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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 05.12.2008
Aktenzeichen: 5 Bf 45/07.AZ
Rechtsgebiete: AsylVfG, AufenthG


Vorschriften:

AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 1
AufenthG § 60 Abs. 1
Die Frage, ob auf (Blut-)Rache zurückgehende Bedrohungen politische Verfolgung im Sinn von § 60 Abs. 1 AufenthG darstellen können, lässt sich nicht grundsätzlich klären. Für die Einordnung als politische Verfolgung ist nicht das Motiv (Rache) der Bedrohung maßgeblich; entscheidend ist, ob die Rachemaßnahmen an asylerhebliche Merkmale anknüpfen.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

5 Bf 45/07.AZ

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, 5. Senat, durch die Richter Prof. Dr. Ramsauer, Probst und Engelhardt am 5. Dezember 2008 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten, die Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten trägt die außergerichtlichen Kosten des Zulassungsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:

I.

Das Verwaltungsgericht Hamburg hat die Beklagte mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 15. November 2006 verpflichtet festzustellen, dass der Kläger, ein afghanischer Staatsangehöriger, die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG erfüllt. Ihm drohe als ehemaligem kommunistischem Oberst eine Verfolgung nach § 60 Abs. 1 Buchst. c AufenthG; der afghanische Staat sei nicht in der Lage, den Kläger als herausgehobenen ehemaligen Zugehörigen der kommunistischen Militärelite vor Übergriffen durch nichtstaatliche Akteure zu schützen. Das Verwaltungsgericht legte Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes (Afghanistan-Lagebericht, Stand Mai 2006, Auskunft vom 4. Mai 2004) sowie ein vom Kläger eingereichtes Privatgutachten des Journalisten Dr. Danesh vom 28. April 2006 zugrunde, das sich auf den ersten sieben Seiten speziell mit dem Kläger befasst.

Mit seinem Zulassungsantrag erstrebt der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten (im folgenden: der Bundesbeauftragte) die Zulassung der Berufung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Er hält zwei Tatsachenfragen und eine Rechtsfrage für grundsätzlich klärungsbedürftig.

II.

Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus den Darlegungen des Bundesbeauftragten ergibt sich nicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG hat.

1. Der Bundesbeauftragte hält folgende Tatsachenfragen für grundsätzlich klärungsbedürftig:

"ob bzw. unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Wahrscheinlichkeitsgrad derzeit noch eine Verfolgungsgefahr für - kurz gefasst - frühere kommunistische Funktionäre, namentlich für Militärangehörige, festzustellen ist;"

"ob eine solche Gefährdung maßgeblich davon abhängt, dass die frühere Tätigkeit des Rückkehrers mit begangenen Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang steht."

Die gestellten Fragen mögen zwar vom Ansatz her einer grundsätzlichen Klärung zugänglich und auch in geeigneter Weise bezeichnet sein. Der Bundesbeauftragte legt jedoch nicht hinreichend dar, weshalb diese Fragen weiterer Klärung bedürfen. Die vorhandene Auskunftslage stimmt im Kern überein und wird zudem im angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.

Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit gehört ein Hinweis darauf, dass und weshalb die bezeichnete Frage einer obergerichtlichen Klärung bedarf. Dies hat in Auseinandersetzung mit den vom Verwaltungsgericht herangezogenen und bewerteten Erkenntnismitteln zu geschehen, da eine Frage, die sich schon hinreichend klar aus den vorliegenden Erkenntnismitteln beantworten lässt, nicht mehr klärungsbedürftig ist (Berlit in GK-AsylVfG, Stand Juni 2008, § 78 Rn. 607, 609 m.w.N.; Marx, AsylVfG, 7. Aufl. 2009, § 78 Rn. 98). Es ist im einzelnen anzugeben, welche Anhaltspunkte für eine andere Tatsacheneinschätzung bestehen. Das kann durch eine eigenständige Bewertung der bereits vom Verwaltungsgericht bewerteten Erkenntnismittel geschehen, aber auch durch Berufung auf weitere, neue oder vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Erkenntnismittel (Berlit, a.a.O., Rn. 610; Marx, a.a.O., Rn. 99).

Das Verwaltungsgericht gibt in seinem Urteil unter dem Einleitungssatz "Das Gericht geht dabei von folgenden Erkenntnissen aus:" den Inhalt der von ihm zugrunde gelegten Erkenntnismittel des Auswärtigen Amtes (Afghanistan-Lagebericht vom 13.Juli 2006 [Stand Mai 2006], S. 9 und 17 sowie Auskunft vom 4. Mai 2004) wieder. Darin sind genau die Erkenntnisse enthalten, die der Bundesbeauftragte für zutreffend hält, nämlich:

- Es gebe keine Anhaltspunkte, dass eine (gezielte) Verfolgung ehemaliger Kommunisten durch die afghanische Übergangsregierung stattfindet.

- Lediglich bei ehemals hochrangigen kommunistischen Militärangehörigen könne eine Gefährdung als Reaktion auf frühere Aktivitäten (Menschenrechtsverletzungen) nicht ausgeschlossen werden.

Die im Rechtsmittelschriftsatz zusätzlich angeführten Erkenntnisquellen bestätigen dies und weichen hiervon nicht ab. Eine Klärungsbedürftigkeit der Tatsachenlage ist hieraus nicht herzuleiten.

Der Bundesbeauftragte versucht darzulegen, dass das Verwaltungsgericht die von ihm herangezogenen Erkenntnisquellen abweichend interpretiere und zwar dahin, dass für eine Verfolgungsgefahr eine herausgehobene Stellung als hoher Militär des kommunistischen Regimes genüge und nicht verlangt werde, dass Menschenrechtsverletzungen begangen worden seien (a); außerdem entnehme das Verwaltungsgericht den herangezogenen Quellen eine "beachtliche" Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgungsgefahr anstelle lediglich einer "nicht auszuschließenden" Gefahr (b).

Es erscheint bereits als sehr zweifelhaft, ob die grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit einer Tatsachenfrage mit einer als unzutreffend erachteten Subsumtion des konkreten Lebenssachverhalts unter die Erkenntnislage begründet werden kann; hiermit dürfte die Grenze zu dem im Asylrecht nicht gegebenen Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils überschritten sein. Davon abgesehen überzeugt auch die vom Bundesbeauftragten vorgenommene Interpretation des angefochtenen Urteils nicht.

a) Der Bundesbeauftragte unterstellt dem Verwaltungsgericht zu Unrecht, dass es allein schon die Zugehörigkeit des Klägers zur "Gruppe ehemaliger kommunistischer Militärs" (Urteil Seite 7) für die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus nach § 60 Abs. 1 AufenthG ausreichen lässt und die Frage der "Menschenrechtsverletzungen" ausblendet. Das Verwaltungsgericht geht vielmehr davon aus, dass der Kläger "aufgrund seines intensiven Einsatzes gegen die Mudschaheddin" gefährdet sei (Urteil Seite 8 Mitte). Dabei dient die Passage, der Kläger sei "bereits aufgrund seines intensiven Einsatzes gegen die Mudschaheddin" als stark gefährdeter "herausragender Militär" der kommunistischen Zeit anzusehen, zur Abgrenzung einer etwaigen Gefährdung durch Herrn Dostum (siehe den Klammertext im 3. Absatz von Seite 8 des Urteils). Im übrigen begründet das Verwaltungsgericht seine Entscheidung unter Bezugnahme auf das Danesh-Gutachten vom 28. April 2006 damit, der Kläger geriete bei einer Rückkehr nach Afghanistan "aufgrund seiner militärischen Erfolge, die zwangsläufig mit der Tötung zahlreicher Menschen einherging," auch heute noch in Lebensgefahr.

Diese Passage, verbunden mit Ausführungen in dem in Bezug genommenen Danesh-Gutachten, macht auch deutlich, dass das Verwaltungsgericht nur scheinbar von den Ausführungen des Afghanistan-Lageberichts abweicht, wenn es in seinem Urteil bei der Darlegung der von ihm zugrunde gelegten Erkenntnislage schreibt, eine Gefährdung herausragender Militärs der kommunistischen Zeit durch Teile der Bevölkerung könne "als mögliche Reaktion auf frühere Aktivitäten (insbesondere Menschenrechtsverletzungen)" nicht ausgeschlossen werden, während das Auswärtige Amt formuliert: "... als mögliche Reaktion auf frühere Menschenrechtsverletzungen". In dem Gutachten schreibt Dr. Danesh, die Mudjaheddin würden allen ehemaligen Kommunisten pauschal die Zerstörung des Landes und hunderttausendfachen Mord vorwerfen (Seite 5); die Mudjaheddin sprächen bei den von ihnen erlittenen Verlusten von Menschenrechtsverletzungen oder Mord (Seite 7). Somit geht auch das Verwaltungsgericht erkennbar von einer Gefährdungslage bei der Kombination der Kriterien "herausragender Militärangehöriger der kommunistischen Zeit" und "Menschenrechtsverletzung" aus. Im Zulassungsantrag wird nicht ausgeführt, dass das Kriterium "Menschenrechtsverletzung" in einem bestimmten Sinn verstanden werden müsse. Ohnehin wird es fernliegend sein zu unterstellen, Mudjaheddin würden nur dann Rachakte verüben, wenn dem Opfer Menschenrechtsverstöße nach westlicher Lesart dieses Begriffs vorgeworfen würden.

b) Auch der Versuch des Bundesbeauftragten zu belegen, dass das Verwaltungsgericht den Auskünften einen anderen Wahrscheinlichkeitsgrad für eine Verfolgung entnimmt, als er ihn aus den Auskünften herausliest, ist nicht geeignet, die grundsätzliche Klärungsbedürftigkeit einer Tatsachen darzulegen.

Das Verwaltungsgericht schreibt auf Seite 6 seines Urteils mehrfach, es entnehme den Auskünften, dass unter bestimmten Umständen eine Verfolgungsgefahr "nicht ausgeschlossen werden könne". Wenn es dann im weiteren ohne jede Ausführung zu einer etwaigen (vor)verfolgungsbedingten Flucht und ohne allgemeine Ausführungen zum hier anzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab eine Verfolgungsgefahr für den Kläger bejaht, liegt darin nicht eine klärungsbedürftige Auslegung der Erkenntnisquellenlage. Allenfalls könnte darin eine unklare Rechtsanwendung liegen, die aber als solche nicht mit einem eigenen Zulassungsgrund gerügt ist.

Daneben hinge die Entscheidung im konkreten Fall auch nicht von einer grundsätzlichen Klärung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes für eine Verfolgungsgefahr ab, da auch bei einer - allgemein - lediglich nicht auszuschließenden Gefahrenlage eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit im konkreten Fall bestehen kann (z.B. aufgrund von Recherchen zum Einzelfall). Das Urteil des Verwaltungsgerichts lässt sich durchaus in diesem Sinn verstehen. Es legt, gestützt auch auf das vom Kläger vorgelegte Danesh-Gutachten, der Sache nach dar, dass der Kläger aufgrund seines "intensiven Einsatzes gegen die Mudjaheddin" als "herausragender Militär" der kommunistischen Zeit anzusehen sei und bezeichnet ihn deshalb an mehreren Stellen des Urteils als "stark gefährdet".

Die vom Bundesbeauftragten erwähnten Berufungszulassungsbeschlüsse des seinerzeit für Afghanistansachen zuständigen 1. Senats des Oberverwaltungsgerichts erfordern die Zulassung der Berufung im vorliegenden Fall nicht. Beim Beschluss vom 6. Oktober 2004 (1 Bf 335/03.A) ging es darum, ob eine Verfolgungsgefahr von der Übergangsregierung ausgeht oder zu verantworten ist; diese Frage stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Die im Beschluss vom 24. Januar 2006 (1 Bf 85/05.A) als klärungsbedürftig bezeichnete Frage "ob bzw. unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Wahrscheinlichkeitsgrad eine Verfolgungsgefahr für - kurz gefasst - frühere kommunistische Funktionäre (wozu in diesem Kontext auch Geheimdienstmitarbeiter zu rechnen haben) derzeit noch festzustellen ist, sowie ob eine solche Gefährdung maßgeblich davon abhängt, dass die frühere Tätigkeit des Rückkehrers mit begangenen Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang steht" ist angesichts der übereinstimmenden Erkenntnislage, die das Verwaltungsgericht zugrunde gelegt hat und die der Bundesbeauftragte ergänzend benennt, nach den im vorliegenden Fall gemachten Darlegungen nicht (mehr) klärungsbedürftig.

2. Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten hält des weiteren die Rechtsfrage für grundsätzlich klärungsbedürftig,

"ob auf Rache und / oder Vergeltungsabsichten zurückgehende Bedrohungen nach dem Verständnis des § 60 Abs. 1 AufenthG als an asylerhebliche Merkmale bzw. an eine soziale Gruppe im Sinn der Vorschrift anknüpfende Gefährdungen gewertet werden können."

Diese Frage ist jedoch einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Sie lässt sich weder in grundsätzlicher Form bejahen noch verneinen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist seit langem anerkannt, dass die subjektiven Gründe oder Motive, die den Verfolgenden bei seinen Maßnahmen gegen den Verfolgten leiten (hier also Rache bzw. Vergeltung), irrelevant sind für die Frage, ob die Verfolgung eine politische ist. In seinem Beschluss vom 10.7.1989 (BVerfGE 80, 315/334 f.) hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt:

"Nicht jede gezielte Verletzung von Rechten, die etwa nach der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland unzulässig ist, begründet schon eine asylerhebliche politische Verfolgung. Erforderlich ist, daß die Maßnahme den von ihr Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen soll. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin "wegen" eines Asylmerkmals erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (vgl. BVerfGE 76, 143 [157, 166 f.])."

Daraus ergibt sich, dass durch Rache motivierte Verfolgung "politisch" sein kann, aber nicht sein muss. Entscheidend ist, ob die Rachemaßnahmen an asylerhebliche Merkmale anknüpfen.

Dies kommt auch in der vom Bundesbeauftragten zitierten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Schleswig (Urt. v. 27.1.2006, InfAuslR 2007, 256) zum Ausdruck. Das Gericht bringt darin nicht etwa zum Ausdruck, Blutrache - der dortige Kläger machte Angst vor Blutrache geltend, weil sein Vater (ein Bauer) im Streit um ein Stück Land zwei Bauern aus einem Nachbardorf getötet habe - sei per se keine politische Verfolgung. Vielmehr verneint das Oberverwaltungsgericht den politischen Charakter einer Verfolgung deshalb, weil eine Familie oder ein Clan grundsätzlich nicht als soziale Gruppe im Sinn des Flüchtlingsschutzes nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG angesehen werden könne (a.a.O., S. 258). Anders sei dies möglicherweise bei der Zugehörigkeit zu einem größeren Stamm, wenn etwa die Zugehörigkeit zu einem Stammesverband regional einen besonderen Stellenwert habe und auch identifikationsstiftend sei.

Die beiden in diesem Zusammenhang angeführten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Beschl. v. 6.3.2000, NVwZ-Beilage I 2001, 19: Angst vor Blutrache wegen eines tödlich ausgegangenen Autounfalls; Urt. v. 12.9.2001, InfAuslR 2002, 154: Gefahr eines "Ehrenmordes" durch die eigene Familie wegen "unerlaubten" Verlassens der Familie, um sich der elterlichen Wahl eines Ehepartners zu entziehen) haben für die aufgeworfene Fragestellung keine Relevanz, da es bei beiden Entscheidungen in der Berufungsinstanz inhaltlich nur um § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ging. Im Blutrachefall verneinte das Oberverwaltungsgericht politische Verfolgung bereits deshalb, weil der irakische Zentralstaat in dem Gebiet, aus dem der Kläger stammte, keine effektive Gebietsgewalt ausübe; im Ehrenmordfall war die Berufung nur wegen § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG zugelassen worden. Zur damaligen Zeit reichte die Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure von vornherein nicht zur Annahme "politischer" Verfolgung aus.

Im vorliegenden Fall geht es um die Gefahr von Racheakten für kriegsbedingte Tötungen, an denen der Kläger nach Auffassung des Verwaltungsgerichts als führender Vertreter des damaligen Kriegsgegners beteiligt war, ohne Rücksicht darauf, ob er persönlich Angehörige der heutigen potentiellen Verfolger getötet hat. Die Frage, ob in Afghanistan solche Vergeltungsmaßnahmen gegenüber ehemaligen höheren Militärangehörigen der kommunistischen Zeit an asylerhebliche Merkmale anknüpfen, wird vom Bundesbeauftragten nicht gestellt; es kann dahinstehen, ob sie einer grundsätzlichen Klärung zugänglich wäre.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 83b AsylVfG, § 154 Abs. 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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