt worden sei. Die Grundzüge der Planung seien nicht berührt worden. Die Nutzung (Kerngebiet) sei unverändert geblieben. Durch die Regelung der Zulässigkeit von Lebensmitteleinzelhandel in den Kerngebieten, die an den E. .........-Platz grenzten, hätten diese Kerngebiete auch nicht etwa ihren Gebietscharakter verloren. Die Konzeption der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung sei in ihrem grundsätzlichen Charakter unangetastet geblieben. Mit der Änderung des Bebauungsplans hätten die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Konzentration von Versorgungseinrichtungen des täglichen Bedarfs auf den Kern der vorhandenen Zentren Neuallermöhe-Ost und Bergedorf West sowie des im Bau befindlichen Stadtteilzentrums Neuallermöhe-West geschaffen werden sollen. Dem wesentlichen Anliegen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung habe dahingehend Rechnung getragen werden sollen, dass die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung, auch nicht motorisierter Käuferschichten, mit Gütern des täglichen Bedarfs - wie in § 1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB vorgesehen - habe sichergestellt werden sollen. Durch den Ausschluss von Lebensmitteleinzelhandel in Teilen des Plangebiets hätten - wie sich aus der Planbegründung ergebe - in den Zentren unerwünschte Auswirkungen wie Leerstände auf Grund aufgegebener Ladenflächen, Auflösung zentraler städtebaulicher Bereiche und Gefährdung wohnstandortnaher Versorgung vermieden werden sollen. Der Stadtteil Neuallermöhe-West befinde sich in einer isolierten Lage. Er grenze nur im Osten an andere Wohnbauflächen an. Im Norden werde er von der Bahnlinie, im Westen von einem Landschaftspark und im Süden von der Autobahn begrenzt. Der Stadtteil sei frei von Durchgangsverkehr, so dass nicht mit zusätzlicher Kaufkraft von außen zu rechnen sei. Ein außerhalb der Ladenzentren liegender Lebensmitteleinzelhandel würde zu einer Verlagerung der Einkaufsströme führen und die wohnstandortbezogene Nahversorgung in den Ladenzentren gefährden. Zur Zeit der Einleitung des Bebauungsplanverfahrens sei bereits ein Leerstand von Ladenlokalen, die an den E. .........-Platz grenzten, zu verzeichnen gewesen. Der Supermarkt in Bergedorf West (...................) mit einer Verkaufsfläche von 700 m2 stehe leer. Zum Zeitpunkt der Planaufstellung habe sich das Nahversorgungszentrum Neuallermöhe-West gerade im Aufbau befunden. Es hätten sich bereits Schwierigkeiten abgezeichnet, Betreiber für das Zentrum zu finden, die mit Gütern des täglichen Bedarfs handelten. Dies habe insbesondere auf die Lebensmittelbranche zugetroffen. In dieser Situation wäre es kontraproduktiv gewesen, am R. - Weg , abseits des Zentrums am E. .........-Platz einen weiteren Lebensmittelhandel oder Lebensmitteldiscounter zuzulassen. Ein solcher Lebensmittelhandel hätte den Aufbau des Stadtteilzentrums Neuallermöhe-West erheblich gefährdet. Eine solche Gefahr hätte auch schon bei einem Lebensmittelladen von weniger als 1.200 m2 bestanden, zumal sich die Schwierigkeiten für die Erhaltung der Nahversorgung in den vorhandenen Zentren Neuallermöhe-Ost und Bergedorf West bereits abgezeichnet hätten. Gutachten für diese allgemein bekannte Situation seien nicht eingeholt worden. Nach Aussage des Statistischen Landesamtes gebe es keine Angaben für die Pro-Kopf-Ausgaben für Lebensmittel. Für den Standort am R. sei auf den Einzugsbereich Neuallermöhe-Ost, Bergedorf West, Nettelnburg und Neuallermöhe-West abgestellt worden. Dieser Bereich umfasse insgesamt ca. 31.000 Einwohner. Die Erforderlichkeit der bauplanerischen Änderung könne nicht in Abrede gestellt werden, es liege insbesondere auch keine bloße Negativplanung vor. Der Plangeber habe auch von seinem Planungsermessen in einer dem Gesetz entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Er habe sämtliche in Betracht zu ziehende öffentliche und private Belange in die Abwägung eingestellt und ihrem Gewicht entsprechend abgewogen. Die Belange der Grundeigentümer seien ebenfalls einbezogen worden. Über § 1 Abs. 5 BauNVO hinausgehend gestatte § 1 Abs. 9 BauNVO, auch einzelne Unterarten von Nutzungen zu erfassen. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 22. Mai 1987 ausgeführt, dass es erforderlich aber auch ausreichend sei, wenn städtebauliche Gründe für die gegenüber § 1 Abs. 5 BauNVO feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzungen vorlägen. Den der Nahversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienenden Betrieben komme eine besondere städtebauliche Relevanz zu. Die Gefährdung der verbrauchernahen Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs in den Stadtteilzentren bedinge die in § 2 Nr. 3 der Verordnung aufgenommene Regelung. Ein Verstoß gegen das Übermaßverbot liege entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht vor. Aus der großen Vielzahl zulässiger Nutzungen sei lediglich der Lebensmitteleinzelhandel ausgeschlossen worden. Diese Festsetzung sei für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich. Die Änderung betreffe, wie in Ziffer 2 der Begründung ausgeführt, nur Kerngebiete, in denen kein Lebensmitteleinzelhandel vorhanden sei. Die Ausführungen des Antragstellers zu seinem Vertrauen auf den Fortbestand des Bebauungsplans Bergedorf 82 in der Fassung vom 14. November 1990 seien nicht durchgreifend. Die Gemeinde sei nach § 1 Abs. 3 BauGB verpflichtet, Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich sei. Die getroffene Regelung sei hinreichend bestimmt und verstoße nicht gegen die Normenklarheit. In § 1 Nr. 1 der Änderungsverordnung sei geregelt, dass die "beigefügte" Anlage zur Verordnung hinzugefügt werde. In dieser sei die Fläche (D) schraffiert dargestellt. Aus der Legende zum Bebauungsplan ergebe sich, dass die Buchstaben (C) und (D) Flächen bezeichneten, für die besondere Vorschriften des § 2 gelten würden. Die Begründung lege dar, dass sich eine Planzeichnung erübrige, weil ausschließlich textliche Regelungen getroffen worden seien, deren Bezug aus der Anlage hervorgehe, in der die Fläche (D) nochmals eindeutig dargestellt werde.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 1. November 2006, die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sachakten der Antragsgegnerin verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Er ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaft, weil er sich gegen eine Rechtsverordnung aufgrund von § 246 Abs. 2 BauGB richtet. Der Antragsteller ist als Eigentümer eines Grundstücks, das durch die streitige Änderung des Bebauungsplans betroffen ist (vgl. hierzu: BVerwG, Beschl. v. 20.9.2005, BauR 2006 S. 352 f.; BVerwG, Beschl. v. 25.1.2002, BauR 2002 S. 493 f.; BVerwG, Urt. v. 24.9.1998, BVerwGE 107, 215 ff.) gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Die Zweijahresfrist des § 47 Abs. 2 VwGO ist eingehalten.

II. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Die Vorschrift des § 1 Nr. 2.1 der Verordnung zur Änderung des Gesetzes über den Bebauungsplan Bergedorf 82 vom 19. Mai 2000 (HmbGVBl. S. 96) ist gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO in der hier anwendbaren Fassung, die er durch Art. 4 Nr. 1 des am 20. Juli 2004 - ohne Übergangsvorschrift - in Kraft getretenen Gesetzes zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien Europarechtsanpassungsgesetz Bau - EAG Bau (BGBl. I S. 1359, 1381) erhalten hat, für unwirksam zu erklären.

Der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Änderungsverordnung maßgebliche Zeitpunkt richtet sich nach der allgemeinen Überleitungsvorschrift des § 233 BauGB, die durch das am 1. Januar 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des BauGB und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998, BauROG) vom 18. August 1997 (BGBl. I S. 2081 ff.) in das Baugesetzbuch (BauGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. August 1997, BGBl. I S. 2141 ff.) eingefügt wurde. Diese Vorschrift regelt nicht nur die Anwendbarkeit des Bau- und Raumordnungsgesetzes, sondern auch aller weiteren künftigen Änderungsgesetze zum Baugesetzbuch für bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung förmlich eingeleitete Verfahren (BVerwG, Beschl. v. 8.3.2006, 4 BN 56/05, juris; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Stand: Januar 2006, BauGB, § 233 Rn. 1).

Nach der in § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB getroffenen Regelung werden grundsätzlich Verfahren, die vor Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, nach den bisher geltenden Vorschriften abgewickelt und beurteilt. Vorliegend ist insofern auf den 1. April 1999 abzustellen, den Zeitpunkt, an dem der Aufstellungsbeschluss erlassen wurde. Denn ein Fall des § 233 Abs. 1 Satz 2 BauGB liegt nicht vor, nach dem die Antragsgegnerin bei Gesetzesänderungen, die nach Einleitung des Verfahrens eintreten, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen kann, einzelne, noch nicht begonnene Verfahrensschritte nach neuem Recht durchzuführen. Demgegenüber beurteilen sich gemäß § 233 Abs. 2 BauGB Fragen der möglichen Planerhaltung grundsätzlich nach den §§ 214, 215 BauGB in der jeweils neuesten Fassung, sofern sie nicht bereits auf der Grundlage der bisherigen Fassung des BauGB oder wegen Fristablaufs unbeachtlich sind (§ 233 Abs. 2 Satz 2 BauGB). Im Übrigen ist auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Bauleitplans geltenden Vorschriften abzustellen (§ 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB).

Zwar bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der durch Gesetz festgestellte Bebauungsplan Bergedorf 82 im Verordnungsweg geändert worden ist (1.). Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist auch nicht zu beanstanden, dass die Änderung im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB erfolgt ist (2.). Darüber hinaus ist die getroffene Festsetzung hinreichend bestimmt (3.). Jedoch sind die von der Antragsgegnerin im Aufstellungsverfahren nach § 1 Abs. 6 BauGB a.F. von der Planung berührten Belange in einer zur Unwirksamkeit des § 1 Nr. 2.1 der Änderungsverordnung führenden Weise nicht ausreichend ermittelt und gewichtet worden (4.).

1. Die Vorschrift des § 3 des Gesetzes über die Feststellung von Bauleitplänen und ihre Sicherung (Bauleitplanfeststellungsgesetz), in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 1999 (HmbGVBl. 1999 S. 271), die auch auf zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes bereits eingeleitete Verfahren anwendbar ist (vgl. Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Bauleitplanfeststellungsgesetzes und über weitere Gesetzesänderungen zur Ermächtigung des Senats zur Weiterübertragung von zusätzlichen Befugnissen im Rahmen von Bebauungsplanverfahren vom 16. November 1999, HmbGVBl. 1999 S. 255), dient der Umsetzung des § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB, der dem Land Hamburg die Befugnis einräumt, selbst zu bestimmen, welche Form der Rechtssetzung an die Stelle der im Baugesetzbuch vorgesehenen Satzungen tritt. Grundsätzlich werden in Hamburg Bebauungspläne gemäß § 3 Abs. 1 Bauleitplanfeststellungsgesetz durch Rechtsverordnung des Senats festgestellt, sofern nicht die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Bauleitplanfeststellungsgesetz vorliegen, der ausnahmsweise eine Feststellung durch Gesetz der Bürgerschaft vorsieht. Nach § 3 Abs. 3 Bauleitplanfeststellungsgesetz ist der Senat in den Fällen, in denen - wie vorliegend - ein Bebauungsplan gesetzlich festgestellt worden ist, ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Plan unwesentlich zu ändern oder zu ergänzen.

Bedenken gegen § 3 Abs. 3 Bauleitplanfeststellungsgesetz in der hier anzuwendenden Fassung der Bekanntmachung vom 30. November 1999 bestehen nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seinem Beschluss vom 14. Mai 1985 (BVerfGE 70, 35 ff.) mit § 3 Bauleitplanfeststellungsgesetz in der Fassung vom 4. April 1978 (HmbGVBl. S. 89) beschäftigt, der ebenfalls die Möglichkeiten einer Festsetzung durch Verordnung und durch Gesetz vorgesehen hat sowie im Fall einer gesetzlichen Festsetzung eine Ergänzung sowie eine Änderung durch eine Verordnung zugelassen hat, wenn sie nur unwesentlich gewesen ist. Dabei hat das Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtliche Bedenken gegen die in § 3 Bauleitplanfeststellungsgesetz 1978 getroffene Abgrenzung nicht geltend gemacht, sondern ausgeführt, dass das Land Hamburg die Wahl habe, in welche Form der Rechtssetzung es Bebauungspläne kleide. Die Form müsse lediglich zuvor in abstrakt-genereller Weise festgelegt werden. Diese Voraussetzungen werden durch § 3 Abs. 3 Bauleitplanfeststellungsgesetz 1999 erfüllt. In den Fällen, in denen durch Gesetz festgesetzte Bebauungspläne lediglich - wie hier - unwesentlich geändert oder nur ergänzt werden, hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, diese Änderung bzw. Ergänzung selbst vorzunehmen und insoweit eine Verordnungsermächtigung eingeräumt. Da wesentliche Festsetzungen nicht durch eine Verordnung verändert werden dürfen und lediglich Ergänzungen vorgenommen werden dürfen, stellt diese Regelung sicher, dass die vom Gesetzgeber getroffenen Kernfestsetzungen unangetastet bleiben. In Fällen mit besonderer Bedeutung verbleibt es bei der Feststellungskompetenz des Gesetzgebers. Der Rechtsschutz für den Bürger wird durch die getroffene Regelung nicht eingeschränkt, da ihm in jedem Fall ein Vorgehen nach § 47 VwGO offen steht.

2. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nicht zu beanstanden, dass die Änderung des Bebauungsplans Bergedorf 82 im vereinfachten Verfahren gemäß § 13 BauGB in der maßgeblichen am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Fassung des Bau- und Raumordnungsgesetzes 1998 erfolgt ist. Diese Vorschrift ermöglicht nicht nur die Aufstellung und die Aufhebung eines Bebauungsplans, sondern auch seine Änderung ohne eine frühzeitige Bürgerbeteiligung, sofern - wie der Tatbestand des § 13 BauGB voraussetzt - die Grundzüge der Planung nicht berührt werden (BVerwG, Beschl. v. 15.3.2000, NVwZ-RR 2000 S. 759 f.; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Stand: Januar 2006, BauGB, § 13 Rn. 16, 18). Dieses Tatbestandsmerkmal ist erfüllt, wenn die Änderung den planerischen Grundgedanken erhält bzw. das der Planung zugrunde liegende Leitbild unverändert lässt (BVerwG, Beschl. v. 15.3.2000, NVwZ-RR 2000 S. 759 f.). Der Ausschluss von Lebensmitteleinzelhandel im Kerngebiet mit Ausnahme der Flächen um den E. .........-Platz lässt das der Planung zugrunde liegende Leitbild unverändert. Der Bebauungsplan Bergedorf 82 hat bereits in seiner ursprünglichen Fassung (vgl. § 2 Nr. 3) Einkaufszentren und großflächige Handels- und Einzelhandelsbetriebe in den Kerngebieten mit Ausnahme der mit (C) bezeichneten Fläche ausgeschlossen, um zentrale Versorgungsbereiche zu erhalten. Unter Berücksichtigung der ursprünglichen Festsetzungen ist die nunmehr festgesetzte Änderung von minderem Gewicht. Die Nutzungsart als Kerngebiet bleibt unberührt. Es wird lediglich für die Flächen, für die auch bisher schon großflächige Einzelhandelsbetriebe ausgeschlossen gewesen sind, eine einzige denkbare Nutzung (Lebensmittelhandel) ausgeschlossen. Im Übrigen bleiben alle anderen der im Kerngebiet, das vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie von zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient, zulässigen Nutzungen (§ 7 BauNVO) unangetastet möglich. Durch den Ausschluss einer einzelnen Sparte denkbarer Einzelhandelsbetriebe bleibt die allgemeine Zweckbestimmung des Kerngebiets gewahrt.

Auch die übrigen beiden Änderungen, die der Antragsteller nicht angreift, führen nicht zu einer anderen Beurteilung. Weder der Ausschluss von Wohnungen in einem Abstand von 50 m zur oberirdischen Elektrizitätsleitung noch die "Berichtigung", nach der der Verkauf von Artikeln mit sexuellem Charakter im Kerngebiet nunmehr erlaubt sein soll, sind als wesentliche Änderungen anzusehen. Die drei - für sich gesehen lediglich unwesentlichen - Änderungen des Bebauungsplans berühren auch nicht etwa zusammengenommen die Grundzüge der Planung. Es handelt sich vielmehr nur um kleinere Korrekturen, die sich auf das Gesamtkonzept nicht auswirken.

3. Bedenken gegen die Bestimmtheit der in der Änderungsverordnung getroffenen Festsetzungen bestehen entgegen der Auffassung des Antragstellers ebenfalls nicht. Die Verordnung zur Änderung des Gesetzes über den Bebauungsplan Bergedorf 82 vom 19. Mai 2000 bestimmt in § 1 Nr. 1, dass die "beigefügte Anlage zur Verordnung zur Änderung des Gesetzes über den Bebauungsplan Bergedorf 82" dem Gesetz hinzugefügt wird. In dieser Anlage (HmbGVBl. 2000 S. 97) wird nicht nur das Gebiet der Planänderung zeichnerisch dargestellt, außerdem ist die mit (D) bezeichnete Fläche als schraffierte Hervorhebung erkennbar. Sie wurde bereits in der ursprünglichen Fassung des Bebauungsplans Bergedorf 82 bezeichnet. Aus der Legende der Planzeichnung ergibt sich, dass für Flächen, die mit Großbuchstaben im Klammerzusatz bezeichnet werden, besondere Festsetzungen nach § 2 des Gesetzes über den Bebauungsplan getroffen worden sind. Da mit der Änderungsverordnung lediglich textliche Veränderungen getroffen werden, erübrigt sich eine zeichnerische Darstellung (vgl. Begründung zur Änderung des Gesetzes über den Bebauungsplan Bergedorf 82 Ziffer 1 Abs. 3, auf die in der Verordnung zur Änderung hingewiesen wird).

4. Es kann dahin stehen, ob - wie der Antragsteller meint - die Änderung des Bebauungsplans bereits gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit gemäß § 1 Abs. 3 BauGB verstößt, weil sie auf eine bloße Verhinderung seines geplanten Lebensmittelhandels gerichtet sei. Denn jedenfalls sind die von der Planung berührten Belange gemäß § 1 Abs. 6 BauGB in seiner vom 1. Januar 1998 bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung nicht ausreichend ermittelt worden. Dieser Mangel führt gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO zur Unwirksamkeit des § 1 Nr. 2.1 der Änderungsverordnung.

Zwar findet sich entgegen der Auffassung des Antragstellers in § 1 Abs. 9 BauNVO in der ab 27. Januar 1990 geltenden Fassung eine Rechtsgrundlage, die es bei Anwendung des § 1 Abs. 5 BauNVO ermöglicht, nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen Nutzungen festzusetzen. Nach § 1 Abs. 9 BauNVO kann die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben bestimmter Branchen ausgeschlossen werden, wenn die Differenzierung marktüblichen Gegebenheiten entspricht (BVerwG, Beschl. v. 30.1.2006, ZfBR 2006 S. 355 f.; BVerwG, Beschl. v. 10.11.2004, BauR 2005 S. 818 f.; BVerwG, Beschl. v. 4.10.2001, BRS 64 Nr. 28; BVerwG, Beschl. v. 27.7.1998, GewArch 1998 S. 491; BVerwG, Urt. v. 22.5.1987, BVerwGE 77, 317 ff.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 17.12.2003, BRS 66 Nr. 41). In diesem Sinn ist Lebensmitteleinzelhandel eine konkrete in der sozialen und ökonomischen Realität bereits bestehende Nutzungsart.

Allerdings ist eine Festsetzung nach § 1 Abs. 9 BauNVO nur gerechtfertigt, wenn hierfür besondere städtebauliche Gründe vorliegen. Städtebauliche Gründe sind somit von anderen Motiven und Gründen abzugrenzen. Besondere städtebauliche Gründe in diesem Sinn sind spezielle Gründe, die eine feinere Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzung erfordern als sie § 1 Abs. 5 BauNVO vorsieht. Das "Besondere" besteht nicht darin, dass sie von größerem oder zusätzlichem Gewicht gegenüber § 1 Abs. 5 BauNVO sein müssen. Vielmehr muss sich das "Besondere" auf das Erfordernis einer feineren Ausdifferenzierung der zulässigen Nutzung beziehen (BVerwG, Beschl. v. 30.1.2006, ZfBR 2006 S. 355 f. und Beschl. v. 10.11.2004, BauR 2005 S. 818 f. jeweils m.w.N. sowie BVerwG, Beschl. vom 3.5.1993, Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 16). Die Zulässigkeit einer Sortimentsbeschränkung des Einzelhandels nach § 1 Abs. 9 BauNVO erfordert deshalb eine besondere städtebauliche Begründung, die die konkrete Planungssituation ausreichend berücksichtigt und geeignet ist, ein städtebauliches Ziel zu rechtfertigen.

In der Begründung zur Änderungsverordnung wird für den Ausschluss von Lebensmitteleinzelhandel - abstrakt - ein zulässiges städtebauliches Ziel angeführt, wenn es dort heißt, zum Schutz der vorhandenen Zentren Neuallermöhe-Ost und Bergedorf West sowie des im Bau befindlichen Zentrums Neuallermöhe-West sollten durch neue Lebensmittelhandelsbetriebe befürchtete unerwünschte Auswirkungen (Leerstände, Auflösung zentraler städtebaulicher Bereiche und Gefährdung der wohnstandortnahen Versorgung) vermieden werden. Außerdem stellt die Begründung darauf ab, dass sich in den vergangenen Jahren um den zentralen Bereich des E. .........-Platzes ein Stadtzentrum entwickelt habe, das die Versorgung der Stadtteilbewohner mit Gütern des täglichen Bedarfs abdecke. Weiter heißt es dort, es bestünden "Anhaltspunkte, dass bereits bei weit weniger als 1.200 m2 Geschossfläche für zusätzlichen Lebensmitteleinzelhandel in der unmittelbaren Nähe des E. .........-Platzes Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung entstehen, die besonders gefährdend für die im Aufbau befindlichen Versorgungseinrichtungen des Zentrums Neuallermöhe-West sein könnten."

Ausführungen dazu, aus welchen konkreten Zahlen oder anderen Belegen sich "Anhaltspunkte" für negative Auswirkungen von Lebensmitteleinzelhandelsgeschäften "mit weniger als 1.200 m2" Geschossfläche auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung ergeben, enthält die Begründung allerdings nicht. Gutachten hierzu sind nach dem eigenen Vorbringen der Antragsgegnerin nicht eingeholt worden. Auch lagen im Planaufstellungsverfahren keine anderen Untersuchungen über den im Plangebiet und seinem Umfeld vorhandenen Bestand sowie über gegenwärtige und zu erwartende Umsätze vor, die hätten Aufschluss geben können, ob von weiteren Einzelhandelsbetrieben der Lebensmittelbranche negative Auswirkungen auf vorhandene Zentren ausgehen würden.

Es liegt auch nicht etwa allgemein "auf der Hand", dass Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte, die unterhalb der Schwelle der schon durch den Bebauungsplan Bergedorf 82 in seiner ursprünglichen Fassung vom 14. November 1990 ausgeschlossenen großflächigen Einzelhandelsbetriebe bleiben, spürbare negative Auswirkungen auf die vorhandenen Zentren entfalten würden. Dabei kann dahin stehen, ob der Schutz des Einkaufszentrums Neuallermöhe-West während seiner Aufbauphase, auf den in der Begründung zur Änderungsverordnung besonders hingewiesen wird (vgl. Ziffer 4 Abs. 2 der Begründung), als lediglich zeitlich vorübergehendes städtebauliches Ziel überhaupt ausreichen könnte, um einen auf Dauer angelegten Ausschluss von zusätzlichem Lebensmitteleinzelhandel in einem anderen Zentrum durch den Bebauungsplan zu rechtfertigen. Auch im Übrigen ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage es zur befürchteten zentrenschädigenden Wirkung durch eine Ansiedlung weiterer (nicht großflächiger) Einzelhandelsunternehmen der Lebensmittelbranche im Einzugsgebiet des Zentrums Neuallermöhe-Ost kommen soll. Allein der von der Antragsgegnerin beobachtete zeitweise Leerstand einzelner kleinerer Ladenlokale vermag nichts darüber auszusagen, ob zusätzlicher Lebensmitteleinzelhandel im festgesetzten Kerngebiet von Neuallermöhe-Ost dieses Zentrum oder andere benachbarte Zentren in ihrer Struktur dahin verändert, dass eine wohnstandortnahe Versorgung im Einzugsgebiet gefährdet wird. Unter städtebaulichen Gesichtspunkten dürften vielmehr u.a. die Größe und räumliche Gestaltung des Einzugsgebiets, die Bevölkerungszahl und -struktur sowie deren Kaufkraft wichtige Prognosegesichtspunkte sein. Dem entspricht es, dass der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben einer bestimmten Branche mit der Begründung, ihre Ansiedlung führe zu einer Gefährdung bzw. zu einem Wegfall der vorhandenen Versorgungsstrukturen in einem Wohngebiet, auch nach der Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte konkrete nachvollziehbare Angaben und Untersuchungen zu den Strukturen in dem Gebiet voraussetzt (vgl. hierzu z.B. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 17.8.2006, 2 K 50/04, juris; OVG Nordrh.-Westf., Urt. v.17.1.2006, ZfBR 2006 S. 590, 591; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 17.12.2003, BRS 66 Nr. 41 S. 228, 230). Zur städtebaulichen Rechtfertigung des Ausschlusses war eine auf die örtlichen Verhältnisse bezogene Untersuchung vorliegend von besonderer Bedeutung, weil die schädigende Entwicklung nach der Planbegründung gerade darin besteht, dass sich im unmittelbaren räumlichen Bereich eines bereits vorhandenen Versorgungszentrums zusätzliche Lebensmitteleinzelhandelsbetriebe ansiedeln und auf diese Weise die Gefahr eines wirtschaftlich nicht tragfähigen Überangebots derartiger Betriebe im Einzugsbereich entstehen soll, das dann zu negativen städtebaulichen Folgen führen soll.

Da im Aufstellungsverfahren derartige Ermittlungen nicht angestellt worden sind, hat dem Plangeber zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Beschlussfassung über die Änderung des Bebauungsplans Bergedorf 82 (§ 214 Abs. 3 BauGB) notwendiges Abwägungsmaterial nicht vorgelegen. Eine ordnungsgemäße Gewichtung und Abwägung der betroffenen Belange konnte deshalb nicht vorgenommen werden (Abwägungsdefizit). Denn das Gebot des § 1 Abs. 6 BauGB a.F., die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen, ist nicht nur verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat, sondern auch dann, wenn Belange nicht in die Abwägung eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge hätten eingestellt werden müssen oder sie nicht entsprechend ihrer Bedeutung gewichtet worden sind (BVerwG, Urt. v. 5.7.1974, BVerwGE 45, 309, 314 f.).

Weder war der Abwägungsfehler nach bisherigem Recht unbeachtlich (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB a.F.) noch ist er dies nach der gemäß § 233 Abs. 2 Satz 1 BauGB gebotenen Anwendung der aktuellen Fassung der Vorschriften der §§ 214 f. BauGB zur Planerhaltung (§ 214 Abs. 1 Nr. 1 BauGB). Denn der Mangel ist offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen.

Mit dem Bundesverwaltungsgericht ist zwar anzunehmen, dass ein Mangel im Abwägungsvorgang nicht schon dann offensichtlich ist, "wenn Planbegründung und Aufstellungsvorgänge keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, daß der Plangeber sich mit bestimmten Umständen abwägend befaßt hat" (Beschl. v. 29.1.1992, NVwZ 1992 S. 662 f.). Vielmehr ist ein Mangel im Abwägungsvorgang nur dann offensichtlich im Sinn dieser Regelung, wenn konkrete Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hindeuten. Es genügt nicht, wenn - negativ - lediglich nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Abwägungsvorgang an einem Mangel leidet, etwa weil die Planungsvorgänge keinen Hinweis darauf enthalten, dass der Plangeber sich mit bestimmten konkreten Umständen ausdrücklich abwägend befasst hat (BVerwG, Beschl. v. 29.1.1992, NVwZ 1992 S. 662, 663; BVerwG, Urt. v. 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 ff.). So liegt es hier jedoch nicht. Da wesentliche Gesichtspunkte der tatsächlichen Versorgungs- und Nachfragestruktur im Plangebiet unstreitig gar nicht in den Abwägungsvorgang einbezogen wurden, ist der Mangel der "äußeren" Seite des Abwägungsvorganges zuzurechnen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.8.1981, BVerwGE 64, 33, 38).

Der Mangel ist auch von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen (vgl. hierzu: BVerwG, Beschl. v. 9.10.2003, BauR 2004 S. 1130 f.; BVerwG, Beschl. v. 20.1.1992, NVwZ 1992 S. 663, 664; BVerwG, Urt. v. 21.8.1981, BVerwGE 64, 33 ff.). Es besteht die konkrete Möglichkeit eines anderen Ergebnisses, wenn detaillierte Erhebungen durchgeführt und die tatsächlichen Verhältnisse im Plangebiet ausreichend ermittelt worden wären.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ein Grund, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, ist nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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