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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 12.06.2007
Aktenzeichen: 3 So 173/05
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 162 Abs. 2
In Hochschulzulassungsverfahren scheidet die Erstattung der Gebühren und Auslagen des von der Hochschule bevollmächtigten Rechtsanwalts nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht deshalb ausnahmsweise aus, weil der Studienbewerber die Klage gegen den Ablehnungsbescheid der Hochschule im Hinblick auf das bereits anhängige Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Bemerken "nur zur Fristwahrung" versieht.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht

Beschluss

3 So 173/05

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 3. Senat, durch die Richter Korth und Jahnke sowie die Richterin Dr. Daum am 12. Juni 2007 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 22. November 2005 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

I.

Der Kläger erhob im Juli 2005 "nur zur Fristwahrung" Klage auf Zulassung zum Studium der Humanmedizin bei der Beklagten im Wintersemester 2004/2005. Am 3. August 2005 nahm der Kläger die Klage wieder zurück. Mit Beschluss vom 12. August 2005 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren ein und bestimmte, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von 5.000 Euro zu tragen habe.

Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten beantragten die Festsetzung der der Beklagten für ihre Vertretung entstandenen und vom Kläger zu erstattenden Kosten in Höhe von 302,53 Euro. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle wies den Antrag unter Hinweis auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. Juni 2005 (VG 14 KE 9.05; inzwischen geändert durch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1.2.2006, NVwZ 2006, 713) mit Beschluss vom 29. September 2005 zurück. Die angemeldeten außergerichtlichen Kosten in Höhe von 302,52 Euro seien zwar entstanden, jedoch wegen Verstoßes gegen die Kostenminderungspflicht nicht nach § 162 VwGO erstattungsfähig.

Auf Antrag der Prozessbevollmächtigten der Beklagten änderte das Verwaltungsgericht den Beschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 29. September 2005 und setzte die zu erstattenden Kosten auf 302,53 Euro fest: Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO seien im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Das gelte auch für die hier festgesetzten Kosten. Ein Ausnahmefall sei nicht gegeben. Die Beklagte dürfe sich trotz ihres Status als juristische Person des öffentlichen Rechts, die über Mitarbeiter mit der Befähigung zum Richteramt verfüge, eines Rechtsanwalts bedienen, ohne dass dies für sie Nachteile bei der Kostenfestsetzung zur Folge habe. Das gelte auch für Hochschulzulassungsverfahren, in denen die Prozessvertretung einem Rechtsanwalt einheitlich für alle Verfahren übertragen werde.

II.

Die dagegen erhobene - zulässige - Beschwerde ist unbegründet.

Im Rechtsbehelfsverfahren gegen die nach § 164 VwGO festgesetzten Kosten findet keine umfassende Überprüfung des geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs statt, sondern nur eine Entscheidung über die vom Kostenschuldner erhobenen Einwendungen und Einreden (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 30.5.2006, NVwZ 2006, 1301, m. weit. Nachw.). Insoweit beschränkt sich die Überprüfung im vorliegenden Fall auf den von dem Kläger geltend gemachten Einwand, dass die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts für das Klagverfahren nicht notwendig gewesen sei. Der von dem Kläger hervorgehobene Umstand, dass die Klage zur Aufrechterhaltung des Rechtsschutzinteresses im Eilverfahren erhoben werden musste und für die Beklagte absehbar gewesen sei, dass nach erfolglosem Eilverfahren die Klage wieder zurückgenommen werden würde, lässt die Kostenerstattungspflicht des Klägers für den von der Beklagten bevollmächtigten Rechtsanwalt jedoch nicht entfallen.

Nach § 162 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig. Die Vorschrift fingiert die Erstattungsfähigkeit ohne Prüfung, ob die Heranziehung des Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war; nur in Ausnahmefällen findet eine Kostenerstattung nicht statt (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 1.9.2005 - 1 So 99/05 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 2.8.2006, NVwZ 2006, 1300; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 1.2.2006, a. a. O.; Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 15.8.2003, NVwZ-RR 2004, 155; jeweils m. weit. Nachw.). Entgegen den Ausführungen des Klägers ist nicht ersichtlich, dass diese Rechtsprechung - insbesondere in Hochschulzulassungsverfahren - verfassungswidrig sein könnte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.3.2006 - 1 BvR 2649/05 - ).

Von einem Ausnahmefall, den der Kläger geltend macht, ist nicht auszugehen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, ist erst dann anzunehmen, wenn die anwaltliche Vertretung für die Partei offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit ist dabei nicht, ob der Prozessgegner oder das Gericht die Tätigkeit des bevollmächtigten Anwalts für nutzlos halten, sondern, ob sie für die von ihm vertretene Partei von Nutzen ist. Dass die Prozessvertretung für die Beklagte offensichtlich nutzlos war, lässt sich jedoch nicht feststellen. Die Beklagte ersparte sich zumindest den Einsatz eigenen Personals für die Bearbeitung der gegen sie gerichteten Klage. Sie ist im Übrigen auch nicht zur Minderung der Kosten für die Gegenseite verpflichtet, für die Prozessführung eigene Bedienstete mit Befähigung zum Richteramt einzusetzen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.1.2007 - 6 C 29/06 -). Etwas anderes ergibt sich schließlich nicht aus dem Umstand, dass die Klage mit dem Bemerken "nur zur Fristwahrung" erhoben worden war. Denn die Klage diente der Aufrechterhaltung des Anspruchs des Klägers auf Zulassung zum Studium und war prozessual nicht abhängig von der im Eilverfahren begehrten vorläufigen Zulassung zum Studium; sie beschränkte sich nicht auf die Funktion, einen Aufschub für den Abschluss der eigenen Prüfung zu erhalten, ob an der weiteren Rechtsverfolgung überhaupt festgehalten werden soll.

Der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet es einem Prozessbeteiligten auch nicht, bei der Verteidigung gegen eine Klage von der Einschaltung eines Rechtsanwalts bis zum Abschluss des bereits anhängigen Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes abzusehen.

Soweit der Kläger hilfsweise beantragt, den Kostenfestsetzungsantrag zurückzuweisen, soweit mehr als eine auf 0,8 ermäßigte Gebühr gemäß Nr. 3100 der Anlage 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetz geltend gemacht werde (Bl. 165 d. A.), geht dieser Antrag ins Leere, weil von den Prozessbevollmächtigten der Beklagten lediglich die Festsetzung einer 0,8 Verfahrensgebühr beantragt wurde.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht erforderlich, weil die Gerichtsgebühr als fester Betrag (50 Euro) erhoben wird (Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 [zu § 3 Abs. 2] GKG).



Ende der Entscheidung

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