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Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 03.12.2008
Aktenzeichen: 5 Bf 259/06
Rechtsgebiete: AuslG 1990, AufenthG, VwKostG


Vorschriften:

AuslG 1990 § 82 Abs. 1
AuslG 1990 § 83 Abs. 1
AuslG 1990 § 83 Abs. 3
AuslG 1990 § 83 Abs. 4
AufenthG § 66 Abs. 1
AufenthG § 67 Abs. 1
AufenthG § 67 Abs. 3
AufenthG § 70
VwKostG § 14 Abs. 2 Satz 1
VwKostG § 20 Abs. 3
1. Ein abgeschobener Ausländer, der selbst für die Abschiebungskosten in Anspruch genommen wird, kann jeden rechtlichen Mangel der Abschiebung geltend machen, sofern dieser geeignet ist, eigene Rechte zu verletzen. Fragen, die bereits rechtskräftig entschieden sind, sind dabei allerdings nicht mehr zu prüfen.

2. Es bestehen erhebliche Bedenken, die vom Bundesverwaltungsgericht für die Kostenhaftung bei Verpflichtungserklärungen gemäß § 84 AuslG (jetzt § 68 AufenthG) entwickelte Rechtsprechung - wonach in atypischen Fällen nach Ermessen zu entscheiden ist, ob der Verpflichtete zu den Kosten herangezogen wird - auf die Heranziehung des Ausländers zu den Kosten seiner Abschiebung gemäß §§ 66 Abs. 1, 67 Abs. 1 und 3 AufenthG (früher §§ 82 Abs. 1, 83 Abs. 1 und 4 AuslG) zu übertragen.

Jedenfalls liegt ein atypischer, ggf. zur Ermessensbetätigung nötigender Fall nicht schon dann vor, wenn die Kostenforderung sehr hoch und der Betroffene nicht leistungsfähig ist. Insoweit ist der Pflichtige auf die Möglichkeit verwiesen, eine Stundung oder einen Erlass nach haushaltsrechtlichen Grundsätzen zu beantragen.


Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Im Namen des Volkes Urteil

5 Bf 259/06

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 5. Senat, durch die Richter Prof. Dr. Ramsauer, Probst und Engelhardt sowie die ehrenamtliche Richterin Leskovar und den ehrenamtlichen Richter Röckendorf aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Kostenforderung in Höhe von 478,62 Euro betrifft. Insoweit ist das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. August 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg unwirksam.

Im übrigen werden auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, ein iranischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Heranziehung zu den Kosten seiner Abschiebung in den Iran am 30. September 1992.

1. Der Kläger hielt sich (jedenfalls) seit Februar 1974 in Deutschland auf. Im August 1976 wies ihn die Beklagte wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz aus. Widerspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos; die Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil nahm der Kläger im April 1979 zurück. Ein im Mai 1977 gestellter erster Asylantrag blieb in allen Instanzen erfolglos. Einen im August 1986 gestellten Asylfolgeantrag sah die Beklagte mit Bescheid vom 16. Mai 1990 als unbeachtlich an; die hiergegen gerichtete Klage nahm der Kläger kurz darauf wieder zurück. In den Jahren 1979 und 1983 war der Kläger zweimal wegen verschiedener Delikte zu jeweils drei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden.

Ende August 1990 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Bezugnahme auf ein Schreiben vom 25. Juli 1990 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und eines Fremdenpasses. In dem Bezugsschreiben hatte ein Bediensteter der Ausländerbehörde auf eine telefonische Anfrage des damaligen Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, "daß nach Weisungslage (Weisung 1/89) eine Aufenthaltserlaubnis bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen nur dann erteilt werden kann, wenn das Asylverfahren beendet ist und der betr. Ausländer in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt ohne Sozialhilfe zu bestreiten." Handschriftlich war ergänzt: "(Ansonsten: Duldung)". Mit seinem Antrag trug der Kläger vor, er beziehe Arbeitslosenhilfe und habe seine Asylklage zurückgenommen. Sein iranischer Pass sei während einer Haft in der JVA Kiel abhanden gekommen, wie durch eine Bescheinigung vom 5. Januar 1981 belegt werde. Mit zwei Bescheiden vom 10. Dezember 1991 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung und auf Erteilung eines Fremdenpasses ab, forderte den Kläger zur Ausreise aus Deutschland auf und drohte ihm die Abschiebung an. In seinem Widerspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung und eines Fremdenpasses wiederholte der Kläger, sein iranischer Pass sei während der Haft in Kiel abhanden gekommen, verwies wiederum auf das Schreiben vom 25. Juli 1990 und ferner auf seinen inzwischen gestellten Antrag auf Befristung der Ausweisungswirkungen. Im übrigen habe er mit seiner deutschen Verlobten bereits im Juni 2001 das Aufgebot bestellt; die Ehe könne bisher nicht geschlossen werden, da die Ausländerbehörde trotz Aufforderung die Ausländerakten nicht an das Oberlandesgericht geschickt habe. Über den Widerspruch wurde nicht entschieden.

Am 25. Februar 1992 wurde der Kläger vorläufig festgenommen. Am folgenden Tag ordnete das Amtsgericht Hamburg auf Antrag der Beklagten gegen den Kläger Sicherungshaft bis zur Abschiebung, längstens bis zum 29. April 1992, an; die Anordnung wurde mehrmals verlängert, letztmals am 23. September 1992 bis zum 4. November 1992. Bei seiner Anhörung gab der Kläger u.a. an, er besitze keinen iranischen Pass und sei nicht bereit, einen Antrag für die Ausstellung eines Passersatzpapiers zu unterschreiben.

In der Folgezeit richtete der Kläger eine Eingabe an die Bürgerschaft der Beklagten und erhob beim Verwaltungsgericht Hamburg eine (Untätigkeits-)Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Einen Eilantrag, ebenfalls gerichtet auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sowie auf die Verpflichtung der Beklagten, den Abschiebehaftantrag zurückzunehmen, lehnte das Verwaltungsgericht Hamburg am 11. September 1992 ab; die hiergegen eingelegte Beschwerde wies das Oberverwaltungsgericht am 14. Oktober 1992 zurück. Die Klage wurde schließlich vom Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 25. März 1993 rechtskräftig abgewiesen.

Kurz nach der Inhaftierung des Klägers hatte sich die Ausländerbehörde der Beklagten an das Iranische Generalkonsulat gewandt und um Ausstellung eines Passersatzpapiers für den Kläger gebeten. Das Generalkonsulat übersandte daraufhin ein Formular, das vom Kläger ausgefüllt und zusammen mit (u.a.) einem iranischen Originalausweis, aus dem die iranische Nationalität hervorgehe, wieder eingereicht werden sollte. Hierzu kam es in der Folge nicht.

Am 15. Mai 1992 teilte das Standesamt Hamburg-Altona dem Kläger mit, dass der Antrag auf Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses am 27. April 1992 dem Hanseatischen Oberlandesgericht vorgelegt worden sei. Über den Antrag könne aber erst entschieden werden, wenn u.a. ein iranischer Standesregisterauszug mit Eintragung des Familienstandes vorgelegt werde. Am 22. September 1992 erteilte das Hanseatische Oberlandesgericht die Befreiung.

Durch Nachfragen beim Standesamt Hamburg-Altona und beim Hanseatischen Oberlandesgericht erfuhr die Ausländerbehörde der Beklagten, dass sich in der Sammelakte des Standesamtes der iranische Standesregisterausweis (Shenasnameh) des Klägers befand. Eine Anfrage bei der Fluggesellschaft Iran Air ergab, dass der Kläger mit dem Shenasnameh befördert würde.

Nachdem die Bürgerschaft am 28. September 1992 beschlossen hatte, die Eingabe des Klägers als "nicht abhilfefähig" zu behandeln, wurde der Kläger am 30. September 1992 in den Iran abgeschoben. Zu diesem Zweck wurde er per Bahn unter Begleitung zum Flughafen Frankfurt/Main gebracht, wo er Sicherheitsbegleitern der Fluggesellschaft Iran Air übergeben wurde.

2. Der Kläger kam am 28. September 2004 wieder nach Deutschland, wo er einen inzwischen rechtskräftig abgelehnten Asylantrag stellte.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 17. November 2004 forderte die Behörde für Inneres (Einwohner-Zentralamt) der Beklagten vom Kläger, gestützt auf § 82 Abs. 1 AuslG, die Zahlung der für die Abschiebung entstandenen Kosten in Höhe von 16.945,05 Euro. Wegen der Kostenaufstellung (v.a. Transportkosten, Personalkosten sowie - als größter Einzelposten - Kosten für die Unterbringung in der Abschiebehaft für 218 Tage) wird auf den Forderungsnachweis (Anlage zum Kostenfestsetzungsbescheid) Bezug genommen.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, die Kostenforderung sei längst verjährt. Außerdem sei die Forderung unberechtigt, da die Beklagte ihm im Juli 1990 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Fall zugesagt habe, dass er seine Asylklage zurücknehme; entgegen dieser Zusage sei der Antrag später abgelehnt worden. Ferner habe die Ausländerbehörde damals die Eheschließung des Klägers mit seiner deutschen Verlobten dadurch hintertrieben, dass sie die Ausländerakte nicht an das Hanseatische Oberlandesgericht gesandt habe; bei rechtzeitiger Übersendung hätte er schon im Herbst 1991 heiraten können und hätte dann nicht mehr in den Iran abgeschoben werden können.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2005 zurück. Die Forderung sei nicht verjährt, da sie erst vier Wochen nach Zustellung des Kostenfestsetzungsbescheides fällig geworden sei und die Verjährung erst sechs Jahre später eintrete. Auch sei die Abschiebung rechtmäßig erfolgt; in den damaligen Rechtsmittelverfahren sei geklärt worden, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Recht abgelehnt worden sei.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat der Klage, in der der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholte und vertiefte, mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 29. August 2006 stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Trotz des Wortlauts des § 66 Abs. 1 AufenthG müsse die Ausländerbehörde jedenfalls in atypischen Fällen, die durch eine hohe Kostenforderung und geringes Einkommen des Ausländers zu kennzeichnen seien, eine Ermessensentscheidung über die Kostenerhebung treffen, um dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu genügen. Angesichts des geringen Einkommens des Klägers, der lediglich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalte, seines Alters und des von ihm höchstwahrscheinlich über Jahre hinweg nicht zu begleichenden außergewöhnlichen hohen Erstattungsbetrags gebiete der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Ermessensentscheidung, die hier unterblieben sei.

3. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung.

Die Forderung sei nicht verjährt, da die Verjährung durch den Auslandsaufenthalt des Klägers seit der Abschiebung bis etwa Ende September 2004 unterbrochen gewesen sei. Die Forderung bestehe dem Grunde nach zu Recht. Der Kläger sei rechtmäßig abgeschoben worden. Er sei damals vollziehbar ausreisepflichtig gewesen. Die behauptete Verlobung des Klägers habe der Abschiebung nicht entgegengestanden, da die Eheschließung damals nicht unmittelbar bevorgestanden habe. Die Ausländerbehörde habe dem Kläger auch keine Zusicherung gegeben, ihn nicht abzuschieben. Die Kostenforderung sei auch der Höhe nach berechtigt. Substantiierte Einwände hiergegen seien vom Kläger nicht vorgetragen worden. Die hohen Kosten der Abschiebehaft ergäben sich aus deren Dauer. Diese habe der Kläger zu verantworten, da er seiner Pflicht, an der Beschaffung eines Passes oder Passersatzpapiers mitzuwirken, beharrlich nicht nachgekommen sei. Der Tagessatz für die Abschiebehaft berücksichtige die Vorgaben der Justizbehörde und eines Urteils des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. November 2001. Die Begleitung des Klägers bei der Abschiebung sei erforderlich gewesen.

Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts und der in dessen Urteil zitierten obergerichtlichen Judikatur sei dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass ein Ausländer die Kosten seiner Abschiebung unter Umständen nicht oder nur zum Teil zu tragen habe; vielmehr bestimme § 67 Abs. 3 AufenthG (ebenso vorher § 83 Abs. 4 AuslG), dass die Kosten in der tatsächlich entstandenen Höhe geltend zu machen seien. Das Verursacherprinzip verlange, dass die öffentliche Hand nicht mit Kosten belastet werden dürfe, die durch Verschulden anderer entstanden seien. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass Abschiebehaftkosten in voller Höhe zu erheben seien. Die Frage, ob die Höhe dieser Kosten zu einer faktischen Wiedereinreisesperre führe, sei erst bei der Entscheidung über die Einreise zu prüfen, stehe aber der Erhebung der Kosten als Folge der Abschiebungsentscheidung nicht entgegen. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 1998 zu § 84 AuslG (jetzt § 68 AufenthG) lasse sich nicht ohne weiteres auf Fälle der Erhebung von Abschiebungskosten gegenüber dem abgeschobenen Ausländer übertragen. Bei der dortigen Fallgestaltung sei es um die Aufnahme bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge gegangen, die eine öffentliche Angelegenheit gewesen sei. Hier habe auf die Gesamtumstände abgestellt werden müssen, unter denen die Verpflichtungserklärung nach § 84 AuslG abgegeben worden sei. Die Entscheidung sei aber nicht auf Fälle übertragbar, in denen jemand die von ihm selbst verursachten Abschiebekosten nicht bezahlen könne. Selbst in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall hätten nicht schon die fehlende Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und die Höhe der dem Grunde nach erstattungsfähigen Kosten zur Annahme eines atypischen Falles geführt, sondern erst eine Gesamtschau aller Umstände des dort vorliegenden Einzelfalls. Einer augenblicklichen Leistungsunfähigkeit des Ausländers könne durch Ratenzahlungen und/oder Stundungen begegnet werden. Die öffentliche Hand müsse aber Gelegenheit erhalten, hinsichtlich einer Forderung vor Ablauf der Verjährung überhaupt einen vollstreckbaren Titel zu erhalten.

Auf einen gerichtlichen Hinweis hin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 16. August 2007 ihre Forderung um die angesetzten Personalkosten für Bedienstete der Ausländerbehörde in Höhe von 478,62 Euro reduziert. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Beklagte beantragt,

das auf die mündliche Verhandlung vom 29. August 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit sie sich nicht durch die Erklärungen vom heutigen Tag erledigt hat.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil. Die Beklagte hätte eine Ermessensentscheidung darüber treffen müssen, ob sie die Abschiebungskosten ihm gegenüber geltend mache, da bei den hier vorliegenden Umständen ein atypischer Fall gegeben sei. Zu den bereits im Urteil des Verwaltungsgerichts angeführten Umständen komme noch hinzu, dass er schwer an Krebs erkrankt sei. Eine Atypik folge schließlich auch daraus, dass er erst zwölf Jahre nach seiner Abschiebung wieder eingereist sei; nach einem so langen Zeitraum müsse der Grundsatz der Verwirkung gegenüber der Festsetzung der Abschiebungskosten durchgreifen.

Die beigezogenen Sachakten der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

I. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben - wegen Kostenpositionen in Höhe von insgesamt 478,62 Euro -, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts ist insoweit wirkungslos geworden (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

II. Im übrigen hat die zulässige Berufung der Beklagten Erfolg. Der Kostenfestsetzungsbescheid vom 17. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2005 ist (im noch streitigen Umfang) rechtmäßig. Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 29. August 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg ist daher aufzuheben und die Klage des Klägers ist abzuweisen.

Es braucht nicht entschieden zu werden, ob sich die Rechtmäßigkeit der Bescheide hier noch nach den bei Erlass des Bescheides vom 17. November 2004 geltenden Vorschriften des Ausländergesetzes vom 9. Juli 1990 (BGBl. I S. 1354 mit nachfolgenden Änderungen) beurteilt oder ob, da der Widerspruchsbescheid am 24. August 2005 erging, das seit 1. Januar 2005 geltende Aufenthaltsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950) anzuwenden ist. § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG beantwortet diese Frage nicht (vgl. Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Stand Aug. 2008, § 102 Rn. 7). Die einschlägigen Vorschriften - §§ 82 Abs. 1, 83 Abs. 1, 3 und 4 AuslG einerseits; §§ 66 Abs. 1, 67 Abs. 1 und 3, 70 AufenthG andererseits - sind, soweit sie im vorliegenden Fall einschlägig sind, inhaltsgleich. Danach hat der Ausländer die in § 83 Abs. 1 AuslG bzw. § 67 Abs. 1 AufenthG näher aufgeführten Kosten, die durch die Abschiebung entstehen, zu tragen. Die Kosten werden von der Ausländerbehörde durch Leistungsbescheid in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten erhoben.

Die mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 17. November 2004 geltend gemachte Forderung ist weder verjährt noch ist ihre Geltendmachung durch Verwirkung ausgeschlossen (1.). Die Kostenforderung ist dem Grunde nach gerechtfertigt, da die Abschiebung des Klägers rechtmäßig war (2.). Auch gegen die Höhe der Kostenforderung bestehen keine Bedenken (3.). Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts musste die Beklagte im vorliegenden Fall keine Ermessensentscheidung treffen, ob sie die Kosten vom Kläger erhebt (4.).

1. Der Festsetzung der Abschiebungskosten stehen weder Verjährung (a) noch Verwirkung (b) entgegen.

a) Die Forderung ist nicht verjährt. Für die Frage, ob vor Erlass des Kostenfestsetzungsbescheides Verjährung eingetreten ist, wird auf die Regelungen des Ausländergesetzes abzustellen sein, da der Kläger im Jahr 1992 abgeschoben wurde und auch der Kostenfestsetzungsbescheid noch unter Geltung des Ausländergesetzes erging. Im übrigen bestehen zwischen § 83 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 3 AuslG einerseits und § 70 AufenthG andererseits keine inhaltlichen Unterschiede.

Es erscheint allerdings als zweifelhaft, ob der Eintritt der Verjährung schon mit dem Hinweis verneint werden kann, die Verjährung beginne erst mit der Fälligkeit zu laufen (§ 83 Abs. 4 Satz 3 AuslG bzw. § 70 Abs. 1 AufenthG) und diese trete frühestens mit Bekanntgabe der Kostenentscheidung an den Kostenschuldner ein (§ 17 VwKostG). Die ergänzende Anwendung des Verwaltungskostengesetzes folgt aus § 1 Abs. 2 Satz 2 VwKostG i.V.m. § 81 Abs. 2 Satz 2 AuslG bzw. § 69 Abs. 2 Satz 2 AufenthG; zu den in § 81 Abs. 1 AuslG bzw. § 69 Abs. 1 Satz 1 AufenthG genannten Auslagen zählen auch die Abschiebungskosten im Sinne des § 82 AuslG bzw. § 66 AufenthG (BVerwG, Urt. v. 14.6.2005, BVerwGE 124, 1/5; VGH Mannheim, Urt. v. 19.10.2005, 11 S 646/04, juris, Rn. 33). In der Tat meinen Funke-Kaiser (GK-AuslR, § 83 Rn. 19 und GK-AufenthG, § 70 Rn. 5) und Hailbronner (Ausländerrecht, Stand Okt. 2008, § 70 AufenthG Rn. 3), dass es in diesem Sonderfall keine der Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. VwKostG vergleichbare maximale Verjährungsfrist gebe, die unabhängig von einer durch Leistungsbescheid eintretenden Fälligkeit bereits durch die Entstehung des Anspruchs in Lauf gesetzt werde. Das hätte zur Folge, dass es die Behörde bis zur Grenze der Verwirkung völlig in der Hand hätte, durch eigenes Handeln den Lauf der Verjährungsfrist zu steuern und zu beeinflussen (so ausdrücklich Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 70 Rn. 7). Dies würde indes der Funktion von Verjährungsvorschriften, dem Rechtsfrieden zu dienen und Rechtssicherheit herzustellen, wohl nicht gerecht (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.2.2005, BVerwGE 123, 92/94).

Es braucht aber nicht entschieden zu werden, ob § 83 Abs. 4 Satz 3 AuslG bzw. § 70 Abs. 1 AufenthG vielleicht nur die Zahlungsverjährung hinsichtlich einer festgesetzten Forderung regelt und es hinsichtlich der Festsetzungsverjährung bei § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwKostG bleibt (vgl. zu dieser Unterscheidung bei § 20 Abs. 1 VwKostG auch BVerwG, Urt. v. 24.2.2005, BVerwGE 123, 92/94 f.). Denn auch die vor Erlass des Kostenbescheides etwa in Lauf gesetzte Festsetzungsverjährung des § 20 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt. VwKostG kann gemäß § 20 Abs. 3 VwKostG unterbrochen werden (so ausdrücklich BVerwG, a.a.O., S. 95 f.). Die Unterbrechungstatbestände des § 20 Abs. 3 AufenthG werden durch die Tatbestände des § 83 Abs. 3 AuslG bzw. § 70 Abs. 2 AufenthG erweitert. Demnach wird die Verjährung u.a. unterbrochen, solange sich der Kostenschuldner nicht im Bundesgebiet aufhält. Der Kläger wurde am 30. September 1992 abgeschoben. Hierdurch wurde die Verjährung unterbrochen. Gemäß § 20 Abs. 4 VwKostG beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Unterbrechung endet, eine neue Verjährung. Da das Einwohner-Zentralamt dem Kläger bereits weniger als zwei Monate nach seiner Wiedereinreise (28. September 2004) den Kostenfestsetzungsbescheid über die Abschiebekosten bekanntgab, hatte zu diesem Zeitpunkt die neue Verjährung noch nicht einmal begonnen.

b) Für die Annahme einer Verwirkung ist hier nichts ersichtlich. Ein langer Zeitraum zwischen Entstehen und Geltendmachung einer Forderung ist allein nicht ausreichend, um eine Verwirkung annehmen zu können. Zum Zeitelement muss zusätzlich auch das "Umstandselement" hinzukommen; es muss auch aufgrund der konkreten Umstände als rechtsmissbräuchlich erscheinen, die Forderung geltend zu machen (vgl. Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 53 Rn. 21 ff.). Solche Umstände liegen nicht vor. Der Kläger hielt sich von Oktober 1992 bis Herbst 2004 außerhalb Deutschlands auf. In diesem Zeitraum war daher nicht mit dem Erlass eines Kostenbescheides zu rechnen, was sich auch in der Verjährungsunterbrechungsregelung des § 83 Abs. 3 AuslG bzw. § 70 Abs. 2 AufenthG zeigt. Zu keinem Zeitpunkt hat die Beklagte dem Kläger gegenüber Andeutungen gemacht, sie würde auf die Geltendmachung der Abschiebungskosten verzichten.

2. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, der Bescheid, mit dem ihm die Kosten seiner Abschiebung auferlegt werden, sei deshalb rechtswidrig, weil die Abschiebung selbst rechtswidrig gewesen sei.

2.1. Es ist im einzelnen streitig, ob und ggf. in welchem Umfang sich der Adressat eines Bescheides über die Festsetzung von Abschiebungskosten darauf berufen kann, die Abschiebung als solche oder jedenfalls die Art und Weise der Abschiebung sei rechtswidrig gewesen (vgl. zum Meinungsstand: Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 66 AufenthG Rn. 4; OVG Hamburg, Urt. v. 7.10.1998, Bf V 45/96, juris, Rn. 40 m.w.N.). Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann jedenfalls der abgeschobene Ausländer, der selbst für die Abschiebungskosten in Anspruch genommen wird, jeden rechtlichen Mangel der Abschiebung geltend machen, sofern dieser geeignet ist, eigene Rechte zu verletzen (ebenso VGH Mannheim, Urt. v. 19.10.2005, 11 S 646/04, juris, Rn. 47 ff.; Beschl. v. 8. [laut juris 28.] 3.2006, InfAuslR 2006, 385/386 f.; Funke-Kaiser, a.a.O., § 66 Rn. 5). Dies lässt sich aus § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG ableiten, wonach Kosten nicht erhoben werden, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären.

2.2. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Abschiebung des Klägers lagen vor (a). Die Einwände des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebung greifen nicht durch. Dies gilt zunächst für die Behauptung, die Beklagte habe ihm im Juli 1990 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Fall zugesagt, dass er seine Asylklage zurücknehme; entgegen dieser Zusage sei der Antrag später abgelehnt worden (b). Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, die Ausländerbehörde habe die Eheschließung des Klägers mit seiner deutschen Verlobten hintertrieben, indem sie die Ausländerakten nicht an das Hanseatische Oberlandesgericht gesandt habe; bei rechtzeitiger Übersendung hätte der Kläger im Herbst 1991 heiraten können und hätte dann nicht mehr in den Iran abgeschoben werden können (c). Ferner kann sich der Kläger nicht darauf berufen, er hätte deshalb nicht abgeschoben werden dürfen, weil seine Abschiebung gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen hätte. Als bekennender Atheist wäre er im Iran - wie sich schließlich auch gezeigt habe - Gefahren für Leib und Leben ausgesetzt (d).

a) Die gesetzlichen Abschiebungsvoraussetzungen (§ 49 AuslG) lagen vor.

Der Kläger war ausreisepflichtig, da er über keine Aufenthaltsgenehmigung verfügte (§ 42 Abs. 1 AuslG). Die beiden Asylverfahren waren mit für den Kläger negativem Ausgang abgeschlossen. Ob der am 27. August 1990 gestellte Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung eine Erlaubnisfiktion nach § 21 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1965 ausgelöst oder zumindest die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht beseitigt hat, mag dahinstehen. Diese Wirkung wäre spätestens mit Erlass des ablehnenden Bescheides vom 10. Dezember 1991 entfallen (BVerwG, Urt. v. 1.2.2000, InfAuslR 2000, 274/275). Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 1 AuslG wurde spätestens hiermit auch die Ausreisepflicht (wieder) vollziehbar. Den einstweiligen Rechtsschutzantrag gegen die Ablehnung des Antrags lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 11. September 1992 ab; der im Zeitpunkt der Abschiebung noch nicht beschiedenen Beschwerde kam eine aufschiebende Wirkung nicht zu (§ 149 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die an die Bürgerschaft gerichtete Petition des Klägers, die in rechtlicher Hinsicht an der Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nichts änderte, hinderte die Abschiebung schon deshalb nicht, da sie am 28. September 1992 als "nicht abhilfefähig" behandelt wurde.

Die weiteren Voraussetzungen für eine Abschiebung lagen vor. Der Kläger hatte wiederholt erklärt, nicht freiwillig auszureisen; im übrigen war seine Ausreise auch überwachungsbedürftig (§ 49 Abs. 1, 2. Hs. i.V.m. Abs. 2 Satz 1 AuslG).

b) Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Klägers, die Beklagte habe ihm im Juli 1990 die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung zugesagt.

Das Verwaltungsgericht hat mit rechtskräftig gewordenem Gerichtsbescheid vom 25. März 1993 (10 VG A 2853/92) die u.a. auf die Verpflichtung zur Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gerichtete Klage abgewiesen. Hierin hatte sich der Kläger zur Begründung seines vermeintlichen Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung auch auf das Schreiben des Einwohner-Zentralamts vom 25. Juli 1990 berufen. Das Verwaltungsgericht sah in diesem Schreiben keine Zusicherung. Ihm liege ersichtlich keine Prüfung des vorliegenden Einzelfalles durch den Unterzeichner des Schreibens zugrunde, vielmehr enthalte es nur einen allgemeinen Hinweis auf die damals geltende Fachliche Weisung 1/89. Auch aus dem handschriftlichen Zusatz "(Ansonsten Duldung)" folge nichts anderes. Hierfür spreche bereits die Formulierung "bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen". Im übrigen sei die Weisung 1/89 mit Ablauf des Jahres 1990 außer Kraft getreten. Nach der nun einschlägigen Fachlichen Weisung 7/91 komme die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung an ausgewiesene Iraner nicht in Betracht.

Diese Sichtweise hatte das Verwaltungsgericht schon im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens in seinem Beschluss vom 11. September 1992 (10 VG A 2916/ 92) dargelegt; das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hatte sich dem in seinem Beschluss vom 14. Oktober 1992 (OVG Bs VI 75/92) mit der Formulierung "dazu hat das Verwaltungsgericht das Erforderliche ausgeführt" angeschlossen.

Folgt somit aus den Gründen der rechtskräftigen Entscheidung, dass aus dem Schreiben vom 25. Juli 1990 kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung hergeleitet werden konnte, ist diese Frage nicht mehr zu prüfen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 19.10. 2005, 11 S 646/04, juris, Rn. 49 m.w.N.; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 66 Rn. 5).

c) Die Behauptung des Klägers, die Ausländerbehörde habe die Eheschließung des Klägers mit einer deutschen Staatsangehörigen und in der Folge die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung (gezielt) verhindert, indem sie die Ausländerakten nicht an das Standesamt übersendet habe, lässt sich weder aus der vorliegenden Ausländerakte noch aus sonstigen Anhaltspunkten belegen.

aa) Zwar befindet sich in den Ausländerakten des Klägers mehrfach ein als Anlage zu Schriftsätzen des damaligen Bevollmächtigten eingereichter Merkzettel des Standesamtes Hamburg-Altona vom 23. April 1991, wonach "der Termin f. Aufgebot von Herrn M. G. und Frau P. V. auf Montag, den 3.6.1991 ... vereinbart worden" sei. Hingegen enthalten die Akten keine Aufforderung des Standesamtes (oder des Oberlandesgerichts) an die Ausländerbehörde, die Ausländerakten zu übersenden. Auffällig ist allerdings, dass die Ausländerakten in den Monaten vor der Abschiebung des Klägers wegen der Bearbeitung von Gerichtsverfahren (Abschiebungshaft, verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz) und Eingaben (an die Hamburgische Bürgerschaft sowie an den Innensenator) durch zahlreiche Hände gingen und immer wieder gesucht wurden. Immerhin spricht der Umstand, dass das Standesamt den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses am 27. April 1992 dem Hanseatischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt hat (wie sich aus einem in den Akten befindlichen standesamtlichen Schreiben an den Kläger vom 15. Mai 1992 ergibt), eher dafür, dass dem Standesamt die Ausländerakten vorgelegen haben dürften, da Befreiungsanträge regelmäßig erst nach Einsicht in die Ausländerakten weitergeleitet werden. Ob die Ausländerbehörde der Beklagten noch vor der Abschiebung des Klägers davon erfuhr, dass am 22. September 1992 die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses erteilt worden war, ist den Akten wiederum nicht zu entnehmen. Darin befindet sich die Mitteilung des Oberlandesgerichts über die Befreiung erst als Anlage zu einem Schriftsatz vom 12. Oktober 1992, der im Rahmen des damals laufenden ausländerrechtlichen Eilverfahrens (Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 11. September 1992) an das Oberverwaltungsgericht gerichtet und in Abdruck der Beklagten übersandt wurde.

bb) Es ist außerdem äußerst unwahrscheinlich, dass dem Kläger, hätte er noch vor der Abschiebung heiraten können, eine Aufenthaltsgenehmigung oder eine Duldung erteilt worden wäre.

Da der Kläger 1976 ausgewiesen worden war (rechtskräftig seit April 1979), stand § 8 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz AuslG (in der damals geltenden Gesetzesfassung) zwingend der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung entgegen. Der im Juni 1991 gestellte Antrag auf Befristung der Ausweisungswirkung hätte dem Kläger auch im Fall der positiven Bescheidung des Antrags nicht helfen können, da die Frist erst mit der Ausreise begonnen hätte (§ 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG). Aber auch eine Aufenthaltsbefugnis gemäß § 30 Abs. 4 AuslG, seinerzeit die einzige Möglichkeit für die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung trotz bestehender Ausweisung, wäre wohl nicht in Betracht gekommen. So besaß der Kläger schon nicht die nach § 30 Abs. 4 AuslG vorausgesetzte Duldung. Außerdem lag der Regelversagungsgrund des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG vor. Der Kläger war in den Jahren 1979 und 1983 wegen etlicher schwerer Straftaten zweimal zu jeweils drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden; im Jahr 1991 wurde er ferner wegen unerlaubten Munitionsbesitzes zu einer Geldstrafe verurteilt. Ausweisungsgründe, die nach Ergehen einer Ausweisungsverfügung verwirklicht wurden, konnten trotz des Umstandes, dass § 30 Abs. 4 AuslG die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ungeachtet einer ausweisungsbedingten Sperrwirkung ermöglichte, berücksichtigt werden (vgl. zum damaligen Recht Fleuß, ZAR 2000, 60/68).

Der Kläger hätte voraussichtlich auch die Erteilung einer Duldung nicht beanspruchen können. Angesichts der zahlreichen, zum Teil schweren Delikte, häufig unter Gewaltanwendung oder -androhung, hätte Art. 6 Abs. 1 GG einer Aufenthaltsbeendigung nicht zwingend entgegengestanden, zumal die etwaige Eheschließung in Kenntnis der Ausreisepflicht geschlossen worden wäre (vgl. aus damaliger Zeit nur BVerfG, Beschl. v. 18.7.1979, BVerfGE 51, 387 ff.). Ohnehin ist es nicht sicher, dass es im Fall einer Eheschließung zwischen dem Kläger und Frau V. tatsächlich zu einer ehelichen Lebensgemeinschaft gekommen wäre; nur diese wäre durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützt worden. Vor der Inhaftierung und späteren Abschiebung des Klägers lebten dieser und Frau V. soweit ersichtlich nicht zusammen; Frau V. hatte auch keine Möglichkeit, während der Inhaftierung des Klägers dessen Briefkasten zu leeren, wie sich aus einer in den Ausländerakten befindlichen Notiz des Standesamtes Hamburg-Altona von Ende Mai 1992 ergibt. Über ein beabsichtigtes Zusammenleben nach der Eheschließung gibt es keinerlei Ausführungen.

Angesichts dessen kann dahinstehen, dass die Eheschließungsvorbereitungen wohl gar nicht so weit gediehen wären, hätte der Kläger gegenüber der Ausländerbehörde früher eingeräumt, dass er einen iranischen Shenasnameh besitzt. In diesem Fall wäre es aller Voraussicht nach zu einer deutlich früheren Abschiebung des Klägers gekommen.

d) Auch der Hinweis des Klägers, die Abschiebung hätte wegen eines sonst gegebenen Verstoßes gegen die Genfer Flüchtlingskonvention unterbleiben müssen, da ihm als bekennendem Atheisten im Iran Gefahren für Leib oder Leben drohten, lässt die Abschiebung nicht als rechtswidrig erscheinen. Der entsprechende Vortrag war bereits ohne Erfolg Gegenstand des ersten Asylverfahrens gewesen. Im Jahr 1992 berief sich der Kläger erneut hierauf (z.B. in der Petition an die Bürgerschaft vom 5. März 1992 und in der Klagebegründung im Verfahren 10 VG A 2853/92); teilweise bezog er sich dabei ausdrücklich auf § 51 Abs. 1 AuslG. Dieses Vorbringen brauchte die Beklagte aber schon deshalb nicht zu beachten, weil sich der Kläger hiermit konkludent oder sogar ausdrücklich auf politische Verfolgung berief. Für diese Prüfung war aber ab 1. Januar 1991 (Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Ausländerrechts) nur noch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge zuständig (§ 51 Abs. 2 Satz 2 AuslG). Hierauf hat die Beklagte im übrigen in einem an das Verwaltungsgericht gerichteten Schriftsatz vom 27. August 1992 im Klageverfahren 10 VG A 2853/92 hingewiesen, so dass dem auch damals anwaltlich vertretenen Kläger die Notwendigkeit, wegen dieses Vorbringens ggf. einen neuen Asylantrag beim Bundesamt stellen zu müssen, bekannt gewesen sein musste.

3. Gegen die Höhe der Kostenforderung bestehen (nach der Herausnahme von Personalkosten für Bedienstete der Ausländerbehörde in Höhe von 478,62 Euro) keine Bedenken.

a) Die Erstattungsforderung hinsichtlich der für die Beförderung des Klägers angefallenen und durch Rechnungen belegten Kosten der Bahnfahrt von Hamburg nach Frankfurt/Main und des Fluges von Frankfurt/Main nach Teheran ist von § 83 Abs. 1 Nr. 1 AuslG (§ 67 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) gedeckt.

b) Unter § 83 Abs. 1 Nr. 3 AuslG (§ 67 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG) fallen sowohl die Kosten für die Bahnfahrt der drei Begleitpersonen von Hamburg nach Frankfurt/Main sowie die Rückflugkosten, die jeweils durch Rechnungen belegt sind. Ebenso können hiernach die durch die Begleitung des Klägers nach Frankfurt/Main entstandenen Personalkosten dem Kläger auferlegt werden, wie sich aus deren ausdrücklicher Nennung in der Vorschrift ergibt; der hierfür angesetzte Betrag hält sich in dem von § 83 Abs. 4 Satz 2 AuslG (§ 67 Abs. 3 Satz 2 AufenthG) bestimmten Rahmen. Hierzu gehört auch das reisekostenrechtliche Tagegeld der Begleiter in Höhe von 3 x 25 DM (75 DM = 38,34 Euro), berechnet gemäß dem damals geltenden § 9 Abs. 1 HmbRKG (Betrag nach dem Änderungsgesetz vom 29.4.1986, HmbGVBl. S. 79).

Diese Kosten waren auch "erforderlich". Aufgrund der erheblichen strafrechtlichen Vorbelastung des Klägers, wiederholt auch in Form von Gewalttaten, und der langen Abschiebehaft war damit zu rechnen, dass sich der Kläger u.U. auch mit Gewalt seiner Abschiebung widersetzen würde. Diese Gefahr hat sich auf der Bahnfahrt auch realisiert, wie dem Vermerk vom 5. Oktober 1992 über den Verlauf der Abschiebung zu entnehmen ist; die drei Begleitbeamten mussten gegen den randalierenden Kläger Zwangsmittel einsetzen und erlitten dabei leichte Verletzungen.

c) Die Kosten, die für die Benutzung des Dienst-Kfz für den Weg von der Ausländerbehörde zur Haftanstalt, weiter zum Bahnhof und retour angefallen sind, fallen unter § 83 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AuslG (§ 67 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AufenthG).

d) Die Abschiebehaftkosten in Höhe von 13.945,46 Euro können dem Kläger dem Grunde nach und auch in der angesetzten Höhe auferlegt werden. Gemäß § 83 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 Satz 1 AuslG (§ 67 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 AufenthG) sind die Kosten erstattungsfähig, die tatsächlich entstanden sind und erforderlich waren (BVerwG, Urt. v. 14.6.2005, BVerwGE 124, 1/8 ff.).

Die Beklagte hat, der soeben genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht folgend, nur die Kosten für Abschiebehäftlinge zugrundegelegt, die gegenüber den Kosten für Strafgefangene im Justizvollzug niedriger sind. Der Höhe nach hat sie den in einem Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. November 2001 (22 VG 702/98, juris, Rn. 38 f.) für das Jahr 1995 zugrundegelegten Tageshaftsatz für Abschiebungshaftgefangene in Höhe von 125,12 DM (umgerechnet 63,97 Euro) angesetzt. Hiergegen bestehen keine Einwände.

Es ist auch gerechtfertigt, dem Kläger die Kosten für die gesamte Dauer der Abschiebehaft (218 Tage) aufzuerlegen. Diese war insgesamt durch Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg gemäß §§ 57 Abs. 2, § 103 Abs. 2 AuslG i.V.m. dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (FEVG) gedeckt, deren sofortige Wirksamkeit jeweils gemäß § 8 Satz 2 FEVG angeordnet worden war. Das Amtsgericht bejahte die vollziehbare Ausreisepflicht des Klägers und stellte jeweils darauf ab, dass für die Abschiebung noch ein Passersatzpapier besorgt werden müsse und der Kläger nicht bereit sei, an der Beschaffung mitzuwirken. Gegen den ersten Beschluss hatte der Kläger sofortige Beschwerde erhoben, die das Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 12. März 1992 zurückwies. Die Weigerung, an der Beschaffung von Passersatzpapieren mitzuwirken, belege, dass sich der Kläger ggf. der Abschiebung entziehen werde. Die Angemessenheit der Abschiebehaftdauer wurde bis zuletzt aufgrund § 57 Abs. 3 AuslG bestätigt.

Es mag dahinstehen, ob eine Prüfung der Frage, ob die Dauer der Abschiebehaft auf einer richtigen Sachbehandlung im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 VwKostG beruht, angesichts der Beschlüsse des Amtsgerichts Hamburg im vorliegenden Verfahren überhaupt noch veranlasst ist (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 19.10.2005, 11 S 646/04, juris, Rn. 49). Jedenfalls lässt sich nicht feststellen, dass die Abschiebehaft wegen ihrer Dauer ganz oder teilweise rechtswidrig gewesen ist. Der Kläger war bereits bei seiner Festnahme am 25. Februar 1992 vollziehbar ausreisepflichtig; dies wurde bereits oben unter 2.2.a) ausgeführt. Es bestehen auch keine Zweifel, dass der Kläger nicht bereit war, sich einer Abschiebung zu stellen. Der Umstand, dass der Kläger sich weigerte, an der Beschaffung eines Passes oder Passersatzpapieres mitzuwirken, ließ die Anordnung der Sicherungshaft nicht gemäß § 57 Abs. 2 Satz 4 AuslG unzulässig werden. Im Jahr 1992 war es - wie sich beim Kläger schließlich auch gezeigt hat - noch möglich, iranische Staatsangehörige ohne Pass oder Heimreisedokument und nur mit deren Standesregisterausweis (Shenasnameh) und einem deutschen Ausreisedokument abzuschieben. Erst in späteren Jahren veränderte der Iran seine (auch gegenwärtig geübte) Haltung dahin, dass iranische Staatsangehörige nur mit iranischem Heimreisedokument einreisen dürfen; ein solches Dokument bekommt ein im Ausland lebender Iraner aber nur dann, wenn er erklärt, freiwillig in den Iran zurückkehren zu wollen. Die derzeitige Rechtsprechung etlicher Oberlandesgerichte zur Unzulässigkeit der Anordnung von Abschiebungshaft bei Iranern, die sich weigern, die sogenannte Freiwilligkeitserklärung abzugeben (vgl. nur OLG Köln, Beschl. v. 10.2.2006, NVwZ-RR 2007, 133), ist daher für den vorliegenden Fall wegen anderer tatsächlicher Verhältnisse im Jahr 1992 nicht einschlägig.

Die Dauer der Abschiebehaft beruhte allein auf der fehlenden Bereitschaft des Klägers, an der Beschaffung bzw. Vorlage von für seine Abschiebung erforderlichen Dokumenten mitzuwirken (siehe § 57 Abs. 3 Satz 2 AuslG). Bereits wenige Tage nach der Inhaftierung des Klägers hatte sich das Einwohner-Zentralamt an das iranische Generalkonsulat wegen der Ausstellung eines Passersatzpapiers für den Kläger gewandt. Dieses übersandte kurz darauf ein vom Kläger auszufüllendes Antragsformular und teilte mit, welche zusätzlichen Dokumente oder Angaben beizufügen seien. Der Kläger verweigerte jedoch jegliche Mitwirkung. Die Abschiebungsvorbereitungen wurden schließlich innerhalb weniger Tage getroffen, nachdem ein Mitarbeiter der Ausländerbehörde bei einer Einsichtnahme in die Sammelakte des Standesamtes den Shenasnameh des Klägers gefunden hatte.

4. Der Kostenfestsetzungsbescheid ist nicht wegen fehlender Ermessensbetätigung rechtswidrig. Die Beklagte brauchte im vorliegenden Fall keine Ermessensentscheidung zu treffen, ob und ggf. in welcher Höhe sie die Kosten vom Kläger erhebt.

a) Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 24. November 1998 (BVerwGE 108, 1 ff. = NVwZ 1999, 779/782 f.) anlässlich eines Falls nach § 84 AuslG (jetzt § 68 AufenthG) - Haftung für Lebensunterhalt - folgendes ausgeführt:

"Die Frage, ob die anspruchsberechtigte öffentliche Stelle den Verpflichteten heranzuziehen hat oder unter welchen Voraussetzungen sie davon absehen kann, ist in § 84 AuslG nicht geregelt. Insbesondere läßt sich aus der Bestimmung der gesetzlichen Folgen einer Verpflichtungserklärung in § 84 Abs. 1 AuslG (Begründung eines Erstattungsanspruchs) nicht ableiten, daß die zuständige Stelle ausnahmslos verpflichtet wäre, einen danach gegebenen Erstattungsanspruch geltend zu machen. Eine Verweisung auf einschlägige Vorschriften in anderen Rechtsgebieten wie etwa im Abgabenrecht fehlt. Diese (unbeabsichtigte) Regelungslücke kann unter Heranziehung allgemeiner Rechtsgrundsätze geschlossen werden.

Das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und das Gebot, bei der Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten (vgl. § 6 Abs. 1 HGrG), verlangen in der Regel, daß die öffentliche Hand ihr zustehende Geldleistungsansprüche durchzusetzen hat (...). Die Rechtsordnung sieht aber zugleich, wenn auch rechtstechnisch in unterschiedlichen Ausformungen, durchweg vor, daß von dieser Regel bei Vorliegen atypischer Gegebenheiten abgewichen werden kann. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß die strikte Anwendung der Gesetze Folgen haben kann, die vom Gesetzgeber nicht gewollt sind und mit den Grundsätzen der Gerechtigkeit und der Verhältnismäßigkeit, insbesondere der Rücksichtnahme auf die individuelle Leistungsfähigkeit nicht vereinbar wären. Zu erwähnen sind zunächst die im Abgabenrecht (vgl. insbesondere §§ 163, 227 AO; § 135 Abs. 5 BauGB) vorgesehenen Billigkeitsentscheidungen. Vor allem aber sind Rückforderungs- und Erstattungsansprüche typischerweise von Ermessensentscheidungen abhängig, bei denen auf die Umstände des Einzelfalls einzugehen ist (vgl. § 87 Abs. 2 Satz 3 BBG; § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG; § 52 Abs. 2 Satz 3 BeamtVG; ... §§ 48, 49, 49a VwVfG; ... §§ 45, 47, 50 Abs. 2 SGB X; ... § 92a Abs. 1 Satz 2 BSHG). Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, ist danach nicht den vollstreckungsrechtlichen Instrumenten der Stundung, der Niederschlagung und des Erlasses vorbehalten (vgl. § 31 Abs. 2 HGrG; § 59 BHO), vielmehr bereits bei der Geltendmachung der Forderung von rechtlicher Bedeutung.

Diese Grundsätze sind auf den Erstattungsanspruch nach § 84 Abs. 1 AuslG zu übertragen, weil der ihnen gemeinsame Rechtsgedanke auch hier Geltung beansprucht."

In diesen Ausführungen haben verschiedene Obergerichte einen allgemeinen Rechtsgedanken gefunden, der auch im Rahmen der hier streitgegenständlichen Erstattung von Abschiebungskosten nach § 82 Abs. 1 AuslG bzw. § 66 Abs. 1 AufenthG Geltung beanspruche (vgl. BayVGH, Urt. v. 15.12.2003, InfAuslR 2004, 252/254 f.; OVG Hamburg, Beschl. v. 21.6.2007, 4 Bf 56/06; wohl auch VGH Mannheim, Beschl. v. 7.3.2006, Inf-AuslR 2006, 387/388, der allerdings nur ausführt, der dortige Zulassungsantrag lege nicht dar, dass und warum für die Heranziehung von Ausländern nach § 82 AuslG insofern andere Grundsätze gelten sollen als für die Erstattungsfälle nach § 84 AuslG). Allerdings lassen einige Obergerichte die Frage der Übertragbarkeit der vom Bundesverwaltungsgericht zu § 84 AuslG entwickelten Rechtsprechung auf die Kostentragungspflicht des § 82 AuslG ausdrücklich offen (OVG Koblenz, Urt. v. 27.7.2006, AuAS 2007, 17/18; VGH Mannheim, Urt. v. 19.10.2005, 11 S 646/04, juris, Rn. 57).

Die vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ebenfalls zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Münster (Beschl. v. 20.2.2001, DVBl. 2001, 1012) und des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim (Beschl. v. 25.2.2002, AuAS 2002, 111/113) ergingen zu § 82 Abs. 5 Satz 1 AuslG bzw. dessen Vorgängervorschrift; hierbei handelt es sich aber bereits von Gesetzes wegen um eine Ermessensvorschrift, so dass diese Entscheidungen für die Frage, ob die zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Heranziehung des Ausländers zu den Abschiebungskosten übertragen werden kann, nicht aussagekräftig sind.

Soweit die Kommentar-Literatur das Problem überhaupt anspricht, beschränkt sie sich auf einen Hinweis auf die Rechtsprechung, wonach in atypischen Situationen von der Geltendmachung der Forderung abgesehen werden könne (siehe Hailbronner, Ausländerrecht, § 66 AufenthG Rn. 2; Funke-Kaiser in GK-AufenthG, § 66 AufenthG Rn. 33.1; Eberle in Storr/Wenger/Eberle/Albrecht/Harms/Kreuzer, Kommentar zum Zuwanderungsrecht, 2. Aufl. 2008, § 66 AufenthG Rn. 3; Geyer in Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, 2008, § 66 AufenthG Rn. 10).

b) Das erkennende Gericht hat erhebliche Bedenken, die in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 1998 niedergelegten Grundsätze auf die Heranziehung des Ausländers zu den Kosten seiner Abschiebung zu übertragen.

So ist bereits der Gesetzeswortlaut von § 84 AuslG (§ 68 AufenthG) einerseits und §§ 82 Abs. 1, 83 Abs. 1 und 4 AuslG (§§ 66 Abs. 1, 67 Abs. 1 und 3 AufenthG) andererseits unterschiedlich. Im ersten Fall heißt es, wer sich (u.a.) der Ausländerbehörde gegenüber zur Tragung der Lebensunterhaltskosten eines Ausländers verpflichtet habe, habe sämtliche öffentlichen Mittel zu erstatten, die für den Lebensunterhalt des Ausländers ... aufgewendet werden. Dagegen bestimmt § 83 Abs. 4 Satz 1 AuslG (§ 67 Abs. 3 Satz 1 AufenthG): "Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Kosten werden ... durch Leistungsbescheid in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten erhoben." Hier sind sowohl die Erhebungspflicht ("werden erhoben") als auch der Leistungsumfang ("in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten") unzweideutig festgelegt. Betrachtet man außerdem die Fallgestaltung, die der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 1998 zugrunde lag, wird deutlich, dass die auf dieser Grundlage getroffene Aussage einer Verallgemeinerung und damit einer Übertragung auf die hier vorliegende Fallgestaltung, wo der einstmals abgeschobene Ausländer die Kosten seiner Abschiebung tragen soll, nicht zugänglich ist. So geht es bei der Haftung für den Lebensunterhalt eines Ausländers um Umstände, die der Sich-Verpflichtende nur begrenzt oder gar nicht selbst beeinflussen kann, während der abgeschobene Ausländer die Kosten zu tragen hat, die er durch eigenes Tun oder Unterlassen (z.B. Nicht-Befolgen der Ausreisepflicht; Nicht-Mitwirkung an der Beschaffung von Ausreisepapieren, Gefährlichkeit als Grund für Begleitmaßnahmen) verursacht hat. Hinzu kommt, dass eine Verpflichtungserklärung in aller Regel vor der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung abgegeben wird, so dass sie im Rahmen einer gründlichen Prüfung oder jedenfalls im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens abgegeben wird, bei der die Behörde auch prüfen kann, ob die Verpflichtung überhaupt ansatzweise erfüllt werden kann; ist dies umfassend geschehen, stellt die Erstattungsforderung in voller Höhe grundsätzlich den Regelfall dar. Dagegen stellt sich das Problem der Abschiebung und der damit verbundenen Kosten häufig ohne Zutun der Ausländerbehörde durch die bloße Anwesenheit eines Ausländers, der keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt oder erhalten kann.

Zu Recht weist die Beklagte auch darauf hin, dass sich in den Entscheidungen das Bundesverwaltungsgerichts zu Abschiebungskosten bisher keine Hinweise finden, wonach die Grundsätze aus dem Urteil vom 24. November 1998 auch hierfür anwendbar sein könnten. Im Gegenteil scheint das Gericht in seinem Abschiebungskosten betreffenden Urteil vom 14. Juni 2005 (BVerwGE 124, 1/9 f.) einer Übertragung der Grundsätze der damaligen Entscheidung eher ablehnend gegenüber zu stehen, weil es die Entscheidung vom 24. November 1998 nicht einmal erwähnt. Dort ging es u.a. um die Frage, in welcher Höhe Abschiebungshaftkosten vom Ausländer verlangt werden können. Der Wortlaut des § 83 Abs. 4 Satz 1 AuslG (jetzt § 67 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) berechtige zur Erhebung dieser Kosten in der tatsächlich entstandenen Höhe. Weiter heißt es (Unterstreichung nicht im Original):

"Neben dem Wortlaut von § 83 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 Satz 1 AuslG spricht auch der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck für eine Verpflichtung der Kostenschuldner zur Erstattung der Haftkosten in tatsächlicher Höhe. ... Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum diesem gesetzgeberischen Zweck zuwider die Allgemeinheit einen Teil dieser Kosten, nämlich die gesamten Haftkosten oder jedenfalls den ganz überwiegenden Teil dieser Kosten, tragen soll. ...[Ausführungen zum Haftkostenbeitrag] ... Dies bestätigt, dass der Gesetzgeber in § 83 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 AuslG eine abschließende, spezielle Kostenerhebungsregelung auch für die Haftkosten getroffen hat. Denn wenn der Gesetzgeber die Kosten für die Abschiebungshaft in § 83 Abs. 1 Nr. 2 AuslG dem Grunde nach den zu erstattenden Kosten der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung zuordnet, geht er ersichtlich davon aus, dass die Kosten bei angeordneter Abschiebungshaft auch der Höhe nach berechnet und typischerweise erhoben werden können. Soweit die Pflicht zur Erstattung der Haftkosten wegen ihrer Höhe etwa zu einer faktischen Einreisesperre führt, ist deren Verhältnismäßigkeit bei der Entscheidung über die Wiedereinreise zu prüfen, steht aber der Erhebung dieser Kosten nach § 83 Abs. 4 AuslG als Folge der Abschiebungsentscheidung nicht entgegen."

Der Entscheidung vom 14. Juni 2005 ist ein weiteres Indiz dafür zu entnehmen, dass die Rechtsprechung zum Ermessen nicht auf die Fälle zu übertragen ist, in denen der Ausländer zu den Kosten seiner Abschiebung herangezogen wird: Das Bundesverwaltungsgericht hat den dortigen Rechtsstreit wegen der Notwendigkeit weiterer Ermittlungen zurückverwiesen und dabei (zu diesem Punkt) nur Ermittlungen zur Höhe der erstattungsfähigen Haftkosten für Abschiebungshäftlinge verlangt. Es hat aber trotz der im konkreten Fall ebenfalls beträchtlichen Forderungshöhe dem dortigen Berufungsgericht nicht die Prüfung aufgegeben, ob angesichts der Umstände des vorliegenden Falles ein atypischer Fall vorliege, der eine Ermessensentscheidung darüber erfordere, ob und ggf. in welchem Umfang die Kostenerstattung verlangt werden kann. Gerade auch in diesem Zusammenhang gewinnt der oben zitierte Satz seine Bedeutung, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung bezüglich der Pflicht zur Erstattung auch sehr hoher Haftkosten - nach hiesigem Verständnis: erst - bei der Entscheidung über die Wiedereinreise zu prüfen sei.

Eine Notwendigkeit, bereits im Heranziehungsverfahren Ermessen auszuüben, besteht auch deshalb nicht, weil der betroffene Ausländer durch haushaltsrechtliche Instrumente wie Stundung, Erlass oder Niederschlagung der Forderung (§ 59 der Landeshaushaltsordnung) sowie durch Pfändungsfreigrenzen hinreichend vor einer unzumutbaren Belastung geschützt ist.

c) Aber selbst wenn man annähme, auch bei der Kostenerstattung für Abschiebungskosten durch den Ausländer bestehe in atypischen Fällen bereits in der Heranziehungsphase die Notwendigkeit einer Ermessensbetätigung, würde dies nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führen, da hier kein atypischer Ausnahmefall vorliegt. Dies würde voraussetzen, dass der Fall aufgrund seiner Besonderheiten derart stark von dem der Norm zugrunde liegenden Regelfall abwiche, dass ihre Anwendung den Zielen der Norm und ihrer Interessenbewertung nicht mehr gerecht würde. Dies ist aber nicht der Fall.

Das Bundesverwaltungsgericht führt in seinem Urteil vom 24. November 1998 (a.a.O.) zur Abgrenzung von Regelfall und Ausnahmefall unter den Gegebenheiten des damaligen Falles aus:

"Ein Regelfall wird vorliegen, wenn die Voraussetzungen der Aufenthaltsgenehmigung einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten im Verwaltungsverfahren voll und individuell geprüft worden sind und nichts dafür spricht, daß die Heranziehung zu einer unzumutbaren Belastung des Verpflichteten führen könnte. Hingegen hat die erstattungsberechtigte Stelle bei atypischen Gegebenheiten im Wege des Ermessens zu entscheiden, in welchem Umfang der Anspruch geltend gemacht wird und welche Zahlungserleichterungen dem Verpflichteten etwa eingeräumt werden. Wann in diesem Sinne ein Ausnahmefall vorliegt, ist anhand einer wertenden Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden und unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung. Die zu den erwähnten haushalts- und abgabenrechtlichen Billigkeitsvorschriften entwickelten Fallgruppen sachlicher und persönlicher Härte (...) können einen Anhalt dafür bieten. Im übrigen ist unter Würdigung vornehmlich der Umstände, unter denen die jeweilige Verpflichtungserklärung abgegeben worden ist, zu klären, ob die Heranziehung zur vollen Erstattung der Aufwendungen gemäß § 84 Abs. 1 AuslG namentlich im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist oder ob es weiterer Erwägungen bedarf, um zu einem angemessenen Interessenausgleich zu gelangen."

Diese zu § 84 AuslG ausgeführten Überlegungen - dort werden Kosten von der Person verlangt, die eine Verpflichtungserklärung abgegeben hat - rechtfertigen nicht die Annahme einer Atypik im vorliegenden Fall, bei dem die Kosten vom abgeschobenen Ausländer verlangt werden. Hier gibt es keine vorangegangene volle und individuelle Prüfung, ob die Voraussetzungen der Aufenthaltsgenehmigung einschließlich der finanziellen Belastbarkeit des Verpflichteten vorliegen (so aber wohl VGH München, Urt. v. 15.12.2003, InfAuslR 2004, 252/255). Letztlich laufen die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs München und gerade auch das hier angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts darauf hinaus, einzig die Höhe der Kostenforderung den persönlichen Verhältnissen des Kostenschuldners bei Erhalt des Bescheides gegenüberzustellen und einen atypischen, zur Ermessensbetätigung nötigenden Fall schon dann anzunehmen, wenn die Kostenforderung sehr hoch und der Betroffene nicht leistungsfähig ist. Das geschieht gerade auch im angefochtenen Urteil ohne nähere Begründung, insbesondere ohne nähere Erörterung, wie es zu den sehr hohen Kosten gekommen ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Urteil vom 24. November 1998 (a.a.O.) einen atypischen Fall unter den ganz bestimmten, im dortigen Urteil ausführlich dargestellten Umständen der Aufnahme bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge angenommen:

- Aufnahme bosnischer Bürgerkriegsflüchtlinge als öffentliche Angelegenheit im Gegensatz zu sonst allein oder überwiegend privaten Gründen als Anlass für eine Verpflichtungserklärung;

- die mit der Aufnahme verbundenen Lasten und Risiken sollten auch von der öffentlichen Hand getragen werden (Verzicht auf Nachweis von Krankenversicherungsschutz; Öffnung des Arbeitsmarktes für Bosnienflüchtlinge);

- wegen unbestimmter Aufenthaltsdauer Risiko, sich zu Erstattungen in kaum abschätzbarer Höhe zu verpflichten;

- bei ausländerrechtlicher Entscheidung bewusstes Offenlassen der Prüfung, inwieweit vom Verpflichtungsgeber Erstattungen verlangt werden können;

- somit gewissermaßen Mitübernahme des mit der Flüchtlingsaufnahme verbundenen Kostenrisikos durch die zuständigen Behörden.

Dies zeigt, dass weder die Forderungshöhe allein noch der Vergleich zwischen Forderungshöhe und (aktueller) Leistungsfähigkeit des Verpflichteten ausreichen, um einen atypischen Fall anzunehmen, der eine Ermessensbetätigung erfordern kann. Wenn das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil entscheidend auf die Umstände abstellt, unter denen die jeweilige Verpflichtungserklärung abgegeben worden ist, so wäre im vorliegenden Fall auf die Umstände abzustellen, die zur konkreten Forderungshöhe geführt haben. Zu den hohen Abschiebehaftkosten, dem einzigen Posten, bei dem hier allenfalls Anlass zu näherer Prüfung bestehen könnte, ist es allein aufgrund der Weigerung des Klägers gekommen, an der Beschaffung von Ausreisepapieren mitzuwirken bzw. seinen Shenasnameh vorzulegen (siehe hierzu oben unter 3.d). Auch die übrigen Posten hat der Kläger durch eigenes Verhalten (Gefährlichkeit, zu erwartende Widerstandshandlungen) verursacht und war hierfür selbst voll verantwortlich.

Die vom Kläger für das Vorliegen eines atypischen Falles angeführten Umstände (schwere Krebserkrankung; lange Dauer zwischen Abschiebung und Erlass des Kostenbescheides) greifen nicht durch. Die erstmals im Januar 2007 vorgetragene Krebserkrankung hat keinen Bezug zum Entstehen und zur Höhe der Kostenforderung. Sie wäre allenfalls bei Vorliegen eines atypischen Falles als Material in die Ermessensbetätigung einzustellen gewesen, kann aber ihrerseits keinen Ausnahmefall begründen. Die Dauer zwischen Abschiebung und Kostenfestsetzung ist allein unter den Gesichtspunkten der Verjährung bzw. Verwirkung zu würdigen (siehe hierzu oben unter 1.).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 und 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Zwar entspricht es der Billigkeit, hinsichtlich des erledigten Teils des Rechtsstreits der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da sie auf einen gerichtlichen Hinweis hin eine Kostenposition nicht mehr geltend macht. Da der erledigte Teil indes weniger als 3 % der Kostenforderung umfasst, werden die Kosten dem Kläger insgesamt auferlegt.

Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO

Ein Anlass, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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