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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2006
Aktenzeichen: 3 Bf 232/03.Z
Rechtsgebiete: GG, StVG, FeV


Vorschriften:

GG Art. 12 Abs. 1
GG Art. 80 Abs. 1 Satz 2
StVG § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x
FeV § 76 Nr. 9 Satz 10
1. § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV ist gültig. Die nachträgliche Befristung der Fahrerlaubnis der Klassen C und CE bei der Umstellung einer bis zum 31. Dezember 1998 erteilten Fahrerlaubnis der Klasse 2 bis zu dem Tag, an dem der Inhaber das 50. Lebensjahr vollendet, ist von der gesetzlichen Ermächtigung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG gedeckt und verletzt Art. 12 Abs. 1 GG nicht.

2. § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG genügt den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

3 Bf 232/03.Z

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Jahnke und Albers am 27. November 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 13. Mai 2003 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf EUR 2.000,-- festgesetzt.

Gründe:

I. Der zulässige Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Kläger wendet sich gegen eine von der Beklagten nachträglich verfügte Befristung seiner Fahrerlaubnis der Klasse CE. Er wurde am 29. Oktober 1970 in Hamburg geboren und erwarb am 15. Juli 1992 eine Fahrerlaubnis der Klasse 2, die ihm unbefristet erteilt wurde. Am 2. Februar 1994 erwarb er außerdem erstmals befristet die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit einem Kraftomnibus mit mehr als 14 Fahrgästen (siehe § 15d Abs. 1 Nr. 1 StVZO a.F.). Am 29. Juli 1999 beantragte er bei der Beklagten die Erteilung einer Fahrerlaubnis der neuen Klasse DE, die nach der am 1. Januar 1999 in Kraft getretenen Fahrerlaubnis-Verordnung nunmehr zum Führen von Bussen berechtigt. Am 3. August 1999 stellte die Beklagte dem Kläger einen neuen Führerschein mit der Fahrerlaubnisklasse DE aus und stellte zugleich alle Fahrerlaubnisse auf die neuen Klassen der Fahrerlaubnis-Verordnung um. Dabei befristete sie die Fahrerlaubnis der Klasse CE, die der alten Klasse 2 entspricht, gemäß § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV auf den 28. Oktober 2020. Hiergegen erhob der Kläger am 11. November 1999 Widerspruch, den er mit Schreiben vom 10. Januar 2000 begründete. Mit Bescheid vom 26. September 2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 16. Oktober 2002 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Anfechtungsklage erhoben. Mit Urteil vom 13. Mai 2003 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, die Anfechtungsklage sei unbegründet, weil die Beklagte gemäß § 25 Abs. 2 i.V. mit § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV berechtigt gewesen sei, dem Kläger eine neue Fahrerlaubnis auszustellen und diese für die Klasse CE bis zum 28. Oktober 2020 zu befristen. Die Notwendigkeit der Umstellung der Fahrerlaubnis der Klasse 2 auf die entsprechende neue Klasse CE habe sich dadurch ergeben, dass der Kläger die Verlängerung seiner Personentransportbeförderungsberechtigung beantragt habe. Mit der Einführung der Fahrerlaubnis-Verordnung sei die bislang bestehende Möglichkeit, eine Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung mit Kraftomnibussen (heute: Klasse DE) gesondert zu erteilen, weggefallen. Die Fahrerlaubnis sei deshalb insgesamt auf die neuen Fahrerlaubnisklassen umzustellen gewesen. In Einklang mit § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV habe die Beklagte für die vormals unbefristete Fahrerlaubnis der Klasse 2 eine Befristung bis zum Tag der Vollendung des 50. Lebensjahres des Klägers ausgesprochen. Ermächtigungsgrundlage für § 76 Nr. 9 FeV sei § 6 Abs. 1 lit. b und x StVG. Diese Ermächtigungsnorm sei hinreichend bestimmt, da sie ausdrücklich die Befugnis zum Erlass von Regelungen über die "Gültigkeit bisher erteilter Fahrerlaubnisse" verleihe. Das betreffe nach dem Kontext ersichtlich auch die Gültigkeitsdauer und damit Fragen der Befristung und des Besitzstandes. Ein Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes liege nicht vor, weil die angegriffene Befristung und das Erfordernis, nach Fristablauf insbesondere die Sehkraft nachweisen zu müssen, keine wesentlichen Sachverhalte beträfen. Es gehe vielmehr lediglich um die Ausgestaltung organisatorischer Maßnahmen mit dem Ziel, in höherem Alter die Fahrtüchtigkeit von Führern besonders gefährlicher Kraftfahrzeuge fortlaufend überprüfen zu können. Die Frage, ob durch diese Regelung in die gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Klägers eingegriffen werde, könne letztlich offen bleiben, weil ein derartiger Eingriff jedenfalls verhältnismäßig sei. Die Befristung der Fahrerlaubnis für die Klasse CE und das Erfordernis eines Antrags unter Beifügung eines Nachweises über ausreichendes Sehvermögen seien als subjektive Zulassungsvoraussetzung gerechtfertigt. Denn es sollten überragende Gemeinschaftsgüter, wie die Sicherheit des Straßenverkehrs und das Leben bzw. die körperliche Unversehrtheit der übrigen Verkehrsteilnehmer, geschützt werden. So werde dem Umstand Rechnung getragen, dass von Lkw besondere Risiken ausgingen und daher erhöhte Anforderungen an die persönliche Eignung des Kraftzeugführers zu stellen seien.

Am 10. Juli 2003 hat der Kläger den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Zur Begründung führt er aus, dass ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden und die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV werde durch § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG als Ermächtigungsgrundlage gedeckt, sei unzutreffend und mit dem Bestimmtheitserfordernis des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar. Das Verwaltungsgericht überdehne den Wortlaut der Ermächtigungsnorm, "die Gültigkeit bisher erteilter Fahrerlaubnisse" zu regeln, wenn es meine, damit werde auch die Befugnis verliehen, die "Gültigkeitsdauer und damit Fragen der Befristung und des Besitzstandes" zu regeln. Der Gesetzgeber habe dazu ermächtigt, die Gültigkeit i.S. der Fortgeltung bisher erteilter Führerscheine zu regeln, aber nicht zum Gegenteil, ihre Ungültigkeit, ihre Befristung oder ihren Untergang zu bestimmen. Dies werde auch durch eine systematische Auslegung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG bestätigt. Während in den Buchstaben a bis u zahlreiche materielle Anforderungen an das Recht der Teilhabe am Straßenverkehr geregelt würden, ginge es in den Buchstaben v bis x hingegen um bloße verfahrensrechtliche Regelungen. Hätte aber der Gesetzgeber dazu ermächtigen wollen, die Gültigkeit von Fahrerlaubnissen zu beschränken, aufzuheben oder in sonstiger Weise konstitutiv Entscheidungen über ihre (Un-) Gültigkeit zu treffen, so hätte er dies gemäß Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG zum Ausdruck bringen müssen. Denn der Verordnungsgeber sei nicht in Durchbrechung des Gewaltenteilungsgrundsatzes und unter Verstoß gegen das Demokratieprinzip dazu befugt, die eigentliche Normsetzungsentscheidung an sich zu ziehen. Dem Verwaltungsgericht sei darin zu widersprechen, dass die nachträgliche Befristung keinen ausdrücklich durch Gesetz zu regelnden wesentlichen Sachverhalt, sondern lediglich die Ausgestaltung organisatorischer Maßnahmen betreffe. Die nachträgliche Befristung der Fahrerlaubnis sei vielmehr ein beachtlicher Grundrechtseingriff, der die Anforderungen an die Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung erhöhe. Dem entspreche es, wenn § 36 Abs. 1 VwVfG bei gebundenen Verwaltungsakten, wie der Erteilung einer Fahrerlaubnis, die Aufnahme einer Nebenbestimmung, wie die nachträgliche Befristung, nur für zulässig erkläre, wenn die Nebenbestimmung durch Rechtsvorschrift ausdrücklich zugelassen sei. Das Verwaltungsgericht habe zudem übersehen, dass der nachträglichen Befristung der Fahrerlaubnis eine objektiv berufsregelende Tendenz zukomme, so dass ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit anzunehmen sei. Dieser Eingriff verstoße gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip und verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz. In § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG werde kein rechtfertigender Grund für den Eingriff genannt. Die eingeführte Altersgrenze, die Vollendung des 50. Lebensjahres, sei zu früh angesetzt. Im Übrigen stelle es eine Ungleichbehandlung dar, wenn nur hinsichtlich bestimmter Fahrzeugklassen die nachträgliche Befristung angeordnet werde.

Schließlich komme der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Feststellung der Ungültigkeit des § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV im Interesse zahlreicher Kraftfahrer liege. Das Bundesverwaltungsgericht habe sich mit dieser Frage noch nicht in entscheidungserheblicher Weise befasst.

II. Die Berufungszulassung ist gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO abzulehnen. Denn aus den im Zulassungsantrag gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegten Gründen ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch hat die Rechtssache danach grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

1. Die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln, da § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV von der Ermächtigung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG gedeckt ist (a). Die Auslegung dieser Vorschrift durch das Verwaltungsgericht begegnet keinen systematischen Bedenken (b). Die Ermächtigungsnorm des § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG genügt den Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG (c) und § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV verletzt nicht Art. 12 Abs. 1 GG (d).

a) Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in seinem Urteil vom 24. September 2002 (NJW 2003, 530, 531) festgestellt, dass es offensichtlich sei und keiner weiteren Begründung bedürfe, dass § 76 Nr. 9 FeV von § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG gesetzlich gedeckt sei. Der Wortlaut der Ermächtigung ist dabei vollständig zu würdigen und nicht, wie es der Kläger unternimmt, nur auf das einzelne Wort "Gültigkeit" beschränkt. Denn der mögliche Wortsinn kann sich auch aus dem Zusammenhang ergeben, in dem ein Wort gebraucht wird. In § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG wird der Verordnungsgeber dazu ermächtigt, Rechtsverordnungen über "den Inhalt und die Gültigkeit bisher erteilter Fahrerlaubnisse sowie den Umtausch von Führerscheinen, deren Muster nicht mehr ausgefertigt werden, und die Regelungen des Besitzstandes im Falle des Umtausches" zu erlassen. Die "Gültigkeit bisher erteilter Fahrerlaubnisse" ist deshalb im Zusammenhang mit den "Regelungen des Besitzstandes im Falle des Umtausches" zu lesen. Regelungen des Besitzstandes können aber die Gültigkeitsdauer der Fahrerlaubnis betreffen, so dass § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG insbesondere zu einer nachträglichen Befristung im Falle des Umtausches des Führerscheins ermächtigt.

b) Dem Kläger kann nicht darin beigetreten werden, dass es gegen die innere Systematik des § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG verstieße, wenn in Buchstabe x eine materielle Anforderung an die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr geregelt sein würde.

Die vom Kläger insoweit aufgezeigte innere Systematik in § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG besteht nicht. In den Buchstaben a bis u werden einerseits nicht nur materielle Anforderungen an die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr geregelt, sondern in den Buchstaben h, k, n und o lassen sich auch zahlreiche verfahrensrechtliche Bestimmungen finden. In den nach Buchstabe u folgenden Buchstaben finden sich andererseits nicht nur verfahrensrechtliche Bestimmungen, sondern auch materielle Anforderungen, wie in Buchstabe y. Eine klare systematische Trennung von materiellen Anforderungen und verfahrensrechtlichen Bestimmungen besteht in § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG daher nicht.

c) Die Ermächtigungsnorm des § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG genügt den Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG. Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen im Gesetz bestimmt werden. Der Gesetzgeber muss im formellen Gesetz selbst die Entscheidung darüber treffen, welche Fragen durch die Rechtsverordnung geregelt werden sollen; er muss die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angegeben, welchem Ziel die Regelung dienen soll. Es muss sich aus dem Gesetz ermitteln lassen, welches vom Gesetzgeber gesetzte Programm durch die Rechtsverordnung erreicht werden soll, so dass der Bürger schon aus dieser Rechtsnorm ersehen kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassene Rechtsverordnung haben kann. Dabei lässt sich der Grad rechtsstaatlich gebotener Bestimmtheit nicht allgemein festlegen (siehe zum Ganzen BVerfG, Beschl. v. 4.5.1997, NJW 1998, 669, 670 m.w.N.). Ob der Grad der Bestimmtheit hinreichend ist, bemisst sich nach der Bedeutsamkeit der normativen Regelungen, zu denen die Exekutive ermächtigt wird. Je wesentlicher die übertragenen Regelungsgegenstände für den Gesetzgeber und je grundrechtsrelevanter die Auswirkungen für die von einer Rechtsverordnung potentiell Betroffenen sind, desto größer muss die Bestimmtheit von Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung sein (siehe Lücke, in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl. 2003, Art. 80 Rdnr. 27 m.w.N.). Die danach erforderliche Bestimmtheit kann auch durch Auslegung nach den allgemein gültigen Auslegungsmethoden ermittelt werden (BVerfG, Beschl. v. 20.10.1981, BVerfGE Bd. 58, 257, 277 m.w.N.).

aa) Die übergangsrechtliche Regelung der nachträglichen Befristung der Fahrerlaubnis der (alten) Klasse 2 ist entgegen der Rechtsansicht des Klägers nicht von so wesentlicher Bedeutung, dass sie dem gesetzlichen Parlamentsvorbehalt unterliegen würde.

Die Notwendigkeit, Regelungen des Besitzstandes beim freiwilligen oder obligatorischen Umtausch von Führerscheinen vorzusehen, hat sich für den Gesetzgeber aus der Verpflichtung ergeben, die Zweite Führerscheinrichtlinie 91/439/EWG vom 29. Juli 1991 (ABl. Nr. L 237/1) in das nationale Recht umzusetzen (siehe dazu BR-Drs. 821/96 S. 50, 75). Denn die Richtlinie schreibt u.a. regelmäßige ärztliche Wiederholungsuntersuchungen bei Inhabern der Fahrerlaubnisklasse C vor (Art. 7 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 91/439/ EWG i.V. mit deren Anhang III Ziff. 4). Diese ärztlichen Wiederholungsuntersuchungen sollen sicherstellen, dass die Anforderungen an die körperliche Eignung des Fahrerlaubnisinhabers nach wie vor erfüllt sind. Die grundlegende Entscheidung hat der Gesetzgeber insoweit in § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V. mit Abs. 4 Satz 1 StVG aber bereits selbst getroffen, wenn er bestimmt, dass die Fahrerlaubnis nur zu erteilen ist, wenn die zum Führen eines Kraftfahrzeugs notwendigen körperlichen Anforderungen erfüllt sind. Welche dies im Einzelnen sind und für welche Dauer ohne weiteres anzunehmen ist, dass sie erfüllt sind, sind medizinisch-fachliche Fragen, die der Gesetzgeber nicht selbst beantworten muss.

Außerdem konnten die von der Rechtsverordnung betroffenen Fahrerlaubnisinhaber nicht darauf vertrauen, dass die Fahrerlaubnis der Klasse 2 in ihrem unbefristeten Bestand unangetastet bleibt. Bei der Fahrerlaubnis handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt, der ein auf Dauer berechnetes und in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet, das sich gleichsam ständig aktualisiert (allgemein dazu Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, 6. Aufl. 2000, § 46 Rdnr. 19 f.). Die materiellen Erteilungsvoraussetzungen müssen grundsätzlich während der gesamten Geltungsdauer des Dauerverwaltungsaktes vorliegen. Eine nachträgliche Befristung der Fahrerlaubnis, die der Überprüfung des weiteren Vorliegens der Erteilungsvoraussetzungen dient, ist kein das bisherige Rechtsverhältnis in seinem Wesen umgestaltender Akt; sie hängt in ihrer Ausgestaltung zudem maßgeblich von der medizinisch-fachlichen Beurteilung ab, wann hinreichender Anlass für die Annahme besteht (siehe dazu unten auf S. 9), dass auf Grund einer Veränderung der körperlichen Fähigkeiten der Erlaubnisinhaber das Fortbestehen der Erlaubnis rechtswidrig geworden sein könnte.

Die vom Kläger aufgezeigte Parallele zu § 36 Abs. 1 VwVfG ist nicht aufschlussreich. Diese Vorschrift kann für das Eingreifen des gesetzlichen Parlamentsvorbehalts schon deshalb nicht angeführt werden, weil dort für die Zulässigkeit einer Nebenbestimmung lediglich eine besondere "Rechtsvorschrift" vorausgesetzt wird. Diese Rechtsvorschrift muss sich aber nicht notwendig in einem Parlamentsgesetz befinden. Auch die Fahrerlaubnis-Verordnung darf Rechtsvorschriften i.S. des § 36 Abs. 1 VwVfG über die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen enthalten.

bb) Inhalt, Zweck und Ausmaß der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG erteilten Ermächtigung sind hinreichend bestimmt.

Eine auf Grund von § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG erlassene Rechtsverordnung muss Regelungen über den Inhalt, die Gültigkeit oder den Besitzstand von Fahrerlaubnissen alten Rechts enthalten. Sie muss dem Zweck dienen, dass nur solche Personen zum Straßenverkehr zugelassen werden, die die Anforderungen an die Eignung und die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen erfüllen. Von der Ermächtigung darf nur in Fällen der Fahrerlaubnisse alten Rechts Gebrauch gemacht werden, weil nur insoweit die Notwendigkeit besteht, sie an eine veränderte Sach- oder Rechtslage anzupassen.

d) Die in § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV getroffene Regelung verletzt nicht die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit. Der Senat kann insoweit offen lassen, ob überhaupt ein Eingriff in die Berufsfreiheit vorliegt, da dieser jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt wäre.

Die nachträgliche Befristung der Fahrerlaubnis der Klasse 2 könnte einen Eingriff in die Berufsfreiheit von berufsmäßigen Kraftfahrzeugführern darstellen. Der Eingriff gilt zwar für alle Fahrerlaubnisinhaber der Klasse 2 gleichermaßen und zielt von daher nicht auf berufsmäßige Kraftfahrzeugführer ab. Da die Klasse 2 jedoch zum Führen von Lkw berechtigt, sind Berufskraftfahrer von dieser Nebenbestimmung typischer Weise betroffen. Dies könnte dafür sprechen, objektiv von einer berufsregelnden Tendenz auszugehen, so dass ein Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit zu bejahen wäre, obwohl es an der Zielgerichtetheit des Eingriffs fehlt.

Dieser Eingriff wäre jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Da die Verlängerung der Fahrerlaubnis entsprechend § 24 Abs. 1 Satz 1 FeV von der Eignung und Befähigung des Inhabers der Fahrerlaubnis abhängig gemacht wird, geht es um eine sog. subjektive Zulassungsvoraussetzung, die die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit von den persönlichen Eigenschaften des Grundrechtsträgers abhängig macht. Ihre Aufstellung ist als gebotene Vorkehrung zum Schutze besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter, die der Freiheit des Einzelnen vorgehen, gerechtfertigt (siehe Tettinger, in: Sachs, Grundgesetz, 3. Aufl. 2003, Art. 12 Rdnr. 104 m.w.N.). Ein derartig besonders wichtiges Gemeinschaftsgut ist die Verkehrssicherheit, die dem Schutz von Leib oder Leben aller Verkehrsteilnehmer dient (so OVG Münster, Urt. v. 3.6.1996, NWVBl. 1997, 145, 146 zu § 2 Nr. 2a FahrlG). Auf den Umstand, dass dieses Gemeinschaftsgut in § 6 Abs. 1 Nr. 1 StVG nicht ausdrücklich genannt wird, kommt es entgegen der Rechtsansicht des Klägers nicht an, da der Schutzzweck des Gesetzes auch durch Auslegung ermittelt werden kann.

Der Kläger hat außerdem keine Tatsachen dargelegt, die seine Auffassung stützen, dass es nicht erforderlich ist, bereits nach Vollendung des 50. Lebensjahres die Eignung von allen Fahrerlaubnisinhabern der Klasse 2 nach Maßgabe der Anlagen 5 und 6 der Fahrerlaubnis-Verordnung zu überprüfen ( vgl. zur neuen Klase CE § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FeV). Demgegenüber ist nicht nur darauf hinzuweisen, dass von schweren Lkw und Zügen ein erhöhtes Gefahrenpotential für die Verkehrssicherheit ausgeht, sondern zudem festzustellen, dass bei den über 50-Jährigen mit einem Nachlassen der Aufmerksamkeitsleistung, der Belastbarkeit, des Sehvermögens und der Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit zu rechnen ist. Dies wird nicht immer durch höhere Lebens- und Berufserfahrung ausgeglichen werden können (BVerwG, Urt. v. 17.5.1995, BVerwGE Bd. 98, 221, 225).

Schließlich hat der Kläger in Bezug auf die von ihm gerügte Ungleichbehandlung nicht dargelegt, welche Fahrerlaubnisinhaber eine vergleichbare Verantwortung treffen soll, wie die der in § 24 Abs. 1 Satz 1 FeV genannten Klassen, für die aber dennoch die Geltungsdauer der Fahrerlaubnis nicht befristet worden ist.

2. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Berufungsentscheidung erhebliche tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die im Interesse der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Eine Frage ist in diesem Sinne u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sich ihre Beantwortung ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt (siehe Happ, in: Eyermann/Fröhler, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 124 Rdnr. 38; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 124 Rdnr. 10).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage der Verfassungsmäßigkeit von § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. x StVG und § 76 Nr. 9 Satz 10 FeV ist nicht klärungsbedürftig, denn sie lässt sich auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 12 Abs. 1 und Art. 80 Abs. 1 GG eindeutig beantworten. Insoweit kann auf die Ausführungen des Senats oben unter 1. c) und d) Bezug genommen werden.

IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 14 Abs. 1 und 3, 13 Abs. 1 GKG a.F., § 72 Nr. 1 GKG. Der Senat folgt insoweit den Ziff. 45.3 und 45.4 der Empfehlungen im sog. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Januar 1996 (NVwZ 1996, 562 ff.). Da nicht um die Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern lediglich um deren Befristung gestritten wird und die angefochtene Befristung erst im Oktober 2020 eintritt, ist die Bedeutung der Sache für den Kläger angemessen mit einem Viertel des zweifachen Auffangwerts bestimmt.

Ende der Entscheidung

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