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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 24.08.2006
Aktenzeichen: 3 N 2489/05
Rechtsgebiete: BauGB, HLPG, ROG, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 4
HLPG § 10
HLPG § 11
HLPG § 12
HLPG § 2
HLPG § 7
HLPG § 9
ROG § 11
ROG § 3
ROG § 4
VwGO § 47
Ein Bebauungsplan verletzt gemäß § 1 Abs. 4 BauGB die Anpassungspflicht an die Ziele der Raumordnung, wenn er ohne das hierfür erforderliche Abweichungsverfahren gemäß § 12 des Hessischen Landesplanungsgesetzes - HLPG - einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb in einem Unterzentrum ausweist, obgleich derartige Betriebe Ober- und Mittelzentren vorbehalten sind und eine regionalplanerisch vorgesehene Ausnahme nicht vorliegt.

Auch bei einer Regel- /Ausnahmefestlegung in einem Regionalplan kann es sich um ein Ziel der Raumordnung handeln, wenn der Plangeber die tatbestandlichen Ausnahmevoraussetzungen hinreichend bestimmt festgelegt hat.

Ein Bebauungsplan verletzt das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB, wenn er nur einzelne Tatbestandselemente einer Ausnahme von einem regionalplanerischen Ziel abarbeitet (hier: interkommunale Abstimmung), andere Tatbestandselemente jedoch unberücksichtigt lässt (hier: mittel- und oberzentrenbezogene Flächenknappheit und Verkehrsentlastung).

Regionalpläne können zulässigerweise die Ausnahmevoraussetzungen für die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe in Unter- und Kleinzentren enger als der Landesentwicklungsplan festlegen.

Es ist nicht zu beanstanden, dass der Regionalplan gegenüber dem Landesentwicklungsplan differenziertere und ggfs. auch striktere Festlegungen enthält als dieser, da er eine feingliedrigere Planungsstufe bedient und unter Einhaltung der dort formulierten Ziele die Festlegungen der Landesenttwicklungsplanung lediglich zu beachten hat.

Soweit der Landesentwicklungsplan weitergehende Ausnahmetatbestände als der Regionalplan enthält, wird dem Beachtenserfordernis auch dadurch genügt, dass im Rahmen eines möglichen Abweichungsverfahrens auch die Ziele und Grundsätze der Landesplanung zu beachten sind.

Einem im Regionalplan formulierten Ziel kann nicht entgegen seinem Wortlaut wegen Festlegungen im Landesentwicklungsplans ein anderer Inhalt beigemessen werden als von der Regionalversammlung beschlossen.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 3 N 2489/05

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Baurechts (Normenkontrolle des Bebauungsplans Nr. 31 "Auf dem Geiersberg" der Gemeinde A-Stadt)

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof -3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Lehmann, Richter am Hess. VGH Prof. Dr. Fischer, Richter am Hess. VGH Pabst

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. August 2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Der Normenkontrollantrag wird, soweit er sich gegen die am 9. September 2005 bekannt gemachte Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin für den Bereich "Auf dem Geiersberg" richtet, als unzulässig verworfen.

Der Bebauungsplan Nr. 31 "Auf dem Geiersberg" wird für unwirksam erklärt, soweit er in dem Teilbereich 6 eine großflächige Sondergebietsfläche für Einkaufen und deren verkehrliche Erschließung durch einen Kreisverkehr festsetzt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu einem Sechstel, die Antragsgegnerin zu fünf Sechstel zu tragen.

Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung unter Hinterlegung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan der Antragsgegnerin Nr. 31 "Auf dem Geiersberg", soweit dort in dem Teilbereich 6 eine Sondergebietsfläche für Einkaufen und deren verkehrliche Erschließung durch einen Kreisverkehr festgesetzt worden ist sowie gegen die am 9. September 2005 bekannt gemachte Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin für den Bereich "Auf dem Geiersberg".

Der Antragsteller war vormals Eigentümer des an den Planbereich angrenzenden Grundstücks A-Straße, Gemarkung A-Stadt, Flur 2, Flurstück 81/5 und hat nunmehr ein dinglich gesichertes Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht als beschränkt persönliche Dienstbarkeit auf Lebenszeit an der abgeschlossenen Wohnung im Dachgeschoss des Gebäudes A-Straße.

Am 15. Juli 2003 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 31 "Auf dem Geiersberg" sowie die Änderung des Flächennutzungsplans Flur 2 "Auf dem Geiersberg", wobei der Bebauungsplanentwurf in dem Sondergebiet Einkaufen Verkaufsflächen in einer Größe von 2650 qm vorsah.

Das Plangebiet ist zuvor durch den Bebauungsplan der Antragsgegnerin "Beiderseits der Rodheimer Straße" vom 2.Juni 1967 als Sportplatzfläche ausgewiesen gewesen.

Nachdem sowohl die Stadt B-Stadt als auch das Regierungspräsidium B-Stadt als obere Landesplanungsbehörde unter Verweis auf den Regionalplan Mittelhessen 2001 mitteilten, ihrer Auffassung nach stimme die Planung des großflächigen Einzelhandelsvorhabens nicht mit in dem Regionalplan niedergelegten Zielen überein, und nach Eingang mehrerer Anregungen von Anliegern insbesondere hinsichtlich der Lärm- und Verkehrsproblematik änderte die Antragsgegnerin ihre Planung und beschloss am 11. Mai 2004 die zweite Offenlage des Flächennutzungsplans sowie des Bebauungsplans, wobei nunmehr in dem Sondergebiet Einkaufen eine Verkaufsfläche von 1900 qm vorgesehen war.

Nach Eingang der Anregungen und Stellungnahmen - das Regierungspräsidium B-Stadt hatte als obere Landesplanungsbehörde unter dem 23. Juni 2004 dem Planentwurf grundsätzlich aus regional- und landesplanerischer Sicht zugestimmt, allerdings angeregt, die Verkaufsflächen für die Handwerksbetriebe "Bäcker und Metzger" auf das betriebsnotwendige Maß zu reduzieren, die Stadt B-Stadt hatte dem Plan zugestimmt , während private Anregungen insbesondere die Standortauswahl, die Abwertung der Wohnbebauung, die Lärmproblematik und die Erschließung monierten - änderte die Antragsgegnerin die Planung erneut und beschloss am 1. März 2005 die dritte Offenlage des Flächennutzungsplans sowie des Bebauungsplans Nr. 31 "Auf dem Geiersberg", wobei nunmehr eine Verkaufsfläche von 1680 qm in dem Sondergebiet Einkaufen vorgesehen ist.

Am 24. Mai 2005 beschäftigte sich die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin erneut mit den Anregungen, beschloss den Bebauungsplan Nr. 31 "Auf dem Geiersberg" als Satzung und stellte gemäß § 6 Abs. 6 BauGB die Änderung des Flächennutzungsplans fest.

Sowohl der auf den Bebauungsplan Nr. 31 "Auf dem Geiersberg" bezogene Satzungsbeschluss als auch die Genehmigung des Feststellungsbeschlusses der Flächennutzungsplanänderung durch das Regierungspräsidium B-Stadt vom 25. August 2005 wurden in den Gemeindenachrichten der Antragsgegnerin vom 9. September 2005 öffentlich bekannt gemacht.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 26. September 2005 hat der Antragsteller diesen Normenkontrollantrag anhängig gemacht.

Soweit er sich gegen die Änderung des Flächennutzungsplans zur Wehr setzt, trägt er im Wesentlichen vor, durch die Änderung der Festsetzung "Sportplatz" in "Einkaufen" werde die Beschlussfassung über einen Bebauungsplan ermöglicht, der eine Bebauung der bisher nicht bebauten Grünfläche zulasse. Die Änderung werde Auswirkungen auf das örtliche Klima haben. Das Schutzgut des örtlichen Klimas werde entgegen der Prognose eine deutliche Verschlechterung erfahren, dies gelte bereits deshalb, weil die vorherrschenden Südwestwinde durch die Bebauung abgeblockt würden. Einhergehend mit der Zerstörung einer für die Belüftung der umliegenden Baugrundstücke notwendigen Grünfläche komme es nicht mehr zu der notwendigen Durchlüftung mit der Folge, dass sich die insbesondere auf der Parkplatzfläche entstehenden Immissionen anhaltend negativ auf sein Grundstück auswirken werden.

Soweit sich der Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan Nr. 31 "Auf dem Geiersberg" richtet, trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, eine Sondergebietsfläche mit einer zulässigen Verkaufsfläche von 1680 qm sei aufgrund ihrer Größe nicht mit der vorhandenen Wohnbebauung in Einklang zu bringen. Sie sei für eine Nahversorgung überdimensioniert, die Reduzierung zur ursprünglichen Planung um 220 qm sei nicht ausreichend.

Die vorgesehene Zufahrt zu den Parkplätzen erfolge einschließlich des gesamten Lkw-Verkehrs für die Warenanlieferung und die Entsorgung des gesamten Gewerbegrundstücks ausschließlich über den in unmittelbarer Nähe zu seinem Grundstück gelegenen Verkehrskreisel. Dies führe zu einer erheblich höheren Verkehrsbelastung im öffentlichen Straßenverkehr als bisher, verbunden mit einer unzumutbaren Beeinträchtigung durch verkehrsbedingten Lärm und Staub. Auf das Gutachten von August 2004, dort S. 11 (gemeint ist wohl das verkehrsplanerische Gutachten der Gemeinde A-Stadt, Bebauungsplan "Geiersberg II", August 2004 erstellt durch IMB-Plan) werde verwiesen. Vor allem in der Heinestraße müsse mit einer deutlichen Erhöhung der Verkehrsbelastung durch unerwünschten Schleichverkehr gerechnet werden, den selbst der Sachverständige nicht zu kalkulieren in der Lage sei. Dies werde das Feinstaubaufkommen an dieser Stelle erhöhen und damit negative Auswirkungen auch für sein Grundstück haben. Abhilfe könne hierbei nur eine zweite Ein- und Ausfahrt in der Brauhausstraße schaffen.

Auch bestünden erhebliche Bedenken an der Verwertbarkeit des Gutachtens der GSA vom 8. Dezember 2004. Für den Parkierungsverkehr gehe die GSA von einem Immissionspegel von 61,8 dB(A) aus, dieser Wert erscheine jedoch zu niedrig. Richtig erscheine ein Wert von 63,9 dB(A). Für die von den Kühlaggregaten ausgehenden Immissionen gehe die GSA von einem Schallleistungspegel von 97 dB(A) aus, üblich seien Werte von über 100 dB(A). Die ausschließliche Berücksichtigung von Summenpegeln entspreche nicht dem Stand der Technik, nach der DIN ISO 9613-2 seien vorrangig frequenzabhängige Berechnungen in Oktavbreiten vorzunehmen.

Die Antragsgegnerin gehe fehlerhaft davon aus, mit aktiven Lärmschutzmaßnahmen sowie den unter Nr. 4 des Bebauungsplans vorgeschriebenen Hinweisen für das Baugenehmigungsverfahren den Konflikt zwischen Parkplatznutzung/Anlieferverkehr und umliegenden Wohnnutzungen bewältigen zu können. Das dieser Annahme zugrunde liegende Lärmgutachten der GSA Limburg vom 21. Dezember 2005 sei jedoch auch insoweit nicht frei von Fehlern und könne nicht für eine fehlerfreie Abwägung der immissionsschutzrechtlichen Bedenken verwandt werden. Insoweit nehme er Bezug auf die Stellungnahme des schalltechnischen Büros xxxxxxxxxxx vom 27. März 2006. An dem Gutachten der GSA Limburg vom 21. Dezember 2005 sei insbesondere zu beanstanden, dass es nicht dem Stand der Technik entspreche, ausschließlich Summenpegel zu berücksichtigen. Da die vorrangig anzuwendende frequenzabhängige Berechnung nach DIN ISO 9613-2 gerade für harten Boden wie bei der Parkplatzfläche einen höheren Immissionspegel ergebe als die Berechnungsformel für Summenpegel, sei davon auszugehen, dass sich damit höhere Werte ergäben als prognostiziert. Des Weiteren fehlten bei der Berechnung der GSA Limburg Fahrten der Müllentsorgung und der Reinigung der Parkplatzfläche mittels Kehrmaschine. Bei dieser Prognose berücksichtige die GSA auch nicht, dass die Zahl der Fahrzeuge sich auf der Heinestraße erheblich erhöhen werde und eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h keine ausreichende Minderung des Lärms mit sich bringe.

Die GSA Limburg verkenne zudem, dass die von dem Verkehr ausgehenden Immissionen einer weiterreichenden Untersuchung und Beurteilung hätten unterzogen werden müssen. Bei dem beabsichtigten Aus- und Umbau des Straßensystems handele es sich um eine wesentliche Änderung der Verkehrsführung im Sinne des § 41 BImSchG, die eine andere Bewertung der verkehrlichen Immissionen erforderlich mache. Entgegen der Annahme der GSA sei nicht alleine auf die Erhöhung des Verkehrslärms abzustellen, sondern auf die Einhaltung des Richtwertes der 16. BImSchV von 59 dB(A), der allein schon durch den auf der Rodheimer Straße vorhandenen Verkehr überschritten werde. Messungen für sein Grundstück hätten Vorbelastungen von mehr als 62 dB(A) ergeben. Bei dem GSA Gutachten werde fehlerhaft unterstellt, dass es sich bei der vorhandenen Bebauung in der Heinestraße um ein allgemeines Wohngebiet handele, wobei fälschlicherweise nicht berücksichtigt werde, dass sich dies Gebiet in ein reines Wohngebiet gewandelt habe.

Durch die vom Verkehr verursachten Immissionen werde er insbesondere unter Berücksichtigung der Vorbelastung besonders hart betroffen.

Aufgrund der zu erwartenden Immissionen hätte sein Grundstück zumindest in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen werden müssen.

Das Schutzgut des öffentlichen Klimas werde entgegen der Prognose eine deutliche Verschlechterung erfahren, dies schon allein deshalb, weil die vorherrschenden Südwestwinde durch die vorgesehene Bebauung abgeblockt würden.

Seiner Auffassung nach seien noch folgende Maßnahmen zu ergreifen:

Die schalltechnische Untersuchung der GSA vom 8. Dezember 2004 sei nachzubessern, eine zusätzliche Zu- bzw. Ausfahrt etwa in der Brauhausstraße sei vorzusehen, die Heinestraße sei in eine reine Anliegerstraße umzuwidmen, der Lärmschutz sei durch die Vorgabe flächenbezogener Schallleistungspegel zu gewährleisten, das Grundstück A-Straße sei in den Geltungsbereich des Bebauungsplans aufzunehmen, die klimatischen Auswirkungen der Bauleitplanung seien in einem klimatologischen Gutachten zu erfassen und die vorgesehene Verkaufsfläche des Verbrauchermarktes sei deutlich zu reduzieren.

Der Bebauungsplan enthalte zudem Vorgaben zum Immissionsschutz, die nicht in dem Katalog des § 9 BauGB aufgeführt seien. Hierbei handele es sich um die Regelungen unter Nr. 4, die keinen zulässigen Inhalt eines Bebauungsplans darstellten und daher unwirksam seien. Die immissionsschutzrechtlichen Vorgaben seien mangels Rechtsverbindlichkeit auch nicht gegenüber der Baugenehmigungsbehörde durchzusetzen, auch bestünden Bedenken, wie die Vorgaben überprüft werden sollten, so dass sie keine ordnungsgemäße Konfliktlösung der Lärmproblematik darstellten.

Die Festsetzung einer drei Meter hohen Lärmschutzwand zu seinem Grundstück hin sei offensichtlich untauglich für einen effektiven Lärmschutz, und die entsprechende Festsetzung daher unwirksam. Dies sei bereits daran zu erkennen, dass die Baugenehmigung für den großflächigen Einzelhandelsmarkt eine Lärmschutzwand in einer Höhe von 4,5 m anordne.

Der Bebauungsplan sei auch wegen weiterer offensichtlicher Abwägungsfehler rechtsunwirksam. Zunächst sei die ausgewiesene Sondergebietsfläche "Einkaufen" mit dem faktisch vorhandenen reinen Wohngebiet unverträglich. Zwar liege sein Grundstück in einem durch Bebauungsplan von 1967 ausgewiesenen WA-Gebiet, doch sei dieser Bebauungsplan heute funktionslos, weil sich in der Umgebung eine reine Wohnbebauung entwickelt habe. Hiervon müsse selbst unter Berücksichtigung des gegenüberliegenden Sportplatzes ausgegangen werden, da ein Sportplatz in einem reinen Wohngebiet ausnahmsweise zulässig sei.

Schließlich sei die Erschließung des Einkaufszentrums mit seinem hohen Publikumsverkehr nicht gesichert. Die neue Erschließungsstraße solle über Teile der Flurstücke 77/6 und 42/1 verlaufen, die sich im Besitz der jeweiligen Anwohner befänden. Diese wiederum seien nicht bereit, auf diese Flächen zu verzichten. Da sich wesentliche, für die Zufahrt zum Kreisel benötigte Grundstücksflächen im Besitz Privater befänden, könne die Erschließung nur bei einer Inanspruchnahme der privaten Grundstücke gewährleistet werden. Die Verkehrsplanung gehe irrig davon aus, dass die Erschließung des Plangebiets vor allem über die Rodheimer Straße und über das Verbindungsstück zwischen Rodheimer Straße und Kreisel erfolge. Wenn diese Straße mangels Flächenverfügbarkeit nicht wie vorgesehen ausgebaut werden könne, werde sich der Verkehr wesentlich mehr auf die Heinestraße konzentrieren als von den Verkehrsplanern angenommen.

Der Antragsteller beantragt,

1. den am 24. Mai 2005 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 31 "Auf dem Geiersberg" der Antragsgegnerin insoweit für unwirksam zu erklären, als in dem Teilbereich 6 eine großflächige Sondergebietsfläche für Einkaufen und deren verkehrliche Erschließung durch einen Kreisverkehr festgesetzt worden ist;

2. die am 9. September 2005 bekannt gemachte Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin für den Bereich "Auf dem Geiersberg" insoweit für unwirksam zu erklären, als sie die Darstellung eines Sondergebietes Einkaufen und die Straßenverkehrsfläche betrifft.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Normenkontrollanträge abzulehnen.

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, soweit sich der Normenkontrollantrag auf die Feststellung der Unwirksamkeit der am 9. September 2005 bekannt gemachten Änderung des Flächennutzungsplans beziehe, sei der Antrag unzulässig, da es sich insoweit um keine rechtssatzmäßige Regelung zulässiger Bodennutzung handele, der unmittelbare Außenwirkung zukomme.

Soweit sich der Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan Nr. 31 "Auf dem Geiersberg" richte, sei er zwar zulässig, aber nicht begründet.

Die Erforderlichkeit der Planung sei hinreichend dargelegt. Die bisherige Sportplatzfläche sei unzureichend und außerdem immissionsschutzrechtlich bedenklich geworden, weil sie von Wohngebieten umgeben sei. Die in der angefochtenen Planung gefundene Folgenutzung sei städtebaulich sinnvoll und ausgewogen.

Die in der Antragsbegründung vorgetragenen, angeblich nicht bewältigten Umweltbelastungen zu Ungunsten des Antragstellers lägen tatsächlich nicht vor. Zur Ermittlung und quantitativen Erfassung der Verkehrsentwicklung und der Immissionsprognose im Plangebiet und den angrenzenden Grundstücken habe sich die Plangeberin der GSA Limburg bedient, da sie selbst nicht über die erforderlichen technischen und personellen Kapazitäten verfüge. Den Erkenntnissen und den daraus hergeleiteten Empfehlungen der GSA, die wiederum auf dem verkehrsplanerischen Gutachten der IMB Plan-GmbH beruhten, habe sich die Plangeberin ohne Rechtsfehler anschließen dürfen, da den gutachterlichen Äußerungen keine erkennbaren Mängel anhafteten.

Was die nach Plan neu zu errichtenden Wohngebäude betreffe, würden diese durch aktive und passive Lärmschutzfestsetzungen vor Einwirkungen aus dem Betrieb des zu errichtenden Verbrauchermarktes geschützt. Im Umweltbericht sei auch überzeugend dargelegt, dass nach den Kriterien des UVP-Gesetzes infolge der Durchführung des angefochtenen Planes keine erheblichen Umweltauswirkungen eintreten würden. Alle im Planverfahren abgegebenen Stellungnahmen seien ordnungsgemäß abgewogen worden. Insbesondere die gutachterliche Stellungnahme des schalltechnischen Büros Pfeifer vom 18. März 2005 sei unter Berücksichtigung der fachlichen Ausführungen der GSA entkräftet worden. Die Berichtigung der textlichen Festsetzungen betreffend die Höhe der bereits in der Begründung beschriebenen Schallschutzwand habe keines erneuten Beteiligungsverfahren bedurft, denn mit ihr sei der Stellungnahme Rechnung getragen worden. Richtigerweise stelle der Antragsteller fest, dass es sich bei den Regelungen unter Nr. 4 um Hinweise handele. Warum sich hieraus eine Nichtigkeit des Bebauungsplans ergeben solle, bleibe unklar. Die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung durch den Bürgermeister der Antragsgegnerin als Straßenverkehrsbehörde sei ausreichend gesichert, um sie als Lärmschutzfaktor in die Sachverständigenermittlungen durch die GSA einfließen lassen zu können. Geschwindigkeitsbegrenzungen, Verstetigung und Verlangsamung des fließenden Verkehrs durch Festsetzung eines Kreisverkehrsplatzes seien in Fachkreisen anerkannt geeignete Methoden der Lärmminderung.

Auf die Unterscheidung zwischen WA und WR komme es im vorliegenden Fall nicht an, da die Einhaltung des Richtwertes der 16. BImSchV maßgeblich sei. Die bestehende Vorbelastung durch die Rodheimer Straße führe nicht dazu, dass aus einem unrichtig verstandenen Begriff der Problembewältigung in der Bauleitplanung die Plangeberin verpflichtet sei, die Bebauung entlang der Rodheimer Straße in den Bebauungsplan einzubeziehen, um mittels Festsetzungen im Plan ein Lärmproblem zu lösen, welches mit dem eigentlichen Bebauungsplan nichts zu tun habe. Da der Bebauungsplan eine Gemengelagenproblematik zu Gunsten der Anlieger löse, handele es sich um eine ausgewogene planerische Entscheidung. Veranlassung der Planung sei weitgehend die Schaffung einer angemessenen Sportstätte für wesentlich mehr als 7000 Einwohner mit vielen Sportvereinen und einem umfangreichen Schulstandort gewesen.

Tatsächlich müsse die Antragsgegnerin beim Ausbau der Verkehrsanlage keinen privaten Grund und Boden in Anspruch nehmen. Soweit die Antragstellerseite von "Besitz" spreche, meine sie wahrscheinlich, dass einige Anlieger unrechtmäßigerweise bei Errichtung ihrer Zäune gemeindliches Eigentum in Anspruch genommen hätten. Hierauf könne jedoch bei der Planung keine Rücksicht genommen werden.

Eine Entscheidung der Regionalversammlung zu dem Planverfahren sei nicht erfolgt. Angesichts der in der zweiten Offenlage erfolgten Reduzierung der Verkaufsflächen habe die Antragsgegnerin mit dem Regierungspräsidium B-Stadt und der Stadt B-Stadt von der landesplanerischen Verträglichkeit des Vorhabens ausgehen dürfen.

Auf entsprechende Nachfrage des Kreisausschusses des Landkreises B-Stadt - Bauaufsicht -, warum ein Abweichungsverfahren nicht durchgeführt worden sei, teilte das Regierungspräsidium B-Stadt im Juli 2006 mit, hinsichtlich des großflächigen Einzelhandels seien die Zielsetzungen des Regionalplans an den einschlägigen Anforderungen und Vorgaben des Landesentwicklungsplans (LEP) ausgerichtet. Im LEP 2000 heiße es wörtlich: "Flächen für großflächige Einzelhandelsprojekte ... kommen nur in Oberzentren und Mittelzentren (zentrale Ortsteile) in Betracht. In begründeten Ausnahmefällen, zum Beispiel zur örtlichen Grundversorgung und unter Einhaltung der üblichen landes- und regionalplanerischen Zielsetzungen ist eine Ausweisung auch in den zentralen Ortsteilen von Grundzentren (Unter- und Kleinzentren) zulässig. Hierbei kommt dem interkommunalen Abstimmungsgebot eine besondere Bedeutung zu." Bezogen auf die Situation "Auf dem Geiersberg" seien alle Voraussetzungen eines Ausnahmefalles erfüllt. Im Gegensatz zum Nimm-mit-Markt (der Gegenstand des Verfahrens 4 UE 2771/03 vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof war) solle hier am zentralen Ortsteil A-Stadt ein der Grundversorgung dienender Lebensmittelmarkt errichtet bzw. verlagert werden. Aufgrund der vorgelegten Unterlagen könne auch festgestellt werden, dass durch einen derartigen Vollsortimenter nur in A-Stadt selbst vorhandene Kaufkraft gebunden werde. Eine Beeinträchtigung benachbarter Zentren sei dementsprechend nicht zu befürchten. Schließlich hätten sich die drei Westkreisgemeinden (Biebertal, Wettenberg, A-Stadt) auch auf ein gemeinsames Einzelhandelskonzept verständigt. Auch das Oberzentrum B-Stadt habe keine Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben. Zu berücksichtigen sei zudem, dass es sich letztendlich nur um die Verlagerung eines Lebensmittelmarktes handele, denn der gegenwärtig in A-Stadt vorhandene Rewe-Markt werde aufgegeben. Auch sei der Standort städtebaulich sehr gut integriert, andere landes- und regionalplanerische Zielsetzungen stünden dem Vorhaben nicht entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt dieser Gerichtsakte, den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin (2 Leitz-Ordner) sowie auf die den Beteiligten mitgeteilten Entscheidungen des Hess. Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 4. März 2004 - 4 UE 2771/03 -) und des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 15. September 2004 - 4 B 56.04 -). Des Weiteren wird Bezug genommen auf die den Beteiligten übersandten Beschlüsse des Senats vom 12. Juli 2006 in den Verfahren 3 TG 1468/06 und 3 TE 1504/06. Die Unterlagen sind insgesamt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gemacht worden.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Der Normenkontrollantrag ist unstatthaft, soweit mit ihm die am 9. September 2005 bekannt gemachte Änderung des Flächennutzungsplans der Antragsgegnerin für den Bereich "Auf dem Geiersberg" für unwirksam erklärt werden soll.

Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen aufgrund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs,

2. von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, soweit das Landesrecht dies bestimmt.

Nicht in den Anwendungsbereich des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO fällt der Flächennutzungsplan gemäß den §§ 5, 6 BauGB, da er nicht als Satzung beschlossen wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Auflage, § 47 Rdnr. 22 mit Rechtsprechungsnachweisen; Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Auflage, § 47 Rdnr. 76 mit Rechtsprechungsnachweisen).

Auf die Frage, in welchem Umfang Flächennutzungspläne einer inzidenten Überprüfung in einem Baugenehmigungsverfahren unterliegen, insbesondere wenn ihnen Außenwirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zukommt und ob sie in diesen Fällen auch einer Normenkontrolle zugänglich sein können, kommt es bereits deshalb nicht an, da eine derartige Konstellation hier nicht gegeben ist.

Der Normenkontrollantrag ist, soweit er sich gegen den Bebauungsplan Nr. 31 "Auf dem Geiersberg" richtet, statthaft. Der Antragsteller wendet sich gegen einen nach § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossenen Bebauungsplan, dessen Gültigkeit vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.

Der Normenkontrollantrag ist auch im Übrigen zulässig.

Die Antragsbefugnis des Antragstellers ergibt sich aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, wonach den Antrag jede natürliche oder juristische Person stellen kann, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Ein Antragsteller genügt seiner Darlegungspflicht, wenn er hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt wird (BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 - 4 CN 2.98 - NJW 1999, 592; Hess. VGH, Beschluss vom 26. November 1999 - 4 NG 1902/99 - NVwZ-RR 2000, 655 ff.).

Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf den Antragsteller erfüllt. Nach seinem Vorbringen ist eine Verletzung des drittschützenden Abwägungsgebots aus § 1 Abs. 7 BauGB möglich, denn er hat Belange als verletzt benannt, die in der Abwägung zu beachten waren. Das Interesse des Antragstellers an der ordnungsgemäßen Ermittlung der Lärmsituation des unmittelbar an sein Grundstück angrenzenden Plangebiets, wobei sich der Antragsteller auch auf eine unzumutbare Erhöhung des in der Heinestraße zu erwartenden Verkehrsaufkommens bezieht sowie auf die mangelnde Gebietsverträglichkeit des in einer Entfernung von gut 35 m beginnenden großflächigen Einzelhandels, der allerdings sowohl durch eine davor gelagerte allgemeine Wohngebietsfläche als auch durch eine Schallschutzwand abgeschirmt ist, sind im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB unter der Frage der Gebietsverträglichkeit abwägungserhebliche Belange, bei denen nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass ein Verstoß der Antragsgegnerin gegen das Abwägungsgebot vorliegt.

Der Normenkontrollantrag ist auch begründet.

Mängel im Planaufstellungsverfahren sind von dem Antragsteller nicht vorgetragen und für den Senat im Übrigen auch nicht ersichtlich.

Darüber hinaus verstoßen die unter Nr. 4 aufgenommenen textlichen Hinweise entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht gegen § 9 BauGB, da es sich lediglich um Hinweise, nicht jedoch um bauleitplanerische Festsetzungen handelt. Hierbei ist unerheblich, ob die immissionsschutzrechtlichen Hinweise im Katalog des § 9 BauGB aufgeführt sind und ob diese gegenüber der Baugenehmigungsbehörde durchsetzbar sind, da die Nr. 4 für sich selbst nicht in Anspruch nimmt, verbindliche Vorgaben festzulegen.

Der angefochtene Bebauungsplan verletzt jedoch die Anpassungspflicht an die Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Abs. 4 BauGB.

Der von dem streitbefangenen Bebauungsplan überplante Bereich ist in dem Regionalplan Mittelhessen 2001 (beschlossen durch die Regionalversammlung Mittelhessen am 20. Oktober 2000, genehmigt durch die Hessische Landesregierung am 24. April 2001, bekannt gemacht vom Regierungspräsidium B-Stadt im Staatsanzeiger Nr. 25 vom 18. Juni 2001) als Siedlungsbereich "Bestand" festgelegt, wobei A-Stadt gemäß B 3.3-31 (Z) als Kleinzentrum ausgewiesen ist.

Die Antragsgegnerin weicht durch die streitgegenständliche Ausweisung eines großflächigen Einzelhandelsgebiets von den Zielen des Regionalplans Mittelhessen 2001 ab, ohne das hierfür erforderliche Abweichungsverfahren gemäß § 12 des Hessischen Landesplanungsgesetzes vom 6. September 2002 - HLPG - durchgeführt zu haben.

Der Regionalplan Mittelhessen 2001 enthält unter B 3 eine Reihe von Zielen in Bezug auf großflächige Einzelhandelsvorhaben. Nach B 5. 3-2 (Z) sind großflächige Einzelhandelsvorhaben (zu diesen gehören gemäß B 5.3-1 (G) Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe mithin auch der in dem Sondergebiet "Einkaufen" geplante Verkaufsmarkt mit einer Verkaufsfläche von 1.680 qm) unter besonderer Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung sowie unter den Aspekten des Umweltschutzes in die Siedlungsgebiete unter Wahrung der festgelegten Qualitätsfunktionen der zentralen Orte zu integrieren. Ebenfalls als Ziel formuliert enthält der Regionalplan unter B 5.3-4 (Z) die Festlegung, dass als Standorte für großflächige Einzelhandelsvorhaben nur Ober- und Mittelzentren in Betracht kommen. In begründeten Ausnahmefällen (z.B. Flächenknappheit) können zur Verkehrsentlastung der Zentren auch an geeigneten benachbarten Standorten sowie Unter- und Kleinzentren "großflächige Einzelhandelsvorhaben" eingerichtet werden. Dies setzt eine interkommunale Abstimmung zwischen den betroffenen Zentren zwingend voraus. Nach der Zielfestsetzung B 5.3 - 7 (Z) sind Sondergebiete für großflächige Einzelhandelsbetriebe im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung nach § 11 BauNVO nur in den "Siedlungsbereichen" laut Regionalplan zulässig.

Bei den vorgenannten Festlegungen des Regionalplans handelt es sich um verbindliche Vorgaben zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes und damit um Ziele im Sinne des § 12 Abs. 1 HLPG (so auch Hess. VGH, Urteil vom 4. März 2004 - 4 UE 2771/03 -). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zielqualität von Regel- Ausnahmevorgaben regionalplanerischer Festsetzungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. September 2003 - 4 CN 20/02 - BRS 66 Nr. 5 2003).

Die genannten Festlegungen sind nicht nur mit dem Symbol "Z" als Ziel gekennzeichnet. Aus den unter B 5.3 getroffenen Festlegungen und der hierzu gegebenen Begründung ergibt sich vielmehr, dass sie für die nachfolgenden Planungsebenen zu beachtende Vorgaben betreffen und aufgrund einer abschließenden Abwägung großflächige Einzelhandelsvorhaben regionalplanerisch auf bestimmte Standorte - nämlich Ober- und Mittelzentren - beschränken und in den übrigen Gebieten grundsätzlich ausschließen wollen. Wie sich aus der Begründung der Festlegungen ergibt, wird der großflächige Einzelhandel als "Flächenfresser" und Verkehrserzeuger angesehen, der grundsätzlich geeignet ist, die verbrauchernahe Versorgung der nicht motorisierten Bevölkerung und die wohnungsnahe Grundversorgung überhaupt in den Klein- und Unterzentren zu gefährden. Zur Vermeidung von Fehlentwicklungen und zur Sicherung ihrer Zentralitätsfunktionen sieht der Plan als Standorte für großflächige Einzelhandelsvorhaben nur Ober- und Mittelzentren vor, wobei Sondergebiete für großflächigen Einzelhandel grundsätzlich nur in den im Regionalplan dargestellten Siedlungsbereichen zulässig sein sollen (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 04.03.2004, a.a.O.). Von den vorgenannten Zielen des Regionalplans Mittelhessen 2001 will die Klägerin mit der streitgegenständlichen Bauleitplanung schon deshalb abweichen, weil der Regionalplan als Standort für großflächige Einzelhandelsvorhaben nur Ober- und Mittelzentren (B 5.3 - 4 <Z>) vorsieht, die Antragsgegnerin nach dem Regionalplan jedoch als Kleinzentrum eingestuft ist (B 3.3 - 31 <Z>).

Der Festlegung unter B 5.3 - 4 (Z) kommt Zielqualität im Sinne des Raumordnungsrechts zu, obgleich dort in den Sätzen 2 und 3 eine Ausnahme von Satz 1 vorgesehen ist.

Ob eine raumordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09.2003 - 4 CN 20/02 - unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 15.04.2003 - 4 BN 25.03 -).

Nach den Begriffsbestimmungen des § 3 Nr. 2 des Raumordnungsgesetzes - ROG - vom 18. August 1997 sind Ziele der Raumordnung verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Grundsätze der Raumordnung werden in § 3 Nr. 3 ROG als allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes in oder aufgrund von § 2 ROG als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen gekennzeichnet.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 18. September 2003 - 4 CN 20/02 - ausgeführt, dass den Zielen der Raumordnung die Funktion zukomme, räumlich und sachlich die zur Verwirklichung der Grundsätze der Raumordnung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. In ihnen spiegele sich bereits eine Abwägung zwischen den durch die Grundsätze verkörperten unterschiedlichen raumordnerischen Belangen wieder. Sie seien anders als die Grundsätze nicht bloß Maßstab, sondern als räumliche und sachliche Konkretisierung der Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Planungsraums das Ergebnis landesplanerischer Abwägung. Einer weiteren Abwägung auf einer nachgeordneten Planungsstufe seien sie nicht zugänglich. Die planerischen Vorgaben, die sich ihnen entnehmen ließen, seien verbindlich, dagegen erschöpfe sich die Bedeutung von Grundsätzen der Raumordnung darin, dass sie als Direktiven für nachfolgende Abwägungsentscheidungen dienten. Folgerichtig seien Ziele bei Planungen und allen sonstigen Maßnahmen, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflusst werde, zu "beachten" (§ 4 Abs. 1 ROG ), während die Grundsätze in der Abwägung nach Maßgabe der dafür geltenden Vorschriften zu "berücksichtigen" seien (§ 4 Abs. 2 ROG ) (vgl. insgesamt BVerwG, Urteil vom 18.09.2003, a.a.O.). Dem für eine Zielfestlegung charakteristischen Erfordernis abschließender Abwägung sei genügt, wenn die Planaussage auf der landesplanerischen Ebene keiner Ergänzung mehr bedarf. Dies sei nicht gleichbedeutend mit einem Höchstmaß an Stringenz. Der Plangeber könne es, je nach den planerischen Bedürfnissen, damit bewenden lassen, bei der Formulierung des Planungsziels Zurückhaltung zu üben, und damit den planerischen Spielraum der nachfolgenden Planungsebene zu schonen. Von einer Zielfestsetzung könne freilich dann keine Rede mehr sein, wenn die Planaussage eine so geringe Dichte aufweise, dass sie die abschließende Abwägung noch nicht vorwegnehme. Erhalte der Adressat der Regelung die Möglichkeit, sich durch eine eigene Abwägungsentscheidung ohne landesplanungsbehördliche Beteiligung über die landesplanerische Abwägung hinwegzusetzen, so widerspreche dies der Konzeption des Raumordnungsgesetzes, das Zielabweichungen zulasse, die Entscheidung hierüber aber unter den in § 11 ROG genannten Voraussetzungen den Landesplanungsbehörden zuweise. Mache der Plangeber von der Möglichkeit Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliere, werde damit nicht ohne Weiteres die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es sei ihm grundsätzlich unbenommen, selber zu bestimmen, wie weit die Steuerungswirkung reichen solle, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchten. Auch Plansätze, die eine Regel-Ausnahme-Struktur aufwiesen, könnten die Merkmale einer "verbindlichen Vorgabe" im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG oder einer "landesplanerischen Letztentscheidung" bzw. einer abschließenden landesplanerischen Abwägung erfüllen, wenn der Plangeber neben den Regel- auch die Ausnahmevoraussetzungen mit hinreichender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit selbst festlege. In einem solchen Fall handele es sich um eine verbindliche Aussage, die nach Maßgabe ihrer - beschränkten - Reichweite der planerischen Disposition nachgeordneter Planungsträger entzogen sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09.2003, a.a.O. unter Hinweis u.a. auf BVerwG, Beschluss vom 20.08.1992 - 4 NB 20.91 -).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe, denen der Senat folgt, handelt es sich bei der unter B 5.3 - 4 (Z) vorgenommenen Regel- Ausnahmefestlegung auch materiell um ein Ziel der Raumordnung, da der Plangeber die tatbestandlichen Ausnahmevoraussetzungen hinreichend bestimmt festgelegt hat. Danach können in begründeten Ausnahmefällen (z.B. Flächenknappheit) zur Verkehrsentlastung der Zentren auch an geeigneten benachbarten Standorten sowie Unter- und Kleinzentren "großflächige Einzelhandelsvorhaben" eingerichtet werden, wobei dies eine interkommunale Abstimmung zwischen den betroffenen Zentren zwingend voraussetzt.

Der Plangeber hat dadurch zum Ausdruck gebracht, dass Ausnahmen zur Verkehrsentlastung der Zentren zugelassen werden können, wobei auch durch den Klammerzusatz (z.B. Flächenknappheit) deutlich gemacht wird, dass der Ausnahmetatbestand nur bei Annahme besonderer Gegebenheiten in dem Mittel- oder Oberzentrum, das selbst die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsvorhaben etwa wegen Flächenknappheit nicht gewährleisten kann, in Frage kommt. Das von dem Regionalplan formulierte Ziel ist daher nach dem gesamten Regelungszusammenhang dahingehend zu verstehen, dass etwa bei Flächenknappheit in dem Ober- oder Mittelzentrum zur Verkehrsentlastung des Ober- oder Mittelzentrums Ausnahmen von den Standortvorgaben zugelassen werden können.

Der Ausnahmetatbestand ist damit hinreichend konkretisiert, und es ist insbesondere nicht der nachfolgenden Planungsebene überlassen, sich abwägend über die Entscheidung des Plangebers im Raumordnungsverfahren hinwegsetzen zu können.

Die Notwendigkeit der Durchführung eines Abweichungsverfahrens entfällt auch nicht etwa deshalb, weil die Bauleitplanung der Antragsgegnerin die Tatbestandsvoraussetzungen des Ausnahmetatbestandes 5 B.3 - 4 (Z) Sätze 2 und 3 erfüllt. Die dem Senat vorliegenden Planunterlagen geben bereits keinerlei Anhaltspunkte dafür her, dass zur Verkehrsentlastung der umliegenden Ober- und Mittelzentren die Ansiedlung des großflächigen Einzelhandelsvorhabens in der Gemarkung der Antragsgegnerin geboten wäre, noch dass in den angrenzenden Mittel- oder Oberzentren etwa aufgrund von Flächenknappheit die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsvorhaben nicht möglich wäre. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung zu C 5.4 - 1 (Z) (Gewerbliche Schwerpunkte) des Regionalplans Mittelhessen 2001, dass die früheren Mitorte für B-Stadt - Buseck, Reiskirchen, A-Stadt, Lollar und Wettenberg - nicht mehr als Flächenspender benötigt werden, weil B-Stadt durch Militär- und Industriekonversion kurz- und mittelfristig ausreichend Gewerbeflächenreserven zur Verfügung hat und für den langfristigen Bedarf nach den Vorschlägen der Regionalplanung die Gewerbefläche Lützellinden beplant, die unter anderem auch der regionalen Entlastung Südhessens dienen soll. Insoweit bringt der Regionalplan, wenn auch an anderer Stelle, selbst zum Ausdruck, dass zumindest B-Stadt als Oberzentrum Kapazitäten für die Ansiedlung gewerblicher Unternehmen vorhält, so dass bereits aus diesem Grund die Ausnahme zu B 5.3 - 4 (Z) nicht greift. Anhaltspunkte dafür, dass zur Verkehrsentlastung in den benachbarten Ober- bzw. Mittelzentren im Gemarkungsgebiet der Antragsgegnerin die Ansiedlung eines großflächigen Einzelhandels, der die Vermutungsregel des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO um mehr als das Doppelte übersteigt, erforderlich ist, enthalten die Planungsunterlagen nicht und sind für den Senat auch nicht ersichtlich.

Allein die Tatsache, dass in dem Bauleitplanverfahren offensichtlich eine interkommunale Abstimmung stattgefunden hat und damit B 5.3 - 4 (Z) Satz 3 genügt wurde, ersetzt die Erfüllung der übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausnahmeregelung nicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Landesentwicklungsplan Hessen 2000, festgestellt durch Rechtsverordnung vom 13. Dezember 2000 - LEP - (GVBL. 2001, S.1 ff.) unter Nr. 4.1.2. - Großflächige Einzelhandelsvorhaben - bestimmt, dass Flächen für großflächige Einzelhandelsprojekte (Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe) nur in Ober- und Mittelzentren (zentrale Ortsteile) in Betracht kommen. In begründeten Ausnahmefällen, zum Beispiel zur örtlichen Grundversorgung, und unter Einhaltung der übrigen landes- und regionalplanerischen Zielsetzungen ist eine Ausweisung auch in den zentralen Ortsteilen von Grundzentren (Unter- und Kleinzentren) zulässig. Hierbei kommt dem interkommunalen Abstimmungsgebot eine besondere Bedeutung zu (Z).

Das Verhältnis der Landesentwicklungsplanung zu der Regionalplanung ist in den §§ 2, 7, 9, 10 und 11 des Hessischen Landesplanungsgesetzes vom 6. September 2002 - HLPG - (GVBl. I Seite 548 ff.) näher geregelt. Gemäß § 2 Abs. 2 wird für das Gebiet des Landes als Raumordnungsplan der Landesentwicklungsplan aufgestellt und für die Regionen des Landes werden als Raumordnungspläne Regionalpläne aufgestellt. Gemäß § 7 Abs. 1 HLPG stellt der Landesentwicklungsplan die Festlegungen der Raumordnung für eine großräumige Ordnung und Entwicklung des Landes und seiner Regionen sowie die überregional bedeutsamen Planungen und Maßnahmen dar und schränkt die Entscheidungsspielräume der Regionen nicht stärker ein, als dies zur Umsetzung von überregional bedeutsamen Vorhaben erforderlich ist. Gemäß § 9 Abs. 1 HLPG stellen die Regionalpläne die Festlegungen der Raumordnung für die Entwicklung der Planungsregionen unter Beachtung der Vorgaben des Landesentwicklungsplans dar, die Regionalversammlung beschließt gemäß § 10 Abs. 2 HLPG unter Beachtung der Festlegungen des Landesentwicklungsplans weitere Maßgaben für die Erarbeitung des Entwurfs des Regionalplans. Hält die oberste Landesplanungsbehörde bei der Aufstellung der Regionalpläne bestimmte Ziele für unvereinbar mit den übergeordneten Vorgaben der Raumordnung, so weist sie die Regionalversammlung darauf hin, werden diese Hinweise nicht berücksichtigt, sind sie bei der Offenlegung darzustellen (§ 10 Abs. 5 HLPG). Die Landesregierung entscheidet über die Genehmigung der Regionalpläne, wobei der Regionalplan nicht genehmigt werden darf, wenn seine Festsetzungen gegen Ziele des Landesentwicklungsplans verstoßen und eine Abweichung hiervon nicht zugelassen werden kann (§ 11 Abs. 1 und 3 HLPG).

Aufgrund der unterschiedlichen Remonstrations- und Beteiligungsrechte wird planerisch gewährleistet, dass die Regionalpläne die Vorgaben des Landesentwicklungsplans beachten. Auch die oberste Landesplanungsbehörde geht offensichtlich davon aus, dass der Regionalplan Mittelhessen 2001 die Vorgaben des LEP 2000 beachtet, da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass Hinweise der obersten Landesplanungsbehörde bei der Aufstellung des Regionalplans Mittelhessen 2001 nicht berücksichtigt worden sind.

Etwas anderes ergibt sich zur Überzeugung des Senats auch nicht aus der unterschiedlichen Formulierung in dem LEP 2000 einerseits und dem Regionalplan Mittelhessen 2001 andererseits hinsichtlich der Ausnahmevoraussetzungen für die Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsvorhaben auch in Unter- und Kleinzentren.

Dabei kann dahinstehen, ob der unter 4.1.2. - Großflächige Einzelhandelsvorhaben - des LEP 2000 formulierten Festlegung Zielqualität unter Berücksichtigung der oben bereits näher dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zukommt oder nicht. Gegen die Zielqualität der unter 4.1.2. - Großflächige Einzelhandelsvorhaben - aufgenommenen Festlegung, die bereits oben zitiert wurde, spricht, dass die Voraussetzungen einer möglichen Ausnahme weit formuliert sind. Zwar dürfte der angeführte Beispielsfall ( zur örtlichen Grundversorgung ) den von dem Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Bestimmtheitsanforderungen an eine Zielqualität beanspruchende Ausnahmeregelung genügen, die weiter geforderten Voraussetzungen ( ... und unter Beachtung der übrigen landes- und regionalplanerischen Zielsetzungen ) sind jedoch weit formuliert und entziehen insbesondere durch Bezugnahme auf die regionalplanerischen Festlegungen dem Plangeber des Landesentwicklungsplans die letzte Entscheidungskompetenz zur Inhaltsbestimmung der Ausnahmeregelung.

Im Übrigen führt der LEP 2000 selbst unter Nr. 1.2. - Rechtswirkung - aus, die verbindlichen Vorgaben des Landesentwicklungsplanes seien von den Behörden des Bundes, des Landes und der Regionalplanung zu beachten, wobei bezüglich der Rechtswirkung der Begriff der "verbindlichen Vorgaben" mit dem Zielbegriff des Raumordnungsgesetzes korrespondiere. Der Landesgesetzgeber habe bewusst einen anderen Begriff gewählt, da die Ziele im Landesentwicklungsplan aufgrund ihrer landesweiten Geltung und des entsprechenden Kartenmaßstabs regelmäßig der Konkretion durch die Regionalplanung bedürften. Nur sehr wenige Festlegungen im LEP entwickelten den Bestimmtheitsgrad, der aus den regionalen Raumordnungsplänen bekannt sei. Festlegungen, die aufgrund ihres Konkretisierungsgrades eine mittelbare Durchgriffswirkung auf die Kommunen entfalteten, würde nur ausnahmsweise für einige herausgehobene Planungen und Maßnahmen getroffen. Für die Mehrzahl der mit Zielqualität (Z) versehenden Festlegungen gelte, dass sie räumlich noch nicht abschließend bestimmt seien, sondern erst im Rahmen der Regionalplanung räumlich bestimmt würden. Dies heiße auch, dass die Bauleitpläne der Kommunen nur den in den Regionalplänen konkretisierten Zielen der Raumordnung gemäß § 1 Abs. 4 BauGB anzupassen seien. Durch den differenzierten Einsatz raumordnerischer Kategorien werde die Verwendung von Zielen der Raumordnung auf den erforderlichen Mindestumfang reduziert, damit die Entscheidungsspielräume der Region nicht stärker eingeschränkt würden als erforderlich (vgl. insgesamt Nr. 1.2. des LEP Hessen 2000).

A. der LEP Hessen 2000 mithin nach seinem eigenen Verständnis planerische Zurückhaltung gegenüber den differenzierteren Regionalplänen üben was auch durch die offene Formulierung der unter (Z) gewählten Festlegung hinsichtlich der Standortauswahl großflächiger Einzelhandelsvorhaben zum Ausdruck kommt, spricht einiges dafür, dass dieser Festlegung keine Zielqualität im Sinne der von dem Bundesverwaltungsgericht entwickelten Kriterien hinsichtlich der Bestimmtheit von Ausnahmeregelungen zukommt.

Die Beantwortung dieser Frage kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, da selbst dann, wenn der Festlegung unter Nr. 4.1.2. - Großflächige Einzelhandelsvorhaben - des LEP 2000 Zielqualität zukäme der Regionalplan Mittelhessen 2001 die Vorgaben des LEP 2000 hinreichend beachtet hat und dem Beachtenserfordernis insbesondere nicht etwa deshalb nicht genügt, weil er die Ausnahmevoraussetzungen hinsichtlich der Ansiedlung großflächiger Einzelhandelsbetriebe in Unter- und Kleinzentren enger, nämlich ausschließlich ober- und mittelzentrenbezogen, nicht aber auch zur örtlichen Grundversorgung in dem Unter- oder Kleinzentrum zugelassen hat.

Die Kernaussage der als Ziel formulierten Festlegung unter Nr. 4.1.2. - Großflächige Einzelhandelsvorhaben - des LEP 2000, nämlich dass großflächige Einzelhandelsprojekte (Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe) nur in Oberzentren und Mittelzentren (zentrale Ortsteile) in Betracht kommen, hat der Regionalplan Mittelhessen 2001 unter B 5.3-4 (Z) beachtet. Dass die Ausnahmeregelungen unter B 5.3-4 (Z) des Regionalplans Mittelhessen 2001 einerseits und des LEP 2000 unter der mit (Z) gekennzeichneten Festlegung unter Nr. 4.1.2. unterschiedliche Zielrichtungen haben, nämlich zum einen in dem Regionalplan Mittelhessen 2001 die oberzentrenbezogene Schutzfunktion und zum anderen in dem LEP 2000 die unterzentrenbezogene Schutzfunktion der örtlichen Grundversorgung, ist nicht entscheidend.

Zum einen ist nicht zu beanstanden, dass der Regionalplan gegenüber dem Landesentwicklungsplan differenziertere und ggfs. auch striktere Festlegungen enthält als dieser, da er im Verhältnis zu diesem eine feingliedrigere Planungsstufe bedient und unter Einhaltung der dort formulierten Ziele die Festlegungen der Landesentwicklungsplanung lediglich zu beachten hat (vgl. §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 2 HLPG). Die Kernaussage des in dem LEP 2000 formulierten Ziels beachtet der Regionalplan Mittelhessen 2001.

Zum anderen wird dem Beachtenserfordernis auch dadurch genügt, dass im Rahmen eines möglichen Abweichungsverfahrens nach § 12 HLPG - das nach Auffassung des Senats erforderlich wäre - auch die Ziele und Grundsätze der Landesplanung zu beachten sind, so dass bei Durchführung eines Abweichungsverfahrens auch der Aspekt der örtlichen Grundversorgung zu berücksichtigen ist.

Die gemeindliche Planungshoheit wird daher durch die raumordnerischen Festsetzungen unter B 5.3 des Regionalplans Mittelhessen 2001 auch unter Berücksichtigung der Festlegungen des LEP 2000 nicht unzulässig eingeschränkt, da die Antragsgegnerin durch Beantragung eines Abweichungsverfahrens auch die Möglichkeit hat, den Aspekt der Gewährleistung der örtlichen Grundversorgung der Bevölkerung mit einzubringen, wobei der Senat jedoch darauf hinweist, dass für ihn auf Grund der in das Verfahren eingeführten Unterlagen nicht erkennbar ist, dass zur örtlichen Grundversorgung der Bewohner in dem Gemarkungsgebiet der Antragsgegnerin ein Verkaufsmarkt mit einer Nettoverkaufsfläche von 1.680 m² erforderlich ist.

Im Übrigen hat die oberste Landesplanungsbehörde selbst an der unterschiedlichen Formulierung der Ausnahmetatbestände keinen Anstoß genommen, was zumindest dafür spricht, dass diese selbst auch bei Formulierung unterschiedlicher Ausnahmetatbestände davon ausgegangen ist, dass die Festlegungen durch den Regionalplan Mittelhessen 2001 beachtet worden sind.

Dem unter B 5.3-4 (Z) des Regionalplans Mittelhessen 2000 formulierten Ziel kann auch nicht entgegen seinem Wortlaut im Lichte der Festlegungen im LEP 2000 ein anderer Inhalt beigemessen werden, als von der Regionalversammlung beschlossen mit der Folge, dass ein Abweichungsverfahren nicht erforderlich wäre.

Die streitgegenständliche Planung hätte mithin ein Abweichungsverfahren gemäß § 12 HLPG erfordert, aufgrund der Tatsache, dass dies nicht durchgeführt worden ist und eine entsprechende Entscheidung der zuständigen Regionalversammlung nicht vorliegt, ist der streitgegenständliche Plan nicht gemäß § 1 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung angepasst.

Der Umstand, dass das Regierungspräsidium B-Stadt als obere Landesplanungsbehörde keine weiteren Einwendungen gegen die Planung erhoben hat, ist hierbei nicht entscheidend, da das Regierungspräsidium B-Stadt nicht zuständige Behörde für die Abweichungsentscheidung ist. Dies ist vielmehr gemäß § 12 Abs. 4 HLPG die Regionalversammlung, die eine Abweichung von den Festlegungen des Regionalplans Mittelhessen 2001 nach Mitteilung des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin nicht zugelassen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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