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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 24.11.2004
Aktenzeichen: 11 UE 317/03
Rechtsgebiete: BVerfGG, GG, TierSchG


Vorschriften:

BVerfGG § 31 Abs. 1
GG Art. 20a
TierSchG § 4a Abs. 2 Nr. 2
1. Die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 2002 - 1 BvR 1783/99 - ist nach der Einbeziehung der "Tiere" in Art. 20a Grundgesetz im Hinblick auf die Auslegung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten nach § 4a Abs. 2 Nr. 2 Tierschutzgesetz entfallen.

2. § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG ist unter Beachtung des von dem Gesetzgeber mit dieser Regelung verfolgten Zwecks und der rechtlichen Bedeutung der Einbeziehung der "Tiere" in Art. 20a GG auszulegen. Dabei liegt es nicht in der Kompetenz der Rechtsprechung, sondern des Gesetzgebers, den Anwendungsbereich des § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG grundlegend zu verändern.

3. Eine "Religionsgemeinschaft" im Sinne des Art. 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG ist eine religiöse Gruppe, die belegbar durch gemeinsame, als verbindlich angesehene Glaubensüberzeugungen verbunden ist. Dies ist für die Gruppe der Muslime innerhalb des Islam, die das Verbot des Verzehrs von Fleisch nicht geschächteter Tiere als für sie verbindliche Vorschrift beurteilen, grundsätzlich zu bejahen. Dem steht nicht entgegen, dass es innerhalb des Islam auch Glaubensrichtungen gibt, die diese Überzeugung nicht teilen.

4. Das Vorliegen "zwingender Vorschriften" im Sinne des § 4a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG setzt den Nachweis voraus, dass die Religionsgemeinschaft das Verbot des Genusses von Fleisch nicht geschächteter Tiere aus einer religiösen Vorschrift herleitet, dieses Verbot für sich als verbindlich beurteilt und tatsächlich praktiziert.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

11 UE 317/03

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Tierschutzrechts - Ausnahmegenehmigung zum Schächten

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 11. Senat - durch

Präsidenten des Hess. VGH Reimers, Richter am Hess. VGH Dr. Dyckmans, Richter am Hess. VGH Igstadt, ehrenamtliche Richterin Rahn, ehrenamtlichen Richter Walter

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufungen des Klägers und des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 9. Dezember 2002 - 10 E 141/02 - werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil im Hinblick auf die Kostenentscheidung abgeändert wird.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu einem Drittel, der Beklagte zu zwei Drittel zu tragen. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger erstrebt die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten gemäß § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Tierschutzgesetz - TierSchG -.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Erlass des verwaltungsgerichtlichen Urteils wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, dessen Feststellungen sich der Senat zu Eigen macht. Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 9. Dezember 2002 den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landrates des Lahn-Dill-Kreises vom 7. Juli 1997 und des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Gießen vom 16. September 1997 verpflichtet, den Kläger hinsichtlich seines Antrags auf Ausnahmegenehmigung zum Schächten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe grundsätzlich einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Ausnahmegenehmigung. Es bedürfe keiner näheren Darlegung, dass das in § 4 a TierSchG enthaltene Verbot der Tötung von warmblütigen Wirbeltieren ohne vorherige Betäubung mit dem Grundgesetz vereinbar sei und dem Kläger als Angehörigem einer Religionsgruppe mit den entsprechenden Vorschriften die Ausnahmeregel des § 4 a Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative TierSchG grundsätzlich offen stehe. Insoweit könne auf die Begründung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 2002 verwiesen werden. Der Kläger gehöre ebenso wie zahlreiche seiner Kunden einer Gruppe des Islam an, die Fleisch von Tieren nur nach der Schächtung verzehren dürfe. Die allgemeine Sachkunde des Klägers zum Schächten ergebe sich daraus, dass er in der Zeit seiner beruflichen Tätigkeit ab dem Jahre 1988 unter ständiger Aufsicht des zuständigen Veterinäramtes in der Ausübung seines Berufs als Metzger beanstandungsfrei tätig geworden sei.

Entscheidungsreif sei die Sache aber noch nicht hinsichtlich des Umfangs der Schlachtgenehmigung entsprechend dem konkreten Bedarf vor Ort. Dabei seien der Bedarf der Kunden, die technischen und hygienischen Möglichkeiten des Schlachtbetriebes des Klägers sowie die Leistungsfähigkeit des Inhabers der Genehmigung angemessen zu berücksichtigen. Dies obliege aufgrund seines fachspezifischen Kenntnisstandes dem Beklagten bei einer entsprechenden Prüfung der Umstände vor Ort. Im Übrigen könne eine Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG nur erteilt werden, wenn auch die allgemeinen Voraussetzungen für die jeweilige Berufsausübung erfüllt seien, wie etwa die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nach § 35 Abs. 1 GewO und der Notwendigkeit der Eintragung in die Handwerksrolle. Das Verwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen.

Gegen das ihm am 14. Januar 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 12. Februar 2003 bei dem Verwaltungsgericht Gießen eingegangenem Schriftsatz ebenso Berufung eingelegt wie der Beklagte gegen das ihm am 16. Januar 2003 zugestellte Urteil mit im gleichen Monat bei dem Verwaltungsgericht Gießen eingegangenem Schriftsatz.

Der Kläger führt mit am 14. März 2003 bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung aus, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, er - der Kläger - habe die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ohne zeitliche Bestimmung begehrt. Er habe schon in seinem Antrag vom 4. Juni 1997 an den Landrat des Lahn-Dill-Kreises deutlich gemacht, dass er eine Ausnahmegenehmigung für das Schächten von ca. 200 Rindern und 500 Schafen pro Jahr beantrage. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe er im Hinblick auf den bis zu dem erstinstanzlichen Urteil verstrichenen Zeitraum nicht die Rechtswidrigkeit der Ablehnung der Ausnahmegenehmigung durch eine Fortsetzungsfeststellungsklage verfolgen müssen. In seinem unbefristeten Verpflichtungsantrag sei ein solcher Fortsetzungsfeststellungsantrag als notwendiges Minus enthalten. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht nur ein Bescheidungsurteil erlassen; es sei verpflichtet gewesen, die Sache entscheidungsreif zu machen. Die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts notwendigen Darlegungen zu dem Fleischbedarf habe er in dem oben erwähnten Antragsschriftsatz durch Angabe der Zahl der jährlich zu schächtenden Tiere bezeichnet. Auch im Hinblick auf die "technischen und hygienischen Möglichkeiten" oder die "Leistungsfähigkeit" des Schlachtbetriebs sei ein Bescheidungsurteil wegen der angeblich notwendigen Auflagen durch die zuständige Behörde nicht rechtmäßig. Es habe in der Vergangenheit keinerlei Beanstandungen der Behörden in dieser Hinsicht gegeben. Auch eine Befristung der Genehmigung sei weder notwendig noch sachgerecht. § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG sehe eine solche Befristungsmöglichkeit nicht vor. Im übrigen bestehe auch in der Sache keine Notwendigkeit für eine Befristung einer Ausnahmegenehmigung. Eine Einschränkung der Ausnahmegenehmigung sei letztlich auch nicht auf der Grundlage des durch Art. 20 a GG neu eingefügten Staatszieles Tierschutz angezeigt, da der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts trotz Einfügung dieser Vorschrift nach wie vor Bindungswirkung zukomme und die in diesem Urteil genannten Bedingungen für eine Genehmigungserteilung erfüllt seien. Schließlich bestehe Spruchreife - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - auch hinsichtlich der "allgemeinen Voraussetzungen für die jeweilige Berufsausübung, d. h. die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften", insbesondere im Hinblick auf die Gewerbeordnung.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Gießen vom 9. Dezember 2002 - 10 E 141/02 sowie Aufhebung des Bescheides des Landrats des Lahn-Dill-Kreises vom 7. Juli 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Gießen vom 16. September 1997 das beklagte Land zu verpflichten, ihm - dem Kläger - eine unbefristete Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG für das Schlachten von 200 Rindern und 500 Schafen pro Jahr ohne vorherige Betäubung (Schächten) zu erteilen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen vom 9. Dezember 2002 - 10 E 141/02 -, soweit darin der Bescheid des Landrats des Lahn-Dill-Kreises vom 7. Juli 1997 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Gießen vom 16. September 1997 aufgehoben und - er - der Beklagte verpflichtet worden ist, den Kläger hinsichtlich seines Antrags auf Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 TierSchG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, aufzuheben, und die Klage insgesamt abzuweisen.

Er führt mit am 12. März 2003 bei dem Hessischen Veraltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz zur Begründung seiner Berufung aus, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten an den Kläger bejaht. Der Kläger habe auch auf der Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 2002 - 1 BvR 1783/99 - nicht substantiiert und nachvollziehbar dargelegt, dass er die Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2, Alt. 2 TierSchG zur Versorgung der Mitglieder einer Gemeinschaft benötige, nach deren gemeinsamer Glaubensüberzeugung der Verzehr des Fleisches von Tieren zwingend eine betäubungslose Schlachtung voraussetze. Grundsätzlich sei für Muslime die Betäubungslosigkeit keine Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Schlachtung eines Tieres. Maßgeblich sei insoweit nur, dass das Tier, was bei elektrisch betäubten Tieren zu bejahen sei, zu Beginn der Schlachtung noch lebe. Der Kläger habe insoweit auch nicht substantiiert dargelegt, um welche abgrenzbare Religionsgemeinschaft es sich handele, für die entsprechend seiner Behauptung der Verzehr von geschächtetem Fleisch zwingend sei. Der Hinweis auf den "Verein der guten Sitten" in Q. sei nicht ausreichend. Dabei handele es sich nicht um eine Religionsgemeinschaft, sondern um einen Verein, der allen türkischen Staatsbürgern ohne Differenzierung nach ihren religiösen Auffassungen zugänglich sei. Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland sei keine Religionsgemeinschaft, die zwingend ein betäubungsloses Schlachten vorschreibe. Dass er dies nicht ablehne, sei selbstverständlich.

Im Übrigen sei nach der Einführung des Staatszieles "Tierschutz" in Art. 20 a GG ein strengerer Maßstab für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG anzulegen. Die verfassungsrechtliche Auslegung dieser Vorschrift durch das Bundesverfassungsgericht sei von der Konzeption des Gesetzgebers, nämlich der Ausgestaltung als repressives Verbot des betäubungslosen Schlachtens mit dem Vorbehalt einer Ausnahmegenehmigung, abgewichen. Diese Auslegung sei erfolgt, weil sonst den Belangen des Tierschutzes "ohne zureichende verfassungsrechtliche Rechtfertigung" der Vorrang hätte eingeräumt werden müssen. Dies habe sich nach Einfügung des Tierschutzes in Art. 20 a GG geändert. Nach der Begründung des Gesetzentwurfes zur Einfügung des Art. 20 a GG solle die Verankerung des ethischen Tierschutzes in der Verfassung den bereits einfach-gesetzlich normierten Tierschutz stärken und die Wirksamkeit tierschützender Normen sicherstellen. Als "Staatsziel" könne der Tierschutz auch Grundrechte, die wie Art. 4 Abs. 1 GG vorbehaltlos gewährleistet seien, inhaltlich einschränken. Dabei habe dann eine Abwägung im Sinne der "praktischen Konkordanz" zu erfolgen. Die unterliegende Norm dürfe deshalb nur soweit zurückgedrängt werden, wie dies logisch und systematisch zwingend erscheine. Im vorliegenden Falle wäre ein solcher Ausgleich dadurch zu erreichen, dass im Rahmen des § 4 a Abs. 2 TierSchG von dem um eine Ausnahmegenehmigung nachsuchenden Antragsteller der volle Nachweis der tatbestandlichen Voraussetzungen zu verlangen sei. Zudem sei weiter eine inhaltliche Begrenzung des § 4 a Abs. 2 TierSchG durch die strenge Handhabung des Tatbestandsmerkmals "Religionsgemeinschaft" vorzunehmen, die ausschlösse, dass z. B. sektiererische Gruppen tierquälerische Handlungen als Akt der Glaubensausübung ausgeben könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens und der Verfahren 7 G 1570/95 Verwaltungsgericht Gießen, 7 E 940/96 Verwaltungsgericht Gießen = Hess. VGH 11 UZ 1276/97, 10 E 535/03 Verwaltungsgericht Gießen = Hess. VGH 11 UE 2132/04, 10 G 553/03 Verwaltungsgericht Gießen = Hess. VGH 11 TG 3191/03, sowie der Verfahren 11 Q 325/03 und 11 Q 1561/04 und von drei den Kläger betreffenden Heftern Behördenakten des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die von dem Verwaltungsgericht zugelassenen und fristgerecht eingelegten Berufungen des Klägers und des Beklagten sind jeweils nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht den Beklagten verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, und die Klage im übrigen abgewiesen. Die Berufung ist mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils dahingehend abgeändert wird, dass die Kosten des Verfahrens der Kläger zu einem Drittel und der Beklagte zu zwei Drittel zu tragen hat.

Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte ihn hinsichtlich seines Antrags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Tierschutzgesetz - TierSchG - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bescheidet.

Nach § 4 a Abs. 1 TierSchG darf ein warmblütiges Tier nur geschlachtet werden, wenn es vor Beginn des Blutentzugs betäubt worden ist. Abweichend davon bedarf es keiner Betäubung, wenn die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) erteilt; sie darf die Ausnahmegenehmigung nur insoweit erteilen, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich dieses Gesetzes entsprechend, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen (§ 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG). Die Tatbestandsvoraussetzung, dass zwingende Vorschriften einer Religionsgemeinschaft den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen, liegt hier vor. In welcher Weise die Durchführung des Schächtens durch den Kläger seitens der Beklagten als notwendigen Regelungsteil des Verwaltungsaktes " Ausnahmegenehmigung für Schächten" zu regeln ist, liegt im Hinblick auf die unten näher bezeichneten Modalitäten im Beurteilungsspielraum des Beklagten. Insoweit kommt deshalb nur eine Verpflichtung des Beklagten in Betracht, den Kläger nach der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Erteilung der Ausnahmegenehmigung ist gemäß § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG erforderlich, um den Bedürfnissen von Angehörigen einer Gruppierung innerhalb des Islam zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen. Der Kläger hat nachgewiesen, dass für ihn die Ausnahmegenehmigung zum Schächten erforderlich ist, um den Bedarf seiner Kunden nach Fleisch geschächteter Tiere zu erfüllen, für die die bindende Glaubensüberzeugung besteht, ihnen sei der Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagt. Der Senat hält es nach der Einfügung des Tierschutzes als Staatsziel in Art. 20 a GG für notwendig, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten "nachgewiesen" wird. Soweit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 2002 - 1 BvR 1783/99 - (BVerfGE 104, 337) es für ausreichend hält, "dass derjenige, der die Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG zur Versorgung der Mitglieder einer Gemeinschaft benötigt, substantiiert und nachvollziehbar darlegt, dass nach deren gemeinsamer Glaubensüberzeugung der Verzehr des Fleisches von Tieren zwingend eine betäubungslose Schlachtung voraussetzt", hält sich der Senat nach der Einbeziehung der "Tiere" in Art. 20 a GG durch Gesetz vom 26. Juli 2002 (BGBl. I S. 2862) nicht mehr an diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gebunden. Die Bindungswirkung dieses Urteils, das im vorliegenden, den Kläger betreffenden Gerichtsverfahren mit dem Ergebnis der Aufhebung des Beschlusses des Senats vom 9. September 1999 - 11 UZ 37/98 - sowie des Urteils des Verwaltungsgerichts Gießen vom 2. Dezember 1997 - 7 E 1572/99 (3) - und Zurückverweisung der Sache an das Verwaltungsgericht ergangen ist, ist, soweit der "Tierschutz" als rechtlicher Belang für die Entscheidung von rechtserheblicher Bedeutung ist, durch die Einbeziehung des Tierschutzes in die Staatszielbestimmung des Art. 20 a GG entfallen.

Nach § 31 Abs. 1 BVerfGG binden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden. Dabei setzt diese Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG die formelle und insbesondere materielle Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts voraus (Bethge in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Kommentar, Stand: Januar 2004, § 31 Rdnr. 30; Rennert in: Umbach/Clemens, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, Kommentar, 1992, § 31 Rdnr. 27). Die Rechtskraft des im vorliegenden Verfahren ergangenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts wirkt zwischen den Beteiligten dieses Verfahrens (vgl. dazu grundsätzlich Bethge, a. a. O. § 31 Rdnr. 52). Aufgrund der Bindung der Verfahrensbeteiligten an den Inhalt der in materieller Rechtskraft erwachsenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist jedenfalls davon auszugehen, dass diese Bindung der Verfahrensbeteiligten "auch von den Gerichten zu beachten ist" (Bethge, a. a. O., § 31 Rdnr. 57), die im gleichen Verfahren zu entscheiden haben. Aufgrund der materiellen Rechtskraft ist nicht nur das erkennende Gericht, also das Bundesverfassungsgericht selbst, sondern jedes andere Gericht, das zur Entscheidung über denselben Streitgegenstand berufen ist, an die in Rechtskraft erwachsene Entscheidung gebunden (Rennert, a. a. O., § 31 Rdnr. 44). Die Rechtskraft umfasst dabei neben dem Ausspruch über den Verfahrensgegenstand insbesondere bei zurückverweisenden Entscheidungen über Verfassungsbeschwerden die tragenden Entscheidungsgründe, soweit sie die Auslegung verfassungsrechtlicher Fragen betreffen (Rennert, a. a. O., § 31 Rdnr. 38). Für den vorliegenden Zusammenhang bedeutet dies, dass die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts sich vor allem auf dessen Ausführungen zum grundrechtlichen Prüfungsmaßstab und die Auslegung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG bezieht. Die Bindung der Fachgerichte, deren Entscheidungen das Bundesverfassungsgericht mit dem oben angeführten Urteil aufgehoben hat, ergibt sich somit aufgrund der materiellen Rechtskraft dieses Urteils im vorliegenden Verfahren.

Diese Bindungswirkung ist aber, soweit die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzliche verfassungsrechtliche Ausführungen zum rechtlichen Gewicht des Tierschutzes enthält, durch die Einfügung des Tierschutzes in Art. 20 a GG entfallen. Die objektive Reichweite der Rechtskraft, zu der auch der zeitliche Faktor gehört, findet bei wesentlichen Änderungen der Sach- oder Rechtslage ihre Grenze (Bethge, a. a. O., § 31 Rdnr. 68). Die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung, die sich stets auf den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens bezieht, erfasst nicht später eintretende, wesentliche, d. h. rechtserhebliche Veränderungen. Zu derartigen relevanten Veränderungen gehören insbesondere Gesetzesänderungen ( BVerfG, B. v. 30.05.1972 - 1 BvL 21/69 u. a. -, BVerfGE 33, 199 <204>, B. v. 12.06.1990 - 1 BvL 72/86 -, BVerfGE 82, 198 <205>; Rennert, a. a. O., § 31 Rdnr. 47, 49). Da sie in zeitlicher Hinsicht nicht weiterreichen kann als die Bindungswirkung aufgrund der materiellen Rechtskraft, entfällt bei entscheidungserheblich veränderter Sachlage deshalb auch die Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG (Rennert, a. a. O., § 31 Rdnr. 91; Bethge, a. a. O., § 31 Rdnr. 100 sowie die genannten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 33, 199 und BVerfGE 82, 198).

Im vorliegenden Falle entfällt durch die Normierung des Tierschutzes in Art. 20 a GG die Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, soweit in den tragenden Entscheidungsgründen davon ausgegangen wird, "dass der Tierschutz einen Gemeinwohlbelang darstellt, dem auch in der Bevölkerung ein hoher Stellenwert beigelegt wird". Außerdem wird davon auch betroffen die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, ohne die Regelung einer Ausnahme von dem Verbot des Schächtens im Hinblick auf die grundrechtlich geschützte Ausübung eines religiös geprägten Berufs und die Einhaltung religiös motivierter Speisevorschriften durch die Kunden des Berufsauübenden würden die Grundrechte derjenigen, die betäubungslose Schlachtung berufsmäßig vornehmen wollen, unzumutbar beschränkt und den "Belangen des Tierschutzes wäre ohne zureichende verfassungsrechtliche Rechtfertigung einseitig der Vorrang eingeräumt".

Die Bewertung einer zureichenden verfassungsrechtlichen Rechtfertigung der Belange des Tierschutzes hat sich durch die Einfügung des Tierschutzes in Art. 20 a GG maßgeblich verändert. Der Tierschutz ist nicht mehr als nur einfach-gesetzlich durch das Tierschutzgesetz und andere einschlägige Gesetze geschütztes Rechtsgut in die Abwägung mit den Grundrechten des Klägers im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG einzustellen, sondern als Staatsziel Verfassungsgut wie auch die durch Grundrechte geschützten Rechtsgüter (Behrens, Gutachterliche Stellungnahme zu den Auswirkungen von Staatszielbestimmungen aufgrund der Änderungen am Beispiel der Aufnahme des Tierschutzes in Art. 20 a GG, 2002, S. 29). Wesentlicher Anlass für die Einfügung des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz war das in diesem Verfahren ergangene Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Den Tierschutz gerade im Hinblick auf die Abwägung im Rahmen des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG auf Verfassungsrang zu heben, um damit eine Lösung im Wege der "praktischen Konkordanz" zwischen grundrechtlich geschützten Verfassungsgütern und dem Tierschutz als Staatsziel zu schaffen, war eines der wesentlichen Motive, die den Verfassungsgesetzgeber zur Änderung des Art. 20 a GG bewogen haben (Hirt/ Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 2003, § 4 a Rdnr. 25). Mit der Einfügung des Staatsziels Tierschutz hat der Verfassungsgeber ausdrücklich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts reagiert (Kluge, Staatsziel Tierschutz, ZRP 2004, 10 <13>, unter Hinweis auf Äußerungen von Bundestagsabgeordneten gemäß BT-Plenarprotokoll 14/237 vom 17.05.2002, S. 23667). Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat insoweit offensichtlich bewusst im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Bemühungen zur Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz wieder aufgenommen, weil die "Auswirkungen des Urteils von der ganz überwiegenden Mehrheit der Abgeordneten als unerträglich empfunden" worden seien (Hirt, a. a. O., § 4 a Rdnr. 27). In dem Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und des Bündnisses 90/Die Grünen vom 26. Februar 2002 (BT-Drs. 14/8360) wird zur Begründung ausgeführt, die Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung solle den "bereits einfach-gesetzlich normierten Tierschutz stärken und die Wirksamkeit tierschützender Bestimmungen sicherstellen". Diese Begründung findet sich auch in dem schließlich Gesetz gewordenen Entwurf der genannten Fraktionen und der Fraktionen der CDU/CSU sowie der FDP vom 23. April 2002 (BT-Drs. 14/8860, 3). Schon in der Begründung zu einem Gesetzentwurf des Bundesrates vom 14. April 1999 (BT-Drs. 14/758, 4) war die Notwendigkeit einer Verankerung eines Staatsziels Tierschutz im Grundgesetz mit dem Ziel begründet worden, in der Gesetzesanwendung und in der Rechtsprechung die erforderliche Abwägung zu anderen, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern, etwa der Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit, aber auch der Berufsfreiheit und der Eigentumsgarantie im Einzelfall zu erreichen. Nur so würden die Gerichte in die Lage versetzt, den Tierschutz mit dem ihm gebührenden Gewicht in Abwägungsprozesse mit anderen Rechtsgütern einstellen zu können, ohne weiter im Konfliktfall diesen Rechtsgütern von vornherein den Vorrang einräumen zu müssen.

Angesichts des Verfassungsrangs des Tierschutzes muss die Frage des von dem Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil angesprochenen Vorrangs des Tierschutzes aufgrund verfassungsrechtlicher Rechtfertigung neu geprüft und beantwortet werden (Kluge in: Kluge u. a., Tierschutzgesetz, Kommentar 2002, § 4 a Rdnr. 19). Gerade nach der historischen Auslegung, die bei einer erst vor kurzer Zeit erfolgten Verfassungsänderung besonderes Gewicht hat, sind die Motive, die den Gesetzgeber zu einem - hier verfassungsändernden - Gesetz bewogen haben, von besonderer Bedeutung. Die von dem Bundesverfassungsgericht zugrunde gelegte Gewichtung des Tierschutzes und die auf dieser Grundlage vorgenommene Auslegung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG können deshalb nicht mehr unverändert herangezogen werden ( so aber OVG Nordrhein-Westfalen zur Auslegung des Begriffs "zwingende Rechtsvorschriften" in § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG, B. v. 16.07.2003 - 20 A 1108/03 -, Schleswig-Holsteinisches VG, B. v. 30.1.2004 - 1 B 7/04 -, Schleswig-Holsteinisches OVG, B. v. 30.1.2004 - 4 MB 4/04). Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts entfaltet deshalb, soweit es tragende Gründe zum rechtlichen Gewicht des Tierschutzes im Verhältnis zu anderen grundgesetzlich geschützten Rechtsgütern, insbesondere in Grundrechten, enthält, trotz der materiellen Rechtskraft des Urteils keine Bindungswirkung mehr (im Ergebnis im Hinblick auf § 31 BVerfGG ebenso: Behrens, a.a.O., S. 28 f.; Caspar/ Schröter, Das Staatsziel Tierschutz in Art. 20 a GG, 2003, S. 93 f.; Hirt, a. a. O., § 4 a Rdnr. 27; Kluge, a. a. O., § 4 a Rdnr. 8 c).

Im übrigen hat das Urteil aber, soweit es die verfassungsrechtliche Einordnung des von dem Senat aufgrund der Zurückverweisung an die Fachgerichte zu beurteilenden Sachverhalts betrifft, weiterhin Bindungswirkung. Dies gilt vor allem für die Bewertung und Einordnung der grundrechtlichen Ausgangslage durch das Bundesverfassungsgericht. Die Feststellungen des Bundesverfassungsgerichts dazu, dass die Grundrechte des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 und 2 GG durch die Anwendung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG betroffen sind, ist von maßgeblicher Bedeutung für die verfassungsorientierte Auslegung dieser Norm des Tierschutzgesetzes durch dieses Gericht (vgl. dazu grundsätzlich Hain/Unruh, Neue Wege in der Grundrechtsdogmatik? - Anmerkungen zum Schächt-Urteil des BVerfG nach Änderung des Art. 20 a GG -, DÖV 2003, 147 <149 f.>; Behrens, a. a. O., S. 23 f.; Pabel, Der Grundrechtsschutz für das Schächten, EuGRZ 2002, 220 <225 ff.>; Tillmanns, Die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum betäubungslosen Schlachten nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG, NuR 2002, 578 <579 f.>).

Für die Frage, in welcher Auslegung § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG im vorliegenden Falle verfassungskonform angewendet wird, ist maßgeblich, welcher grundrechtliche Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt wird. Nach Feststellung des Bundesverfassungsgerichts ist dies im vorliegenden Falle für den Kläger Art. 2 Abs. 1 GG in der Ausprägung, wie sie sich aus dem Spezialitätsverhältnis zwischen dem auf Deutsche beschränkten Art. 12 Abs. 1 GG und dem für Ausländer nur subsidiär geltenden Art. 2 Abs. 1 GG ergibt. Da das Schächten für den Kläger auch Ausdruck einer religiösen Grundhaltung ist, die für ihn als gläubigen sunnitischen Muslimen die Verpflichtung einschließt, die Schächtung nach den von ihm als bindend empfundenen Regeln seiner Religion vorzunehmen, ist dem verfassungsrechtlich dadurch Rechnung zu tragen, dass der Schutz der Berufsfreiheit des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 GG durch den speziellen Freiheitsgehalt des Grundrechts der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verstärkt wird (BVerfG, U. v. 15.1.2002 - 1 BvR 1783/99 -, a. a. O.). Da diese rechtliche Einordnung der grundrechtlichen Ausgangslage für den Kläger die Anwendung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG entscheidend bestimmt, gehört sie zu den "tragenden Gründen" des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, an die der Senat im vorliegenden Verfahren, in dem er denselben Sachverhalt wie das Bundesverfassungsgericht zu beurteilen hat, wegen der materiellen Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gebunden ist. Insoweit kann hier dahingestellt bleiben, inwieweit die vielfach geäußerte grundrechtsdogmatische Kritik an der rechtlichen Einordnung der Grundrechtsbetroffenheit des Klägers zutreffend ist (vgl. außer den oben genannten Aufsätzen von Hain/Unruh, Pabel und Tillmanns auch Dietz, Ausnahmegenehmigungen zum Schächten aufgrund § 4 a TierSchG, NuR 2003, 477 <480 f.>; Kluge, a. a. O., § 4 a Rdnr. 8 d f.).

Auf dieser Grundlage ist festzustellen, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung an den Kläger im vorliegenden Falle erforderlich ist, um den Bedürfnissen von Angehörigen einer Glaubensgemeinschaft im Rahmen des Islam zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen. Der Kläger hat nachgewiesen, dass er mit dem Schächten von Rindern und Schafen den Bedürfnissen von Angehörigen einer "Religionsgemeinschaft" innerhalb des Islam entspricht. Die Auslegung des Begriffs der "R e l i g i o n s g e m e i n s c h a f t" in § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG ist auch nach Einfügung des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz so vorzunehmen, wie sie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 15. Februar 2002 konkretisiert hat. Das Staatsziel Tierschutz führt nicht zu einer nunmehr verfassungsrechtlich gebotenen Änderung dieser Auslegung. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil festgestellt, als "Religionsgemeinschaften" in der Bedeutung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG kämen auch "Gruppierungen innerhalb des Islam" in Betracht, deren Glaubensrichtung sich von derjenigen anderer islamischen Gemeinschaften unterscheide. Diese Auslegung des Begriffs der Religionsgemeinschaft stehe mit der Verfassung in Einklang und trage insbesondere Art. 4 Abs. 1 und 2 GG Rechnung. Sie sei auch mit dem Wortlaut der genannten Vorschrift vereinbar und entspreche dem Willen des Gesetzgebers, den Anwendungsbereich des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG nicht nur für Angehörige der jüdischen Glaubenswelt, sondern auch für Mitglieder des Islam und seiner unterschiedlichen Glaubensrichtungen zu öffnen (vgl. BT-Drs. 10/5259, S. 38). Das Bundesverfassungsgericht bezieht sich insoweit auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 23. November 2000 (- 3 C 40.99 -, BVerwGE 112, 227 <234 f.>), nach denen es sachgerecht und verhältnismäßig sei, dass der Gesetzgeber die Ausnahmegenehmigung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG an die gemeinsame Glaubensüberzeugung einer Religionsgemeinschaft geknüpft habe. Die Gefahr eines Missbrauchs wäre kaum einzuschränken, wenn allein die individuelle Glaubensüberzeugung Einzelner maßgeblich sei. Das Abstellen auf eine Glaubensgemeinschaft biete eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung eine ernsthafte und verantwortete Glaubensentscheidung zugrunde liege. Dies bedeute aber auch, dass der Schutzzweck des Tierschutzgesetzes es nicht rechtfertige, als Glaubensgemeinschaft nur eine rechtlich verfasste Gruppe gelten zu lassen. Es sei daher für die Erteilung der Erlaubnis erforderlich, aber auch ausreichend, dass es sich bei der Religionsgemeinschaft um eine "durch gemeinsame Glaubensüberzeugung verbundene Gruppe von Menschen" handele.

Diese Auslegung des Begriffs der Religionsgemeinschaft entspricht dem vom Gesetzgeber mit der Neufassung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG im Jahre 1986 verfolgten Sinn und Zweck. Nach der gesetzlichen Begründung soll damit gerade auch für Anhänger des Islam und seine unterschiedlichen Glaubensrichtungen die Möglichkeit eröffnet werden, zur Erfüllung ihrer religiösen Bedürfnisse im Hinblick auf das Schächten und den Verzehr von Fleisch geschächteter Tiere eine Ausnahmegenehmigung zum Schächten zu erteilen. Das Schächten sei vor allem für die islamische und die jüdische Glaubenswelt von Bedeutung. Beide seien von unterschiedlichen Glaubensrichtungen mit jeweils anderen Speisevorschriften geprägt (BT-Drs. 10/5259, S. 38). Dieser nach dem gesetzgeberischen Willen mit § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG verfolgte Sinn und Zweck wird durch die Einfügung des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz nicht aufgehoben. Die Verankerung des Tierschutzes in der Verfassung soll den "bereits einfach-gesetzlich normierten Tierschutz stärken und die Wirksamkeit tierschützender Bestimmungen sicherstellen". Daraus folgt aber nicht, dass wegen der verfassungsrechtlichen Verankerung des Tierschutzes die Ziele der vom Gesetzgeber in diesem Bereich getroffenen gesetzlichen Regelungen durch die Rechtsprechung für obsolet erklärt werden könnten. Die Staatszielbestimmung des Art. 20 a GG wendet sich primär und vorrangig vor den anderen Gewalten an den Gesetzgeber. Dies bedeutet, dass die Prärogative für die Umsetzung der Staatszielbestimmung "ausschließlich beim parlamentarischen Gesetzgeber liegt und dass vollziehende Gewalt und Rechtsprechung an den Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes gebunden sind" (Scholz in: Maunz-Dürig u. a., Grundgesetz, Kommentar, Stand: 43. Ergänzungslieferung Februar 2004, Art. 20 a Rdnr. 46). Die konkrete Umsetzung des in Art. 20 a GG angelegten bzw. vorgegebenen Handlungsauftrages an den Gesetzgeber ist grundsätzlich der gerichtlichen Nachprüfbarkeit entzogen (Scholz, a. a. O., Art. 20 a Rdnr. 49). Der Staat schützt die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und "nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung". Zwar hat die Rechtsprechung insbesondere im Rahmen verfassungskonformer Auslegung von Gesetzen zu beurteilen, inwieweit der Gesetzgeber in Gesetzen Raum für eigene Norminterpretationen und - konkretisierungen einräumt. Die letzte Entscheidung verbleibt aber beim Gesetzgeber, dessen Vorstellungen von der einfach-gesetzlichen Ausgestaltung der in Art. 20 a GG genannten Staatsziele Vorrang hat (Scholz, a. a. O., Art. 20 a Rdnr. 58). Auch die Verwirklichung des Staatszieles Tierschutz obliegt somit vorrangig dem Gesetzgeber durch Normierungen des einfach-gesetzlichen Tierschutzrechts (Scholz, a. a. O., Art. 20 a Rdnr. 76).

Für den vorliegenden Zusammenhang bedeutet dies, dass auch in Ansehung des Staatszieles Tierschutz die Rechtsprechung die geltenden Regelungen des Tierschutzgesetzes entsprechend dem vom Gesetzgeber intendierten Sinn und Zweck auszulegen hat, soweit der Gesetzgeber nicht selbst aufgrund des Handlungsauftrages zur Verwirklichung des Staatszieles Tierschutz diese Regelungen ändert oder diese Regelungen evident verfassungswidrig sind. Dies ist für die seit 1986 geltendende Regelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG nicht festzustellen. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich die Verfassungsmäßigkeit der Norm in der von ihm vorgenommenen Auslegung festgestellt. Selbst wenn und soweit man diese Auslegung im Hinblick auf die Einfügung des Staatszieles Tierschutz dem nun verfassungsgerichtlichen Gewicht des Tierschutzes anpasst, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die von dem Gesetzgeber mit der Regelung intendierte Möglichkeit, u. a. Muslimen zur Verwirklichung ihrer Glaubensüberzeugung das Schächten ausnahmsweise zu erlauben, verfassungswidrig wäre. Es ist deshalb, solange der Gesetzgeber selbst nicht der Auffassung ist, dass aufgrund des Staatszieles "Tierschutz" die von ihm vorgesehene Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten zu ändern ist, diese gesetzliche Regelung mit dem Inhalt - und d. h. insbesondere mit dem von dem Gesetzgeber damit intendierten Sinn und Zweck - zugrunde zu legen, wie er sich aus den Materialien für die Begründung dieses Gesetzes ergibt. Für diese Zurückhaltung der Rechtsprechung gegenüber dem Willen des Gesetzgebers gerade im Hinblick auf § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG spricht insbesondere, dass der Bundestag nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, mit dem die gesetzliche Regelung unter Heranziehung des von dem Gesetzgeber damit verfolgten Sinns und Zwecks für verfassungskonform erklärt worden war, nicht § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG geändert hat, sondern es offensichtlich wegen des Rekurses des Bundesverfassungsgerichts auf den Tierschutz als bloßen "Gemeinwohlbelang" für geboten hielt, dem Tierschutz als Staatsziel Verfassungsrang einzuräumen. Der verfassungsändernde Gesetzgeber wollte, dass insbesondere Behörden und Gerichte dem Tierschutz bei der Auslegung und Anwendung von Gesetzen den gleichen verfassungsrechtlichen Rang wie anderen grundgesetzlich verbürgten Rechtsgütern zumessen. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass damit der rechtliche Gehalt der gesetzlichen Regelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG geändert werden sollte. Intention und Ziel der Regelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG, wie sie der Gesetzgeber 1986 niedergelegt hat, bleiben, solange der Gesetzgeber die Regelung nicht ändert, bestehen. Auch eine an dem Staatsziel Tierschutz ausgerichtete verfassungskonforme Auslegung hat sich an dem Willen des einfachen Gesetzgebers zu orientieren, soweit nicht zwingend und evident durch die Verfassung etwas anderes geboten ist.

Dies bedeutet für den vorliegenden Zusammenhang, dass eine unter Berücksichtigung des Staatszieles Tierschutz vorzunehmende Auslegung grundsätzlich ihre Grenze in dem erkennbar mit der Regelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG von dem Gesetzgeber verfolgten Sinn und Zweck hat. Nur soweit festzustellen wäre, dass der Sinn und Zweck dieser Regelung dem Staatsziel Tierschutz unabweisbar entgegenstünde, wäre eine Auslegung vorzunehmen, die dem mit der Regelung von dem Gesetzgeber intendierten Sinn und Zweck widerspräche. Auch dies müsste allerdings seine Grenze in einer Auslegung haben, die faktisch zu einer Nichtanwendung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG deshalb führte, weil die Anforderungen an die Verwirklichung der Voraussetzungen der Norm so hoch angesetzt würden, dass sie praktisch kaum noch anzuwenden wäre. Unter Berücksichtigung des oben dargestellten Vorrangs des Gesetzgebers bei der Verwirklichung von Staatszielen des Grundgesetzes durch Umsetzung in einfach-gesetzliche Regelungen ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber, der auch mehr als zwei Jahre nach der Einfügung des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG unverändert gelassen hat, diese Norm auch in Ansehung des Staatszieles Tierschutz aufrechterhalten und in der von ihm mit der Regelung intendierten Weise angewendet wissen will. Für die Auslegung der Norm durch das Gericht bedeutet dies, dass unter Beachtung des Staatszieles Tierschutz eine Auslegung der Norm vorzunehmen ist, die sowohl dem mit der Einfügung des Staatszieles Tierschutz verfolgten Zielen des Verfassungsgebers als auch dem mit der gesetzlichen Regelung von dem einfachen Gesetzgeber verfolgten Sinn und Zweck entspricht. Die Staatszielbestimmung Tierschutz ruft den Gesetzgeber dazu auf, im einfachen Recht die Belange und den Schutz der Tiere im Ausgleich mit anderen berechtigten Interessen zu verwirklichen (BT-Drs. 14/8860, S. 3). Damit liegt keine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für einen einseitigen Vorrang des Tierschutzes vor. Der Gesetzgeber hat vielmehr nach dem Grundsatz der praktischen Konkordanz und damit nach Maßgabe des diese Konkordanz im Einzelnen vermittelnden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. dazu Scholz, a. a. O., Art. 20 a Rdnr. 80) einen Ausgleich zwischen mehreren grundgesetzlich verbürgten Rechtsgütern herzustellen. § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG, mit dem der Gesetzgeber einen Ausgleich zwischen der prinzipiellen Regelung des Verbots betäubungslosen Schächtens und der Verwirklichung religiöser Überzeugungen im Hinblick auf das Gebot des Verzehrs nur vom Fleisch geschächteter Tiere vorgenommen hat, ist deshalb so auszulegen, dass eine Ausnahmegenehmigung ausschließlich in den Fällen erteilt wird, in denen sie zum Schutze ernsthafter und bindender Glaubensüberzeugungen unabweisbar ist.

Für die Auslegung des Begriffs "Religionsgemeinschaft" in § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG bedeutet dies, dass sie so erfolgen muss, dass einerseits nicht Glaubensüberzeugungen geschützt werden können, die Einzelne ohne Bezug zu einem bestimmten religiösen Gesamtzusammenhang behaupten, andererseits aber ernsthafte und von einer Vielzahl von Gläubigen als verbindlich gelebte Glaubensüberzeugungen zur Anwendung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG führen müssen. Dem Staatsziel Tierschutz ist bei der Auslegung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG mit dem von dem Gesetzgeber gewollten Sinn und Zweck dadurch zu entsprechen, dass Schlachten ohne Betäubung nur ausnahmsweise zu genehmigen ist, wenn das Verbot des Verzehrs des Fleisches nicht geschächteter Tiere für eine religiöse Gruppe mit einem festen Glaubenszusammenhang zur Verwirklichung ihrer Glaubensüberzeugung als notwendig zu qualifizieren ist.

Diesen Anforderungen entspricht die von dem Bundesverfassungsgericht vorgenommene Definition der "Religionsgemeinschaft" auch in Ansehung des Staatszieles Tierschutz, wie sie das Bundesverwaltungsgericht schon in seinem oben genannten Urteil vom 23. November 2000 (- 3 C 40.99 -, a. a. O.) vorgeformt hat. Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers soll § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG gerade auch für die religiösen Bedürfnisse von Muslimen ermöglichen, ausnahmsweise das Schächten von Tieren zu genehmigen. Es widerspräche deshalb dem mit dieser gesetzlichen Regelung verfolgten Sinn und Zweck und führte faktisch zur Nichtanwendung der Vorschrift für den großen "Adressatenkreis" der Muslime, für die sie auch vorgesehen ist, wenn eine Gemeinschaft von Glaubensangehörigen wie die des Islam, "die nach eigenem Selbstverständnis Sammelbecken divergierender religiöser Rechtsschulen und Gruppierungen sein will", nicht als Religionsgemeinschaft qualifiziert werden könnte, weil sie nicht in der Lage sei, ihre Mitglieder zwingenden Vorschriften zu unterwerfen (so Kluge, a. a. O., § 4 a Rdnr. 10). Eine Religionsgemeinschaft wird dadurch charakterisiert, dass sie gemeinsam bindende religiöse Vorstellungen anerkennt. Als Religionsgemeinschaft ist nicht eine Religion wie das Christentum oder der Islam mit den unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen zu qualifizieren, sondern eine innerhalb dieser Religionen durch gemeinsame, als verbindlich angesehene Glaubensüberzeugungen verbundene religiöse Gruppe. Dafür kommt es grundsätzlich nicht auf die Größe der Religionsgruppe an. Die Träger der Religionsfreiheit können diese hinsichtlich der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nicht nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie "sich in Übereinstimmung mit der Mehrheit einer großen Religionsgemeinschaft befinden" ( so aber Kluge, a.a.O., § 4 a Rdnr. 19). Unabhängig davon handelt es sich bei den Muslimen, die das Gebot des Verzehrs nur von Fleisch geschächteter Tiere als bindend ansehen, um eine gewichtige Gruppe innerhalb des Islam.

Es ist auch nach Einfügung des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz für das Merkmal "Religionsgemeinschaft" in § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG notwendig wie ausreichend, dass es sich dabei um eine durch eine gemeinsame Glaubensüberzeugung verbundene Gruppe handelt, die sich von anderen Glaubensrichtungen unterscheidet (Hirt, a. a. O., § 4 a Rdnr. 18). Notwendig ist ein belegbarer Gruppenkonsens, um auszuschließen, dass die subjektive Überzeugung eines Einzelnen vom zwingenden Charakter einer Verhaltensregel ausreichte und somit das Vorliegen einer "Religionsgemeinschaft" in das subjektive Belieben Einzelner gestellt würde. Andererseits ist aber nicht erforderlich, dass Religionsgemeinschaften im staatskirchenrechtlichen Sinne vorliegen (so aber Tillmanns, a. a. O., S. 584). Denn die formellen Anforderungen an den durch gemeinsamen religiösen Konsens verbundenen Zusammenschluss natürlicher Personen, der ein Minimum organisatorischer Struktur aufweisen müsse, knüpfen an formelle Kriterien an, die für die gemeinsame Verbundenheit in als zwingend empfundenen Glaubensüberzeugungen nicht notwendig sind. Das Abstellen auf eine Glaubensgemeinschaft soll die Gefahr von Missbräuchen verringern und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass dem Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung eine ernsthafte und verantwortete Glaubensentscheidung zugrunde liegt, wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem oben zitierten Urteil ausgeführt hat. Dafür ist es ausreichend, dass eine religiöse Gemeinschaft oder Gruppe nachweist, dass sie durch von ihr als bindend beurteilte Glaubensüberzeugungen verbunden ist. Auf besondere innere organisatorische Strukturen kommt es dafür nicht an (a. M. Tillmanns, a. a. O., S. 585). Es ist deshalb mit der von dem Bundesverfassungsgericht als verfassungsrechtlich zutreffend qualifizierten Bestimmung des Begriffs der "Religionsgemeinschaft" davon auszugehen, dass eine solche vorliegt, wenn die Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe auch innerhalb einer größeren Religion wie dem Islam nachgewiesen wird, die im Hinblick auf das Schächten durch eine gemeinsame religiöse Überzeugung verbunden ist. Bezugspunkt sind bei einer Religion wie dem Islam, der zum Schächtgebot unterschiedliche Auffassungen vertritt, nicht der Islam insgesamt oder die sunnitischen oder schiitischen Glaubensrichtungen dieser Religion. Es kommt vielmehr auf die innerhalb einer solchen Glaubensrichtung bestehende Religionsgemeinschaft an ( BVerfG, U. v. 15.1.2002 - 1 BvR 1783/99 -, a.a.O.).

Nach diesen Kriterien liegt hier eine Religionsgemeinschaft vor, die durch das für sie gemeinsame Gebot verbunden ist, nur Fleisch geschächteter Tiere zu verzehren. Der Kläger hat durch Vorlage mehrerer Stellungnahmen von Predigern und anderen religiösen Verantwortlichen dargelegt, dass er wie seine Kunden zu der Gruppe der Muslime gehört, die aus der Sure 5 Vers 3 entnehmen, dass ihnen der Verzehr nur von Fleisch geschächteter Tiere verbindlich vorgeschrieben ist. Der Kläger hat dazu in dem Verfahren VG Giessen 7 G 1570/95 und im vorliegenden Verfahren mit Schriftsätzen vom 1. Februar 2002 und vom 16. Juli 2002 Erklärungen und Stellungnahmen dieses Inhalts des "Vereins der guten Sitten" Q., der Gemeinde Q. des "Verbandes der Islamischen Kulturzentren e.V.", des "Türkischen Kulturvereins" I., des Vereins "Camii Moschee" J., des Vereins "Türkischer Sozialdienst" B., des "Shaik ul-Islam" in L. vom 9. Oktober 1995, des Zentralrats der Muslime in Deutschland vom 11. Juni 2001 an das Bundesverfassungsgericht sowie vom 15. Januar und 24. Juli 2002, sowie der Vorbeter A. A. und N. Y. des Moschee-Vereins Q. vom 4. Juli 2002 vorgelegt. Darin wird bestätigt, dass der Kläger und Mitglieder des "Vereins der guten Sitten" einer strengen Glaubensrichtung des Islam angehören, die nur das Fleisch nach islamischen Ritus geschlachteter Tiere (Rinder und Schafe) essen dürften. Dieser streng religiöse Schlachtritus (Schächten) sei nach ihrem Glauben und ihrer Religion nur dann legal und rein, wenn die Tiere ohne vorherige Betäubung geschlachtet (geschächtet) würden. Dies ergebe sich aus dem Koran, Sure 5, Vers 3. Um die rituelle Reinheit des Fleisches zu gewährleisten sei erforderlich, dass das Tier mittels eines scharfen Gegenstandes ohne vorherige Betäubung getötet werde, der dazu geeignet sei, durch das Zertrennen der Blutgefäße die Ausblutung zu gewährleisten. Nach ihrer islamischen Rechtsauffassung könne Fleisch nur dann verzehrt werden, wenn das Tier unter Beachtung der oben erwähnten Vorschriften geschlachtet worden sei. Die Mitglieder des "Vereins der guten Sitten" hätten ihr Fleisch nur von dem Kläger gekauft, weil er nach islamischen Ritus habe schlachten dürfen.

Der Zentralrat der Muslime führt in seinem Grundsatzpapier zum Thema "Tierhaltung und Schächten im Islam" als Stellungnahme zur Vorlage beim Bundesverfassungsgericht u. a. aus, bei der von dem Islam vorgeschriebenen rituellen Art des Schlachtens der Tiere nach der Sure 5, Vers 3 des Koran sei die vorherige Betäubung der Tiere verboten. Dies widerspreche der islamischen Norm und stehe im Widerspruch zu den Vorschriften des Islam. Beim islamischen Schächten erfolge durch die Durchtrennung der Halsschlagader eine sofortige Blutleere des Hirns mit gleichzeitiger Betäubung und sekundenschnellem Tod durch Stilllegung des Atemzentrums. Aufgrund dieser islamischen Vorschriften werde der muslimischen Bevölkerung in vielen europäischen Ländern das betäubungslose Schächten zum eigenen Verzehr und zum Teil auch zum Export gesetzlich erlaubt. Zu diesen Ländern gehörten Dänemark, die Niederlande, Belgien, Frankreich, Österreich, Spanien, Großbritannien und Irland. In allen islamischen Ländern sei die Betäubung von Schlachttieren untersagt bzw. nicht vorgeschrieben. Es sei ihre Glaubensüberzeugung, dass das betäubungslose islamische Schächten als wesentlicher Bestandteil ihrer Religionsausübung zwingend vorgeschrieben sei. Diese Haltung werde ebenfalls von allen anderen wesentlichen islamischen Gruppierungen Deutschlands vertreten.

Danach gibt es im Islam maßgebliche Gruppierungen, die die gemeinsame religiöse Überzeugung verbindet, dass ihnen der Verzehr des Fleisches nicht geschächteter Tiere untersagt ist. Der Gesetzgeber hat bei seiner Entscheidung für die Einfügung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG in der jetzigen Fassung ausweislich der gesetzlichen Begründung selbst zugrunde gelegt, dass zu bedenken sei, "dass das Schächten von Tieren in manchen Ländern als die Schlachtmethode schlechthin angesehen" werde. Der Kläger hat mehrere hundert eidesstattliche Versicherungen seiner Kunden vorgelegt, in denen diese versicherten, dass sie auf der Grundlage der oben genannten Sure des Korans die verbindliche Glaubensüberzeugung gemeinsam teilen, dass ihnen der Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagt ist. Es kann danach kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass diese Muslime als Angehörige des Islam zu der Gruppe dieser Religion gehören, die das traditionelle Gebot des Schächtens von Tieren als verbindlich ansieht und durch diese gemeinsame Glaubensüberzeugung als religiöse Gruppe innerhalb des Islam verbunden ist. Unter Berücksichtung des Sinns und Zwecks des Begriffs "Religionsgemeinschaft" in § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG, den Missbrauch von Ausnahmegenehmigungen zum Schächten durch Einzelne zu verhindern, hat der Kläger ausreichend nachgewiesen, dass es im Islam eine gewichtige Gruppe von Religionsangehörigen gibt, zu denen auch er und seine Kunden gehören, die den Verzehr von Fleisch geschächteter Tiere als zwingendes religiöses Gebot ansehen. Die durch diese gemeinsame religiöse Überzeugung verbundene Gruppe stellt eine "Religionsgemeinschaft" im Sinne des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG dar.

Auch die Voraussetzung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG, dass die Ausnahmegenehmigung erforderlich ist, um den Bedürfnissen von Angehörigen einer Religionsgemeinschaft zu entsprechen, denen " z w i n g e n d e V o r s c h r i f t e n " ihrer Gemeinschaft den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen, liegt hier vor. Der Kläger hat nachgewiesen, dass das Schächten von Rindern und Schafen zur Versorgung der Gruppe von Muslimen erforderlich ist, die durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen belegt haben, dass sie es nach dem Koran als bindend ansehen, dass ihnen nur der Genuss von Fleisch geschächteter Tiere erlaubt ist. Aufgrund der Einfügung des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz hält der Senat es in der Abwägung mit den vom Bundesverfassungsgericht dem Kläger für die Durchführung des Schächtens als muslimischem Metzger zugeordneten Grundrechten des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für rechtlich geboten, dass die Anforderungen an die Erfüllung der Voraussetzung "zwingender Vorschriften", die Muslimen den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen, erhöht werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil auf der Grundlage der damals geltenden Verfassungslage festgestellt, es reiche aus, dass derjenige, der die Ausnahmegenehmigung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG zur Versorgung der Mitglieder einer Gemeinschaft benötige, "substantiiert und nachvollziehbar" darlege, dass nach deren gemeinsamer Glaubensüberzeugung der Verzehr des Fleisches von Tieren zwingend eine betäubungslose Schlachtung voraussetze. Sei eine solche Darlegung erfolgt, habe sich der Staat, der ein solches Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft nicht unberücksichtigt lassen dürfe, einer Bewertung dieser Glaubenserkenntnis zu enthalten. Er könne den "zwingenden" Charakter einer religiösen Norm im Lichte des Art. 4 GG auch nicht allein deshalb verneinen, weil die Religion zugleich Regeln kenne, die auf die Gewissensnot von Gläubigen Rücksicht nähmen und etwa im Hinblick auf den Aufenthaltsort und die dort herrschenden Speisegewohnheiten Abweichungen zuließen. Einem Antragsteller sei vielmehr die beantragte Ausnahmegenehmigung zu erteilen, soweit eine solche nicht aus anderen Gründen ausscheide.

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Feststellungen auf der Grundlage der Einordnung des Tierschutzes als eines "Gemeinwohlbelangs" vorgenommen, dem auch in der Bevölkerung ein hoher Stellenwert beigelegt werde. Der Gesetzgeber habe dem dadurch Rechnung getragen, dass er Tiere nicht als Sachen, sondern als - schmerzempfindende - Mitgeschöpfe verstehe und sie durch besondere Gesetze geschützt wissen wolle (vgl. § 90 a Satz 1 und 2 BGB, § 1 TierSchG). Dieser Schutz sei vor allem im Tierschutzgesetz verankert. Er sei allerdings nicht in der Weise verwirklicht, dass Tieren jede Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens von Gesetz wegen zu ersparen sei. Das Gesetz sei vielmehr von dem Leitgedanken bestimmt, Tieren nicht "ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden" zuzufügen. Ausnahmen von der Betäubungspflicht für das Schlachten warmblütiger Tiere gemäß § 4 a Abs. 1 TierSchG seien deshalb nicht nur in § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG, sondern auch für Notschlachtungen in § 4 a Abs. 2 Nr. 1 TierSchG und außerdem für das Schlachten von Geflügel durch die Rechtsverordnung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 4 b Satz 1 Nr. 3 TierSchG bestimmt worden. Darüber hinaus erlaube § 4 Abs. 1 Satz 1 TierSchG generell das Töten von Wirbeltieren ohne Betäubung, soweit dies nach den Umständen zumutbar sei und Schmerzen vermieden werden könnten. Sei die Tötung eines Wirbeltieres ohne Betäubung im Rahmen waidgerechter Ausübung der Jagd oder aufgrund anderer Rechtsvorschriften zulässig oder erfolge sie im Rahmen zulässiger Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen, dürfe die Tötung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 TierSchG vorgenommen werden, wenn dabei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstünden. Diese Ausnahmen zeigten, dass der Gesetzgeber dort, wo sachliche Gesichtspunkte oder auch Gründe des Herkommens und der gesellschaftlichen Akzeptanz Ausnahmen vom Betäubungszwang nahe legten, Durchbrechungen des Betäubungsgebots als mit den Zielen eines ethischen Tierschutzes vereinbar ansehe. Deshalb könne eine Ausnahme von dem Betäubungsgebot auch dann nicht ausgeschlossen werden, wenn es darum gehe, zum einen die grundrechtlich geschützte Ausübung eines religiös geprägten Berufs und zum andern die Einhaltung religiös motivierter Speisevorschriften durch die Kunden des Berufsausübenden zu ermöglichen. Ohne eine derartige Ausnahme würden die Grundrechte derjenigen, die betäubungslose Schlachtungen berufsmäßig vornehmen wollten, unzumutbar beschränkt und den Belangen des Tierschutzes ohne zureichende verfassungsrechtliche Rechtfertigung einseitig der Vorrang eingeräumt.

Durch die Einfügung des Staatsziels Tierschutz in das Grundgesetz ist das rechtliche Gewicht dieses Rechtsguts maßgeblich verstärkt worden. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat, wie oben dargelegt, diese Verfassungsänderung vor allem auch deshalb vorgenommen, um die Verwirklichung des einfach-gesetzlich normierten Tierschutzes, insbesondere nach dem Tierschutzgesetz, zu verbessern. Angesichts dessen sprechen überwiegende Gesichtspunkte dafür, dass auch die Anforderungen an die Erfüllung der Voraussetzung "zwingende Vorschriften" in § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG erhöht werden müssen. Andererseits ist dabei zu beachten, wie schon oben dargestellt, dass die Einfügung des Staatsziels Tierschutz in die Verfassung nicht zu einer Veränderung der durch den Gesetzgeber ausgestalteten Rechtslage nach dem Tierschutzgesetz führen soll. Eine Verstärkung des Gewichts des Tierschutzes insbesondere bei der Auslegung des Tierschutzgesetzes darf deshalb nicht zum Ergebnis haben, dass die Anwendung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG praktisch obsolet wird. Es ist Sache des Gesetzgebers, aus der durch den Verfassungsgeber geänderten Verfassungslage rechtliche Folgerungen dahin zu ziehen, dass Normen einen anderen Geltungsinhalt als vor der Einfügung des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz haben sollen. Wenn der Gesetzgeber eine Anwendung der Vorschrift des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG auf den von ihm mit dieser Vorschrift ausweislich der gesetzlichen Begründung ausdrücklich in Bezug genommenen Adressatenkreis der Juden und Muslime nicht mehr aufrechterhalten möchte, liegt es in seiner Kompetenz, diese Vorschrift im Hinblick auf die Voraussetzung "zwingende Vorschriften" abzuändern oder aufzuheben. Das Staatsziel Tierschutz richtet sich insoweit, wie oben ausgeführt, primär an den Gesetzgeber. Da der verfassungsändernde Gesetzgeber mit der Einfügung des Staatszieles in das Grundgesetz eine bessere Verwirklichung des Tierschutzes, insbesondere nach dem Tierschutzgesetz, aber keine rechtliche Änderung der tierschutzrechtlichen Gesetzesbestimmungen anstrebte, ist es den Gerichten versagt, "contra legem", d. h. entgegen dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, der im Jahre 1986 die Regelung für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten aus dem vorkonstitutionellen Recht in das Tierschutzgesetz übernommen hat, die Anwendung dieser Norm durch Veränderung des Anwendungsbereichs praktisch leer laufen lassen.

Der Senat hält es deshalb unter Beachtung des Staatszieles Tierschutz und des mit der Regelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG intendierten Sinns und Zwecks seitens des Gesetzgebers für sachgerecht und geboten, die Anforderungen an die Erfüllung der Voraussetzungen "zwingende" Vorschrift gegenüber der Auslegung des Bundesverfassungsgerichts vor der Einfügung des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz dahingehend zu erhöhen, dass der "Nachweis" erbracht werden muss, dass zwingende Vorschriften den Angehörigen einer Religionsgemeinschaft den Verzehr von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen. Der Begriff "zwingend" setzt voraus, dass eine bestimmte religiöse Vorschrift als "bindend" und notwendig für eine richtige Religionsausübung angesehen wird. Der Gesetzgeber des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG hat die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gerade im Hinblick auf die durch das Grundgesetz in Art. 4 Abs. 2 GG "gewährleistete ungestörte Religionsausübung" aufgenommen. Er ist davon ausgegangen, dass "das Schächten von Tieren in manchen Ländern als die Schlachtmethode schlechthin angesehen wird". Im Gesetzgebungsverfahren ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es insbesondere um religiöse Vorschriften der "islamischen und jüdischen Glaubenswelt" gehe (BT-Drs. 10/5259 S. 38). Der Gesetzgeber hatte somit bei der Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gerade auch die Gruppierungen innerhalb des Islam im Blick, die den Verzehr von Fleisch geschächteter Tiere als religiös verbindlich ansehen. Mit der Bezeichnung "Ausnahmegenehmigung" hat er deutlich gemacht, dass es sich dabei um eine Regelung handelt, die entsprechend den allgemein für Ausnahmeregelungen geltenden Grundsätzen eng auszulegen ist. Andererseits hat der Gesetzgeber, wie oben zum Inhalt des Urteils des Bundesverfassungsgerichts dargestellt, die Tötung von Tieren auch ohne Betäubung, wie z. B. im Jagdrecht zugelassen, ohne dass dabei in allen Fällen sichergestellt ist, dass das Tier dabei weniger zu leiden hat als bei einem ordnungsgemäßen Schächten eines Tieres.

Auf dieser Grundlage kann nach Einfügung des Staatszieles Tierschutz in das Grundgesetz nicht davon ausgegangen werden, dass es mit der Auslegung durch das Bundesverfassungsgericht als ausreichend anzusehen ist, dass eine zwingende religiöse Vorschrift oben genannten Inhalts nur "substantiiert und nachvollziehbar" dargelegt wird. Insoweit muss die von dem Bundesverfassungsgericht vorgenommene "individualisierende" Auslegung des Tatbestandsmerkmals "zwingende Vorschriften" mit dem dargestellten Ergebnis aufgegeben werden (a. M. Hain/Unruh, a. a. O., S. 154). Es kann nicht ausreichen, dass der Antragsteller "plausibel behauptet", sein Glaube verpflichte ihn, zu schächten. Die pauschale Feststellung, dass beantragte Ausnahmegenehmigungen in der Regel zu erteilen seien, da die von dem Bundesverfassungsgericht geforderten Voraussetzungen in aller Regel erfüllt seien, wird den Anforderungen an eine strengere Auslegung des Begriffs "zwingende Vorschriften" in Ansehung des Staatszieles Tierschutz nicht gerecht (so aber Tillmanns, a. a. O., S. 581, 586). Es ist vielmehr unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit als erforderlich anzusehen, dass der jeweilige Antragsteller nachweist, dass das Gebot nur des Verzehrs von Fleisch geschächteter Tiere für ihn religiös bindend ist (Dietz, a. a. O., S. 479). Die Fraktion der CDU im Landtag Nordrhein-Westfalen hat einen Entschließungsantrag eingebracht, in dem die Landesregierung aufgefordert wurde, über den Bundesrat einen Gesetzesantrag einzubringen, nach dem der Antragsteller im Rahmen des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung der Schächt-Genehmigung "ausdrücklich nachweisen" muss (LT-Drs. 13/3448 vom 13. Januar 2003). Angesichts des Verfassungsrangs des Tierschutzes ist der "volle Nachweis" der tatbestandlichen Voraussetzungen erforderlich (Kluge, a. a. O., § 4 a Rdnr. 19). Insoweit wird auch die Auffassung vertreten, dass die Frage des Vorliegens "zwingender Vorschriften" aufgrund der geänderten Verfassungslage wieder objektiv, d. h. mit Hilfe von Sachverständigen zu prüfen sei. Eine Auslegung, die die Merkmale versubjektiviere und damit der Beurteilungskompetenz des Antragstellers statt der Prüfungspflicht der Behörde unterstelle, lasse den Tierschutz gegenüber dem Grundrecht einseitig in den Hintergrund treten; insoweit dürfe es nicht allein auf die subjektive Sicht einzelner Gruppen von Gläubigen ankommen (Hirt u. a., a. a. O., § 4 a Rdnr. 26).

Die Auslegung des Begriffs "zwingende Vorschriften", die unter Beachtung einerseits des Staatszieles Tierschutz und andererseits des mit der Regelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG von dem Gesetzgeber intendierten Sinns und Zwecks vorgenommen wird, muss zu einer Lösung führen, die zum einen einen den Missbrauch der Regelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG ausschließt, zum anderen aber weiter den vom Gesetzgeber gewollten Anwendungsbereich eröffnet. Dies bedeutet im Ergebnis, dass für den Nachweis des Vorliegens zwingender Vorschriften über das Gebot des Verzehrs nur von Fleisch geschächteter Tiere zum einen die religiöse Vorschrift benannt werden muss, aus der dies hergeleitet wird. Zudem muss belegt sein, dass die Interpretation dieser religiösen Vorschrift von einer gewichtigen religiösen Gruppe geteilt wird. Schließlich muss nachgewiesen werden, dass es sich bei den Angehörigen der religiösen Gruppe um solche handelt, die das aus der religiösen Vorschrift hergeleitete Gebot für sich als bindend ansehen und dieses auch tatsächlich praktizieren.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger hat dargelegt, dass er und seine Kunden, die geschächtetes Fleisch nachfragen, das Gebot des Verzehrs von Fleisch nur geschächteter Tiere aus dem Koran, Sure 5, Vers 3 herleiten. Danach sei Muslimen verboten "Verendetes, Blut, Schweinefleisch und das, worüber ein anderer als Gott ausgerufen worden ist, und Ersticktes, Erschlagenes, Gestürztes und Gestoßenes und das, was ein wildes Tier angefressen hat - ausgenommen, das was er schächtet -, und das, was auf Opfersteinen geschlachtet worden ist (Koranstelle zitiert nach Khoury/ Hagemann/Heine, Islamlexikon, 1991, S. 801). Auf die Frage, ob dem Wortlaut dieses Verses des Koran "objektiv" zwingend zu entnehmen ist, dass Tiere betäubungslos zu schlachten sind, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (a. M. OVG Hamburg, U. v. 14.09.1992 - Bf III 42/90, NVwZ 1994, 592 <595>). Der Staat hat das Selbstverständnis der maßgeblichen Religionsgemeinschaft zu berücksichtigen und sich einer Bewertung von Glaubenserkenntnissen zu enthalten (BVerfG, U. v. 15.1.2002 - 1 BvR 1783/99, a.a.O.). Entscheidend ist, ob von der religiösen Glaubensgemeinschaft daraus eine als unbedingt verbindliche angesehene Verhaltensregel hergeleitet wird, unabhängig davon, ob diese auf eine Geltungsanordnung der Gemeinschaft oder auf eine transzendentale Grundlage über die Annahme einer göttlichen Offenbarung gestützt ist. Maßgeblich ist das belegbare ernsthafte Bewusstsein einer für alle Gläubigen aus ihrem Glaubensverständnis heraus unausweichlichen Bindung (BVerwG, U. v. 23.11.2000 - 3 C 40.99 -, a. a. O., S. 234 f.). Insoweit kommt es nur darauf an, ob tatsächlich eine religiöse Gruppe innerhalb des Islam aus der genannten Koranstelle das verbindliche religiöse Gebot herleitet, nur Fleisch geschächteter Tiere zu verzehren. Unerheblich ist, ob der Islam insgesamt den Verzehr des Fleisches nicht geschächteter Tiere zwingend verbietet.

Das Schächten von Tieren ist im Islam eine verbreitete Form der rituellen Schlachtung von Tieren zum Zwecke der vollständigen Entblutung ohne vorherige Betäubung des Tieres, die auf einem Jahrtausende alten Ritus beruht (vgl. Verfassungsgerichtshof der Republik Österreich, E. v. 17.12.1998 - B 3028/97 -, EuGRZ 1999, 600 <601 f.>). Diesen Ritus hat der Islam noch in seiner Anfangszeit von den Juden übernommen. Eine Betäubung des Tieres vor dem Schlachten wurde in der Regel als unzulässig angesehen, um das gänzliche Ausbluten des Tieres sicherzustellen. Das Schlachtverfahren wurde seit dem Mittelalter nach dem hebräischen Begriff "Schachat" als "Schächten" bezeichnet. Auch in Japan und China sollen Schlachttiere noch durchweg ohne Betäubung geschlachtet werden. Das Amt für Religiöse Angelegenheiten der Türkei hat in einem Schreiben vom 2. Juni 1986 mitgeteilt, in der Regel solle das Schlachten ohne Betäubung erfolgen, gegebenenfalls seien auch Ausnahmen zulässig (Schütt: "Das Tier soll rein sein: Muslime in Deutschland und das "Schächten", FAZ vom 31. Januar 2001, Anlage zum Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 16. Juli 2002). Auf der Grundlage der dargestellten Erkenntnisquellen ist festzustellen, dass es im Islam eine weit verbreitete religiöse Überzeugung gibt, dass Muslimen der Verzehr von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagt ist. Daran ändert nichts, dass es innerhalb des Islam auch Strömungen gibt, die eine Betäubung des Tieres vor der Schlachtung zulassen. Es ist nicht Aufgabe einer staatlichen Stelle, hinsichtlich eines tatsächlich von einer religiösen Gruppe innerhalb des Islam als bindend angesehenen Vorschrift zu entscheiden, ob diese Auslegung der Koransure als nach islamischen Grundsätzen zutreffend zu beurteilen ist. Bei der Anwendung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG ist nur festzustellen, dass eine religiöse Gruppe innerhalb des Islam aufgrund der dargestellten Sure das Betäubungsgebot als verbindlich ansieht. Zudem muss dieses aus dem Koran hergeleitete Gebot seit einer gewissen Dauer und von einer gewichtigen Gruppe innerhalb des Islams als bindend angesehen werden. Das Schächten ist in vielen islamischen Ländern eine traditionelle Methode des Schlachtens von Tieren, die durch die oben genannte Koranstelle als religiös vorgegeben angesehen wird (vgl. die Stellungnahme des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren BT-Drs. 10/2523, S. 1; Pabel, a. a. O., 232, Tillmanns, a. a. O., S. 584). Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Islam, insbesondere bei den Sunniten, zu denen auch der Kläger gehört, eine oberste religiöse Autorität, die verbindlich Glaubensüberzeugungen für alle Religionsangehörigen gemeinsam feststellen kann, unbekannt ist. Deshalb kann für die Feststellung einer verbindlichen Auslegung der oben genannten Sure nicht auf eine religiöse Überzeugung des gesamten Islams abgestellt werden, wie das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat (vgl. dazu auch Pabel, a. a. O., S. 232). Denn im Hinblick auf das Schächt-Gebot und das Verbot, Fleisch nicht geschächteter Tiere zu verzehren, werden in der islamischen Welt verschiedene Auffassungen vertreten. Dementsprechend sehen auch Muslime in Deutschland hinsichtlich des Schächtens unterschiedliche religiöse Gebote als bindend an. Aufgrund der Glaubensinhalte des Islams und der Struktur der islamischen Religionsgemeinschaften ist es deshalb unmöglich, dass für alle Angehörigen des Islam verbindliche Vorschriften über das Schächten und den Genuss nicht geschächteten Fleisches festgestellt werden (Tillmanns, a. a. O., S. 584). Forderte man eine solche verbindliche Feststellung durch eine allgemeine anerkannte Instanz für alle Angehörigen im Islam, würde damit eine Anforderung gestellt, die seitens der verschiedenen islamischen Religionsgemeinschaften a priori nicht erfüllt werden können.

Da der Gesetzgeber erkennbar mit der Regelung des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG gerade auch die Muslime im Blick hatte, die das Schächt-Gebot als zwingende religiöse Vorschrift ansehen, führt eine die Muslime in den Anwendungsbereich des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG einbeziehende Interpretation dazu, dass die Feststellung erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass es sich bei den Muslimen im jeweiligen konkreten Fall um Angehörige der Gruppe des Islams handelt, die das Verbot des Verzehrs von Fleisch nicht geschächteter Tiere für sich als verbindlich ansehen und dies auch praktizieren. Ob es sich dabei um eine Mehrheit oder Minderheit der insgesamt über eine Milliarde Muslime weltweit oder der über drei Millionen Muslime in Deutschland handelt, ist dafür nicht entscheidend. Der Gesetzgeber selbst ist davon ausgegangen ist, dass Schächten in einigen islamischen Ländern "die Schlachtmethode schlechthin" ist. Aufgrund der von dem Kläger vorgelegten Stellungnahmen des Zentralrats der Muslime in Deutschland an das Bundesverfassungsgericht und anderer Organisationen ist davon auszugehen, dass es jedenfalls auch unter den in Deutschland lebenden Muslimen zumindest eine gewichtige Minderheit gibt, die das Gebot des Verzehrs nur von Fleisch geschächteter Tiere als religiös bindend ansieht. Der Kläger hat durch die Vorlage mehrerer hundert eidesstattlicher Versicherungen seiner Kunden nachgewiesen, dass sie das genannte religiöse Gebot des Verzehrs nur von Fleisch geschächteter Tiere als für sich verbindlich ansehen und dieses auch durch den Kauf entsprechenden Fleisches bei dem Kläger in der Vergangenheit praktiziert haben und in der Zukunft praktizieren wollen. Der Kläger und sein Vater hatten seit den 80er Jahren bis zum Jahre 1995 eine Ausnahmegenehmigung zum Schächten, aufgrund derer sie viele Muslime in der Region und auch darüber hinaus mit dem Fleisch geschächteter Tiere versorgt haben. Der Kläger hat seit Januar 2002 eine vorläufige, mündlich erteilte Ausnahmegenehmigung zum Schächten. Es ist somit ausreichend belegt, dass das genannte Gebot von Muslimen, die bei dem Kläger Fleisch geschächteter Tiere kaufen, tatsächlich auch praktiziert wird. Auf dieser Grundlage ist deshalb insgesamt davon auszugehen, dass der Kläger nachgewiesen hat, dass die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Schächten an ihn erforderlich ist, um den Bedürfnissen seiner Kunden, die durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen belegt haben, dass sie das genannte religiöse Gebot als verbindlich ansehen und danach leben, zu entsprechen. Die Voraussetzung des § 4a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG, dass "zwingende Vorschriften" der Religionsgemeinschaft den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen, liegt somit vor.

Der Kläger hat auch einen Anspruch auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung für das Schächten von 200 Rindern und 500 Schafen pro Jahr. Er hat substantiiert dargelegt, dass die früher erteilten Ausnahmegenehmigungen ebenfalls die Schächtung einer solchen Anzahl von Tieren betrafen. Unter Berücksichtigung der vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen von mehreren Hundert Kunden des Klägers und angesichts der Tatsache, dass der Beklagte insoweit keinerlei inhaltliche Gesichtspunkte vorgetragen hat, die Bedenken gegenüber diesem Umfang der Versorgung mit geschächtetem Fleisch durch den Kläger im Verhältnis zu der Zahl seiner Kunden belegen könnten, ist der Klageantrag auch insoweit begründet.

Dies gilt auch, soweit die Verpflichtung zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung die Sachkunde des Klägers voraussetzt, das Schächten ordnungsgemäß so vorzunehmen, dass die Tiere bei dem Schlachten ohne Betäubung nicht mehr als unbedingt notwendig leiden. Der Kläger und sein Vater hatten bis zum Jahre 1995 durch den Beklagten die Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG erhalten. Der Beklagte hatte insoweit selbst zugrundegelegt, dass der Kläger die für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung erforderliche Sachkunde zum Schächten besitzt. Ausweislich des "Prüfungsberichts" des Meisterprüfungsausschusses für das Fleischer-Handwerk bei der Handwerkskammer Wiesbaden vom 12. Mai 1992 hat dieser die Sachkunde des Klägers u.a. zum Schächten und Zerlegen vom Rindern und Schafen festgestellt.

Der Senat kann den Beklagten aber nicht unmittelbar zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung verpflichten, da die Sache im Hinblick auf die notwendige inhaltliche Konkretisierung der Genehmigung insbesondere zu den näheren Umständen des Schächtens nicht spruchreif ist und von ihm auch nicht spruchreif zu machen ist. Im Hinblick auf die inhaltliche Ausgestaltung der Ausnahmegenehmigung mit sachgerechten Nebenbestimmungen für die Durchführung des Schächtens kommt dem Beklagten ein Beurteilungsspielraum aufgrund besonderer Fachkunde zu, der gegenüber dem Gericht keine adäquateren Erkenntnismöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. zur Begründung des Vorliegens eines Beurteilungsspielraums unter diesem Gesichtspunkt grundsätzlich Kopp/Schenke, a. a. O., § 114 Rdnr. 24 a). In der Begründung des Gesetzentwurfs für § 4 a TierSchG wird bereits darauf hingewiesen, dass die Behörde bei Erteilung einer Ausnahmegenehmigung durch Nebenbestimmungen sicherzustellen habe, dass den Tieren beim Transport, beim Ruhigstellen und beim Schächtvorgang alle vermeidbaren Schmerzen oder Leiden erspart werden, beispielsweise durch Anordnung über geeignete Räume, Einrichtungen und sonstige Hilfsmittel (BT-Drs. 10/3158, 20). Das Bundesverfassungsgericht hat demgemäss in seinem oben genannten Urteil festgestellt, dass bei der Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 4 a Abs. 2 Nr. 2 TierSchG durch Nebenbestimmungen und die Überwachung ihrer Einhaltung ebenso wie bei der Prüfung der Sachkunde und der persönlichen Eignung des Antragstellers auch in Bezug auf die besonderen Fertigkeiten des Schächtens sicherzustellen ist, dass die Belange des Tierschutzes soweit wie möglich gewahrt werden (BVerfG, U. v. 15. Januar 2002 - 1 BvR 1783/99 -, a. a. O. 355). Auch das Bundesverwaltungsgericht hatte in dem von dem Bundesverfassungsgericht in Bezug genommenen Urteil vom 23. November 2000 (- 3 C 40/99 -, a. a. O., 236) darauf hingewiesen, es sei sicherzustellen, dass der Beklagte durch geeignete Nebenbestimmungen etwa hinsichtlich des Ortes der Schlachtung und der Person des Schlächters den Belangen des Tierschutzes so weit wie möglich Rechnung tragen werde. Bei solchen Nebenbestimmungen handelt es sich nach Auffassung des Senats um integrale Bestandteile der Ausnahmegenehmigung zum Schächten, die ohne Bestimmung dieser konkreten Inhalte der Umstände und des Vorgangs des Schächtens nicht erteilt werden kann. Zu diesen Inhalten gehören insbesondere die Anforderungen an die Fixierungsmöglichkeiten der Tiere, das Vorhalten eines geeigneten Betäubungsgeräts, die Art und Weise des Hautschnitts, der Durchtrennung der Weichteile des Halses bis auf die Wirbelsäule, die Anwesenheit von für die Schlachtung erforderlichen Personen, die Zuführung von Tieren zum Schlachtbereich, das Fixieren der Tiere im Stehen oder nach Verbringen in eine sitzende Position oder im Liegen auf einer Schräge bzw. in Seiten- oder Rücklage auf einem Schlachtschragen, die Vorbereitung des Schächtschnittes durch Freilegung der Haut, eine geeignete mechanische Fixiereinrichtung für Rinder, insbesondere im Hinblick auf die bauliche Gestaltung und Funktion der Einrichtung gegebenenfalls nach Beurteilung durch einen Sachverständigen, die Art und Beschaffenheit des Schächtinstrumentes im Hinblick auf Länge und Schärfe, die Anbringung des Schächtschnittes, die Art und Dauer tierärztlicher Überwachung u. ä. (vgl. dazu Erlass des Ministeriums für Umweltschutz und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfahlen über die "Anforderungen an die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 des Tierschutzgesetzes an Angehörige des islamischen Glaubens " vom 27. Januar 2003 - 108 - 42506/5 - 134 (E); Erlass des Hessischen Sozialministeriums vom 29. Januar 2003 - V 3 b 19 c 20/07 a - 03 mit Anlage "Protokoll der Sitzung der Arbeitsgruppe Schächten" vom 1. August 2002 im NMELF"). Der Beklagte kann insoweit der Ausnahmegenehmigung zum Schächten sachgerechte Nebenbestimmungen beifügen, die dazu dienen, den Belangen des Tierschutzes soweit wie möglich Rechnung zu tragen.

Der Beklagte ist somit verpflichtet, dem Kläger eine Ausnahmegenehmigung zum Schächten von 200 Rindern und 500 Schafen pro Jahr zu erteilen, da die Voraussetzungen des § 4 a Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 TierSchG grundsätzlich vorliegen. Er ist berechtigt, nach Maßgabe der dargestellten Kriterien der Ausnahmegenehmigung Nebenbestimmungen beizufügen.

Da der Kläger im Hinblick auf den gewichtigeren Teil des Streitgegenstandes, nämlich die Frage, ob grundsätzlich die Voraussetzungen für eine Erteilung der Ausnahmegenehmigung zum Schächten vorliegen, obsiegt hat und nur im Hinblick auf den Bescheidungsanspruch des verwaltungsgerichtlichen Urteils unterlegen ist, sind die Kosten unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insoweit für das gesamte Verfahren dahingehend verhältnismäßig zu teilen, dass der Kläger ein Drittel und der Beklagte zwei Drittel der Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen haben (§§ 154 Abs. 1, Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren wird gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig erklärt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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