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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.02.2005
Aktenzeichen: 12 TG 215/05
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2
AufenthG § 28 Abs. 1 S. 2
Im Unterschied zur Rechtslage nach dem AuslG steht auf der Grundlage des Aufenthaltsgesetzes seit dem 1. Januar 2005 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an den nichtsorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen Deutschen bei Vorliegen einer familiären Lebensgemeinschaft auch dann im Ermessen der Ausländerbehörde, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

12 TG 215/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausländerrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 12. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Zysk, Richter am Hess. VGH Dr. Dieterich, Richter am Hess. VGH Debus

am 8. Februar 2005 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 28. Dezember 2004 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den ausländerbehördlichen Bescheid vom 13. August 2004 bis zur Entscheidung über den Widerspruch angeordnet.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

Aufgrund des Beschwerdevorbringens (§ 146 Abs. 4 Satz 1 und 3 VwGO) ist nach der seit dem 1. Januar 2005 geltenden Gesetzeslage die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, weil die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis bei der gebotenen Beurteilung nach dem neuen Recht des Aufenthaltsgesetzes den gesetzlichen Anforderungen derzeit nicht genügt. Es erscheint jedoch möglich, dass die Widerspruchsbehörde die nunmehr gebotenen Ermessenserwägungen nachholt und somit die Verfügung letztlich Bestand hat. Im Einzelnen:

Die Ausländerbehörde hat den Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung in ihrer Verfügung vom 13. August 2004 nach Maßgabe der §§ 23 Abs. 1 Nr. 3 2. Halbsatz i.V.m. § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG zum damaligen Zeitpunkt ohne Rechtsfehler abgelehnt. Hierbei hat die Antragsgegnerin zu Grunde gelegt, dass dem Antragsteller nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 AuslG auch als dem nichtsorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden kann, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird, dass aber im vorliegenden Fall der Regelversagungsgrund nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG im Hinblick auf mehrere gewichtige Straftaten gegeben ist (vgl. zur Anwendung des Regelversagungsgrundes nach § 7 Abs. 2 AuslG auf nach Ermessen zu erteilende Aufenthaltsgenehmigungen auf der Grundlage von § 23 AuslG: Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., § 23 AuslG Rdnr. 10). Dementsprechend hat die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung kein Ermessen ausgeübt, sondern (lediglich) das Vorliegen eines Ausnahmefalles verneint.

Der Senat hat jedoch für seine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO die Gesetzeslage nach dem Aufenthaltsgesetz seit dem 1. Januar 2005 zu Grunde zu legen, weil es sich in der Hauptsache um ein Verpflichtungsbegehren handelt und im Übrigen ein Widerspruchsbescheid noch nicht ergangen ist. Mangels einer anderslautenden Übergangsvorschrift (siehe dagegen für vor dem 01.01.2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis die Regelung in § 104 AufenthG) sind noch nicht bestandskräftig entschiedene Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nunmehr nach dem neuen Recht zu beurteilen, was im gerichtlichen Eilverfahren bei der Bewertung der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen ist.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 27 Abs. 1 AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs abweichend von § 5 Abs. 1 AufenthG dem nichtsorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Lebensgemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Führens einer familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet sind durch die eidesstattliche Versicherung der für das Kind sorgeberechtigten ehemaligen Ehefrau des Antragstellers vom 3. Dezember 2004 in einer für das Eilverfahren hinreichenden Weise dargetan. Falls die Antragsgegnerin hieran weiterhin Zweifel haben sollte, kann eine vertiefende Sachverhaltsaufklärung im Widerspruchsverfahren erfolgen. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind, hat die Antragsgegnerin Ermessen auszuüben, wobei - bei summarischer Überprüfung nicht zu beanstandende - Maßstäbe für die Ermessensausübung vorgegeben sind durch Ziffer 28.1.6 der vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Aufenthaltsgesetz (Stand: 22.12.2004). Im Unterschied zur Rechtslage nach dem Ausländergesetz stellt die Erfüllung eines Ausweisungsgrundes im Falle des § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG keinen Regelversagungsgrund mehr dar, der eine Ermessensausübung ausschließen würde. Denn nach § 28 Abs. 1 Satz 2 AufenthG kann die Aufenthaltserlaubnis ausdrücklich "abweichend von § 5 Abs. 1" (AufenthG) erteilt werden und damit ausdrücklich auch bei Vorliegen eines Ausweisungsgrundes nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Eine Aufenthaltserteilung nach Ermessen ist hiernach auch dann möglich und entsprechend eine Ermessensausübung geboten, wenn ein Ausweisungsgrund gegeben ist. Dies wird so auch von Ziffer 28.1.6 der vorläufigen Anwendungshinweise vorausgesetzt. Eine entsprechende Ermessensausübung fehlt in der ausländerbehördlichen Verfügung, vielmehr ist die Verfügung allein auf das Vorliegen eines Regelversagungsgrundes gestützt. Im Rahmen der nachzuholenden Ermessensausübung wird auch die Frage des Kindeswohls zu berücksichtigen sein (siehe Ziffern 28.1.6.1 und 28.1.6.3 der vorläufigen Anwendungshinweise).

Die Entscheidungen über die Kosten und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens ergeben sich aus § 154 Abs. 1 VwGO und §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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