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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 17.12.2003
Aktenzeichen: 1 UE 2541/02
Rechtsgebiete: BRRG, DRiG, HRiG


Vorschriften:

BRRG § 42 Abs. 2 Nr. 6
DRiG § 40 Abs. 1
DRiG § 71 Abs. 1
HRiG § 7h Abs. 1 Nr. 2
HRiG § 7i
Die Vergütungshöchstgrenze des § 7i Abs. 1 Satz 1 HRiG (30 % des jährlichen Grundgehalts eines Richters der Besoldungsgruppe R 2, letzte Lebensalterstufe) gilt auch für Einnahmen aus einer Tätigkeit als Schiedsrichter oder Schlichter.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes! URTEIL

1 UE 2541/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung ohne Bedingungen und Auflagen

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 1. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Kittelmann, Richter am Hess. VGH Kohlstädt, Richter am Hess. VGH Dr. Bark ehrenamtliche Richterin Böhme, ehrenamtlichen Richter Bertsch,

aufgrund der mündlichen Verhandlung am 17. Dezember 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 12. November 2001 - 9 E 5148/00 (1) - aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten des Beklagten abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger steht als Vorsitzender Richter am Landgericht A-Stadt im Dienst des beklagten Landes. Neben seinem Hauptamt ist er Leiter einer Arbeitsgemeinschaft für Rechtsreferendare, Mitglied des Justizprüfungsamtes für die erste juristische Staatsprüfung und Pressesprecher des Landgerichts A-Stadt. Darüber hinaus war und ist er im Rahmen genehmigter Nebentätigkeiten als Schlichter und Schiedsrichter in außergerichtlichen Rechtsstreitigkeiten tätig.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2000 beantragte der Kläger die Genehmigung einer Nebentätigkeit als Obmann eines Schiedsgerichts in der handelsvertreterrechtlichen Auseinandersetzung der "... gegen ...". Mit einem weiteren Schreiben vom 3. März 2000 beantragte er die Genehmigung einer Nebentätigkeit als Schlichter im Schlichtungsverfahren "... gegen ...".

Mit Bescheiden vom 14. März 2000 und 6. März 2000 genehmigte die Präsidentin des Oberlandesgerichts A-Stadt die Nebentätigkeiten jeweils verbunden mit der Nebenbestimmung, dass der Gesamtbetrag der Vergütungen aus genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten den Höchstbetrag des § 7i HRiG im Kalenderjahr nicht übersteigt und ggf. darüber hinausgehende Beträge nicht vereinnahmt werden. Die hiergegen eingelegten Widersprüche des Klägers wies die Präsidentin des Oberlandesgerichts A-Stadt mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2000 zurück. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Begrenzung der Einnahmen aus genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten in § 7i HRiG nicht gegen höherrangiges Recht verstoße und die Tätigkeit eines Richters in schiedsgerichtlichen Verfahren nicht im öffentlichen Interesse liege.

Mit Schreiben vom 18. Juli 2000 beantragte der Kläger die Genehmigung der Nebentätigkeit als Obmann in dem Schiedsgerichtsverfahren "... gegen 1. ... sowie 2. ...". Mit Schreiben vom 12. Oktober 2000 versagte die Präsidentin des Oberlandesgerichts A-Stadt die Nebentätigkeitsgenehmigung, weil die zu erwartende Vergütung die Höchstgrenze des § 7i HRiG überschreite. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 19. Oktober 2000 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass das schiedsgerichtliche Verfahren nicht mehr im laufenden Kalenderjahr abgeschlossen werde und für das Jahr 2001 derzeit keine Gefahr für eine Überschreitung der Vergütungshöchstgrenze bestehe.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2000 half die Präsidentin des Oberlandesgerichts A-Stadt dem Widerspruch teilweise ab. Sie genehmigte die beantragte Nebentätigkeit mit der Maßgabe, dass die Vergütung erst im folgenden Kalenderjahr fällig werde und der Gesamtbetrag der Vergütungen aus genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten den Höchstbetrag des § 7i HRiG im Kalenderjahr 2001 nicht überschreite und ggf. übersteigende Beträge nicht vereinnahmt würden.

Für genehmigungspflichtige und genehmigte Nebentätigkeiten wurden dem Kläger im Jahr 2000 Honorare in Höhe von insgesamt 43.591,48 DM gezahlt. Hiervon entfielen auf das Schiedsverfahren "... gegen ..." 25.762,50 DM und auf das Verfahren "... gegen ..." 4.790,20 DM.

Weitere von dem Kläger im Jahr 2000 beantragte Genehmigungen für genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten hatten ein Vergütungsvolumen von (bis zu) 186.502,50 DM, wobei hiervon zwei Nebentätigkeiten mit einem Volumen von insgesamt 85.275,00 DM im Dezember 2000 genehmigt wurden. Hiervon entfielen auf das Verfahren "... gegen 1. ... sowie 2. ..." 68.512,50 DM. Weitere im Jahr 2001 genehmigte genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten hatten ein Vergütungsvolumen von (bis zu) 50.549,50 DM. Für eine weitere am 5. November 2001 beantragte genehmigungspflichtige Nebentätigkeit erwartete der Kläger eine Vergütung von (bis zu) 60.412,50 DM.

Am 13. Oktober 2000 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Frankfurt am Main gegen die Bescheide vom 6. März und 14. März 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 19. September 2000 Klage erhoben, die er am 29. Januar 2001 auf den Bescheid vom 18. Dezember 2000 erstreckt hat. Er hat vorgetragen, die streitigen Nebentätigkeiten lägen zumindest auch im öffentlichen Interesse, was das beklagte Land ermessensfehlerhaft nicht berücksichtigt habe. Die strikte Einhaltung der Höchstgrenze des § 7i HRiG sei unangemessen, weil hierdurch die grundsätzlich wünschenswerte Mitwirkung hessischer Richter in Schiedsgerichtsverfahren ungerechtfertigt beschränkt bzw. bei hohen Streitgegenständen gar unmöglich gemacht werde. Es stünden keine alternativen Richterpersönlichkeiten zur Aufgabenerfüllung zur Verfügung, da die Bestimmung des Schiedsrichters allein dem Parteiwillen unterliege, mithin in diesem Bereich Personen nicht beliebig austauschbar seien. Die Begrenzung der Höhe der Nebentätigkeitsvergütung sei verfassungswidrig und verstoße gegen Bundesrecht.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land unter entsprechender Aufhebung der Bescheide der Präsidentin des Oberlandesgerichts A-Stadt vom 6. März 2000, 14. März 2000, ihres Widerspruchsbescheides vom 19. September 2000 und ihres Bescheides vom 12. Oktober 2000 in der Fassung des Bescheides vom 18. Dezember 2000 zu verpflichten, die bereits genehmigten Nebentätigkeiten auflagen- und bedingungsfrei zu genehmigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, die streitigen Nebenbestimmungen zu den erteilten Nebentätigkeitsgenehmigungen seien gerechtfertigt, da im Zeitpunkt der Antragstellung die Höhe der Nebentätigkeitsvergütungen noch nicht festgestanden habe. Die Beteiligung von Berufsrichtern in Schiedsgerichtsverfahren liege nicht zwangsläufig im öffentlichen Interesse. Dies gelte auch angesichts des Umstandes, dass Richtern gesetzlich die Tätigkeit in Schiedsgerichtsverfahren gestattet sei. Im Übrigen sei auch insoweit eine Höchstgrenze der Zusatzeinkünfte gerechtfertigt, um das Vertrauen in die Integrität der jeweiligen Person ebenso zu wahren, wie die Relation zwischen den Einkünften aus dem Hauptamt und der Nebentätigkeit. Die Einhaltung der Vergütungshöchstgrenze aus genehmigungspflichtiger Nebentätigkeit sei auch zur Wahrung des Ansehens der Justiz in der Öffentlichkeit und zur Verhinderung von Abhängigkeitsverhältnissen erforderlich.

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 12. November 2001 der Klage stattgegeben und das beklagte Land unter entsprechender Aufhebung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, die bereits genehmigten Nebentätigkeiten auflagen- und bedingungsfrei zu genehmigen. Es hat die Ansicht vertreten, dass die Wahrnehmung der Nebentätigkeit als Schlichter und Schiedsrichter auch im öffentlichen Interesse liege und deshalb die Nebentätigkeit ohne Berücksichtigung der Vergütungshöchstgrenze zu genehmigen sei.

Das erkennende Gericht hat mit Beschluss vom 11. September 2002 - 1 UZ 807/02 - auf den Antrag des Beklagten hin die Berufung zugelassen.

Der Beklagte trägt vor, das Verwaltungsgericht habe bei der Auslegung des § 7i HRiG das vom Gesetzgeber vorgegebene Regel-Ausnahmeverhältnis nicht beachtet. Der Wortlaut und die Systematik der Gesetzesbestimmung verdeutlichten, dass der Gesetzgeber ein Abweichen von der Obergrenze als absoluten Ausnahmefall ansehe. Von der Vergütungsobergrenze sei nicht stets dann abzuweichen, wenn die Nebentätigkeit auch im öffentlichen Interesse liege. Der Vergütungshöchstgrenze in Höhe von 30 v. H. des jährlichen Grundgehalts eines Richters der Besoldungsgruppe R 2, letzte Lebensaltersstufe, liege die nicht zu beanstandende Wertung des Gesetzgebers zu Grunde, dass beim Überschreiten dieser Grenze die Gefahr der persönlichen Abhängigkeit des Richters von den Nebenerwerbseinkünften bzw. die Schädigung des Ansehens der Justiz durch solche Einkünfte bestehe. Nur in begründeten Ausnahmefällen könne die von dem Gesetzgeber geschaffene Vermutung widerlegt und die Höchstgrenze überschritten werden. Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des § 7i HRiG müsse die Bestimmung eng ausgelegt werden. Es genüge nicht, dass die Nebentätigkeit als solche (auch) im öffentlichen Interesse liege; vielmehr müsse ihre "Wahrnehmung" durch den Richter im öffentlichen Interesse liegen. Erforderlich sei also, dass die von dem Richter im konkreten Einzelfall angestrebte Nebentätigkeit auch gerade von dieser bestimmten Person ausgeübt werde. Zwar sei es zutreffend, dass die Ämter des Schiedsrichters und Schlichters durch die Neuregelung der Schiedsgerichtsverfahren eine besondere Bedeutung erlangt hätten und dass eine Entlastung der Gerichte durch private Schiedsgerichte im öffentlichen Interesse liege; es sei jedoch nicht ersichtlich, dass es im öffentlichen Interesse liege, dass diese Schiedsgerichte gerade mit hauptamtlichen Richtern besetzt seien. Das öffentliche Interesse beschränke sich darauf, dass solche Schiedsgerichte vorhanden und besetzt seien und dass durch ihre Inanspruchnahme die Gerichte entlastet würden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 12. November 2001 - 9 E 5148/00 (1) - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, der Landesgesetzgeber müsse sich bei der Regelung der Rechtsverhältnisse der Richter an den rahmenrechtlichen Vorgaben des § 71 DRiG i. V. m. § 42 Abs. 2 Satz 1 BRRG sowie den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 GG orientieren. Eine Versagung allein wegen der Überschreitung einer fixen Vergütungshöchstgrenze würde der Intention des Rahmenrechts nicht gerecht. Dienstliche Interessen seien nach § 7h Abs. 2 HRiG dann beeinträchtigt, wenn durch die Nebentätigkeit das Vertrauen in die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit oder Unbefangenheit des Richters gefährdet sei oder die Nebentätigkeit die Arbeitskraft eines Richters in übermäßiger Weise in Anspruch nehme. Dies sei hier nicht der Fall. Eine Gefährdung der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Richters, der an einem schiedsgerichtlichen Verfahren teilnehme, sei nicht gegeben. Zum einen komme durch die Bestellung des Richters durch die Parteien, die eine parteiunabhängige, neutrale Instanz zur Klärung ihrer Streitigkeit wünschten, gerade seine Unparteilichkeit und Unbefangenheit zum Ausdruck; zum anderen werde das Schiedsverfahren nicht öffentlich durchgeführt, so dass eine öffentliche Diskussion über die Höhe der jeweiligen Streitwerte und damit die Vergütung der Schiedsrichter aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geführt werden dürfte. Hinsichtlich einer etwaigen Beeinträchtigung der Arbeitskraft des Richters sei darauf hinzuweisen, dass sich der erforderliche Arbeitsaufwand nicht am Streitwert des Verfahrens messen lasse und die Höhe der Vergütung somit in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der zeitlichen Befassung des Richters stehe. Der in § 7h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HRiG festgelegte Versagungsgrund stehe somit - zumindest für die Nebentätigkeit als Schiedsrichter - nicht mit den rahmenrechtlichen Vorgaben in Einklang und würde für sich genommen eine unverhältnismäßige Einschränkung der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 12 GG darstellen. § 7i Satz 2 HRiG sehe in Ausnahmefällen die Möglichkeit vor, die Genehmigung unter bestimmten Voraussetzungen nach Ermessen der Behörde zu erteilen. Mit der Anwendung dieser Vorschrift könne eine verfassungskonforme bzw. rahmenrechtskonforme Auslegung des § 7h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HRiG erreicht werden. Bei der Ausübung des Ermessens sei das Grundrecht des Richters aus Art. 2 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Nach § 71 DRiG i. V. m. § 42 Abs. 2 BRRG dürfe die beabsichtigte Nebentätigkeit nur versagt werden, wenn dienstliche Interessen beeinträchtigt würden. Hieraus folge, dass zur Versagung der Nebentätigkeit nicht das Überschreiten der Vergütungshöchstgrenze ausreiche, vielmehr müsse daneben auch die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu besorgen sein. Bei einer verfassungskonformen und rahmenrechtskonformen Auslegung des § 7i Satz 2 HRiG verdichte sich der Ermessensspielraum des Dienstherrn zu einer gebundenen Entscheidung.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Verfahrensbeteiligten, das angefochtene Urteil, die Personalakte des Klägers, die das Verfahren betreffenden Verwaltungsvorgänge (drei Heftstreifen) und die Akte des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main - 9 E 1266/99 (2) -, die beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die mit Senatsbeschluss vom 11. September 2002 - 1 UZ 807/02 - zugelassene Berufung wurde form- und fristgerecht begründet. Sie ist zulässig und hat in der Sache auch Erfolg.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die streitbefangenen Auflagen und Bedingungen finden ihre Rechtsgrundlage in § 7h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HRiG. Nach dieser Bestimmung ist die Genehmigung für eine Nebentätigkeit zu untersagen, wenn davon auszugehen ist, dass der Gesamtbetrag der Vergütungen für genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten die Höchstgrenze nach § 7i HRiG übersteigt. Da im Zeitpunkt der Bewilligung der Nebentätigkeiten nicht feststand oder vorhersehbar war, ob der Gesamtbetrag der Vergütungen aus genehmigungspflichtigen Tätigkeiten, die der Kläger in den Kalenderjahren 2000 und 2001 erhalten wird, 30 v. H. des jährlichen Grundgehalts eines Richters der Besoldungsgruppe R 2, letzte Lebensalterstufe, übersteigen wird, entsprach es der Muss-Bestimmung des § 7h Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HRiG, die Genehmigungen mit den betreffenden Auflagen zu verbinden. Hierdurch wurde sichergestellt, dass die Genehmigungen letztlich nicht gegen § 7i HRiG verstießen.

Die Präsidentin des Oberlandesgerichts A-Stadt ist in den angefochtenen Bescheiden rechtsfehlerfrei bei der Festsetzung der Obergrenze der Vergütung von § 7i Satz 1 HRiG (30 v. H. des jährlichen Grundgehalts eines Richters der Besoldungsgruppe R 2, letzte Lebensalterstufe) ausgegangen. Die Voraussetzungen für ein Abweichen von dieser Obergrenze nach § 7i Satz 2 HRiG liegen nicht vor. Nach Nr. 1 dieses Satzes kann die Dienstbehörde in begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen, wenn die Wahrnehmung der Nebentätigkeit auch im öffentlichen Interesse liegt; wobei zu berücksichtigen ist, ob ein anderer Richter für die Übernahme der Tätigkeit zur Verfügung steht. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Schiedsgerichtsbarkeit im öffentlichen Interesse liegt, weil durch sie die ohnehin stark belasteten Gerichte entlastet werden, so ist doch nicht zu erkennen, dass "im öffentlichen Interesse" die Schiedsgerichte mit oder doch jedenfalls auch mit hauptamtlichen Richtern zu besetzen sind oder besetzt sein sollten. Das öffentliche Interesse beschränkt sich darauf, dass Schiedsgerichte bestehen und durch sie die Gerichtsbarkeit entlastet wird. Soweit die Beteiligten ein besonderes Interesse daran haben, dass sich mit ihrem Rechtsstreit ein unabhängiger Richter befasst, haben sie die Möglichkeit, die Gerichte anzurufen.

Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass ein öffentliches Interesse an der Beteiligung von Berufsrichtern in privaten Schiedsgerichtsverfahren besteht, weil sie besondere Erfahrung in der Behandlung und Lösung von Rechtsstreitigkeiten besitzen, so betrifft die Ausnahmeregelung des § 7i Satz 2 HRiG doch (nur) begründete Einzelfälle. Das heißt, auch wenn ein öffentliches Interesse an der Wahrnehmung der Schiedsgerichtsbarkeit durch hauptamtliche Richter im Rahmen ihrer Nebentätigkeit besteht, ist die Vergütungshöchstgrenze grundsätzlich zu beachten. Lediglich in "begründeten Einzelfällen" kann ausnahmsweise hiervon abgewichen werden, wobei zu berücksichtigen ist, ob nicht ein anderer Richter für die Übernahme der Tätigkeit zur Verfügung steht. Für das Vorliegen eines begründeten Einzelfalles ist nichts vorgetragen. Der Kläger geht - bestätigt durch das Verwaltungsgericht - vielmehr davon aus, dass für die Nebentätigkeit eines hauptamtlichen Richters als Schiedsrichter oder Schlichter die Vergütungshöchstgrenze des § 7i Satz 1 HRiG regelmäßig nicht gilt. Hierzu vermag er sich weder auf das Grundgesetz noch auf rahmenrechtliche Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes und des Beamtenrechtsrahmengesetzes zu berufen.

Die Begrenzung der Nebentätigkeitsvergütung in § 7i Satz 1 HRiG verbunden mit den Ausnahmetatbeständen des § 7i Satz 2 HRiG verletzt nicht die Grundrechte des Klägers auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf Berufsfreiheit, die grundsätzlich das Recht auf entgeltliche Verwertung der Arbeitskraft umfassen. Diese Rechte, die auch dem einzelnen Beamten und Richter zustehen, finden ihre Grenze in der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der die Vorschriften des Beamtenrechts und die Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums gehören (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1983 - 2 C 57.82 - BVerwGE 67, 287). Danach hat sich der Beamte/Richter "mit voller Hingabe" seinem Hauptamt zu widmen. Mit der Berufung in das Beamten-/Richterverhältnis ist die Pflicht des Amtsinhabers verbunden, sich ganz für den Dienstherrn einzusetzen und diesem seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, wobei allerdings die Arbeitszeitvorschriften dieser Pflicht einen zeitlich bestimmbaren Inhalt geben. Die ihm verbleibende Zeit dient dabei in erster Linie seiner Erholung, der Erhaltung seiner vollen Arbeitskraft, seines Könnens, seiner Dienstfähigkeit und Einsatzbereitschaft, also nicht zuletzt auch dem Interesse des Dienstherrn, mithin dem öffentlichen Interesse. Selbst wenn deshalb die Verkürzung der Arbeitszeit mit Rücksicht auf die dienstrechtliche Fürsorgepflicht nicht zum Ziel hat, die Arbeitskraft des Bediensteten für eine weitere Erwerbstätigkeit freizustellen, so darf er seine Freizeit doch auch für eine entgeltliche Nebentätigkeit verwenden. Der Dienstherr ist jedoch berechtigt, dieser Nebentätigkeit Grenzen zu setzen, wobei er insbesondere die Art der Nebentätigkeit, ihren zeitlichen Aufwand und ihre Vergütung berücksichtigen darf. Denn es liegt auf der Hand, "dass eine uneingeschränkte Möglichkeit, Nebentätigkeiten auszuüben und dadurch in nicht limitiertem Maße neben einer ungekürzten Besoldung zusätzliche Vergütungen zu beziehen, die dienstlichen Leistungen im Hauptamt, damit die Belange des Dienstherrn und das Interesse des Staates und seiner Bürger an der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes ernsthaft zu gefährden vermag" (BVerfG, Urteil vom 25. November 1980 - 2 BvL 7/76 - BVerfGE 55, 207). Der Gesetzgeber war verfassungsrechtlich nicht gehalten, die Steuerung dienstrechtlicher Nebentätigkeiten nur über den Grundsatz der Genehmigungspflicht mit Blick auf die Art der Tätigkeit und ihre zeitliche Beanspruchung zu bewältigen; es ist ihm mit Rücksicht auf die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, die für das Recht des öffentlichen Dienstes und deshalb grundsätzlich auch für das Richterrecht gelten (Art. 33 Abs. 5 GG), unbenommen, neben der Möglichkeit einer Versagung der Genehmigung bei konkreter Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen allgemein dem Anreiz zur Übernahme von Nebentätigkeiten durch entsprechende die Nebentätigkeitsvergütungen regelnde, sie einschränkende Vorschriften entgegenzuwirken und so das gleiche Ziel, die Wahrung wichtiger öffentlicher Belange im Bereich des Beamten- und Richterdienstrechts - nunmehr mit minderschwerem Eingriff - weiter zu verfolgen (BVerfG, Urteil vom 25. November 1980, a. a. O.). Im Bereich des Nebentätigkeitsrechts ist es Aufgabe des Gesetzgebers, aufgrund der bestehenden und in ihrer Entwicklung absehbaren Verhältnisse im Bereich des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der Grundrechte der Bediensteten und der Belange des Dienstherrn die Maßnahmen zu treffen, die mit den Grundprinzipien des Beamten- und Richterrechts im Einklang stehen und gleichzeitig geeignet erscheinen, den Anreiz zur Übernahme von Nebentätigkeiten zu mindern. Die Vorschriften sollen gewissermaßen als flankierende Regelung zum gesetzlichen Genehmigungsvorbehalt der Gefahr einer Beeinträchtigung der Pflicht der Bediensteten aus dem Hauptamt schon im Vorfeld begegnen (BVerfG, Urteil vom 25. November 1980, a. a. O.).

§ 7i HRiG verstößt auch nicht gegen die Rahmenrechtsvorschriften des § 71 DRiG i. V. m. § 42 Abs. 2 BRRG. Im Gegenteil: Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 BRRG ist die Genehmigung für eine Nebentätigkeit zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Nach der nicht abschließenden Legaldefinition des § 42 Abs. 2 Satz 2 BRRG liegt ein solcher Versagungsgrund insbesondere vor, wenn die Nebentätigkeit (Nr. 6) dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann. Dass bei den Versagungstatbeständen demzufolge auch bei § 42 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 BRRG die Höhe der Nebentätigkeitsvergütung eine Rolle spielt, folgt aus Abs. 5 Satz 2 dieser Bestimmung. Danach hat der Bedienstete die für die Entscheidung erforderlichen Nachweise, insbesondere über Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie die Entgelte und geldwerten Vorteile hieraus, zu führen. Maßgebend sind nach dem Willen des Gesetzgebers also nicht allein Art und Umfang der Nebentätigkeit, sondern auch die Nebentätigkeitsvergütung sowie die geldwerten Vorteile. Gerade die Umstände, die im Jahre 1997 zur Einfügung der §§ 7d f. in das Hessische Richtergesetz geführt haben, belegen eindrucksvoll, dass das Ansehen der Justiz erheblich darunter leidet, wenn Richter durch genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten hohe oder sehr hohe Nebeneinkünfte erzielen. In diesem Zusammenhang gewinnt auch die Begründung einer Schlussempfehlung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages Bedeutung. Dort heißt es: "Der notwendigen sachlichen Unabhängigkeit der Richter entspricht auf der anderen Seite ihre finanzielle Unabhängigkeit von anderen als den ihnen durch Gesetz zugestandenen Bezügen. Insbesondere unter diesem Aspekt sind die Bezüge der Richter angemessen festgesetzt. Dies soll auch dazu dienen, die Richter von den Einkünften aus Nebentätigkeiten unabhängig zu machen." In der Begründung des Gesetzentwurfs der hessischen Landesregierung für eine Gesetzesänderung des Hessischen Richtergesetzes vom 7. Juli 1997 (LT-Drs. 14/337) wird zu Art. 1 Nr. 2 (§ 7h - jetzt § 7i) ausgeführt, dass eine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit eines Richters von der Höhe der Vergütung bzw. der Gesamtsumme der erzielten Vergütungen her nicht darauf hinauslaufen dürfe, dass die Nebentätigkeit das Hauptgewicht erhalte, also die Relation von Hauptamt und Nebenamt nicht mehr gewahrt sei. In solchen Fällen verleihe das Richteramt dem Richter lediglich die Autorität, um mit hoch dotierten Nebentätigkeiten beauftragt zu werden. Dies schade dem Ansehen der Justiz und sei mit den Vorstellungen der Verfassung von der Ausübung richterlicher Tätigkeit nicht mehr vereinbar.

Die vom Kläger im Jahr 2000 beantragten Genehmigungen für genehmigungspflichtige Nebentätigkeiten für acht außergerichtliche Streitverfahren hatten ein Vergütungsvolumen von 217.812,50 DM und im Jahr 2001 ein solches für sechs Verfahren in Höhe von 111.961,00 DM. Es liegt auf der Hand, dass derart hohe Nebentätigkeitsvergütungen bei Bekanntwerden dem Ansehen der Richter und der Gerichtsbarkeit abträglich wären. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit nicht sehr groß ist, dass die Einkünfte eines Richters aus einer Tätigkeit als Schlichter oder Schiedsrichter aufgrund genehmigter Nebentätigkeiten bekannt werden, so hält sich der Gesetzgeber dennoch innerhalb des Rahmenrechts des § 71 DRiG i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 6 BRRG, wenn er durch eine Limitierung der Nebeneinkünfte eines Richters einer Ansehensschädigung der Gerichtsbarkeit von vornherein den Boden entzieht.

Der Kläger hat als unterliegender Teil die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 132 Abs. 2 VwGO, § 71 Abs. 3 DRiG i. V. m. § 127 BRRG).

Beschluss

Unter entsprechender Abänderung der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 12. November 2001 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 20.913,45 € (= 40.913,45 DM) festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 13 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 25 Abs. 2 Satz 2 und § 73 Abs. 1 GKG.

Die Vergütungshöchstgrenze nach § 7i Satz 1 HRiG betrug für das Jahr 2000 35.658,14 DM (30 % von 12 x 9.905,04 DM) und für das Jahr 2001 36.299,99 DM (30 % von 12 x 10.083,33 DM). Im Jahr 2000 betrugen die dem Kläger gezahlten Vergütungen aus genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten 43.591,48 DM (vgl. die vom Kläger aufgestellte Liste der in den Jahren 2000 und 2001 anhängigen genehmigten oder beantragten Schiedsverfahren). Nach dieser Aufstellung wurde dem Kläger im Jahr 2001 eine Vergütung von 757,30 DM gezahlt. Zu diesem Betrag ist die Vergütung aus dem genehmigten Schiedsverfahren "... gegen 1. ... sowie 2. ..." in Höhe von 68.512,50 DM hinzuzurechnen, so dass für das Jahr 2001 für die Streitwertberechnung von einer Vergütung in Höhe von 69.269,80 DM auszugehen ist. Dieser Betrag überschreitet die Vergütungshöchstgrenze für das Jahr 2001 um 32.969,81 DM. Der Streitwert betrag demzufolge 40.903,15 DM (32.969,81 DM + 7.933,34 DM). Dies sind 20.913,45 €.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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