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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 03.12.2001
Aktenzeichen: 12 UE 1889/01
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 74
Ein Beförderungsunternehmer kann sich gegen die obligatorische Festsetzung von Zwangsgeld wegen Verstoßes gegen ein Transportverbot nicht mit dem Hinweis darauf wehren, er habe seine Sorgfaltspflichten bei der Kontrolle von Fluggästen erfüllt und eine Kontrollsicherheit von annähernd 100 % erreicht; mit diesem Vorbringen kann er sich nur gegen die Verhängung des Beförderungsverbots wenden oder dessen Aufhebung beantragen.
Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

12 UE 1889/01

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausländerrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 12. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Dr. Renner, Richterin am Hess. VGH Thürmer, Richter am Hess. VGH Univ.-Prof. Dr. Gornig, ehrenamtlicher Richter Becker, ehrenamtliche Richterin Wolf

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 3. Dezember 2001 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 2. April 2001 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 16. Dezember 1998 von der Grenzschutzdirektion Koblenz im Benehmen mit dem Bundesministerium des Innern und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen die Beförderung von Ausländern auf der Strecke von Russland nach Deutschland untersagt, wenn diese nicht im Besitz des erforderlichen Passes und eines erforderlichen Visums sind, das sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit benötigen. Für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen das Beförderungsverbot wurde der Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 3 000 DM angedroht. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsbehelf eingelegt.

Am 5. Juli 1999 beförderte die Klägerin mit Flugnummer die russische Staatsangehörige O von Moskau nach Frankfurt am Main, von wo laut Flugschein ein Weiterflug nach Alicante am 14. Juli 1999 gebucht war. Bei der grenzpolizeilichen Kontrolle legte die Ausländerin einen russischen Reisepass vor, in dem sich ein französisches Schengen-Visum befand, das eine einmalige Einreise gestattete und vom 11. Juni bis 10. Juli 1999 galt. Auf Seite 4 des Passes befand sich ein französischer Einreisestempel vom 13. Juni 1999 und auf Seite 10 ein französischer Ausreisestempel vom 17. Juni 1999. Daraufhin wurde die Ausländerin zurückgewiesen und am 5. Juli 1999 mit Flug der Klägerin nach Moskau zurückbefördert.

Mit Bescheid des Grenzschutzamts Flughafen Frankfurt am Main vom 4. Oktober 1999 wurde gegen die Klägerin ein Zwangsgeld in Höhe von 3 000 DM wegen einer Zuwiderhandlung gegen das erwähnte Beförderungsverbot festgesetzt. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Zur Begründung ist in dem Widerspruchsbescheid des Grenzschutzpräsidiums Mitte vom 14. November 2000 unter anderem ausgeführt, dass aufgrund eklatanter Verstöße gegen das gesetzliche Verbot der Beförderung unvorschriftsmäßig ausgewiesener Reisender in der Zeit vom 1. Januar bis 30. August 1998 ein bestandskräftiges Beförderungsverbot erlassen worden sei und die Klägerin die unerlaubte Beförderung der Ausländerin ohne Weiteres hätte vermeiden können, da durch die ordnungsgemäße Kontrolle in Form einer einfachen Einsichtnahme in das Ausweisdokument der Ausländerin am Abflughafen festgestellt worden wäre, dass das für russische Staatsangehörige gesetzlich vorgeschriebene Visum zur Einreise nach Deutschland gefehlt habe. Das Bundesgrenzschutzamt Flughafen Frankfurt am Main sei für den Erlass von Leistungsbescheiden betreffend Zwangsgeld zuständig. Der angefochtene Leistungsbescheid sei somit rechtmäßig ergangen und nicht zu beanstanden. Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass der Klägerin bereits mehrfach, zuletzt am 3. November 1999, Schulungen ihres Abfertigungspersonals angeboten worden seien und letztmalig eine solche Schulung am 3. Februar 2000 in Moskau durch Dokumentenberater des Bundesgrenzschutzes stattgefunden habe. Darüber hinaus stehe es der Klägerin frei, jederzeit Informationen über aktuelle Visabestimmungen und weitergehendes Informationsmaterial von der Grenzschutzdirektion und den Bundesgrenzschutzämtern und -inspektionen anzufordern.

Hiergegen - und gleichzeitig gegen weitere Leistungsbescheide vom 16. und vom 29. November 1999 nebst Widerspruchsbescheiden vom 14. November 1999 und vom 14. November 2000 - hat die Klägerin am 14. Dezember 2000 Klage erhoben und dazu geltend gemacht, sie habe in Moskau wirksame Kontrollen eingerichtet und kontrolliere die Einreisedokumente der Passagiere sowohl beim Check-In als auch zusätzlich beim Besteigen der Maschine. Alle Stationen seien angewiesen, die genannten Kontrollen durchzuführen, und würden regelmäßig überwacht. Das Personal werde regelmäßig im Hinblick auf die Erfordernisse gültiger und vollständiger Grenzübertrittsdokumente geschult. Sie, die Klägerin, habe damit die ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um Beförderungen von Passagieren ohne gültige Grenzübertrittsdokumente zu vermeiden. Für Sanktionen durch Zwangsgeld sei kein legitimer Raum. Diese verstießen gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Die Luftverkehrsgesellschaften seien bereits ohne Vorliegen eines Eigenverschuldens zur Beförderung verpflichtet. Sie hatten zudem die weiteren im Zusammenhang mit der Zurückweisung stehenden Kosten zu tragen. Außerdem könnten Sanktionen durch Bußgeldfestsetzung ergriffen werden. Eine weitere Sanktion durch Zwangsgeldfestsetzung sei nicht gerechtfertigt, da diese Luftverkehrsgesellschaften dazu anhalten solle, die Untersagungsverfügung zu beachten. Dazu seien jedoch bereits andere Sanktionen vorhanden, nämlich die zwei "wirtschaftlichen" Sanktionen der Rückbeförderung der Kostenerstattung und die "rechtliche" Sanktion der Geldbuße nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz. Zudem sei eine Zwangsgeldfestsetzung nicht notwendig, da sie mit ihren Ausreisekontrollsystemen bereits eine derartig geringe Fehlerquote erreicht habe, dass der damit verfolgte Gesetzeszweck als erreicht angesehen werden müsse. Die Zurückweisungsquote liege bei rund 180 000 Beförderungen von Russland nach Deutschland bei 0,01 %. Auch könne ihr ein Verschulden nicht vorgeworfen werden, wenn von ihr einerseits objektiv veranlasst worden sei, was von ihr billigerweise erwartet werden könne, nämlich alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um nicht ordnungsgemäß ausgewiesene Ausländer vom Transport nach Deutschland auszuschließen, und wenn man andererseits die Vielzahl der Beförderungen und die Realität des entsprechenden Massenverkehrs in der Luftfahrt berücksichtige.

Die Klägerin hat beantragt,

den Leistungsbescheid des Bundesgrenzschutzamts Frankfurt am Main vom 4. Oktober 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Grenzschutzpräsidiums Mitte vom 14. November 2000 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat darauf hingewiesen, der Fall zeige eindeutig, dass die Kontrollen nicht in der erforderlichen Weise mit der entsprechenden Sorgfalt durchgeführt worden seien. Anders lasse sich die Beförderung von Personen ohne gültiges Visum nicht erklären. Das Fehlen eines gültigen Visums sei durch einfache Inaugenscheinnahme der Grenzübertrittsdokumente festzustellen. Das Zwangsgeld diene als Beugungsmittel dazu, ein Luftfahrtunternehmen zu rechtstreuem Verhalten anzuhalten.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Abtrennung von den anderen Verfahrensteilen durch Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 2001 (11 E 6078/00) mit Urteil vom 2. April 2001 abgewiesen, weil der Leistungsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheids rechtmäßig sei und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletze. Die Klägerin habe entgegen der Untersagungsverfügung vom 16. September 1998, mit der auch ein Zwangsgeld in Höhe von 3 000 DM angedroht worden und die bestandskräftig geworden sei, am 5. Juli 1999 mit Flug aus Moskau kommend eine russische Staatsangehörige nach Frankfurt am Main befördert, die nicht im Besitz des erforderlichen Visums gewesen sei, das sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit benötigt hätte. Russische Staatsangehörige seien nicht vom Erfordernis eines Sichtvermerks befreit, und die Ausländerin habe kein gültiges Visum besessen. Zwar sei ihr ein französisches Schengen-Visum erteilt worden, dies habe ihr jedoch nur eine einmalige Einreise gestattet. Diese einmalige Einreisemöglichkeit sei, wie sich aus einem französischen Einreisestempel und einem französischem Ausreisestempel ergebe, bereits vorangehend ausgeschöpft gewesen. Zur Überzeugung des Gerichts stehe auch fest, dass die Zuwiderhandlung gegen das Beförderungsverbot schuldhaft erfolgt sei, da bei der gebotenen Sorgfalt das Fehlen eines gültigen Visums aufgrund des vorangehenden Aufenthalts aus Passeintragungen ohne Weiteres hätte erkannt werden können. Die von der Klägerin angeführten Bedenken gegen die Erforderlichkeit des Erlasses von Zwangsgeldbescheiden im Hinblick auf eine zu vernachlässigende Fehlerquote könnten bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldfestsetzung keine Berücksichtigung finden. Das Gesetz sehe für die Frage, ob ein Zwangsgeld festgesetzt werde, keinen behördlichen Ermessensspielraum vor. Ein Ermessensspielraum bestehe lediglich hinsichtlich der Höhe der Festsetzung. Diese könne jedoch nicht beanstandet werden; sie halte sich mit den zuvor angedrohten 3 000 DM in einem nicht unangemessenen Bereich zwischen dem Mindestsatz von 2 000 DM und dem Höchstsatz von 5 000 DM. Letztlich richte sich das Vorbringen der Klägerin gegen die allerdings bestandskräftige Untersagungsverfügung vom 16. September 1998. Das Gericht sehe auch keinen Anlass für Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 74 AuslG wegen einer Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die rechtlichen Konsequenzen für ein Luftverkehrsunternehmen aufgrund einer Zurückweisung der von ihm beförderten Ausländer ohne die erforderlichen Pass- und Visumdokumente in Form der Rückbeförderungspflicht und der Haftung für die Zurückweisungskosten seien unter dem ordnungsrechtlichen Gesichtspunkt der Haftung eines Verhaltensstörers darauf gerichtet, die unmittelbaren Folgen der Störungshandlung zu beseitigen, und stellten entgegen der Ansicht der Klägerin bereits keine Sanktionen dar. Sie könnten nicht in einen rechtlichen Zusammenhang gestellt werden mit einer Zwangsgeldfestsetzung als Beugemittel wegen eines erfolgten Verstoßes gegen ein Unterlassungsgebot, die zur Erzwingung dessen Einhaltung für die Zukunft diene.

Die Klägerin macht nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des Senats vom 5. Juli 2001 (12 UZ 1453/01) zusätzlich geltend, bei einer Fehlerquote von nur 0,01 % sei der Gesetzeszweck bereits erreicht und deshalb tatbestandlich kein Verstoß gegen auferlegte Pflichten gegeben. Das für eine Zwangsgeldfestsetzung notwendige Verschulden sei in Sachverhalten der vorliegenden Art generalisierend und nicht isoliert auf den einzelnen Beförderungsfall zu prüfen, und dann könne vorliegend von Verschulden nicht die Rede sein. Eine Zwangsgeldverhängung verfehle in Sachverhalten der vorliegenden Art die innere Rechtfertigung, den Sinn und Zweck jedes Zwangsgeldes und sei daher unverhältnismäßig. Die Unverhältnismäßigkeit des Zwangsgeldes folge jedenfalls bei einer Erfolgsquote von 99,99 % auch daraus, dass sie ohnehin durch die Pflichten und Geldlasten der §§ 73, 82, 83 und 93 AuslG bereits hinreichend belastet sei. Im Jahre 2000 seien von ihr 203 682 Passagiere von Russland nach Deutschland befördert worden. Schließlich sei es nicht zulässig, ihr die vorgenannten Rechtsargumente mit der Behauptung abzuschneiden, sie seien bereits gegen die Untersagungsverfügung als solche vorzubringen und nicht erst gegen das Zwangsgeld.

Die Klägerin hat zunächst schriftsätzlich beantragt,

1. das Urteil des VG Frankfurt am Main vom 2. April 2001 aufzuheben,

2. den Leistungsbescheid des Bundesgrenzschutzamts Frankfurt am Main vom 4. Oktober 1999 nebst Widerspruchsbescheid des Grenzschutzpräsidiums Mitte vom 14. November 2000, den Leistungsbescheid des Bundesgrenzschutzamts Frankfurt am Main vom 16. November 1999 nebst Widerspruchsbescheid des Grenzschutzpräsidiums Mitte vom 14. November 2000 sowie den Leistungsbescheid des Bundesgrenzschutzamts Frankfurt am Main vom 29. November 1999 nebst den Widerspruchsbescheid des Grenzschutzpräsidiums Mitte vom 14. November 2000 aufzuheben,

3. die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Nach Belehrung hat sie den Antrag zu 2. hinsichtlich der beiden letzteren Bescheide "zurückgenommen".

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor, das Kontrollsystem der Klägerin werde nicht bestritten, es bestünden allerdings Bedenken gegen die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben durch das Abfertigungspersonal der Klägerin. Eine zu vernachlässigende Fehlerquote sei im Rahmen der Festsetzung des Zwangsgeldes nicht zu berücksichtigen. § 74 AuslG sehe keine Quotierung vor, sondern schreibe zwingend die Ahndung nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vor, vorausgesetzt, es gebe eine Untersagungsverfügung. Bei Fällen von Beförderungen mit gefälschten oder verfälschten Reisedokumenten werde der Klägerin vom Sinn her bereits eine "zu vernachlässigende Fehlerquote" zugestanden. Der Klägerin würden auch keine Fälle vorgeworfen, bei denen eine Fälschung nur mit technischen Hilfsmitteln, die der Klägerin nicht zur Verfügung stünden, oder in der Kürze der Zeit beim Check-In nicht zumutbar erkannt werden könnten. Die Klägerin könne also nur von solchen Beförderungen ausgehen, die ihr auch konkret zum Vorwurf gemacht würden. Von der Klägerin werde nichts Unmögliches verlangt, insbesondere keine absolute Perfektion. Die Klägerin habe sehr wohl Einfluss auf die Beförderung der Passagiere und könne durch entsprechend effektive Kontrollen sicherstellen, dass sie nur solche Passagiere befördere, die auch im Besitz von erforderlichen Reisedokumenten seien. Zugunsten der Klägerin hätten seit August 1991 fünf Schulungsmaßnahmen am Abflugort in Moskau stattgefunden. Die letzte Unterstützungsmaßnahme habe allerdings bereits in der Zeit vom 31. Januar bis zum 3. Februar 2000 stattgefunden. An dieser Schulung hätten 18 Mitarbeiter der Transitgruppe der Klägerin teilgenommen. Diese Schulung habe auch dazu gedient, bestehende Unklarheiten zur Gültigkeit von Schengen-Visa, insbesondere bei Mehrfacheinreisemöglichkeit, auszuräumen. Seitens des Schulungsbeamten sei festgestellt worden, dass die Mitarbeiter der Klägerin über einen unterschiedlichen Wissensstand verfügten. Nicht ausschlaggebend sei der sogenannte Ausreisscharakter einzelner Beförderungsfälle, sondern es könne lediglich auf die Erfüllung des Tatbestands der unerlaubten Beförderung in vermeidbaren Fällen ankommen. Wie die Statistik über die Beförderungsfälle der Klägerin in den Jahren 1998 bis 2001 zeige, seien von Januar 1998 bis Juni 1999 jeweils zwischen 3 und 23 Personen mit nicht ausreichenden Dokumenten zurückgewiesen worden und von Juli 1999 bis September 2001 zwischen 6 und 17 Personen. Im Mai 2001 sei das Zwangsgeld von 3 000 DM auf 2 000 DM herabgesetzt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist allein das Urteil des VG Frankfurt am Main vom 2. April 2001 und der Leistungsbescheid des Bundesgrenzschutzamts Frankfurt am Main vom 4. Oktober 1999 nebst dazugehörigem Widerspruchsbescheid des Grenzschutzpräsidiums Mitte vom 14. November 2000; denn das Verwaltungsgericht hat mit diesem Urteil nur über die Anfechtungsklage gegen diesen Leistungsbescheid entschieden, und nur insoweit ist die Berufung durch Beschluss des Senats vom 5. Juli 2001 (12 UZ 1453/01) zugelassen. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren zunächst schriftsätzlich auch die Aufhebung zweier weiterer Leistungsbescheide nebst dazugehöriger Widerspruchsbescheide beantragt hat, beruht dies auf einem Versehen, das allein darauf zurückzuführen ist, dass mit der Klage vom 14. Dezember 2000 ursprünglich alle drei jetzt genannten Leistungsbescheide angegriffen waren und das Verwaltungsgericht dann mit Beschluss vom 22. Februar 2001 die vorliegende Anfechtungsklage gegen die Bescheide vom 4. Oktober 1999 und 14. November 2000 abgetrennt hat. Dieses Versehen hat keine prozessrechtlichen Folgen, da der Umfang der Berufung durch den Zulassungsbeschluss begrenzt ist. Die versehentliche überschießende Formulierung des Berufungsantrags in dem Begründungsschriftsatz hat nicht zu einer Erweiterung des Streitgegenstands der Berufung geführt. Dementsprechend hat die Klägerin den Berufungsantrag mit Schriftsatz vom 27. November 2001 "zurückgenommen" und auf den Gegenstand beschränkt, der dem angegriffenen Urteil und dem Zulassungsbeschluss des Senats zugrunde liegt. Damit ist keine "Rücknahme" mit der entsprechenden Kostenfolge erfolgt, sondern eine bloße Richtigstellung, wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist.

Die Berufung ist in dem derart begrenzten Umfang zugelassen und auch sonst zulässig (§§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 2 Satz 3, Abs. 3, 125 Abs. 1 VwGO). Sie ist jedoch nicht begründet, da das Verwaltungsgericht die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen hat. Die Zwangsgeldfestsetzung in dem angegriffenen Leistungsbescheid ist nämlich nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§§ 113 Abs. 1, 114 VwGO).

Die Rechtsgrundlage für die von der Klägerin angegriffene Zwangsgeldfestsetzung stellt sich wie folgt dar:

Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 AuslG darf ein Beförderungsunternehmer Ausländer auf dem Luftweg nur in das Bundesgebiet befördern, wenn sie im Besitz eines erforderlichen Passes und eines erforderlichen Visums sind, das sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit benötigen. Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG kann das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verkehr einem Beförderungsunternehmer aufgeben, (1) Ausländer nicht dem § 74 Abs. 1 Satz 1 AuslG zuwider in das Bundesgebiet zu befördern, und (2) für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verfügung Zwangsgeld nach § 74 Abs. 2 Satz 2 AuslG androhen. Gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 AuslG hat der Beförderungsunternehmer für jeden Ausländer, den er einer Verfügung nach § 74 Abs. Satz 1 Nr. 1 oder Abs. 1 Satz 2 AuslG zuwider befördert, einen Betrag von mindestens 500 DM und höchstens 5 000 DM, im Falle der Beförderung auf dem Luft- oder Seeweg jedoch nicht unter 2 000 DM, zu entrichten. Gemäß § 74 Abs. 3 AuslG dürfen die Anordnungen nach § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG nur erlassen werden, wenn der Beförderungsunternehmer trotz Abmahnung Ausländer ohne erforderlichen Pass oder ohne erforderliches Visum befördert hat oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass solche Ausländer befördert werden sollen.

Gegen dieses Regelwerk bestehen jedenfalls grundsätzlich keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist es mit der grundgesetzlich gewährleisteten Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, dass Beförderungsunternehmer gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 AuslG einem Beförderungsverbot unterliegen und ihnen gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 AuslG eine Beförderung diesem Verbot zuwider untersagt werden kann. Die früher insoweit geäußerten Zweifel gegenüber § 18 Abs. 5 AuslG 1965 (vgl. BVerwG, 14.04.1992 - 1 C 48.89 -, EZAR 220 Nr. 3 = NVwZ 1992, 682; Hess. VGH, 23.01.1989 - 12 TH 3157/87 -, EZAR 210 Nr. 2) sind inzwischen als erledigt anzusehen (vgl. BVerfG, 02.12.1997 - 2 BvL 55/92 u.a. -, BVerfGE 97, 49 EZAR 220 Nr. 5; OVG Rheinland-Pfalz, 03.12.1997 - 11 B 13028/97 u.a.). Darüber hinaus unterliegt es auch keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass ein Luftverkehrsunternehmer einen an der Grenze zurückgewiesenen Ausländer unverzüglich außer Landes zu bringen (§ 73 Abs. 1 AuslG) und außerdem die in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten zu tragen hat (§§ 82 Abs. 3, 83 Abs. 1 und 2 AuslG; Hess. VGH, 22.11.1999 - 12 UE 1848/99 -; Hess. VGH, 02.08.1999 - 12 UE 1457/99 -, EZAR 056 Nr. 1 = ESVGH 50, 21; BVerwG, 29.06.2000 - 1 C 25.99 -, EZAR 056 Nr. 2 = InfAuslR 2000, 433).

Ebenso verhält es sich jedenfalls grundsätzlich mit dem im vorliegenden Fall streitigen Zwangsgeld im Falle der verbotswidrigen Beförderung. Die Festsetzung des Zwangsgelds steht mit dem möglichen Beförderungsverbot und den Verpflichtungen zur Rückbeförderung und zur Kostentragung insoweit in Verbindung, als jeweils die Verpflichtung des Beförderungsunternehmers zur Prüfung der Einhaltung der Einreisevoraussetzungen durch die von ihm beförderten Ausländer zugrunde liegt. Während die Verpflichtungen zur Rückbeförderung und zur Tragung der Aufenthaltskosten nach §§ 73 Abs. 1 und 82 Abs. 3 AuslG an die Zurückweisung des Ausländers durch die Grenzbehörde anknüpfen und damit lediglich die Folgen eines gesetzwidrigen Handelns darstellen, ohne dass im Einzelnen auf die Zumutbarkeit von Kontrollmaßnahmen des Beförderungsunternehmers abgestellt ist, darf das behördliche Beförderungsverbot nur nach einer vorhergehenden individuellen Abmahnung oder im Falle des begründeten Verdachts der Absicht einer verbotswidrigen Beförderung ergehen. Da das behördliche Beförderungsverbot nicht zwingend vorgeschrieben ist, kann und muss im Rahmen dieses Verfahrens berücksichtigt werden, in welchem Umfang Kontrollmaßnahmen von dem Beförderungsunternehmer in zumutbarer Weise verlangt werden können und ob der Betroffene seinen Kontrollpflichten in der Vergangenheit Genüge getan hat. Insbesondere kann dabei berücksichtigt werden, ob der Beförderungsunternehmer und sein Personal in den festgestellten Fällen das Fehlen der Einreisevoraussetzungen aus den vorgelegten Urkunden ohne Weiteres erkennen konnten oder ob es sich beispielsweise um mit einfachen Mitteln nicht erkennbare Fälschungen gehandelt hat. Diese Erwägungen können und müssen auch vor Androhung des Zwangsgeldes angestellt werden. Dagegen kann nach einem festgestellten Verstoß gegen die Beförderungsuntersagung von der Festsetzung des angedrohten Zwangsgelds nicht gänzlich abgesehen werden. Einzelfallumstände, insbesondere das Maß des Verschuldens und der Grad der Erkennbarkeit des Verstoßes gegen Einreisebestimmungen können in diesem Verfahrensstadium nur noch bei der Bestimmung der Höhe des Zwangsgelds innerhalb des Rahmens von 2 000 bis 5 000 DM berücksichtigt werden. Auch insoweit besteht kein Anlass für durchgreifende Bedenken gegen dieses Sanktionssystem unter den Gesichtspunkten des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und der verhaltenssteuernden Funktion des Zwangsgeldes.

Die von der Klägerin in den Vordergrund gestellte Frage, ob die gegen sie ergriffenen Maßnahmen überhaupt zulässig sind, obwohl sie weitreichende Kontrollmaßnahmen durchführt und damit zu 99,99% Erfolg hat, ist in erster Linie im Rahmen des behördlichen Verbotsverfahrens und der Zwangsgeldandrohung zu beantworten. In diesem Stadium des Verfahrens kann nämlich das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle im Einzelnen berücksichtigen, ob der jeweilige Beförderungsunternehmer und die von ihm eingesetzten Bediensteten die erforderliche Sorgfalt üblicherweise aufwenden und der Beförderungsunternehmer insbesondere seiner Verpflichtung nachkommt, das Boden- und Bordpersonal entsprechend zu schulen (zu Schulungen ausführlich Hellenthal, ZAR 1995, 76). Hierbei kann auch gebührend in Rechnung gestellt werden, ob der Beförderungsunternehmer die ihm von der Beklagten angebotene Hilfestellung in Form von Schulungskursen in Anspruch nimmt. Auf diese Weise kann letztendlich sicher gestellt werden, dass eine Zwangsgeldfestsetzung nur dann erfolgt, wenn der Beförderungsunternehmer insgesamt gesehen seinen Kontrollverpflichtungen nicht nachgekommen ist und insbesondere die hierfür notwendigen Vorkehrungen bei der Schulung seines Personals vernachlässigt hat. Wenn vor Erlass des Beförderungsverbots und bei dessen Überprüfung nicht nur die absoluten Zahlen der zu beanstandenden Beförderungsfälle berücksichtigt werden, sondern diese auch in Beziehung zu der Gesamtzahl der Beförderungen gesetzt und außerdem mit entsprechenden Verhältnissen anderer Beförderungsunternehmer verglichen werden, ist gegen die Ermessensausübung nichts zu erinnern. Eine derartige Gesamtbetrachtung ist jedoch erforderlich, um zu gewährleisten, dass das Beförderungsverbot nicht ohne Rücksicht auf die Gründe und die Bedeutung der festgestellten Verstöße verhängt und aufrecht erhalten wird. Ist ein Ermessensfehler im Rahmen des Beförderungsverbots und der Zwangsgeldandrohung nicht feststellbar, können im Rahmen der Bestimmung der Höhe des Zwangsgelds Umstände des Einzelfalls nur noch insofern berücksichtigt werden, als es um das Maß der Pflichtverletzung in dem einzelnen Beförderungsfall geht. Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren ohnehin keine Beförderungsfälle vorgeworfen werden, in denen Fälschungen für sie nicht in zumutbarer Weise festzustellen sind.

Danach hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall zu Recht davon Abstand genommen, das von der Klägerin erreichte Maß an Kontrollsicherheit im Rahmen der Zwangsgeldfestsetzung zu erörtern und zu berücksichtigen. Die insoweit von der Klägerin vorgebrachten Bedenken hätte sie in der Weise gelten machen können und müssen, dass sie sich gegen das Beförderungsverbot und die Zwangsgeldandrohung gewandt hätte. Im Zusammenhang mit einer von ihr beantragten Überprüfung des Beförderungsverbots mit dem Ziel seiner Aufhebung für die Zukunft kann sie unter Vorlage ihrer Statistiken unter anderem geltend machen, dass sie über ein äußerst erfolgreiches Kontrollsystem verfügt, die Zurückweisungsfälle in den letzten Monaten insgesamt gesehen abgenommen haben und die noch auftretenden "Spitzen" auf von ihr nicht zu verhindernde "Ausreißer" zurückzuführen sind. Die Beklagte kann dann ihrerseits etwa auf die Gründe für die Zurückweisungen und deren Erkennbarkeit sowie auf die gegebenenfalls höhere Kontrolldichte anderer Unternehmer hinweisen oder zumindest zu erkennen geben, bei Einhaltung welcher Standards das Beförderungsverbot aufgehoben werden kann.

Nach alledem hat das Verwaltungsgericht zu Recht dahin entschieden, dass die Festsetzung eines Zwangsgelds von 3 000 DM innerhalb des Rahmens von 2 000 bis 5 000 DM nicht als unangemessen angesehen werden kann, da bei der gebotenen Sorgfalt das Fehlen eines gültigen Visums in dem zugrundeliegenden Beförderungsfall ohne Weiteres hätte erkannt werden können. Wie die Klägerin nicht in Abrede stellt, hat sie am 5. Juli 1999 mit dem Flug eine russische Staatsangehörige aus Moskau nach Frankfurt am Main befördert, die das aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit erforderliche Visum nicht besaß. Für russische Staatsangehörige war damals grundsätzlich aufgrund von § 3 Abs. Satz 1 i.V.m. Abs. 3 AuslG sowie § 1 DVAuslG und Anlage I zur DVAuslG für Einreise und Aufenthalt ein Visum erforderlich. Zwar besaß die von der Klägerin beförderte russische Staatsangehörige ein von einer französischen Auslandsvertretung ausgestelltes Schengen-Visum, das vom 11. Juni bis 10. Juli 1999 galt. Dieses Visum war jedoch abgelaufen, weil es nur eine einmalige Einreise gestattete (vgl. Art. 10 Abs. 1 Bst. a des Schengener Durchführungsübereinkommens vom 19.06.1990, BGBl. 1993 II 1013) und die russische Staatsangehörige entsprechenden Eintragungen in ihrem Pass zufolge am 13. Juni 1999 in Frankreich eingereist war und sich bis 17. Juni 1999 in Frankreich aufgehalten hatte. Es ist von der Klägerin nicht behauptet, dass diese Eintragungen in dem Pass nicht erkennbar gewesen wären und deshalb Zweifel an der Nichterfüllung der Einreisevoraussetzungen in Deutschland hätten bestehen können.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 155 Abs. 1, 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO und aus § 132 Abs. VwGO.

Ende der Entscheidung

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