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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 28.12.2004
Aktenzeichen: 3 Bs 575/04
Rechtsgebiete: AuslG 1990


Vorschriften:

AuslG 1990 § 55
1. Die Ausländerbehörde darf versuchen, einen Ausländer mit ungeklärter Staatsangehörigkeit mittels des sog. EU-Standardreisedokuments in den Staat abzuschieben, dem er laut seinen eigenen Angaben angehört, wenn ein solcher Abschiebungsversuch nicht - etwa aufgrund bereits vorliegender Erfahrungen in gleichgelagerten Fällen - aussichtslos erscheint.

2. Sofern der Zielstaat der Abschiebung dem Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt beigetreten ist, steht eine Verhaftung des Ausländers bei der Einreise wegen fehlender hinreichender Einreisedokumente regelmäßig schon deshalb nicht zu erwarten, weil der Zielstaat in einem solchen Fall nach den Bestimmungen dieses Abkommens den Ausländer an das zuständige Beförderungsunternehmen zurückzuüberstellen hätte, das dann für seinen Rücktransport in die Bundesrepublik Deutschland sorgen müsste.


3 Bs 575/04

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Jahnke, Kollak und Niemeyer am 28. Dezember 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 28. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von dem Antragsteller dargelegten Gründe, die das Beschwerdegericht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, geben zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung keinen Anlass.

Das Bestehen eines Abschiebungshindernisses ist nicht glaubhaft gemacht.

Die Abschiebung ist nicht wegen der Möglichkeit ausgeschlossen, dass dem Antragsteller bei seiner Ankunft in Monrovia von den liberianischen Behörden wegen fehlender Personalersatzpapiere die Einreise in das Land verweigert werden könnte und die Antragsgegnerin für den Rücktransport des Antragstellers nach Deutschland sorgen müsste. Die Nachteile eines erfolglosen Abschiebungsversuchs sind als solche für den Antragsteller nicht so groß, dass die Antragsgegnerin zu verpflichten wäre, vor der Abschiebung sicherzustellen, dass der Antragsteller in Liberia als dortiger Staatsangehöriger Aufnahme findet. Vor diesen Nachteilen wäre der Antragsteller erst zu bewahren, wenn es als ausgeschlossen erscheint, dass eine Einreise nach Liberia erfolgen kann. Dies ist nach Aktenlage aber nicht der Fall. Eine Einreise nach Liberia mittels des EU-Standardreisedokuments dürfte nach derzeitig erkennbarer Sachlage (vgl. die Ausführungen der Antragsgegnerin in dem Schriftsatz vom 28.12.2004, denen die Beschwerde nicht substantiiert entgegentritt) jedenfalls nicht ausgeschlossen sein. Der Antragsteller selbst hat stets und auch noch in seinen letzten Anhörungen (zuletzt am 9.12.2004) durch die Antragsgegnerin behauptet, liberianischer Staatsangehöriger zu sein. Das Beschwerdegericht sieht trotz des Umstands, dass das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFL) angenommen hat, der Antragsteller komme nicht aus Liberia, sondern aus Guinea, die Möglichkeit einer anderslautenden Feststellung vor Ort als gegeben an. Grundlage der Feststellung des BAFL waren offenbar fehlende bzw. fehlerhafte geographische Angaben, wobei sich hier nicht beurteilen lässt, ob der Antragsteller tatsächlich keine zutreffenden Angaben machen konnte oder machen wollte. Es bestehen jedoch insoweit vor Ort weitergehende Erkenntnismöglichkeiten, als sie hier gegeben sind. So ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller den örtlichen Einreisebehörden gegenüber den Nachweis seiner dortigen Staatsangehörigkeit möglicherweise etwa durch die Benennung von Familienangehörigen führen kann (vgl. OVG Hamburg, Beschl. vom 26.3.2004 - 3 Bs 93/04; Beschl. vom 11.10.2004 - 3 Bs 459/04).

Die in der Beschwerde weiter angeführte Gefahr einer Inhaftierung des Antragstellers nach der Ankunft in Liberia wegen fehlender Einreisedokumente ist nicht glaubhaft gemacht. Dafür besteht kein hinreichender Anhaltspunkt, weil der Antragsteller im Besitz eines Reisedokuments der Bundesrepublik Deutschland abgeschoben wird, mittels dessen laut den Angaben der Antragsgegnerin bereits erfolgreich Abschiebungen nach Liberia erfolgt sind. Im Übrigen ist nach den Regelungen des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt, dem auch Liberia beigetreten ist (vgl. dazu: BGBl II 2004, Fundstellennachweis B, S. 288, 289), davon auszugehen, dass der Antragsteller im Fall eines erfolglosen Einreiseversuchs in Liberia dort nicht etwa verhaftet, sondern dem zuständigen Beförderungsunternehmen zurücküberstellt würde, das dann für seinen Rücktransport zu sorgen hätte (vgl. Hailbronner, AuslR, § 73 AuslG, Rdnr. 7).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 154 Abs. 2 VwGO, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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