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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: 3 UE 455/06.A
Rechtsgebiete: AufenthG, QRL


Vorschriften:

AufenthG § 60 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 3
AufenthG § 60 Abs. 4
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7
AufenthG § 60 Abs. 11
QRL Art. 1
QRL Art. 2
QRL Art. 4
QRL Art. 8
1. Als Tscherkessen werden in der Russischen Föderation diejenigen Volkszugehörigen bezeichnet, die sich selbst "Adyge" nennen und zur westkaukasischen, abchasisch-adygischen Gruppe der autochtonen Kaukasussprachen zählen.

2. Tscherkessische Volkszugehörige, die in Tschetschenien geboren worden sind und dort auch noch im Zeitpunkt des 2. Tschetschenienkriegs gelebt haben, gehören zu der sozialen Gruppe der aus Tschetschenien stammenden Kaukasier, die im 2. Tschetschenienkrieg von Seiten der russischen Sicherheitskräfte nicht anders als die dorther stammenden Tschetschenen behandelt worden sind.

3. Tscherkessischen Volkszugehörigen, die in Tschetschenien geboren worden sind, dort auch noch bis zum 2. Tschetschenienkrieg gelebt haben und bei denen ein Bezug zu den tschetschenischen Rebellen nicht bekannt geworden ist, steht gemäß Art. 8 QRL im Zeitpunkt der gedachten Rückkehr in die Russische Föderation eine interne Schutzmöglichkeit in einer der drei Titularrepubliken der Adyge im Nordkaukasus (Kabardino-Balkarien, Karatschajewo-Tscherkessien oder Adyge) zur Verfügung.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 UE 455/06.A

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Asylrechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Lehmann

am 10. April 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 12. Mai 2004 - 2 E 180/02.A -, soweit es noch streitgegenständlich ist, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des gesamten Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die nach ihren Angaben 19.., 19.., 19.. und 19.. in G., Tschetschenien, geborenen Kläger beantragten am 5. Juni 2000 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

Im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, die in russischer Sprache durchgeführt wurde, trug zunächst der Kläger zu 1. vor, neben russisch spreche er noch tscherkessisch, dies sei seine Muttersprache. Er sei tscherkessischer Volkszugehöriger und stamme aus Tschetschenien. Ausweispapiere besitze er in Deutschland nicht, in seinem Heimatland habe er einen alten sowjetischen Inlandspass gehabt, einen Reisepass jedoch nicht. Die Papiere habe er nicht mitgenommen, da er Angst gehabt habe, aufgegriffen und erkannt zu werden. Zuletzt habe er in G. gemeinsam mit seiner Ehefrau bei seiner Schwiegermutter gelebt. Seine Frau habe er am ... 1993 in G. geheiratet. Sein Vater sei bereits verstorben, zu seiner Mutter, die nach dem Tod seines Vaters erneut geheiratet habe, habe er seit 1999 keinen Kontakt mehr, er wisse nicht, wo sie wohne. In G. lebe noch ein Onkel väterlicherseits, darüber hinaus habe er noch weitläufige Verwandtschaft, die früher ebenfalls in Tschetschenien gelebt habe, nun aber wegen des Krieges geflohen sei. In G. habe er insgesamt zehn Jahre die Schule besucht und anschließend von 1989 bis 1993 an der Universität Wirtschaft studiert. Das Studium habe er mit dem Diplom abgeschlossen. Von 1993 bis 1995 habe er als Buchhalter in einer S. in einem Vorort von G. gearbeitet. Danach habe er nur noch Gelegenheitsarbeiten gehabt. Von 1987 bis 1989 habe er den Militärdienst in Weißrussland in M. abgeleistet.

In G. habe er auf tschetschenischer Seite gekämpft. Die letzte Zeit vor seiner Ausreise habe er sich nicht mehr richtig in G. aufgehalten. Nachts habe er dort gekämpft und tags habe er sich in den Bergen aufgehalten. Er sei unter anderem im S. Kreis in der Siedlung G. gewesen, er habe einer tschetschenischen Einheit angehört, die aus sechs Mann bestanden habe. Sie hätten dem Kommandanten ... angehört, für diesen habe er seit 1995 mit Unterbrechungen gekämpft. Seit Dezember 1999 habe er wieder an dessen Seite gekämpft, nachdem sich seine Truppe aufgelöst habe, sei er am 27. Mai zu Fuß nach Inguschetien, wo er am 31. Mai in einem Flüchtlingslager angekommen sei. Das Flüchtlingslager habe sich in einem Vorort einer Stadt in Inguschetien befunden, der Name der Stadt sei ihm entfallen. In dieses Lager habe er seine Frau und seine Kinder bereits im September 1999 gebracht. Nach seiner Ankunft am 31. Mai 2000 sei er dann gemeinsam mit seiner Familie noch am gleichen Tag mit einem Lkw abgereist und auf dem Landweg nach Deutschland eingereist, wo sie am 3. Juni 2000 angekommen seien. Tschetschenien habe er verlassen, weil in G. ein Befehl ausgegeben worden sei, wonach alle tschetschenischen Männer zwischen 10 und 65 Jahren festzunehmen seien. Dieser Befehl sei von einem russischen Kommandanten namens ... ausgegeben worden, der Befehl habe sich an die russischen Soldaten gerichtet, er habe davon gerüchteweise gehört. Da er Angst gehabt habe, festgenommen zu werden, habe er G. verlassen. Zwar sei er von seiner Nationalität her Tscherkesse, er habe jedoch ein Leben lang in Tschetschenien gelebt. Außerdem gebe es wenig Unterschiede zwischen Tschetschenen und Tscherkessen, sie sprächen lediglich unterschiedliche Sprachen. Grundsätzlich sei G. eine multinationale Stadt, dort habe es viele Nationalitäten gegeben. Die meisten Tscherkessen lebten allerdings in der Republik ..., früher habe es sich dabei um eine autonome Republik gehandelt. Die Hauptstadt sei ..., sie liege im Nordkaukasus in der Nähe von Stawropol. Er könne zwar nicht sagen, ob viele Tscherkessen auf tschetschenischer Seite gekämpft hätten, allerdings denke er, dass viele Tscherkessen sich verpflichtet gefühlt hätten, für Tschetschenien zu kämpfen, da sie alle Moslems seien. Tschetschenisch verstehe er zwar, könne es allerdings nicht sprechen. Letztendlich habe ihn der Krieg gezwungen, Tschetschenien zu verlassen. Er sei einfacher Soldat in diesem Krieg gewesen, sie hätten mit Maschinengewehren geschossen und Handgranaten geworfen. In letzter Zeit habe sich der Krieg verschärft, die Russen hätten nicht mehr darauf geachtet, ob sie Zivilisten oder Soldaten töteten. Dies sei auch der Grund, warum er sich entschlossen habe, das Land zu verlassen. Man wisse nie, ob man den Tag noch überlebe, er selbst sei einmal bei einer Explosion während kriegerischer Auseinandersetzungen an der Schulter und am Knie verletzt worden. Ein weiterer Grund sei seine Familie gewesen, da er verpflichtet sei, für diese zu sorgen und dies nicht könne, wenn er getötet werde. In die tscherkessische Republik sei er nicht übergesiedelt, da er dort niemanden kenne. Wenn er in sein Heimatland zurückkehren müsse, befürchte er, ins Gefängnis gesteckt zu werden, weil er auf tschetschenischer Seite gekämpft habe. Im Gefängnis werde man schlecht behandelt, dann sei es besser, gleich zu sterben. Vielleicht werde er auch von den Russen erschossen.

Die Klägerin zu 2. trug im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Wesentlichen vor, sie stamme ebenfalls aus G., wo sie acht Jahre lang die Schule besucht habe. Im Anschluss hieran habe sie eine dreijährige Ausbildung zur Näherin gemacht, in dem Beruf habe sie jedoch lediglich ein Jahr gearbeitet. Nach der Hochzeit und der Geburt der beiden Kinder habe sie nicht mehr gearbeitet, außerdem habe dann dort Krieg geherrscht. Ihr Vater sei tot, ihre Mutter habe zwar früher in G. gelebt, seit 1999 habe sie jedoch keinen Kontakt mehr zu ihr. Sie wisse nur, dass sie in irgendeinem Flüchtlingslager in Inguschetien lebe. Sie selbst habe G. im September 1999 verlassen, sie sei damals aus ihrem Haus mit Fahrzeugen in ein Flüchtlingslager gebracht worden. Sie seien damals von Tschetschenen in Uniform aus G. herausgebracht worden, da ihr Leben in Gefahr gewesen sei. Sie könne nicht genau sagen, in welcher Stadt sich das Flüchtlingslager befunden habe, es sei jedoch in Inguschetien gewesen. Das Ganze habe sich "Feldstadt für Flüchtlinge" genannt, dort seien hauptsächlich Frauen mit Kindern und älterer Leute untergebracht gewesen. Sie seien mit Nahrungsmitteln zwar unterstützt worden, richtig registriert gewesen seien sie dort jedoch nicht. Nach Deutschland sei sie letztendlich wegen ihres Ehemannes gekommen, der entschieden habe, hierher zu gehen. In ihrem Heimatland habe sie Angst um ihren Mann gehabt, der auf tschetschenischer Seite gekämpft habe. Er habe sie immer nur nachts für kurze Zeit im Flüchtlingslager besucht, ihr selbst sei zwar konkret, wenn man von den normalen Auswirkungen des Krieges absehe, nichts zugestoßen, sie habe aber auch Angst um ihre beiden kleinen Kinder gehabt. Sie sei Tscherkessin, habe jedoch während ihres gesamten Lebens in Tschetschenien gelebt. Sie seien ebenfalls Moslems, große Unterschiede zu den Tschetschenen bestünden außer der Sprache nicht.

Mit Bescheid vom 28. September 2001 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Asylanträge der Kläger ab und stellte fest, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Des Weiteren wurden sie aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe bzw. im Falle einer Klageerhebung innerhalb eines Monats nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist wurde ihnen ihre Abschiebung in die Russische Föderation oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht.

Der Bescheid ist laut Zustellungsurkunde an "Familie E., und " zugestellt worden, auf der Zustellungsurkunde ist vermerkt, eine Benachrichtigungskarte wie bei gewöhnlichen Briefen üblich, sei in den Hauskasten eingelegt worden, da in der Wohnung niemand angetroffen worden sei, der Bescheid sei am 12. Oktober 2001 in E-Stadt niedergelegt worden.

Am 25. Januar 2002 haben die Kläger Klage erhoben und Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist beantragt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Wiedereinsetzungsgesuchs wird auf den Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen. Zur Klagebegründung trugen die Kläger im Wesentlichen vor, der Kläger zu 1. habe für Tschetschenien gekämpft und müsse daher bei seiner Rückkehr mit seiner Festnahme rechnen. Ihnen stehe auch keine inländische Fluchtalternative in der Russischen Föderation zur Verfügung. Mittlerweile habe der Kläger zu 1. erfahren, dass sich seine Mutter mit ihrem jetzigen Ehemann in einem ehemaligen Sanatorium, einem Flüchtlingslager in ..., aufhalte. Er habe regelmäßigen telefonischen Kontakt zu seiner Mutter, zuletzt am 1. Mai 2004. Diese habe ihm gegenüber erklärt, jeden Monat erschienen Polizeimilizen bei ihr und fragten nach seinem Aufenthalt, er sei wegen seines aktiven Kampfeinsatzes auf tschetschenischer Seite zur Fahndung ausgeschrieben. Seinen Aufenthaltsort habe seine Mutter bisher nicht preisgegeben. Bei seiner Rückkehr nach Tschetschenien oder in andere Regionen der Russischen Föderation drohe ihm daher Verhaftung sowie menschenrechtswidrige Behandlung wegen seines Widerstandskampfes. Amnestieregelungen könne er nicht in Anspruch nehmen, da die dafür bestimmten Fristen längst abgelaufen seien (Schriftsatz vom 06.05.2004, Bl. 91 GA).

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht wiederholte der Kläger zu 1. im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag und trug ergänzend vor, er selbst habe im September 1999 den Transport seiner Familie mit einem Militärauto nach Inguschetien organisiert, er sei auch selbst mitgefahren. Er habe sie in das Flüchtlingslager nach N. gebracht. In Tschetschenien hätten sie eine Art Partisanenkrieg geführt, sie hätten auf russische Posten geschossen und Minen versteckt. Ihr Stützpunkt sei in dieser Zeit das Dorf G. gewesen, das an der Grenze zu Inguschetien liege. Im Oktober 1999 sei er am Bein und an der Schulter verletzt worden, diese Verletzungen habe er durch eine Explosion erlitten. Seine Kampftruppe habe sich Ende 2000 aufgelöst, da ihnen dies befohlen worden sei. Gefasst worden sei er nie, er sei zwar immer wieder in Kontrollen geraten, sie hätten jedoch jeweils davonkommen können. Nach Auflösung seiner Gruppe sei er zu seiner Familie nach Inguschetien gegangen, auch zuvor habe er seine Familie ab und zu in Inguschetien besucht. In Inguschetien sei er nicht geblieben, weil er in ein anderes Land habe ausreisen wollen. Er gehe davon aus, dass die Russen wüssten, dass er auf tschetschenischer Seite gekämpft habe, da in ihren Papieren ja gestanden habe, wo sie wohnten. Es habe auch immer wieder Militäraktionen der Russen gegeben mit dem Ziel, tschetschenische Kämpfer herauszufiltern. Dabei hätten die Russen überprüft, ob sich die Leute an ihren gemeldeten Wohnorten aufhielten, sei dies nicht der Fall gewesen, seien sie gesucht worden. Seit ungefähr zwei Jahren habe er regelmäßig telefonischen Kontakt zu seiner Mutter, die ihm berichtet habe, Polizisten hätten ihn gesucht und nach ihm gefragt, da er als Kämpfer für Tschetschenien gesucht werde. Die Polizisten kämen etwa einmal im Monat zu seiner Mutter und fragten nach ihm.

Die Kläger haben beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 28. September 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 AuslG - hilfsweise Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG - in ihrer Person vorliegen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 12. Mai 2004 - 2 E 1801/02.A - hat das Verwaltungsgericht Kassel die Beklagte unter Aufhebung der Ziffern 2, 3 und 4 ihres Bescheides vom 28. September 2001 verpflichtet festzustellen, dass in der Person der Kläger die Voraussetzungen von § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und im Übrigen die Klage abgewiesen. Auf Antrag der Beklagten vom 25. Juni 2004 hat der 3. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs mit Beschluss vom 20. Februar 2006 - 3 UZ 1978/04.A - die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 12. Mai 2004 zugelassen.

Zur Berufungsbegründung trägt das Bundesamt im Wesentlichen unter Verweis auf den angefochtenen Bescheid sowie auf den Zulassungsantrag vor, es könne davon ausgegangen werden, dass Tschetschenen in den übrigen Regionen der Russischen Föderation eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung stehe, wobei es auf diverse obergerichtliche Entscheidungen verwies (Bl. 179 GA). Die Einschätzung habe auch unter Geltung der mittlerweile zu beachtenden Qualifikationsrichtlinie zu gelten, da den Klägern gemäß Art. 8 QRL interne Schutzmöglichkeiten in der russischen Föderation zur Verfügung stünden. Soweit die Kläger vortrügen, sie hätten keinen Inlandspass mehr, sei ihnen zuzumuten, einen solchen zu beantragen und für diesen Zweck kurzfristig nach Tschetschenien zurückzukehren. Es sei jedoch aufgrund der Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. D. davon auszugehen, dass nach den seit Dezember 2006 geltenden Passvorschriften der Pass am Wohnort, am Aufenthaltsort oder am Ort der Antragstellung ausgestellt werden könne. Gemäß der Verordnung über die Registrierbestimmungen setze weder die Registrierung des Aufenthaltsortes noch die Registrierung des Wohnsitzes die Vorlage eines gültigen Inlandspasses voraus. Gefordert sei vielmehr in beiden Fällen übereinstimmend ein Dokument, das die Person ausweise. Es reiche also ein Dokument, das die Person ausweise, auch könne der Pass am Ort der Antragstellung ausgestellt werden, so dass die Kläger eine Registrierung auch am Ort der inländischen Fluchtalternative erlangen könnten (Bl. 307 ff. GA).

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel vom 12. Mai 2004 - 2 E 180/02.A - in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise die Beklagte zu verpflichten, bei ihnen ein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG festzustellen.

Der Beteiligte hat keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat mit Beschluss vom 26. Januar 2007 (Bl. 191 Rückseite GA) Beweis erhoben zur Sicherheitslage russischer Staatsangehöriger tscherkessischer Volkszugehörigkeit, die in Tschetschenien geboren worden sind und dort bis zu ihrer Ausreise gelebt haben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Ebenso wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die in der Gerichtsakte befindlichen Schriftstücke, den Verwaltungsvorgang der Beklagten (1 Aktenheft) sowie auf die den Beteiligten mitgeteilten Erkenntnisse zur Situation in der Russischen Föderation (Erkenntnisquellenliste Russische Föderation - Tschetschenien -, Stand: März 2008) Bezug genommen. Die Unterlagen sind insgesamt zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden.

II.

Der Senat entscheidet auch unter Berücksichtigung des Schriftsatzes der Kläger vom 4. April 2008 (Bl.369 GA) über die Berufung durch Beschluss gemäß § 130 a VwGO, da er sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Vorgehensweise zu äußern.

Die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Kassel vom 12. Mai 2004 in dem hier streitgegenständlichen Umfang begehrt, ist aufgrund der Zulassung durch den Senat und auch sonst zulässig und auch begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte zu Unrecht verpflichtet, hinsichtlich der Kläger die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG, der gemäß Art. 15 Abs. 3 des Gesetzes zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts der Integration von Unionsbürgern und Ausländern (Zuwanderungsgesetz) vom 30. Juli 2004 seit dem 1. Januar 2005 durch § 60 Abs. 1 AufenthG abgelöst wurde, festzustellen; denn die Ablehnung der Feststellung von Flüchtlingsschutz gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl. I Nr. 42 S. 1970 ff.) stellt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) als rechtmäßig dar.

Gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer in Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 559) nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt wurden. Eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch dann vorliegen, wenn die Bedrohung des Lebens, der körperlichen Unversehrtheit oder der Freiheit allein an das Geschlecht anknüpft.

Eine Verfolgung im Sinne des Satzes 1 kann ausgehen von

a. dem Staat,

b. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder

c. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die unter Buchstabe a) und b) genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht,

es sei denn, es besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative. Für die Feststellung, ob eine Verfolgung nach Satz 1 vorliegt, sind Art. 4 Abs. 4 sowie die Art. 7 bis 10 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 29. April 2004 (ABl. EU L 304 S.12, ber. ABL. 2005 L 204 S. 24 - Qualifikationsrichtlinie/QRL -) ergänzend anzuwenden.

Der Senat hat sich in seinem rechtskräftigen Grundsatzurteil vom 21. Februar 2008 - 3 UE 191/07.A - mit den Veränderungen, die sich aus der Umsetzung bzw. dem Inkrafttreten der QRL ergeben, sowie der Sicherheitslage tschetschenischer Flüchtlinge aus Tschetschenien befasst und ausgeführt:

"Nach der nunmehr in § 60 Abs. 1 AufenthG in Bezug genommenen und im Übrigen aufgrund des Ablaufs ihrer Umsetzungsfrist zum 10. Oktober 2006 ohnehin in weiten Teilen unmittelbar geltenden Qualifikationsrichtlinie (vgl. zur unmittelbaren Geltung von Richtlinien EuGH, Urteil vom 19. 01. 1982 - Rs. 8 /81 -, EuGHE 1982, 53 Rz 21 ff. und vom 20. 09. 1988 - Rs 190/87 -, EuGHE 1988, 4689 Rz 22 ff.; Herdegen, Europarecht, 10. Aufl., 2008, § 9 Rdnr 44 ff.) haben sich die vorwiegend richterrechtlich entwickelten Prüfungsmaßstäbe hinsichtlich der Zuerkennung von Flüchtlingsschutz unmittelbar am Wortlaut der QRL und des AufenthG zu messen, wobei dies teils zu gravierenden Änderungen, teils jedoch zur Beibehaltung auch bisher geltender Prüfmaßstäbe führt. Dabei ist bei der Auslegung der von dem deutschen Gesetzgeber so formulierten "ergänzenden" Anwendung der Vorschriften der QRL - § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG - zu beachten, dass gem. Art. 1 QRL die Richtlinie verbindliche Mindestnormen für die Mitgliedstaaten festschreibt, die durch den nationalen Gesetzgeber nicht unterschritten werden dürfen. Wesentliches Ziel der Richtlinie ist nämlich die Schaffung einer gemeinsamen Asylpolitik einschließlich eines "Gemeinsamen Europäischen Asylsystems". Die Richtlinie soll auf "kurze Sicht zur Annäherung der Bestimmungen über die Zuerkennung und Merkmale der Flüchtlingseigenschaft führen" (vgl. Marx, Handbuch zur Flüchtlingsanerkennung, Erläuterungen zur Richtlinie 2004/83/EG, 2005, Vorwort zur Neugestaltung des Handbuchs, III).

Bei der Frage, welcher Maßstab an die zu prüfende Verfolgungswahrscheinlichkeit unter Geltung der QRL anzulegen ist, ist zunächst auf Art. 4 Abs. 3 QRL zu verweisen, nach dem stets eine individuelle Prüfung zu erfolgen hat, mithin eine rein generalisierende Sichtweise nicht mehr mit dem Wortlaut der Richtlinie zu vereinbaren wäre (vgl. Hruschka/Löhr, Der Prognosemaßstab für die Prüfung der Flüchtlingseigenschaft nach der Qualifikationsrichtlinie, ZAR 2007, S. 180 ff.)

Soweit nach der bisherigen Rechtsprechung für die Beurteilung der Frage, ob einem Flüchtling nach den Maßstäben des § 60 Abs. 1 AufenthG Schutz zu gewähren ist, unterschiedliche Maßstäbe anzulegen waren, je nach dem, ob dieser seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist (vgl. BVerfGE 80, 315 = NVwZ 1990, 151 = NJW 1990, 974), nimmt zwar die QRL eine entsprechende Unterscheidung ebenfalls auf, allerdings mit Verschiebungen des Prüfungsumfangs hinsichtlich der vorverfolgt ausgereisten Personen sowie hinsichtlich des anzustellenden Prüfungsumfangs im Zeitpunkt der Ausreise.

Nach den bisher richterrechtlich entwickelten Maßgaben durfte ein - landesweit - vorverfolgt ausgereister Flüchtling grundsätzlich nur dann in sein Heimatland zurückgeschickt werden, wenn er dort hinreichend sicher vor - erneuter politischer - Verfolgung war (sog. herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab), wobei hinreichende Sicherheit in diesem Zusammenhang bedeutete, dass aufgrund der bereits einmal erlittenen Verfolgung hohe Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Ausschlusses erneuter Verfolgung zu stellen waren. Es musste mehr als überwiegend wahrscheinlich sein, dass keine erneute Verfolgung droht (BVerwGE 70, 169 <171>). Demgegenüber konnte ein unverfolgt Ausgereister bei zu berücksichtigenden objektiven Nachfluchtgründen auf sein Heimatland verwiesen werden, wenn ihm dort nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung drohte, was anzunehmen war, wenn er in absehbarer Zeit dort nicht mit Verfolgungsmaßnahmen ernsthaft zu rechnen hatte (vgl. BVerwGE 68, 106 <109>).

Auch die QRL nimmt bei der anzustellenden Verfolgungsprognose eine Differenzierung vor, indem sie in Art. 4 Abs. 4, auf den § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG ausdrücklich Bezug nimmt, ausführt, dass die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweis darauf ist, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass er erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird.

Zwar ist zutreffend, dass Art. 4 Abs. 4 QRL damit lediglich eine Prognoseregelung für den Fall trifft, dass eine Person verfolgt wurde oder eine Verfolgung unmittelbar bevorstand, nicht jedoch eine Vermutungsregel für unverfolgt ausgereiste Flüchtlinge enthält (vgl. Hruschka/Löhr, a.a.O., S.181). Nach der Systematik des Art. 4 Abs. 4 QRL stellt für den erstgenannten Personenkreis die stattgefundene bzw. unmittelbar drohende Vorverfolgung den ernsthaften Hinweis auf eine auch im Fall der Rückkehr zu erwartende Verfolgung dar, während bei nicht vorverfolgten Flüchtlingen der in Art. 4 Abs. 4 QRL so bezeichnete "ernsthafte Hinweis" auf zu erwartende Gefährdungen entfällt, es im Übrigen aber bei der Prüfung bleibt, ob der Flüchtling heute bei Rückkehr in sein Heimatland erwartbar Verfolgungsmaßnahmen oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erleiden wird oder hiervon unmittelbar bedroht ist. Insoweit kann auch auf die Begriffsbestimmung des Art. 2 c) QRL zurückgegriffen werden, wonach "Flüchtling" im Sinne der QRL einen Drittstaatsangehörigen bezeichnet, der aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder einen Staatenlosen, der sich aus denselben vorgenannten Gründen außerhalb des Landes seines vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts befindet und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht dorthin zurückkehren will und auf den Art. 12 keine Anwendung findet. Der letztgenannte Maßstab entspricht dabei dem in der Rechtsprechung entwickelten Maßstab der "beachtlichen Wahrscheinlichkeit" in Anlehnung an die britische Rechtsprechung des "real risk", wobei auch ein Verfolgungsrisiko von unter 50% als beachtlich wahrscheinliches Risiko angesehen werden kann.

Der von der Rechtsprechung entwickelte Maßstab der "hinreichenden Sicherheit" bei vorverfolgt ausgereisten Flüchtlingen wird demgegenüber nunmehr durch die in Art. 4 Abs. 4 QRL enthaltene Rückausnahme abgelöst, wonach eine erfolgte oder unmittelbar drohende Vorverfolgung den ernsthaften Hinweis nach sich zieht, dass die Furcht des Antragsteller vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sein wird (a.A. Bay. VGH, Urteil vom 31. 08. 2007, 11 B 02.31774, Rdnr 29, in juris online, der davon ausgeht, dass es auch unter Geltung der QRL bei beiden bisher richterrechtlich entwickelten Prognosemaßstäben bleibt). Bei der Auslegung des Art. 4 Abs. 4 QRL können zwar die in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien der "hinreichenden Sicherheit vor Verfolgung" mit herangezogen werden, da auch der Richtliniengeber davon ausgeht, dass der bereits einmal verfolgte Flüchtling einen erhöhten Schutzstandard genießt, stellt doch die Vorverfolgung einen ernsthaften Hinweis auf eine auch bei Rückkehr zu befürchtende Verfolgung dar, es sei denn es greift die Rückausnahme des Art. 4 Abs. 4 a.E. QRL. Allerdings sollte sich die Rechtsanwendung nunmehr den neuen - europaweit gültigen - Begrifflichkeiten zuwenden, die als Rechtsnormen die richterrechtlich entwickelten Begriffe ablösen und sich auch einer europaweiten Vergleichbarkeit werden stellen müssen.

Unter zeitlichen und tatsächlichen Gesichtspunkten hat der relevante Prüfungsumfang der Verfolgungssituation des Flüchtlings durch die Regelungen der QRL maßgebliche Änderungen, insbesondere hinsichtlich der richterrechtlich entwickelten Kriterien einer örtlich oder regional begrenzten Verfolgung (vgl. BVerwGE 105, 204; BVerwG Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 231; BVerwGE 105, 204; BVerwG, Beschluss vom 04.01.2007, 1 B 47.06) erfahren, da es auf diese Differenzierungen nach Inkrafttreten der QRL nicht mehr ankommt.

Die Differenzierung zwischen örtlich und regional begrenzter Gruppenverfolgung, die zur Konsequenz hatte, dass Flüchtlinge, die "lediglich" einer örtlich begrenzten Gruppenverfolgung ausgesetzt waren, mit Verlassen des Verfolgungsgebiets, spätestens aber mit Rückkehr aus dem Ausland, mangels Orts- bzw. Gebietsbezug voraussetzungsgemäß nicht mehr von Verfolgung betroffen seien und ihnen daher eine Rückkehr in andere Gebiete des Heimatstaates ohne weitere asyl- bzw. flüchtlingsrechtliche Prüfung einer inländischen Fluchtalternative zuzumuten war (BVerwG, Beschluss vom 04.01.2007, 1 B 47.06, Rdnr. 5), ist mit den Vorgaben der QRL nicht - mehr - zu vereinbaren.

Maßgeblich ist dabei, welche zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben insbesondere Art. 8 QRL für die Prüfung der Voraussetzungen einer inländischen Fluchtalternative bzw. eines internen Schutzes vorgibt und welche Veränderungen sich hieraus zu den bisherigen Maßstäben ergeben.

Aufgrund der Tatsache, dass auch Art. 8 QRL - eine nach ihrem Wortlaut nicht grundsätzlich umsetzungspflichtige Norm - durch § 60 Abs. 1 Satz 5 AufenthG in Bezug genommen worden ist und das Institut der inländischen Fluchtalternative/des internen Schutzes zudem ausdrücklich in § 60 Abs. 1 Satz 4 a. E. AufenthG gesetzliche Erwähnung erfährt, sind nunmehr das Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative/internen Schutzes und die in diesem Zusammenhang anzustellenden rechtlichen Erwägungen ausschließlich an den Maßstäben und dem Wortlaut der Art. 8 QRL und Art. 4 Abs. 4 QRL zu messen.

Art. 8 QRL bestimmt, dass bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz die Mitgliedsstaaten feststellen können, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von dem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält (Abs. 1). Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllt, berücksichtigen die Mitgliedsstaaten die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Antragstellers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag (Abs. 2). Schließlich kann Abs. 2 auch dann angewandt werden, wenn praktische Hindernisse für eine Rückkehr in das Herkunftsland bestehen (Abs. 3).

Art. 8 QRL trägt der Tatsache Rechnung, dass sich Verfolgungssituationen innerhalb eines Staates für einzelne Personen oder Personengruppen unterschiedlich darstellen können, mit anderen Worten, der Staat bestimmte Personen und/oder Gruppen von Personen in einem Teil seines Staatsgebietes verfolgt, während er sie anderenorts mehr oder weniger unbehelligt lässt. Der von dem Bundesverfassungsgericht so bezeichneten "Zwiegesichtigkeit des Staates" (BVerfGE 80, 315 ff.) trägt Art. 8 QRL Rechnung, indem dem Flüchtling ohne Differenzierung nach regional oder örtlich begrenzter Verfolgung eine Rückkehr in einen anderen Landesteil seines Heimatstaates nur dann, und zwar im Zeitpunkt der Entscheidung über seinen Antrag, zugemutet wird, wenn dort für ihn keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält, wobei sich nach Art. 8 Abs. 2 QRL eine rein generalisierende Prüfung verbietet. Vielmehr ist bei Auslegung des Tatbestandsmerkmals "vernünftigerweise erwartet werden kann" (Art. 8 Abs. 1 QRL) unter Anlegung objektiver Maßstäbe zu prüfen, wie sich ein durchschnittlich vernünftiger Mensch in der Situation des Flüchtlings verhalten würde und bei der Frage, ob dieses vernünftige Verhalten von dem konkreten Flüchtling auch tatsächlich erwartet werden kann, seine persönlichen Besonderheiten zu berücksichtigen sind.

War nach bisheriger Rechtsprechung bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft insbesondere zur Ermittlung der anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe unter zeitlichen Gesichtspunkten grundsätzlich eine doppelte Prüfung vorzunehmen, nämlich ob die Flüchtlingseigenschaft sowohl im Zeitpunkt der Ausreise als auch im Zeitpunkt der gedachten Rückkehr landesweit anzunehmen war bzw. ist, stehen dem nunmehr der Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 QRL sowie seine systematische Stellung zu Art. 4 Abs. 4 QRL entgegen.

Art. 4 Abs. 4 QRL stellt ausschließlich darauf ab, dass der Antragsteller - im Zeitpunkt der Ausreise - bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ohne hierbei das Institut des internen Schutzes - mit der Konsequenz der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Art. 13 QRL) - mit in den Blick zu nehmen. Ob eine angenommene Vorverfolgung bei regional oder örtlich begrenzten Verfolgungsmaßnahmen auch zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt, ist gemäß Art. 8 Abs. 2 QRL nach Prüfung der Voraussetzungen des internen Schutzes zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu entscheiden. Mit anderen Worten, reicht für die Anwendbarkeit des Art. 4 Abs. 4 QRL die Tatsache, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Ausreise, und sei es nur in einem Teil seines Heimatstaates, verfolgt war oder unmittelbar von Verfolgung bedroht war, während für die Beantwortung der Frage, ob dies auch zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt, im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag, im gerichtlichen Verfahren also in der Regel im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG), gemäß den von Art. 8 QRL angelegten Vorgaben zu prüfen ist, ob eine interne Schutzmöglichkeit für den Verfolgten besteht oder nicht.

Da Art. 8 Abs. 2 QRL, wie bereits ausgeführt, hinsichtlich der Prüfung der Voraussetzungen des internen Schutzes auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abstellt, ohne hierbei bei der Frage der Vorverfolgung (Art. 4 Abs. 4 QRL) Differenzierungen nach örtlich oder regional begrenzten Verfolgungssituationen vorzunehmen, verbietet bereits dieser systematische Zusammenhang eine Beibehaltung der richterrechtlich entwickelten Differenzierungen, die zur Konsequenz hatten, dass bei lediglich örtlich begrenzter Gruppenverfolgung die Prüfung internen Schutzes gerade im Fall der Rückkehr aus dem Ausland entfiel, da der Flüchtling voraussetzungsgemäß nicht - mehr - zu der verfolgten Gruppe gehörte.

Darüber hinaus stehen kompetenzrechtliche Gründe der Beibehaltung der genannten Differenzierungen zwischen örtlich und regional begrenzter Gruppenverfolgung entgegen, da ihre Beibehaltung entgegen den Vorgaben der QRL (Art. 4 Abs. 4, Art. 8 QRL) zu einer Schlechterstellung der "nur" einer örtlich begrenzten Gruppenverfolgung ausgesetzten Flüchtlinge führen würde - in ihrem Fall würde das Vorliegen der Vorraussetzungen des Art. 8 QRL im Zeitpunkt der Rückkehr gerade nicht geprüft - und dies dem Ziel der QRL, verbindliche Mindestnormen für den Flüchtlingsschutz festlegen zu wollen (Art. 1 QRL), entgegenstünde.

Eine weitere Änderung nach Inkrafttreten der QRL stellt der Prüfungsumfang der existentiellen Gefährdungen am Ort des internen Schutzes dar. Unter Geltung der QRL entfällt nämlich bei der Prüfung des internen Schutzes hinsichtlich der dort zu beachtenden existentiellen Gefährdungen die bisher von der Rechtsprechung geforderte vergleichende Betrachtung - eine inländische Fluchtalternative konnte bisher bei Vorliegen existentieller Gefährdungen dort nur dann angenommen werden, wenn diese so am Herkunftsort nicht bestünden (BVerfGE 80, 315 ff.) -, da eine derartige vergleichende Betrachtung Art. 8 QRL fremd ist. Dementsprechend gehen auch sowohl die amtliche Begründung zu dem Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 3. Januar 2006 als auch die Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern vom 13. Oktober 2006 davon aus, dass der Flüchtling am Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfinden muss, d.h., es muss zumindest das Existenzminimum gewährleistet sein, und dies auch dann gilt, wenn im Herkunftsgebiet die Lebensverhältnisse gleichermaßen schlecht sind."

Zu dieser Einschätzung hinsichtlich der anzuwendenden Prognosemaßstäbe, des maßgeblichen Zeitpunkts der Entscheidung sowie des für das Vorliegen eines internen Schutzes anzulegenden Prüfprogramms gelangt der Senat auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten angeführten anderen obergerichtlichen Entscheidungen (Bl. 155 ff.,178 der GA), die sich mit den Differenzierungen zwischen örtlich und regional begrenzter Gruppenverfolgung, den danach anzuwendenden Prüfungsmaßstäben sowie allgemein mit der Situation tschetschenischer Binnenvertriebener in der Russischen Föderation befassen. Insoweit sieht der Senat von einer differenzierten Ausführung zu den dort gemachten Feststellungen ab, da sich, wie bereits dargestellt, durch Umsetzung bzw. unmittelbare Anwendung der QRL die Prüfungskriterien für das Vorliegen einer inländischen Fluchtalternative/des internen Schutzes und der Zuerkennung von Flüchtlingsschutz maßgeblich verändert haben und die von der Beklagten aufgeführten Entscheidungen anderer Obergerichte daher für den Senat nicht mehr von entscheidender Bedeutung sind. Gleiches hat für die tatsächlichen Verhältnisse in der Russischen Föderation und dort insbesondere in Tschetschenien zu gelten, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sowie der im Übrigen eingeführten Erkenntnismittel eine entscheidungserhebliche Veränderung erfahren haben.

Unter Zugrundelegung der oben genannten Prüfungsmaßstäbe sind die Kläger vorverfolgt im Sinne des Art. 4 Abs. 4 QRL aus ihrer Heimatregion Tschetschenien ausgereist, da dort ihr Leben und ihre Freiheit im Zeitpunkt ihrer Ausreise im Oktober 2000 allein wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der aus Tschetschenien stammenden Kaukasier unmittelbar bedroht war (§ 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG, Art. 4 Abs. 4 QRL).

Die Bedrohung der Kläger ging dabei unmittelbar aus von staatlichen Stellen (§ 60 Abs. 1 Satz 4 a AufenthG), nämlich den dort stationierten russischen Einheiten und Sicherheitskräften, die in der Bekämpfung der tschetschenischen Rebellen bzw. Separatisten weit über das hinaus gegangen sind, was unter dem Gesichtspunkt einer legitimen Terrorismusbekämpfung bzw. der legitimen Bekämpfung von Separatismusbestrebungen eines Staates hingenommen werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.02.2000, 2 BvR 752/97, juris-online; BVerwG, Urteil vom 25.07.2000, 9 C 28/99, juris-online; VGH München, Urteil vom 24.10.2007, 11 B 03.30710, juris-online), wobei die tschetschenische Zivilbevölkerung gezielten Drangsalierungen, willkürlichen Verhaftungen, Verschleppungen, Verfolgungen bis hin zu Mord, Folterungen und Vergewaltigungen ausgesetzt war (vgl. auch AA, Ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Tschetschenien) vom 15.11.2000). Hierbei hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung an seiner Einschätzung der Situation in Tschetschenien im Zeitpunkt der Ausreise der Kläger fest. Hierzu hatte der Senat in dem durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Januar 2007 - 4 B 47.06 - aufgehobenen Urteil vom 2. Februar 2006 - 3 UE 3021/03.A - ausgeführt:

"Aus Anlass des Einfalls tschetschenischer Rebellengruppen in Dagestan und der Ausrufung eines islamischen Staates dort sowie Bombenattentaten auf ein Einkaufszentrum und ein Wohnhaus in Moskau, die von Seiten der russischen Regierung tschetschenischen Rebellen zugeschrieben wurden, aber auch im Hinblick auf den Präsidentschaftswahlkampf in der Russischen Föderation setzte die Führung der Russischen Föderation ab September 1999 Bodentruppen, Artillerie und Luftwaffe in Tschetschenien ein mit dem erklärten Ziel, die tschetschenischen Rebellengruppen zu vernichten, die das Ziel der Unabhängigkeit Tschetscheniens und die Errichtung eines islamischen Staates anstrebten. Im Verlauf der Kämpfe brachte die russische Armee Anfang des Jahres 2000 Grozny, das dabei fast völlig zerstört worden ist, und im Frühjahr des Jahres 2000 große Teile Tschetscheniens unter ihre Kontrolle. Die Rebellengruppen zogen sich in die südlichen Bergregionen zurück; sie sind seitdem zum Partisanenkrieg und zu terroristischen Anschlägen übergegangen (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 24.04.2001; Bundesamt, Der Tschetschenienkonflikt, Januar 2001; UNHCR, Stellungnahme über Asylsuchende aus der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Lage in Tschetschenien, Januar 2002). Die russische Armee ihrerseits ging unter dem Vorwand der Terroristenbekämpfung mit äußerster Brutalität auch gegen die Zivilbevölkerung in Tschetschenien vor, die zum damaligen Zeitpunkt nach Schätzungen bereits im Wesentlichen aus tschetschenischen Volkszugehörigen bestand (vgl. UNHCR, Stellungnahme über Asylsuchende aus der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Lage in Tschetschenien, Januar 2002).

Schon zu Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges im September 1999 ist es zu großen Fluchtbewegungen gekommen. Aufgrund des Einmarschs der russischen Armeeeinheiten und der Bombardierung der Städte flohen große Teile der Bevölkerung aus ihren Wohnorten in Tschetschenien. Die russische Armee hinderte die Flüchtlinge zum Teil bereits am Verlassen des Kampfgebietes, teilweise am Übertritt in die Nachbarrepubliken wie Inguschetien (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 15. Februar 2000). Dabei wurden auch Flüchtlingstrecks von der russischen Luftwaffe angegriffen. Insgesamt ist davon auszugehen, dass von den zu Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges in Tschetschenien lebenden 450.000 Einwohnern 350.000 gewaltsam aus ihren Wohnorten vertrieben worden sind, davon 160.000 an andere Orte in Tschetschenien und die übrigen in andere Teile der Russischen Föderation und das Ausland (UNHCR, Stellungnahme über Asylsuchende aus der Russischen Föderation im Zusammenhang mit der Lage in Tschetschenien, Januar 2002; Bundesamt, Russische Föderation, Checkliste Tschetschenien, August 2003). Die russischen Armeeeinheiten haben, wie schon im ersten Tschetschenienkrieg, an vielen Orten in Tschetschenien sogenannte Filtrationslager eingerichtet. In diese Lager wurden wahllos tschetschenische Einwohner gebracht, wo nach den Erklärungen der russischen Stellen Terroristen aufgespürt werden sollten. In den Lagern wurden die tschetschenischen Volkszugehörigen systematisch misshandelt, vergewaltigt, gefoltert und getötet (A., Stellungnahme vom 08.10.2001; Stellungnahme des Europäischen Parlaments zur Lage in Tschetschenien vom 08.03.2001). Internationale und russische Menschenorganisationen (z.B. Human Right Watch-Bericht vom 18. Februar 2000, A. Bericht vom 22. Dezember 1999 sowie Nachforschungen der Russischen Menschenorganisation "Memorial") gingen aufgrund von Augenzeugenberichten zunächst von dem Betreiben mindestens eines solchen russischen "Filtrationslagers" an der Grenze zwischen Inguschetien und Tschetschenien aus. Dort soll es abgeschirmt von der Öffentlichkeit zu Folterungen (z.B. Elektroschocks, Schläge u.a. auf den Kopf und den Rücken mit Metallhammer) durch russische Spezialkräfte gekommen sein. Durch Augenzeugenberichte und aufgrund von Filmaufnahmen musste dann jedoch davon ausgegangen werden, dass es in und um Grozny weitere Filtrationslager gab, in denen auch systematisch gefoltert wurde, u.a. in dem Gefängnis Tschernokosowo, nördlich von Grozny. Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Gil-Robles, konnte bei seinem Besuch in Tschetschenien zwar auch Haftanstalten besuchen, ihm wurden jedoch ausschließlich frisch gestrichene Zellen gezeigt und Gespräche mit Gefangenen nur in Anwesenheit von russischen Bewachern erlaubt. Die Foltervorwürfe konnten dadurch nicht widerlegt werden (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 22. Mai 2000). Auf der Suche nach Terroristen überfielen russische Militäreinheiten ganze Dörfer, nahmen deren Bewohner willkürlich fest und misshandelten sie (A. vom 20.02.2002 an VG Braunschweig). Gespräche mit Flüchtlingen in den Lagern Inguschetiens haben die Greultaten der russischen Armee bestätigt. Die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen waren gravierend. Es kam zu willkürlichen Racheakten an der Zivilbevölkerung. Bei einer Explosion auf einem belebten Markt in Grozny am 21. Oktober 1999 kamen nach Augenzeugenberichten 140 Menschen ums Leben, 400 wurden zum Teil schwer verletzt. Widersprüchliche Angaben gibt es über die Täter und deren Motive. Recherchen von internationalen Menschenrechtsorganisationen (Human Rights Watch, Bericht vom 20.01.2000) und Äußerungen von Angehörigen russischer Spezialkräfte legen die Vermutungen sehr nahe, dass es sich bei dieser Tat um eine "Sonderkommandoaktion" russischer Spezialkräfte handelte, die auf dem Marktplatz Waffen und Sprengstoff tschetschenischer Rebellen vermuteten. Frauen berichteten gegenüber Vertreterinnen von internationalen Hilfsorganisationen von Vergewaltigungen seitens russischer Soldaten bei der Eroberung von Ortschaften in Tschetschenien, so z.B. bei der Einnahme der Ortschaft Alkhan-Yurt, südwestlich von Grozny im Dezember 1999 durch russische Verbände. Dabei soll es auch Exekutionen (41 Opfer), Plünderungen und Brandstiftungen unter der Zivilbevölkerung gegeben haben (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 22. Mai 2000). Kriegsverbrechen und Massaker blieben ungesühnt, da die russische Führung kein Interesse an einer Aufklärung und strafrechtlichen Verfolgung zeigte (Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, Russische Föderation, der Tschetschenienkonflikt, Stand Januar 2001). Im Zusammenhang mit dem Militäreinsatz der russischen Armee in Tschetschenien berichteten internationale (z.B. Human Rights Watch) und russische (z.B. Memorial) Menschenrechtsorganisationen über massive Rechtsverletzungen (willkürliche Tötungen von Zivilisten, Folter, zahlreiche Vergewaltigungen, Geiselnahme und Plünderungen) durch die russischen Streitkräfte, aber auch durch die tschetschenischen Partisanen. Bestand der Verdacht, dass sich in einem Dorf Rebellen versteckt halten, fanden Säuberungsaktionen durch russische Soldaten statt. Die Männer wurden auf körperliche Spuren von Kampfhandlungen untersucht, der Ort geplündert und oftmals kam es zu Gewaltanwendungen gegenüber der Bevölkerung (vgl. Bundesamt, Russische Föderation, der Tschetschenienkonflikt, Januar 2001).

Angesichts dieses trotz der weitgehenden Behinderung unabhängiger Berichterstattung durch die Behörden in vielen Einzelheiten dokumentierten Vorgehens gegen die Zivilbevölkerung in Tschetschenien und der dabei erfolgenden massenhaften und massiven Verletzung asylrechtlich geschützter Rechtsgüter ist davon auszugehen, dass tschetschenische Volkszugehörige in Tschetschenien unabhängig davon, ob bei ihnen der konkrete Verdacht der Unterstützung von separatistischen Gruppierungen bestand, unmittelbar und jederzeit damit rechnen mussten, selbst Opfer der Übergriffe der russischen Armeeeinheiten zu werden, weshalb davon auszugehen ist, dass sie im Zeitpunkt der Ausreise der Kläger einer gegen sie als tschetschenische Volkszugehörige gerichteten - örtlich begrenzten - Gruppenverfolgung unterlagen (ebenso OVG Bremen, Urteil vom 23. März 2005 Az.: 2 A 116/03.A; VG Kassel, Urteil vom 15.04.2003 Az.: 2 E 802/02.A unter Hinweis auf weitere erstinstanzliche Rechtsprechungen; die Frage der Vorverfolgung offen lassend Bay. VGH, Urteil vom 31.01.2005 Az.: 11 B 02.31597; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.07.2005 Az.: 11 A 2307/03.A; OVG des Saarlands, Urteil vom 23.06.2005 Az.: 2 R 17.03; anderer Auffassung insoweit auch das Vorliegen einer regionalen Gruppenverfolgung verneinend: Thüringer OVG, Urteil vom 16.12.2004 - 3 KO 1003/04 -).

Der Senat hält hierbei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Bremen (Urteil vom 23. März 2005 - 2 A 116/03.A -) auch das für die Annahme einer Gruppenverfolgung erforderliche Kriterium der Verfolgungsdichte für gegeben. Er legt zugrunde, dass aufgrund der in den bezeichneten Berichten seit Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges geschilderten unzähligen und durchgehenden und ihrer Intensität nach asylerheblichen Vorkommnisse gegenüber der tschetschenischen Zivilbevölkerung eine derartige Verfolgungsdichte besteht, dass jeder Tschetschene und jede Tschetschenin im Alter der Kläger ein den genannten Vergleichsfällen entsprechendes Verfolgungsschicksal für sich befürchten musste (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 185.94 - NVwZ 95, 175) und es den Tschetschenen bei objektiver Betrachtung der in Tschetschenien aus den genannten Vorkommnissen herzuleitenden Gefährdungslage nicht zumutbar war, dort zu verbleiben (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.07.1991 - 9 C 154.80 - NVwZ 92, 578; BVerfG, Beschluss vom 23.01.1991 - 2 BvR 902/85, 518.89, BVerfGE 83, 219; OVG Bremen, Urteil vom 23.03.2005 - 2 A 116/03.A - in juris-online). Dabei hat das OVG Bremen in der bereits zitierten Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass die Zahl der von den asylerheblichen Eingriffen der genannten Art in Tschetschenien Betroffenen nicht exakt beziffert werden kann. Nach der geschätzten Bevölkerungsentwicklung in Tschetschenien und unter Abzug der von den Eingriffen nicht betroffenen jüngeren Kinder dürfte sie sich auf unter 400.000 Personen belaufen. Bei der Volkszählung 1998 wurden in der noch ungeteilten Republik 734.000 Tschetschenen gezählt (UNHCR, Januar 2002). Anfang 2002 lebten wegen des nur durch eine dreijährige Pause unterbrochenen jahrelangen Krieges in Tschetschenien schon aus der Zeit vor dem neuerlichen Tschetschenienkrieg ca. 600.000 der insgesamt 1.000.000 Tschetschenen nicht in Tschetschenien, sondern in anderen russischen Regionen bzw. GUS-Staaten (vgl. Auswärtiges Amt, Ad hoc-Bericht vom 07.05.2002). Die Volkszählung im Oktober 2002 ergab nach offiziellen Angaben zwar eine Zahl von über 1.000.000 in Tschetschenien, der aber nicht gefolgt werden kann, nachdem unabhängige Beobachter und Nichtregierungsorganisationen diesem Ergebnis sehr kritisch gegenüberstehen und teilweise von einer Mehrfachregistrierung von Personen ausgehen, deren Gründe in finanziellen Anreizen der Registrierung und in der Furcht vor Säuberungsaktionen bei zu geringer Zahl in Tschetschenien liegen könnten. Vorherige Schätzungen waren von einer durch Flüchtlinge, Auswanderung und Kriegsopfer erheblich gesunkenen Einwohnerzahl für Tschetschenien ausgegangen und hatten zwischen 450.000 bis 800.000 Tschetschenen in Tschetschenien geschwankt (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte vom 27.11.2002, 16.02.2004, 13.12.2004, 30.08.2005; OVG Bremen, Urteil vom 23. März 2005, a.a.O.). Im Zeitpunkt der Ausreise der Kläger musste die in Tschetschenien verbliebene Zivilbevölkerung davon ausgehen, jederzeit in die oben beschriebenen Verfolgungsmaßnahmen der russischen Sicherheitskräfte verwickelt zu werden, sodass die für die Annahme einer örtlich begrenzten Gruppenverfolgung geforderte Verfolgungsdichte zu bejahen ist."

Diese Feststellungen haben auch für die Kläger zu gelten, die im Zeitpunkt ihrer Ausreise aus Tschetschenien im September 1999 (die Kläger zu 2. bis zu 4.) bzw. Mai 2000 als ethnische Tscherkessen, die in Tschetschenien geboren worden sind und dort bis zu ihrer Flucht gelebt haben und keiner anderen Situation ausgesetzt waren, als die aus Tschetschenien geflohenen ethnischen Tschetschenen.

Dabei gehören die Kläger gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG der sozialen Gruppe der aus Tschetschenien stammenden Kaukasier an, die allein wegen ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe von den russischen Sicherheitskräften mit den oben beschriebenen flüchtlingsrelevanten Maßnahmen überzogen wurden.

Das Verfolgungsmerkmal der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe gehört zu den ursprünglich in der Genfer Konvention niedergelegten Verfolgungsmerkmalen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Kommentar, Stand Februar 2006, § 60 Rdnr. 46). Gemäß Art. 10 Abs. 1 d) QRL gilt eine Gruppe insbesondere dann als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten und die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird. Die Definition der Richtlinie entspricht dabei einem in der anglo-amerikanischen Rechtsprechung entwickelten Ansatz, der das Merkmal der sozialen Gruppe durch identitätsprägende gemeinsame Merkmale kennzeichnet, die so grundlegend sind, dass niemand gezwungen werden darf, sie aufzugeben, sofern es sich nicht ohnedies um unveränderliche Merkmale handelt (vgl. Hailbronner, a. a. O., § 60 Rdnr. 48 m. w. N.). Erforderlich ist dabei eine deutlich abgegrenzte Identität, die als solche von der sie umgebenden Gesellschaft wahrgenommen wird und wegen der Andersartigkeit zu einer Schutzlosigkeit bzw. zu Verfolgungsmaßnahmen führt. Die Richtlinie stellt insoweit maßgeblich auf die Wahrnehmung als "andersartig" durch die Gesellschaft ab. Maßgeblich ist, ob eine Gruppe in diesem Sinne wegen der gemeinsamen Merkmale oder Überzeugungen als eine abgegrenzte Gruppe mit gemeinsamer Identität wahrgenommen wird, wobei die Mitglieder der Gruppe auch objektiv, d.h. ohne Rücksicht auf die Einschätzung durch die Gesellschaft, durch die Gemeinsamkeit von Merkmalen oder Überzeugungen oder sonstigen Merkmalen in ihrer Identität geprägt sein muss (vgl. Hailbronner, a. a. O., § 60 Rdnr. 49).

Unter Anlegung dieser Maßstäbe sind die in Tschetschenien geborenen kaukasischen Volkszugehörigen, mithin Tschetschenen, Armenier, Tscherkessen u. a., die in Tschetschenien während des Tschetschenienkrieges dort noch gelebt haben, als soziale Gruppe im Sinne des Art. 10 Abs. 1 d) QRL einzustufen, da sie von Seiten der russischen Sicherheitskräfte ohne weitere Differenzierung hinsichtlich ihrer konkreten Ethnie und ohne dass sie die Möglichkeit gehabt hätten, sich aufgrund ihrer konkreten Volkszugehörigkeit den Übergriffen durch die russischen Sicherheitskräfte und Soldaten zu entziehen, als Gruppe angesehen und eingestuft wurden und mit den bereits oben beschriebenen flüchtlingsrelevanten Maßnahmen überzogen worden sind. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Feststellungen.

Hinsichtlich der "tscherkessischen" Volkszugehörigen ist zunächst zu bemerken, dass mit "Tscherkessen" außerhalb Russlands, ja schon außerhalb des Kaukasus all jene Nationalitäten bezeichnet werden, die sich selbst "Adyge" nennen und zur westkaukasischen, abchasisch-adygischen Gruppe der autochtonen Kaukasussprachen zählen. Zu den Adygen zählen unter anderem auch die Kabardiner der Republik Kabardino-Balkarien (Hauptstadt Naltschik), die Adygejer der Republik Adygeja (Hauptstadt Maikop) und die - eigentlichen - Tscherkessen der Republik Karatschaewo-Tscherkessien (Hauptstadt Tscherkessk, Prof. Dr. D. vom 16.04.2007, Bl. 204 GA). Eine relativ seltene Erscheinung war es dabei schon zu den friedlichen Zeiten der UdSSR, dass Adyge in der Tschetschenisch-Inguschischen Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik (ASSR) bzw. (ab 1991) in der Tschetschenischen Republik lebten. Wenn dies der Fall war, dann beschränkte sich der Wohnsitz oder Aufenthaltsort in der Regel auf die Hauptstadt Grozny (vgl. Prof. Dr. Luchterhandt., 16.04.2007, Bl. 204 der GA). Wie die Slawen, die Nogajer und die Armenier dürften auch die Adyge im Zuge der beiden Tschetschenienkriege die Republik vollständig verlassen haben, dies um so mehr, als die Hauptstadt Grozny, wo sie ganz überwiegend gelebt haben, bekanntlich fast bis zur Unbewohnbarkeit zerstört worden ist (vgl. Prof. Dr. D., a. a. O., Bl. 205 GA).

Wie die Kläger in ihrem Asylverfahren übereinstimmend vorgetragen haben, haben sie sich selbst den ethnischen Tschetschenen zugehörig gefühlt, weshalb der Kläger zu 1. auch auf deren Seite gekämpft hat. Nach ihrer eigenen Einschätzung unterscheiden sich ethnische Tscherkessen kaum von ethnischen Tschetschenen, beide seien Moslems, nur die Sprache sei verschieden.

Die Gruppe der Kaukasier hat zudem in der Russischen Föderation eine deutlich abgegrenzte Identität, was insbesondere darin zum Ausdruck kommt, dass sie von anderen Bewohnern der Russischen Föderation als "Schwarze" bzw. "Dunkelhäutige" bezeichnet bzw. degradiert (vgl. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation vom 13.01.2008), bzw. als "Schwarzärsche" diffamiert werden (Prof. Dr. D., a. a .O., Bl. 212 GA).

Hinsichtlich der hier im Raum stehenden Frage der Vorverfolgung geht der Senat nach Auswertung des ihm vorliegenden Erkenntnismaterials davon aus, dass die Kläger als tscherkessische Volkszugehörige aus Tschetschenien im Zeitpunkt ihrer Ausreise von den russischen Sicherheitskräften keiner anderen, insbesondere keiner milderen Behandlung unterworfen worden sind als die dort lebenden tschetschenischen Volkszugehörigen. Dies folgt bereits daraus, dass die von den russischen Sicherheitskräften verübten, flüchtlingsrelevanten Übergriffe teils in der Bombardierung von Siedlungen, teils in der wahllosen Verhaftung von dort ansässigen Personen etc. bestanden, Maßnahmen, bei denen gerade auch auf Grund ihres flächendeckenden Charakters eine Differenzierung nach unterschiedlichen Ethnien nicht denkbar ist. Dabei ist auch davon auszugehen, dass die russischen Sicherheitsbehörden denjenigen Kaukasiern, egal welcher konkreten Ethnie sie angehörten, die auch noch während des 2. Tschetschenienkrieges dort verblieben sind, unterstellt haben dürften, im Zweifelsfalle mit den Rebellen unter einer Decke zu stecken und verdächtig zu sein.

Nach den oben gemachten Ausführungen entfällt im Zeitpunkt der Ausreise der Kläger die - zusätzliche - Prüfung des Vorliegens einer internen Schutzmöglichkeit, da für Artikel 4 Abs. 4 QRL allein ausschlaggebend die unmittelbar drohende bzw. eingetretene Verfolgung - und sei es nur in einem Teil des Heimatlandes - ist.

Dabei geht der Senat davon aus, dass die Kläger allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den aus Tschetschenien stammenden und dort im Zeitpunkt der Ausreise sich aufhaltenden kaukasischen Volksgruppen als vorverfolgt anzusehen sind und nicht - zusätzlich - wegen ihrer persönlichen Erlebnisse. Der Kläger zu 1. hat zwar vorgetragen, bei den tschetschenischen Rebellen gekämpft zu haben, nach seinem eigenen Vortrag ist er jedoch deswegen nie festgenommen worden, er sei zwar immer wieder in Kontrollen geraten, habe jedoch immer wieder davon kommen können (Verhandlungsniederschrift Bl. 101 der GA). Auch im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt hat der Kläger zu 1. vorgetragen, der Krieg an sich habe ihn gezwungen, das Land zu verlassen. Er sei einfacher Soldat in diesem Krieg gewesen, sie hätten mit Maschinengewehren geschossen und Handgranaten geworfen. In letzter Zeit habe sich der Krieg jedoch verschärft, die Russen hätten nicht mehr darauf geachtet, ob sie Zivilisten oder Soldaten töteten. Er sei verantwortlich für seine Familie, für die er nicht mehr sorgen könne, wenn er getötet werde. All dies spricht zwar dafür, dass der Kläger zu 1. tatsächlich auf tschetschenischer Seite gekämpft hat, ausschlaggebend für seine Ausreise war jedoch nicht die Tatsache, dass dies den russischen Sicherheitskräften bekannt geworden wäre und nach ihm gesucht wurde, sondern vielmehr die Eskalation des Kriegsgeschehens, bei dem wahllos auch die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen wurde. Zwar hat der Kläger mittlerweile im Klageverfahren vorgetragen, er habe den Aufenthaltsort seiner Mutter ausfindig gemacht - nach seinem Vortrag lebt seine Mutter nunmehr in ... - die ihm erzählt habe, er werde als Kämpfer für die Tschetschenen von der Polizei gesucht. Diese, angeblich einmal pro Monat stattfindenden Nachfragen der Sicherheitskräfte bei seiner Mutter glaubt der Senat dem Kläger zu 1. jedoch aufgrund der Tatsache, dass er nach seinem eigenen Vortrag nie Kontakt mit den russischen Sicherheitskräften gehabt hat und zudem lediglich als einfacher Soldat auf Seiten der Tschetschenen gekämpft hat, mithin ein herausgehobenes Verfolgungsinteresse auf Seiten der russischen Sicherheitskräfte nicht belegt ist, nicht.

Bei den danach aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit vorverfolgt ausgereisten Klägern kann im Ergebnis dahinstehen, ob in ihrem Fall bei Rückkehr nach Tschetschenien stichhaltige Gründe im Sinne des Art. 4 Abs. 4 QRL dagegen sprechen, dass sie dort erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht sein werden, da ihnen zumindest nach den Maßstäben des Art. 8 QRL die Möglichkeit internen Schutzes zur Verfügung steht und am Ort des internen Schutzes stichhaltige Gründe im Sinne des Art. 4 Abs. 4 QRL dagegen sprechen, dass sie dort erneut solchen Gefährdungen ausgesetzt sein werden.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 QRL können die Mitgliedstaaten bei Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz feststellen, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht und von dem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält. Dabei berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 1 QRL erfüllt, die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Antragstellers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag (Art. 8 Abs. 2 QRL).

Hinsichtlich der Möglichkeiten der Kläger, sich als tscherkessische Volkszugehörige an einen Ort des internen Schutzes innerhalb der Russischen Föderation zu begeben, stellt sich die Auskunftslage nach Durchführung der Beweisaufnahme und Auswertung der Beweisfragen (Bl. 191 R GA) nicht einheitlich dar.

Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes war Tschetschenien bis Ende der 80-er/Anfang der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts eine Vielvölkerrepublik, in der die Titularnation zu Beginn der 90-er Jahre etwa 75 % der Bevölkerung stellte. Die Russen stellten damals mit etwa 20 % die größte Minderheit. Auch eine zahlenmäßig kleine tscherkessische Minderheit lebte in Tschetschenien, die jedoch bereits zu Beginn der 90-er Jahre begann, die Republik zumeist in Richtung der Nachbarrepubliken Karatschajewo-Tscherkessia, Adygeja und Kabardino-Balkarien zu verlassen. In Karatschajewo-Tscherkessia gehören die Tscherkessen zu den beiden Titularnationen, in den beiden anderen Republiken leben mit den Kabardinern und den Adygejern ihnen verwandte Völker (vgl. Auswärtiges Amt, 02.04.2007, Bl. 200 GA). Dem Auswärtigen Amt sind dabei keine Fälle bekannt, in denen Tscherkessen - noch - in Tschetschenien aufhältig sind, so dass zur Sicherheitslage dieser Personengruppe von Seiten dieser Auskunftsstelle nichts gesagt werden konnte. Auch liegen dort keine Erkenntnisse darüber vor, dass Tscherkessen in anderen Regionen der Russischen Föderation willkürlicher Behandlung unterworfen worden sind, grundsätzlich könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass Tscherkessen, wie auch andere nichtrussische Ethnien, wegen der allgemeinen Xenophobie in der Russischen Föderation willkürlichen Übergriffen der Miliz und Benachteiligungen durch die Behörden ausgesetzt seien. Generell sei eine Niederlassung in Moskau und St. Petersburg schwierig, eine Niederlassung in Karatschajewo-Tscherkessien sei jedoch leichter möglich (Auswärtiges Amt, 02.04.2007, Bl. 200 GA).

Demgegenüber geht amnesty international in seiner Auskunft vom 26. Juli 2007 davon aus, der Konflikt in Tschetschenien gehe auch weiterhin mit schweren Menschenrechtsverletzungen einschließlich Kriegsverbrechen einher (A., 26.07.2007 Bl. 235 ff. GA). Darüber hinaus seien tschetschenische Volkszugehörige in hohem Maße von schwerwiegenden Diskriminierungsmaßnahmen in der Russischen Föderation betroffen. Diese Maßnahmen beschränkten sich keineswegs nur auf Tschetschenen, sondern richteten sich auch gegen andere ethnische Minderheiten aus dem gesamten Nordkaukasus. Kaukasier seien überall in Russland allein wegen ihres Aussehens als sogenannte "Schwarze" der Diskriminierung ausgesetzt. Die Praxis der russischen Polizeibehörden sei vielfach als "racial profiling" zu charakterisieren, von dem nicht allein Tschetschenen betroffen seien, sondern neben anderen Gruppen auch andere Kaukasier. Die Polizei nehme verstärkt Menschen, oftmals allein aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, gezielt ins Visier. Die Personalpapiere der betroffenen Personen würden unverhältnismäßig häufiger überprüft, wobei es bei diesen Überprüfungen nicht selten zu tätlichen Übergriffen oder anderen Einschüchterungsversuchen durch die Polizei komme. Es würden Bestechungsgelder erpresst und der genannte Personenkreis sei im Fall der Anordnung von Polizeigewahrsam gefährdet, Opfer von Folter und Misshandlung zu werden. Dabei könne allein das "nichtslawische Aussehen" Anknüpfungspunkt für eine Kontrolle mit entsprechenden Folgen sein. Um sich legal in der Russischen Föderation aufhalten zu können, sei eine Registrierung zwingende Voraussetzung, die Registrierungsvorschriften dienten immer wieder als Vorwand für Identitätskontrollen in ganz Russland (amnesty international, 26.07.2007, Bl. 235 ff. GA). So solle es auch nach Einschätzung von Memorial sehr von den Umständen des Einzelfalles abhängen, ob Tscherkessen in Karatschajewo-Tscherkessien problemlos eine Registrierung erhalten und sich niederlassen könnten. Zwar sei in Karatschajewo-Tscherkessien kein Muster direkter Diskriminierung gegen Tscherkessen erkennbar, gleichwohl sei es möglich, dass auch Tscherkessen in dieser Republik, in der sie keine Mehrheit stellten, eine Registrierung verweigert werde. Grundsätzlich sei festzuhalten, dass lokale Polizeikräfte auch in Karatschajewo-Tscherkessien misstrauisch gegenüber denjenigen seien, die aus Tschetschenien stammten, unabhängig von der Volkszugehörigkeit. Dies gelte auch für Kabardino-Balkarien, wo man in höherem Maße von einer Diskriminierung gegen Tscherkessen ausgehen müsse. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass der für eine Registrierung erforderliche Inlandspaß von den betroffenen Personen bei der zuständigen Meldebehörde in Tschetschenien beantragt werden müsse, eine Reise dorthin sei jedoch aufgrund der dort herrschenden Sicherheitslage nicht zumutbar. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass zunehmend tschetschenische Sicherheitskräfte für die Übergriffe auf die Zivilbevölkerung verantwortlich seien und diese die kleine Republik sehr viel besser als die in Tschetschenien stationierten föderalen Kräfte kennen würden. Sie wüssten in vielen Fällen sehr viel besser als die föderalen Sicherheitskräfte, wer im 2. Tschetschenienkrieg die Republik verlassen habe (vgl. amnesty International, 26.07.2007, Bl. 235 ff. GA).

Bezogen auf die tschetschenische Republik führt der UNHCR in seiner Auskunft vom 8. Oktober 2007 zunächst aus, es gebe keine Hinweise darauf, dass zurückkehrende Personen allein aufgrund der Tatsache verfolgt würden, dass sie im Ausland gelebt haben oder deshalb, weil sie einer ethnischen Minderheit angehörten. Maßgeblich für eine Verfolgungsgefahr im Falle einer Rückkehr sei insbesondere die tatsächliche oder unterstellte frühere Mitwirkung bzw. Einbindung bei den Rebellentruppen oder im Regime Maschadows (UNHCR, 08.10.2007, Bl. 261 ff. GA). Hinsichtlich der Möglichkeiten, sich an anderen Orten innerhalb der Russischen Föderation zumutbar ansiedeln zu können, vertritt der UNHCR die Auffassung, für Asylsuchende aus der tschetschenischen Republik bestehe jedenfalls dann keine inländische Flucht- oder Neuansiedlungsalternative, wenn sie ihren letzten registrierten dauerhaften Wohnsitz in Tschetschenien gehabt hätten (UNHCR, 08.10.2007, Bl. 266 GA). Das gegenwärtig existierende restriktive Wohnsitzregistrierungssystem, die antitschetschenische Stimmung in der Gesamtbevölkerung in anderen Teilen der Russischen Föderation sowie die sich in letzter Zeit weiter verschlechternde Sicherheitssituation in den Nachbarrepubliken Tschetscheniens, insbesondere in Inguschetien, würden die Anwendung einer internen Fluchtalternative unzumutbar machen. Von den Binnenflüchtlingen könne nicht "vernünftigerweise erwartet werden", sich in anderen Teilen der Russischen Föderation anzusiedeln (UNHCR, 08.10.2007, Bl. 267 GA). Nationale und internationale Organisationen hätten die Entwicklung zunehmenden Rassismus und wachsender Xenophobie in der Russischen Föderation dokumentiert, die sich insbesondere gegen Personen aus dem Kaukasus richteten. Laut dem Jahresbericht des Moskauer Büros für Menschenrechte seien in der Russischen Föderation im Jahr 2006 361 Personen Opfer rassistisch motivierter Gewalt geworden; 51 von ihnen seien getötet und 310 verletzt worden. Moskau und St. Petersburg nähmen, was die Anzahl der Angriffe anbetreffe, die ersten Plätze ein. Ein weiterer Indikator für Xenophobie sei das Resultat einer aktuellen Meinungsumfrage, dass zeige, dass etwa 60 % der Befragten negative Ansichten über Personen äußerten, die aus dem Kaukasus stammten (UNHCR, 08.10.2007, Bl. 273 GA). Die genannte Analyse beruhe zwar auf Informationen, die sich auf die Situation ethnischer Tschetschenen, die sich außerhalb der Tschetschenischen Republik aufhielten, bezögen, auch sei es schwierig festzustellen, ob diese Analyse vollständig auf andere Minderheitenangehörige anwendbar sei, die in Tschetschenien geboren und dort vor ihrer Flucht dauerhaft gelebt hätten. Andererseits müsse in diesem Zusammenhang aber beachtet werden, dass auch ethnische Armenier und Tscherkessen ein kaukasisches Aussehen hätten und daher ebenso Polizeikontrollen und xenophoben Angriffen ausgesetzt sein könnten (UNHCR, 08.10.2007, Bl. 274 GA).

Auch der Gutachter Prof. Dr. Luchterhandt führt aus, in Russland sei die negative ablehnende Einstellung gegenüber Personen, die aus dem Kaukasus stammten, ein festes, tief sitzendes und weit verbreitetes Stereotyp bzw. Phänomen. "Person kaukasischer Nationalität" sei eine stehende Formel geworden, deren man sich in der Publizistik bediene, während der Volksmund ungeniert von "Schwarzärschen" spreche. Im Alltag sei dieses Etikett schon weitgehend gleichbedeutend mit "Bandit". Über die solchermaßen manifestierte latente Bereitschaft und akute Realisierung von Diskriminierung von Kaukasiern hinaus bestünden gegenüber Bürgern tschetschenischer Volkszugehörigkeit nach Feststellung der Migrationsforscher noch zusätzliche negative Einstellungen, und zwar auch im Nordkaukasus (mit Ausnahme von Tschetschenien und wohl auch Inguschetien). Vor dem Hintergrund auch der bereits oben dargestellten Erläuterungen zu den Hauptsiedlungsgebieten der Adyge werde man die Feststellung treffen können, dass grundsätzlich die Herkunft der Kläger aus Tschetschenien für sie eine erhöhte Gefahr der Diskriminierung in den Regionen Russlands außerhalb des Nordkaukasus mit sich bringe, dass sie aber in anderen Regionen des Nordkaukasus und insbesondere in denjenigen, in denen die Adyge zu den Titularnationen gehörten, mit einer besseren Behandlung rechnen könnten als die ethnischen Tschetschenen (Prof. Dr. Luchterhandt, 09.05.2007, Bl. 203 ff. GA, 112 GA). Diese Wahrscheinlichkeit sei umso höher, als die fremdenfeindliche Einstellung der Mitarbeiter der Behörden für Inneres, in deren Zuständigkeit das Migrationswesen falle, signifikant höher sei als bei der Durchschnittsbevölkerung. Es sei mithin davon auszugehen, dass die Kläger als ethnische Adyge eher mit einer besseren Behandlung rechnen könnten als Bürger tschetschenischer Volkszugehörigkeit (Prof. Dr. Luchterhandt, 09.05.2007, Bl. 213 GA). So sei auch die von dem Gericht gestellte Frage, ob sich tscherkessische Binnenflüchtlinge aus Tschetschenien, die über tscherkessische und russische Sprachkenntnisse verfügten, leichter als tschetschenische Binnenflüchtlinge aus Tschetschenien in anderen Gebieten der Russischen Föderation, insbesondere in Karatschai-Tscherkessia niederlassen könnten, eindeutig mit "ja" zu beantworten. Die hinter dieser Frage stehende Problematik sei auf mannigfache Weise von ethnoterritorialen Besonderheiten des Nordkaukasus und den mit ihnen korrespondierenden Migrationsverhältnissen im "Südlichen Föderalen Bezirk" verbunden. Der Nordkaukasus gehöre zu den Großregionen Russlands, in denen die Migrationsprozesse vorwiegend innerhalb der Region abliefen, auf die sie beschränkt blieben. Dabei sei für die Binnenmigration hervorstechend und prägend, dorthin zu ziehen, wo bereits mehr oder weniger kompakt Angehörige der eigenen Volksgruppe lebten, sich etabliert und gegenüber den "Einheimischen" durchgesetzt hätten. Die Migration der Adyge (Adygejer, Kabardiner, Tscherkessen) in die russisch dominierten Regionen Krasnodar, Stawropol und Rostow am Don (ganz zu schweigen von den entfernteren Regionen Russlands) falle zahlenmäßig im Vergleich mit anderen Ethnien nicht ins Gewicht. Ziele der Migration der Adyge seien im Wesentlichen ihre drei Titularrepubliken im Nordkaukasus, darüber hinaus aber auch die "tscherkessische" Diaspora im Ausland, die seit dem 19. Jahrhundert entstanden und besonders stark vertreten sei in Jordanien, in der Türkei, in anderen Ländern Westeuropas und in Nordamerika, ein nationaler Zusammenhalt, der durch den tscherkessischen Weltkongress eine organisatorische Stütze habe (Prof. Dr. Luchterhandt, 09.05.2007, Bl. 214 ff. GA). Vor dem Hintergrund der allgemeinen Migrationsphänomene im Nordkaukasus lasse sich feststellen, dass die Hauptressourcen der Migranten a) ihre Verwandtschaftsbeziehungen (Familie, Sippe, Clan) und b) ihre konnationale, unter Umständen noch durch gemeinsame religiöse Bindungen verstärkte Solidarität seien. Zwar unterschieden sich die Adyge darin im Prinzip nicht von den Tschetschenen (oder sonstigen Volksgruppen), sie hätten aber darüber hinaus den kaum zu überschätzenden Vorteil der Titularnation, dass nämlich diese beiden Faktoren in drei nationalen Republiken des Nordkaukasus zusätzlich durch von Adyge kontrollierte Verfassungs- und Verwaltungsstrukturen unterstützt und verstärkt werde. Ein weiterer Vorteil liege natürlich auch darin, dass den Klägern potentiell drei Republiken für die Wohnsitznahme offenstünden. Dabei sei nicht zu sehr auf die republikanische bzw. staatliche Verwaltungsebene, sondern auf die untere Verwaltungsebene, den Rayon, zu schauen. Dies gelte insbesondere für Karatschajewo-Tscherkessien, wo die Tscherkessen zwar nur 10 % der Bevölkerung stellten, aber einige (agrarisch geprägte) Rayone kontrollierten und diese ihre "Verwaltungsmacht" in dem dort seit einiger Zeit schwelenden Streit über die administrative bzw. kommunale Neugliederung und die Gemeindegrenzen bislang habe verteidigen können. Vor rechtlichen Hindernissen stünden die Kläger bei einer Neuansiedlung in Kabardino-Balkarien, Karatschajewo-Tscherkessien oder Adyge nicht. Schwierigkeiten lägen allenfalls in der desolaten Wirtschaftslage, in der sich alle drei Republiken befänden. Sie gehörten zu den ärmsten, strukturschwächsten Regionen Russlands und seien daher völlig von der Finanzzuweisung aus dem föderalen Haushalt abhängig. In punkto Arbeitslosigkeit lägen sie in der Spitzengruppe der Regionen, dementsprechend zähle ein beträchtlicher Teil der arbeitsfähigen Bevölkerung zu dem Heer der Arbeitsmigranten aus dem Nordkaukasus, die in den prosperierenden Industriezentren Russlands ihren Lebensunterhalt verdienten (vgl. insgesamt Prof. Dr. Luchterhandt, 09.04.2007, Bl. 216, 217 GA). Hinsichtlich der Beschaffung einer Registrierung und von gültigen Passpapieren gelte seit Dezember 2006 die Regelung, dass der Pass am Wohnort, am Aufenthaltsort oder am Ort der Antragstellung ausgestellt werde. Während des Tschetschenienkrieges sei der Pass für diejenigen, die ihren förmlichen Wohnsitz in Tschetschenien gehabt hätten, kriegsbedingt jedoch Tschetschenien verlassen hätten bzw. hätten verlassen müssen, auch an ihren jeweiligen Aufenthaltsort erneuert worden. Seit etwa 2004/2005, d. h., seitdem die Lage in der Republik Tschetschenien sich deutlich beruhigt habe, seien die Behörden zu dem gesetzlich vorgesehenen Verfahren der Passausstellung bzw. Passverlängerung am Wohnsitz nach der Passverordnung von 1997 zurückgekehrt (Prof. Dr. Luchterhandt, 09.05.2007, Bl. 218 GA). Hinsichtlich der Registrierungsvorschriften sei zwischen den gesetzlichen Vorschriften, den diesen Vorschriften ausfüllenden Anweisungen und der Gesetzespraxis zu unterscheiden. Dabei beruhe das Melderecht Russlands auf dem Gesetz vom 25. Juni 1993 "Über das Recht der Bürger der Russländischen Föderation auf Freiheit der Hin- und Herbewegung (Freizügigkeit), der Wahl des Aufenthalts- und Wohnortes in den Grenzen der Russländischen Föderation" sowie der auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen. Gemäß der Verordnung über die Registrierbestimmungen setze weder die Registrierung des Aufenthaltsortes noch die Registrierung des Wohnortes die Vorlage eines gültigen Inlandspasses voraus. Gefordert sei vielmehr in beiden Fällen ein Dokument, das die Person ausweise. Darunter fielen verschiedene Dokumente, darunter solche für Militärangehörige, entlassene Strafgefangene, der Pass sowie die Geburtsurkunde für Personen unter 16 Jahren. Die weiteren Bestimmungen der Instruktion ließen dabei nicht erkennen, dass die Gültigkeit des Passes Voraussetzung für die Registrierung sei bzw. ob die Gültigkeit von der Registrierbehörde im Verfahren geprüft werde. Da die gesetzliche Regelung unklar sei, hänge es von der Behörde ab, wie sie bei Vorlage eines abgelaufenen Passes entscheide. Unter diesen Umständen spielten örtliche Verwaltungsgewohnheiten und "landesübliche Praktiken" eine wesentliche Rolle: Es sei vielfach bezeugt, dass in solchen (und anderen noch ungünstigeren!) Fällen die Registrierung durch die Behörde eine "Frage des Preises" sei. Die Käuflichkeit von Verwaltungsleistungen im Allgemeinen, von Registrierbescheinigungen im Besonderen sei im Nordkaukasus nicht die Ausnahme, sondern im Gegenteil die Regel. Die damit verbundenen Kosten scheuten freilich viele Bürger mit der Folge, dass ein nicht unerheblicher Prozentsatz von denen, die real ihren Wohnsitz wechselten (oder zumindest ihren Aufenthaltsort), das Registrierungsverfahren vermieden, so dass sich teilweise in sehr starkem Umfang nichtregistrierte Migranten in anderen Orten der Russischen Föderation aufhielten. Hinsichtlich des Registrierungsverfahrens sei es daher möglich, dass die Vorlage eines gültigen Inlandspasses von den Registrierbehörden verlangt werde, doch könne diese Forderung mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die im Registrierverfahren insgesamt und überhaupt übliche Zahlung von Schmiergeld unterlaufen bzw. überwunden werden (Prof. Dr. Luchterhandt, 09.05.2007, Bl. 220, 221 GA).

Unter Auswertung der dargestellten gutachterlichen Äußerungen kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Kläger zwar in weiten Teilen der Russischen Föderation aufgrund ihrer kaukasischen Herkunft mit Benachteiligungen zu rechnen hätten. Ob von ihnen im Sinne des Art. 8 QRL vernünftigerweise erwartet werden kann, sich in diesen Regionen niederzulassen, kann jedoch dahinstehen, da sie zumindest bei Ansiedlung in einer der drei Titularrepubliken Kabardino-Balkarien, Adygeja oder Karatschajewo-Tscherkessien derartige Benachteiligungen nicht zu befürchten haben und ihrer Ansiedlung allenfalls geringe, überwindbare bürokratische Hürden entgegenstehen dürften. Zwar gehören die drei Republiken nach Aussage des Gutachters Prof. Dr. Luchterhandt (Bl. 216, 217 GA) zu den ärmsten und strukturschwächsten Regionen Russlands, die von den Finanzzuweisungen aus dem föderalen Haushalt abhängig seien. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich die Kläger nicht, und sei es auf einfachem Niveau, dort eine Existenz werden schaffen können und es mithin von ihnen vernünftigerweise erwartet werden kann, sich innerhalb ihres Heimatstaates in diese, für sie ungefährlichen Region begeben.

Auch die individuelle Situation der Kläger gebietet keine andere Sichtweise. Die Kläger sind mittlerweile 39, 35, 12 und 11 Jahre alt und daher im Familienverband mit gegenseitigen Hilfestellungen bei einer Neuansiedlung in einer Region, in der andere Volkszugehörige ihrer Volksgruppe in nicht unwesentlichem Umfang angesiedelt sind, nicht auf sich allein gestellt. Der Senat geht dabei davon aus, dass sich die Kläger als Adyge in einer der drei Titularnationen, ggf. unter Mithilfe der dort ansässigen Adyge werden niederlassen können und sich als Mitglieder der dort grundsätzlich erwünschten Volksgruppe auch erfolgreich gegen bürokratische Hemmnisse hinsichtlich einer Registrierung werden zur Wehr setzen können.

Auch die Tatsache, dass der Kläger zu 1. vorgetragen hat, während des 2. Tschetschenienkrieges für die Rebellen gekämpft zu haben, steht dem nicht entgegen.

Allerdings würde, soweit ihm hinsichtlich seiner Behauptung, es werde nach ihm wegen seiner Tätigkeit bei den Rebellen gesucht, Glauben geschenkt werden, dies zur Folge haben, dass für ihn als vorverfolgt ausgereistem Flüchtling bei der Prüfung der Frage, ob für ihn gemäß Art 8 Abs. 1 QRL am Ort des internen Schutzes keine begründete Furcht vor Verfolgung besteht und von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, sich am Ort des internen Schutzes niederzulassen, ein besonders hoher Prognosemaßstab hinsichtlich der jetzt zu erwartenden Sicherheit vor Verfolgung anzulegen ist, der der Regel- und Rückausnahmesystematik des Art. 4 Abs. 4 QRL genügen müsste.

Der Senat glaubt dem Kläger zu 1. jedoch nicht, dass auch heute noch nach ihm gesucht wird.

Zwar führt der Gutachter Prof. Dr. Luchterhandt in diesem Zusammenhang aus, dass, sollte der Kläger tatsächlich (auch noch) im 2. Tschetschenienkrieg auf Seiten der tschetschenischen Republik Ickerija und ihres Präsidenten Maschadow gekämpft haben, er von den Strafverfolgungsbehörden Russlands in der Tat als "Terrorist" eingestuft werde. Dies ergebe sich auch und gerade formalrechtlich daraus, dass der 2. Tschetschenienkrieg von offizieller russischer Seite von Anfang an als eine quasi polizeiliche Terrorbekämpfungsmaßnahme hingestellt und gerechtfertigt worden sei. Es sei nicht der Ausnahmezustand verhängt worden, was wegen des Einsatzes der Streitkräfte verfassungsrechtlich geboten gewesen wäre, sondern das Gesetz über die Terrorbekämpfung vom 25. Juli 1998 angewandt worden, obwohl dessen Voraussetzungen wegen der engen Begrenzung des Anwendungsbereichs auf "Zonen der Durchführung antiterroristischer Operationen - einzelne örtliche Abschnitte oder Gewässer, Verkehrsmittel, Gebäude, Häuser, Anlagen, Wohnraum mit angrenzenden Territorien oder Gewässern" nicht vorgelegen habe. Die von der russischen Zentralregierung zur Rechtfertigung ihres Vorgehens gegen die Anhänger der tschetschenischen Republik Ickerija, deren Präsident Maschadow und die den tschetschenischen Widerstand zur Geltung gebrachten Rechtsakte ließen keinen Zweifel daran zu, dass der Kläger, wenn er denn als Kämpfer bekannt geworden sei, mit strafrechtlicher Verfolgung als Terrorist bei seiner Rückkehr nach Russland rechnen müsse (Prof. Dr. Luchterhandt, 09.05.2007, Bl. 207, 208 GA). Allerdings, so führt der Gutachter weiter aus, sei nicht ausgeschlossen, dass der Kläger bzw. seine Kampftätigkeit den föderalen Sicherheitskräften nicht aufgefallen sei, da er ihnen als Freischärler unbekannt geblieben sei. Dafür könne sprechen, dass er noch ziemlich am Anfang des 2. Tschetschenienkrieges Tschetschenien habe verlassen können, sich ungehindert, möglicherweise trotz Kontrollen, mit seiner Familie in Inguschetien habe treffen können, sie dort habe herausholen und mit ihr - zunächst noch - durch Russland reisen und Russland unbehelligt habe verlassen können. Wäre er als "Kämpfer" (russisch boevik) bekannt und zur allgemeinen Fahndung ausgeschrieben gewesen und hätte er auf den betreffenden Listen gestanden, hätte er diese Hindernisse wahrscheinlich nicht überwinden und den Weg nach Deutschland nehmen können. Nehme man dies an, dann sei eine Rückkehr der Kläger nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern im Prinzip noch denkbar und möglich (Prof. Dr. Luchterhandt, 09.05.2007, Bl. 208 GA).

Nach Auswertung der Aussagen des Klägers zu 1. im Vorverfahren sowie im Klageverfahren geht der Senat davon aus, dass seine Tätigkeit bei den Rebellen den russischen Sicherheitskräften tatsächlich nicht bekannt geworden ist und er daher deswegen auch nichts zu befürchten hat. Im Rahmen seiner Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 20. Juni 2000 trug er vor, er habe in G. auf tschetschenischer Seite gekämpft und zwar hätten sie nachts gekämpft und tagsüber habe er sich in den Bergen aufgehalten. Er habe einer tschetschenischen Einheit bestehend aus 6 Mann angehört, nachdem sich seine Truppe aufgelöst habe, sei er am 27. Mai 2001 zu Fuß nach Inguschetien gegangen, wo er am 31. Mai angekommen sei. Sein Heimatland habe er verlassen, da ihn der Krieg dazu gezwungen habe, außerdem trage er Verantwortung für seine Familie. Bei Rückkehr in sein Heimatland werde er ins Gefängnis gesteckt, weil er auf tschetschenischer Seite gekämpft habe. Aus seinen Aussagen im Vorverfahren lässt sich bereits nicht erkennen, dass die russischen Sicherheitskräfte von seiner Tätigkeit bei den Rebellen etwas erfahren haben könnten. Allein die Tatsache, dass er während des 2. Tschetschenienkrieges Tschetschenien gemeinsam mit seiner Familie verlassen hat, dürfte kein eindeutiges Indiz für eine Mitgliedschaft bei den Rebellen sein, da zumindest die Bewohner G. ihre Heimatstadt während des 2. Tschetschenienkrieges fast vollständig verlassen haben, um dort den kriegerischen Auseinandersetzungen, die zu einer fast vollständigen Zerstörung der Stadt geführt haben, zu entkommen. So kommt auch der UNHCR in seinem Gutachten an das Gericht zu dem Ergebnis, es gebe keine Hinweise darauf, dass zurückkehrende Personen bei ihrer Rückkehr allein aufgrund der Tatsache verfolgt werden, dass sie im Ausland gelebt haben oder weil sie einer ethnischen Minderheit angehören (UNHCR, 8.10.2007, Bl. 264 GA). Auch die Ausführungen des Klägers zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 12. Mai 2004 sprechen dagegen, dass seine Tätigkeit bei den Rebellen den russischen Sicherheitskräften bekannt geworden ist und er deshalb bei Rückkehr zu den besonders gefährdeten Personen gehört. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte der Kläger, er sei während seiner Tätigkeit bei den Rebellen nie gefasst worden, sie seien zwar immer wieder in Kontrollen geraten, hätten aber davonkommen können. Nach der Auflösung seiner Gruppe sei er zu seiner Familie nach Inguschetien gegangen, wo er sich auch schon zuvor ab und an aufgehalten habe. Er habe dann gemeinsam mit seiner Familie Inguschetien verlassen und sei ausgereist. Zwar erklärte der Kläger auf entsprechende Nachfrage des Gerichtes, die Russen hätten gewusst, dass er auf tschetschenischer Seite gekämpft habe. Zur Erklärung dieser Mutmaßung gab er allerdings lediglich an, in seinen Papieren habe gestanden, wo sie gewohnt hätten. Es habe sogenannte Reinigungen, d. h. Militäraktionen der Russen mit dem Ziel gegeben, tschetschenische Kämpfer herauszufiltern. Die Russen hätten überprüft, ob sich die Leute an ihren gemeldeten Wohnorten aufhielten und wenn dies nicht der Fall gewesen sei, seien sie gesucht worden. Zwar mag sein, dass die russischen Sicherheitsbehörden ihre Sicherheitskontrollen in der von dem Kläger beschriebenen Art und Weise durchgeführt haben. Aufgrund der Tatsache, dass Grozny während des 2. Tschetschenienskrieges fast völlig zerstört wurde und die Bevölkerung die Stadt nahezu vollständig verlassen hat, gleichwohl Rückkehrer nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnismitteln nicht generell und allein aufgrund der Tatsache, dass sie sich im Ausland oder sonst außerhalb Tschetscheniens aufgehalten haben, verfolgt werden, teilt der Senat die von dem Kläger zu 1. gezogene Schlussfolgerung, allein die Tatsache, dass er sich - wie übrigens seine Familie auch - nicht in seiner Wohnung in Grozny aufgehalten habe, rechtfertige die Annahme, den russischen Sicherheitsbehörden sei bekannt gewesen, dass er auf Seiten der Rebellen gekämpft habe, nicht. Die dahinter stehende Annahme des Klägers zu 1., alle Rückkehrer nach Tschetschenien würde als Terroristen gesucht und bei Rückkehr verhaftet, findet in den von dem Senat ausgewerteten Erkenntnismitteln keine Stütze, wobei hierzu insbesondere auf die Ausführungen des Senats zur Sicherheitslage in Tschetschenien verwiesen werden kann, die er in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 21. Februar 2008 - 3 UE 191/07.A - getroffen hat und die dem Bevollmächtigten der Kläger mit Schreiben vom 11. März 2008 zur Kenntnis gebracht worden ist (Bl. 345 R GA).

Der Kläger hat zwar in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht darüber hinaus vorgetragen, tatsächlich werde nach ihm gesucht. Er habe mittlerweile wieder Kontakt zu seiner Mutter, die in einem als Flüchtlingslager genutzten Sanatorium in Kabardino-Balkarien lebe und die ihm berichtet habe, dass Polizisten etwa einmal im Monat zu ihr kämen und nach ihm fragten, er werde als Kämpfer für die Tschetschenen gesucht. Der Senat hält diese Aussage unter Berücksichtigung seines sonstigen Vortrags, er sei während seiner Beteiligung an den Kämpfen in Tschetschenien auf tschetschenischer Seite zu keinem Zeitpunkt festgenommen oder sonst kontrolliert worden, nicht für plausibel, zumal er nach seinen eigenen Aussagen lediglich als einfacher Soldat dort gekämpft hat. Im Übrigen spricht überwiegend viel dafür, dass, sollte er tatsächlich als tschetschenischer Terrorist gesucht werden, nicht einfach von Polizeibehörden bei seiner in Kabardino-Balkarien lebenden Mutter nachgefragt würde, sondern die Mutter auch auf andere Art und Weise unter Druck gesetzt würde, um den Aufenthaltsort des Klägers zu 1. preiszugeben. An dieser Einschätzung hält der Senat auch nach der Stellungnahme der Kläger in dem Schriftsatz vom 4. April 2008 (Bl. 369 GA) fest, zumal die Kläger dort nicht substantiiert dargelegt haben, aus welchen Gründen eine weitere Befragung insbesondere des Klägers zu 1. erforderlich sein sollte und zu einer anderen Beurteilung der Sachlage führen könnte.

Kann mithin von den Klägern gemäß Art. 8 QRL vernünftigerweise erwartet werden, dass sie ihren Aufenthalt in einer der Titularrepubliken der Adyge nehmen, haben sie keinen Anspruch auf Zuerkennung von Flüchtlingsschutz gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG.

Den Klägern drohen auch, soweit sie sich an den Ort des internen Schutzes begeben, keine sonstigen Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG, Art. 15 QRL.

Aufgrund der oben gemachten Ausführungen besteht für die Kläger nicht die konkrete Gefahr, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden (§ 60 Abs. 2 AufenthG, Art. 15 b QRL).

Für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 3 und 4 AufenthG, Art. 15 a QRL bestehen keine Anhaltspunkte, insoweit haben die Kläger auch keinen entsprechenden Sachvortrag geliefert.

Nach den oben gemachten Ausführungen zur Sicherheitslage in der Russischen Föderation, dort an den Orten der tscherkessischen Titularrepubliken wie den Gebieten der Republik Kabardino-Balkarien, der Republik Adygeja und der Republik Karatschajewo-Tscherkessien kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Abschiebung gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG aus Gründen der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 3. November 1950 unzulässig ist.

Gleiches hat für das Abschiebungsverbot des § 60 Abs. 7 AufenthG, Art. 15 c QRL zu gelten. Danach soll von einer Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG). Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat ist abzusehen, wenn er dort als Angehöriger der Zivilbevölkerung einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt ist (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, Art. 15 c QRL).

Zwar setzt § 60 Abs. 7 AufenthG die Vorgaben des Art. 15 c QRL aus mehreren Gründen nicht vollständig und zutreffend um, da er zum einen den Wortlaut des Art. 15 c QRL durch Weglassen des Tatbestandselements "infolge willkürlicher Gewalt" nicht vollständig wiedergibt und zum anderen die Ausschlussklausel des § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG aufgrund der Vorgaben der QRL nicht auf Sachverhaltskonstellationen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG/Art. 15 c QRL übertragen werden darf. Gemäß Art. 18 QRL handelt es sich nämlich auch bei der Zuerkennung von subsidiärem Schutz um eine gebundene Entscheidung, die bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 15 c QRL weder dem Entscheidungsvorbehalt des § 60 a AufenthG, noch den gesteigerten Anforderungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei verfassungskonformer Auslegung (sehenden Auges in den sicheren Tod ...) unterworfen werden darf.

Selbst unter Berücksichtigung dieser Vorgaben steht den Klägern bei Rückkehr in eine der tscherkessischen Titularrepubliken weder subsidiärer Schutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, noch nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, Art. 15 c, 18 QRL zu, da für zuziehende Binnenmigranten trotz der dort herrschenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten weder eine erhebliche konkrete Gefahr für die in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG genannten Schutzgüter besteht, noch eine ernsthafte individuelle Bedrohung der in Art. 15 c QRL genannten Schutzgüter infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, Art. 15 c QRL).

Die Berufung der Beklagten hat daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO Erfolg.

Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylVfG nicht erhoben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO, § 167 VwGO.

Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 sowie der dort in Bezug genommenen Richtlinie 2004/83/EG vom 29. April 2004 - Qualifikationsrichtlinie - (ABl. EU L 304 S. 12, ber. ABl. 2005 L 204 S.24) die Frage der anzuwendenden Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe bei Prüfung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 60 Abs. 1 AufenthG, die Frage der Beibehaltung der richterrechtlich entwickelten Differenzierungen zwischen örtlich begrenzter und regionaler Gruppenverfolgung, die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für die Prüfung internen Schutzes im Sinne des Art. 8 QRL sowie der dort anzuwendenden Prüfungsmaßstäbe und die in § 60 Abs. 7 AufenthG zu beachtenden Vorgaben der QRL von grundsätzlicher Bedeutung sind.

Ende der Entscheidung

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