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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.09.2004
Aktenzeichen: 2 TG 1630/04
Rechtsgebiete: BauGB, GG, HStrG, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 35
BauGB § 36
GG Art. 14
GG Art. 28 Abs. 2
HStrG § 52 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 1
VwGO § 42 Abs. 2
1. Eine Gemeinde kann einen Abwehranspruch gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (hier zur Errichtung einer "Windfarm" im Sinne der Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. BImSchV) nur dann erfolgreich geltend machen, wenn gemeindliches Eigentum nachteilig betroffen oder gemeindliche Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit durch die von der genehmigten Anlage ausgehenden Immissionen erheblich beeinträchtigt werden oder wenn die Gemeinde in ihrer Planungshoheit verletzt wird, weil das genehmigte Vorhaben eine hinreichend bestimmte kommunale Planung nachhaltig stört bzw. wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren Planung entzieht.

2. Belange der Allgemeinheit, deren Wahrnehmung der Gemeinde als Teil der ihr zugewiesenen Selbstverwaltungsaufgaben nicht obliegt -wie z. B. Belange des Natur- und Landschaftsschutzes- sowie Gesundheits- und/oder Eigentumsinteressen von Gemeindebürgern gehören nicht zu den wehrfähigen Abwehrrechten, die eine Gemeinde gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung geltend machen kann.

3. Abwehransprüche gegen ein genehmigtes Vorhaben wegen einer Beeinträchtigung des Ortsbildes erwachsen aus dem in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG fallenden sog. Selbstgestaltungsrecht einer Gemeinde nur dann, wenn die Anlage das Ortsbild entscheidend prägt und dadurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet einwirkt und/oder die Entwicklung der Gemeinde, z. B. auch im Hinblick auf Wirtschaftsstruktur und Leistungsfähigkeit massiv und nachhaltig verschlechtert wird.

4. Der Anschluss einer Windkraftanlage an ein Verbundnetz zum Zweck der Stromeinspeisung gehört nicht zum bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Inhalt einer ausreichenden Erschließung (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 1996 - 4 B 306.95 - NVwZ 1996, 597 = NUR 1996, 252 = UPR 1996, 154 = BauR 1996, 363 = BRS 58 Nr. 91 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 319).

5. Ein zumutbares Angebot eines Bauherren, sein Grundstück im Außenbereich selbst zu erschließen, muss eine Gemeinde grundsätzlich annehmen (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 - 4 C 48.81 - NVwZ 1986, 38 = NUR 1986, 199 = BauR 1985, 661 = BRS 44 Nr. 75 = Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 228).


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

2. Senat

2 TG 1630/04

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Anfechtung einer Genehmigung zur Errichtung einer Windfarm

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 2. Senat - durch

Vizepräsidenten des Hess. VGH Habbe, Richter am Hess. VGH Hassenpflug, Richter am Hess. VGH Pabst

am 27. September 2004 beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 6. Mai 2004 - 2 TG 1630/04 (1) - abgeändert.

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage vom 16. Februar 2004 - 4 E 411/04 (1) - gegen den Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 11. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2004 wiederherzustellen, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des gesamten Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Wertfestsetzung von Amts wegen für das erstinstanzliche Verfahren und für das Beschwerdeverfahren auf jeweils 25.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer für sofort vollziehbar erklärten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, mit der die Errichtung und der Betrieb einer aus vier Windkraftanlagen (WKA) bestehenden sog. Windfarm auf dem Gemeindegebiet der Antragstellerin zugelassen worden ist.

Nach Durchführung einer Vorprüfung gemäß §§ 3a ff. des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) beantragte die Beigeladene am 20. August 2002 die Erteilung einer Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) beim Antragsgegner. Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 5. Mai 2003 aktualisiert. Auf entsprechende Aufforderung durch den Antragsgegner vom 27. August 2002 und - nach Aktualisierung der Antragsunterlagen durch die Beigeladene - mit erneutem Aufforderungsschreiben des Antragsgegners vom 20. Mai 2003 teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 26. Mai 2003 dem Antragsgegner mit, dass ihr gemeindliches Einvernehmen zu dem geplanten Vorhaben der Beigeladenen "... auf Grund der aktuellen Beschlusslage in den gemeindlichen Gremien ... zum jetzigen Zeitpunkt ..." nicht erteilt werden könne. Die Antragstellerin machte in diesem Schreiben weiterhin darauf aufmerksam, dass sie am 12. November 2002 bei der Regionalversammlung einen Antrag auf Abweichung vom Regionalplan Südhessen 2000 und auf Abänderungen der in diesem Plan als Vorrangfläche für die Windenergienutzung dargestellten Bereiche in ihrem Gemeindegebiet gestellt habe, und bat den Antragsgegner, den Ausgang dieses Verfahrens abzuwarten.

Mit Bescheid vom 7. Oktober 2003 wurde das verweigerte Einvernehmen von der unteren Bauaufsichtsbehörde des Rheingau-Taunus-Kreises gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 des Baugesetzbuchs (BauGB) ersetzt. Die sofortige Vollziehbarkeit dieser Einvernehmensersetzung wurde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet. Dagegen hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 23. Oktober 2003 Widerspruch erhoben, über den bisher noch nicht entschieden ist, sowie am 28. Oktober 2003 beim Verwaltungsgericht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs beantragt. Auf die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten wurde dieses Verwaltungsstreitverfahren (- 3 G 2519/03 <2> -) eingestellt, nachdem der Antragsgegner mit Bescheid vom 11. November 2003 die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die geplante Windfarm der Beigeladenen erteilt hatte.

Den gegen diesen Genehmigungsbescheid am 14. November 2003 erhobenen Widerspruch der Antragstellerin wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2004 zurück. Dagegen hat die Antragstellerin am 16. Februar 2004 Klage erhoben, über die vom Verwaltungsgericht noch nicht entschieden ist (- 4 E 411/04 <1> -).

Auf Antrag der Beigeladenen vom 18. November 2003 ordnete der Antragsgegner mit Datum vom 4. Februar 2004 die sofortige Vollziehung seiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 11. November 2003 an. Dagegen hat die Antragstellerin mit Antrag vom 13. Februar 2004 - beim Verwaltungsgericht eingegangen am 16. Februar 2004 - um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Sie macht geltend, der Antragsgegner sei bei der Anordnung des Sofortvollzugs von unrichtigen gesetzlichen Voraussetzungen ausgegangen. Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) habe niemals den Zweck gehabt, den Ausbau der Windenergie zu beschleunigen, was bereits daraus folge, dass der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs bzw. einer Klage gegen die Genehmigung einer Windfarm nicht ausgeschlossen habe. Im Übrigen sei die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch den Rheingau-Taunus-Kreis rechtswidrig erfolgt. Das zugelassene Vorhaben der Beigeladenen verunstalte die Landschaft, da die vier Windkraftanlagen, deren Errichtung auf einer Anhöhe geplant sei, auf den in einem "Kessel" liegenden Ortsteil Breithardt der Antragstellerin eine erdrückende Wirkung ausübten. Die von sechs der sieben Ortsteile der Antragstellerin aus sichtbaren Windkraftanlagen wirkten wie ein Fremdkörper in der von technischen Anlagen ansonsten unberührten Landschaft und beeinträchtigten das im Aufbau befindliche Tourismuskonzept der Antragstellerin. Zudem sei in den betroffenen Bereichen des Gemeindegebietes "... seit geraumer Zeit die Struktur- und Artenvielfalt durch eine Reihe von Biotopen und Heckenzügen erheblich gewachsen ...", was durch die - im Verfahren 3 G 2519/03 (2) - überreichte Stellungnahme der SLE-Consult vom 27. Oktober 2003 bestätigt werde. Auch weise der Flächennutzungsplan der Antragstellerin für den geplanten Standort der Windfarm keine Fläche für Windenergieanlagen aus. Überdies enthalte die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung keine konkreten Vorgaben hinsichtlich der einzuhaltenden Immissionswerte. Schließlich sei eine ausreichende Erschließung der Windkraftanlagen nicht gesichert; ein Erschließungsvertrag zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen bestehe nicht und auch die erforderlichen Baulasten für die Verlegung der Kabeltrasse zum Netzeinspeisepunkt seien nicht bestellt.

Mit Bescheid vom 29. März 2004 ließ der Antragsgegner die von der Antragstellerin am 12. November 2002 beantragte Abweichung von den Zielen des Regionalplans Südhessen 2000 bzgl. der Bereiche für die Windenergienutzung im Gemeindegebiet der Antragstellerin zum Zweck der Befreiung von der Anpassungspflicht des § 1 Abs. 4 BauGB zu.

Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 11. November 2003 mit Beschluss vom 6. Mai 2004 wiederhergestellt. Zur Begründung hat das erstinstanzliche Gericht im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe kein Anlass, die sofortige Vollziehung des Genehmigungsbescheids anzuordnen, weil die Beigeladene in absehbarer Zeit mit den Bauarbeiten nicht beginnen könne. Die wegemäßige Erschließung der für die Errichtung der vier Windkraftanlagen in Aussicht genommenen Grundflächen sei nicht gesichert, da diese sämtlich über keinen Zugang zu einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße verfügten, sondern an landwirtschaftlichen Wegen lägen, deren Eigentümerin die Antragstellerin sei. Eine Einigung zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen über den Baustellen- bzw. den Anliegerverkehr bestehe nicht. Hieraus ergäben sich auch ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung, da § 35 Abs. 1 BauGB eine ausreichende Erschließung eines Außenbereichsvorhabens verlange. Diese Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung sowie die im Hauptsacheverfahren zu klärenden Fragen, ob die Ausweisung der Vorrangfläche für Windenergie im Regionalplan Südhessen 2000 für die Antragstellerin Zielbindung entfalte und ob die genehmigten Windkraftanlagen zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes bzw. zu einer erdrückenden Wirkung für den Ortsteil Breithardt der Antragstellerin führen werde, rechtfertigten die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der am 16. Februar 2004 erhobenen Klage.

Gegen diesen ihnen am 10. Mai 2004 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts haben der Antragsgegner und die Beigeladene am 18. und am 19. Mai 2004 Beschwerde eingelegt.

II.

Die zulässigen, insbesondere gemäß §§ 147 Abs. 1, 146 Abs. 4 Satz 1 bis 3 VwGO form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen sind begründet. Das Verwaltungsgericht hätte dem Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Anfechtungsklage (- 4 E 411/04 <1> -) gegen den Genehmigungsbescheid des Antragsgegners vom 11. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2004 wiederherzustellen, nicht stattgeben dürfen, da die rechtliche Prüfung dieses Antrags mit einer für die Entscheidung nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hinreichenden Deutlichkeit ergibt, dass die Klage der Antragstellerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Die Überprüfung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 11. November 2003 im vorliegenden Verfahren - sowie im Hauptsacheverfahren (- 4 E 411/04 <1> -) - kann nur in den Grenzen der Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erfolgen. Im Hinblick auf den Eingriff in die bereits durch die Erteilung der Genehmigung geschützte Rechtsposition der Beigeladenen kann die auf Grund der Klage eines Dritten angefochtene Genehmigung nur aufgehoben werden, wenn dieser durch die Genehmigung zugleich in eigenen Rechten verletzt wird (st. Rspr. des BVerwG, vgl. z. B.: Beschluss vom 29. Oktober 1968 - IV B 7.68 -, DÖV 1969, 142 = BRS 20 Nr. 177). Dies gilt auch für die Anfechtung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung durch eine Kommune (vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 4 C 36.86 -, BVerwGE 84, 209 <214 f.> = NVwZ 1990, 464).

Ein Abwehrrecht gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung besteht jedoch nur, wenn das genehmigte Vorhaben gegen Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die zumindest auch dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Nur ein Verstoß gegen solche drittschützenden Vorschriften hat zur Folge, dass der Dritte in seinen subjektiven Rechten verletzt ist und könnte deshalb im Klageverfahren die Aufhebung der Genehmigung rechtfertigen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Voraussetzung dafür, dass dieser Abwehranspruch auch einer Gemeinde eingreift, ist deshalb, dass sie geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Eine schutzfähige Position einer Gemeinde vermittelt insofern insbesondere die gemeindliche Planungshoheit, die beeinträchtigt wird, wenn das genehmigte Vorhaben eine hinreichend bestimmte Planung der Kommune nachhaltig stört, wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren Planung entzieht, wenn gemeindliche Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt werden oder wenn Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte der Gemeinde verletzt worden sind.

Von eigenen wehrfähigen Rechten einer Gemeinde kann dagegen keine Rede sein, wenn öffentliche Belange gefährdet werden, deren Wahrnehmung nicht der Gemeinde als Teil der ihr zugewiesenen Selbstverwaltungsaufgaben obliegt, oder Gemeindebürger betroffen sind, denen es freisteht, sich vor rechtswidrigen Eingriffen selbst zu schützen (st. Rspr. des BVerwG, vgl. z. B.: Beschluss vom 30. August 1995 - 4 B 86.95 -, NVwZ-RR 1996, 67 <68> = NUR 1996, 86 = BauR 1995, 802 = BRS 57 Nr. 1 = Buchholz 406.13 § 6a ROG Nr. 1).

Dem beschließenden Senat ist es deshalb verwehrt, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners vom 11. November 2003 einer vollen Rechtmäßigkeitsprüfung zu unterziehen, wovon indessen das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung offenbar ausgegangen ist. Die Genehmigung mag objektiv rechtswidrig sein, das Gericht kann sie gemäß § 42 VwGO jedoch nur dann aufheben, wenn sie zugleich in die Rechte der Antragstellerin eingreift (vgl. auch: BVerwG, Urteil vom 30. September 1983 - 4 C 55.80 -, NJW 1984, 2174). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Nach dem Inhalt der vorliegenden Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners sowie nach dem Vorbringen der Antragstellerin in diesem Verfahren sowie im Hauptsacheverfahren (- 4 E 411/04 <1> -) ist ein Verstoß gegen der Antragstellerin Drittschutz gewährende Vorschriften des öffentlichen Rechts nicht festzustellen, so dass die am 16. Februar 2004 mit dem Ziel der Aufhebung der Genehmigung vom 11. November 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2004 erhobene Anfechtungsklage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ohne Erfolg bleiben wird. Aus diesem Grund muss die gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem Interesse der Beigeladenen, auf Grund der angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit der Genehmigung vom 11. November 2003 mit der Errichtung der geplanten Windfarm bereits vor Bestandskraft des Genehmigungsbescheids beginnen zu dürfen, und dem Interesse der Antragstellerin daran, vom Vollzug der angefochtenen Genehmigung einstweilen verschont zu bleiben, zugunsten der Beigeladenen und zulasten der Antragstellerin ausfallen.

Zu den einzelnen von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtsverletzungen und Beeinträchtigungen gilt Folgendes:

Die von der Antragstellerin geltend gemachten, in § 35 Abs. 3 BauGB aufgeführten Belange, insbesondere diejenigen des Natur- und Landschaftsschutzes, können die begehrte Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nicht rechtfertigen. Zwar sind bei der Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß § 13 Abs. 1 BImSchG u. a. auch die bauplanungsrechtlichen Vorschriften der §§ 29 ff. BauGB zu beachten. Ein Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung hat die Antragstellerin aber nur dann, wenn die Genehmigung nicht nur objektiv gegen das Bauplanungsrecht verstößt, sondern zugleich auch ihre eigenen Rechte verletzt (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 1989 - 4 C 36.86 -, a.a.O.). Die hier allein in Betracht kommende bauplanungsrechtliche Vorschrift des § 35 BauGB hat aber keine allgemeine dritt- bzw. nachbarschützende Funktion. Auch der Drittschutz, der sich aus dem in § 35 Abs. 3 BauGB verankerten Rücksichtnahmegebot ergibt (zu den einzelnen in diesem Zusammenhang geltend gemachten Belangen siehe nachstehende Ausführungen), setzt eine schutzwürdige Position des Dritten - hier der Antragstellerin selbst - gegenüber dem genehmigten Vorhaben voraus. Rücksicht zu nehmen ist nämlich nur auf solche Interessen eines Dritten, die wehrfähig sind, weil sie nach der gesetzgeberischen Wertung, die im materiellen Recht ihren Niederschlag gefunden hat, schützenswert sind. Werden in diesem Sinne schutzwürdige Interessen eines Dritten nicht beeinträchtigt, greift auch das Rücksichtnahmegebot nicht; dabei kommt es ebenfalls nicht darauf an, ob die von dem Dritten angefochtene Genehmigung - objektiv - rechtswidrig ist (st. Rspr. des BVerwG, vgl. z. B. Urteil vom 26. März 1976 - IV C 7.74 -, BVerwGE 50, 282 <285>; Beschluss vom 3. April 1995 - 4 B 47.95 -, BRS 57 Nr. 224 = Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 126, m.w.N.).

Zu dem Aufgabenkreis einer Gemeinde gehört es insbesondere nicht, das Landschaftsbild und den Naturhaushalt vor Eingriffen zu schützen. Es entspricht ebenfalls der ständigen und gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der beschließende Senat angeschlossen hat, dass es den Gemeinden verwehrt ist, sich quasi zum "gesamtverantwortlichen Wächter des Naturschutzes und des sonstigen Umweltschutzes aufzuschwingen und als solcher Belange der Allgemeinheit zu wahren, die nicht speziell ihrem Selbstverwaltungsrecht zugeordnet sind ..." (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 - <juris>; Urteil vom 26. Februar 1999 - 4 A 47.96 -, NVwZ 2000, 560 = NUR 2000, 627 = UPR 1999, 271 = BImSchG-Rspr. § 41 Nr. 45; Beschluss vom 15. April 1999 - 4 VR 18.98, 4 A 45.98 -, NVwZ-RR 1999, 554 = ZfBR 2000, 66 = BRS 62 Nr. 67 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 151; Hess. VGH, Beschluss vom 12. Juli 2001 - 2 Q 777/01 -, NUR 2003, 105).

Eine Verletzung der Planungshoheit der Antragstellerin ist hier nicht ersichtlich. Eine durchsetzbare gemeindliche Planung der Antragstellerin für diejenigen Bereiche ihres Gemeindegebiets, auf denen die genehmigten Anlagen der Beigeladenen errichtet werden sollen, bestand jedenfalls zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung durch den Antragsgegner nicht. Allein dieser Zeitpunkt ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sowohl in diesem Beschwerdeverfahren als auch in dem vom Verwaltungsgericht noch zu entscheidenden Hauptsacheverfahren (- 4 E 411/04 <1> -) maßgebend. Der Bauherr eines Vorhabens muss sich im Rahmen der Drittanfechtung einer ihm erteilten Genehmigung grundsätzlich nur eine Verletzung von Rechten Dritter entgegenhalten lassen, die zu diesem Zeitpunkt bestanden haben. Spätere Änderungen zu seinen Lasten bleiben unberücksichtigt. Andererseits sind Änderungen zu seinen Gunsten aber zu beachten (st. Rspr. des BVerwG, vgl. z. B.: Urteil vom 18. Mai 1982 - 7 C 42.80 -, BVerwGE 65, 313 <318>, NVwZ 1983, 32 = UPR 1983, 66 = BImSchG-Rspr. § 67 Nr. 20 = Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 3; Hess. VGH, Beschluss vom 9. November 1987 - 4 TG 1913/87 -, BRS 47, 156). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn eine Gemeinde unter Berufung auf ihre Planungshoheit gegen eine erteilte Genehmigung vorgeht (Bay. VGH, Beschluss vom 13. März 1996 - 1 CS 96.638 -, BayVBl. 1996, 471; OVG Weimar, Urteil vom 17. Juni 1998 - 1 KO 1040/97 -, NUR 2000, 478 = BRS 60 Nr. 200).

Die der Antragstellerin mit Bescheid des Antragsgegners vom 29. März 2004 gestattete Abweichung von den Zielen des Regionalplans Südhessen 2000 ist deshalb für das vorliegende Verfahren ebenso ohne rechtliche Relevanz wie das Schicksal des Regionalplans selbst, der mit Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juli 2004 (- 4 N 406/04 -) für nichtig erklärt worden ist, wogegen das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt wurde.

Eine im vorstehenden Sinn durchsetzbare gemeindliche Planung im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung ist nicht darin zu sehen, dass die Antragstellerin schon damals eine Abweichung von den Zielen des Regionalplans mit der Absicht beantragt hatte, eine Vorrangfläche für die Windenergienutzung mit Ausschlusswirkung für das gesamte übrige Gemeindegebiet - also auch für die hier genehmigten Standorte der geplanten vier Windkraftanlagen der Beigeladenen - nur im Bereich Hennethal an der Grenze zur Gemeinde Aarbergen auszuweisen. Dabei muss hier nicht entschieden werden, ob es sich bei dieser Planungskonzeption der Antragstellerin um eine materiell-rechtmäßige Planung in dem Sinne handelt, dass ihr "... ein schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept zugrunde liegt, das den allgemeinen Anforderungen des planungsrechtlichen Abwägungsgebots gerecht wird" und sich die Abwägung aller Belange "auf die positiv festgelegten und die ausgeschlossenen Standorte" erstreckt (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, NVwZ 2003, 1261 = NUR 2003, 615 = BauR 2003, 1172), da eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB und damit eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit voraussetzt, dass der Flächennutzungsplan auch formell in Kraft getreten ist. An einer solchen Rechtsverbindlichkeit der gemeindlichen Planung mangelt es - jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Genehmigungserteilung - hier bei den Vorstellungen der Antragstellerin im Hinblick auf die Ausweisung einer Vorrangzone für die Windenergienutzung.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht auch Überlegungen dazu angestellt, ob Darstellungen im Entwurf eines Flächennutzungsplans ebenfalls einem im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierten Vorhaben entgegenstehen können, dies jedoch letztlich nur für den Fall in Erwägung gezogen, dass der Flächennutzungsplanentwurf im Sinne von § 33 BauGB "planreif" ist (vgl.: BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - 4 C 3.02 -, a.a.O.). Für eine solche Annahme enthält weder das Vorbringen der Antragstellerin noch der Inhalt der vorliegenden Verwaltungsvorgänge irgendwelche Anhaltspunkte. Es ist jedoch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine solche "Planreife" jedenfalls für ein "... schlüssiges gesamträumliches Planungskonzept ..." der Antragstellerin zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung durch den Antragsgegner am 11. November 2003 jedenfalls noch nicht vorlag, da die Antragstellerin nach der Begründung der Abweichungsgenehmigung des Antragsgegners vom 29. März 2004 noch eine weitere Vorrangfläche (sog. "potentielle Erweiterungsfläche 18,95 ha") auszuweisen beabsichtigt, dies jedoch "... bisher ohne Beschlüsse der zuständigen Gremien ..." (siehe Seite 2 des Bescheids vom 29. März 2004 - Bl. 199 der Gerichtsakten). Fehlt es mithin aber an der Rechtsverbindlichkeit eines auf einem schlüssigen gesamträumlichen Konzept beruhenden Flächennutzungsplans der Antragstellerin und ist auch für eine "Planreife" eines Flächennutzungsplanentwurfs im Sinne von § 33 BauGB nichts ersichtlich, stehen die von der Antragstellerin erstrebten Standortzuweisungen für Windkraftanlagen dem vom Antragsgegner genehmigten Vorhaben hier nicht entgegen (vgl. hierzu ausführlich auch: OVG Lüneburg, Beschluss vom 12. September 2003 - 1 ME 212/03 -, NVwZ-RR 2004, 91 = NUR 2004, 119).

Die Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 11. November 2003 ist auch nicht gerechtfertigt, soweit die Antragstellerin geltend macht, die Errichtung der geplanten vier Windkraftanlagen werde negative Folgen für die Erscheinung ihres Ortsbildes haben. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zwar ein sog. Selbstgestaltungsrecht der Gemeinden anerkannt, das in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) fällt. Abwehransprüche erwachsen aus diesem Recht aber nur dann, wenn die Gemeinde durch Maßnahmen betroffen wird, die das Ortsbild entscheidend prägen und hierdurch nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirken (siehe hierzu: BVerwG, Urteil vom 18. März 1987 - 7 C 31.85 -, BVerwGE 77, 134 <138> = NVwZ 1987, 590 = NUR 1988, 240 = Buchholz 442.065 TWG Nr. 7; Beschluss vom 5. Dezember 1996 - 11 VR 8.96 -, NVwZ-RR 1997, 339; Beschluss vom 15. April 1999 - 4 VR 18.98, 4 A 45.98 -, a.a.O.). Diese Merkmale erfüllt das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen nicht.

Die genehmigten Windkraftanlagen wirken sich als Hochbauten mit einer Gesamthöhe von jeweils ca. 100 m (Nabenhöhe 64,8 m + 1/2 Rotordurchmesser 35 m = 99,8 m Gesamthöhe) zwar auf das Landschaftsbild zwischen den Ortsteilen Breithardt, Holzhausen über Aar, Strinz-Margarethä und Steckenroth der Antragstellerin nachteilig aus. Dies ist jedoch eine notwendige Folge der Errichtung von Hochbauten im Außenbereich und insbesondere der nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierten Windkraftanlagen.

Es ist jedoch nicht erkennbar, dass die genehmigten Anlagen der Beigeladenen die vorhandene städtebauliche Struktur einer der genannten Ortsteile der Antragstellerin von Grund auf verändern werden. So wird dem baulichen Gefüge der Ortsteile nicht ein Element hinzugefügt, das ihnen im Vergleich zum gegenwärtigen Zustand ein neuartiges Gepräge verleihen wird. Eine die übrige Bebauung der genannten Ortsteile dominierende Wirkung werden die genehmigten Windkraftanlagen schon deshalb nicht ausüben, weil sie deutlich, nämlich ca. 650 m bis 2.300 m außerhalb der geschlossenen Ortslagen der vier genannten Ortsteile errichtet werden sollen. Es werden ausschließlich Außenbereichsflächen eines Raumes in Anspruch genommen, der bereits durch Eingriffe (Landwirtschaft einschließlich landwirtschaftlichen Gebäuden, Straßen) zivilisatorisch genutzt wird und der keineswegs als naturnah oder naturbelassen zu bezeichnen ist.

Durch die genehmigten Anlagen wird andererseits auch kein "Riegel" geschaffen, der von den genannten Ortsteilen aus einsehbare Landschaftsteile optisch "abschneidet": Vom Rand des Ortsteiles Breithardt sind drei der genehmigten Windkraftanlagen nur im Rotorbereich sichtbar; lediglich eine Windkraftanlage (WKA 2) ist von dort aus ungehindert einsehbar. Vom Ortsrand von Holzhausen aus ist nur eine Anlage gut sichtbar; eine zweite nur im Rotorbereich. Die übrigen Anlagen sind von dort aus nicht zu sehen. Vom Ortsteil Strinz-Margarethä aus sind drei Anlagen im oberen Mast- und Rotorbereich sichtbar; die vierte Windkraftanlage ist in einer Entfernung von ca. 2 km im Rotorbereich zu sehen. Lediglich von Steckenroth aus sind alle vier Windkraftanlagen in einer Entfernung von ca. 1,2 bis ca. 2,3 km aus einsehbar, davon zwei lediglich im oberen Mast- bzw. Rotorbereich.

Auf Grund ihrer Lage und ihrer Höhe sind die genehmigten Windkraftanlagen mithin von allen vier genannten Ortsteilen der Antragstellerin aus zumindest teilweise zwar deutlich einsehbar; es wird jedoch weder das Erscheinungsbild eines einzelnen Ortsteiles oder das Ortsbild der gesamten Gemeinde schwer und unerträglich in Mitleidenschaft gezogen noch tritt eine massive optische "Trennwirkung" zwischen den einzelnen Ortsteilen bzw. zwischen einzelnen Ortslagen und einsehbaren Landschaftsteilen ein, so dass von einer Verletzung des Selbstgestaltungsrechts der Antragstellerin nicht die Rede sein kann.

Für diese Feststellungen und Bewertungen bedarf es entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht der Durchführung eines Ortstermins durch den beschließenden Senat, da die im landschaftspflegerischen Begleitplan der angefochtenen Genehmigung enthaltenen Beschreibungen, Karten und Fotomontagen einen anschaulicheren und zuverlässigeren Eindruck vom zu erwartenden Zustand des Orts- und Landschaftsbildes nach Errichtung der genehmigten Anlagen vermitteln als eine Inaugenscheinnahme zum gegenwärtigen Zeitpunkt, in dem die Auswirkungen des Vorhabens auch nicht ansatzweise visuell wahrnehmbar sind. Im Übrigen hat die Antragstellerin substantiierte Einwendungen gegen die fototechnische Darstellung der sog. Landschaftsbildvisualisierungen durch die Beigeladene auch nicht erhoben.

Darüber hinaus hat der Antragsgegner in einer nachvollziehbaren, rechtlich nicht zu beanstandenden Abwägung die Beeinträchtigungen des Orts- und Landschaftsbildes durch die genehmigten Anlagen sowie ihre Einsehbarkeit von den genannten Ortsteilen der Antragstellerin aus dem gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierten Vorhaben der Beigeladenen gegenübergestellt und ist dabei unter Beachtung der gesetzgeberischen Wertung, wonach das in der Privilegierung zum Ausdruck kommende gesteigerte Durchsetzungsvermögen des privaten Interesses der Beigeladenen an der Errichtung und dem Betrieb der genehmigten Windkraftanlagen mit erheblichem Gewicht in die Abwägung einzustellen ist, zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Vorhaben kein öffentlicher Belang gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegensteht. Dies ist im Rahmen der hier gegebenen Anfechtung der Genehmigung durch die Antragstellerin nicht zu beanstanden (vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287 = NVwZ 2003, 733 = UPR 2003, 188 = NUR 2003, 365 = BauR 2003, 828 = BRS 65 Nr. 95 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 355, m.w.N.).

Auch das Vorbringen der Antragstellerin, die genehmigten Windkraftanlagen beeinträchtigten ihr "... im Aufbau befindliches Tourismuskonzept ...", lässt eine Verletzung eines gemeindlichen Abwehranspruchs nicht erkennen.

Zwar ist die Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit oder eines aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitenden Selbstgestaltungsrechts der Gemeinde auch dann in Betracht zu ziehen, wenn etwa durch ein geplantes oder genehmigtes Vorhaben die Wirtschaftsstruktur und die Leistungsfähigkeit einer durch Landwirtschaft und Fremdenverkehr geprägten Gemeinde massiv und nachhaltig verschlechtert werden (BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1999 - 4 A 47.96 -, a.a.O.). Einen derartigen Eingriff in den Gemeindecharakter hat die Antragstellerin aber nicht ansatzweise geltend, geschweige denn glaubhaft gemacht. Sie wehrt sich vielmehr dagegen, dass ihr die Entwicklung zu einem Tourismus- bzw. Naherholungsort durch das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen "verbaut" werde. Die bloße Möglichkeit einer solchen Entwicklung allein ergibt jedoch noch keinen im Rahmen einer Anfechtungsklage zu beachtenden Abwehranspruch. Über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Einzelvorhabens - wie hier der Windfarm der Beigeladenen - wird allein auf der Grundlage des Konditionalprogramms des § 35 BauGB entschieden. Dies lässt für planerische Erwägungen keinen Raum. Dies gilt selbst dann, wenn das genehmigte Vorhaben öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 7 BauGB berührt. Ein planerisches Element, das sich als Zulassungssperre für ein geplantes Vorhaben erweisen kann, ist vom Gesetzgeber nur insoweit vorgesehen worden, als er der Gemeinde, auf deren Gebiet das Vorhaben verwirklicht werden soll, zur Wahrung ihrer Planungshoheit die Möglichkeit einräumt, den Vorbehalt des Einvernehmens nach § 36 BauGB für planerische Aktivitäten zu nutzen. Allein dies eröffnet der Gemeinde die Möglichkeit, anstelle der Interessenbewertung, welche der Vorschrift des § 35 BauGB zugrunde liegt, ihre eigenen abweichenden Planvorstellungen im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB umzusetzen (BVerwG, Urteil vom 1. August 2002 - 4 C 5.01 - BVerwGE 117, 25 = NVwZ 2003, 86 = NUR 2003, 165 = UPR 2003, 35 = BauR 2003, 55 = BRS 65 Nr. 10 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 352).

Der Antragstellerin zukommende "wehrfähige" Rechte sind des Weiteren nicht gegeben, soweit sie sich auf den Schutz vor Schallimmissionen und auf eine aus dem Rücksichtnahmegebot entwickelte sog. "erdrückende Wirkung" der genehmigten Anlagen für die Bewohner ihrer Ortsteile, insbesondere des Ortsteils Breithardt beruft.

Die Antragstellerin kann gegen die Genehmigung vom 11. November 2003 nicht mit Erfolg vorbringen, der Antragsgegner habe die optischen Wirkungen der genehmigten Anlage sowie die Schallimmissionen für die Anwohner nicht bzw. nicht ausreichend beachtet. Der Antragstellerin obliegt es nämlich nicht, ihre als "Nachbarn" der geplanten Anlage betroffenen Gemeindemitglieder durch Beschreiten des Rechtswegs gegen eine Genehmigung vor Geräuschimmissionen, optischen oder sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren. Der Antragstellerin steht als Kommune weder ein Recht auf Schutz vor Schallimmissionen oder einer optisch "erdrückenden Wirkung" noch - nach der Art einer kommunalen Prozessstandschaft - die Befugnis zu, die Gesundheits- und/oder Eigentumsinteressen ihrer betroffenen Bürger für diese gerichtlich geltend zu machen. Es bleibt vielmehr der Eigeninitiative der Eigentümer und Bewohner der evtl. nachteilig betroffenen Grundstücke überlassen, sich gegen unzumutbare Immissionen oder sonstige Rechtsgutbeeinträchtigungen selbst gerichtlich zur Wehr zu setzen (st. Rspr. des BVerwG und des beschließenden Senats, vgl. z. B.: BVerwG, Beschluss vom 15. April 1999 - 4 VR 18.98, 4 A 45.98 -, a.a.O.; Hess. VGH, Urteil vom 23. Oktober 2003 - 2 A 762/03 -, m.w.N.). Dass durch die genehmigten Windkraftanlagen der Beigeladenen kommunale Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit oder gemeindliches Wohneigentum unzumutbar beeinträchtigt werden, hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin und des Verwaltungsgerichts besteht ein Anspruch auf Aufhebung der Genehmigung vom 11. November 2003 aber auch nicht deshalb, weil die (ausreichende) Erschließung der für die Errichtung der Windkraftanlagen in Aussicht genommenen Grundflächen nicht gesichert ist.

Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben im Außenbereich zwar nur zulässig, wenn u. a. die ausreichende Erschließung gesichert ist. Entgegen der offensichtlichen Ansicht der Antragstellerin gehört der Anschluss einer Windkraftanlage an ein Verbundnetz zum Zweck der Stromeinspeisung aber nicht zum bauplanungsrechtlichen Inhalt der Erschließung (BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 1996 - 4 B 306.95 -, NVwZ 1996, 597 = NUR 1996, 252 = UPR 1996, 154 = BauR 1996, 363 = BRS 58 Nr. 91 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 319). Es kommt daher in diesem rechtlichen Zusammenhang nicht darauf an, ob die Baulasten für die Kabeltrasse von den einzelnen Windkraftanlagen zum Netzeinspeisepunkt bestellt sind oder nicht.

Aber auch soweit das Verwaltungsgericht die wegemäßige Erschließung der für die Errichtung der genehmigten Windkraftanlagen in Aussicht genommenen Grundstücke für nicht ausreichend gesichert hält, kann dies die von der Antragstellerin begehrte Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 11. November 2003 nicht rechtfertigen.

Nach dem derzeitigen Sachstand bestehen zumindest bezüglich drei der vier genehmigten Windkraftanlagen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die für die Errichtung der Windkraftanlagen in Aussicht genommenen Baugrundstücke "... keinen unmittelbaren Zugang zu einer dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straße ..." haben. Die Grundstücke, auf denen die Errichtung der Windkraftanlagen WKA 1, WKA 3 und WKA 4 der Beigeladenen geplant und genehmigt ist, liegen nämlich nach dem von der Antragstellerin nicht bestrittenen Vortrag des Antragsgegners und der Beigeladenen unmittelbar an einer "... gut ausgebauten und geschotterten, ca. 3,5 bis 4 m breiten Wirtschaftswegeparzelle, der <Eisenstraße>." Ein förmlicher Widmungsakt für diese Wegeparzelle(n) im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hessischen Straßengesetzes (HStrG) bzw. eine entsprechende Widmungsbeschränkung auf bestimmte Verkehre oder Fahrzeuge durch die Antragstellerin ist nach ihren eigenen Angaben im Schriftsatz vom 20. September 2004 nicht feststellbar. Es ist deshalb mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass es sich bei der "Eisenstraße" um eine öffentliche Straße gemäß § 52 Abs. 2 HStrG handelt. Nach dieser Vorschrift sind öffentliche Straßen im Sinne des Hessischen Straßengesetzes auch diejenigen Straßen, die nach bisherigem Recht, d. h., vor Inkrafttreten des Hessischen Straßengesetzes, die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besitzen.

Die "Eisenstraße" ist ein spätmittelalterlicher Fahrweg, auf dem Eisenerz nach Hahn und weiter nach Wiesbaden zum Schiersteiner Hafen transportiert wurde (siehe hierzu: "Taunusreiter - Altstraßen im Taunus", S. 14 <http://www.taunusreiter.de/1508.html.>; Egon Eichhorn, Zur Topografie mittelalterlicher Fern- und Landstraßen zum und im Limburger Becken, 76, 1965). Dieser historische Verkehrsweg, der sich auch heute noch über einen zahlreiche Gemarkungen umfassenden Raum erstreckt, ist auch in Landkarten aus dem 19. Jahrhundert als Wegeverbindung eingetragen (siehe hierzu: Kulturdenkmäler in Hessen; Rheingau-Taunus-Kreis II, S. 232). Nach diesen Quellen handelt es sich bei der "Eisenstraße" mithin um eine Wegeverbindung, die - unabhängig vom jeweiligen Ausbauzustand - seit Jahrhunderten dem öffentlichen Verkehr gedient hat und die schon immer als öffentlich angesehen und von der Antragstellerin als Trägerin der Straßenbaulast auch unterhalten wird. Die Annahme, dass es sich bei der "Eisenstraße" um eine tatsächliche Wegeverbindung handelt, die seit unvordenklicher Zeit als eine öffentliche, also jedermann zur Benutzung berechtigende Straße anzusehen ist, die deshalb eine Vermutung für eine nicht mehr feststellbare Widmung begründet, hat die Antragstellerin bisher nicht widerlegt (vgl. hierzu ausführlich: Neumeyer, Hessisches Straßengesetz, Loseblatt-Kommentar, Stand: April 2004, Anm. 2 zu § 52; Hess. VGH, Urteil vom 21. März 1994 - 2 UE 817/92 -). Letztlich bedarf dieser Sachverhalt jedoch keiner endgültigen Klärung in diesem Beschwerdeverfahren; dies kann ggf. in dem noch anhängigen Hauptsacheverfahren erfolgen.

Selbst wenn die "Eisenstraße" nämlich nicht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße im Sinne des Hessischen Straßengesetzes besitzen sollte, könnte die Antragstellerin hieraus keine eigenen Abwehrrechte gegenüber der angefochtenen Genehmigung des Antragsgegners herleiten. Dies gilt auch für die - nicht unmittelbar an die "Eisenstraße" angrenzende - Grundfläche, die für die Errichtung der geplanten Windkraftanlage WKA 2 vorgesehen ist. Sowohl das Tatbestandsmerkmal der Sicherung einer ausreichenden Erschließung gemäß § 35 Abs. 1 BauGB als auch die Vorschrift des § 4 der Hessischen Bauordnung (HBO) haben keine nachbarschützende Funktion, sondern dienen der öffentlichen Sicherheit, insbesondere dem Brandschutz und dem Rettungswesen (vgl. zu § 35 Abs. 1 BauGB: BVerwG, Urteil vom 26. März 1976 - IV C 7.74 -, BVerwGE 50, 282; zu § 4 HBO: Rasch/Schaetzell, Hessische Bauordnung, Loseblatt-Kommentar, Stand: Dezember 2003, Anm. 2.1 zu § 4; Allgeier/von Lutzau, Die Bauordnung für Hessen, 7. Aufl. 2003, Anm. 4.1 zu § 4).

Aber auch auf ihr Recht als Eigentümerin der Wegeparzelle(n) "Eisenstraße" sowie des unmittelbar an das Baugrundstück für die geplante Windkraftanlage WKA 2 angrenzenden Wegegrundstücks kann sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang nicht mit Erfolg berufen.

Abgesehen davon, dass der Antragstellerin als Hoheitsträgerin nicht der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums aus Art. 14 GG zukommt, sondern insoweit nur der einfachrechtliche Schutz des Eigentums aus §§ 903 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eingreift (vgl.: BVerwG, Urteil vom 27. März 1992 - 7 C 18.91 -, BVerwGE 90, 96 <101>, m.w.N.), ist es der Antragstellerin hier auch verwehrt, den Anliegerverkehr von und zu den Baugrundstücken der Beigeladenen auf Dauer zu untersagen. Eine ausreichende Erschließung eines Baugrundstücks kann nämlich im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB auch dann gesichert sein, wenn das Baugrundstück - wie hier - nur über ein im Eigentum einer Gemeinde stehendes Wegegrundstück, das dem allgemeinen Verkehr jedenfalls tatsächlich zur Verfügung steht, erreichbar ist und die Gemeinde - trotz Fehlens einer förmlichen Widmung - auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr von und zu dem Baugrundstück zu untersagen (vgl.: BVerwG, Urteil vom 31. Oktober 1990 - 4 C 45.88 -, NVwZ 1991, 1076 = NUR 1992, 183 = BauR 1991, 55 = BRS 50 Nr. 86 = Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 265).

Hier ist die Antragstellerin aber noch aus einem anderen - entscheidenden - Grund an der Sperrung der an den in Aussicht genommenen Baugrundstücken gelegenen Wirtschaftswege für den Anliegerverkehr durch Fahrzeuge der Beigeladenen rechtlich gehindert.

Eine Gemeinde muss nämlich ein zumutbares Angebot eines Bauherrn, sein Grundstück im Außenbereich selbst zu erschließen, grundsätzlich annehmen. Um dem Gesetzeszweck einer bevorzugten Zulassung privilegierter Vorhaben im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB zu genügen, kann eine Gemeinde verpflichtet sein, sich mit der Herstellung einer Straße oder eines Weges durch den Bauherrn abzufinden, wenn ihr nach dem Ausbau des Weges keine unwirtschaftlichen Aufwendungen entstehen (§ 35 Abs. 3 Nr. 4 BauGB) und ihr die Annahme des Angebots auch nicht aus sonstigen Gründen unzumutbar ist (vgl. hierzu ausführlich: BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 - 4 C 48.81 -, NVwZ 1986, 38 = NUR 1986, 199 = BauR 1985, 661 = BRS 44 Nr. 75 = Buchholz 406.11 § 35 BBauG Nr. 228).

Dies ist hier anzunehmen. Der zu erwartende Anliegerverkehr von und zu den Baugrundstücken der Beigeladenen wird - mit Ausnahme der Bauphase - zu keiner wesentlichen Intensivierung des Verkehrs auf der "Eisenstraße" und den übrigen Wirtschaftswegen führen. Vielmehr ist zu erwarten, dass dieser Anliegerverkehr hinter dem bisher stattfindenden Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen deutlich zurückbleibt und somit wegen der nur geringen Belastung der Wege zu keinen unzumutbaren Aufwendungen der Antragstellerin führen wird. Auch lässt das "Erschließungsangebot" der Beigeladenen vom 11. Juni 2001 und vom 26. April 2004, zu dem sich die Antragstellerin soweit ersichtlich bisher nicht konkret geäußert hat, den Umfang der Leistungsbereitschaft der Beigeladenen deutlich erkennen und erscheint für die Antragstellerin auch im Umfang und in der Höhe zumutbar. Dies wird in dem Vertragsangebot der Beigeladenen vom 26. April 2004 und hier insbesondere in den beigefügten Vertragsentwürfen besonders deutlich, worin sich die Beigeladene zur Zahlung eines jährlichen Nutzungsentgelts von 1.250,00 € pro Windkraftanlage sowie zu einer einmaligen Zahlung von weiteren 1.250,00 € pro Anlage im Jahr der Inbetriebnahme und zu einer umfassenden Haftungsübernahme bei gleichzeitigem, weitgehendem Haftungsausschluss der Antragstellerin bereit erklärt. Des Weiteren hat die Bevollmächtigte der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 30. April 2004 die Bereitschaft zur Übernahme notwendiger Ausbaumaßnahmen erklärt.

Unabhängig vom tatsächlichen Abschluss eines Vertrages rechtfertigt allein dieses konkrete Angebot der Beigeladenen auch auf Grund der Verweigerungshaltung der Antragstellerin (siehe hierzu die Begründung des angefochtenen erstinstanzlichen Beschlusses auf Seite 6 sowie der Vermerk auf Bl. 309 der Verwaltungsvorgänge) die Annahme, dass die Erschließung der in Aussicht genommenen Baugrundstücke im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB gesichert ist. Das Angebot der Beigeladenen hat insoweit eine Ersetzungsfunktion (vgl.: BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 1993 - 4 B 65.93 -, NVwZ 1993, 1101 = UPR 1993, 305 = BRS 55 Nr. 105 = Buchholz 406.11 § 30 BBauG/BauGB Nr. 33).

Schließlich ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Antragsgegners vom 11. November 2003 auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 36 BauGB aufzuheben.

Abgesehen davon, dass die Antragstellerin ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben der Beigeladenen entgegen § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht auf einen sich aus § 35 BauGB ergebenden Grund, sondern mit Schreiben vom 26. Mai 2003 deshalb versagt hat, weil "... auf Grund der aktuellen Beschlusslage in den gemeindlichen Gremien ..." kein Einvernehmen erteilt werden könne, hat die Bauaufsichtsbehörde des Rheingau-Taunus-Kreises als zuständige Behörde (§ 19 Abs. 2a der Siebten Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuchs vom 18. Februar 1998 - GVBl. I S. 44) das Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB wirksam ersetzt. Dass die Antragstellerin gegen den entsprechenden Bescheid der unteren Bauaufsichtsbehörde vom 7. Oktober 2003 Widerspruch erhoben hat, vermag hieran nichts zu ändern.

Der Senat weist an dieser Stelle darauf hin, dass bereits erhebliche rechtliche Zweifel daran bestehen, ob dieser Widerspruch überhaupt aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO entfalten kann, da gemäß Nr. 8.2 der Anlage zu § 16a des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (HessAGVwGO) ein Vorverfahren gemäß § 68 VwGO bei Entscheidungen nach § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB entfällt. Die Rechtsmittelbelehrung des Bescheids vom 7. Oktober 2003 entspricht nicht mehr der seit Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Verwaltungsstrukturreform vom 20. Juni 2002 (GVBl. I, S. 342) ab 1. Juli 2002 geltenden Rechtslage. Über die sich hieraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen (vgl.: § 58 Abs. 2 VwGO) muss in diesem Verfahren jedoch ebenso wenig entschieden werden wie über die Frage, ob das Einvernehmen der Antragstellerin zu Recht ersetzt worden ist.

Die untere Bauaufsichtsbehörde hat die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 7. Oktober 2003 angeordnet. Dieser Sofortvollzug hat Bestand; ein dagegen von der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht anhängig gemachtes Verfahren mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 7. Oktober 2003 wiederherzustellen, ist eingestellt worden, nachdem die Beteiligten dieses Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Auf Grund der derzeit geltenden Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Ersetzungsentscheidung des Rheingau-Taunus-Kreises steht jedenfalls bis zu einer Aussetzung dieser Vollziehung bzw. bis zur Aufhebung des Bescheids vom 7. Oktober 2003 das fehlende gemeindliche Einvernehmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung des Antragsgegners vom 11. November 2003 gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 BauGB nicht entgegen.

Nach alledem ist die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern und der Antrag der Antragstellerin abzulehnen. Die Entscheidung über die Kostentragungspflicht folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 sowie aus § 162 Abs. 3 VwGO. Danach hat die Antragstellerin als unterlegene Beteiligte die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt bzw. Rechtsmittel eingelegt und sich somit am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es billigem Ermessen, auch ihre außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen (§ 162 Nr. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes in der bis zum 1. Juli 2004 geltenden Fassung (GKG a.F.). Der Senat bewertet das Interesse der Antragstellerin an der beantragten Aufhebung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gemäß Nr. 16.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Januar 1996 (NVwZ 1996, 563 = DVBl. 1996, 605) in der Hauptsache mit 50.000,00 €. Wegen der Vorläufigkeit der begehrten Entscheidung in diesem Eilverfahren ist dieser Betrag auf die Hälfte zu reduzieren.

Im Interesse einer einheitlichen Streitwertfestsetzung macht der Senat von der Möglichkeit nach § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG a.F. zur Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung des Streitwerts Gebrauch.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO und § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F. unanfechtbar.



Ende der Entscheidung

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