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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 03.09.2003
Aktenzeichen: 11 UE 1011/01.A
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 51 Abs. 1
Vietnamesische Staatsangehörige haben wegen einer in Deutschland ausgeübten exilpolitischen Betätigung im Falle der Rückkehr nur dann mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu befürchten, wenn es sich bei dieser Tätigkeit um eine nachhaltig und öffentlich ausgeübte besonders hervorgehobene oppositionelle Betätigung handelt, die einen nennenswerten Einfluss auf die vietnamesische Öffentlichkeit auszuüben vermag und deshalb geeignet ist, den vietnamesischen Staat aus dortiger Sicht öffentlich herabzuwürdigen. Die bloße Mitgliedschaft in Exilorganisationen und die Teilnahme an Veranstaltungen dieser Organisationen begründet die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ebenso wenig wie die Ausübung von Funktionen in örtlichen und regionalen Exilgruppen und Unterorganisationen größerer Exilorganisationen sowie die bloße Publizierung regimekritischer Beiträge in Zeitschriften oder anderen Medien. Auch die Veröffentlichung solcher Beiträge im Internet führt zu keiner erkennbaren Vergrößerung des Gefährdungspotentials.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

11 UE 1011/01.A

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Asylrechts - Vietnam

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 11. Senat - durch

Präsidenten des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Schröder, Richter am Hess. VGH Igstadt, ehrenamtlichen Richter Bertsch, ehrenamtlichen Richter Falkowski

ohne mündliche Verhandlung am 3. September 2003 für Recht erkannt: Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 29. August 2000 (Az.: 1 E 3788/99.A) wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, ein vietnamesischer Staatsangehöriger, stellte am 15. Juni 1994 einen - ersten - Asylantrag. Mit Bescheid vom 5. Juli 1994 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag auf Anerkennung auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass Abschiebungshindernisse nach §§ 51 Abs. 1 und 53 AuslG nicht vorliegen. Die gegen diesen Ablehnungsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Wiesbaden mit seit dem 19. November 1998 rechtskräftigem Urteil vom 14. Juli 1998 ab.

Am 30. Juni 1999 stellte der Kläger bei dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge Asylfolgeantrag. Zur Begründung führte er aus, der ihm Ende Mai 1999 zur Kenntnis gelangte Jahresbericht 1998 der Gesellschaft für Menschenrechte (IGMF) habe ihn bewogen, erneut um Asyl nachzusuchen. Aus dem Jahresbericht gehe hervor, dass entgegen gewisser Anzeichen für eine Demokratisierung des Landes politisch missliebige Personen in Vietnam mit der Hausarrestverordnung weiterhin drangsaliert würden. Aus dem Bericht sei weiterhin zu entnehmen, dass Rückkehrerfamilien keine Familienregistrierkarte erhielten und keine Chance auf ein menschenwürdiges Leben in Vietnam hätten. Überdies verweise er auf zahlreiche politische Aktivitäten, die er zwischenzeitlich ausgeübt habe. Insbesondere sei er Vorsitzender des neu gegründeten Vereins "Demokratische Erneuerung Vietnams Frankfurt (Main)" geworden. Schließlich sei zu erwähnen, dass der von ihm in der Zeitschrift "CANH EN" veröffentlichte Artikel zwischenzeitlich 16.145 mal im Internet abgerufen worden sei.

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 20. September 1999 den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 18. Juli 1994 bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG ab.

Wegen des Inhalts des Bescheides vom 20. September 1999 und des weiteren Sach- und Streitstandes bis zum Erlass des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils wird auf dessen Tatbestand, dessen Feststellungen sich der Senat nach § 130b Satz 1 VwGO zu Eigen macht, Bezug genommen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 29. August 2000 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge habe es zu Unrecht abgelehnt, ein neues Asylverfahren durchzuführen. Die von dem Kläger vorgetragenen und dokumentierten exilpolitischen Aktivitäten nach Abschluss des ersten Asylverfahrens seien grundsätzlich geeignet, die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens zu rechtfertigen. Indessen könne der Kläger weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a Abs. 1 GG noch einen Anspruch auf Abschiebungsschutz als politisch Verfolgter nach § 51 Abs. 1 AuslG geltend machen. Von der Anerkennung als Asylberechtigter sei der Kläger schon deshalb ausgeschlossen, weil er über einen sicheren Drittstaat im Sinne von § 26a Abs. 2 AsylVfG in die Bundesrepublik Deutschland gekommen sei. Den Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG könne er deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil ihm wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten in Deutschland nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Vietnam drohe. Nach den vorliegenden Erkenntnissen sei eine Bestrafung nach Art. 82 oder 85 des vietnamesischen Strafgesetzbuches nur dann zu erwarten, wenn sich der Betreffende nachhaltig, öffentlich und in besonders exponierter Weise gegen das vietnamesische Regime betätigt oder geäußert habe. Dies sei bei dem Kläger nicht der Fall.

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat die Berufung gegen das vorgenannte Urteil zugelassen.

Zur Begründung der Berufung trägt der Kläger im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht eine herausgehobene Stellung bei Ausübung der exilpolitischen Tätigkeiten verneint. Das Gegenteil ergebe sich bereits aus seinem nachhaltigen Engagement für den Verein "Demokratische Erneuerung Vietnams Frankfurt (Main)". Er sei nicht nur Vorsitzender dieses Vereins, sondern auch Chefredakteur der von dem Verein herausgegebenen Zeitschrift. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergebe sich ohne Zweifel, dass die vietnamesische Regierung eine intensive Ausspähung der hier aktiven vietnamesischen Opposition betreibe und Rückkehrer einer genauen Sicherheitsüberprüfung unterziehe. Aus den Mitteilungen vor allem der IGMF folge weiterhin, dass nach wie vor eine Verfolgung politisch und religiös missliebiger Personen betrieben werde. Dass gegen ihn - den Kläger - bereits in Vietnam ermittelt werde, ergebe sich daraus, dass seine Schwester und ihr Bekannter bei einem Besuch bei seinen Eltern in Hanoi intensiv kontrolliert und nach ihm befragt worden seien.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 29. August 2000 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 20. September 1999 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, hilfsweise des § 53 AuslG, vorliegen.

Die Beklagte und der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten haben sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert und haben auch keine Anträge gestellt.

Der Senat hat Beweis erhoben über die Behauptung des Klägers, seine Schwester X.H.D. und deren Arbeitgeber seien während eines gemeinsamen Kurzurlaubs in Hanoi im Januar 2001 in der Wohnung der Eltern des Klägers von Polizeibeamten aufgesucht und unter Hinweis auf die exilpolitische Betätigung des Klägers nach dessen Aufenthalt intensiv befragt worden, durch Vernehmung des Herrn V.B. als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 398 bis 404 der Gerichtsakten verwiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens, der beigezogenen Gerichtsakten 11 Q 653/01.A und den Inhalt der beigezogenen Behördenakten des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (2 Hefter) Bezug genommen. Diese Vorgänge waren sämtlich Gegenstand der Beratung.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die von dem Senat zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

I.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanz kann der Kläger mit seiner Klage allerdings schon deshalb keinen Erfolg haben, weil der von ihm am 2. Juli 1999 gestellte Asylfolgeantrag bereits die gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz AsylVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens erforderlichen Voraussetzungen gemäß § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht erfüllt. Zu Recht hat deshalb das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit seinem Bescheid vom 29. September 1999 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und den Antrag auf Abänderung des Ablehnungsbescheides vom 18. Juli 1994 bezüglich der - negativen - Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG abgelehnt.

1.

Stellt ein Asylbewerber - wie im vorliegenden Fall der Kläger - nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags einen weiteren Asylantrag, hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (vgl. § 71 Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz AsylVfG) in einem ersten Schritt zu überprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen und der Asylbewerber folglich einen Anspruch auf eine erneute sachliche Entscheidung über sein Asylgesuch hat. Diese Prüfung ist nicht auf eine vollständige asylrechtliche Bewertung der für den Asylfolgeantrag gegebenen Begründung gerichtet. Vielmehr hat das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge lediglich darüber zu befinden, ob sich aus dem Vortrag des Asylsuchenden eine für ihn günstige Änderung der Sach- oder Rechtslage seit Abschluss des Erstverfahrens ergibt (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG), ob von ihm vorgelegte neue Beweismittel eine gegenüber der Entscheidung im abgeschlossenen Verfahren günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG) oder ob Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 ZPO gegeben sind (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG). Diese Voraussetzungen darzulegen, ist Sache des Asylbewerbers im Rahmen der ihm gemäß § 15 AsylVfG obliegenden Mitwirkungspflicht. Macht er eine nachträgliche Änderung der Sach- oder Rechtslage zu seinen Gunsten geltend, muss er in schlüssiger und widerspruchsfreier Form Tatsachen vortragen, aus denen sich jedenfalls eine nicht gänzlich entfernt liegende Möglichkeit einer positiven Entscheidung über das Asylgesuch ergibt (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 3. März 2000 - 2 BvR 39/98 -, DVBl. 2000, 1048 und vom 24. Juni 1993 - 2 BvR 541/93 -, DVBl. 1993, 1004). Die unsubstantiierte Behauptung des Asylsuchenden, die der vorangegangen Entscheidung zu Grunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse hätten sich zu seinen Gunsten verändert, genügt dagegen ebenso wenig wie die nicht näher konkretisierte Befürchtung, auf Grund einer Änderung der Sach- und Rechtslage politische Verfolgung oder abschiebungsschutzrelevante Nachteile zu erleiden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23. März 2000 - A 12 S 423/00 -). Im Falle der Vorlage neuer Beweismittel hat der Asylbewerber schlüssig darzulegen, dass dieses neue Beweismittel im Zusammenhang mit dem Sachvorbringen geeignet erscheint, dem Asylgesuch nunmehr zum Erfolg zu verhelfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 - BVerwG 8 C 75.80 -, NJW 1982, 2204). Wurden die Voraussetzungen gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG den vorgenannten Anforderungen entsprechend schlüssig dargetan, ist die weitere Prüfung, ob die vorgetragenen Wiederaufnahmegründe eine von dem Erstverfahren abweichende Entscheidung zugunsten des Asylbewerbers rechtfertigen, Sache des durchzuführenden neuen Asylverfahrens (Vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Juni 1993 - 2 BvR 541/93 -, a.a.O.).

Ein Asylfolgeantrag kann gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, 51 Abs. 3 VwVfG darüber hinaus nur innerhalb von drei Monaten seit dem Tag gestellt werden, an dem der Asylbewerber von dem Grund für das Wiederaufgreifen des Verfahrens Kenntnis erlangt hat. Weiterhin ist der Asylfolgeantrag gemäß §§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG, 51 Abs. 2 VwVfG nur zulässig, wenn der oder die Betreffende ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen des Verfahrens in dem abgeschlossenen ersten Asylverfahren geltend zu machen. Der Asylbewerber hat die Tatsachen, aus denen sich die Einhaltung der Drei-Monats-Frist und das fehlende grobe Verschulden an der Geltendmachung des Wiederaufnahmegrundes im Erstverfahren ergibt, innerhalb der Frist gemäß § 51 Abs. 3 VwVfG schlüssig darzulegen (Hess. VGH, Beschluss vom 8. März 2000 - 12 UZ 1407/98.A -).

2.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze besteht kein Anspruch des Klägers auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens.

In der Begründung seines Folgeantrags im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 1999 beruft sich der Kläger zunächst darauf, er habe durch den ihm im Mai 1999 zur Kenntnis gelangten Jahresbericht der "Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte - IGMF" 1998 erfahren, dass entgegen gewisser Anzeichen für eine Demokratisierung des Landes Rückkehrer in Vietnam weiterhin drangsaliert würden. Bei diesem zusammen mit dem Asylfolgeantrag vorgelegten Jahresbericht handelt es sich indessen um kein Beweismittel, das geeignet wäre, das Asylgesuch des Klägers nunmehr als begründet erscheinen zu lassen.

Aus dem Inhalt des vorerwähnten Jahresberichts sind - soweit sich der Kläger hierauf in seinem Folgeantrag bezieht - keine Anzeichen für die von ihm geäußerte Furcht vor politischer Verfolgung zu entnehmen. Es ergeben sich hieraus weiterhin auch keine Anzeichen für Beeinträchtigungen oder Nachteile, aus denen ein Anspruch auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 AuslG ableitbar wäre.

Soweit der Kläger in dem Folgeantrag darauf verweist, es finde in Vietnam eine Drangsalierung politisch missliebiger Personen nach der "Hausarrestverordnung" statt, nimmt er offenbar Bezug auf eine Passage auf Seite 3 des IGMF-Jahresberichts, die in dem vom Kläger vorgelegten Exemplar teilweise handschriftlich unterstrichen ist. In dem betreffenden Abschnitt wird von dem Besuch von Vertretern des Auswärtigen Ausschusses des US-Repräsentantenhauses bei 14 Rückkehrerfamilien in Vietnam Ende 1997 berichtet. Die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses des US-Repräsentantenhauses hätten dabei festgestellt, dass 9 dieser Familien bislang die in Vietnam lebensnotwendige Familienregistrierkarte nicht hätten erhalten können. Die Delegation habe mit 5 Familienvätern gesprochen, die wegen ihrer früheren politischen Aktivitäten in den Flüchtlingslagern unter Hausarrest stünden. Sie würden von der Polizei in regelmäßigen Abständen vorgeladen. Ihre Ehefrauen bekämen keine Arbeit, ihre Kinder dürften nicht zur Schule gehen.

Aus diesen Angaben lässt sich nichts zu Gunsten des Klägers ableiten.

Bei den von den Mitgliedern des Auswärtigen Ausschusses des US-Repräsentantenhauses befragten Personen handelte es sich um Rückkehrer aus den USA, denen in Vietnam angeblich politische Aktivitäten während ihres dortigen Aufenthaltes in Flüchtlingslagern zum Vorwurf gemacht wurde. Die politischen Tätigkeiten in den amerikanischen Flüchtlingslagern, wegen der die von der US-Delegation befragten Personen angeblich unter Hausarrest gestellt wurden, werden in dem Bericht nicht näher umschrieben. Ebensowenig lässt sich aus den nicht näher spezifizierten Angaben in dem Jahresbericht ersehen, ob es sich bei den arrestierten Vietnamesen um politisch in besonderer Weise hervorgetretene Oppositionelle handelt, oder ob die Betroffenen etwa auch wegen einfacher regimekritischer Äußerungen oder Tätigkeiten belangt wurden. Der Bericht lässt schließlich auch keinen Rückschluss darauf zu, ob die Arrestierung der befragten Personen etwa nur darauf zurückzuführen ist, dass die Betreffenden gerade in den USA gegen die vietnamesische Regierung opponiert haben und ihnen nunmehr eine als für den vietnamesischen Staat als besonders schädlich empfundene Aufwiegelung der Insassen der dortigen Flüchtlingslager vorgeworfen wird. Solche letztlich unergiebige Informationen über nicht näher konkretisierte Einzelfälle staatlicher Repressalien mit politischem Hintergrund bieten für eine Asylanerkennung oder für die Zubilligung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG von Vornherein keine Grundlage.

Auch aus der in dem betreffenden Abschnitt des Jahresberichts weiterhin enthaltenen Mitteilung, dass mehrere Flüchtlingsfamilien noch nicht mit einer Familienregistrierkarte ausgestattet waren, ergeben sich keine Hinweise auf eine gegen diese Personen womöglich gerichtete politische Verfolgung. Die im Bericht enthaltene Aussage, die Familienregistrierkarte sei den Betroffenen wegen ihrer politischen Betätigung verweigert worden, stellt eine reine Vermutung dar, die durch keinerlei Tatsachen untermauert ist. Auch insoweit fehlt es überdies an jeglicher näherer Erläuterung, welche politische Betätigung den betreffenden Personen zum Vorwurf gemacht wird.

Die vorerwähnte Information in dem IGMF-Jahresbericht 1998 deutet schließlich auch nicht darauf hin, dass eine Abschiebung des Klägers nach Vietnam in verfassungskonformer Anwendung von § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG deshalb untersagt sein könnte, weil er im Falle der Rückkehr durch die Verweigerung der Familienregistrierkarte von dem Bezug lebenswichtiger Güter abgeschnitten werden würde und deshalb einer unmittelbaren Lebensgefahr ausgesetzt wäre (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 17. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324, und vom 29. März 1996 - BVerwG 9 C 116.95 -, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 3). Zwar wird der Besitz der Familienregistrierkarte in dem Jahresbericht als "lebensnotwendig" bezeichnet. Es fehlen indessen jegliche Hinweise darauf, dass die von der US-Delegation besuchten Familien, denen die Registrierungskarte nicht ausgestellt worden war, in dem Flüchtlingslager nicht zumindest mit den zum Überleben notwendigen Gütern versorgt wurden und sich folglich in einer existenziellen Notlage befanden.

In welcher Hinsicht sich aus den im Jahresbericht 1998 der IGMF und den als Anlagen zum Asylfolgeantrag überreichten Pressemeldungen der Organisation angeführten Einzelfällen, in denen bestimmte namentlich bezeichnete Personen staatlicher Verfolgung in Vietnam ausgesetzt waren, Rückschlüsse auf das Verfolgungsschicksal des Klägers ergeben sollen, wird von ihm in der Begründung des Asylfolgeantrags nicht dargelegt.

Der Kläger macht unter Berufung auf die seinem Asylfolgeantrag beigefügte Anlage 1 weiterhin geltend, er habe von seiner in Deutschland lebenden Schwester, die über vielfältige briefliche und telefonische Kontakte nach Vietnam verfüge, erfahren, dass die vietnamesische Polizei nach ihm suche. Nach dem Inhalt der von der Polizei gestellten Fragen ermittle sie gegen ihn wegen des Verstoßes gegen die Strafbestimmungen gemäß Art. 82 und 85 des vietnamesischen Strafgesetzbuches (im Folgenden: VStrGB). Die Ermittler seien offenbar im Besitz von Fotos und Dokumenten, mit denen entsprechende Straftaten belegt werden könnten. Angeblich wolle man ihn - den Kläger - auf einem der Fotos identifiziert haben. Es könne sich hierbei um die Aufnahme einer Demonstration vor der vietnamesischen Botschaft in Bonn/Bad Godesberg oder einer anderen Veranstaltung handeln. Es sei aber auch denkbar, dass der im Internet veröffentlichte Artikel in der Zeitschrift "CHANH EN" die Aufmerksamkeit der Polizeibehörden in Vietnam erregt haben könnte.

Dieser Vortrag enthält keine schlüssige Darstellung eines neuen Sachverhalts, der eine für den Kläger günstigere Beurteilung seines Asylbegehrens rechtfertigen könnte. Der Kläger beschränkt sich auf Andeutungen über angebliche Informationen, die seiner Schwester aus Vietnam über gegen ihn laufende polizeiliche Ermittlungen erhalten haben soll. Auf welchem Weg seine Schwester an diese Informationen gelangt ist (brieflich oder telefonisch) wird nicht im Einzelnen ausgeführt. Es wird weiterhin auch nicht dargelegt, wann und in welcher Form polizeiliche Nachforschungen bei der Familie des Klägers in Vietnam durchgeführt (Hausbesuche, Vorladungen ?) und welche Fragen den Familienangehörigen des Klägers hierbei konkret gestellt wurden. Ebenso wenig wird mitgeteilt, ob der Familie Fotografien von Demonstrationen oder anderen Veranstaltungen vorgelegt wurden, auf denen der Kläger abgebildet war, oder ob die Angehörigen des Klägers lediglich von der Existenz solcher Aufnahmen unterrichtet wurden. Das Vorbringen des Klägers erschöpft sich vielmehr in bloßen Mutmaßungen, die allein nicht geeignet sind, eine Veränderung der Sachlage im Sinne der §§ 71 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz AsylVfG, 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zu belegen. Da in dem Folgeantrag und der ihm beigefügten Anlage 1 nicht angegeben wird, wann der Kläger von seiner Schwester die Informationen über gegen ihn in Vietnam laufende Ermittlungen erhalten haben will, fehlt es zudem an der erforderlichen Darlegung von Tatsachen, aus denen sich die Einhaltung der Frist gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG ergibt.

Die von dem Kläger in der Begründung des Asylfolgeantrags angeführte Veröffentlichung eines von ihm verfassten regimekritischen Artikels in der Ausgabe der Zeitschrift "CANH EN" vom März/April 1998 und im Internet war bereits Gegenstand der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 14. Juli 1998 im Erstverfahren und kann folglich im vorliegenden Asylfolgeverfahren keine Berücksichtigung mehr finden.

Soweit sich der Kläger bezüglich der Veröffentlichung des erwähnten Artikels im Internet weiterhin darauf beruft, die betreffende Internetseite sei insgesamt 16.145 mal aufgerufen worden und sei damit mit Sicherheit auch den vietnamesischen Sicherheitsbehörden bekannt, ist der Kläger mit diesem Vortrag nach § 51 Abs. 2 VwVfG ausgeschlossen. Der von dem Kläger mit dem Asylfolgeantrag vorgelegte Beleg des Internetproviders, aus dem sich die genannte Zahl der Zugriffe auf die Webseite ergibt, datiert vom 23. Juli 1998. Da die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden nur wenige Tage zuvor stattfand, hätte sich der Kläger bereits zu diesem Termin Gewissheit darüber verschaffen können, dass der Artikel in großer Zahl über das Internet abgerufen wurde. Seine Befürchtung, dass angesichts der Häufigkeit der Zugriffe auf die Internetseite auch eine Wahrscheinlichkeit der Kenntnisnahme durch die vietnamesischen Behörden besteht, hätte mithin bereits dem Verwaltungsgericht Wiesbaden im abgeschlossenen Erstverfahren gegenüber geäußert werden können.

Die von dem Kläger mit seinem Asylfolgeantrag weiterhin vorgelegten Unterlagen betreffen schließlich die Gründung des Vereins "Demokratische Erneuerung Vietnams Frankfurt (Main)", seine Wahl zum ersten Vorsitzenden dieses Vereins und verschiedene von ihm für den Verein ausgeübte politische Tätigkeiten. Die Berufung auf diese Umstände und eine daraus abgeleitete Furcht vor politischer Verfolgung ist nicht innerhalb der dreimonatigen Frist für die Geltendmachung der Gründe für das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG erfolgt. Die Gründung des Vereins "Demokratische Erneuerung Vietnams Frankfurt (Main)" und die Wahl des Klägers zum ersten Vorsitzenden fand am 6. August 1998 statt. Die von dem Kläger belegten politischen Aktivitäten für den Verein wurden im Zeitraum vom 7. August bis 7. Dezember 1998 ausgeübt. Ein hierauf gestützter Asylfolgeantrag hätte folglich spätestens bis zum 8. März 1999 (einem Montag) gestellt werden müssen. Da der Kläger den Folgeantrag bezüglich des oben genannten Vortrags nicht rechtzeitig gestellt hat, ist er auch mit seinem auf die späteren exilpolitischen Aktivitäten bezogenen Vorbringen ausgeschlossen. Zwar können im Asylfolgeverfahren auch nach der Stellung des Folgeantrags eingetretene Tatsachen geltend gemacht werden. Dies setzt allerdings voraus, dass es sich um Umstände handelt, die einen rechtzeitig innerhalb der Antragsfrist nach § 51 Abs. 3 Satz 1 VwVfG vorgetragenen Sachverhalt lediglich ergänzen oder konkretisieren. Auf erstmals nach Ablauf der Antragsfrist vorgebrachte Tatsachen lässt sich ein Folgeantrag dagegen nicht stützen (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Februar 1998 - BVerwG 9 C 28.97 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 295).

II.

Aber selbst wenn man mit der Vorinstanz den Asylfolgeantrag des Klägers insgesamt als gemäß §§ 71 Abs. 1 AsylVfG, 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zulässig betrachten und deshalb über das Asylbegehren in dem durch den Kläger im Asylfolgeverfahren geltend gemachten Umfang "durchentscheiden" wollte, könnte diesem in der Sache kein Erfolg beschieden sein. Dem Kläger droht auch unter Berücksichtigung der von ihm im Asylfolgeantrag vorgetragenen Gründe nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung bei Rückkehr in sein Heimatland. Für die wegen des in erster Instanz zutreffend festgestellten Ausschlusses vom Asylgrundrecht gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 1 AsylVfG allein mögliche Feststellung der Voraussetzungen des Abschiebungsschutzes für politisch Verfolgte nach § 51 Abs. 1 AuslG besteht folglich keine Grundlage.

Die Verfolgungsprognose hat auf der Grundlage des für nicht Vorverfolgte geltenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabs zu erfolgen. Der für Vorverfolgte anzuwendende herabgestufte Wahrscheinlichkeitsmaßstab kommt dem Kläger nicht zugute, denn das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat in seinem Urteil vom 14. Juli 1998 festgestellt, dass der Kläger nicht vorverfolgt ist. Da der Kläger bezüglich der von ihm im Erstverfahren behaupteten Vorverfolgungssituation keine Wiederaufnahmegründe geltend gemacht hat, ist dieser Bereich einer erneuten Überprüfung im Asylfolgeverfahren entzogen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. August 1987 - BVerwG 9 B 318.86 -, Buchholz 402.25 § 14 AsylVfG Nr. 6).

Als Anknüpfungspunkt für eine dem Kläger in seiner Heimat drohende politische Verfolgung kommt allein die von ihm in Deutschland entfaltete exilpolitische Betätigung in Betracht. Den von ihm auch im vorliegenden Asylfolgeverfahren erwähnten früheren politischen Aktivitäten vor der Ausreise aus Vietnam kommt dagegen keine erkennbare Bedeutung mehr zu. Auch wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten in Deutschland hat der Kläger im Falle der Rückkehr nach Vietnam indessen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Repressalien zu befürchten.

1.

Der Senat vermag zunächst nicht zu erkennen, dass gegen den Kläger bereits Ermittlungen in Vietnam wegen der dort über Zeitungsveröffentlichungen, über das Internet oder durch Ausspähung durch Agenten bekannt gewordenen oppositionellen Aktivitäten des Klägers in Deutschland im Gange sind. Die dementsprechende, im Asylfolgeantrag aufgestellte und im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen der Schwester des Klägers und des Zeugen B. untermauerte Behauptung hat im vorliegenden Berufungsverfahren keine Bestätigung gefunden.

Der Zeuge B. hatte in seiner dem Senat mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten vom 15. Februar 2001 vorgelegten eidesstattlichen Erklärung vom 13. Februar 2001 dargelegt, er habe mit der in seinem Betrieb beschäftigten Schwester des Klägers und deren Tochter die Eltern des Klägers in Hanoi besucht. Obwohl sie nur ihre persönliche Kleidung und einige belanglose Geschenke mitgeführt hätten, seien sie bei der Gepäck- und Personalkontrolle über zwei Stunden lang in einem separaten Raum auf das Schärfste kontrolliert worden. Am Abend des gleichen Tages seien gegen 20.30 Uhr fünf Polizisten bei den Eltern des Klägers erschienen und hätten ihnen Fotos des Klägers gezeigt. Die Polizeibeamten hätten erklärt, dass der Kläger in Vietnam steckbrieflich wegen Volksverhetzung im Rundfunk und Internet gesucht werde und dass ein Haftbefehl gegen ihn vorliege. Die Beamten hätten nochmals das gesamte Gepäck auf Disketten, CD-ROMs und Zeitschriften durchsucht. Sie hätten unbedingt wissen wollen, wo sich der Kläger aufhalte. Nach endloser Fragerei habe er - der Zeuge B. - den Polizisten schließlich erklärt, dass er in Vietnam seinen Urlaub verbringen und mit dem Kläger nichts zu tun haben wolle. Da die Vernehmung kein Ende genommen habe, habe er energisch darauf bestanden, die Befragung in den Räumen der Deutschen Botschaft fortzusetzen. Daraufhin hätten die Beamten umgehend das Haus der Eltern des Klägers verlassen. Während ihres Aufenthalts seien sie noch drei Mal im Hause der Eltern kontrolliert und befragt worden. Die Befragungen seien erst auf seinen Hinweis, er werde wegen der unerträglichen Schikanen sofort abreisen, beendet worden. Danach seien sie bis auf die ebenfalls schikanöse Abfertigung beim Rückflug in Ruhe gelassen worden.

Bei seiner Vernehmung durch den damaligen Berichterstatter des Senats am 21. Mai 2002 hat der Zeuge B. die Vorgänge während seines Besuchs in Vietnam dagegen vollkommen anders dargestellt.

Hinsichtlich der von ihm in seiner Erklärung vom 13. Februar 2001 geschilderten Schwierigkeiten bei der Einreise gab der Zeuge bei seiner Vernehmung nunmehr an, diese hätten sich durchaus Rahmen dessen bewegt, was früher bei der Einreise in die damalige DDR üblich gewesen sei. Sie hätten alle Koffer öffnen müssen, alles sei durchsucht worden. Die Prozedur habe deshalb so lange gedauert, weil die Maschine mit 400 Personen voll besetzt gewesen sei. Er habe nicht den Eindruck gehabt, dass die Schwester des Klägers besonders streng kontrolliert worden sei. Sie sei vielmehr wie alle anderen Passagiere kontrolliert worden. In der Wohnung der Eltern habe eine Begrüßung stattgefunden, bei der ca. 20 Personen anwesend gewesen seien. An dem Abend sei nichts Besonderes geschehen. Am nächsten Tag sei ein Uniformierter bei seinen Gastgebern erschienen und er habe seinen Pass zur Verfügung stellen müssen. Der Uniformierte habe Einsicht in den Pass genommen und Eintragungen in mitgeführte Unterlagen gemacht. Er - der Zeuge - nehme an, dass es sich um einen Bediensteten der Meldebehörde gehandelt habe, der die Anmeldung habe kontrollieren wollen. Etwa acht Tage später seien zwei uniformierte Personen in der Wohnung der Eltern des Klägers erschienen und hätten erneut seinen Pass sehen wollen. Die anderen Hausbewohner seien nicht kontrolliert worden. Als er der Schwester des Klägers gegenüber sein Befremden über die häufigen Kontrollen geäußert habe, habe diese zum ersten Mal erklärt, dass ihr Bruder wegen seiner exilpolitischen Betätigung gesucht werde.

Auf Befragen erklärte der Zeuge im Termin zur Beweisaufnahme weiterhin, dass am Begrüßungsabend mehrere uniformierte Personen zugegen gewesen seien. Er denke, dass es sich hierbei um Leute aus der Verwandtschaft des Klägers gehandelt habe. Die Schwester des Klägers habe erklärt, dass sie nach ihrem Bruder gefragt worden sei. Er selbst sei von den Uniformierten nicht befragt worden. Am gleichen Abend seien Fotos herum gereicht worden, auf denen zum Teil auch der Kläger abgebildet gewesen sei. Dies sei aber mehr im Familienkreis geschehen.

Unter Berücksichtigung dieser Aussage liegen keinerlei auf eine mögliche Ermittlungstätigkeit der vietnamesischen Behörden gegen den Kläger hindeutenden Anhaltspunkte vor. Im Gegenteil ist aus den Angaben des Zeugen B. zu schließen, dass den vietnamesischen Stellen entweder die exilpolitischen Aktivitäten des Klägers nicht bekannt sind, oder aber, dass sie die Betätigung des Klägers als nicht bedeutsam genug betrachten, um gegen ihn in seiner Abwesenheit vorzugehen. Gerade der Aufenthalt der in Deutschland lebenden Schwester des Klägers und eines Deutschen, von dem die vietnamesischen Behörden annehmen mussten, dass er zum engeren Bekanntenkreis des Klägers gehört, hätte sich bei einem laufenden Ermittlungsverfahren angeboten, etwas über die exilpolitischen Tätigkeiten des Klägers in Erfahrung zu bringen. Dass entsprechende Bemühungen unterblieben sind und offensichtlich auch zu keinem Zeitpunkt der Versuch unternommen wurde, die Familie des Klägers unter Druck zu setzen oder sie zumindest an einer Ausreise aus Vietnam zu hindern, zeigt deutlich, dass die vietnamesischen Stellen kein Interesse haben, gegen den in Deutschland lebenden Kläger strafrechtlich oder mit anderen Mitteln vorzugehen. Auch der Umstand, dass die Schwester des Klägers im Sommer 2001 erneut ungehindert nach Vietnam reisen konnte und auch bei dieser Gelegenheit nicht wegen ihres Bruders befragt oder behelligt wurde, belegt, dass gegen den Kläger kein strafrechtliches oder administratives Verfahren wegen seiner politischen Betätigung im Ausland im Gange ist. Die Schwester des Klägers hegt überdies erkennbar selbst keine Furcht, wegen der exilpolitischen Tätigkeit ihres Bruders in Vietnam zur Rechenschaft gezogen oder zumindest verhört zu werden. Auf die Frage des Zeugen, ob ein Aufenthalt in Vietnam wegen der Dinge, die bei ihrem Aufenthalt passiert seien, nicht gefährlich sein könnte, habe ihr die Schwester des Klägers - so der Zeuge bei seiner Vernehmung - erklärt, dass es sie nichts angehe, was ihr Bruder "angeblich" tue. Auch in ihrer eigenen eidesstattlichen Erklärung vom 9. Juni 2002 hat die Schwester des Klägers diese zweite Reise als "nicht gefährlich" bezeichnet.

Die weiteren Aussagen des Zeugen B. bei seiner Vernehmung am 21. Mai 2002 machen schließlich deutlich, dass er von dem Kläger zu der Abgabe der eidesstattlichen Erklärung vom 13. Februar 2001 mit einem von diesem vorgegeben Inhalt gedrängt wurde. Auf entsprechendes Befragen erklärte der Zeuge nämlich, er sei von dem Kläger wenige Tage nach der Rückkehr aus Hanoi gebeten worden, eine Erklärung abzugeben. Der Kläger habe ihm dabei gesagt, dass er in nicht näher erläuterten Schwierigkeiten sei. Die von ihm verfasste Erklärung habe der Kläger mitgenommen und sei nach einigen Tagen mit einer abgeänderten Fassung erschienen, die er - B. - dann unterschrieben habe. Den Text habe er auf Geschäftspapier selbst geschrieben, wobei er das abgeschrieben habe, was der Kläger ihm mitgebracht habe.

Der Senat geht davon aus, dass die detaillierten und auch auf Nachfragen widerspruchsfreien Angaben des Zeugen B. bei seiner Vernehmung durch den früheren Berichterstatter des Senats der Wahrheit entsprechen. Die eidesstattliche Erklärung der Schwester des Klägers vom 9. Juni 2002 rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Schwester des Klägers hat in dieser Erklärung den Inhalt der eidesstattlichen Erklärung des Zeugen B. vom 13. Februar 2001 lediglich pauschal als richtig bezeichnet, ohne aber ihrerseits eine ins Detail gehende Schilderung der Vorgänge bei dem Besuch ihrer Eltern zu geben. Begründete Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Zeuge aus Verärgerung über seine offenbar fehlgeschlagenen Bemühungen um Vertiefung der Beziehungen zur Schwester des Klägers bewogen worden sein könnte, die Vorgänge abweichend von seiner früheren Erklärung bewusst unrichtig zu schildern, haben sich nicht ergeben. Die entsprechenden Vorwürfe des Klägers und seiner Schwester in ihrer eidesstattlichen Erklärung erschöpfen sich in nicht näher belegten Vermutungen und Vorhaltungen.

2.

Der Kläger hätte wegen seiner exilpolitischen Betätigung auch nicht mit der erforderlichen beachtlichen Wahrscheinlichkeit die Ergreifung von strafrechtlichen oder sonstigen asylrechtlich bedeutsamen staatlichen Maßnahmen zu erwarten, wenn er jetzt nach Vietnam zurückkehren würde.

Der Umstand, dass gegen den Kläger in Vietnam ersichtlich keine Ermittlungen im Gange sind und bislang offensichtlich auch keine Versuche unternommen wurden, den Kläger durch Druck auf seine Familie zur Rückkehr zu bewegen oder auch nur seine eventuelle Absicht zur Rückkehr in Erfahrung zu bringen, zeigt bereits deutlich, dass offenbar keine Absicht besteht, gegen den Kläger wegen seiner oppositionellen Tätigkeit in Deutschland vorzugehen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es offenbar durchaus Fälle gegeben hat, in denen Familienangehörige und Bekannte von im Ausland aktiven Oppositionellen in Vietnam unter Druck gesetzt wurden. So berichtet der Sachverständige ...................... in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2001 an das Verwaltungsgericht Potsdam darüber, dass ihm eine Reihe von Fällen bekannt seien, in denen Angehörige und Freunde von in Deutschland tätigen Oppositionellen nach ihrer Rückkehr intensiven Befragungen durch die Polizei- und Sicherheitsorgane ausgesetzt gewesen seien. Sie seien hierbei auch sehr eindringlich dazu aufgefordert wurden, ihre in Deutschland tätigen Verwandten oder Freunde dazu anzuhalten, ihre regimekritischen Aktivitäten zu unterlassen, da eine Fortsetzung dieser Aktivitäten sich sehr negativ auf die noch in Vietnam lebenden Familienmitglieder dieser Personen auswirken könnte.

Darüber hinaus ergeben sich auch aus den aktuellen Erkenntnissen keine Anhaltspunkte für eine dem Kläger in seiner Heimat mit überwiegender Wahrscheinlichkeit drohende politische Verfolgung.

Allerdings wird die Gefährdung im Ausland gegen die vietnamesische Regierung opponierender Personen in den vorliegenden Auskünften und Stellungnahmen der verschiedenen sachinformierten Stellen durchaus unterschiedlich beurteilt.

Das Auswärtige Amt nimmt in seinen Lageberichten (vom 3. August 2000, 9. Juli 2001 und 1. April 2003) und Auskünften (vgl. etwa Auskünfte vom 6. Januar 2000 an das Verwaltungsgericht Freiburg sowie 3. Juli 2002 und 20. August 2002 jeweils an das Verwaltungsgericht Darmstadt) an, dass eine oppositionelle Betätigung im Ausland grundsätzlich zu keinen asylrelevanten Konsequenzen im Falle einer Rückkehr nach Vietnam führt. Dem Auswärtigen Amt seien bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen Rückkehrer wegen exilpolitischer Aktivitäten Repressalien der vietnamesischen Behörden ausgesetzt gewesen seien. Es seien weiterhin auch keine Fälle bekannt, in denen in Vietnam lebende Angehörige exilpolitisch tätiger Vietnamesen durch die dortigen Behörden unter Druck gesetzt worden seien. Unter den ca. 8.000 Personen, die seit dem 15. Mai 1996 auf der Grundlage des Deutsch-Vietnamesischen Rückübernahmeabkommens nach Vietnam zurückgekehrt seien, hätten sich auch Personen befunden, die in Deutschland exilpolitisch aktiv gewesen seien. Die in Vietnam tätigen Nicht-Regierungs-Organisationen und andere Beobachter der Menschenrechtslage gingen davon aus, dass die vietnamesische Regierung der Auffassung sei, Auslandsaktivitäten berührten die vietnamesische Gesellschaft nur begrenzt. Die Auslandsaktivitäten der Opposition und ihre zum Teil unversöhnliche Kritik an der Politik der Regierung würden - so das Auswärtige Amt - von der breiten vietnamesischen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. In Einzelfällen berichteten vietnamesische Presseorgane allgemein über "Straftaten" vietnamesischer Exilanten im Ausland. Rückkehrern könne allerdings im Einzelfall eine Bestrafung wegen Propaganda gegen die sozialistische Gesellschaftsordnung drohen. Dies hänge vom Inhalt der jeweiligen politischen Aktivitäten ab. Sollte der Betreffende aufgrund seiner Tätigkeit im Ausland Bekanntheit in Vietnam erlangt haben, sei allerdings eine Einreiseverweigerung wahrscheinlicher als Repressionen in Vietnam. Im Jahr 2001 sei dem Auswärtigen Amt ein Fall bekannt geworden, in dem die vietnamesische Botschaft in C-Stadt einem Vietnamesen schriftlich bescheinigt habe, wegen seiner exilpolitischen Betätigung werde ihm die Einreise nach Vietnam verweigert. Dies sei allerdings ein Einzelfall.

Repressionen seien allerdings dann zu befürchten, wenn sich der Rückkehrer während seines Aufenthaltes im Ausland öffentlich und nachhaltig in besonders exponierter Weise politisch oppositionell gegen das in Vietnam herrschende Regime betätigt bzw. geäußert habe. Im Einzelfall könne eine Bestrafung gem. Art. 82 VStrGB wegen Propaganda gegen die sozialistische Gesellschaftsordnung drohen. Dies hänge vom Inhalt der jeweiligen politischen Aktivitäten und von deren Öffentlichkeitsgrad ab. So habe nach bisheriger Beobachtung die Kritik an der im Verwaltungsapparat verbreiteten Korruption regelmäßig keine Repressionen ausgelöst.

Ähnlich wird die Gefährdungslage von dem Sachverständigen Oskar Weggel in seinen Stellungnahmen vom 4. April 2003 an das Verwaltungsgericht Göttingen und vom 20. Mai 2002 an das Verwaltungsgericht Darmstadt eingeschätzt.

Unter dem Anfangsverdacht, an Veranstaltungen oppositioneller und regimefeindlicher Gruppierungen im Ausland teilgenommen zu haben, stehe - so der Sachverständige - eigentlich jeder Vietnamese, der mehrere Jahre lang im Ausland gelebt habe. Würden hier pauschale Konsequenzen gezogen, müsste daher nahezu jeder Rückkehrer zur Rechenschaft gezogen werden. Nach bisherigen Erfahrungen sei dies jedoch nicht der Fall. Um wirklich belangt zu werden, müsse der Betreffende als Aktivist schon stärker aufgefallen oder zumindest in den Scheinwerfer sicherheitsdienstlicher Beobachtung geraten sein. Entscheidend sei nach vietnamesischer Praxis fast immer die Einwirkung der Tat auf die Volksmeinung und die dadurch hervorgerufene "Verwirrung". Ansonsten versuchten die Behörden, regimekritischem Verhalten weniger mit repressiven als vielmehr mit "sozialistischen" Mitteln entgegenzutreten, sei es nun mit marktwirtschaftlichen Zugeständnissen, mit Armutsbekämpfungsprogrammen, mit verbesserten Petitionsaussichten oder mit vermehrter Zulassung von Kundgebungen, die als Ventil dienen könnten.

Anders stellt sich die Gefährdungslage nach den Aussagen des Sachverständigen ............. dar. Dieser geht in seinen für verschiedene Verwaltungsgerichte erstatteten Stellungnahmen (vom 14. September 2000 an das Verwaltungsgericht München, vom 1. August 2002 an das Verwaltungsgericht Darmstadt, 30. März 2002 an das Verwaltungsgericht Darmstadt, 14. Oktober 2001 an das Verwaltungsgericht Potsdam) davon aus, dass vietnamesische Staatsbürger, die im Ausland öffentliche Kritik an dem Regierungssystem ihres Landes bzw. an der Politik ihrer Regierung geübt haben, bei ihrer Rückkehr grundsätzlich mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen müssen.

Über Aktivitäten und Publikationen der im Ausland lebenden Vietnamesen sei die vietnamesische Regierung - so der Sachverständige - durch die intensive Ermittlungstätigkeit von Mitarbeitern der vietnamesischen Auslandsvertretungen sehr genau informiert. Er selbst habe bei verschiedenen Veranstaltungen beobachten können, dass vietnamesische Diplomaten oder deren Mitarbeiter regimekritische Vietnamesen fotografiert und sich Notizen über ihre Aktivitäten gemacht hätten. Dass diese Erkenntnisse auch nach Hause gemeldet und dort weiter ausgewertet würden, beweise nicht zuletzt die wiederholten namentlichen Erwähnungen regimekritischer Organisationen in offiziellen Publikationen Vietnams.

Die Ahndung von im Ausland begangenen Straftaten erfolge auf der Grundlage von Art. 6 VStrGB. Als Straftatbestände würden vor allem Art. 88 VStrGB, der die "Propaganda gegen die Sozialistische Republik Vietnam" unter Strafe stelle, und Art. 91 VStrGB angewandt, der bei "Agitation gegen die Volksmacht", die vom Ausland aus unternommen werde, die Verhängung einer langjährigen Freiheitsstrafe vorsehe. Daneben könne noch Art. 73 VStrGB zur Anwendung gelange, der "Aktivitäten mit dem Ziel die Volksmacht zu stürzen" unter Strafe stelle. Für die oftmals auch vom Auswärtigen Amt vertretene Auffassung, dass die entsprechenden Staatsschutzparagrafen des VStrGB bei mangelnder Publikumswirksamkeit der regimekritischen Auslandsaktivitäten keine Anwendung fänden, gebe es keine konkreten Belege. Auch das am 21. Dezember 1999 vom Parlament verabschiedete neue VStrGB, das am 1. Juli 2000 in Kraft getreten sei, lasse nicht den Schluss zu, dass man sich zu einer großzügigeren Behandlung im Ausland erfolgter oppositioneller Aktivitäten und Meinungsäußerungen durchgerungen hätte. Während andere Teile des neuen VStrGB eine umfassende Überarbeitung bzw. Erweiterung erfahren hätten, seien alle bei regimekritischen Aktivitäten in Betracht kommenden Artikel allenfalls mit marginalen Korrekturen erneut aufgenommen worden. Lediglich in der Nummerierung der einzelnen Artikel hätten sich einige Verschiebungen ergeben. Der besondere Stellenwert dieser Bestimmungen sei beibehalten worden. Der Schutz des Staates habe also nach wie vor Vorrang vor den schutzwürdigen Interessen seiner Bürger und eine großzügigere Behandlung der politischen Opposition im In- und Ausland nicht zu erwarten. Offizielle Vertreter Vietnams hätten zwar wiederholt erklärt, man werde gegenüber Personen, die im Ausland an regimekritischen Aktivitäten teilgenommen oder sie gar organisiert hätten, "Großzügigkeit und Milde" walten lassen. Derartige Äußerungen hätten aber stets einen recht unverbindlichen Charakter. Sie seien niemals schriftlich klar fixiert oder in einem rechtlich verbindlichen Dokument niedergelegt worden. Gegen eine solche Absicht sprächen auch die jüngsten Äußerungen des Ministers für öffentliche Sicherheit, Le Minh Huong, der "extremistische Reaktionäre in den vietnamesischen Gemeinden im Ausland" beschuldigt habe, mit Unterstützung imperialistischer Länder das revolutionäre Regime in Vietnam stürzen zu wollen. Das in jüngster Zeit zu beobachtende verstärkte Vorgehen gegen in Vietnam lebende Oppositionelle, die mit Hilfe des Internets ihre kritischen Gedanken zu verbreiten suchten, weise ebenfalls nicht darauf hin, dass die vietnamesischen Behörden Regimekritiker nachsichtiger behandeln würden. In Vietnam seien zwar - so der Sachverständige Will - gewisse Spielräume für die politische Opposition entstanden, aber die Grenzen und die Beständigkeit dieser Freiräume seien in keiner Weise gesichert und ständigen, zum Teil sehr irrationalen Veränderungen unterworfen. Auch wenn die vietnamesische Regierung und ihre Mitarbeiter in den Aktionen der Exilorganisationen keine direkte bzw. wirklich ernst zu nehmende Bedrohung der Staatsmacht sähen, so stellten sie doch für den vietnamesischen Staat eine Herabwürdigung dar. Die Mitgliedschaft in Organisationen, die sich sehr dezidiert gegen das Herrschaftssystem in der Sozialistischen Republik Vietnam ausgesprochen und in der Beseitigung dieses Herrschaftssystems eine unabdingbare Voraussetzung für eine prosperierende Entwicklung ihres Heimatlandes sähen, sei zweifellos eine noch stärkere Herausforderung der vietnamesischen Regierung und ihres Herrschaftsapparates als die bloße Teilnahme an regimekritischen Veranstaltungen. Hieraus folge, dass sich auch das Bestrafungsrisiko durch die Mitgliedschaft in diesen Organisationen erheblich erhöhe. Allerdings dürften die Exilorganisationen der Bevölkerung in Vietnam keinen allzu hohen Bekanntheitsgrad haben. In der vietnamesischen Presse werde zwar immer wieder über regimekritische Organisationen im Ausland berichtet, aber bei der Vielzahl der Organisationen, die dort genannt würden, dürften dem vietnamesischen Zeitungsleser eine genaue Zuordnung der einzelnen Organisationen kaum möglich sein. Die exilpolitischen Organisationen versuchten natürlich auch auf den verschiedensten Wegen ihre Publikationen nach Vietnam zu bringen und auch mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel sich in Vietnam bekannt zu machen, aber sie knüpften dabei zu wenig an die konkreten Lebensumstände der vietnamesischen Bevölkerung an, um dort entsprechende Resonanz zu finden. Trotz des eher geringen Einflusses der Organisationen zähle für den vietnamesischen Staat nicht so sehr die tatsächliche Außenwirkung dieser Organisationen, sondern vielmehr die Tatsache, dass durch sie und ihre Aktivitäten der Staat im Ausland öffentlich herabgewürdigt werde und sein Gesicht verliere.

Ungeachtet dessen könne von einer gleichmäßigen Anwendung der Strafbestimmungen in Vietnam nicht die Rede sein. Nach den ihm - dem Sachverständigen - zur Verfügung stehenden Informationen wichen die behördlichen und juristischen Maßnahmen gegen politische Oppositionelle sehr stark voneinander ab. Ob jemand wegen einer Teilnahme an einer regimekritischen Veranstaltung im Ausland bestraft werde oder nicht, hänge von einer ganzen Reihe von Faktoren (Einfluss der politischen Großwetterlage, Kontakt des Betreffenden zu politischen Entscheidungsträgern, die ihm Schutz gewähren können, u.s.w.) ab.

Der Senat geht auf der Basis dieser Erkenntnislage davon aus, dass eine beachtliche Gefahr, wegen einer in Deutschland ausgeübten exilpolitischen Betätigung nach den geltenden Staatsschutzbestimmungen des vietnamesischen Strafgesetzbuches bestraft oder in anderer asylrechtlich bedeutsamen Weise belangt zu werden, nur dann besteht, wenn es sich bei dieser Tätigkeit um eine nachhaltig und öffentlich ausgeübte besonders hervorgehobene oppositionelle Betätigung handelt, die einen nennenswerten Einfluss auf die vietnamesische Öffentlichkeit auszuüben vermag und die deshalb geeignet ist, den vietnamesischen Staat aus dortiger Sicht öffentlich herabzuwürdigen. Dass unter diesen Umständen eine erhebliche Verfolgungsgefahr für exilpolitisch tätige Vietnamesen besteht, entspricht der übereinstimmenden Einschätzung der oben aufgeführten Sachverständigen und des Auswärtigen Amtes.

Die bloße Mitgliedschaft in Exilorganisationen und die Teilnahme an Veranstaltungen dieser Organisationen begründet indessen die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung aus politischen Gründen in Vietnam ebenso wenig wie die Ausübung von Funktionen in örtlichen und regionalen Exilgruppen und Unterorganisationen größerer Exilorganisationen sowie die bloße Veröffentlichung regimekritischer Beiträge in Zeitschriften oder anderen Medien. Dass solche eher untergeordnete exilpolitische Tätigkeiten die betreffenden Personen keiner ernsthaften Verfolgungsgefährdung aussetzen, ergibt sich nach Ansicht des Senats schon daraus, dass es wegen der großen Anzahl der im Ausland aktiven Exilgruppen und ihrer Mitglieder und Sympathisanten bereits aus Kapazitätsgründen nicht möglich ist, jedwede durch die intensive Beobachtung bekannt werdende oppositionelle Tätigkeit zu verfolgen. Wegen der nach Einschätzung sowohl des Auswärtigen Amtes wie auch des Sachverständigen ..... geringen Resonanz der Auslandsorganisationen in der vietnamesischen Öffentlichkeit ist auch ein gesteigertes Interesse der vietnamesischen Behörden an der Ahndung dieses Verhaltens nicht ersichtlich. Auch der Sachverständige ...... verweist darauf, dass das Vorgehen der Behörden gegen im Ausland aktive Oppositionelle von Willkür geprägt und von unterschiedlichen Faktoren, u.a. auch politischer Opportunität, abhängig ist.

Mit dieser Einschätzung befindet sich der Senat im Übrigen in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des früheren 13. Senats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa Urteil vom 19. Juni 1995 - 13 UE 1327/94 -). Die dargestellten neuen Erkenntnisquellen geben keinen Anlass, die Gefährdungslage für exilpolitisch aktive Vietnamesen abweichend von dieser Rechtsprechung zu beurteilen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine für den Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende Gefahr, wegen seiner gegen das derzeitige vietnamesische Regime gerichteten politischen Betätigung in Deutschland nach Rückkehr bestraft oder in anderer Weise verfolgt zu werden, nicht erkennbar.

Trotz seiner vielfältigen Tätigkeiten für unterschiedliche Exilgruppierungen und der Veröffentlichung zahlreicher Beiträge in unterschiedlichen Medien gehen seine Aktivitäten letztlich nicht über das hinaus, was in gleicher Weise von vielen vietnamesischen Oppositionellen im Ausland praktiziert wird.

Dies gilt auch angesichts der Tatsache, dass einige Artikel des Klägers auf Webseiten im Internet publiziert wurden. Diese Veröffentlichungsform führt für Exilpolitiker zu keiner erkennbaren Vergrößerung des Gefährdungspotentials. Ersichtlich versuchen zahlreiche Exilorganisationen, über eigene Webseiten die schriftlichen Veröffentlichungswege zu umgehen und auf diese Weise aktiv in die vietnamesische Öffentlichkeit einzuwirken. Diese Versuche sind jedoch zum Scheitern verurteilt, weil der Zugang zu diesen Seiten von den vietnamesischen Behörden durch Firewalls reglementiert wird und die Seiten deshalb in Vietnam überhaupt nicht aufrufbar sind (vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 7. März 2003 an das Verwaltungsgericht Frankfurt/Oder). Im Übrigen hat die vietnamesische Öffentlichkeit - wie bereits von dem Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt wurde - wegen des geringen Verbreitungsgrades des Internets in Vietnam nahezu keine praktischen Möglichkeiten, auf dieses Medium zuzugreifen. Die bislang bekannt gewordenen Verurteilungen wegen Verbreitung regimekritischer Beiträge im Internet zu teilweise langjährigen Haftstrafen (vgl. Pressemeldungen der taz vom 28. Dezember 2002 und der Frankfurter Rundschau vom 20. Juni 2003) betreffen von daher ersichtlich besonders gelagerte Einzelfälle von im Land lebenden Vietnamesen, die mit denen des Klägers nicht zu vergleichen sind.

Es handelt sich bei dem Kläger aus vietnamesischer Sicht schließlich auch nicht um eine besonders herausgehobene Persönlichkeit, deren Aktivitäten und veröffentlichten politischen Äußerungen auch im Land selbst einen nennenswerten Niederschlag finden könnten. Der Verein "Demokratische Erneuerung Vietnams Frankfurt (Main)", dessen Vorsitzender der Kläger ist, ist eine letztlich unbedeutende regionale Gruppierung. In der deutschen Sektion der "Sozialdemokratischen Partei Vietnams" ist der Kläger lediglich Mitglied, ist in dieser Partei also nicht durch besondere Tätigkeiten oder Funktionen hervorgetreten.

III.

Schließlich ergeben sich aus dem vorliegenden Sachverhalt auch keine Anhaltspunkte für die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 AuslG. Auch der insoweit gestellte Hilfsantrag des Klägers muss folglich erfolglos bleiben.

IV.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil er mit seinem Rechtsmittel erfolglos bleibt (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b Abs. 1 AsylVfG).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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