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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 16.02.2004
Aktenzeichen: 12 UE 2675/03
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 7 Abs. 2
AuslG § 17 Abs. 2
AuslG § 17 Abs. 5
AuslG § 18 Abs. 1
AuslG § 18 Abs. 4
AuslG § 46 Nr. 4
1. Unterhaltszahlungen eines unterhaltspflichtigen Familienangehörigen sind für die Sicherung des Lebensunterhalts des Ehegatten eines Ausländers nur dann zu berücksichtigen, wenn der Unterhaltspflichtige nicht nur zur Zahlung imstande, sondern auch dazu bereit ist oder erforderlichenfalls zu regelmäßigen Zahlungen gezwungen wird.

2. Von der Sicherung des Lebensunterhalts kann die Ausländerbehörde bei Verlängerung einer ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis ohne weitere Voraussetzungen gänzlich absehen; andere Vorschriften über die Unterhaltssicherung treten demgegenüber zurück.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

12 UE 2675/03

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Ausländerrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 12. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Prof. Dr. Renner, Richterin am Hess. VGH Thürmer, Richter am Hess. VGH Prof. Dr. Dr. h. c. Gornig, ehrenamtlicher Richter Berg, ehrenamtliche Richterin Jacob

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Februar 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 12. Mai 2003 die ausländerbehördliche Verfügung der Beklagten vom 27. September 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 2. Dezember 2002 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung nach der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des gesamten Rechtsstreits haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem kostenpflichtigen Beteiligten wird nachgelassen, die Vollstreckung in Höhe der festgesetzten Kosten abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger seinerseits Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der im Juni 1942 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und lebt seit September 1969 in Deutschland. Nach seiner Einreise mit einer Legitimationskarte zum Zwecke der Arbeitsaufnahme als Schneider wurde ihm am 6. November 1969 erstmals eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt, die dann in der Folgezeit mehrmals verlängert wurde, und zwar ab 18. April 1983 als unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Bei einer Belehrung anlässlich zweier strafrechtlicher Verurteilungen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wurde im Februar 1990 festgestellt, dass der Kläger über keinen gültigen Nationalpass mehr verfügte, nachdem dieser am 27. Dezember 1989 abgelaufen war. Daraufhin stellte die Beklagte das Erlöschen der unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG 1965 fest. Am 10. August 1990 wurde dem Kläger erneut eine befristete Aufenthaltserlaubnis erteilt und diese dann in der Folgezeit mehrmals verlängert, zuletzt bis 24. Februar 2000. Bei der letzten Verlängerung am 25. Februar 1999 wurde der Kläger darüber belehrt, dass er seinen Lebensunterhalt ausschließlich mit öffentlichen Mitteln bestreite, der Lebensunterhalt damit nicht gesichert sei und daher dem Verlängerungsantrag für die Dauer der Zeit entsprochen werde, bis er eine eigene Erwerbstätigkeit nachweisen könne, längstens für ein Jahr. Falls sich seine persönliche Situation nach Ablauf der befristeten Aufenthaltserlaubnis nicht verändert habe, könne er keinen Vertrauensschutz geltend machen, sondern müsse damit rechnen, dass dann ein Verlängerungsantrag abgelehnt werde.

Mit dem Verlängerungsantrag vom 23. Mai 2000 gab der Kläger an, sein Lebensunterhalt werde durch Sozialhilfe und die Rente seiner Frau bestritten. Dazu legte er einen Bescheid des Sozialamts der Beklagten vom 23. Mai 2000 vor, wonach er für sich und seine Ehefrau Hilfe zum Lebensunterhalt und pauschaliertes Wohngeld von zusammen 978,21 DM (500,15 €) bezog.

Nach Anhörung des Klägers lehnte die Ausländerbehörde der Beklagten den Verlängerungsantrag mit Bescheid vom 27. September 2002 ab und drohte dem Kläger für den Fall der nicht fristgemäßen Ausreise die Abschiebung - vorzugsweise in die Türkei - an. Zur Begründung ist ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis weder zum Zwecke der Arbeitsaufnahme noch nach Art. 6 Abs. 1 oder Art. 7 ARB 1/80 zu. Der Kläger gehöre nämlich dem regulären Arbeitsmarkt schon seit Februar 1979 nicht mehr an. Er erhalte keine Erwerbsunfähigkeitsrente, da er die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfülle. Seine Ehefrau beziehe eine Erwerbsunfähigkeitsrente, gehöre aber damit ebenfalls nicht mehr dem regulären Arbeitsmarkt an. Zudem sei der Regelversagungsgrund des § 7 Abs. 2 Nr. 1 AuslG erfüllt, da der Kläger durch die Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen den Ausweisungsgrund des § 46 Nr. 6 AuslG erfülle. Bei dem Kläger liege zwar aufgrund des Zusammenwirkens verschiedener besonderer Umstände ein Ausnahmefall vor, weil er im Jahre 1969 angeworben worden und mit einer Legitimationskarte der Arbeitsverwaltung eingereist sei und weil sein dauerhafter Sozialhilfebezug darauf beruhe, dass er nach der Aufgabe seiner Änderungsschneiderei im Jahre 1989 arbeitslos geworden sei und wegen inzwischen eingetretener gesundheitlicher Beeinträchtigungen und wegen seines Alters nicht mehr vermittelt werden könne. Dazu komme schließlich, dass auch seine Ehefrau, die eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitze und eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe, und die gemeinsamen Kinder in Deutschland lebten. Bei der danach zu treffenden Ermessensentscheidung sei zu berücksichtigen, dass der Kläger seit 1993 ununterbrochen Sozialhilfeleistungen beziehe, er aber auf den mangelnden Vertrauensschutz und die weiteren ausländerrechtlichen Folgen am 25. Februar 1999 hingewiesen worden sei. Zudem entstehe der Ausweisungsgrund der sozialhilferechtlichen Bedürftigkeit mit jeder Bewilligung neu und sei bei jeder erneuten Ermessensentscheidung zu berücksichtigen. An den Einkommensverhältnissen werde sich mittelfristig nichts ändern. Da der Kläger auf Hinweise und Anforderungen, zu prüfen, ob gegebenenfalls die im Bundesgebiet lebenden Kinder ergänzend zur Sicherung des Lebensunterhalts beitragen könnten, nicht reagiert habe, müsse davon ausgegangen werden, dass entsprechende Mittel nicht zur Verfügung stünden. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 2. Dezember 2002 zurückgewiesen.

Mit der hiergegen am 6. Januar 2003 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, es müsse insbesondere der Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK berücksichtigt werden und dabei falle vor allem ins Gewicht, dass seine Ehefrau eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besitze und eine Rente beziehe und dass seine Kinder deutsche Staatsangehörige seien. Der Mittelpunkt der Familie sei demnach Deutschland. Hinzu komme, dass aufgrund des gesundheitlichen Zustands und des langen Aufenthalts in Deutschland ein ganz gewichtiges persönliches Interesse einzustellen sei. Aufgrund des Grundsicherungsgesetzes sei perspektivisch von einem ausreichenden Lebensunterhalt auszugehen. Zudem werde er in wenigen Jahren über eine Altersrente verfügen. Des Weiteren seien seine Kinder bereit und in der Lage, ihren Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen. Das Geld aus einem Bausparvertrag sei an seinen Sohn H. anlässlich dessen Hochzeit gegangen, der diese Gelder in Deutschland verwendet habe. In der Türkei habe er noch einen Bruder, der krank sei und zu dem er seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr habe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 12. Mai 2003 abgewiesen, weil der Kläger keinen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis habe. Die Aufenthaltserlaubnis sei weder nach § 10 AuslG i.V.m. der Arbeitsaufenthalteverordnung noch nach Art. 6 oder 7 ARB 1/80 noch nach § 18 Abs. 1 AuslG i.V.m. § 17 AuslG zu verlängern. Letzteres scheitere daran, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 3 AuslG nicht gegeben seien. Die Ehefrau des Klägers beziehe lediglich eine Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 308,49 € und könne daher den Unterhalt des Klägers nicht sichern. Der Kläger selbst habe derzeit keinerlei Einkommen und erhalte frühestens im Jahre 2007 mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine voraussichtlich geringe Altersrente, die ebenfalls seinen Lebensunterhalt nicht sichere. Leistungen nach dem Gesetz über eine bedarforientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung stellten eine neue Sozialleistung für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe dar und stünden damit dem Bezug von Sozialhilfe gleich. Anders als nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG genügten Unterhaltsleistungen von Familienangehörigen oder Dritten nicht. Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen stehe der Regelversagungsgrund des § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AuslG entgegen, da der Kläger und seine Ehefrau lediglich über Einkünfte aus einer Erwerbsunfähigkeitsrente der Ehefrau in Höhe von 308,49 € verfügten und sie daneben Sozialhilfeleistungen in Höhe von 535,31 € monatlich bezögen. An dieser Situation werde sich auch langfristig nichts ändern. Schließlich werde der Lebensunterhalt des Klägers auch nicht aus Unterhaltsleistungen von Familienangehörigen gedeckt. Unstreitig leisteten die beiden in Deutschland lebenden Kinder des Klägers keinerlei Unterhaltszahlungen. Einen Ausnahmefall habe die Beklagte zu Recht bejaht, die von ihr getroffene Ermessensentscheidung sei aber rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach Zulassung der Berufung mit Beschluss des Senats vom 29. September 2003 (12 UZ 2102/03) verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht geltend, sein Sohn H. leiste entsprechend der notariellen Verpflichtungserklärung einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in Höhe von etwa 275,- €; entsprechende Zahlungen habe dieser in den letzten Monaten erbracht. Zudem sei er angesichts seiner Erwerbsminderung von 70% der Auffassung, dass seine sozialgerichtliche Klage Aussicht auf Erfolg habe und er eine weitere Rentenzahlung erwarten könne.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 12. Mai 2003 zu verpflichten, seine Aufenthaltserlaubnis zu verlängern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, der Sohn H. des Klägers habe einen Unterhaltsbeitrag für Juli und August 2003 geleistet, aber nicht für die Monate September und Oktober 2003. Die Unterhaltsverpflichtung des Sohnes G. des Klägers seien im September 2002 von ihrem Sozialamt überprüft worden mit dem Ergebnis, dass dessen Einkommen von 1728,00 € unter dem Selbstbehalt von 1802,00 € liege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und auf die zum Verfahren beigezogenen Akten der Ausländerbehörde (3 Hefter) Bezug genommen, die allesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist aufgrund der Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig (§§ 124 Abs. 1, 124a Abs. 5 Satz 5, Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 bis 5 VwGO). Sie ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet; denn das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis durch die Ausländerbehörde in vollem Umfang als rechtmäßig bestätigt. Die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und die darauf gestützte Abschiebungsandrohung in dem ausländerbehördlichen Bescheid vom 27. September 2000 erweisen sich als rechtswidrig; dem Kläger steht zwar kein Genehmigungsanspruch zu, die Ausländerbehörde hat aber die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ermessensfehlerhaft abgelehnt und ist, da die Sache nicht spruchreif ist, zur Neubescheidung des Klägers verpflichtet (§§ 113 Abs. 5, 114 VwGO).

1. Soweit sich Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht zunächst ausführlich mit der Möglichkeit der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu Erwerbszwecken und aufgrund assoziationsrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit des Klägers und seiner Ehefrau befasst haben, scheidet ein Aufenthaltsrecht des Klägers von vornherein aus. Der Kläger und seine Ehefrau waren schon bei der letzten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht mehr erwerbstätig und wollen, wie der Ausländerbehörde aus den Akten bekannt ist, weder im Anschluss an das Ablaufen der letzten Verlängerung am 24. Februar 2000 noch in dem für die Verpflichtungsklage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zum Zwecke der Ausübung einer Erwerbstätigkeit weiterhin in Deutschland bleiben. Folgerichtig hat der Kläger in dem Verlängerungsantrag vom 23. Mai 2000 den Zweck des weiteren Aufenthalts wie folgt beschrieben: "hier leben" und zur Sicherung des Lebensunterhalts angegeben: "SH+Rente d. Frau". Schließlich hat sich der Kläger im Berufungsverfahren nicht gegen die Klageabweisung hinsichtlich eines Aufenthalts für Erwerbszwecke gewandt.

2. Der Kläger kann sein Aufenthaltsbegehren nicht unmittelbar darauf stützen, dass er bereits ab April 1983 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis besaß und wahrscheinlich bei einem entsprechenden Antrag bald darauf eine Aufenthaltsberechtigung erhalten hätte, die später allenfalls durch eine Ausweisung hätte zum Erlöschen gebracht werden können. Der Zeitraum von etwa zwei Monaten, in dem er über keinen gültigen Nationalpass mehr verfügte, lag nämlich vor Inkrafttreten des neuen Ausländergesetzes am 1. Januar 1991 und hatte das automatische Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis zur Folge (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 AuslG 1965). Obwohl nunmehr bei fehlendem Passbesitz nur noch die Möglichkeit des Widerrufs der Aufenthaltsgenehmigung vorgesehen ist (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 44 Abs. 1 AuslG), kann der Kläger hieraus keine Rechtsfolgen für seinen weiteren Verbleib in Deutschland herleiten.

3. Da sich das Begehren des Klägers von vornherein und nach wie vor auf das weitere Zusammenleben mit seiner Ehefrau richtet, kommen als Rechtsgrundlage in erster Linie die Vorschriften der §§ 17, 18 AuslG über die ehebezogene Aufenthaltserlaubnis in Betracht; insoweit hat die Ausländerbehörde aber einen Rechtsanspruch des Klägers im Ergebnis zu Recht verneint.

Im Ergebnis zutreffend als unschädlich haben es die Ausländerbehörde und das Verwaltungsgericht, ohne dies allerdings ausdrücklich zu erwähnen, gewertet, dass der Kläger den neuen Antrag erst am 23. Mai 2000 gestellt hat, obwohl die zuvor erteilte Verlängerung am 24. Februar 2000 endete. Da dieser Umstand weder in dem Ablehnungs- noch in dem Widerspruchsbescheid erwähnt ist, kann und muss angenommen werden, dass die Ausländerbehörde insoweit von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht hat, Unterbrechungen der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts bis zu einem Jahr außer Betracht zu lassen (§ 97 AuslG). Die in § 97 AuslG zugrunde gelegte Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts kann unter anderem auf einem verspäteten Antrag der Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung beruhen (Nr. 97.1 Abs. 2 Satz 2 AuslG-VwV). Eine Anwendung dieser Vorschrift zu Gunsten des Klägers erscheint angesichts seines damals schon mehr als dreißig Jahre andauernden rechtmäßigen Aufenthalts und des fortgeschrittenen Alters von damals 57 Jahren zweckmäßig und gerechtfertigt.

Der Kläger erfüllt die auch für die Verlängerung maßgeblichen (vgl. § 13 Abs. 1 AuslG) Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 und des § 17 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AuslG. Zwischen den Beteiligten umstritten ist nur, ob sein Unterhalt im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 3 AuslG gesichert ist. Danach muss der Lebensunterhalt des Familienangehörigen aus eigener Erwerbstätigkeit des Ausländers, aus eigenem Vermögen oder sonstigen eigenen Mitteln gesichert sein, und nur zur Vermeidung einer besonderen Härte kann auf Unterhaltsleistungen des Familienangehörigen selbst oder eines unterhaltspflichtigen Familienangehörigen zurückgegriffen werden. Wie Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht angenommen haben und der Kläger nicht in Zweifel zieht, ist er außer Stande, seinen Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit, aus eigenem Vermögen oder sonstigen eigenen Mitteln zu bestreiten. Ob eine besondere Härte im Sinne von § 17 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 AuslG vorliegt, haben weder Ausländer- noch Widerspruchsbehörde geprüft. Da die Ausländerbehörde jedoch im Rahmen ihrer Prüfung der Unterhaltsfähigkeit nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG angenommen hat, angesichts des besonderen Schicksals des Klägers sei eine Ausnahme von der Regelversagung anzunehmen, und das Regierungspräsidium dies anscheinend ebenfalls seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, kann unterstellt werden, dass aus den selben Gründen, die für ein Abweichen von der Regelversagung sprechen, bei Versagung einer weiteren ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis eine besondere Härte für den Kläger eintritt. Die dann mögliche Heranziehung von Unterhaltsbeiträgen unterhaltspflichtiger Familienangehörigen kann aber den Bedarf für den Lebensunterhalt nur dann sichern, wenn die Familienangehörigen sowohl leistungsfähig als auch leistungswillig sind (vgl. § 17.2.3.6 i.V.m. Nr. 7.2.2.0.1 AuslG-VwV; Renner, Ausländerrecht, 7. Aufl., 1999, § 17 AuslG Rdnr. 25).

Dies ist aber bei den hier allein in Betracht kommenden beiden Söhnen des Klägers nach dem Ergebnis der im Berufungsverfahren vorgenommenen Aufklärung nicht der Fall. Nach den nicht bestrittenen Berechnungen des Sozialamts der Beklagten ist der Sohn G. des Klägers nicht zum Unterhalt verpflichtet, weil sein Einkommen unter dem Selbstbehalt liegt. Der Sohn H. des Klägers hat den Angaben des Klägers zufolge im letzten Jahr für drei Monate Unterhaltsleistungen erbracht, nach den Angaben der Beklagten aber nur für die Monate Juli und August. Die in der mündlichen Verhandlung überreichten Einzahlungsbelege lassen drei oder vier Zahlungen von je 275,72 € erkennen, wobei bisher jedenfalls nicht sicher festgestellt ist, ob und für welche Zeiträume das Sozialamt der Beklagten diese Zahlungen verbucht hat. Ungeachtet dieser Unklarheiten ist festzustellen, dass auch mit Hilfe der Zahlungen des Sohnes H. der Unterhalt des Klägers nicht gesichert ist, weil dieser offenbar trotz einer notariellen Verpflichtungserklärung nicht dazu bereit oder nicht dazu im Stande ist, regelmäßig einen monatlichen Beitrag von etwa 275,- € zu leisten, und weil auch bei Berücksichtigung dieser Zahlungen ein ungedeckter Restbetrag von monatlich mehr als 200 € verbliebe. Letzen Endes ist es damit für die Entscheidung über den Antrag des Klägers unerheblich, auf welchen Gründen die mangelnden Leistungen des Sohnes H. tatsächlich beruhen, ob auf teilweisem Unvermögen oder auf fehlender Bereitschaft. Gesichert wäre nämlich der Unterhaltsbedarf des Klägers - abgesehen von dem ohnehin nicht gedeckten Rest von über 200 € - nur bei Zahlungen, die jedenfalls auf absehbare Zeit regelmäßig geleistet würden. Allerdings kann sich die Beklagte billigerweise gegenüber dem Kläger nicht mit Erfolg auf mangelnde Zahlungen des Sohnes H. berufen, wenn sie selbst von der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen absieht, die ihr aufgrund der Sozialhilfezahlungen gegenüber dem Sohn H. zustehen.

4. Dem Kläger kann jedoch, was offenbar von den Beteiligten, den Behörden und dem Verwaltungsgericht übersehen worden ist, eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Vorschrift des § 18 Abs. 4 AuslG erteilt werden, die für den Fall der nicht ausreichenden Sicherung des Wohn- oder des Unterhaltsbedarfs vorsieht, dass die Ausländerbehörde von den Erfordernissen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 und 3 AuslG absehen und hiervon abweichend die Aufenthaltserlaubnis befristet verlängern kann, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht. Die Anwendung dieser Vorschrift ist nicht wie die des § 18 Abs. 3 AuslG auf Angehörige der sog. 2. Generation beschränkt, zu der der Kläger als volljährig Eingereister nicht zählt (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 4 AuslG). Die damit durch Abs. 4 von § 18 AuslG der Ausländerbehörde eingeräumte Befugnis zu einer sonst nicht weiter gebundenen Ermessenentscheidung erlaubt das gänzliche Absehen von dem Unterhaltserfordernis, wobei vor allem der Umfang und die Gründe der nicht ausreichenden Unterhaltssicherung und der dadurch verursachten Inanspruchnahme öffentlicher Kassen berücksichtigt werden müssen (vgl. dazu GK-Ausländerrecht; § 18 AuslG Rdnr. 133; Renner, Ausländerrecht in Deutschland, 1998, Rdnr. 6/299; Hailbronner, Ausländerrecht, § 18 AuslG Rdnr. 21). Von dieser Ermessensbefugnis hat die Ausländerbehörde der Beklagten bisher keinen Gebrauch gemacht mit der Folge, dass sich der Ablehnungsbescheid wegen Ermessensunterschreitung als rechtswidrig erweist.

Das nach § 18 Abs. 4 AuslG auszuübende Ermessen kann nicht durch die Ausführungen der Ausländerbehörde zur Frage der Regelversagung nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG ersetzt werden. Während der Ausländerbehörde im ersten Fall ein Absehen von dem Unterhaltsbedarf nach Ermessen (nur) bei einer Verlängerung gestattet ist, kann sie im zweiten Fall zwar allgemein und damit auch bei einer Ersterteilung ein Ermessen nur dann ausüben, wenn zuvor aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ein Abgehen von der Regelversagung bejaht worden ist. Beide Fallkonstellationen sind vor allem deswegen nicht ähnlich gelagert, sondern grundsätzlich verschieden, weil die Ermessensmöglichkeit nach § 18 Abs. 4 AuslG gerade für die befristete Verlängerung einer ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis geschaffen worden ist und damit die Anwendung der allgemeinen Versagungsregel des § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG (i.V.m. § 13 Abs. 1 AuslG) als die ungünstigere Vorschrift verdrängt wird. In diesem Zusammenhang sind die Dauer des Aufenthalts und die Gründe für die mangelnde Unterhaltssicherung zwar ebenso zu berücksichtigen wie bei der Anwendung von § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG, dabei ist aber gerade im Hinblick auf das gemeinsame Eheleben besonders zu beachten, dass es sich für den Kläger nicht um eine erstmalige Verlängerung handelt, sondern um die Fortsetzung des gemeinsamen familiären Aufenthalts nach über dreißig Jahren, wobei nicht außer Betracht bleiben darf, dass die beiden Söhne Deutsche sind (wahrscheinlich durch Einbürgerung).

Die Vorschrift des § 18 Abs. 4 AuslG ist hinsichtlich des Unterhaltsbedarf nicht gegenüber § 17 Abs. 5 AuslG die speziellere Regelung; denn in § 17 Abs. 5 ist die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis aus Gründen der fehlenden Unterhaltssicherung nur für den Fall vorgesehen, dass der Ausländer für sonstige unterhaltsberechtigte ausländische Familienangehörige oder für nicht unterhaltsberechtigte Personen Sozialhilfe in Anspruch nimmt oder in Anspruch nehmen muss. Dies ist bei dem Kläger nicht der Fall; denn er lebt nur mit seiner Ehefrau zusammen und beide beziehen Sozialhilfe, weil ihr Renteneinkommen nicht für den Unterhalt ausreicht. Damit bezieht seine Ehefrau, auf deren Person insoweit abzustellen ist, keine Sozialhilfe für "sonstige" Angehörige.

Der Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis für den Kläger steht außerdem nicht entgegen, dass gegen den Kläger ein Ausweisungsgrund vorliegt (§ 17 Abs. 5 Alternative 1 AuslG), weil er aller Voraussicht nach auf Dauer für sich und seine Ehefrau Sozialhilfe in Anspruch nehmen wird oder in Anspruch nehmen muss (§ 46 Nr. 6 AuslG). Da dieser Ausweisungstatbestand auf die mangelnde Unterhaltsfähigkeit des Klägers zurückzuführen ist, ist die Anwendung von § 17 Abs. 5 AuslG insoweit durch die Spezialbestimmung des § 18 Abs. 4 AuslG ausgeschlossen. Wenn nach § 18 Abs. 4 AuslG von der vollständigen Sicherung des Unterhalts des Klägers abgesehen werden kann und abgesehen wird, dann fehlte es an einem erkennbaren Sinn und Zweck für die anschließende Prüfung, ob infolge der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel und des damit verwirklichten Ausweisungstatbestands die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis aufgrund einer Interessenabwägung versagt werden soll.

Ähnliche Überlegungen gelten für das Verhältnis zwischen der Ermessensvorschrift des § 18 Abs. 4 AuslG und den Regelversagungsgründen des § 7 Abs. 2 AuslG, die anwendbar seien sollen, soweit sie nicht von § 17 Abs. 5 AuslG verdrängt werden (Nr. 18.4.1.2 Satz 1 AuslG-VwV). Selbst wenn dies gerechtfertigt werden könnte, wäre aber zu berücksichtigen, dass der nach Art. 6 GG gebotene Schutz von Ehe und Familie während des Fortbestands der ehelichen Lebensgemeinschaft als besonderer Umstand zu werten ist, der eine Abweichung von § 7 Abs. 2 AuslG rechtfertigen kann (so ausdrücklich Nr. 18.4.1.2 Satz 1 AuslG-VwV). Hinsichtlich des Unterhaltsbedarfs stellt § 18 Abs. 4 AuslG die lex specialis gegenüber § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG dar. Wird auf die Unterhaltssicherung nach Ermessen verzichtet, wäre es sinnwidrig, wenn dann die Regelversagung eingriffe.

5. Nach alledem kommt es auf die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 2 AuslG über die Anforderungen an die Sicherung des Lebensunterhalt, mit denen sich Ausländerbehörde und Verwaltungsgericht im Wesentlichen beschäftigt haben, nicht an. Sie könnte nur dann eine Rolle spielen, wenn dem Kläger aufgrund einer sonstigen Vorschrift eine Aufenthaltsgenehmigung zum Zwecke des weiteren Aufenthalts in Deutschland erteilt werden könnte. An einer solchen Genehmigungsgrundlage fehlt es. Weder Ausländer- noch Widerspruchsbehörde noch Verwaltungsgericht haben eine solche Rechtsgrundlage genannt. Zu denken wäre allenfalls an § 30 Abs. 2 AuslG, wonach einem Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, aus dringenden humanitären Gründen eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden kann, wenn die Erteilung oder Verlängerung einer anderen Aufenthaltsgenehmigung ausgeschlossen ist und aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Im Grunde genommen ist diese Bestimmung auf den Kläger anwendbar, wenn unterstellt wird, dass er sich aufgrund einer positiven Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde trotz verspäteter Beantragung der Verlängerung nach § 69 Abs. 3 AuslG rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und erst infolge der Belehrung im Jahre 1999 Anlass zur Befürchtung haben musste, er könne mit einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mehr rechnen (vgl. dazu § 30 Abs. 2 Halbsatz 2 AuslG). Der Kläger hat sich zwar auf diese Bestimmung nicht ausdrücklich berufen, sie ist aber unter Umständen von Amts wegen gerade deswegen zu prüfen, weil die Ausländerbehörde die weitere ehebezogene Aufenthaltsgenehmigung abgelehnt hat ( betr. Abschiebungshindernis für § 30 Abs. 3 AuslG ähnlich BVerwG, 09.12.1997 - 1 C 19.96 -, BVerwGE 106, 13 = EZAR 020 Nr. 8; vgl. auch Hess. VGH, 13.10.2003 - 12 TG 2390/03 -, EZAR 042 Nr. 3). Insoweit hat aber die Ausländerbehörde ebenfalls kein bereichspezifisches und fallbezogenes Ermessen ausgeübt. Infolge dessen ist ihr Bescheid insoweit ebenfalls wegen Ermessensunterschreitung rechtswidrig.

6. Anders verhält es sich mit der für den Kläger ebenfalls noch in Betracht kommenden Möglichkeit der Aufenthaltserlaubnis nach Ermessen, falls er auf die Betreuung durch seine (deutschen) Söhne dringend angewiesen wäre (§ 23 Abs. 4 i.V.m. § 22 AuslG). Hierauf hat sich der Kläger bisher nämlich nicht berufen.

7. Nach alledem erweist sich zwar der ausländerbehördliche Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheid als rechtswidrig, andererseits kann aber die Beklagte nicht zur Verlängerung der ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis oder zur Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis aus humanitären Gründen verpflichtet werden, weil insoweit die Sache nicht spruchreif ist. Sie hat über den Genehmigungsantrag damit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 155 Abs. 1, 167 VwGO i.V.m. § 708 ZPO und aus § 132 Abs. 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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