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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 28.11.2005
Aktenzeichen: 3 TG 2774/05
Rechtsgebiete: BauNVO, Bauordnung Hessen


Vorschriften:

BauNVO § 15
Bauordnung Hessen § 57
Bauordnung Hessen § 6
Bauordnung Hessen § 63
Bauordnung Hessen § 64
Die Einhaltung des gemäß § 6 HBO dem Bauordnungsrecht zugeordneten Abstandsflächenrechts ist nach den Regelungen der §§ 57, 63 und 64 HBO ohne Stellung eines entsprechenden Abweichungsantrags nicht Prüfprogramm einer Baugenehmigung, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilt wird.

Eine Baugenehmigung kann nicht aus Gründen, die nicht zu ihrem Prüfgegenstand gehören, rechtswidrig sein (anderer Auffassung Hess. VGH, Beschluss vom 17. September 2004 - 4 TG 2610/04 -).

Macht der Nachbar geltend, dass nachbarschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften - die im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht geprüft werden - verletzt werden, so kommt eine Rechtsverletzung nur durch das Vorhaben selbst, nicht jedoch durch die - bauordnungsrechtliche Fragen ausklammernde - Genehmigung in Betracht (so auch BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 1997 - 4 B 244/96 - in juris).

Rechtsschutz kann nur mit einem Antrag auf Verpflichtung zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegen das Vorhaben selbst begehrt werden, der im Eilverfahren gemäß § 123 VwGO durchzusetzen ist.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 TG 2774/05

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts (Nachbareilantrag gegen Wohnhaus und Grenzgarage)

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Lehmann

am 28. November 2005 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 13. Oktober 2005 - 4 G 2991/05 (3) - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (vgl. § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO), wie sich aus den nachfolgenden Gründen ergibt.

Die Beschwerde des Antragstellers bleibt ohne Erfolg.

Nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemäß den §§ 80, 80 a VwGO gebotenen summarischen Prüfung verletzt die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung Nachbarrechte des Antragstellers nicht. Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht den sinngemäß gestellten Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Widersprüche gegen die Baugenehmigung vom 15. April 2005 - Az. 612-131-VA-2185-04-19 - in der Fassung der Nachtragsbaugenehmigung vom 23. August 2005 - Az. 612-131-VG-1597-05-19 - abgelehnt. Die von dem Antragsteller vorgelegte Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Entscheidung in der Sache (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).

Soweit der Antragsteller in der Beschwerdebegründung vorträgt, die angefochtene Baugenehmigung sei bereits deshalb offensichtlich rechtswidrig, weil durch die Nachtragsbaugenehmigung das Bauvorhaben der Beigeladenen um 18 cm näher an seine Grundstücksgrenze heranrücke und dadurch der einzuhaltende Grenzabstand verletzt werde, kann dem nicht gefolgt werden. Die Antragsgegnerin hat bereits in der Antragserwiderung vom 13. September 2005 zutreffend darauf hingewiesen, dass das Bauvorhaben im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 57 Hessische Bauordnung vom 18. Juni 2002 - HBO - genehmigt worden ist, in dem bauordnungsrechtliche Vorschriften nicht geprüft werden, die daher auch von der Feststellungswirkung der Baugenehmigung nicht erfasst sind.

Gemäß § 57 Abs. 1 HBO prüft die Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Genehmigungsverfahren nur die Zulässigkeit

1. nach den Vorschriften des Baugesetzbuches und aufgrund des Baugesetzbuches,

2. von Abweichungen nach § 63,

3. nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach diesen Vorschriften entfällt oder ersetzt wird,

wobei gemäß § 63 Abs. 2 HBO über Abweichungen nur auf schriftlich zu begründenden Antrag von Seiten der Bauaufsichtsbehörde zu entscheiden ist.

Gemäß § 64 Abs. 1 HBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind.

Dies bedeutet, dass, soweit die Genehmigungsvoraussetzungen des - reduzierten - Prüfprogramms des § 57 Abs. 1 HBO erfüllt sind, und von dem Bauantragsteller keine weitergehenden Abweichungsanträge gestellt worden sind - die den Weg zu einer Prüfung des Bauordnungsrecht eröffnen könnten - die Bauaufsichtsbehörde verpflichtet ist, eine entsprechende Baugenehmigung zu erteilen.

Die Einhaltung des gemäß § 6 HBO dem Bauordnungsrecht zugeordneten Abstandsflächenrechts ist daher nach dem eindeutigen Wortlaut der §§ 57, 63, 64 HBO ohne Stellung eines Abweichungsantrags nicht Prüfprogramm einer Baugenehmigung, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilt wird. Der gegenteiligen Auffassung des 4. Senats in den nicht tragenden Gründen des Beschlusses vom 17. September 2004 (4 TG 2610/04 - NVwZ-RR 2005, S. 228 ff.) folgt der Senat nicht. Der 4. Senat führt insoweit unter Verweis auf Allgeier/von Lutzau, HBO, Kommentar, 7. Aufl. 2003, Seite 430 aus, dass, soweit sich aus den Bauvorlagen eine Abweichung von der bauordnungsrechtlich gebotenen Abstandsfläche ergebe und die Genehmigung einer solchen Abweichung nicht beantragt sei, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung materiell rechtwidrig sei. Dieser Auffassung kann bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil eine Genehmigung nicht aus Gründen, die nicht zu ihrem Prüfgegenstand gehören, rechtswidrig werden kann. Eine nicht beantragte Abweichung gemäß § 63 HBO ist jedoch nicht Gegenstand einer Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren gemäß § 57 HBO, wobei der Bauaufsichtsbehörde nicht die Aufgabe zukommen kann, die eingereichten Bauunterlagen daraufhin zu begutachten, ob ggfs. eine Abweichung erforderlich wäre oder nicht. Dies würde nämlich zu dem von dem Gesetzgeber gerade nicht bezweckten Ergebnis führen, dass auch im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren von der Bauaufsicht komplett das Bauordnungsrecht überprüft werden müsste, um festzustellen, ob Abweichungen beantragt werden müssen. Dies wollte der Gesetzgeber jedoch durch die HBO-Novelle gerade ausschließen.

Dieses Ergebnis wird auch durch § 64 Abs. 1 HBO bestärkt, der regelt, dass die Baugenehmigung zu erteilen ist, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sind. Umgekehrt bedeutet dies, dass diejenigen Fragen, die nicht Gegenstand des Prüfprogramms sind, nicht zur Ablehnung einer Baugenehmigung führen können und mithin auch nicht zur Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung .

So hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 16. Januar 1997 ( 4 B 244/96 - NVwZ 1998, 58 = BRS 59 Nr. 189) ausgeführt, dass auf Bauordnungsrecht beruhende Nachbarrechte durch eine im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach Landesrecht (dort § 65 Abs. 2 LBauORhPf) erteilte Baugenehmigungen nicht verletzt werden können, weil in ihr über bauordnungsrechtliche Fragen nicht entschieden werde. Wenn der Nachbar geltend mache, dass nachbarschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften verletzt würden, so komme nur eine Rechtsverletzung durch das Vorhaben selbst, nicht eine Verletzung durch die (bauordnungsrechtliche Fragen ausklammernde) Genehmigung in Betracht.

Bei alledem ist die angeführte Kommentierung von Allgeier/von Lutzau in sich widersprüchlich. So führen Allgeier/von Lutzau zunächst auf den Seiten 428, 429 aus, dass die von der Bauaufsicht zu treffende Entscheidung über Abweichungen eine Pflicht zur inhaltlichen Überprüfung des Bauantrages, ob Abweichungen erforderlich seien, nicht einschließe. Die gesetzlich gewollte Einschränkung der präventiven hoheitlichen Prüfung bleibe wirkungslos, wenn die Bauaufsichtsbehörde das Bauvorhaben hinsichtlich seiner materiellen bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit auf die Notwendigkeit etwa erforderlicher Abweichungen überprüfen müsse. Die Beschränkung des bauaufsichtlichen Prüfprogramms sei unabhängig davon, ob die davon nicht erfasste Vorschrift nachbarschützende Wirkung entfalte (soweit davon nicht abgewichen werde). Die Anfechtung der Baugenehmigung könne somit nicht auf eine im bauaufsichtlichen Prüfprogramm nicht enthaltene Norm gestützt werden. Sodann führen Allgeier/von Lutzau jedoch weiter auf Seite 430 aus, dass, soweit der Entwurfsverfasser die Notwendigkeit einer Abweichung, Ausnahme oder Befreiung übersehe und die Bauaufsicht diesen Mangel noch im Genehmigungsverfahren erkenne (aufgrund eigener Prüfung oder im bauaufsichtlich nicht zu prüfenden Bereich, z. B. bei Offensichtlichkeit, Hinweis durch die Nachbarschaft) sei der fehlende Antrag als notwendige Bauvorlage nachzufordern. Sei die Baugenehmigung erteilt oder die Fiktion der Baugenehmigung eingetreten, ohne dass eine erforderliche Abweichung, Ausnahme oder Befreiung beantragt worden sei und ohne dass die Bauaufsichtsbehörde diesen Mangel erkannt habe, sei die Baugenehmigung materiell rechtswidrig (vgl. insgesamt Allgeier/von Lutzau, a. a. O., S. 428 ff.).

Diese Argumentation leidet daran, dass sie zum einen aus dem Regelungsgefüge der HBO ableitet, dass bauordnungsrechtliche Fragen nicht zum Prüfprogramm einer Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren gehören und es auch nicht Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde sein könne, nach gegebenenfalls erforderlichen Abweichungen den Bauantrag zu durchforschen, gleichwohl jedoch zu dem Ergebnis kommt, eine Baugenehmigung könne aufgrund von nicht zu ihrem Prüfprogramm gehörenden Sachverhalten rechtswidrig sein . Eine Genehmigung kann jedoch nicht aus Gründen, die nicht zu ihrem Prüfungsgegenstand gehören und zu denen sie sich weder legalisierend noch feststellend, noch im Sinne eines Prüfauftrags verhält, rechtswidrig sein, allenfalls stehen anderweitig zu prüfende Rechte und einzuholende Genehmigungen der Ausführbarkeit dieser Genehmigung entgegen.

Der Senat geht mit dem BVerwG in der bereits zitierten Entscheidung davon aus, dass, soweit der Antragsteller geltend macht, nachbarschützende bauordnungsrechtliche Vorschriften seien verletzt , eine Rechtsverletzung nur durch das Vorhaben selbst, nicht jedoch durch die (bauordnungsrechtliche Fragen ausklammernde) Genehmigung in Betracht kommt. Eine Anfechtung der Baugenehmigung geht insoweit ins Leere; Rechtsschutz kann nur mit einem Antrag auf Verpflichtung zum bauaufsichtlichen Einschreiten gegen das Vorhaben selbst begehrt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 1997 - Az.: 4 B 244/96 - NVwZ 1998, S. 58), der im Eilverfahren gemäß § 123 VwGO durchzusetzen ist.

Die von dem Antragsteller aufgrund der Nachtragsbaugenehmigung angegriffene neue Gebäudestellung des Bauvorhabens der Beigeladenen entspricht den Vorgaben des Bebauungsplans und ist daher bauplanungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Soweit der Antragsteller in der Beschwerdebegründung geltend macht, das Kellergeschoss stehe bis zu einem Meter hoch aus dem natürlichen Gelände heraus, was gegen den Bebauungsplan verstoße, hat er bereits nicht dargelegt, woraus er einen derartigen Verstoß ableitet. Der Bebauungsplan enthält Festsetzungen zur zulässigen Firsthöhe (10,50 m), zur Frage der Ausgestaltung von Kellergeschossen verhält er sich jedoch nicht.

Soweit der Antragsteller in der Beschwerdebegründung darauf hinweist, er habe weder eine Zustimmung hinsichtlich der Überschreitung der Grenzabstände noch der Bebauung seiner Grundstücksgrenze mit einer Doppelgarage erteilt, verweist er wiederum auf bauordnungsrechtliche Vorschriften, die, wie bereits ausgeführt, hier nicht zu prüfen sind.

Auch soweit der Kläger meint, die angegriffenen Baugenehmigungen seien offensichtlich unter Verletzung von § 15 BauNVO erteilt worden, da auch hierdurch die Einhaltung der Abstandsflächen und des Schutzes der Nachbarn vor dem Entzug von Licht, Luft und Sonne sowie der Störung der Wohnruhe gewährleistet werden sollten, rechtfertigt auch dies keine andere Entscheidung in der Sache.

Gemäß § 15 Abs. 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solche Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

§ 15 Abs. 1 BauNVO erweist sich, bezogen auf den Fall der Anwendung von Bebauungsplänen, als besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots. Die Lage oder der Umfang einer baulichen oder sonstigen Anlage, besonders aber die von ihr ausgehenden Störungen können sich auf das nachbarliche Verhältnis der Planbetroffenen auswirken; deshalb ist nach dieser Vorschrift insoweit Rücksicht auf nachbarliche Belange zu nehmen (vgl. König/Roeser/Stock, BauNVO, Kommentar, 2. Auflage 2003, § 15 Rdnr. 9 m.w.N.). Belästigungen oder Störungen, die von baulichen oder sonstigen Anlagen ausgehen können bzw. denen sie ausgesetzt werden, führen dann zur Unzulässigkeit, wenn sie "unzumutbar" sind. In dem unbestimmten Rechtsbegriff der Unzumutbarkeit ist das Gebot der Rücksichtnahme verankert. Konflikte zwischen einander abträglichen Nutzungen sollen möglichst vermieden werden, jedes einzelne Vorhaben ist deshalb so anzusiedeln, dass es die benachbarte Bebauung nicht unzumutbar beeinträchtigt. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. König/Roeser/Stock, BauNVO, a.a.O., § 15 Rdnr. 28 m.w.N.).

Nach Auffassung des Antragstellers hätte die Abstandsfläche 3,50 m zu betragen, ausweislich der Nachtragsbaugenehmigung vom 23. August 2005 ist dort eine Abstandsfläche von 3,1875 m eingezeichnet, wobei es auf die von dem Antragsteller vorgelegte Vermessung der Grenzabstände, nach der tatsächlich ein Abstand von 3,17 m eingehalten wird, bei der Anfechtung der Baugenehmigung nicht ankommt.

Abgesehen davon, dass im vereinfachten Genehmigungsverfahren und dem sich daran anschließenden einstweiligen Rechtsschutzverfahren das bauordnungsrechtliche Abstandsflächenrecht nicht geprüft wird, stellt sich die behauptete Unterschreitung der Abstandsfläche um 0,3125 m nicht als unzumutbar im Sinne des § 15 Abs. 1 BauNVO dar, insbesondere wird von dem Antragsteller nicht substantiiert dargelegt, aus welchen Gründen ihm durch das in einem Abstand von 3,1875 m von seiner Grundstücksgrenze und 6,1875 m von seinem Haus entfernte genehmigte Vorhaben der Beigeladenen in unzumutbarer Weise Licht und Sonneneinfall insbesondere auf seiner Terrasse genommen wird.

Auch der Vortrag des Antragstellers, die tatsächliche Firsthöhe des Bauvorhabens der Beigeladenen überschreite die genehmigte Firsthöhe um mindestens 0,3 m, rechtfertigt keine andere Entscheidung in der Sache. Hierbei ist wiederum klarzustellen, dass in dem Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung allein Prüfgegenstand die angefochtene Baugenehmigung mit der dort festgesetzten Firsthöhe sein kann. Dabei entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass die Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung durch Bebauungspläne - anders als die Festsetzung von Baugebieten - kraft Bundesrechts grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion haben. Ob Festsetzungen eines Bebauungsplans über das Maß der baulichen Nutzung und über die bebaubaren Grundstücksflächen drittschützend sind, hängt vom Willen der Gemeinde als Planungsträger ab (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Kommentar, Bd. 5, § 16 BauNVO Rdnr. 49 m.w.N.). Ausweislich des dem Senat vorliegenden Bebauungsplans sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Festsetzung der Firsthöhe im Bebauungsplan "Cratzenbacher Berg" nachbarschützende Wirkung zukommen sollte, dies wird von dem Antragsteller zwar behauptet, jedoch argumentativ nicht belegt.

Zudem beträgt die Firsthöhe ausweislich der Nachtragsbaugenehmigung vom 23. August 2005, gemessen vom niedrigsten am Gebäude anstehenden natürlichen Geländeniveau, 10,50 m, sodass die Festsetzungen des Bebauungsplans durch die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sichergestellt sind.

Auch soweit der Antragsteller meint, das völlige Heraustreten des auf dem Nachbargrundstück errichteten Bauvorhabens aus der Fluchtlinie stelle sich als unbillig und daher unzumutbar dar, kann dem nicht gefolgt werden. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die von dem Antragsteller angeführte Argumentation allenfalls für den unbeplanten Innenbereich und die Genehmigung eines Bauvorhabens dort gemäß § 34 BauGB relevant sein kann. Im Übrigen besteht auf den benachbarten Grundstücken ebenfalls keine einheitliche Fluchtlinie, wobei der Antragsteller selbst durch das auf seinem Grundstück befindliche Gebäude die auf den Flurstücken 77 und 78 befindliche Fluchtlinie überschritten und auch bezogen auf sein unmittelbares Nachbargrundstück Flurstück 81 keinen angeglichenen Gebäudebestand hergestellt hat. Maßgebend ist vorliegend jedoch, dass der Bebauungsplan "Cratzenbacher Berg" Baufenster ausweist, die die Lage der einzelnen Gebäude nur unwesentlich vorprägen, sodass das "Zurückspringen" des Gebäudes der Beigeladenen von den Vorgaben des Bebauungsplans gedeckt ist. Dass es hierbei in unzumutbarer bzw. unbilliger Art und Weise unter Verstoß gegen § 15 BauNVO die nachbarlichen Interessen des Antragstellers verletzt, ist für den Senat in Anbetracht der dort vorgesehenen Grenzabstände nicht ersichtlich.

Die von dem Antragsteller angegriffene Zuwegung zu der auf dem Grundstück der Beigeladenen genehmigten Doppelgarage kann ebenfalls keine andere Entscheidung in der Sache rechtfertigen, da der Antragsteller hierdurch offensichtlich nicht in seinen Rechten verletzt sein kann. Der Festsetzung unter E. Nr. 1 des Bebauungsplans "Cratzenbacher Berg" kommt offensichtlich keine drittschützende Wirkung zu, wobei in Anbetracht der Tatsache, dass die Zufahrt vom Grundstück des Antragstellers abgewandt angelegt werden soll , Nachbarrechte des Antragsteller offensichtlich nicht verletzt sein können.

Soweit der Antragsteller schließlich rügt, die auf seiner Grundstücksgrenze genehmigte Doppelgarage mit einer Höhe von 2,50 m und einer Länge von 6,00 m sei unzulässig, da er eine Zustimmung zur Grenzbebauung nicht erteilt habe und ihm jeglicher Licht- und Sonneneinfall, insbesondere hinsichtlich seines Küchenfensters genommen werde, führt auch dies zu keiner anderen Entscheidung in der Sache. Wie bereits oben ausgeführt, werden bauordnungsrechtliche Fragen durch die im vereinfachten Genehmigungsverfahren erteilte Baugenehmigung nicht geprüft, der Antragsteller hat darüber hinaus eine Unzumutbarkeit der Grenzgarage im Sinne des § 15 BauNVO nicht dargelegt. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass gemäß § 6 Abs. 10 Nr. 1 HBO Garagen einschließlich Abstellraum an einer Nachbargrenze des Grundstücks bis zu insgesamt 9,00 m Länge einschließlich Dachüberständen zulässig sind.

Soweit zu Gunsten des Antragstellers sowohl sein Eilantrag als auch sein Widerspruch vom 9. September 2005 auch als Antrag auf bauordnungsrechtliches Einschreiten auszulegen sind und insoweit der vorliegende Antrag als Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auszulegen ist, hat der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs jedoch nicht glaubhaft gemacht.

Zwar behauptet er, die Abstandsfläche habe tatsächlich 3,50 m zu betragen, dies wird von ihm jedoch nicht unter Berücksichtigung der Vorgaben von § 6 HBO sowie der örtlichen Verhältnisse belegt und glaubhaft gemacht. Gleiches hat für die von ihm behauptete Überschreitung der Firsthöhe zu gelten, insoweit widerspricht er sich bereits durch Vorlage der Vermessungsniederschrift des Diplom-Ingenieurs W. (Bl. 83 der GA) selbst, da danach die Firsthöhe bei 113,03 m und nicht - wie von der Baugenehmigung bestimmt - bei 113,15 m liegt. Nach dem von dem Antragsteller vorgelegten Vermessungsprotokoll wird daher die genehmigte Firsthöhe um 0,12 m unterschritten und nicht, wie von ihm behauptet, um mindestens 0,30 m überschritten.

Nach alledem ist die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, zumal sie keinen Antrag gestellt und sich damit nicht am Prozesskostenrisiko beteiligt haben (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

Die in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht und seiner Begründung erfolgte Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 1 und 3, 53 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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