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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.03.2009
Aktenzeichen: 1 A 567/08
Rechtsgebiete: HBG


Vorschriften:

HBG § 85a Abs. 3 S. 2
Ist ein Beamter während der gesamten Freistellungsphase der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell dienstunfähig krank, so kann das Ermessen der Behörde auf die nachträgliche Änderung der Teilzeitbewilligung als allein rechtmäßige Entscheidung reduziert sein.
HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

1 A 567/08

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Nachzahlung von Dienstbezügen

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch

Richter am Hess. VGH Kohlstädt, Richter am Hess. VGH Dr. Bark, Richterin am Hess. VGH Schild

am 18. März 2009 beschlossen:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 13. September 2007 - 1 E 2107/05 - abgeändert, soweit darin die Klage abgewiesen worden ist.

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Kassel vom 31. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2005 verpflichtet, dem Kläger die angesparten Dienstbezüge für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004 nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 46.500,00 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger stand bis zu seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit zum 1. Juli 2005 als Bergoberrat beim Regierungspräsidium Kassel im Dienst des beklagten Landes. Auf seinen Antrag bewilligte ihm das Regierungspräsidium Kassel mit Bescheid vom 6. Februar 2002 eine Teilzeitbeschäftigung mit 2/3 der regelmäßigen Arbeitszeit für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2004. Dabei beabsichtigte der Kläger, die Teilzeittätigkeit bis zum 31. Dezember 2003 in Vollbeschäftigung auszuüben (sog. Ansparphase) und in der Zeit bis zum 31. Dezember 2004 vom Dienst freigestellt zu werden (sog. Ausgleichsphase). Im Dezember 2003 wurde der Kläger auf dienstliche Veranlassung gegen Hepatitis A und B geimpft. Am 1. Januar 2004 trat der Kläger das "Sabbatjahr" an. Unmittelbar nach Antritt einer Reise wurde bei ihm eine akute Hepatitis festgestellt; ab 13. Januar 2004 meldete er sich dienstunfähig krank.

Mit Antrag vom 30. April 2004 begehrte der Kläger für den Fall, dass keine "Gutschrift" seiner Krankenzeit erfolge, die sofortige Beendigung des Sabbatjahres und Rückkehr zur Vollbeschäftigung sowie die sofortige Auszahlung der Dienstbezüge für die vorgeleistete Arbeitszeit. Mit Bescheid vom 31. August 2004, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 15. November 2005, lehnte das Regierungspräsidium diesen Antrag ab.

Am 12. Dezember 2005 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat beantragt,

den Beklagten unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Regierungspräsidiums Kassel vom 31. August 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2005 zu verpflichten, dem Kläger die angesparten Dienstbezüge für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen des vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren wird gemäß § 130b Satz 1 VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 13. September 2007 - 1 E 2107/05 - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Dienstunfähigkeit des Klägers ändere weder seine Dienstleistungspflicht noch begründe sie einen Anspruch auf höhere Bezüge. Es bestehe auch kein Anspruch auf nachträgliche Änderung des Beschäftigungsumfangs nach § 85a Abs. 3 HBG. Von der für Lehrer im Dienst des beklagten Landes getroffenen Regelung werde der Kläger nicht erfasst; denn er habe sein Freistellungsjahr in vollem Umfang in Anspruch genommen. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch bestehe ebenfalls nicht, da die Teilzeitbewilligung vom 6. Februar 2002 den Rechtsgrund für das Behalten der vom Kläger in der Ansparphase erbrachten dienstlichen Leistungen darstelle. Von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage könne nicht ausgegangen werden, weil die Vorstellungen des Klägers von der Gestaltung der Freistellungsphase aus der Sicht des Dienstherrn nicht zur Geschäftsgrundlage geworden seien. Ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der Hinweispflicht des Dienstherrn nach § 85d HBG komme gleichfalls nicht in Betracht, da dies für den Entschluss des Klägers, ein Sabbatjahr zu beanspruchen, nicht kausal gewesen sein könne. Der Kläger trage das Risiko einer Erkrankung in der Freistellungsphase nicht allein, sondern er erhalte wie auch andere Beamte alle bei Erkrankung vorgesehenen Leistungen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 3. März 2008 - 1 UZ 2157/07 - zugelassene Berufung. Der Kläger trägt vor, er sei zu keinem Zeitpunkt über die möglichen Folgen einer Langzeiterkrankung während des Sabbatjahres belehrt worden. In dem Erlass des Hessischen Ministers des Innern vom 30. August 2001 seien die Voraussetzungen eines Antrags auf vorzeitige Rückkehr zur Vollbeschäftigung nicht genannt. Im Hinblick auf diesen Erlass sei es für einen langjährigen Beamten unvorstellbar, dass ein Störfall in der Ausgleichsphase sein alleiniges Risiko sein solle. Auf eine derartige Risikoverteilung hätte er hingewiesen werden müssen. Unter diesen Umständen hätte er keinen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung gestellt, zumal er in Arbeitsbereichen mit besonderen Gesundheitsgefahren eingesetzt gewesen sei. Ein Anspruch auf Nachzahlung der angesparten Bezüge ergebe sich auch daraus, dass ihm die Vorteile der Freistellungsphase völlig entgangen seien. Diese würden als Rechtsgrund für die Freistellung vom Dienst überholt und verdrängt durch die krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit. Der Gleichheitsgrundsatz gebiete es, diese Fallkonstellation ebenso zu behandeln wie andere Störfälle während der Freistellungsphase. Dem Kläger könne ein einseitiges Festhalten an der Teilzeitbeschäftigung nicht zugemutet werden. Wenn der Beamte sich nicht einseitig von seiner Teilzeitverpflichtung lösen könne, sei der Dienstherr billigerweise verpflichtet, an einer Anpassung des Rechtsverhältnisses an die veränderten Umstände mitzuwirken. In seinem Fall sei die beabsichtigte Weltreise der einzige, dem Dienstherrn bekannte Grund für den Antrag auf Teilzeitarbeit im Blockmodell gewesen. Durch seine Langzeiterkrankung zu Beginn des Sabbatjahres sei die geleistete Vorarbeit vollkommen entwertet worden. Im Übrigen deute vieles darauf hin, dass es sich bei der Erkrankung um einen Dienstunfall gehandelt habe.

Der Kläger hat mit der Berufungsschrift vom 7. April 2008 zunächst sinngemäß beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils und der Teilzeitbewilligung vom 6. Februar 2002 zu verpflichten, dem Kläger die für den Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2003 angesparten Dienstbezüge nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 9. Januar 2009 beantragt er ferner sinngemäß,

den Beklagten zu verpflichten, ihm für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2004 die Differenz zwischen den vollen und den tatsächlich gezahlten anteiligen Dienstbezügen nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen und macht geltend, eine Dienstunfähigkeit selbst zu Beginn der Freistellungsphase ändere nichts am Umfang der Dienstleistungsverpflichtung noch entstehe ein Anspruch auf höhere Bezüge. Der Beschäftigungsumfang könne nur dann im Sinne einer Rückkehr zur Vollbeschäftigung geändert werden, wenn eine Teilzeitbeschäftigung im bisherigen Umfang für den Beamten unzumutbar sei und dienstliche Belange nicht entgegen stünden. Ein entsprechendes dienstliches Interesse bestehe jedoch schon deshalb nicht, weil die Behörde lediglich höhere Ausgaben ohne entsprechende Gegenleistung hätte. In Anbetracht der bestandskräftigen Teilzeitbewilligung vom 6. Februar 2002 als Rechtsgrund für das Behalten der Dienstleistung bestehe auch kein Erstattungsanspruch. Eine Verletzung der Hinweispflicht liege nicht vor, da der Erlass vom 30. August 2001 dem Kläger vor Antritt der Teilzeitbeschäftigung bekannt gewesen sei. Die allgemeine Aufklärungs- und Hinweispflicht erstrecke sich nicht auf eine Aufklärung über das Risiko einer Erkrankung in der Freistellungsphase.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge (1 Hefter) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, da die Voraussetzungen des § 130a Satz 1 VwGO vorliegen. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, zu dieser Verfahrensweise Stellung zu nehmen.

Die zugelassene und auch im Übrigen gemäß § 124a Abs. 6 VwGO, hinsichtlich der Klageerweiterung gemäß § 125 Abs. 1 i. V. m. § 91 Abs. 1 VwGO zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf nachträgliche Änderung des Umfangs seiner Teilzeitbewilligung und in deren Folge auf Nachzahlung von Bezügen in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang.

Rechtsgrundlage für die nachträgliche Änderung der Teilzeitbewilligung des Klägers ist § 85a Abs. 3 Satz 2 HBG. Danach soll die zuständige Dienstbehörde eine Änderung des Umfangs der Teilzeitbeschäftigung oder den Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zulassen, wenn dem Beamten die Teilzeitbeschäftigung im bisherigen Umfang nicht mehr zugemutet werden kann und dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Die Vorschrift regelt die Fälle sogenannter Leistungsstörungen während der Dauer befristeter Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse, und zwar sowohl bei der in § 85a Abs. 1 HBG geregelten Form, bei der die regelmäßige Arbeitszeit täglich oder wöchentlich um einen bestimmten Bruchteil ermäßigt wird, als auch bei dem sog. Blockmodell, bei der die ermäßigte Arbeitszeit und die Freistellungszeit jeweils in einem Block zusammengefasst sind, sei es - wie im vorliegenden Fall - im Laufe der Dienstzeit ("Sabbatjahr"), sei es am Ende der Dienstzeit (Altersteilzeit nach § 85b Abs. 3 Nr. 2 HBG).

§ 85a Abs. 3 Satz 2 HBG ist grundsätzlich auch in den Fällen einer längerfristigen Erkrankung des Beamten mit der Folge der Dienstunfähigkeit während der Freistellungsphase anwendbar. Nur für beamtete Lehrerinnen und Lehrer besteht eine Sonderregelung (Verordnung über besondere Formen der Teilzeitbeschäftigung und flexibler Arbeitszeit für beamtete Lehrkräfte an öffentlichen Schulen vom 31. Mai 1996, GVBl. I S. 273; vgl. Abschnitt VII des Merkblatts des hessischen Kultusministeriums vom 17. Juni 1996, ABl. S. 379). Im Übrigen beansprucht die Regelung des § 85a Abs. 3 HBG allgemeine Geltung; dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass für den Unterfall der Altersteilzeit im Blockmodell keine besondere gesetzliche Störfallregelung getroffen worden ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 C 15.07 - Juris). Die Vorschrift enthält keine Verteilung des Risikos für Abwicklungsstörungen, sondern eine Ermächtigungsgrundlage für die erforderliche Ermessensentscheidung des Dienstherrn. Dies ergibt sich aus folgender Erwägung:

Ein Beamter, der während seines Dienstes dienstunfähig erkrankt, ist von der Verpflichtung zur Dienstleistung befreit, behält aber seinen Anspruch auf Besoldung. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn die Arbeitszeit ermäßigt ist, bei Teilzeitbeschäftigung während des gesamten Zeitraums, wobei unerheblich ist, ob die Arbeitszeit wöchentlich oder blockweise ermäßigt ist. Der Beamte hat stets Anspruch auf Besoldung, Schutz und Fürsorge, insbesondere auf Beihilfe. Deshalb darf eine krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit nicht unterschiedlich behandelt werden, je nachdem, in welchem Abschnitt der Arbeitszeitermäßigung sie eintritt (s. dazu BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 C 15.07 - a. a. O.). Störungen innerhalb dieses Zeitraums sind unterschiedslos nach § 85a Abs. 3 HBG zu behandeln.

§ 85a Abs. 3 Satz 1 HBG eröffnet dem Dienstherrn ein Ermessen, auf Antrag des Beamten die Dauer der Teilzeitbeschäftigung nachträglich zu ändern oder den Umfang der zu leistenden Arbeitszeit zu erhöhen. In Satz 2 der Vorschrift ist dieses Ermessen eingeschränkt, wenn dem Beamten die Teilzeitbeschäftigung im bisherigen Umfang nicht mehr zugemutet werden kann; in solchen Fällen soll die zuständige Dienstbehörde eine Änderung des Beschäftigungsumfangs oder den Übergang zur Vollzeitbeschäftigung zulassen. Einem so begründeten Antrag ist mithin regelmäßig zu entsprechen, wenn dienstliche Belange nicht entgegenstehen.

Zum Merkmal der Unzumutbarkeit in der inhaltsgleichen Vorschrift des § 78b Abs. 3 Satz 2 LBG NW hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt:

"Der Begriff der Unzumutbarkeit bezieht die private Sphäre des Beamten mit ein, lässt zugleich aber erkennen, dass nur schwerwiegende Gründe erfasst werden, bei deren Vorliegen dem Beamten ein Festhalten an der Teilzeitbeschäftigung im Blockmodell billigerweise nicht mehr angesonnen werden kann. Welche Gründe dem Beamten die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung unzumutbar machen können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die Behörde ist hierbei nicht auf die in der Gesetzesbegründung genannten Beispielsfälle (vorzeitige Zurruhesetzung, Entlassung aus dem Beamtenverhältnis, Verlust der Beamtenrechte, Dienstherrnwechsel) beschränkt. Insbesondere eine längerfristige, mit vorübergehender Dienstunfähigkeit verbundene Erkrankung kann die Unzumutbarkeit der Fortsetzung begründen. Daraus folgt zugleich, dass nicht jede Erkrankung, nicht jedes unerwartete Ereignis die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung unzumutbar macht; bloße enttäuschte Erwartungen in Bezug auf die Lebensführung während des Sabbatjahres genügen nicht. Entscheidender Gesichtspunkt ist, dass die mit der Wahl der Teilzeitbeschäftigung verbundenen Vorteile, die der Beamte durch den Verzicht auf die volle Besoldung erkaufen will oder - wie hier - bereits erkauft hat, durch die Erkrankung ganz oder nahezu vollständig entwertet worden sind. Hält die Erkrankung, wie hier, über mehr als ein Jahr an und führt sie schließlich zur vorzeitigen Versetzung des Beamten in den Ruhestand, wird ein Fall der Unzumutbarkeit in aller Regel gegeben sein."

(Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 C 15.07 - a. a. O.)

Diesen Erwägungen ist uneingeschränkt zu folgen. Die Erwartung des Klägers im vorliegenden Fall bezog sich entgegen der Darstellung des Verwaltungsgerichts nicht allein darauf, "bei guter Gesundheit einen längeren Urlaub zu begehen", sondern darauf, die durch einen teilweisen Besoldungsverzicht während der Ansparphase erwirtschafteten Vorteile durch eine bei Vollzeitbeschäftigung nicht mögliche Freistellung vom Dienst im Sabbatjahr angemessen nutzen zu können (so OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Februar 2007 - 6 A 928/05 - Juris). Diese Erwartung ist enttäuscht worden, weil der Kläger während der Freistellungsphase bereits aus anderen Gründen keinen Dienst zu leisten hatte. Die geleistete Vorarbeit bei reduzierter Besoldung zwecks Erwirtschaftung der Freistellungsvorteile ist dadurch vollständig entwertet worden. In einem solchen Fall ist das Festhalten an der Teilzeitbeschäftigung unzumutbar.

Als dienstliche Belange kann die Behörde dem Antrag des Beamten alle organisatorischen und personalwirtschaftlichen Belange entgegen halten, die im dienstlichen Interesse an sachgemäßer und effizienter Erfüllung der Aufgaben der Verwaltung liegen (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. März 2006 - 2 C 23.05 - ZBR 2006, 349 und vom 13. August 2008 - 2 C 41.07 - NVwZ-RR 2009, 29). Das Gewicht dieses dienstlichen Interesses ergibt sich aus der Zweckbestimmung der gesetzlichen Regelung. Danach kommen nur solche dienstlichen Belange in Betracht, die nach ihrem Gewicht den Gründen des Beamten gleich zu erachten sind. Zwar sind nach dem Wortlaut des § 85a Abs. 3 Satz 2 HBG im Unterschied zu Satz 1 der Vorschrift keine "zwingenden" dienstlichen Belange erforderlich. Wenn aber die durch die Vorschrift geschützten Interessen des Beamten so bedeutend sein müssen, dass die Fortsetzung der Teilzeitbeschäftigung für ihn unzumutbar ist, so kann auch nicht jeder beliebige dienstliche Belang dem Änderungsanspruch des Beamten entgegen gehalten werden, sondern nur ein dienstliches Interesse von zumindest gleichem Gewicht.

Solche dienstlichen Belange sind im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht worden und auch für den Senat nicht erkennbar. Die Besonderheit des Sachverhalts besteht hier darin, dass der Kläger mit Ausnahme des Zeitraums vom 1. bis 12. Januar 2004 wegen seiner Erkrankung vollständig von der Dienstleistungspflicht befreit war. Deshalb scheiden von vornherein alle dienstlichen Belange aus, die sich aus dem üblichen Dienstbetrieb ergeben. Auch der Umstand, dass mit der Änderung des Beschäftigungsumfangs fiskalische Interessen berührt werden, begründet keine berücksichtigenswerten dienstlichen Belange, weil dies mit der Änderung stets und automatisch verbunden ist. Die Vorschrift des § 85a Abs. 3 HBG liefe daher ins Leere, wenn haushaltsrechtliche Probleme unabhängig vom Einzelfall als entgegenstehende Belange anzuerkennen wären (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2008 - 2 C 15.07 - a. a. O.). Der mit Schriftsatz des Beklagten vom 5. Januar 2009 nachträglich geltend gemachte Umstand, dass im Jahr 2004 in der hessischen Landesverwaltung ein Einstellungsstopp bestand, ist schon deshalb nicht von Belang, weil der Kläger dienstunfähig erkrankt war. Es kann deshalb dahinstehen, ob diese Erwägung von der sachlich und persönlich zuständigen Stelle herrührt und deshalb nach § 114 Satz 2 VwGO beachtlich ist.

Im vorliegenden Einzelfall war die Fortsetzung des Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses für den Kläger unzumutbar; entgegenstehende dienstliche Belange sind nicht gegeben. Das der Behörde auf der Rechtsfolgenseite des § 85a Abs. 3 Satz 2 HBG eingeräumte Ermessen kann in rechtmäßiger Weise nur im Sinne der Stattgabe seines Umwandlungsbegehrens ausgeübt werden. Daraus folgt, dass der Beklagte die über dem Umfang der Teilzeit hinausgehende Arbeitsleistung des Klägers in der Zeit von 2001 bis 2003 ohne Rechtsgrund erlangt hat und zur Erstattung der Besoldungsdifferenz verpflichtet ist; für die Dauer der Freistellungsphase im Jahr 2004 besteht ein Anspruch auf nachträglichen Ausgleich.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 90 VwGO i. V. m. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB in entsprechender Anwendung.

Da dem Antrag des Klägers aus den dargelegten Gründen zu entsprechen ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob der Anspruch darüber hinaus auch auf den Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verletzung der gegenüber dem Kläger bestehenden Hinweispflicht nach § 85d HBG gestützt werden kann (vgl. dazu VG Frankfurt am Main, Urteil vom 30. Mai 2006 - 9 E 4725/05 - Juris).

Als unterliegende Partei hat der Beklagte gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG. Der Wert entspricht dem mit der Klage geltend gemachten Nachzahlungsbetrag. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klage im Berufungsrechtszug um den im Jahr 2004 aufgelaufenen Betrag erweitert worden ist.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben sind (§§ 127 BRRG, 183 HBG, 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO).

Ende der Entscheidung

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