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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 29.11.2006
Aktenzeichen: 3 Bs 266/05
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 25 Abs. 3
AufenthG § 25 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7 Satz 1
1. § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG ist trotz der für zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote bestehenden Regelung in § 25 Abs. 3 AufenthG auch auf den Fall anwendbar, dass die freiwillige Rückkehr in den Heimatstaat unmöglich ist, weil für den Ausländer dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht.

2. In Serbien ist für einen Rückkehrer, der nach einer Nierentransplantation auf die immunsuppressive Therapie mit "Prograf 1 mg" und Cellcept 500 mg" angewiesen ist, die erforderliche Behandlung nach dem Ergebnis summarischer Prüfung nur gewährleistet, wenn er über die Mittel verfügt, diese Medikamente aus dem Ausland zu beziehen.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

3 Bs 266/05

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth, Niemeyer und Albers am 29. November 2006 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Antragstellerin zu 1) wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 11. August 2005 geändert. Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Antragstellerin zu 1) nach Serbien abzuschieben, bis sie über den Antrag der Antragstellerin zu 1) vom 15. Oktober 2003 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels entschieden hat. Die Beschwerde des Antragstellers zu 2) wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt hinsichtlich des gesamten Verfahrens die Hälfte der Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 1) und die Hälfte ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten. Der Antragsteller zu 2) trägt hinsichtlich des gesamten Verfahrens die Hälfte der Gerichtskosten sowie seine eigenen außergerichtlichen Kosten und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und - insoweit unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts - für das Verfahren erster Instanz auf jeweils 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin zu 1) hat Erfolg; die von dem Antragsteller zu 2) erhobene Beschwerde ist dagegen zurückzuweisen.

I. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Beschwerdeführer auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, bei der Antragstellerin zu 1) stehe ihre gesundheitliche Situation einer Aufenthaltsbeendigung nicht entgegen. Es sei nicht ersichtlich, dass bei ihr ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG vorliege: Ihre Nierentransplantation sei erfolgreich verlaufen, und laut den vorgelegten ärztlichen Attesten seien nur noch regelmäßige Kontrollbehandlungen erforderlich; diese seien in ihrer Heimat möglich. Von den ihr verschriebenen Medikamenten sei nach den amtsärztlichen Feststellungen nur eines in Serbien nicht kostenfrei erhältlich; dieses koste aber nur 18,-- Euro im Monat. Daraus ergebe sich keine unzumutbare finanzielle Belastung, zumal sie laut eigenen Angaben vor ihrer Ausreise aus Serbien bereits monatlich 300,-- Euro zu den Kosten ihrer Behandlung beigesteuert habe. Außerdem habe die Antragsgegnerin zugesichert, ihr einen Medikamentenvorrat mitzugeben, sofern Medikamente in Serbien nicht kostenlos verfügbar seien.

Mit ihrer Beschwerde tragen die Antragsteller (u.a.) vor, das Verwaltungsgericht habe seiner Entscheidung einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt. Das Verwaltungsgericht habe keinerlei Belege für seine Einschätzung der Sachlage genannt und sich mit keiner der von den Antragstellern bereits im erstinstanzlichen Verfahren eingeführten Erkenntnisquellen auseinandergesetzt, aus denen sich ein gegenteiliges Bild ergebe. Die Antragstellerin zu 1) benötige nach ihrer Nierentransplantation eine aufwändige immunsuppressive Therapie, die umfangreiche regelmäßige Untersuchungen erfordere. Diese seien in Serbien für die Antragstellerin zu 1) nicht vollständig zu erlangen. Das Verwaltungsgericht habe außerdem zu Unrecht angenommen, dass die Antragstellerin zu 1) sämtliche benötigten Medikamente in Serbien erhalten könne und lediglich eines davon kostenpflichtig sei in Höhe von 18,-- Euro monatlich. Tatsächlich seien die beiden Immunsuppressiva "Prograf" und "Cellcept" in Serbien nicht bekannt, wie eine bereits erstinstanzlich vorgelegte Anfrage bei verschiedenen Apotheken in Serbien gezeigt habe; außerdem koste das Medikament "Cellcept" nicht 18,-- Euro im Monat, der Preis für eine Packung "Cellcept 500 mg" mit 100 Tabletten betrage vielmehr etwa 360,-- Euro. Auf die Antragstellerin zu 1) würden in Serbien insgesamt noch deutlich höhere, für sie nicht tragbare Kosten für die (zum Teil aus dem Ausland einzuführenden) Medikamente zukommen. Es sei nicht anzunehmen, dass sie in Serbien staatlich krankenversichert wäre; selbst dann würden die dort gebotenen Leistungen aber nicht die in ihrem Fall notwendige ärztliche Behandlung und Medikation ermöglichen. Somit sei es der Antragsgegnerin unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses jedenfalls zu untersagen, die Antragsteller nach Serbien und Montenegro abzuschieben, bis im Verfahren über den Antrag vom 15. Oktober 2003 eine Entscheidung ergangen sei.

II. Die Prüfung der mit der Beschwerde dargelegten Gründe ergibt, dass der angefochtene Beschluss mit der dort gegebenen Begründung keinen Bestand haben kann. Damit ist das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet, ohne die Beschränkung des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO über die Beschwerde in eigener Kompetenz zu entscheiden (zu dieser Folge vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 9.12.2003 - 3 Bs 415/02).

Das Verwaltungsgericht hat in Anknüpfung an ein amtsinternes Schreiben des ärztlichen Dienstes der Antragsgegnerin vom 17. Februar 2005 angenommen, die Antragstellerin zu 1) könne die in ihrem Fall notwendige ärztliche Behandlung in Serbien erhalten, die von ihr benötigten Medikamente seien in Serbien erhältlich und lediglich für das Medikament "Cellcept" müsse sie Kosten in Höhe von monatlich 18,-- Euro aufbringen. Diese Annahme ist ebenso wie die ihr zugrunde liegende Darstellung des ärztlichen Dienstes der Antragsgegnerin nach den mit der Beschwerde vorgetragenen Gründen nicht tragfähig. Dem entspricht es, dass die Antragsgegnerin zuletzt (vgl. den Schriftsatz vom 16.6.2006) selbst eingeräumt hat, die Kosten für "Cellcept 250 mg" betrügen monatlich (nicht 18,-- , sondern) 81,-- Euro (ohne dafür eine Erkenntnisquelle zu benennen); insoweit ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin zu 1) das Medikament "Cellcept" nicht in einer Dosis von nur 250 mg, sondern in einer Dosierung von 500 mg benötigt (vgl. die Bescheinigung der Dialysepraxis Barmbek vom 1.6.2005, Anl. zum Schriftsatz der Antragstellervertreterin vom 7.7.2005), die deutlich höhere Kosten verursachen dürfte (vgl. die nachstehenden Ausführungen unter "III.1.").

III. Die somit gebotene unbeschränkte Prüfung durch das Beschwerdegericht führt zum Erfolg der Beschwerde der Antragstellerin zu 1) und zur Zurückweisung der Beschwerde des Antragstellers zu 2).

1. Die Beschwerde der Antragstellerin zu 1) hat nach Maßgabe des Beschlusstenors Erfolg. Das Beschwerdegericht hat das vorläufige Abschiebungsverbot auf Serbien konzentriert, da die Antragstellerin zu 1) serbische Staatsangehörige ist und der frühere Staat Serbien und Montenegro seit der Abspaltung von Montenegro nicht mehr besteht. Das Beschwerdegericht geht dabei davon aus, dass die Antragsgegnerin nicht versuchen wird, die Antragstellerin zu 1) nach Montenegro (statt nach Serbien) abzuschieben.

Der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderliche Anordnungsgrund liegt vor, weil die Antragsgegnerin offenbar die Antragstellerin zu 1) nach Serbien abschieben will, ohne noch über deren - nach dem Rechtsgedanken des § 101 Abs. 2 AufenthG nunmehr als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu verstehenden - Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis vom 15. Oktober 2003 zu entscheiden.

Die Antragstellerin zu 1) hat auch den notwendigen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ihre Abschiebung nach Serbien dürfte nach der derzeitig erkennbaren Sachlage wegen der ihr dort drohenden hohen gesundheitlichen Gefährdung unzulässig sein (a). Daraus könnte sich ergeben, dass ihr eine Aufenthaltserlaubnis zusteht (b).

a) Die Antragstellerin zu 1) leidet unter schweren organischen Erkrankungen, deren notwendige ärztliche Behandlung und Medikation in Serbien für sie gegenwärtig und bis auf weiteres nicht gewährleistet sein dürfte. Daraus dürfte sich ein Abschiebungsverbot bezüglich Serbien gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergeben.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine solche Gefahr für Leib oder Leben kann sich auch daraus ergeben, dass sich eine Krankheit des Ausländers im Falle seiner Rückkehr in den Heimatstaat erheblich verschlimmert, weil die dortigen Behandlungsmöglichkeiten unzureichend sind, oder weil eine notwendige Behandlung dort zwar im Prinzip geleistet werden kann, sie für den betreffenden Ausländer aber individuell (z.B. aus finanziellen Gründen) tatsächlich nicht zu erlangen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002, DVBl. 2003 S. 463, zur gleichlautenden Regelung in § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990). Erheblich im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist eine Gefahr, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers in dem betreffenden Staat wesentlich verschlechtern würde. Konkret ist die Gefahr, wenn sie sich voraussichtlich alsbald nach der Rückkehr des Ausländers realisieren würde. Nach diesem Maßstab spricht eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Antragstellerin zu 1) bei einer Rückkehr nach Serbien in eine solche Lage geraten würde.

aa) Die Antragstellerin zu 1) leidet (u.a.) an einer terminalen Niereninsuffizienz sowie einer chronifizierten Hepatitis C. Nach der am 31. Juli 2003 erfolgten Transplantation ihrer linken Niere muss sie sich (neben regelmäßigen Blut- und Urinkontrollen) Untersuchungen wie einer Duplex-Sonographie der transplantierten Niere unterziehen; außerdem sind in nicht ganz regelmäßigen Abständen Untersuchungen und Beratungen in der nephrologischen Poliklinik des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) erforderlich (vgl. die Ärztliche Bescheinigung der Dialysepraxis Barmbek vom 8.6.2004, S. 4 f.). Um zu verhindern, dass das Transplantat abgestoßen wird, ist zudem eine immunsuppressive Therapie mit zwei Medikamenten unterschiedlichen Wirkstoffs - "Prograf 1mg", Wirkstoff Tacrolimus, und "Cellcept 500 mg", Wirkstoff Mycophenolatmofetil - erforderlich; die Behandlung mit Tacrolimus wiederum hat zu einem diabetes mellitus geführt (vgl. den Bericht des UKE, Transplantationszentrum, vom 5.9.2003 S. 4 f., "Epikrise", mit der Schilderung der postoperativen Komplikationen, sowie die Ärztlichen Bescheinigungen der Dialysepraxis Barmbek vom 8.6.2004 und 1.6.2005). Das Versorgungsamt Hamburg hat bei ihr wegen des Nieren- und Leberschadens einen Grad der Behinderung von 100% festgestellt (vgl. den Bescheid vom 12.7.2005).

bb) Die Schwere der Erkrankung und das erforderliche Niveau ihrer ärztlichen und medikativen Behandlung begründen für die Antragstellerin zu 1) die Gefahr rasch eintretender schwerer gesundheitlicher Schäden, sofern ihre Erkrankung nicht rechtzeitig, regelmäßig und korrekt behandelt wird. Es ist vor diesem Hintergrund nach derzeitigem Erkenntnisstand zweifelhaft, dass die Antragstellerin zu 1) in Serbien vor diesen Gefahren hinreichend sicher wäre. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin die Möglichkeit in Aussicht gestellt hat, der Antragstellerin zu 1) einem Medikamentenvorrat für zwei oder drei Monate mitzugeben: Mit einer solchen Maßnahme kann nur den mit einer Abschiebung an sich verbundenen Problemen begegnet werden, sie beseitigt aber nicht die ggf. in dem Zielstaat drohenden Gefahren und ein daraus folgendes Abschiebungsverbot (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2002, DVBl. 2003 S. 463, 464).

(1) Zweifelhaft ist zum einen, dass die Antragstellerin zu 1) in Serbien die für sie zur Aufrechterhaltung ihrer Nierenfunktion erforderlichen Immunsuppressiva "Prograf 1 mg" und "Cellcept 500 mg" zuverlässig und rechtzeitig erhalten würde.

Dass das Medikament "Cellcept" in Serbien nur durch einen Import aus dem Ausland erhältlich wäre, hat die Antragsgegnerin selbst angenommen. Der für "Cellcept 250 mg" zuletzt von ihr genannte Preis von 1,35 Euro pro Tablette (vgl. ihren Schriftsatz vom 16.6.2006) ist allerdings nicht verlässlich, da insoweit keine Erkenntnisquelle genannt wird und sich die Angabe nicht auf "Cellcept" in der von der Antragstellerin zu 1) benötigten Dosis von 500 mg bezieht. Der Preis von "Cellcept 500 mg" ist allerdings etwa doppelt so hoch wie derjenige von "Cellcept 250 mg"; im Internet-Vertrieb ist im Bundesgebiet eine Packung "Cellcept 500 mg" von 150 Stück ab knapp 500,-- Euro erhältlich (vgl. etwa www.schottenland.de). Dies würde bei einem monatlichen Bedarf von 60 Tabletten zu monatlichen Kosten in Höhe von durchschnittlich etwa 200,-- Euro führen; hinzu kämen die Kosten für den Import nach Serbien.

Ob das Medikament "Prograf" in Serbien über die staatliche Krankenversorgung zu beziehen wäre, erscheint jedenfalls zweifelhaft. Die Antragsgegnerin hat ihren dahingehenden Vortrag (vgl. zuletzt den o.g. Schriftsatz vom 16.6.2006) nicht nachvollziehbar belegt; die dort angegebene serbische Internet-Adresse ist unergiebig, wie die Antragsteller zu Recht rügen. Gegen die Erhältlichkeit von "Prograf" in Serbien sprechen allerdings die in erster Instanz (als Anlagenkonvolut 11) vorgelegten Auskünfte von 9 serbischen Apotheken und einer Gesundheitsanstalt in Nis/Serbien, die fast ausschließlich mitgeteilt haben, "das Medikament Cellcept 500 mg Prograf" gebe es nicht (die Apotheke "Galenika" AG in Belgrad hat sich offenbar nur zu "Cellcept 500 mg" geäußert). Diese (auch bereits in der Ausländerakte gesammelten) Auskünfte lassen nicht darauf schließen, dass "Prograf" bei serbischen Apotheken überhaupt bekannt ist. Sollte somit in Serbien auch "Prograf 1 mg" nur durch privaten Import aus dem Ausland erhältlich sein, würde dies weitere erhebliche Kosten auslösen: Im Bundesgebiet ist im Internet-Vertrieb eine Packung mit 90 Tabletten (dem monatlichen Bedarf der Antragstellerin, vgl. die Bescheinigung der Dialysepraxis Barmbek vom 1.6.2005) ab ca. 335,-- Euro zu beziehen (vgl. www.schottenland.de); auch hier kämen die Importkosten hinzu.

Allein der (mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit erforderliche) Import der beiden Immunsuppressiva nach Serbien würde somit bereits mit monatlichen Kosten zwischen 500,-- und 600,-- Euro zu Buche schlagen. Hinzu kämen voraussichtlich weitere Kosten für die anderen Medikamente, die selbst in dem günstigen Fall, dass die Antragstellerin zu 1) staatlich krankenversichert würde, wohl nur gegen Zuzahlungen erhältlich wären (vgl. die Auskunft der deutschen Botschaft Belgrad an das VG Hamburg vom 8.6.2006, RK 511.06E2527, und die diesbezüglichen Hinweise der Antragsteller in dem Schriftsatz vom 11.10.2006, S. 4).

Die Antragstellerin zu 1) trägt vor, dass sie Kosten in dieser Größenordnung im Falle einer Rückkehr nach Serbien keinesfalls tragen könne. Dies erscheint (jedenfalls dem ersten Anschein nach) plausibel: Nach den (seitens der Antragsgegnerin nicht bestrittenen) Angaben der Antragsteller lag im Juni 2006 in Serbien das monatliche generelle Durchschnittseinkommen bei 203,-- Euro und für Arbeiter und Hilfsarbeiter bei 177,-- Euro; der gesetzliche Mindestlohn betrug 140,-- Euro (vgl. die dem Schriftsatz vom 11.10.2006 beigefügte Darstellung der AGEF "Lebens- und Arbeitsbedingungen in Serbien und Montenegro ...", Juli 2006, Abschnitt 1.5). Dem entsprechen in etwa die Angaben im Lagebericht des Auswärtigen Amts zu Serbien und Montenegro vom 28. Februar 2006 (S. 24), wonach der durchschnittliche monatliche Nettolohn in Serbien Ende 2005 bei ca. 225,-- Euro lag. Da die Antragstellerin zu 1) selbst kaum arbeitsfähig sein dürfte, könnte allenfalls (im Fall einer gemeinsamen Rückkehr) der Antragsteller zu 2), laut eigenen Angaben ein ungelernter Tagelöhner, ein entsprechend bescheidenes Arbeitseinkommen erzielen. Auch durch Sozialhilfeleistungen (sofern sie zu beziehen wären) dürften die o.g. Kosten für die Medikamente nicht zu bestreiten sein: Laut dem genannten Lagebericht des Auswärtigen Amts, S. 25, variieren die Sozialhilfeleistungen in Serbien für Haushalte mit 1 - 5 Personen zwischen 35,-- und 70,-- Euro. Eigenes Vermögen hat die Antragstellerin laut ihren (im erstinstanzlichen PKH-Verfahren gemachten) Angaben nicht.

(2) Zum anderen spricht eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit dagegen, dass sie im Fall einer Rückkehr nach Serbien die zur Kontrolle und Behandlung ihrer Nierenerkrankung erforderliche ärztliche Versorgung vollständig erhalten würde. Das Auswärtige Amt hat in dem genannten Lagebericht (S. 28) ausgeführt, für chronische Erkrankungen im Bereich der inneren Medizin bestünden nur eingeschränkte Behandlungsmöglichkei-ten, de facto nur im privaten Bereich. Dialyse sei grundsätzlich möglich, im Einzelfall müsse die Verfügbarkeit eines Dialyseplatzes geprüft werden. Dr. P vom Institut für Nephrologie und Chemodialyse des Universitätsklinikums in Nis/Serbien hat (offenbar auf eine konkrete Anfrage der Antragstellerin) mit Schreiben vom 21. Oktober 2005 mitgeteilt, es sei in dem dortigen Institut nicht möglich, das Niveau von Takrolimus im Blut zu bestimmen oder den Virusstatus der Patientin zu verfolgen (Anlage zum Schriftsatz der Antragsteller vom 8.11.2005). Diese Auskünfte sprechen eher dagegen, dass die Antragstellerin zu 1) in Nis die in ihrem Fall erforderliche, sehr spezielle Art von Transplantationsnachsorge erhalten würde. An anderen Orten Serbiens, etwa in Belgrad, dürfte sich die Antragstellerin zu 1) faktisch nicht niederlassen können, da für Rückkehrer aus dem Ausland, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können, eine Registrierung de facto nur in der Gemeinde des letzten legalen Wohnsitzes (bzw. hilfsweise des Geburtsorts) möglich sein dürfte (vgl. BAMF, Serbien und Montenegro, Gesundheitswesen, März 2006, S. 21, Auskunft G 4/06 in der Asyldokumentation der Hamburgischen Verwaltungsgerichte).

Auch soweit Behandlungen und Untersuchungen im Rahmen der staatlichen Krankenversorgung grundsätzlich möglich sind, erscheint es als zweifelhaft, dass die Antragstellerin zu 1), ihre Aufnahme in die staatliche Krankenversicherung unterstellt, diese Behandlungen kostenfrei erhalten würde. Nach Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind in Serbien kostenlose Behandlungen, zu denen viele Bürger auf dem Papier berechtigt sind, "infolge des desolaten Zustands des Gesundheitssystems allenfalls in der Primärversorgung vorstellbar, also bei einfach zu diagnostizierenden und zu therapierenden Krankheiten. Diejenigen, die eine notwendige Behandlung nicht bezahlen können, laufen Gefahr, dass die Behandlung unterbleibt" (BAMF, a.a.O., S. 18). Dem entspricht die bereits erwähnte Auskunft der deutschen Botschaft Belgrad an das VG Hamburg vom 8.6.2006, die darauf hindeutet, dass bei erwachsenen Krankenversicherten eine Behandlung nur gegen Zuzahlung möglich ist. All dies spricht dafür, dass auf die Antragstellerin zu 1) zu den o.g. Kosten für Medikamente noch weitere Kosten für Behandlungen und Untersuchungen hinzukämen, was ihre Lage zusätzlich erschweren würde.

cc) Angesichts der vorstehend skizzierten Gefährdungslage ist jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens, insbesondere angesichts der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter, mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG auszugehen.

b) Es erscheint auch mit hinreichend hoher Wahrscheinlichkeit als möglich, dass dieses Abschiebungsverbot zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen führt.

aa) Zwar steht einer Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage von § 25 Abs. 3 i. V. m. § 60 Abs. 7 AufenthG nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG die Sperrwirkung der Ausweisung vom 18. Februar 2002 entgegen. Es könnte aber in Betracht kommen, der Antragstellerin zu 1) eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.

Nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG kann einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Bei der Antragstellerin zu 1) könnte ein ggf. vorliegendes Abschiebungsverbot bzgl. Serbien aus § 60 Abs. 7 AufenthG zu einer rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führen. Zwar sind zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 7 AufenthG in der Regel nicht Gegenstand von Prüfungen nach § 25 Abs. 5 AufenthG, da solche Verbote bereits von § 25 Abs. 3 AufenthG erfasst werden und im dortigen Rahmen regelmäßig ("soll") zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis führen. Steht allerdings, wie im vorliegenden Fall, die Sperrwirkung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 3 AufenthG entgegen, so erscheint es begrifflich nicht als ausgeschlossen, ein der Sache nach bestehendes Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 AufenthG im Rahmen von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Der Begriff der "rechtlichen Unmöglichkeit" als solcher umfasst auch zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 1 - 7 AufenthG (zur "rechtlichen Unmöglichkeit" in § 60 a Abs. 2 AufenthG vgl. Hailbronner, AuslR, § 60 a AufenthG Rdnr. 24; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 60 a Rdnr. 76). Der Umstand, dass § 25 Abs. 5 AufenthG die rechtliche Unmöglichkeit der "Ausreise" (und nicht bloß der Abschiebung) voraussetzt, dürfte zu keiner anderen Bewertung führen. Der Begriff der Ausreise im Sinne dieser Vorschrift umfasst sowohl die Abschiebung als auch die freiwillige Rückkehr; damit soll erreicht werden, dass eine Aufenthaltserlaubnis nach dieser Norm nicht erteilt wird, wenn zwar eine Abschiebung (z.B. wegen fehlender Möglichkeit einer Begleitung durch Sicherheitsbeamte) nicht möglich ist, der Ausländer aber freiwillig ausreisen könnte (vgl. Hailbronner, a.a.O., Rdnr. 92, und die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 15/420 S. 80). Dies schließt es jedoch gerade nicht aus, dass die Umstände, die in der Sache ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG begründen, zugleich zu einer rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG führen, wenn dem Ausländer aufgrund dieser Umstände auch eine freiwillige Rückkehr in das Heimatland nicht möglich ist (vgl. die Begründung in der BT-Drs. 15/420 S.80, wonach in diesem Rahmen implizit die Zumutbarkeit der Ausreise zu prüfen ist). Ist dies der Fall (und ist mit einer Änderung dieser Umstände in absehbarer Zeit nicht zu rechnen), so erscheint die grundsätzliche Anwendbarkeit von § 25 Abs. 5 AufenthG auch deshalb als sachgerecht, weil es andernfalls oft zu dem Zustand der "Kettenduldung" käme, dem durch die Regelung in § 25 Abs. 5 AufenthG gerade entgegengewirkt werden sollte (vgl. Hailbronner, a.a.O., Rdnr. 88). Soweit es schließlich in den Vorläufigen Anwendungshinweisen des Bundesministeriums des Inneren vom 22. Dezember 2004 (Abschnitt 25.5.1.3) zu § 25 Abs. 5 AufenthG heißt, die Unmöglichkeit der Ausreise aus rechtlichen Gründen umfasse "inlandsbezogene Ausreisehindernisse soweit diese nicht bereits durch Absatz 3 abgedeckt" würden, "beispielsweise aus Artikel 1, 2 GG bei schwerer Krankheit", ergibt sich daraus nicht schlüssig, dass bei § 25 Abs. 5 AufenthG nur inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse berücksichtigt werden dürften: Diese Darstellung ist bereits in sich widersprüchlich, weil in § 25 Abs. 3 AufenthG überhaupt keine inlandsbezogenen, sondern allein zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote maßgeblich sind, wie die dortige Verweisung auf "§ 60 Abs. 2, 3, 5 oder 7" AufenthG zeigt; schwere Erkrankungen wiederum können sich nach Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG (je nach den Fallumständen) inlandsbezogen wie auch zielstaatsbezogen auswirken.

Führen die o.g. gesundheitlichen Gefährdungen der Antragstellerin zu 1) in Serbien zu einem diesbezüglichen Abschiebungsverbot, so dürfte es aufgrund der gleichen Umstände kaum zweifelhaft sein, dass ihr auch die freiwillige Rückkehr nach Serbien nicht angesonnen werden kann, weil es ihr nicht zumutbar sein dürfte, "freiwillig" ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

bb) Liegt eine rechtliche Unmöglichkeit der Ausreise vor, so wäre mit deren Wegfall in absehbarer Zeit nicht zu rechnen (§ 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG), und die Antragstellerin hätte dieses Hindernis auch nicht verschuldet (§ 25 Abs. 5 Satz 3 AufenthG). Es läge dann im Ermessen der Antragsgegnerin, die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen und von der Anwendung der allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG abzusehen (§ 5 Abs. 3 Hs. 2 AufenthG). Ob das Ermessen ggf. durch die Soll-Bestim-mung des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG gelenkt würde (vgl. die Weisung Nr. 1/2005 vom 17.12.2004, Abschnitt "2. Sonderegelungen ...", 3. Absatz), kann hier offen bleiben.

c) Die nach den vorstehenden Ausführungen nicht auszuschließende Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG rechtfertigt es, der Antragsgegnerin die Abschiebung der Antragstellerin zu 1) nach Serbien zu untersagen, bis die Antragsgegnerin über den Antrag der Antragstellerin zu 1) vom 15. Oktober 2003 entschieden hat. In diesem Rahmen wird die Antragsgegnerin Gelegenheit haben, die Frage der ärztlichen und medikamentösen Versorgung der Antragstellerin zu 1) in Serbien genauer als bisher aufzuklären und dabei unter vollständiger Darstellung des Sachverhalts auch das BAMF gemäß § 72 Abs. 2 AufenthG zu beteiligen.

2. Die Beschwerde des Antragstellers zu 2) bleibt dagegen ohne Erfolg, da er den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat; seine Abschiebung oder freiwillige Ausreise dürfte nicht entsprechend dem Fall der Antragstellerin zu 1) rechtlich unmöglich sein.

Da er in eigener Person kein Abschiebungsverbot geltend machen kann, hätte er nur dann einen Anordnungsanspruch, wenn er aus familiären Gründen an dem einstweiligen Abschiebungsschutz der Antragstellerin zu 1) teilhaben müsste. Dies ist jedoch nicht ersichtlich:

a) Aus Art. 6 GG kann der Antragsteller zu 2) insoweit keine Rechte herleiten, da er, wie die Antragsteller zuletzt auf Nachfrage des Beschwerdegerichts eingeräumt haben, mit der Antragstellerin zu 1) nicht standesamtlich verheiratet ist. Art. 6 GG schützt aber gerade die standesamtlich geschlossene Ehe. Die Ehe nach Art. 6 GG ist ein öffentliches Rechtsverhältnis in dem Sinne, dass die Tatsache der Eheschließung für die Allgemeinheit erkennbar ist, die Eheschließung selbst unter amtlicher Mitwirkung erfolgt und der Bestand der Ehe amtlich registriert wird. Dies geschieht im Bundesgebiet durch die Form der standesamtlichen Eheschließung. Sie soll die Offenkundigkeit der Eheschließung und damit die Klarheit der Rechtsverhältnisse gewährleisten; diesem Ordnungselement kommt neben der Willensübereinstimmung der Ehegatten bei der Eingehung der Ehe eine entscheidende Bedeutung zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 2.2.1993, NJW 1993 S. 3316, 3317, mit w. N. zur Rechtsprechung). Die von den Antragstellern laut ihren Angaben im Juni 2002 im Bundesgebiet erfolgte "Eheschließung" nach Roma-Gebrauch genügt den genannten Anforderungen an eine nach Art. 6 GG zu schützende Ehe nicht; es ist nicht ersichtlich, dass die betreffende Zeremonie die Klarstellungs- und Bekanntgabefunktion der standesamtlichen Eheschließung mit entsprechender Allgemeinverbindlichkeit ersetzen würde (vgl. BVerfG, Beschl v. 2.2.1993, a.a.O., S. 3317, zur "Eheschließung" nach Sinti-Art).

b) Der Antragsteller zu 2) hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass er gemäß Art. 8 EMRK beanspruchen könnte, an dem für die Antragstellerin zu 1) bestehenden einstweiligen Abschiebungsschutz teilzuhaben.

Zwar umfasst der Schutzbereich von Art. 8 EMRK über standesamtlich geschlossene Ehen hinaus auch formlose partnerschaftliche Verbindungen von Personen, zwischen denen eine enge persönliche Beziehung besteht (vgl. Meyer-Ladewig, EMRK, 2. Aufl. 2006, Art. 8 Rdnr. 18 ff.). Die Abschiebung eines Partners einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft kann somit einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK darstellen. Ein solcher Eingriff bedeutet allerdings nicht ohne weiteres auch eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Familienlebens. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist ein Eingriff vielmehr (nur, aber dann) zulässig, wenn er gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist (u.a.) für die öffentliche Sicherheit oder zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, mit anderen Worten also verhältnismäßig ist. Wesentliches Ziel des Art. 8 EMRK ist dabei der Schutz des Einzelnen vor willkürlicher Einmischung der öffentlichen Gewalt in das Privat- und Familienleben (vgl. BVerwG, Urt. vom 18.11.1997, InfAuslR 1998 S. 161, 164).

Im vorliegenden Fall ist nicht glaubhaft gemacht, dass zwischen den Antragstellern ein Verbindung besteht, deren Intensität es als unverhältnismäßigen staatlichen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK erscheinen ließe, wenn der Aufenthalt des Antragstellers zu 2) im Bundesgebiet trotz des der Antragstellerin zu 1) zugesprochenen einstweiligen Abschiebungsschutzes beendet würde. Festzuhalten bleibt zunächst, dass der Antragsteller zu 2) sich jahrelang fälschlicherweise als Ehemann der Antragstellerin zu 1) ausgegeben und er in diesem Zusammenhang offenbar die ganze Zeit einen falschen Familiennamen ("R ") verwendet hat. Für die zuletzt (vgl. den Schriftsatz vom 11.10.2006) vorgetragene Dauer und Intensität der Beziehung sind keinerlei Belege erbracht worden. Gründe, weshalb sie trotz der behaupteten Qualität ihrer Beziehung keine standesamtliche Ehe schließen wollen oder können, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Einer Glaubhaftmachung der Qualität der persönlichen Beziehungen des Antragstellers zu 2) zur Antragstellerin zu 1) steht schließlich auch entgegen, dass er seine eigene Identität nicht belegt: Er hat bis jetzt keinerlei Identitätspapiere vorgelegt, ohne dafür nachvollziehbare Gründe zu nennen. Die Darstellung seines damaligen Prozessbevollmächtigten in dem Duldungsantragsschreiben vom 17. Juni 2002, seine Ausweispapiere seien "... auf der Reise in die BRD verloren gegangen. Wo weiß er nicht genau ...", ist unbrauchbar und unglaubhaft. Somit steht bisher nicht einmal fest, wer der Antragsteller zu 2) überhaupt ist. Dies wäre allerdings eine Grundvoraussetzung, um eine Qualität seines Verhältnisses zur Antragstellerin zu 1) glaubhaft machen zu können, die es als unverhältnismäßigen staatlichen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK erscheinen ließe, allein seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu beenden.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Das Beschwerdegericht hat die jeweiligen Obsiegens- und Unterliegensanteile berücksichtigt. Danach ist die obsiegende Antragstellerin zu 1) von den auf ihr Verfahren entfallenden Kosten freizuhalten, während der vollständig unterliegende Antragsteller zu 2) die auf sein Verfahren entfallenden Kosten zu tragen hat. Die teils obsiegende und teils unterliegende Antragsgegnerin ist entsprechend an den Verfahrenskosten zu beteiligen.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 63 Abs. 3 GKG. Danach ist der Streitwert für beide Instanzen für jeden der beiden Antragsteller in Höhe eines Viertels des Auffangwerts (vgl. § 52 Abs. 2 GKG), für beide zusammen also in Höhe des halben Auffangwerts anzusetzen. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Streitwert regelmäßig die Hälfte des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts (vgl. Abschnitt 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, NVwZ 2004 S. 1327); als Hauptsache wäre hier eine auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichtete Klage anzusehen. Hierfür wäre der Streitwert mit dem Auffangwert, also mit 5.000,- Euro anzusetzen (vgl. Abschnitt 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004, a.a.O.), woraus sich in einem Regelfall der (vom Verwaltungsgericht angenommene) Gesamtstreitwert in Höhe des Auffangwerts (für beide Antragsteller jeweils der halbe Auffangwert) ergäbe. Der vorliegende Fall ist jedoch in diesem Sinne kein Regelfall. Die Antragsteller haben nämlich nur eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) begehrt, bis die Antragsgegnerin - erstmals -über den Antrag der Antragstellerin zu 1) auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entscheidet; dagegen haben sie nicht Abschiebungsschutz während des gesamten Aufenthaltserlaubnisverfahrens einschließlich diesbezüglicher verwaltungsgerichtlicher Hauptsacheverfahren erstrebt. Damit reicht der in diesem Eilverfahren begehrte vorläufige Rechtsschutz nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum, der deutlich von der Standardsituation abweicht, in welcher der vorläufige Rechtsschutz den Aufenthalt während der gesamten Dauer eines Aufenthaltserlaubnisverfahrens bis zu dessen rechtskräftigem Abschluss sichern soll. Damit ist die sich für die Antragsteller aus ihrem Begehren ergebende Bedeutung entsprechend geringer (vgl. § 52 Abs. 1 GKG). Dies gebietet es, den Streitwert hier für beide Antragsteller nur mit jeweils einem Viertel des Auffangwerts, insgesamt also in Höhe der Hälfte des Auffangwerts anzusetzen.

Ende der Entscheidung

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