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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hamburgisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.08.2006
Aktenzeichen: 7 Bf 442/05.PVB
Rechtsgebiete: BPersVG


Vorschriften:

BPersVG § 93 Abs. 1 Satz 3
Bei der in § 93 Abs. 1 Satz 3 BPersVG geforderten Ermächtigung, Kenntnis von Verschlusssachen zu erhalten, handelt es sich um eine Tätigkeitsvoraussetzung für die Ausschussmitglieder und nicht um eine Wählbarkeitsvoraussetzung. Mitglied des Ausschusses nach § 93 Abs. 1 BPersVG kann deshalb auch werden, wer diese VS-Ermächtigung im Zeitpunkt der Wahl bzw. Benennung nicht bereits aufgrund seiner sonstigen dienstlichen Tätigkeiten besitzt.
Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss

7 Bf 442/05.PVB

In der Personalvertretungssache nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz

hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, Fachsenat für Personalvertretungssachen nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz durch den Richter Pradel und die ehrenamtlichen Richter Huelmann und Straehler-Pohl sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Bader und Schmidt am 10. August 2006 beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg, Fachkammer 24 nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz, vom 5. Oktober 2005 wird geändert.

Es wird festgestellt, dass für den Ausschuss nach § 93 Abs. 1 Bundespersonalvertretungsgesetz nicht nur solche Personen benannt werden können, die bereits aufgrund ihrer sonstigen dienstlichen Tätigkeiten ermächtigt sind, von Verschlusssachen Kenntnis zu nehmen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob für den Ausschuss nach § 93 Abs. 1 BPersVG nur solche Personen als Mitglieder benannt werden können, die bereits aufgrund ihrer sonstigen dienstlichen Tätigkeiten ermächtigt sind, von Verschlusssachen Kenntnis zu nehmen.

Mit Schreiben vom 2. April 2003 benannte der Antragsteller für den Ausschuss nach § 93 BPersVG drei aus seiner Mitte gewählte, jeweils den drei im Personalrat vertretenen Gruppen zugehörende Mitglieder. Der Beteiligte teilte daraufhin dem Antragsteller mit, Mitglieder des Ausschusses könnten nur solche Personen sein, die bereits aufgrund ihrer Dienstpflichten Zugang zu Verschlusssachen hätten und deshalb bereits sicherheitsüberprüft worden seien.

Nach entsprechender Beschlussfassung hat der Antragsteller am 8. August 2003 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren beim Verwaltungsgericht eingeleitet. Er hat geltend gemacht: Die Auffassung des Beteiligten werde Sinn und Zweck des Gesetzes nicht gerecht. Die Regelung gewährleiste eine Beteiligung des Personalrats auch in solchen Angelegenheiten, die der Geheimhaltung bedürften. Dafür müssten die Mitglieder ermächtigt sein, Verschlusssachen zu erhalten. Erforderlich sei also deren Sicherheitsüberprüfung. Bestimmte Wählbarkeitskriterien enthalte das Gesetz nicht. Es regele nur den Fall, dass ein Ausschuss nicht gebildet sei. Es regele aber nicht, dass Personen nur dann Kenntnis von Verschlusssachen erhalten dürften, wenn sie bereits aufgrund ihrer übrigen Dienstpflichten Zugang zu ihnen hätten. Dies wäre ein nicht angemessener Eingriff des Dienstherrn in die Auswahl und Wählbarkeit der Personen, die ein Personalrat benennen könne. Vielmehr seien die benannten Personen zu ermächtigen, von Verschlusssachen Kenntnis zu nehmen. Sie übten mit ihrer Ausschusstätigkeit eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit i.S.d. §§ 3 und 1 Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) aus.

Der Antragsteller hat beantragt,

festzustellen, dass der Dienststellenleiter verpflichtet ist, die vom Antragsteller für den Ausschuss nach § 93 Abs. 1 BPersVG namentlich benannten Personalratsmitglieder nach Durchführung einer Sicherheitsüberprüfung zur Kenntnisnahme von Verschlusssachen zu ermächtigen.

Der Beteiligte hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Beteiligte hat geltend gemacht: Mitglied des Ausschusses könne nur werden, wer bei seiner Dienststelle mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sei und Zugang zu Verschlusssachen habe. Tatsächlich seien kaum Beteiligungsfälle denkbar, in denen der Ausschuss tätig werden müsse. Wenn ein solcher Fall vorliege und kein Ausschuss gebildet sei, könne der Ausschuss der Stufenvertretung bei der obersten Dienstbehörde eingeschaltet werden. Die Regelung in § 93 Abs. 2 BPersVG über dessen Ersatzzuständigkeit zeige, dass das Gesetz davon ausgehe, dass auf einer Verwaltungsebene mangels Personalratsmitgliedern, die Zugang zu Verschlusssachen hätten, ein Ausschuss nicht bestehe. Die Tätigkeit der Personalratsmitglieder in dem Ausschuss stelle überdies keine sicherheitsempfindliche Tätigkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 SÜG dar. Mit der Tätigkeit im Personalrat werde vielmehr ein öffentliches Ehrenamt ausgeübt. Eine Sicherheitsüberprüfung könnte zu diesem Zweck nicht durchgeführt werden.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 5. Oktober 2005 den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Nach § 93 Abs. 1 BPersVG könne Mitglied des Ausschusses nur werden, wer bereits nach § 2 Abs. 1 SÜG mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sei. Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz beziehe sich auf eine sicherheitsempfindliche dienstliche Tätigkeit. Hierzu gehöre die Personalratstätigkeit nicht.

Gegen den ihm am 8. November 2005 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 30. November 2005 Beschwerde eingelegt und diese am 4. Januar 2006 wie folgt begründet: Die Auffassung des Beteiligten, die Ausschussmitglieder müssten - schon - mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut sein, überzeuge nicht. Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz sei das spätere Gesetz und es gelte nur für dienstliche Tätigkeiten im Sinne des Beamtenrechts. Der Verweis auf das Sicherheitsüberprüfungsgesetz bedeute, dass eine Überprüfung nicht nur aufgrund von Dienstpflichten, sondern allein schon aufgrund einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit durchzuführen sei. Hierzu könne die Tätigkeit im Personalrat gehören. Dies zeige sich auch daran, dass auch in diesen sicherheitsempfindlichen Angelegenheiten eine Einigungsstelle gebildet werden könne. Deren Vorsitzender müsse noch nicht einmal Verwaltungsangehöriger sein.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg, Fachkammer 24 nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz, vom 5. Oktober 2005 zu ändern und festzustellen, dass für den Ausschuss nach § 93 Abs. 1 BPersVG nicht nur solche Personen benannt werden können, die bereits aufgrund ihrer sonstigen dienstlichen Tätigkeiten ermächtigt sind, von Verschlusssachen Kenntnis zu nehmen.

Der Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor: Der Wortlaut der Regelung zeige, dass nur bereits ermächtigte Personen dem Ausschuss angehören dürften. Es heiße dort, sie müssten ermächtigt "sein", und nicht, sie müssten ermächtigt "werden". Dies entspreche auch dem Sinn der Regelung. Er liege darin, den Kreis der Personen, die Kenntnis von Verschlusssachen hätten, nicht zu erweitern. Aus der Regelung über die Einigungsstelle ergebe sich nichts anderes. Unerheblich sei, dass ausnahmsweise auch ein Verwaltungsfremder deren Vorsitzender sein könne. In der Regel seien es jedoch Verwaltungsangehörige. Auch für sie gelte zudem, dass sie die Zugangsberechtigung für Verschlusssachen schon besitzen müssten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere auf die Schriftsätze der Beteiligten und ihre Anlagen, Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der zulässige und im Beschwerdeverfahren lediglich klarstellend umformulierte Feststellungsantrag ist begründet.

Nach § 93 Abs. 1 BPersVG ist in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten des Geheimhaltungsgrades "VS-VERTRAULICH" und höher anstelle der Personalvertretung ein Ausschuss zu beteiligen. Er übt die der Personalvertretung in dem jeweiligen Fall zustehenden Beteiligungsrechte aus. Seine Mitglieder müssen besondere Voraussetzungen erfüllen, damit der Geheimnisschutz gewährleistet bleibt. Sie müssen die Zugangsberechtigung für Verschlusssachen des Geheimhaltungsgrades besitzen, die den Gegenstand des Beteiligungsverfahrens bilden. Das ist insoweit zwischen den Beteiligten unstreitig. Streitig ist allein, ob Mitglied des Ausschusses nur werden kann, wer aufgrund seiner übrigen Dienstpflichten bereits Zugang zu Verschlusssachen hat, etwa weil er mit einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut und deshalb bereits sicherheitsüberprüft ist, oder ob Mitglieder des Ausschusses auch andere Personen werden können, für die das aufgrund ihrer (sonstigen) dienstlichen Tätigkeiten nicht gilt.

Wie die Vorschrift zu verstehen ist, ist nicht eindeutig. Es bedarf deshalb einer Auslegung. Dabei ist vom Wortlaut der Regelung auszugehen (a). Ist dieser nicht eindeutig, kann zur Auslegung auch die Entstehungsgeschichte (b), die Gesetzessystematik (c) sowie Sinn und Zweck der Regelung (d) herangezogen werden. Diese Auslegung ergibt, dass die Streitfrage antragsgemäß dahingehend zu beantworten ist, dass für den Ausschuss nach § 93 Abs. 1 BPersVG nicht nur solche Personen benannt werden können, die bereits aufgrund ihrer sonstigen dienstlichen Tätigkeiten ermächtigt sind, von Verschlusssachen Kenntnis zu nehmen.

a) Der Wortlaut der Vorschrift ist allerdings nicht eindeutig. Aus ihm ergibt sich nicht, dass eine der von den Beteiligten vertretenen Auffassungen richtig ist. Die maßgebliche Textstelle in § 93 Abs. 1 Satz 3 BPersVG lautet:

"Die Mitglieder des Ausschusses müssen nach den dafür geltenden Bestimmungen ermächtigt sein, Kenntnis von Verschlusssachen des in Betracht kommenden Geheimhaltungsgrades zu erhalten."

Der Beteiligte und auch die meisten Kommentierungen sehen hierin eine Regelung über die Voraussetzungen, unter denen ein Mitglied der Personalvertretung in den Ausschuss gewählt werden kann, mithin eine Wählbarkeitsvoraussetzung. Wegen des verwendeten Präsens (müssen ermächtigt sein) lesen sie die Regelung so, dass zu dem Wahlzeitpunkt (bzw. zum Zeitpunkt der Benennung, was im Folgenden gleich gesetzt werden kann) die Ermächtigung bereits bestehen muss (vgl. Fischer/Goeres, in: Fürst GKÖD V, K § 93 Rdnr. 9; Lorenzen, BPersVG, § 93 Rdnr. 12; wohl auch: Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 10. Aufl. 2004, Rdnr. 7). Nach dieser Auffassung kann ein Mitglied der Personalvertretung, das nicht bereits aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeiten zur Kenntnisnahme von Verschlusssachen ermächtigt ist, nicht in den Ausschuss gewählt werden. Eine nachträgliche Sicherheitsüberprüfung und hieran anknüpfende Ermächtigung scheidet aus.

Der Antragsteller und wohl auch die Kommentierung von Altvater (BPersVG, 4. Aufl. 1996, § 93 Rdnr. 4 und 5a) sehen hingegen hierin eine Regelung über die Voraussetzungen, unter denen jemand als Ausschussmitglied tätig werden kann, also eine Tätigkeitsvoraussetzung. Nach ihrer Auffassung muss die Ermächtigung, Verschlusssachen zur Kenntnis zu nehmen, zu diesem Zeitpunkt bestehen. Hiernach kann grundsätzlich jedes Mitglied der Personalvertretung in den Ausschuss gewählt werden. Besitzt es nicht bereits aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeiten die erforderliche Ermächtigung, Verschlusssachen zur Kenntnis zu nehmen, kann ihm diese auch nachträglich aufgrund einer noch durchzuführenden Sicherheitsüberprüfung erteilt werden.

Beide Positionen berufen sich für ihre Auffassungen zu Recht auf den Wortlaut der Regelung, nämlich den dort verwendeten Präsens. Die Ermächtigung muss zu dem jeweils für maßgeblich gehaltenen Zeitpunkt - Wahl oder Tätigwerden - vorliegen. Zu Unrecht meint der Beteiligte, dass dann, wenn es um eine Tätigkeitsvoraussetzung ginge, es hätte heißen müssen: "müssen ermächtigt werden". Der Beteiligte verkennt, dass es auch dann selbstverständlich möglich ist, jemanden als Mitglied für den Ausschuss zu wählen, der bereits aufgrund seiner dienstlichen Tätigkeiten die Ermächtigung besitzt, Verschlusssachen zur Kenntnis zu nehmen. Wenn er die konkret notwendige Ermächtigung bereits besitzt, braucht er nicht mehr ermächtigt zu werden. Es genügt, dass er bereits ermächtigt ist.

Allein der verwendete Präsens hilft nach alledem nicht weiter. Er stützt gleichermaßen beide Auffassungen. Beide in der Literatur vertretenen Positionen begründen jedoch nicht, warum sie in der Regelung auf die jeweiligen unterschiedlichen Zeitpunkte abstellen. In diesem Punkt hilft der Wortlaut der Norm ebenfalls nicht weiter. Er sagt nichts zum maßgeblichen Zeitpunkt, zu dem die Ermächtigung vorliegen muss. Nach dem Wortlaut sind beide Zeitpunkte gleichermaßen möglich. Auch der Wortlaut des § 93 Abs. 2 BPersVG gibt hierzu keine Antwort. Dort wird lediglich darauf abgestellt, dass der Ausschuss "gebildet" wird. Ob der Ausschuss bereits mit der Benennung seiner Mitglieder durch die Personalvertretung gebildet wird oder erst zu einem späteren Zeitpunkt, lässt die Vorschrift offen. Als derartiger späterer Zeitpunkt, zu dem der Ausschuss erst gebildet wird, kommt insbesondere seine erstmalige Unterrichtung über eine mitwirkungsbedürftige Maßnahme in Betracht, nachdem die Dienststelle festgestellt hat, dass die Mitglieder des Ausschusses die im konkreten Fall erforderliche Verschlusssachen-Ermächtigung (inzwischen) besitzen.

b) Eine an der Entstehungsgeschichte orientierte Auslegung der Vorschrift gibt ebenfalls keinen Aufschluss. Die Gesetzesbegründung lässt nicht erkennen, dass man im Gesetzgebungsverfahren davon ausgegangen ist, die Mitglieder des Ausschusses müssten die erforderliche Verschlusssachen-Ermächtigung bereits zum Zeitpunkt ihrer Wahl aufgrund ihrer sonstigen dienstlichen Tätigkeiten besitzen. In der Begründung zum Entwurf des (damaligen) § 86 (BT-Drs. 7/176, S. 35) heißt es insoweit lediglich:

"Die Vorschrift, die im geltenden Recht kein Vorbild hat, soll die Beteiligung von Personalvertretungen in Angelegenheiten, die der Geheimhaltung unterliegen und als Verschlusssachen eingestuft sind, ermöglichen. Ziel der Bestimmung ist, in solchen Angelegenheiten nur einem kleinen Gremium, dessen Mitglieder zum Zugang zu Verschlusssachen ermächtigt sind, Einblick zu gewähren."

Die Gesetzesbegründung wiederholt insofern nur den - nicht eindeutigen - Wortlaut des Gesetzes.

c) Die Gesetzessystematik spricht entgegen der Auffassung des Beteiligten dafür, dass es sich bei der Ermächtigung, Verschlusssachen zur Kenntnis nehmen zu dürfen, um eine Tätigkeitsvoraussetzung handelt und nicht um eine Wählbarkeitsvoraussetzung.

aa) Das ergibt sich aus der Regelung in § 93 Abs. 2 BPersVG. Sie lautet:

(2) Wird der zuständige Ausschuss nicht rechtzeitig gebildet, ist der Ausschuss der bei der Dienststelle bestehenden Stufenvertretung oder, wenn dieser nicht rechtzeitig gebildet wird, der Ausschuss der bei der obersten Dienstbehörde bestehenden Stufenvertretung zu beteiligen.

Diese Regelung betrifft nicht in erster Linie den Fall, dass ein Ausschuss überhaupt nicht gebildet werden kann. Sie betrifft nach ihrem Wortlaut speziell den Fall, dass ein Ausschuss nicht rechtzeitig gebildet werden kann. Dies spricht dafür, dass es sich bei der Ermächtigung, Verschlusssachen zur Kenntnis nehmen zu dürfen, um eine Tätigkeits- und nicht schon um eine Wählbarkeitsvoraussetzung handelt:

Ein Ausschuss kann nicht rechtzeitig gebildet werden, wenn es hierfür einen Verzögerungsgrund gibt. Es muss also einen Grund geben, aus dem der Ausschuss dann, wenn er benötigt wird, noch nicht gebildet werden kann; er könnte aber später gebildet werden, doch dann wäre es für den konkreten Beteiligungsfall ggf. zu spät. Ein solcher Grund kann nicht darin gesehen werden, dass den Personalratsmitgliedern wegen ihrer sonstigen dienstlichen Tätigkeiten die Ermächtigung fehlt, Verschlusssachen zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Grund wird regelmäßig dauerhaft vorliegen und stellt keinen bloßen Verzögerungsgrund dar. Er wird sich typischerweise nicht alsbald beheben lassen, da nicht angenommen werden kann, dass sich die dienstlichen Tätigkeiten gerade während des Beteiligungsverfahrens ändern. Er stellt deshalb einen dauerhaften Verhinderungsgrund dar. Hätte der Gesetzgeber diesen Fall im Blick gehabt, hätte er auf das Wort "rechtzeitig" verzichtet, da er Vorsorge für den Fall hätte treffen müssen, dass der Ausschuss überhaupt nicht gebildet werden kann. Da er gerade das Wort "rechtzeitig" verwendet hat, muss er eine Situation im Blick gehabt haben, in der es den Bedarf für die Bildung eines Ausschusses nach § 93 BPersVG gibt, es jedoch nicht gelingt, den Ausschuss bis zu dem Zeitpunkt zu bilden, zu dem die Mitwirkungshandlung spätestens vorgenommen sein muss.

Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass der Ausschuss häufig mangels ständigen Bedarfs erst "ad hoc" gebildet wird (Fischer/Goeres, a.a.O., Rdnr. 11; Lorenzen, a.a.O., Rdnr. 14; Altvater, a.a.O., Rdnr. 7). Verzögerungsgründe, die bei einer solchen "spontanen" Bildung des Ausschusses typischerweise auftreten können und die zu berücksichtigen der Gesetzgeber demzufolge Anlass hatte, können auf Seiten sowohl der Personalvertretung als auch der Dienststelle auftreten. So ist es denkbar, dass die Wahl der Mitglieder, die gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 BPersVG in entsprechender Anwendung des § 32 BPersVG zu erfolgen hat, nicht so rechtzeitig durchgeführt werden kann, dass der Ausschuss seine Aufgabe im konkreten Fall noch wahrnehmen kann. Das Gesetz trifft in § 93 Abs. 2 BPersVG aber nicht nur Vorkehrungen für den Fall, dass eine Personalvertretung die Mitglieder für den Ausschuss nicht rechtzeitig benannt hat (so aber: Ilbertz/ Widmaier, a.a.O., Rdnr. 9). In wessen Verantwortungsbereich die Verzögerung auftritt, lässt der Wortlaut der Regelung offen. Ihr offener Wortlaut schließt vielmehr auch Verzögerungen auf Seiten der Dienststelle oder zu beteiligender anderer Behörden ein. Eine derartige Verzögerung kann typischerweise dann auftreten, wenn die gewählten Mitglieder bislang noch keine Ermächtigung besitzen oder jedenfalls nicht die Ermächtigung, Verschlusssachen der im konkreten Fall maßgeblichen Einstufung einzusehen. In einem solchen Fall treten typischerweise Verzögerungen auf, da die erforderliche Ermächtigung nach den dafür geltenden Bestimmungen regelmäßig erst erteilt werden kann, wenn die Sicherheitsüberprüfung durchgeführt worden ist. Es liegt auf der Hand, dass gerade durch dieses Verfahren Verzögerungen auftreten können, und zwar erheblich wahrscheinlicher als durch die erforderliche Wahl der Mitglieder.

bb) Entgegen der Auffassung des Beteiligten ergibt sich aus dem Verweis in § 93 Abs. 1 Satz 3 BPersVG auf die für die Ermächtigung zur Kenntnisnahme von Verschlusssachen geltenden Bestimmungen nichts anderes. Hieraus folgt nicht, dass die zu wählenden Ausschussmitglieder die Verschlusssachen-Ermächtigung bereits im Zeitpunkt ihrer Wahl bzw. ihrer Benennung für den Ausschuss besitzen müssen.

Bei den genannten "Bestimmungen" handelt es sich in erster Linie um das Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz v. 20.4.1994, BGBl. I S. 867, mit späteren Änderungen, im Folgenden: SÜG; vgl. auch: Fischer/Goeres, a.a.O., Rdnr. 9; Lorenzen, a.a.O., Rdnr. 6). Dessen Anwendung steht der Auslegung der Verschlusssachen-Ermächtigung als Tätigkeitsvoraussetzung nicht entgegen. Die erforderliche Ermächtigung 'nach den Bestimmungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes' kann auch dann erteilt werden, wenn ein Ausschussmitglied nicht bereits aufgrund der sonstigen dienstlichen Tätigkeit mit Verschlusssachen betraut wird, sondern allein aufgrund dieser Ausschusstätigkeit von ihnen Kenntnis erhalten soll. Dabei kommt es nicht auf die zwischen den Beteiligten erörterte Frage an, ob die Tätigkeit in dem Ausschuss eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 SÜG darstellt und ob die Ausschussmitglieder deshalb zum betroffenen Personenkreis nach § 2 SÜG gehören. Versteht man die Regelung in § 93 Abs. 1 Satz 3 BPersVG dahingehend, dass sie eine Tätigkeitsvoraussetzung enthält, und stellt sie zugleich die Forderung nach einer Ermächtigung zur Kenntnisnahme von Verschlusssachen nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz auf, dann entspricht der Verweis auf das Sicherheitsüberprüfungsgesetz nicht einer Rechtsgrundverweisung, sondern einer Rechtsfolgenverweisung. Hinsichtlich des zu überprüfenden Personenkreises verweist sie nicht auf die Regelungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes, sondern trifft eine eigenständige Regelung. Hierzu war der Bundesgesetzgeber befugt, da er für beide Gesetze gleichermaßen zuständig ist. Er hat in diesem Fall mithin eine Regelung getroffen, einen Personenkreis, der (möglicherweise) nicht von vornherein dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz unterfällt, nach Maßgabe dieses Gesetzes zu überprüfen.

d) Sinn und Zweck des Gesetzes sprechen ebenfalls dafür, dass die Mitglieder des Ausschusses nicht bereits aufgrund ihrer sonstigen dienstlichen Tätigkeit zum Zugang zu Verschlusssachen ermächtigt sein müssen, sondern - wenn es hieran fehlt - für die Tätigkeit im Ausschuss hierzu ermächtigt werden können.

Zweck des Gesetzes ist es, auch in Angelegenheiten, die der Geheimhaltung unterliegen, eine Beteiligung der Personalvertretung zu ermöglichen (vgl. auch die Begründung zum Entwurf eines § 86, a.a.O.). Hierzu hat der Gesetzgeber einen Weg gewählt, der sowohl den Interessen der Beschäftigten und der Personalvertretung als auch den öffentlichen Geheimhaltungsinteressen Rechnung tragen soll. Beteiligt wird nur ein kleines Gremium, dessen Mitglieder zum Zugang zu Verschlusssachen ermächtigt sein müssen. Weder der Wortlaut des Gesetzes, noch seine Entstehungsgeschichte oder andere Regelungen, die mit der vorliegenden in einem systematischen Zusammenhang stehen, lassen erkennen, dass einem dieser Interessen ein Vorrang eingeräumt werden soll. Um gleichermaßen beiden Interessen gerecht zu werden, ist es jedoch erforderlich, dass auch eine nachträgliche, aus Anlass des Beteiligungsfalles erteilte Ermächtigung zur Kenntnisnahme von Verschlusssachen möglich ist.

Die Forderung nach der Verschlusssachen-Ermächtigung dient dem Sicherheitsinteresse. Mit ihr kommt zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die allgemein bestehende Verschwiegenheitspflicht (§ 10 BPersVG) für geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten als nicht ausreichend erachtet hat, um das Sicherheitsrisiko bei der Beteiligung der Personalvertretung zu beherrschen (vgl. auch: Fischer/Goeres, a.a.O., Rdnr. 2; Lorenzen, a.a.O., Rdnr. 5). Er hat unterstellt, dass in die Personalvertretung Beschäftigte gewählt werden können, gegen die erhebliche Sicherheitsbedenken bestehen, und die bei einer uneingeschränkten Beteiligung der Personalvertretung mit Angelegenheiten in Verbindung kämen, die als Verschlusssachen eingestuft sind (vgl. Ilbertz/Widmaier, a.a.O., Rdnr. 2). Um diese Bedenken auszuschließen, hat er auch für die Mitglieder der Personalvertretung, die an einer geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheit mitwirken, eine vorherige Sicherheitsüberprüfung für notwendig erachtet. Diese Zielsetzung wird bereits dann erreicht, wenn die dem jeweiligen Geheimhaltungsgrad entsprechende Sicherheitsüberprüfung überhaupt stattgefunden hat. Nicht entscheidend ist es hierfür, ob sie ohnehin aufgrund der dienstlichen Tätigkeiten des Mitglieds der Personalvertretung erforderlich war oder ob sie aus Anlass des personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens erstmals durchgeführt wird.

Sicherheitsinteressen dient auch die zahlenmäßige Beschränkung der zu beteiligenden Mitglieder der Personalvertretung auf nur je ein Mitglied jeder Gruppe (§ 93 Abs. 1 Satz 2 BPersVG). Der Gewinn an Sicherheit wäre allerdings nur gering, wenn sich dieser Kreis der zu beteiligenden Personen allein aus dem Kreis derjenigen Mitglieder der Personalvertretung rekrutieren würde, die ohnehin bereits mit Verschlusssachen betraut werden können. Da bei allen Mitarbeitern, die zur Kenntnisnahme von Verschlusssachen ermächtigt sind, aufgrund der erfolgten Sicherheitsüberprüfung keine Sicherheitsbedenken bestehen, hätte es insofern genügt, die Beteiligung der Personalvertretung allein davon abhängig zu machen, dass deren Mitglieder bereits diese Ermächtigung besitzen. Einer zusätzlichen Beschränkung der Zahl der Personen, die im konkreten Beteiligungsfall Kenntnis von den Verschlusssachen nehmen können, hätte es nicht bedurft. Durch eine gleichwohl erfolgte Beschränkung auf wenige Personen aus dem Kreis der ohnehin bereits ermächtigten Personen liefe das Beteiligungsrecht der Personalvertretung andererseits weitgehend leer. Gerade in Dienststellen, in denen der Umgang mit Verschlusssachen eher die Ausnahme ist, wird es eher unwahrscheinlich sein, dass gerade die Mitglieder der Personalvertretung diese Ermächtigung bereits aufgrund ihrer dienstlichen Tätigkeit besitzen.

Ihren Sinn erhält die zahlenmäßige Beschränkung auf je ein Mitglied jeder in der Personalvertretung vertretenen Gruppe erst dadurch, dass diese Mitglieder nicht bereits zur Kenntnisnahme von Verschlusssachen ermächtigt sein müssen, sondern hierzu ggf. aus Anlass des Beteiligungsverfahrens ermächtigt werden. Dann wird einerseits gewährleistet, dass in Verschlussangelegenheiten überhaupt eine Beteiligung der Personalvertretung möglich bleibt, wie sie mit dem Gesetz gerade angestrebt wird. Zugleich wird den Sicherheitsinteressen Genüge getan, da dann, wenn die Mitglieder des Ausschusses nicht bereits ohnehin die Ermächtigung besitzen, die Zahl der neu zu ermächtigenden und mit Verschlusssachen zu betrauenden Personen auf ein Minimum beschränkt wird.

2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht ist nicht nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m § 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht ersichtlich, dass der Streitfrage, zu der es - soweit ersichtlich - bislang keine divergierende Rechtsprechung gibt, eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

Ende der Entscheidung

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