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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 12.06.2003
Aktenzeichen: 3 N 453/02
Rechtsgebiete: BauGB, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 166 Abs. 1
BauGB § 1a Abs. 3
BauGB § 215a Abs. 1
VwGO § 47
1. Zum Prüfungsumfang im Normenkontrollverfahren über einen Bebauungsplan, dem eine rechtskräftige Normenkontrollentscheidung über eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme vorausgegangen ist.

2. Ist unklar, ob und welche 10 ha, 25 ha oder 34 ha gemeindlicher Flächen für sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich von Eingriffen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans bereitgestellt worden sind, ist der Bebauungsplan mindestens unwirksam.

3. Die Trennung der naturschutzrechtlichen Kompensation für in Aussicht gestellte Befreiungen für planbedingte Eingriffe in Sonderbiotope von dem planungsbezogenen und der Abwägung unterliegenden Ausgleich nach § 1 a Abs. 3 BauGB ist sachlich angemessen und gerechtfertigt.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes URTEIL

3 N 453/02

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Gültigkeit der Satzung über den Bebauungsplan Nr. 804 "Am Martinszehnten"

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Schott, Richterin am Hess. VGH Lehmann Richter am Hess. VGH Dr. Fischer

aufgrund der mündlichen Verhandlung am 12. Juni 2003 für Recht erkannt:

Tenor:

Auf den Antrag der Antragstellerin zu 3. wird der am 8. Juni 2000 beschlossene Bebauungsplan Nr. 804 "Am Martinszehnten" der Antragsgegnerin für unwirksam erklärt.

Die Anträge der Antragstellerin zu 1. und der Antragsteller zu 2. und 4. werden abgelehnt.

Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 1., die Antragsteller zu 2. und 4. sowie die Antragsgegnerin zu je 1/4.

Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 3. und 1/4 ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten. Die Antragstellerin zu 1. und die Antragsteller zu 2. und 4. tragen je 1/4 der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin sowie jeweils ihre eigenen außergerichtlichen Kosten.

Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, sofern nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen den am 08.06.2000 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 804 "Am Martinszehnten".

Die Antragstellerin zu 1. ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes, der nach ihren Angaben mit 15 ha im Plangebiet mindestens ein Nebenerwerbsbetrieb sei. Sie ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke im Satzungsgebiet des Bebauungsplans Nr. 804 in der Gemarkung Frankfurt-Kalbach, z.B. Flur ..., Flurstücke ... und ... sowie des Flurstücks ..., wo sich die Hofstelle mit Hof- und Wirtschaftsgebäuden befindet.

Der Antragsteller zu 2. ist der Ehemann der Antragstellerin zu 1. und als Landwirt mit insgesamt 115 ha Betriebsfläche Pächter ihres landwirtschaftlichen Betriebes. Er bewirtschaftet noch weitere Pachtflächen im Plangebiet und anderweitige sonstige Flächen. Seine Hauptbetriebsstelle befindet sich in Eschborn.

Die Antragstellerin zu 3. ist Inhaberin eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes mit 18 ha und Eigentümerin mehrerer landwirtschaftlicher Flächen im Plangebiet, z.B. Flur ..., Flurstücke ... und .... Ihre Hofstelle befindet sich knapp außerhalb des Plangebiets in der Flur ... auf dem Flurstück ....

Der Antragsteller zu 4. ist der Ehemann der Antragstellerin zu 3. und als Nebenerwerbslandwirt Pächter ihres landwirtschaftlichen Betriebes sowie weiterer Grundstücke im Plangebiet. Im Hauptberuf ist er Bäcker in Frankfurt am Main-Kalbach.

Die Antragstellerin zu 1. und die Mutter und Voreigentümerin der Antragstellerin zu 3., Frau W., hatten sich gegen die Gewerbeflächen vorsehende Satzung der Antragsgegnerin über die förmliche Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs "Am Martinszehnten" vom 22.04.1997 gewandt und waren in dem Normenkontrollverfahren beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof 3 N 4219/97 unterlegen. Das Urteil des Senats vom 31.05.2000 ist aufgrund des die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.02.2001 - 4 BN 60.00 - rechtskräftig. Dasselbe gilt für die Urteile des Senats vom 31.05.2000 - 3 N 618/98 und 3 N 1250/99 - nach den Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.02.2001 - 4 BN 55.00 und 4 BN 56.00 - in den Normenkontrollverfahren gegen die im Süden von Frankfurt am Main - Kalbach für Wohnungen und Universitätsbauten vorgesehene städtebauliche Entwicklungsmaßnahme "Riedberg".

Das Plangebiet "Am Martinszehnten" liegt deckungsgleich mit dem Entwicklungsgebiet nördlich des Ortsteils Kalbach und nördlich der Nordumgehung Kalbach der Landesstraße L 3019 zwischen den beiden Autobahnen A 5 und A 661, die weiter nördlich am Bad Homberger Kreuz aufeinander treffen. Zwischen dem nordwestlichen Rand des Plangebiets und der Bundesautobahn A 5 verlaufen drei Hochspannungstrassen. Derzeit wird das Plangebiet bis auf die im Norden im Bau befindlichen zwei Großmarkthallen des Frischezentrums im Wesentlichen landwirtschaftlich als Acker- und Wiesenflächen genutzt. Im Nordosten entsteht an der Autobahn A 661 anstelle des früheren Autobahnanschlusses "Bonames" der mit bestandskräftigem Planfeststellungsbeschluss vom 17.04.1996 vorgesehene neue Autobahnanschluss "Nieder-Eschbach".

Zur Durchführung der Entwicklungsmaßnahme "Am Martinszehnten" beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin am 10.10.1996 die Aufstellung des streitbefangenen Bebauungsplans Nr. 804. Die Bürgerbeteiligung erfolgte am 07.09.1999, die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange vom 08.12.1999 bis 14.01.2000, die öffentliche Auslegung des Entwurfs des Bebauungsplans in demselben Zeitraum.

Mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 14.02.2000 trugen u.a. die Antragstellerin zu 1. und die Mutter und Voreigentümerin der Antragstellerin zu 3. Anregungen zum streitbefangenen Bebauungsplan Nr. 804 vor. Die Antragstellerin zu 1. wandte sich gegen die Lage ihrer Hofstelle in einer vorgesehenen öffentlichen Grünfläche. Im Übrigen bezogen sich beide Anregungen darauf, dass die Erschließungsstraße im Südwesten des Plangebiets mit dem Anschluss an die Nordumgehung Kalbach (L 3019) zu nah an den Wohngrundstücken verlaufe, die alte Wegeerschließung mit 3 m Breite ausreiche und eine andere Straßenführung jedenfalls möglich und geboten sei. Der neue Autobahnanschluss "Nieder-Eschbach" sei nicht erforderlich. Behalte man die bisherige Anschlussstelle "Bonames" bei, bedeute dies für den autobahnbezogenen Zu- und Abgangsverkehr nur einen Umweg von 2.000 m. Darüber hinaus sei es nicht erforderlich, 53 ha Gewerbe- und Industriegebietsflächen planerisch festzusetzen. Die Dimensionierung des Plangebiets sei zu groß. Es fehlten Belege für eine entsprechende Nachfrage. Ein entsprechender Bedarf sei weder wegen der Abwanderung von Unternehmen noch wegen der Arbeitsnachfrage gering qualifizierter Personen gegeben. Angesichts des ökonomischen Strukturwandels in Deutschland fielen Arbeitsplätze gering qualifizierter Personen ohnehin zunehmend weg. Ein tatsächlicher Bedarf in Frankfurt am Main sei für Büroraum gegeben, nicht aber für Gewerbeflächen. Die Wirtschaftlichkeit sei für die Bauleitplanung nicht gegeben, da gegen die Entwicklungssatzung (seinerzeit) noch Normenkontrollverfahren anhängig waren und man eine Gebietsentwicklung in Eigenregie der Grundstückseigentümerinnen und Grundstückseigentümer durch städtebaulichen Vertrag ins Auge gefasst hatte. Im Rahmen der genannten Anregungen wurde darüber hinaus auf die Umwidmungssperre des § 1 Abs. 5 Satz 3 BauGB hingewiesen, wonach landwirtschaftliche Flächen nur ausnahmsweise durch Bauleitplanung in Anspruch genommen werden dürften.

Die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin wies die vorstehend genannten Anregungen zurück und beschloss den Bebauungsplan Nr. 804 "Am Martinszehnten" am 08.06.2000 als Satzung. Die Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses erfolgte am 29.08.2000 im städtischen Amtsblatt 2000, S. 672. Der Bebauungsplan setzt im Südwesten von Nordwesten des Plangebiets nach Südosten verlaufend öffentliche Grünfläche - Parkanlage - fest, nach Nordosten anschließend Gewerbegebietsflächen und im Anschluss daran im Norden des Plangebiets Industriegebiet. Als Anschluss an die Nordumgehung Kalbach (L 3019) ist zwischen den beiden Hofstellen der Antragstellerinnen zu 1. und 3. eine Erschließungsstraße ins Plangebiet hinein festgesetzt.

Dem streitbefangenen Bebauungsplan vorausgegangen war die mit Genehmigung des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 17.12.1999 erfolgte 38. Änderung des Flächennutzungsplans des (damaligen) Umlandverbandes Frankfurt für den Bereich der Stadt Frankfurt am Main, Stadtteil Kalbach, Gebiet "Am Martinszehnten". Im Rahmen dieser Änderung wurde der überwiegende Teil der Flächen von Flächen für die Landwirtschaft in gewerbliche Bauflächen umgewidmet, die übrigen, für die interne Haupterschließung benötigten Flächen in Flächen für den Straßenverkehr.

Der Regionale Raumordnungsplan Südhessen (RROPS) vom 26.04.1995 (StAnz. 1995, S. 1877) stellt den größeren, nordöstlichen Teil des Plangebietes als Gewerbefläche-Zuwachs und den kleineren, südwestlichen Bereich als Siedlungsfläche-Zuwachs dar. Im Zuge der Fortschreibung des RROPS wurde seitens der Antragsgegnerin die Kennzeichnung der gesamten Fläche des Entwicklungsbereichs "Am Martinszehnten" als Gewerbefläche-Zuwachs angemeldet und am 10.12.1999 von der Regionalversammlung so beschlossen.

Wegen der Inanspruchnahme eines Streuobstbereichs und Feldgehölzen als Sonderbiotop stellte das Regierungspräsidium Darmstadt unter dem 20.01.2000 eine naturschutzrechtliche Befreiung in Aussicht mit Ausnahme einer Streuobstwiese auf dem Flurstück 76 in der Flur 6, die erhalten werden soll.

Das Regierungspräsidium Darmstadt erließ unter dem 20.12.2002 einen Besitzeinweisungsbeschluss zur Inanspruchnahme der Flurstücke ... und ... der Antragstellerin zu 3. in der Flur ... der Gemarkung Kalbach. Den dagegen gerichteten Antrag der Antragsteller zu 3. und 4. auf gerichtliche Entscheidung wies das Landgericht Darmstadt - Kammer für Baulandsachen - mit Beschluss vom 14.02.2003 - 9 O (B) 2/03 - zurück. Die dagegen eingelegte Beschwerde ist beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main - Senat für Baulandsachen - unter dem Aktenzeichen 1 W (Baul) 1/03 - noch anhängig.

Für den Bereich östlich der Autobahn A 5 betreibt die Antragsgegnerin derzeit das Aufstellungsverfahren für den Bebauungsplan Nr. 840 "Kalbach, Lärmschutzwall östlich der Autobahn A 5" (vgl. Bl. 160 GA).

Zuvor stellten die Antragsteller am 18.02.2002 den vorliegenden Normenkontrollantrag. Sie machen geltend, die Anträge seien zulässig und begründet. Der streitbefangene Bebauungsplan sei nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Es gebe keinen hinreichenden Bedarf an Gewerbeflächen. Die Verwirklichung des Bebauungsplans werde zu einer Existenzgefährdung der beiden landwirtschaftlichen Betriebe führen. Der Bebauungsplan setze die Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung im Plangebiet in vollem Umfang voraus. Die Antragsteller stützen sich auf die vorgebrachten Anregungen im Planaufstellungsverfahren und rügen, das Abwägungsgebot sei verletzt. Dies gelte auch für landwirtschaftliche Einzelbelange. Gleichheitswidrig und entgegen § 189 BauGB strebe die Antragsgegnerin an, betroffene Haupterwerbsbetriebe vorrangig mit Ersatzland zu bedienen und Nebenerwerbsbetriebe grundsätzlich auf Entschädigungsansprüche zu verweisen. Insgesamt habe man sich nicht genügend um Ersatzflächen bemüht. Im Rahmen der drohenden Existenzvernichtung hätten andere Einkunftsarten der Antragsteller außer Betracht zu bleiben.

Ein Abwägungsfehler sei es, die landwirtschaftliche Hofstelle der Antragstellerin zu 1. mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden als öffentliche Grünfläche zu überplanen. Die Führung der Erschließungsstraße als nördlicher Abzweig von der Umgehungsstraße Kalbach verlaufe zu nah an den Höfen der Antragstellerinnen zu 1. und 3. Dies führe zu einer untragbaren Lärmbelastung und zu ungesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen. Soweit die schalltechnische Untersuchung der F. GmbH vom 14.07.1999 auf diesem Straßenabschnitt von 3.000 KFZ täglich ausgehe, berücksichtige dies nicht ausreichend die kräftige Steigerung des LKW-Verkehrs. Derzeit sei eine Bebauungsplanänderung vorgesehen, um im Nordwesten des Plangebiets das Frankfurter Frischezentrum, die frühere Großmarkthalle, anzusiedeln. Die geplante Führung der Erschließungsstraße führe auch zu erheblichen Verkehrsgefahren im Bereich der beiden Höfe.

Darüber hinaus seien klimatologische Gesichtspunkte und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht ausreichend berücksichtigt worden. Nach dem ökologischen Gutachten der Planungsgruppe Natur und Umwelt verbleibe nach dem sog. Frankfurter Modell bei der Naturkompensation ein enorm hohes Restdefizit von über 7,5 Mio. Punkten (vgl. S. 15 ff. der Begründung zum Bebauungsplan Nr. 804). Dabei sei man dem Vorschlag des Gutachtens nicht gefolgt, das Areal zwischen der westlichen Plangrenze und der BAB A 5 als Ausgleichsfläche zu nutzen. Damit hätte die Kompensation auch auf eingriffsnahen Flächen durchgeführt werden können, während dies jetzt auf weiter entfernt liegenden Flächen in der Praunheimer Gemarkung vorgesehen sei.

Darüber hinaus rügen die Antragsteller, die Finanzierbarkeit des Bebauungsplankonzeptes sei nicht gegeben. Soweit sich die Antragsgegnerin auf die Kosten- und Finanzierungsübersicht im Rahmen der Entwicklungsmaßnahme "Am Martinszehnten" bezogen habe, sei dem entgegenzuhalten, dass der mit 45,00 DM/qm geschätzte entwicklungsunbeeinflusste Grundstückswert deutlich zu niedrig angesetzt worden sei. Der Anfangswert liege um das 3-fache höher, da nicht vom landwirtschaftlichen Verkehrswert, sondern von Bauerwartungsland auszugehen gewesen sei. Dies ergebe sich aus mehreren Stellungnahmen des im Auftrag der Antragstellerin zu 3. tätig gewordenen Sachverständigen Brett. Schon allein deswegen liege eine finanzielle Differenz von etwa 50 Mio. Euro vor und immer noch von etwa 13. Mio Euro, wenn man nur die öffentlichen Flächen für die Erschließung und Daseinsvorsorge einbeziehe. Mithin sei im Zeitpunkt des Satzungserlasses die Finanzierung der Plandurchführung "Am Martinszehnten" nicht gegeben gewesen.

Die Antragsteller rügen weiter, die Antragsgegnerin habe ihr Lärmschutzkonzept zur Bewältigung der künftigen Gewerbelärm-Immissionen im Bebauungsplan nicht wirksam umgesetzt. Flächenbezogene Schallleistungspegel, bezogen auf einen bestimmten Wert pro qm, seien nicht festgesetzt worden. Soweit dies unter A. Nr. 1.2 der Textfestsetzungen mit drei unterschiedlichen Pegeln für die Nachtzeit im Industriegebiet versucht worden sei, sei dies fehlgeschlagen. Dies beruhe auch darauf, dass die drei Teilbereiche des Industriegebiets, die in einem mit der Textfestsetzung verbundenen Übersichtsplan verzeichnet worden seien, sich in der maßgeblichen Plankarte des streitbefangenen Bebauungsplans nicht wiederfänden. Der Übersichtsplan sei für eine parzellenscharfe Abgrenzung der Gliederung unzureichend. Soweit die Antragsgegnerin die Konfliktbewältigung beim Lärmschutz auf eine optimierte Gebäudeanordnung im Genehmigungsverfahren verlagern wolle, sei dies unzulässig und mangels entsprechender Festsetzungen im Bebauungsplan wirkungslos.

Die Antragsteller beantragen,

im Wege der Normenkontrolle festzustellen, dass die Satzung der Antragsgegnerin über den Bebauungsplan Nr. 804 "Am Martinszehnten" nichtig ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Normenkontrollanträge abzulehnen.

Sie hält den angefochtenen Bebauungsplan für rechtswirksam. Abwägungsfehler lägen nicht vor. Die Kostenüberlegungen der Antragsteller seien unbeachtlich, da Grundstückspreise in der Entwicklungsmaßnahme nicht in die bauleitplanerische Abwägung einzustellen seien. Zur Abwägung gehörten lediglich die Kosten für die festgesetzten öffentlichen Einrichtungen. Über die Kosten der Entwicklungsmaßnahme sei rechtskräftig bereits im Normenkontrollverfahren über die Entwicklungssatzung entschieden worden. Dasselbe gelte für die Abwägung der städtebaulichen Belange, wobei der Bebauungsplan gemäß § 166 Abs. 1 BauGB gesetzeskonform zur Durchführung der Entwicklungsmaßnahme erstellt worden sei.

Der Ausgleich für die vorgesehenen Eingriffe in Natur und Landschaft sei fachgerecht erfolgt, sorgfältig geprüft und ordnungsgemäß abgewogen worden. Die Ausgleichsflächen in der Gemarkung Praunheim stünden in städtischem Eigentum und seien für die Ausgleichsmaßnahmen sofort verfügbar. Bereits während des Bebauungsplanverfahrens seien diese Flächen durch interne Verfügungen als Ausgleichsflächen reserviert worden. Außerhalb der in der Gemarkung Berkersheim auf 2 ha veranschlagten Kompensation für Eingriffe in Sonderbiotope sei dem Bebauungsplan Nr. 804 eine Fläche für Ausgleichsmaßnahmen mit insgesamt 25,38 ha zugeordnet und im März 2003 bis etwa 34 ha durch Baulasten öffentlich-rechtlich gesichert worden. Es sei nicht richtig, aus der Punktebilanz zu schließen, 75 % der Eingriffe seien nicht ausgeglichen. Ein solches Defizit gebe es nicht. Bei der Abwägung habe man sich nicht ausschließlich auf das Rechenwerk des ökologischen Gutachtens, sondern auf eine eigene Eingriffs- und Ausgleichsbewertung gestützt. Unter Berücksichtigung des Abwägungssystems des § 1 Abs. 6 BauGB sei der Ausgleich abwägungsfehlerfrei und vollständig gelungen.

Auch das Verkehrskonzept sei ordnungsgemäß geplant und abgewogen worden. Dies gelte insbesondere für den Straßenanschluss an die Nordumgehung Kalbach. Soweit die Straße nahe an die beiden Hofstellen der Antragsteller herangelegt worden sei, sei dies aus Gründen der Erschließung angemessen. Die Zufahrt zum Autobahnanschluss "Nieder-Eschbach" werde ausschließlich im östlichen Teil an die Straße "Am Martinszehnten" angebunden. Durchgangsverkehr sei aus dem Plangebiet ferngehalten. Der mit dem Frischezentrum verbundene Folgeverkehr habe im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch nicht berücksichtigt werden können.

Dem Senat liegen zwei Ordner und 6 Hefter Aufstellungsunterlagen der Antragsgegnerin für den streitbefangenen Bebauungsplan Nr. 804 vor. Die Antragsteller haben den Bericht über "Voruntersuchungen für städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen gemäß § 165 Abs. 4 BauGB für das Gebiet Am Martinszehnten" (Stand: 19.02.1996) eingereicht. Diese Unterlagen sind sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen. Auf ihren Inhalt wird ebenso wie auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Normenkontrollanträge haben nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Anträge sind statthaft. Die Antragstellerinnen und Antragsteller wenden sich gegen einen Bebauungsplan und damit gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, deren Gültigkeit vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO überprüft werden kann.

Die Anträge der Antragstellerin zu 1. und der Antragsteller 2. und 4. sind jedoch nicht zulässig. Ihnen fehlt unabhängig von der Frage der Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jedenfalls das allgemeine Rechtsschutzinteresse. Sie können nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend machen, dass die Feststellung der Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des angegriffenen Bebauungsplans eine Rechtsbeeinträchtigung zu ihren Lasten noch verhindern, beseitigen oder wenigstens mildern kann. Zwar kann die Antragstellerin zu 1. als Eigentümerin von Grundstücken und Gebäuden im Plangebiet vorbringen, dass beeinträchtigende Planfestsetzungen wie öffentliche Grünfläche - Parkanlage - und Industrie- bzw. Gewerbegebiet die bauliche Nutzbarkeit ihrer Grundstücke beschränken. Hier liegt aber die Besonderheit vor, dass die planerisch vorgesehene Aufgabe der Hofstelle und der landwirtschaftlichen Grundstücksnutzung nicht erst durch den streitbefangenen Bebauungsplan herbeigeführt wird, sondern bereits aufgrund der rechtswirksamen Satzung über die förmliche Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs "Am Martinszehnten" vom 22.04.1997 feststeht. Somit kann die Antragstellerin zu 1., die zudem an die Rechtskraft des Urteils des Senats über die Gültigkeit der genannten städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme vom 31.05.2000 - 3 N 4219/97 - gebunden ist, den drohenden Verlust der Hofstelle und der Landwirtschaft nicht ein zweites Mal im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens aufrufen und zur gerichtlichen Überprüfung stellen. Die Entwehrung ihrer mit dem Grund- und Gebäudeeigentum verbundenen Rechtsposition ist bereits durch die Satzung über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme eingetreten, nicht durch den streitbefangenen Bebauungsplan. Dies zeigt sich etwa daran, dass gemäß § 169 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Enteignung zum städtebaulichen Entwicklungsbereich ohne Bebauungsplan zugunsten der Gemeinde oder des Entwicklungsträger zur Erfüllung ihrer Aufgaben zulässig ist.

Die Antragstellerin zu 1. kann sich im Rahmen dieses Normenkontrollantrags auch nicht mit Aussicht auf Erfolg auf Probleme der Sicherheit und des Lärmschutzes berufen, die mit der Lage und der Nutzung der an ihrer Hofstelle östlich vorbeiführenden Erschließungsstraße von der L 3019 ins Plangebiet hinein und umgekehrt verbunden sind. Es ist objektiv nicht schutzwürdig, vom streitbefangenen Bebauungsplan eine Konfliktbewältigung für ein möglichst störungsfreies Wohnen und Arbeiten in der Hofstelle zu verlangen, die rechtlich und tatsächlich erwartbar auf Dauer keinen Bestand haben kann und soll. Insgesamt kann sich die Antragstellerin zu 1. schon im Rahmen der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags nicht darauf berufen, der streitbefangene Bebauungsplan habe neben den übrigen, regelmäßig eher auf Dauer angelegten Festsetzungen zugleich für eine Zwischenzeit planerische Regelungen für eine Gebäudenutzung zu treffen, deren Bestand rechtlich nicht mehr gesichert ist und erwartbar ausläuft, selbst wenn nach den Vorstellungen der Stadtverordnetenversammlung die Zeit für die landwirtschaftliche Tätigkeit möglichst ausgeschöpft werden soll.

Geht die Forderung nach bauleitplanerischer Konfliktbewältigung für eine auslaufende Altnutzung innerhalb eines Bebauungsplans mit durchgängigen gebietsweisen Festsetzungen für eine Neunutzung fehl, kann sich für die verbleibende Zwischenzeit die Frage eines ausreichenden Lärmschutzes und einer angemessenen verkehrsbezogenen Sicherheit für die Bewohner der Hofstelle der Antragstellerin zu 1. gleichwohl stellen. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Anlieger nach § 41 BImSchG einen notfalls gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen die Antragsgegnerin als Straßenbaulastträger darauf haben, dass unzumutbare Belästigungen durch Verkehrsgeräusche vermieden werden (vgl. BVerwGE 71, 150, 154 f.). Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch ein Rechtsanspruch von Anwohnern auf verkehrslenkende Maßnahmen zum Schutz vor Verkehrslärm und aus Gründen der Verkehrssicherheit gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 5 StVO in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.08.1987 - 4 BN 1/86 - Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 29 = NVwZ 88, 351). Eine entsprechende zwischenzeitliche Konfliktbewältigung im Einzelfall kann im übrigen auch im Rahmen der §§ 30 ff. BauGB und des § 15 BauNVO erfolgen.

Die Unzulässigkeit des Normenkontrollantrags gilt in gleicher Weise für den Antragsteller zu 2. Auch ohne unmittelbar an die Rechtskraft der Normenkontrollentscheidung des Senats über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme gebunden zu sein, muss er als Pächter die mit ihr verbundene Aufgabe der Nutzung der Hofstelle und der Landwirtschaft gegen sich gelten lassen. Als obligatorisch Berechtigter kann der Antragsteller zu 2. aus abgeleitetem Recht nicht mehr Rechte herleiten als die Antragstellerin zu 1. als Eigentümerin der betreffenden Grundstücke und Gebäude. Das gilt im Rahmen dieses Normenkontrollverfahrens auch für die geltend gemachten Sicherheits- und Lärmschutzbelange, wie oben bereits dargelegt. Dazu sei nur am Rande darauf hingewiesen, dass der Antragsteller zu 2. die gepachtete Hoffläche nicht selbst bewohnt, sondern dort allenfalls eine Bleibe zu Bewirtschaftungszwecken hat.

Auch der Antragsteller zu 4. kann durch einen Erfolg in diesem Normenkontrollverfahren seine Rechtsposition nicht verbessern. Als Nichteigentümer der von seiner Ehefrau, der Antragstellerin zu 3., gepachteten landwirtschaftlichen Flächen im Plangebiet kann er die drohende Aufgabe der landwirtschaftlichen Tätigkeit nicht noch einmal in einem Normenkontrollverfahren zulässigerweise aufrufen, auch wenn er selbst nicht im Gegensatz zu seiner Ehefrau als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter und Voreigentümerin, Frau W., unmittelbar an der Rechtskraft des Urteils des Senats vom 31.05.2000 - 3 N 4219/97 - teilnimmt. Dies ergibt sich aus den bereits bei der Unzulässigkeit der Normenkontrollanträge der Antragstellerin zu 1. und des Antragstellers zu 2. dargelegten Gründen. Als Nichtbewohner der Hofstelle seiner Ehefrau kann der Antragsteller zu 4. seinen Normenkontrollantrag auch nicht zulässigerweise auf Sicherheits- und Lärmschutzbelange stützen. Dies gilt unabhängig von der vertraglich übernommenen Altenteilsverpflichtung des Antragstellers zu 4., der nach dem Einheitsvertrag für die Verpachtung eines Hofes vom 15.12.1986 (Bl. 55 ff. GA) seinen Schwiegereltern nach § 19 Abs. 2 Nr. 4 Kost und Logis sowie Pflege in Krankentagen zu gewähren hat. Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, dass nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 b dieses Vertrages das Wohngebäude auf dem Grundstück Flur ..., Flurstück ... mit 600 qm Grund nicht mitverpachtet worden ist. Es gibt keinen hinreichenden Beleg dafür, dass dies inzwischen anders ist oder dass das Wohnhaus der Hofstelle dem Antragsteller zu 4. in absehbarer Zeit (vgl. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) zur Eigennutzung zur Verfügung steht. Wenn die Mitverpachtung des Wohnhauses, wie der Vertreter der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, inzwischen von der Antragstellerin zu 3. an den Antragsteller zu 4. erfolgt sein soll, weil es aus steuerlichen Gründen das einzig Sinnvolle sei, hätte es nahegelegen, dass auch der Pachtvertrag vom 15.12.1986 die Mitverpachtung des Wohnhauses bereits einbezogen hätte.

Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 3. ist zulässig.

Auch wenn sie sich im Rahmen der Zulässigkeit als Rechtsnachfolgerin der an die Rechtskraft der Normenkontrollentscheidung über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme gebundenen Frau W., ihrer Mutter, nicht auf die drohende Aufgabe der Landwirtschaft im Plangebiet stützen kann, hat sie auch als Eigentümerin eines außerhalb des Plangebiets liegenden Wohngebäudes mit dem als verletzt gerügten Recht auf gerechte Abwägung die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und das allgemeine Rechtsschutzinteresse für die Geltendmachung von Lärmschutzbelangen, die nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.07.1997 - 4 BN 11/97 - BRS 59 Nr. 36). Dies gilt unabhängig davon, dass der mit dem Frischezentrum verbundene Folgeverkehr im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses dem streitbefangenen Bebauungsplan Nr. 804 noch nicht zugerechnet werden kann, da die Verlagerung der ehemaligen Großmarkthalle als Frischezentrum ins Plangebiet im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 08.06.2003 nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Antragsgegnerin noch nicht vorgesehen war.

Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 3. ist auch rechtzeitig innerhalb von 2 Jahren nach der am 29.08.2000 erfolgten Bekanntmachung des Bebauungsplans am 18.02.2002 gestellt worden.

Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 3. ist auch begründet.

Zwar sind zur Unwirksamkeit oder Nichtigkeit führende Verfahrensfehler nicht ersichtlich. Soweit auch die Antragstellerin zu 3. zunächst die ordnungsgemäße Ausfertigung des streitbefangenen Bebauungsplans gerügt hat, hat sie dies nicht substantiiert. Aus den beigezogenen Unterlagen sind Ausfertigungsmängel nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin hatte der Antragstellerseite diesbezüglich Einsicht in das Original des Bebauungsplans Nr. 804 angeboten, woraufhin die Rüge der mangelhaften Ausfertigung des Bebauungsplans nicht erneuert und erkennbar nicht aufrechterhalten worden ist.

Der Bebauungsplan Nr. 804 verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der planungsrechtlichen Erforderlichkeit (§ 1 Abs. 3 BauGB), wonach die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen haben, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung erforderlich ist. An der Erforderlichkeit der Bauleitplanung fehlt es nur dann, wenn sie von keiner erkennbaren Konzeption getragen ist. Welche städtebaulichen Ziele sich die Gemeinde setzt, liegt in ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (BVerwG, Beschluss vom 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86). Ein Bebauungsplan ist im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, soweit er nach der städtebaulichen Konzeption der Gemeinde vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Urteil vom 07.05.1971 - IV C 76.68 - BRS 24 Nr. 15). Die städtebaulichen Gründe für die Planung, mit der gewerbliche und industrielle Arbeitsstätten ermöglicht werden sollen, ergeben sich hier in ausreichendem Umfang aus dem streitbefangenen Bebauungsplan und der Planbegründung. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass die Gemeinde gemäß § 166 Abs. 1 Satz 2 BauGB die gesetzliche Pflicht hat, für den städtebaulichen Entwicklungsbereich ohne Verzug Bebauungspläne aufzustellen und die vorgesehene Entwicklung zu verwirklichen. Dieser Planaufstellungspflicht ist die Antragsgegnerin hier nachgekommen.

Der streitbefangene Bebauungsplan ist nicht deshalb unwirksam oder nichtig, weil die Antragsgegnerin im Bebauungsplan weitere Lärmschutzvorkehrungen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV vom 12.06.1990 (BGBl. I S. 1036) zu treffen gehabt hätte. In Übereinstimmung mit der Schalltechnischen Untersuchung der Firma F. GmbH vom 14.07.1999 ist die Antragsgegnerin für die Hofstelle der Antragstellerin zu 3. mit Wohnhaus "Am ... ..." gemäß § 2 Nr. 3 der 16. BImSchV von Immissionsgrenzwerten für ein Dorfgebiet von tags 64 dB(A) und nachts 54 dB(A) ausgegangen und hat bei der Zurückweisung der diesbezüglichen Anregungen der Mutter und Voreigentümerin der Antragstellerin zu 3., Frau W., darauf hingewiesen, dass die rechnerischen Immissionsgrenzwerte für das Wohngebäude nicht überschritten werden (Bl. 172, Ordner 2 der Beiakten - BA -). Im Rahmen ihrer durch einen anderen anwaltlichen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 14.01.2000 vorgebrachten Anregungen ging Frau W. wie die Untersuchung der Firma F. GmbH für die Verkehrsbelastung der Verbindungsstraße von L 3019 ins Plangebiet von etwa 3000 Kfz/24 h aus. Sie hatte damit die Verkehrs- und Lärmprognose der Fritz GmbH nicht substantiiert in Frage gestellt, weshalb die Antragsgegnerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses keinen hinreichenden Anlass hatte, zusätzliche Lärmschutzvorkehrungen im Bebauungsplan festzusetzen. Die Anregungen von Frau W. bezogen sich im Wesentlichen auf die begehrte Verlegung der an ihrer Hofstelle vorbeiführenden Verbindungsstraße, worauf im Rahmen der Abwägung noch einzugehen ist.

Soweit die Antragstellerin zu 3. in das vorliegende Normenkontrollverfahren das Schreiben des Ingenieurbüros M., Prof. M. + Partner vom 15.04.2003 (Bl. 158 GA) eingeführt hat, mithin eine erst nach dem Satzungsbeschluss vom 08.06.2000 verfasste Stellungnahme, handelt es sich nicht um ein lärmschutzbezogenes Gegengutachten zur genannten Untersuchung der F. GmbH, sondern mehr um Anmerkungen und kurze Bewertungen. Eine nachträgliche Begründung dafür, die Antragsgegnerin hätte bei der Beschlussfassung über den Bebauungsplan zusätzliche Lärmschutzvorkehrungen zur Einhaltung der Immissionsrichtwerte der 16. BImSchV planerisch festsetzen müssen, ergeben sich daraus nicht. Soweit dort das Verkehrsaufkommen von etwa 3000 Kfz/24 h auf der westlichen Verbindungsstraße zur L 3019 angesprochen wird, heißt es, eine Beurteilung dieser Verkehrsverteilung erfordere die Kenntnis der genauen Verkehrsbeziehungen, die dem Büro nicht vorlägen. Soweit auf die Voruntersuchungen zur städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme "Am Martinszehnten" vom 19.02.1996 und darauf hingewiesen wird, die beiden Haupterschließungsachsen des Plangebiets verbänden die L 3019 im Südwesten mit dem Autobahnanschluss im Nordosten und seien somit geeignet, überörtlichen Verkehr mit der Folge aufzunehmen, dass die Verbindungsstraße zur L 3019 statt 3000 Kfz/24 h erwartbar mit etwa 7000 Kfz/24 h belastet werde, liegt dem offenbar eine ursprünglich anders vorgesehene Straßenführung nach der Übersichtskarte des Rahmenplans des Verkehrskonzepts auf S. 24 des genannten Voruntersuchungsberichts zugrunde, wo die an der Hofstelle der Antragstellerin zu 3. vorbeiführende westliche Verbindungsstraße direkter zum neuen Autobahnanschluss Nieder-Eschbach an der A 661 führt, während dies im streitbefangenen Bebauungsplan Nr. 804 jetzt nicht mehr der Fall ist. Mithin geht die Stellungnahme des Ingenieurbüros M. vom 15.04.2003 von einer anderen Verkehrskonzeption aus als der, die jetzt zugrunde zu legen ist. Damit ist die Stellungnahme des Ingenieurbüros M. in diesem Punkt sowie mit dem Vorhalt, es seien keine regionalen Verkehre in die Überlegungen einbezogen worden, bezogen auf den streitbefangenen Bebauungsplan und seine Festsetzungen nicht mehr einschlägig, sodass dem hier nicht weiter nachzugehen ist. Dasselbe gilt für die Schallimmissionsberechnung für die Anbindung Kalbach mit dem Nacht- und dem LKW-Anteil, da in dem Schreiben des Büros MAP vom 15.04.2003 der Folgeverkehr zur Großmarkthalle einbezogen worden ist, der für den maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 08.06.2000 noch unberücksichtigt bleiben konnte, da mit ihm nach den unwidersprochen gebliebenen Angaben der Antragsgegnerin damals noch nicht zu rechnen war.

Bezogen auf die der Abwägung unterliegende naturschutzrechtliche Kompensation ist das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB verletzt, was, da dies in einem ergänzenden Verfahren gemäß § 215 a Abs. 1 BauGB behoben werden kann, zur Unwirksamkeit, nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans Nr. 804 "Am Martinszehnten" führt. Die übrigen privaten und öffentlichen Belange sind beanstandungsfrei abgewogen worden.

Das Abwägungsgebot verpflichtet den Träger der Bauleitplanung dazu, dass 1. eine Abwägung überhaupt stattfindet, 2. in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, 3. weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch 4. der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - BVerwGE 34, 301). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solches der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.

Diese Grundsätze hat die Antragsgegnerin bezogen auf das "Ob" der Entwicklungsmaßnahme "Am Martinszehnten" bereits durch die rechtskräftige Entscheidung über die zugehörige Satzung über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme beachtet. Anders als der normale Bebauungsplan, der eine Angebotsplanung darstellt, ist die Entwicklungsmaßnahme auf zügige Durchführung angelegt (vgl. dazu BVerwG, B. v. 31.03.1998 - 4 BN 5.98 - NVwZ-RR 1998, 543). Gemäß § 166 Abs. 1 Satz 2 BauGB ist die Gemeinde zur unverzüglichen Aufstellung eines Bebauungsplans und zur Verwirklichung der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme verpflichtet. Dies steuert auch die bauleitplanerische Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB, die insoweit gewissen präjudiziellen Bindungen unterliegt, die hier in Bezug auf die Durchführung der Entwicklungsmaßnahme selbst beachtet sind.

Was die nach der Zulässigkeit des Normenkontrollantrags der Antragstellerin zu 3. im Rahmen der daraus folgenden vollen rechtlichen Überprüfung des Bebauungsplans geltend gemachte Existenzgefährdung der beiden landwirtschaftlichen Betriebe der Antragstellerinnen zu 1. und 3. anbelangt, die von den Antragstellern zu 2. und 4. als Pächter geführt werden, ist den Antragstellern zuzugeben, dass mit der Bebauung des Plangebiets gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplans die vorhandene landwirtschaftliche Nutzung aufgegeben werden muss. Die Begründung zum Bebauungsplan spricht dies unter Nr. 12.3 auch ausdrücklich so an. Im Rahmen der rechtskräftigen Entscheidung über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme hat der Senat mit Urteil vom 31.05.2000 - 3 N 4219/97 - auf den Seiten 23 bis 25 bereits ausgeführt, worauf Bezug genommen wird, dass die landwirtschaftlichen Belange der Antragsteller gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Errichtung gewerblicher Arbeitsstätten zurückgesetzt werden konnten. Dabei ist jedoch eine Existenzgefährdung der Antragsteller nicht ausgemacht. Nach ihren Angaben vor dem Senat im Normenkontrollverfahren über die Entwicklungssatzung 3 N 4219/97 gehört zum landwirtschaftlichen Betrieb der Antragstellerin zu 1. eine weitere Hofstelle in 9 km Entfernung in Eschborn. Die Bewirtschaftung beider Hofstellen erfolge als einheitlicher Betrieb. Bei Wegfall der Hofstelle im streitbefangenen Plangebiet verbliebe noch eine Hofstelle als wirtschaftlicher Kern für den landwirtschaftlichen Betrieb der Antragstellerin zu 1. Die knapp außerhalb des Plangebiets liegende Hofstelle der Antragstellerin zu 3. ist für sich genommen von keiner ins Gewicht fallenden Veränderung betroffen und kann bestehen bleiben. Hier handelt es sich in jedem Falle nur um einen Nebenerwerbsbetrieb, da der Antragsteller zu 4. im Hauptberuf Bäcker ist. Insgesamt ist in den Blick zu nehmen, dass die landwirtschaftlichen Belange betroffener Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer durch Sonderregelungen wie den Sozialplan nach § 180 BauGB aufzufangen versucht werden. Im Rahmen der Folgenbewältigung von Entwicklungsmaßnahmen geht es regelmäßig um die Möglichkeit der Beschaffung von Ersatzland (vgl. § 189 BauGB). Soweit die Antragsteller insoweit rügen, die Antragsgegnerin wolle dabei Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe absichtsvoll ungleich behandeln, kann ein eventuelles Fehlverhalten bei der Folgenbewältigung nicht mit Erfolg gegen die Rechtswirksamkeit des einschlägigen Bebauungsplans ins Feld geführt werden. Dasselbe gilt für den Vorwurf, die Antragsgegnerin habe sich nicht ausreichend um Ersatzland bemüht und es etwa unterlassen, anderweitig Enteignungen durchzuführen, um ausreichendes Ersatzland für das im Plangebiet betroffene Grundeigentum beschaffen zu können.

Soweit es um die Hofstelle der Antragstellerin zu 1. geht, die mit einer öffentlichen Grünfläche - Parkanlage - überplant worden ist, was nicht erforderlich sei und wofür es andere Lösungen gäbe, liegt darin ebenfalls kein Abwägungsfehler. Die Antragsgegnerin hat zur Abschirmung der industriellen und gewerblichen Betriebsflächen nach Südwesten zum Ortsteil Kalbach hin von Nordwesten nach Südosten hin mit einem Versprung, ansonsten durchgängig, eine öffentliche Grünfläche festgesetzt, was unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zu beanstanden ist. Der Grüngürtel dient nicht nur zur Abschirmung der gewerblichen Flächen zum verhältnismäßig dicht besiedelten Ortsteil Kalbach mit dem neuen Baugebiet Kalbach-Nord, sondern zugleich der naturschutzrechtlichen Kompensation für die mit der baulichen Ausnutzung des Plangebiets verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft. Mit dem planerisch festgesetzten durchgängigen Gürtel von Parkanlagen im südwestlichen Plangebiet, den verbindlich vorgesehenen Gehölzanpflanzungen und Baumreihen werden positive Wirkungen funktionell für den Naturhaushalt und die Schutzgüter Erholung und Landschaftsbild erzeugt, was im Rahmen der Anforderungen nach § 1 a Abs. 3 Satz 1 BauGB angemessen und planerisch gerechtfertigt ist. Da im Übrigen das "Ob" der Entwicklungsmaßnahme "Am Martinszehnten" rechtskräftig vorentschieden ist, womit die vorhandene landwirtschaftliche Nutzung im Plangebiet im Ergebnis insgesamt aufgegeben werden muss, bliebe es im Ergebnis für die landwirtschaftliche Hofstelle der Antragstellerin zu 1. gleich, ob dort, wie geschehen, eine öffentliche Grünfläche festgesetzt worden ist oder statt ihrer eine gewerbliche oder industrielle Baufläche vorgesehen worden wäre.

Die Führung der Erschließungsstraße zwischen den beiden Hofstellen der Antragstellerinnen zu 1. und 3. hindurch ins Plangebiet hinein mit dem südwestlichen Anschluss an die Nordumgehung Kalbach der L 3019 und die damit verbundenen Lärmbeeinträchtigungen begründen ebenfalls keinen zur Unwirksamkeit des streitbefangenen Bebauungsplans führenden Abwägungsfehler. Die Antragsgegnerin hat bei der Zurückweisung der Anregungen der Antragstellerin zu 1. und der Voreigentümerin der Antragstellerin zu 3. zutreffend darauf hingewiesen, dass die Erschließungsstraße auch der Erschließung der vorhandenen Hofstellen dient, von denen jedenfalls die außerhalb des Plangebiets befindliche Hofstelle der Antragstellerin zu 3. von der Durchführung der Entwicklungsmaßnahme nicht in ihrem Bestand bedroht ist. Die Breite der Verkehrsfläche, die ebenso wie die Lage bereits in dem mit dem Bebauungsplan deckungsgleichen Plangebiet der städtebaulichen Entwicklungssatzung enthalten war, berücksichtigt neben den Flächen für die Fahrbahn auch Flächen für Fuß- und Radwege, Baumpflanzungen, Böschungen und Straßenentwässerung. Dass dabei der Querschnitt des bisher zur Erschließung dienenden Feldwegs nicht beibehalten kann, ist verständlich und gerechtfertigt, zumal die Straße von der Nordumgehung Kalbach ins Plangebiet hineinführt und dort der Erschließung der Gewerbe- und Industrieflächen dient. Bei alledem hat die Antragsgegnerin im Rahmen der Zurückweisung der auf die Führung der Erschließungsstraße bezogenen Anregungen zutreffend ausgeführt, dass angesichts topographischer Gegebenheiten wegen des Übergangs von der Tieflage im Westen zur Hochlage im Osten ein niveaugleicher Anschluss an die Nordumgehung Kalbach sinnvollerweise nur an der im Bebauungsplan festgesetzten Stelle möglich sei. Für die gewählte Anbindung ist zudem von Bedeutung, dass in Gegenlage ein Straßenanschluss in das neue Baugebiet Kalbach-Nord führt. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin plausibel und nachvollziehbar bei der Zurückweisung der entsprechenden Anregungen ausgeführt, dass eine weiträumige Umgehung der beiden Hofstellen, von der die der Antragstellerin zu 1. ohnehin nicht in ihrem Bestand planungsrechtlich geschützt ist, nicht mit den Grundsätzen einer zügigen und sicheren Verkehrsführung und einer möglichst sparsamen Erschließung vereinbar wäre und eine geringere Leistungsfähigkeit des dann entstehenden Kreuzungspunktes mit der L 3019 einträte. Auf das diesbezügliche Prüfungsergebnis der Antragsgegnerin bei der Zurückweisung der Anregungen der Antragstellerin zu 1. und der Voreigentümerin der Antragstellerin zu 3. (Bl. 143 - 145 und 171 f., Ordner 2 BA) wird Bezug genommen.

Was die geltend gemachte Lärmbeeinträchtigung zu Lasten der auf den beiden Hofstellen befindlichen Wohnhäuser anbelangt, liegt ebenfalls kein Abwägungsfehler vor. In dem Prüfungsergebnis der Antragsgegnerin über die Anregungen der Antragstellerin zu 1. und der Voreigentümerin der Antragstellerin zu 3. ist ausgeführt, dass die Antragsgegnerin Schallschutzrichtwerte gemäß § 2 Nr. 3 der 16. BImSchV für ein Dorfgebiet mit 64 dB (A) am Tag und 54 dB (A) nachts angehalten und angesichts der Abstände der Wohnhäuser von der Erschließungsstraße und rechnerisch aufgrund von Verkehrsprognosen ermittelter Immissionswerte mit tags 63 dB (A) und nachts 52 dB (A) nicht als überschritten ansieht. Dass die nachträgliche verhältnismäßig kurze Stellungnahme des Ingenieurbüros MAP vom 15.04.2003 (Bl. 158 GA) die schallschutztechnischen Ermittlungen und Bewertungen der Firma F. GmbH vom 14.07.1999 nicht in Frage stellen kann, ist bereits ausgeführt worden.

Auch sonst sind zur Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des Bebauungsplans Nr. 804 führende lärmschutzbezogene Abwägungsfehler nicht dargelegt worden und nicht ersichtlich. Auszugehen ist von der erheblichen Lärmvorbelastung der Wohnhäuser auf beiden Hofstellen durch die benachbarten Bundesautobahnen A 5 und A 661 sowie die Nordumgehung Kalbach der L 3019. Allerdings tragen die Antragsteller selbst nicht vor, dass insoweit eine so unzumutbare Lärmbeeinträchtigung als Vorbelastung bereits gegeben ist, dass ihnen daraus aus Anlass der Neuplanung der Erschließungsstraße ein Lärmsanierungsanspruch erwüchse. Mithin müssen sich die Antragsteller zunächst die erhebliche Lärmvorbelastung für die Wohnhäuser auf beiden Hofstellen entgegenhalten lassen. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass der neue Autobahnanschluss "Nieder-Eschbach" nordöstlich an der A 661 den wesentlichen Zu- und Abgangsverkehr zum Plangebiet "Am Martinszehnten" mit seinen Industrie- und Gewerbeflächen aufnehmen soll und aller Voraussicht nach aufnehmen wird. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar und plausibel dargelegt, dass die im Gegensatz zu der noch im Übersichtsplan auf S. 24 des Voruntersuchungsberichts enthaltenen Verkehrskonzeption veränderte Führung der Erschließungsstraße und der Haupterschließungsstraßen im Plangebiet überörtliche und von Kalbach ausgehende bzw. regionale Durchgangsverkehre zum Autobahnanschluss Nieder-Eschbach gerade abwehren will, weil es günstigere Zufahrtsmöglichkeiten über die östlich gelegene Straße "Am Martinszehnten" gibt.

Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang auf eine vorgesehene Planänderung hinweisen, um die Ansiedlung des Frankfurter Frischezentrums, der früheren Großmarkthalle, planerisch zu unterstützen, kann diese Planänderung und die damit verbundene mögliche Intensivierung des Lkw-Verkehrs am Tag und zur Nacht dem streitbefangenen Bebauungsplan nicht entgegengehalten werden, da die Planänderung rechtlich noch nicht wirksam und schon gar nicht in das vorliegende Normenkontrollverfahren einbezogen worden ist oder werden konnte oder musste. Auf der anderen Seite müssen sich die Antragsteller auch nicht die möglicherweise günstigen Auswirkungen des im Bebauungsplangebiet Nr. 840 vorgesehenen Lärmschutzwalls östlich der Autobahn A 5 (vgl. Bl. 160 GA) entgegenhalten lassen, da auch insoweit keine rechtliche Planverbindlichkeit besteht und eine unmittelbare Verknüpfung mit den Festsetzungen des streitbefangenen Bebauungsplans Nr. 804 ebenfalls fehlt, wenn damit auch eine berechtigte Hoffnung auf eine gewisse Verbesserung der Lärmsituation an den Hofstellen verbunden sein mag.

Allerdings machen diese verschiedenen Umstände deutlich, dass die Lärmschutzfragen planerisch und von der tatsächlichen Durchführung der Entwicklungsmaßnahme her noch im Fluss sind. Dies stützt die Annahme, dass eine planerische Gesamtbewältigung der Lärmschutzproblematik im vorhinein sinnvollerweise nicht bis in alle Einzelheiten allein im Rahmen der Bauleitplanung verlangt werden kann. Ein gewisses Maß an Konfliktbewältigung kann mithin den baulichen Genehmigungsverfahren wie auch nachfolgenden möglichen Verkehrsregelungen überantwortet bleiben. Die abschirmende Wirkung der bebauten Flächen kann mindestens im Inneren des Plangebietes eine Verkehrslärmberuhigung herbeiführen, wie dies auf Seite 12 der Schalltechnischen Untersuchung der Fritz GmbH vom 14. Juli 1999 hervorgehoben wird. Vergleichbares gilt für die schalltechnisch günstige Aufstellung von Gebäuden, die in den nachfolgenden Genehmigungsverfahren beeinflusst werden kann.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der streitbefangene Bebauungsplan in seinem Textteil unter Nr. A.1.2 für den Nachtzeitraum von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr morgens flächenbezogene maximale Schallleistungspegel festsetzt und in einem beigefügten Übersichtsplan die Industriegebietsflächen dazu in drei Teile mit unterschiedlichen Pegelfestsetzungen gliedert. Die festgesetzten Schallleistungspegel, die der Vermeidung erhöhter Schallimmissionen in den benachbarten Wohngebieten Kalbachs dienen sollen, indirekt aber auch den Hofstellen der Antragsteller zu Gute kommen, beruhen auf der DIN 18005 Teil 1 "Schallschutz im Städtebau". Soweit die Antragsteller in diesem Zusammenhang rügen, dass sich die Dreiteilung der Industriegebietsflächen in dem zur Festsetzung Nr. A.1.2 beigefügten Übersichtsplan nicht in der Plankarte des Bebauungsplans Nr. 804 selbst wiederfinden, führt dies nicht wegen mangelnder Unbestimmtheit zur Unwirksamkeit der festgesetzten Schallleistungspegel in den verschiedenen Teilen des Industriegebiets. Der entsprechende Übersichtsplan, der sich auch unter Nr. 10.3 der Begründung zum Bebauungsplan und im Maßstab 1:5000 in der Anlage III.4 der Schalltechnischen Untersuchung der Fritz GmbH findet, gilt als zeichnerische Darstellung im Rahmen der Textfestsetzungen aus sich selbst heraus und kann zeichnerisch bei Bedarf ohne besonderen Aufwand in die Plankarte des Bebauungsplans übertragen werden. Dabei ist es hilfreich, dass die Abgrenzung der Teilgliederungen des Industriegebiets in dem genannten Übersichtsplan im Südwesten, im Nordwesten und Nordosten, dort als Abgrenzung der Teilfläche GI 1, erkennbar den in der Plankarte aufgeführten Haupterschließungsstraßen folgt, so dass der Vorwurf der mangelnden Bestimmtheit des Übersichtsplans im Verhältnis zur Plankarte nicht durchgreift.

Was die spezielle Situation der Lärmbeeinträchtigung der Antragstellerin zu 1. anbelangt, ist in den Blick zu nehmen, dass ihr auf der Hofstelle befindliches Wohnhaus bei der gebotenen Durchführung der Entwicklungsmaßnahme ohnehin auf Dauer keinen Bestand haben soll und es daher nur um einen zwischenzeitlichen Lärmschutz gehen kann. In dieser Situation wäre es in sich nicht stimmig, wenn der Bebauungsplan zugleich die bauliche Ausnutzung von Gewerbe- und Industrieflächen und die damit verbundenen Folgeverkehre und Lärmbeeinträchtigungen zulässt und gleichzeitig planerisch einen dauerhaften Lärmschutz für ein im Bestand nicht gesichertes Wohnhaus einer landwirtschaftlichen Hoffläche sichern soll. Mithin besteht allenfalls ein Lärmschutzkonflikt für eine bestimmte Zwischenzeit, die angesichts der auf zügige Durchführung angelegten Entwicklungsmaßnahme absehbar ist. In einer solchen speziellen Sondersituation, die dauerhafte Regelungen durch den Bebauungsplan nicht gebietet, ist neben den im Rahmen der Zulässigkeit der Anträge bereits angesprochenen anderweitigen Lärmschutzansprüche etwa der Gedanke der architektonischen Selbsthilfe in den Blick zu nehmen. Soweit an dem Wohnhaus der Antragstellerin zu 1. noch keine speziellen passiven Schallschutzmaßnahmen ergriffen worden sind, wie dies in der mündlichen Verhandlung dargelegt worden ist, steht es ihr frei, diese selbst durchzuführen und zu versuchen, sie in einem möglichen Enteignungsverfahren wertsteigernd geltend zu machen. Der Senat geht nicht davon aus, dass sich die Antragsgegnerin angesichts der überschaubaren Kosten von Schallschutzfenstern diesbezüglichen baulichen Änderungen an dem Wohnhaus der Antragstellerin zu 1. im Falle einer zwischenzeitlichen Überschreitung der zulässigen Immissionsrichtwerte in den Weg stellen würde. Vergleichbares gilt für das Wohnhaus der Antragstellerin zu 3., wobei dies in seinem Bestand nicht bedroht ist. Angesichts der nicht unerheblichen Lärmvorbelastung durch zwei Autobahnen und eine nah benachbarte Landesstraße als Umgehungsstraße im Ballungsgebiet Rhein-Main liegt es ohnehin nahe, mit technischen Vorkehrungen am eigenen Wohnhaus für einen vernünftigen passiven Schallschutz zu sorgen.

Auch die stadtklimatischen Auswirkungen der Bebauung des Plangebiets Nr. 804 hat die Antragsgegnerin hinreichend abgewogen. Zur Begründung nimmt der Senat Bezug auf das gemeindliche Prüfungsergebnis zu den entsprechenden Anregungen des Umweltamtes der Antragsgegnerin vom 18.01.2000. Die Antragsteller selbst hatten im Planaufstellungsverfahren im Rahmen ihrer Anregungen keine klimatischen Gesichtspunkte vorgebracht und haben im Übrigen das diesbezügliche Prüfungsergebnis der Antragsgegnerin nicht substantiiert in Frage gestellt. Soweit sie jetzt wegen seiner Wirkung als Sperrriegel die klimatischen Auswirkungen des Frischezentrums dem Bebauungsplan entgegenhalten, konnten diese, wie dargelegt, im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch nicht einbezogen werden.

Soweit die Antragsteller die Finanzierbarkeit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme "Am Martinszehnten" in Frage stellen, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 31.05.2000 im Normenkontrollverfahren über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme auf den S. 19 ff. ausgeführt, dass die vorgelegte Kosten- und Finanzierungsübersicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Es ist nichts hinreichend dafür ersichtlich, dass nach Lage der Dinge eine Rentabilität der Nutzung auf Dauer nicht erwartet werden kann oder die festgesetzte Nutzung auf Dauer an ihrer unzureichenden Wirtschaftlichkeit scheitern muss. Eine gesicherte Prognose der Wirtschaftlichkeit wird nicht verlangt (vgl. Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Kommentar, Stand: Januar 2003, § 1 Rdnr. 214 m.w.N.). Daran ändern auch nichts die von den Antragstellern vorgelegten mehrfachen Stellungnahmen des Sachverständigen Brett, der den entwicklungsunbeeinflussten Anfangswert der Grundstücke von damals 45,00 DM/qm um das Dreifache für zu niedrig hält, weil er nicht vom landwirtschaftlichen Verkehrswert, sondern von Bauerwartungsland ausgeht. Bei alledem ist es nicht die Aufgabe des Senats, diesen Stellungnahmen, die anderweitig etwa in einem möglichen Enteignungsverfahren rechtlich hinreichend gewürdigt werden mögen, im Rahmen des vorliegenden Normenkontrollverfahrens weiter nachzugehen. Die Antragsgegnerin hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage der Wirtschaftlichkeit sich für sie selbst nur auf die öffentlichen Erschließungsflächen und die für die sonstige öffentliche Daseinsvorsorge benötigten Grundstücke beziehen kann. Die von den Antragstellern in diesem Zusammenhang angegebene Differenz zu früheren finanziellen Erwartungen und Berechnungen der Antragsgegnerin von etwa 13 Mio. Euro erscheint, selbst wenn davon auszugehen wäre, insgesamt nicht als so hoch, dass die Durchführung der Entwicklungsmaßnahme "Am Martinszehnten" auf Dauer realistischerweise nicht mehr erwartet werden könnte.

In Bezug auf die Belange von Natur und Landschaft und die nach § 1 a Abs. 3 BauGB geforderte naturschutzrechtliche Kompensation für die planerisch zugelassenen Eingriffe liegt ein Abwägungsfehler vor.

Dies gilt allerdings nicht, soweit sich innerhalb des Geltungsbereich des Bebauungsplans Streuobstwiesen und Feldgehölze befinden, deren spezieller Biotopschutz gemäß § 23 HENatG in der Fassung vom 16.04.1996 (GVBl. I S. 145) i.V.m. der "Verordnung über bestimmte Lebensräume und Landschaftsbestandteile" vom 15.12.1997 (GVBl. I S. 473) im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 08.06.2000 zu beachten war. Insoweit hatte das Regierungspräsidium Darmstadt mit Schreiben vom 20.01.2000 mit Ausnahme des zur Erhaltung vorgesehenen Streuobstbereichs auf dem Grundstück in der Gemarkung Kalbach, Flur 6, Flurstück 76 eine naturschutzrechtliche Befreiung in Aussicht gestellt. Mithin kann dem streitbefangenen Bebauungsplan auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, er sei insoweit mit seinen zugelassenen baulichen Eingriffen nicht auf Verwirklichung angelegt, wie auch die Trennung der Kompensation für Eingriffe in Sonderbiotope sowie die für sonstige Natureingriffe im Plangebiet nicht zu beanstanden ist. Dabei sei für die Kompensation der geplanten Eingriffe in Streuobstflächen und Feldgehölze gleichwohl zur Vermeidung künftiger Rechtsstreitigkeiten darauf hingewiesen, dass die Begründung des Bebauungsplans und das zuletzt erfolgte prozessuale Vorbringen der Antragsgegnerin nicht übereinstimmen. Unter Nr. 11.3 der Begründung zum Bebauungsplan geht die Antragsgegnerin für die Eingriffe in Streuobstwiesen und Feldgehölze als Sonderbiotope nach § 23 HENatG 1996 von einer Vollkompensation aus. Nach dem Schreiben des Umweltamtes der Antragsgegnerin als untere Naturschutzbehörde vom 08.11.1999 stünden in der Gemarkung Sossenheim 4.000 qm Fläche in städtischem Eigentum für die Neuanlage einer Streuobstwiese zur Verfügung und der übrige erforderliche Ausgleich von etwa 3,5 ha könne auf städtischen Flächen in der Gemarkung Berkersheim erbracht werden. Von einer Umwandlung vorgesehener Ackerflächen am Ortsrand von Berkersheim spricht auch das städtische Prüfungsergebnis zu den Anregungen des Umweltamts in dessen Schreiben vom 18.01.2000. Von einer Verkleinerung der vorgesehenen Berkersheimer Kompensationsflächen ist dort nicht die Rede, jedoch im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 05.06.2003 (Bl. 188, 197 f. GA). Dort wird für die Kompensation der Sonderbiotopeingriffe nur noch von 2 ha aus dem Grundstückskomplex in Berkersheim von insgesamt 3,5 ha gesprochen, 1,5 ha seien anderweitig für die untere Naturschutzbehörde reserviert. Diese Unstimmigkeiten zeigen, dass im Zeitpunkt der Inaussichtstellung der naturschutzrechtlichen Befreiung bzw. des Satzungsbeschlusses eine konkrete Zuordnung von Kompensationsflächen für Sonderbiotopeingriffe nicht erfolgt ist bzw., soweit auf S. 14 der Begründung des Bebauungsplans in der Gemarkung Sossenheim, Flur 42, die Flurstücke 1 bis 5 mit 4.000 qm Fläche konkret benannt worden sind, nachträglich offenbar verlassen werden soll. Allerdings führt die fehlende planungsrechtliche Zuordnung der im Rahmen einer zusätzlich erforderlichen naturschutzrechtlichen Befreiung gebotenen Kompensation für Sonderbiotopeingriffe, die im Befreiungsverfahren selbstständig zu bilanzieren und zu bewerten ist, für sich genommen nicht zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des streitbefangenen Bebauungsplans wegen eines Verstoßes gegen die planungsrechtliche, der Abwägung unterliegende Kompensationspflicht nach § 1 a Abs. 3 BauGB, da es sich um zwei verschiedene Kompensationspflichten handelt, deren eine (bei der Befreiung) noch nicht aktuell erfüllt sein muss. Gleichwohl zeigt sich schon hier ein Muster an Unübersichtlichkeit und Unstimmigkeit mit einem unklaren Hin und Her bei der vorgesehenen Kompensation, das im Rahmen der bauleitplanerischen, abwägungsgestützten Kompensation nach § 1 a Abs. 3 BauGB für die sonstigen Natureingriffe im Plangebiet zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führt.

Die Unwirksamkeit folgt daraus, dass für den Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses neben sonstigen genügend konkretisierten Ausgleichsmaßnahmen innerhalb des Plangebiets unklar ist, ob und welche 10 ha, 25 ha oder gar 34 ha Kompensationsflächen als dafür bereitgestellt und bestimmt anzusehen sind.

Die Antragsgegnerin hat von den vom Gesetz als gleichwertig angesehenen Varianten der Kompensation nach § 1 a Abs. 3 BauGB (Festsetzungen, auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs, vertragliche Vereinbarungen und sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen) die sonstigen geeigneten Maßnahmen gewählt. Eine "sonstige geeignete Maßnahme" im Sinne des § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB als naturschutzrechtliche Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahme (vgl. § 200 a BauGB) macht ein Mindestmaß an rechtlicher Bindung unabdingbar. Aus den erkennbaren Umständen muss sich ergeben, dass der Ausgleich sichergestellt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.11.2002 - 4 BN 52.02 - NuR 2003, 290). Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die planende Gemeinde Eigentümerin der dafür vorgesehenen Grundstücksflächen ist, was hier der Fall ist, und im Planaufstellungsverfahren mindestens die Maßnahmen näher beschrieben und sich zu ihrer Durchführung verpflichtet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 - 4 CN/02 - DVBl. 2003, 204 = UPR 2003, 148 = BauR 2003, 209). Auch wenn der Antragsgegnerin die zitierte neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den "sonstigen geeigneten Maßnahmen" nicht bekannt sein konnte, ist die Abwägung zum Naturausgleich in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden, soweit er außerhalb des Plangebiets vorgesehen ist.

Es fehlt insoweit schon an einer konkreten Bestimmung der bereitgestellten Flächen und vorgesehenen Maßnahmen im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses. Dazu sprechen die Textfestsetzungen zum Bebauungsplan Nr. 804 unter Nr. 8.2 nur allgemein von der Umwandlung von 10 ha Acker in Streuobstwiesen, Mähwiesen und Baumhecken auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans. In der in der Begründung des Bebauungsplans unter Nr. 12.2 enthaltenen Eingriffs- und Ausgleichsbilanz ist auf S. 16 davon die Rede, es sollten auf von der Gemeinde bereitgestellten Grundstücken außerhalb des Geltungsbereichs es Bebauungsplans Ausgleichsflächen und -maßnahmen festgesetzt und zugeordnet werden. Weiter heißt es, im Bereich westlich der Nordweststadt werde in den Gemarkungen Niederursel und Praunheim die Umwandlung von Acker in Streuobst, die Umwandlung von Acker in Feldgehölze sowie das Anpflanzen von Baumreihen und die Anlage von extensiven Wiesenflächen auf insgesamt 10 ha zugeordnet, die sich im Eigentum der Stadt befänden. Auf S. 17 der Begründung zum Bebauungsplan heißt es weiter, mit der unteren Naturschutzbehörde sei am 23.11.1999 vereinbart worden, auf das Bilanzieren der Ausgleichsflächen nach dem ansonsten angehaltenen sogenannten "Frankfurter Modell" zu verzichten, da davon auszugehen sei, dass die geplanten Ausgleichsmaßnahmen in ihrer Gesamtheit zu einer durchschnittlichen Leistungssteigerung in Höhe von 25 Wertpunkten/qm, insgesamt 2.500.000 Wertpunkten, gegenüber dem Bestand führen werden. Welche konkreten Flächen bereitgestellt und welche geeigneten Maßnahmen geplant waren, ergibt sich auch nicht aus dem zu den Planaufstellungsunterlagen gehörenden ökologischen Gutachten (Stand: 02/2000). Soweit dort auf S. 35 sogar bestimmte Parzellen für die Umwandlung von 10,2 ha Acker in Streuobstwiesen, Mähwiesen und Baumhecken außerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans als "Zuordnung" aufgeführt sind, handelt es sich um Flächen in der Flur 6 der Gemarkung Kalbach im nordwestlichen Anschluss an das Plangebiet Nr. 804 bis zur Autobahn A 5, wo das ökologische Gutachten Ausgleichsmaßnahmen vorgeschlagen hatte, die im Satzungsbeschluss aber nicht aufgegriffen worden sind. Immerhin war hier die konkrete Zuordnung bestimmter Flächen für Ausgleichsmaßnahmen als zu regelndes Moment richtig erkannt und abgearbeitet worden, was später für die gewählte Alternative unterblieben ist.

So reicht auch die von den Landschaftsarchitekten und Ingenieuren Biermann + Partner erstellte "Flächenzuordnung" für das "Projekt Ausgleichsflächen in Frankfurt a. M. - Praunheim" vom 05.12.2001 (Bl. 100 GA) für eine rechtlich einwandfreie Flächenbereitstellung im Sinne des § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht aus. Zum einen ist ihr entgegenzuhalten, dass sie nicht bereits im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vom 08.06.2000 vorlag, sondern erst später angefertigt wurde. Sie befindet sich auch nicht bei den Planaufstellungsunterlagen in den beiden zum Verfahren beigezogenen Ordnern. Außerdem ist die mit Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 04.03.2003 (Bl. 91 ff. GA) zusammen mit drei Auszügen aus dem Grundstücksnachweis für Grundstücke in der Gemarkung Praunheim und einer Übersichtskarte über die südlich des Plangebiets "Am Martinszehnten" im Osten der Autobahn A 5 gelegenen Ausgleichsflächen vorgelegte "Flächenzuordnung" vom 05.12.2001 in sich selbst unklar und widersprüchlich. Die Unklarheiten sind nicht aus sich heraus auflösbar und konnten auch in der mündlichen Verhandlung nicht befriedigend geklärt werden. Die Widersprüchlichkeit besteht darin, dass nach den textlichen Erklärungen zur Plankarte der "Flächenzuordnung" vom 05.12.2001 an Ausgleichsflächen für das Gebiet "Am Martinszehnten" eine Nettogesamtfläche von 10 ha, bestehend aus 51.640 qm, 35.515 qm und 10.992 qm zugeordnet worden ist. Darüber hinaus befindet sich auf demselben Dokument oben ein Schaubild mit einer Auflistung der Ausgleichsflächen mit dem dreimaligen handschriftlichen Zusatz "M", womit nach den Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung das Gebiet "Am Martinszehnten" gemeint ist. Addiert man die dort für die Flurstücke 5/6, 4/16 und 4/2 (teilweise) vorgesehenen Flächen von 90.949 qm, 71.543 qm und 91.339 qm, ergibt sich eine vorgesehene Gesamtausgleichsfläche in der Flur 19 der Gemarkung Praunheim von 25,3831 ha, die deutlich über den in den Textfestsetzungen des Bebauungsplans Nr. 804 festgesetzten und den in den Textbeschreibungen zur Plankarte der "Flächenzuordnung" gekennzeichneten 10 ha liegt. Nach den Angaben der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 09.06.2003 (Bl. 188 ff., 197 GA) und ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung sollten als Ausgleichsflächen für den streitbefangenen Bebauungsplan diese 25,38 ha zugeordnet werden, die auch das Liegenschaftsamt der Stadt vorbeugend für den Ausgleich von Eingriffen im Plangebiet "Am Martinszehnten" reserviert hatte. Diese Zuordnung ist misslungen. Wie es zu der Diskrepanz von vorgesehenen 25, 38 ha Ausgleichsfläche und den in den Textfestsetzungen des Bebauungsplans unter Nr. 8.2 aufgeführten 10 ha gekommen ist, konnte in der Verhandlung nicht hinreichend aufgeklärt werden.

Hinzu kommen weitere Gesichtspunkte, die den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis als fehlerhaft erweisen. So heißt es auf S. 16 der Begründung zum Bebauungsplan, es würden außer in der Gemarkung Praunheim auch in der Gemarkung Niederursel Ausgleichsmaßnahmen für den Bebauungsplan Nr. 804 zugeordnet. Ausgleichsflächen in der Gemarkung Niederursel, von denen auch das städtische Prüfungsergebnis über die Anregungen des Umweltamts vom 18.01.2000 unter der Überschrift "Restdefizit und externer Ausgleich" spricht, sind aber weder kartographisch konkretisiert noch überhaupt in den übrigen Planaufstellungsunterlagen oder in der nachträglichen Zuordnung vom 05.12.2001 genannt. Mithin fehlt es auch für Ausgleichsflächen in der Gemarkung Niederursel an einer rechtzeitigen und bestimmten Flächenbereitstellung für den Ausgleich.

Darüber hinaus ist folgendes von Bedeutung. In dem genannten Teil des Prüfungsergebnisses ist auf den Vorhalt zu geringer Kompensation die Rede davon, dass sämtliche Möglichkeiten des Ausgleichs ausgeschöpft seien. Im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplans hätten die zuständigen städtischen Fachbehörden und Ämter keine weiteren Ausgleichsflächen mit unmittelbarer Flächenverfügbarkeit und der fehlenden Notwendigkeit gesonderter planungs- und naturschutzrechtlicher Umsetzungsverfahren genannt. Das Restdefizit ließe sich daher nicht weiter reduzieren. Hier hat der Bebauungsplan, der nach dem Wortlaut seiner Textfestsetzungen nur 10 ha Ausgleichsfläche als geeignet und bereitgestellt nennt, den zur Unwirksamkeit führenden Abwägungsfehler gegen sich, die vom Liegenschaftsamt für den Ausgleich des Plangebiets Nr. 804 vorgehaltenen und in städtischem Eigentum befindlichen 25, 38 ha nicht in die Abwägung eingestellt zu haben.

Wer insgesamt bei der Gesamtfläche eines Plangebiets für Gewerbe- und Industrieflächen von 86,86 ha mit Baumpflanzungen, Fassadenbegrünungen und dem Sammeln von Niederschlagswasser sowie lediglich 10 ha Ausgleichsfläche für Streuobstwiesen und Feldgehölze bei über 7,5 Mio. Wertpunkten Restdefizit und nur unbilanziert pauschalisierten Kompensationspunkten von 2,5 Mio. nach dem sogenannten "Frankfurter Modell" in einer Größenordnung von gerade etwa 25 % eher dürftig zur gebotenen Kompensation beiträgt, muss insgesamt bei der Begründung des Plans und der Bereitstellung der Flächen besonders sorgfältig vorgehen, ohne dass ihm im Ergebnis etwa 15 ha Ausgleichsfläche abhanden kommen.

Zusätzlich sei darauf hingewiesen, dass die rechtliche Befestigung der bereitgestellten Kompensationsflächen in der Gemarkung Praunheim durch am 07.03.2003 eingetragene Baulasten (Bl. 203 ff. GA) die vielleicht nur teilweise gewollte Einbeziehung des Flurstücks 4/2 in der Flur 19 der Gemarkung Praunheim nicht wiedergibt. Insgesamt werden so "nur für Ausgleichsmaßnahmen von Natur und Landschaft für den Bebauungsplan Nr. 804 - Am Martinszehnten - vom 29.08.2000" insgesamt aus der Addition von 17822 qm, 71543 qm und 90949 qm sogar 34,0714 ha nachträglich durch Baulast als Kompensationsfläche bereitgestellt und gesichert. Nach den Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung habe man sich ersparen wollen, das Flurstück 4/2, von dem an sich nur 91339 qm für den Ausgleich "Am Martinszehnten" vorgesehen seien, noch extra und mit Kosten verbunden rechtlich ordnungsgemäß zu teilen, zumal die Fläche ohnehin in städtischem Eigentum stehe. Dass dem streitbefangenen Bebauungsplan Nr. 804 durch die nach dem Satzungsbeschluss eingetragenen Baulasten jetzt auch nicht etwa sogar schon 34,0714 ha Ausgleichsfläche als bereitgestellt zugeordnet sind, bedarf keiner weiteren Ausführungen.

Andere Gesichtspunkte fallen demgegenüber nicht mehr entscheidend ins Gewicht. So ist nicht hinreichend und plausibel begründet worden, warum die vom ökologischen Gutachten vorgesehene Kompensation in der Gemarkung Kalbach zwischen dem nordwestlichen Rand des Plangebiets Nr. 804 und der Autobahn A 5 vom streitbefangenen Bebauungsplan nicht übernommen worden ist. Soweit die fehlende Flächenverfügbarkeit genannt worden ist, passt dazu nicht, dass der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan Nr. 840 für einen Lärmschutzwall östlich der Autobahn A 5 (Bl. 160 GA) umfangreiche Flächenstücke der ursprünglich vorgesehenen Kompensationsfläche jetzt für einen Lärmschutzwall in Anspruch nehmen will und die Antragsgegnerin dort teilweisen Grunderwerb getätigt haben soll.

Der Ausspruch der Unwirksamkeit und nicht der Nichtigkeit des Bebauungsplans Nr. 804 beruht auf § 215 a Abs. 1 BauGB, da die dargelegten Mängel beim Ausgleich in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. §100 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO entsprechend.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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