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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.05.2000
Aktenzeichen: 12 TG 574/00
Rechtsgebiete: AuslG, ARB 1/80


Vorschriften:

AuslG § 19 Abs. 1
ARB 1/80 Art. 6
ARB 1/80 Art. 7
1. Das auf einer berufsbedingten Rückkehr des Ausländers in den Heimatstaat beruhende Getrenntleben der Ehegatten, die durch Besuche Kontakt halten und keine Beendigung der Ehe planen, ist nicht als Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Folge eines eigenständigen Aufenthaltsrechts für den Ehegatten anzusehen.

2. Die Tätigkeit eines vom türkischen Staat entsandten und angestellten Imam unterliegt nicht den Bestimmungen des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Freizügigkeit von Arbeitnehmer auf dem regulären Arbeitsmarkt.


Gründe:

Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat auf den Antrag der Antragstellerin zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den ausländerbehördlichen Bescheid vom 13. Juli 1998 in der Form des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Kassel vom 10. September 1998 angeordnet; denn dieser Bescheid erweist sich als offenbar rechtmäßig mit der Folge, dass das öffentliche Interesse an dem sofortigen Vollzug das private Interesse der Antragstellerin an einem vorläufigen weiteren Verbleib im Bundesgebiet auch unter Berücksichtigung der hier gegebenen persönlichen Verhältnisse überwiegt (vgl. dazu BVerfG, 21.03.1985 - 2 BvR 1642/93 -, BVerfGE 69, 220 = EZAR 622 Nr. 1; BVerfG, 18.07.1973 - 1 BvR 23, 155/73 -, BVerfGE 35, 382; BVerfG - Kammer -, 12.09.1995 - 2 BvR 1179/95 -, Hess. VGH, 09.11.1995 - 12 TG 2783/95 -; Hess. VGH, 22.09.1988 - 12 TH 836/88 -, EZAR 622 Nr. 6 = InfAuslR 1989, 14).

Wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, kann die Antragstellerin nicht die erneute Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis verlangen, die ihr zum Zwecke des ehelichen Zusammenlebens mit ihrem vom Februar 1990 an als Imam in B. tätigen Ehemann erstmals in der Form des Visums im März 1990 und sodann als Aufenthaltserlaubnis, zuletzt verlängert bis 21. Mai 1996, erteilt worden ist. Der Ehemann der Antragstellerin hatte zum Zwecke der Ausübung seiner Tätigkeit als im Dienste der Botschaft der Türkischen Republik stehender Imam zunächst ein Visum und sodann eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, die zuletzt ebenfalls bis 21. Mai 1996 verlängert worden war. Unabhängig von dem Zeitpunkt seiner Ausreise besaß er jedenfalls seit 22. Mai 1996 keine gültige Aufenthaltserlaubnis mehr, so dass von diesem Zeitpunkt an auch die Voraussetzungen für die ehebezogene Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin entfallen waren. Gemäß §§ 17 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 18 Abs. 1 Nr. 3 AuslG hatte die Antragstellerin nämlich einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nur zum Zwecke des nach Art. 6 GG gebotenen Schutzes von Ehe und Familie für die Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann im Bundesgebiet, da dieser eine Aufenthaltserlaubnis besaß und die Ehe schon im Zeitpunkt der Einreise ihres Ehemanns bestand und von diesem bei der erstmaligen Beantragung der Aufenthaltserlaubnis angegeben worden war. Falls der Ehemann der Antragstellerin Deutschland schon vor Ablauf seiner Aufenthaltserlaubnis endgültig verlassen hatte, war diese, wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat, gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 AuslG erloschen, so dass es an der Grundlage für eine ehebezogene Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin schon zu diesem Zeitpunkt fehlte. Falls der Ehemann erst später endgültig ausgereist ist, war jedenfalls seit 22. Mai 1996 die Grundlage für eine Aufenthaltserlaubnis für die Antragstellerin entfallen. Im Übrigen war die Aufenthaltserlaubnis des Ehemanns in dem Zeitpunkt erloschen, als er die Tätigkeit als Imam aufgegeben hatte; denn seine Aufenthaltserlaubnis war die auflösende Bedingung beigefügt: "Erlischt mit der Aufgabe der Tätigkeit als vom Präsidium für religiöse Angelegenheiten der türkischen Republik entsandter Religionsbeauftragter (Seelsorger)".

Unabhängig davon, dass nach alledem zumindest seit 22. Mai 1996 der Aufenthaltstitel des Ehemanns als Grundlage für die Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin entfallen war, hatten die Eheleute von diesem Zeitpunkt an auch den für den Familiennachzug grundlegenden Aufenthaltszweck der Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet aufgegeben. Damit war schon aus diesem Grund kein Raum mehr für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin auf der Grundlage von §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 AuslG. Obwohl der Ehemann der Antragstellerin sich hin und wieder vorübergehend in Deutschland bei seiner Familie aufhält, da er aufgrund eines Diplomatenpasses einreisen darf, verfolgen die Eheleute seit der Rückkehr des Ehemanns in die Türkei nicht mehr die Absicht, die eheliche Lebensgemeinschaft in Deutschland zu führen. Aus welchen Gründen sie hieran gehindert sind, ist in diesem Zusammenhang ohne rechtliche Bedeutung. Es ist insbesondere rechtlich unerheblich, dass der Ehemann der Antragstellerin nach sechs Jahren Tätigkeit als Imam von seinem Dienstherrn zurückberufen worden ist und dieser erklärt hat, der Ehemann habe mit einer erneuten Entsendung nach Deutschland als Imam nicht zu rechnen.

Der Antragstellerin steht entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 AuslG zu, da das auf der berufsbedingten Rückkehr ihres Ehemannes in die Türkei beruhende Getrenntleben der Eheleute nicht mit der in § 19 Abs. 1 Satz 1 AuslG vorausgesetzten Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft gleichzusetzen ist (dazu allg. Hailbronner, Ausländerrecht, § 19 AuslG Rdnr. 3; Renner, Ausländerrecht in Deutschland, 1998, Rdnr. 6/333). Zwar folgt dies nicht schon allein daraus, dass die Ehe zwischen der Antragstellerin und ihrem Ehemann formal fortbesteht; denn wie schon in dem Zulassungsbeschluss vom 18. Februar 2000 - 12 TZ 4066/98 - ausgeführt, kann auch in diesem Fall gleichwohl die eheliche Lebensgemeinschaft faktisch aufgehoben sein, wenn eine häusliche Gemeinschaft oder ein sonstiges Zusammenleben ersichtlich nicht wieder aufgenommen werden sollen und somit die Trennung der Ehegatten auf Dauer angelegt ist. Um einen solchen Fall handelt es sich hier aber gerade nicht; denn die Trennung der Ehepartner beruht allein auf der nach entsprechender Anweisung des türkischen Dienstherrn beruflich bedingten Rückkehr des Ehemannes in sein Heimatland, während die Antragstellerin nunmehr nicht länger zum Zwecke der Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft hier verblieben ist, sondern um eine Ausbildung der gemeinsamen Kinder in Deutschland sicherzustellen, und ohne die Absicht, die eheliche Lebensgemeinschaft endgültig aufzuheben. Auch aus dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren ergibt sich nach wie vor, dass die Ehegatten im Rahmen ihrer ausländerrechtlichen Möglichkeiten - der Ehemann kann aufgrund eines Diplomatenpasses visumfrei nach Deutschland einreisen - durch länger andauernde Besuche auch eine familiäre Gemeinschaft aufrechterhalten, die über den Erhalt allein des formalen Ehebandes eindeutig hinausgeht. Dies lässt sich nicht zuletzt daraus schließen, dass das jüngste Kind im November 1996 in Deutschland geboren ist und der Ehemann der Antragstellerin damals für längere Zeit zu seiner Familie zurückgekehrt war.

Unter diesen Umständen ist die gesetzliche Voraussetzung der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft eindeutig nicht erfüllt. Die Aufenthaltsgenehmigung für Ehegatten im Rahmen des Familiennachzugs ist akzessorischer Natur, und nur in den abschließend im Ausländergesetz geregelten Fällen kann hieraus ein eigenständiges Aufenthaltsrecht entstehen. Auch aus der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Änderung des Ausländergesetzes am 9. Juli 1990 (BT-Drs. 11/6321 S. 61) wird deutlich, dass der Gesetzgeber eine von der Regelung in § 24 AuslG abweichende, frühere Möglichkeit zur Erlangung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nur für den Fall des Scheiterns der Ehe oder des Todes des Ausländers vorgesehen hat, nicht jedoch für jeden Fall einer letztlich nur vorübergehenden Trennung der Ehegatten. Auch damit wird die Akzessorietät der Aufenthaltserlaubnis des nachgezogenen Ehegatten betont, die auf der Zweckgebundenheit einer solchen Aufenthaltserlaubnis beruht, nur zur Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Deutschland erteilt wird und damit vom Bestehen dieser Lebensgemeinschaft im Inland abhängig ist. Das eigenständige Aufenthaltsrecht des § 19 Abs. 1 AuslG soll den ausländischen Ehegatten im Fall der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft vor den wirtschaftlichen, sozialen, gesellschaftlichen und sonstigen Nachteilen bewahren, die für ihn mit einer Rückkehr in den Herkunftsstaat verbunden sind (GK-AuslR, § 19 AuslG Rdnr. 2), was bei längerer Ehedauer in Deutschland vermutet wird und bei kürzerer Dauer der Ehe nur im Fall einer außergewöhnlichen (nach der zwischenzeitlich beschlossenen Änderung des Ausländergesetzes: besonderen, vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/2368; Berichte in ZAR 2000, 50 u. 102) Härte aufgrund tatsächlich nachzuweisender schwerwiegender Probleme bei der Rückkehr bejaht werden kann. Solche entstehen aber gerade dann nicht, wenn gar keine Trennung der ehelichen Gemeinschaft als einer gelebten ehelichen Verbundenheit erfolgt, obwohl der das Aufenthaltsrecht ursprünglich vermittelnde Ausländer in sein Heimatland zurückkehrt; denn in diesem Fall stellen sich die genannten Schwierigkeiten für den ebenfalls zurückkehrenden Ehegatten in aller Regel nicht. Grundsätzlich ist es dem Ehegatten eines Ausländers zuzumuten, mit diesem in das gemeinsame Heimatland zurückzukehren und dort die eheliche Lebensgemeinschaft fortzusetzen; ein Anspruch auf Weiterführung der ehelichen Lebensgemeinschaft in Deutschland, auch nach Wegfall oder Erlöschen der dem Ausländer erteilten Aufenthaltserlaubnis, besteht nicht. Deshalb ist auch im Fall einer Ausweisung oder sonstigen erzwungenen Ausreise des Ausländers § 19 AuslG generell nicht anwendbar (Hailbronner, a.a.O., § 19 AuslG Rdnr. 2b; BVerwG, 11.06.1996 - 1 C 19.93 -, BVerwGE 101, 236 = EZAR 023 Nr. 9 = DVBl. 1997, 168). Im Übrigen handelt es sich auch dann um keine Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft, wenn einer der Ehepartner in Haft gerät und die Ehe nach dem Willen beider Ehepartner nicht aufgehoben, sondern nach der Freilassung des einen als Lebensgemeinschaft fortgesetzt werden soll. Schließlich kann auch nicht von einer Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft gesprochen werden, wenn der eine Ehegatte das Bundesgebiet verlässt, um in seinem Heimatland ein Geschäft zu eröffnen (a.A. Zünkler, in: Huber, Handbuch des Ausländer- und Asylrechts, 100 B, § 19 AuslG Rdnr. 11; Hess. VGH, 26.03.1997 - 3 TG 577/96 -, FamRZ 1998, 615). Gerade berufsbedingte Trennungszeiten, auch wenn sie von längerer Dauer sind, führen nicht von vornherein zur Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft im Rechtssinne. Sie beenden zwar vorübergehend die häusliche Gemeinschaft, ändern aber für sich genommen nichts an dem Willen zur tatsächlichen Fortsetzung der ehelichen Lebensgemeinschaft.

Die Antragstellerin kann auch nicht die unbefristete Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AuslG verlangen, der vorsieht, dass die einem Ehegatten nach § 18 AuslG erteilte Aufenthaltserlaubnis nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft abweichend von § 24 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und Abs. 2 Satz 1 unbefristet verlängert wird, wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung besitzt. Denn auch insoweit fehlt es schon an dem Erfordernis der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft der Antragstellerin und ihres Ehemanns und im Übrigen an dessen Aufenthaltsrecht.

Es besteht auch keine Verpflichtung der Ausländerbehörde, das Aufenthaltsbegehren des Ehegatten, der seine aufenthaltsrechtliche Position verloren hat oder zu verlieren droht, nach §§ 7 Abs. 1, 13 Abs. 1, 15 AuslG unter entsprechender Berücksichtigung von § 19 AuslG aufenthaltsrechtlich zu würdigen; denn eine Regelungslücke, die unter entsprechender Anwendung des § 19 AuslG geschlossen werden müsste, ist insoweit nicht ersichtlich (Hailbronner, a.a.O., § 19 AuslG Rdnr. 2b; a.A. VGH Baden-Württemberg, 03.07.1996 - 11 S 1171/96 -; 07.09.1994 - 11 S 2600/93 -, VBlBW. 1995, 249). Während die Voraussetzungen für eine ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis bei Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft in den Vorschriften der §§ 17 Abs. 1 bis 5, 18 Abs. 1 bis 5, 25 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 AuslG geregelt ist, befassen sich die Vorschriften der §§ 19, 25 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 AuslG mit den Folgen einer Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Bestimmung des § 18 Abs. 5 AuslG regelt insofern einen Sonderfall, als es um die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nach deren Aufhebung und nach Entstehung eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach § 19 AuslG geht. Angesichts dieser differenzierten Einzelregelungen kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber darüber hinaus eine Verselbstständigung des Ehegattenaufenthaltsrecht für den Fall anerkennen wollte, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nicht endgültig aufgehoben ist, die Ehepartner aber gleichwohl, aus welchen Gründen auch immer, für längere Zeit getrennt leben, und zwar einer von ihnen im Ausland. Insoweit besteht nach Auffassung des Senats keine unbewusste Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat vielmehr keine Rechtfertigung für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht bei dieser Fallgestaltung gesehen, zumal die Grundlage des Nachzugsrechts, nämlich das gesicherte Aufenthaltsrecht des Ausländers, infolge dessen nicht nur vorübergehender Abwesenheit in der Regel nach § 44 AuslG entfallen ist. Gerade weil der Gesetzgeber in § 18 Abs. 5 AuslG dem Ausländer die Wiedereinreise bei einer bestimmten Fallgestaltung unter der Voraussetzung erlaubt, dass für ihn bei der Ausreise die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nicht ausgeschlossen war, kann nicht angenommen werden, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht solle auch bei bloßer Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft entstehen.

Der Antragstellerin steht auch kein Anspruch auf unbefristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 Abs. 2 AuslG zu. Zwar erfüllte sie zum maßgeblichen Zeitpunkt der Stellung ihres Verlängerungsantrages am 1. Juli 1996 die Voraussetzung eines fünfjährigen Aufenthalts mit Aufenthaltserlaubnis, wobei insoweit jedoch unberücksichtigt bleibt, dass ihr Ehemann offenbar schon zu einem früheren Zeitpunkt ausgereist war und deshalb ihre Aufenthaltserlaubnis noch nachträglich hätte befristet werden können, wenn die Ausländerbehörde rechtzeitig Kenntnis von dem Wegzug des Ehemannes erhalten hätte. Sie verfügte auch über eine Arbeitserlaubnis und über ausreichenden Wohnraum, während über ihre Verständigungsmöglichkeiten in deutscher Sprache nur ungesicherte Erkenntnisse bestehen. Jedenfalls war aber ihr Lebensunterhalt und der ihrer Kinder zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung nicht gesichert. Die Antragstellerin war vor dem Zeitpunkt ihrer Antragstellung lediglich als Saisonarbeiterin befristet beschäftigt gewesen und konnte zum Zeitpunkt der Antragstellung aufgrund einer Schwangerschaft keiner Beschäftigung nachgehen. Zwar erhielt sie zu diesem Zeitpunkt Krankengeld, und es bestand auch ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, sie hat jedoch auch nachfolgend nur jeweils zeitweise über einen unbekannten Zeitraum erneut erwerbstätig sein können und seit Anfang 1998 wiederum Arbeitslosenhilfe bezogen, ohne seither ein erneutes Beschäftigungsverhältnis oder die anderweitige Sicherung ihres Lebensunterhaltes sowie des Lebensunterhalts ihrer Kinder nachweisen zu können.

Die Antragstellerin hat schließlich keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis aus dringenden humanitären Gründen nach § 30 Abs. 2 AuslG. Es ist schon nicht ersichtlich, dass aufgrund besonderer Umstände ihres Falles das Verlassen des Bundesgebietes für sie eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Antragstellerin hat insoweit nur angeführt, sie wolle ihren Kindern den Abschluss der hier begonnenen Schulausbildung ermöglichen. Es ist aber nicht dargetan oder sonst ersichtlich, dass dies eine außergewöhnliche Härte darstellt. Die beiden ältesten Kinder der Antragstellerin sind nämlich noch in der Türkei geboren und haben dort bis zum 6. bzw. 3. Lebensjahr gelebt, so dass von der Möglichkeit der Reintegration in die Lebensverhältnisse und Gewohnheiten des Heimatlandes ebenso auszugehen ist wie von der Aussicht, dort einen entsprechenden Schulabschluss herbeizuführen, da diese Kinder die türkische Sprache noch in dem erforderlichen Maße beherrschen dürften. Dass es den jüngeren, 1991 und 1996 in Deutschland geborenen Kindern der Antragstellerin in einem Alter von neun bzw. vier Jahren nicht möglich ist, im Heimatland ihrer Eltern Fuß zu fassen, ist weder dargetan noch sind sonst Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass die wirtschaftlichen Grundlagen für eine Reintegration bei einem Zusammenleben der gesamten Familie in der Türkei mindestens in demselben Maß gegeben sein werden wie jetzt, da trennungsbedingte Kosten dann entfallen werden. Soweit es um das Vorliegen einer außergewöhnlichen Härte und die Ausübung des darüber hinaus der Ausländerbehörde obliegenden Ermessens geht, darf schließlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beendigung des Aufenthaltsrechts der Antragstellerin zwar auch dazu führen wird, dass der Aufenthalt ihrer vier Kinder ebenfalls beendet wird und drei von ihnen die in Deutschland begonnene Schulausbildung werden abbrechen müssen, für die vier Kinder aber auf den am 7. März 1997 gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund der bisher dargestellten Situation keine Aufenthaltserlaubnis mehr erteilt wurde.

Letztendlich folgt auch aus Art. 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 EWG/Türkei (ARB) kein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, da die Antragstellerin mit ihrer jeweils auf wenige Monate befristeten Erwerbstätigkeit unter jeweils mehrmonatiger Unterbrechung zum maßgeblichen Zeitpunkt des Verlängerungsantrags die dortigen Voraussetzungen einer mindestens einjährigen ordnungsgemäßen Beschäftigung bei einem Arbeitgeber nicht erfüllt. Insoweit ist allerdings entgegen der Begründung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Kassel anzunehmen, dass sich aus Art. 6 ARB sehr wohl unmittelbare subjektive Ansprüche auf Verlängerung der Arbeits- und der Aufenthaltserlaubnis ergeben können (vgl. nur Nr. 1.4, 1.5, 2.1 bis 2.8 der AAH-ARB 1/80 des BMI, Text in EZAR 10 Nr. 1). Die Voraussetzungen des Art. 7 ARB sind ebenfalls nicht erfüllt, da der Ehemann der Antragstellerin, zu dem sie nachgezogen war, mit seiner hier ausgeübten Tätigkeit als Vorbeter im Dienst des türkischen Staates nicht dem regulären Arbeitsmarkt in Deutschland zur Verfügung stand (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, 17.09.1998 - 18 B 231/97 -, EZAR 029 Nr. 9 = InfAuslR 1999, 102). Es kann hier offen bleiben, ob der Ehemann assoziationsrechtlich als Arbeitnehmer anzusehen war (verneinend Gutmann, Die Assoziationsfreizügigkeit türkischer Staatsangehöriger, 2. Aufl., 1999, S. 83 f., 135; zu ähnlichen Problemen bei Seelsorgern und Ordensleuten vgl. Spallek, ZAR 2000, 103). Er gehörte nämlich nicht dem regulären Arbeitsmarkt in Deutschland an, weil er in Diensten des türkischen Staates stand und seine Tätigkeit nicht auf dem deutschen Arbeitsmarkt vermittelbar war (OVG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.; vgl. auch Gutmann, a.a.O., S. 89; Renner, a.a.O., Rdnr. 5/174).

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

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