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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.07.2007
Aktenzeichen: 3 UZ 433/07
Rechtsgebiete: HBO


Vorschriften:

HBO 2002 § 57 Abs. 2
HBO 2002 § 63
HBO 1993 § 67 Abs. 5
HBO 1993 § 68
1. Dachgaube ist ein aus dem Dach heraus errichtetes senkrechtes Dachfenster, das dadurch gekennzeichnet ist, dass es in allen Teilen auf dem Dach und nicht ganz oder teilweise an oder auf der Außenwand errichtet ist. Für den Begriff der Dachgaube ist nicht entscheidend, dass es hinter die Flucht (die Verlängerung) der darunterliegenden Außenwand zurücktritt.

2. Demgegenüber handelt es sich bei einem Zwerchhaus um ein Bauteil, das nicht aus dem Dach, sondern aus der Fassade aufsteigt.

3. Der Unterschied zwischen Dachgauben und Zwerchhäusern besteht darin, dass die Dachgaube eine vorhandene oder anzulegende Dachfläche durch den Aufbau durchbricht, während sich das Zwerchhaus als Baukörper zwar bis in den Dachbereich hinein begibt, jedoch optisch nicht als Durchbrechung der Dachhaut, sondern als eigenständiger Baukörper wahrgenommen wird, der aus der Fassade aufsteigt.

4. Die Genehmigungsfiktion des § 67 Abs. 5 HBO 1993, § 57 Abs. 2 Satz 3 HBO 2002 ist nicht auf die isolierte Befreiung anzuwenden, da eine entsprechende Verweisungsnorm fehlt.


HESSISCHER VERWALTUNGSGERICHTSHOF BESCHLUSS

3 UZ 433/07

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Lehmann

am 10. Juli 2007 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2006 - 4 E 5714/04 - wird abgelehnt.

Der Kläger hat auch die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor dieser Entscheidung bezeichnete Urteil bleibt ohne Erfolg, weil der Kläger Zulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt hat.

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht hinreichend dargelegt.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen dann, wenn gegen dessen Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird und sich ohne nähere Prüfung die Frage nicht beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl., 2005, § 124 Rdnr. 7 m.w.N.). Dabei müssen die ernstlichen Zweifel am Ergebnis der Entscheidung bestehen. An der Zulassung einer Berufung, die aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, kann kein Interesse bestehen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 124 Rdnr. 7 a m.w.N.).

Der Kläger trägt zunächst vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts handele es sich bei den mittleren Dachaufbauten seines Wohnhauses zum Garten sowie zur Straßenseite hin jeweils um Zwerchhäuser und nicht um Dachgauben. Das entscheidende Kriterium für ein Zwerchhaus bestehe darin, dass die Giebelwand in der Flucht der darunter liegenden Außenwand liege, oder sich konstruktiv auf die darunter liegende Wand stütze, der Giebel des Zwerchhauses also nicht in Richtung Dachfirst verschoben sei. Nicht anders sei auch die Entscheidung von dem Verwaltungsgericht zu verstehen, wonach eine Dachgaube ein aus dem Dach heraus gebautes, senkrechtes Dachfenster sei, wohingegen ein Zwerchhaus ein Bauteil sei, das nicht aus dem Dach, sondern aus der Fassade aufsteige. Nicht erheblich könne in diesem Zusammenhang sein, ob vor dem Zwerchhaus drei Ziegelreihen angebracht seien. Ein Zwerchhaus werde nicht deshalb zu einer Dachgaube, weil eine Haustürüberdachung angebracht sei. Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass beide mittleren Dachaufbauten von Dachfläche umgeben und auf dem Dach und nicht auf der Außenwand des Wohnhauses errichtet worden seien, sei nicht zutreffend, da sowohl zur Straßen- als auch zur Gartenseite hin die Giebelwand des mittleren Dachaufbaus in der Flucht der darunterliegenden Außenwand liege und sich konstruktiv auf diese darunter liegende Wand stütze. Dachgauben lägen jedoch nur dann vor, wenn sich der Giebel der mittleren Dachaufbauten nicht in der Flucht der darunter liegenden Außenwand befände, sondern in Richtung Dachfirst verschoben sei.

Dem kann mit den zutreffenden Argumenten des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt werden. Das Verwaltungsgericht hat unter Hinweis auf ein Urteil des OVG Rheinland-Pfalz vom 17.12.1992 - 10 A 2055/89 - sowie einen Beschluss des Bayerischen VGH vom 20.12.2000 - 1 ZB 99.1605 - beide zitiert nach juris-online, ausgeführt, dass als Dachgaube ein Dachaufbau für stehende Fenster verstanden wird, der dadurch gekennzeichnet ist, dass er in allen Teilen auf dem Dach und nicht ganz oder teilweise an oder auf der Außenwand errichtet ist. Eine Dachgaube ist danach ein aus dem Dach heraus errichtetes, senkrechtes Dachfenster, wo hingegen ein Zwerchhaus ein Bauteil ist, das nicht aus dem Dach, sondern aus der Fassade aufsteigt.

Zwar müssen auch nach Reiche/Schulte Dachgauben gegenüber der Außenwand des Gebäudes zurücktreten und dürfen nicht mit ihrer vorderen Wand als Teil der Gebäudeaußenwand erscheinen (Reichel/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, 2004, Kap. 3, Rdnr. 138 am Ende). Insoweit beziehen sich Reiche/Schulte auf eine Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen vom 14. November 2001 - 10 B 860/01 - (BRS 64 Nr. 122), das ebenfalls davon ausgeht, eine Gaube müsse gegenüber der Außenwand des Gebäudes zurücktreten.

Dieser, gemessen an der oben zitierten Rechtsprechung zusätzlichen Anforderung an das Vorhandensein einer Gaube folgt der Senat nicht.

Bei dem Begriff der Dachgaube handelt es sich nicht um einen gesetzlich definierten Rechtsbegriff. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch handelt es sich bei einer Gaube um einen Dachaufbau in einem geneigten Dach, der der Belichtung und Belüftung der Dachräume sowie der Vergrößerung des nutzbaren Raums dient. Die Stirnseite einer Dachgaube kann in der Flucht (der Verlängerung) der darunter liegenden Außenwand liegen, sie ist jedoch meist von der Dachtraufe des Hauptdaches in Richtung dessen Dachfirst zurückgesetzt (vgl. Definition der Dachgaube in Wikipedia, online).

Auch für den Senat ist das Zurücktreten eines Dachaufbaus hinter die gedachte Verlängerung der Außenwand der Fassade nicht zwingende Voraussetzung für das Vorliegen einer Dachgaube. Dabei ist von Bedeutung, dass es sich bei der Festsetzung über die Zulässigkeit von Dachgauben und/oder Zwerchhäusern um gestalterische Festsetzungen handelt und der gestalterische Unterschied zwischen Dachgauben und Zwerchhäusern gerade darin besteht, dass die Dachgaube eine vorhandene oder anzulegende Dachfläche durch den Aufbau durchbricht, während sich das Zwerchhaus als Baukörper zwar bis in den Dachbereich hinein begibt, jedoch optisch nicht als Durchbrechung der Dachhaut, sondern als eigenständiger Baukörper wahrgenommen wird, der aus der Fassade aufsteigt.

Auch die von dem Kläger eingereichten Lichtbilder dokumentieren, welcher gestalterische Unterschied zwischen errichteten Dachgauben und Zwerchhäusern besteht. Während bei Zwerchhäusern, wie auf den Fotos Nr. 2, 7, 10, 11, und 15 zu sehen ist, die - turmartige - Verlängerung der Gebäudefassade als Gestaltungselement im Vordergrund steht, ist bei den auf den Fotos Nr. 1, 3, 4, 5, 6,. 8, 13, und 14 abgebildeten Dachgauben die Durchbrechung der Dachfläche das beherrschende Gestaltungsmoment.

Ist mithin für das Vorhandensein einer Dachgaube nicht zwingend erforderlich, dass sie hinter die Fassade des Hauptgebäudes zurücktritt, bestehen ernstliche Zweifel hinsichtlich der unter (1) des Berufungszulassungsbegründungsschriftsatzes dargelegten Gründe an der erstinstanzlichen Entscheidung nicht.

Im Übrigen erscheinen die mittleren Gauben des klägerischen Hauses auch nicht, wie von Reichel/Schulte gefordert, als Teile der Gebäudeaußenwand (Reichel/Schulte, a.a.O., Kap. 3, Rdnr. 138 am Ende), sondern als Durchbrechungen der Dachhaut.

Auch soweit der Kläger meint, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden deshalb, weil die Regelungen der Gestaltungssatzung entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts funktionslos geworden seien, kann dem nicht gefolgt werden. Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang im Wesentlichen vor, in dem gesamten Baugebiet von insgesamt 22 Häusern gebe es kein einziges Haus, bei dem nicht eine Abweichung von dem Bebauungsplan vorliege, sei es, dass die Abweichung ausdrücklich von der Beklagten in Form einer Befreiung genehmigt worden sei, sei es, dass die Abweichung von der Beklagten hingenommen und nicht verfolgt, mithin geduldet werde. Entgegen der nicht zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts seien zur Beurteilung der entscheidungserheblichen Frage, ob der Bebauungsplan seine Verbindlichkeit auch bezüglich der Gestaltung der Dachaufbauten durch die von der Beklagten genehmigten bzw. zugelassenen Abweichungen verloren habe, sämtliche Abweichungen des Bebauungsplans in dem maßgeblichen Gebiet heranzuziehen. Das Verwaltungsgericht habe in diesem Zusammenhang auch verkannt, dass allein dadurch der Gleichheitssatz verletzt werde, dass für andere Bauwillige im Bebauungsgebiet Abweichungen von der Gestaltungssatzung zugelassen worden seien, nur gegenüber dem Kläger nicht.

Auch insoweit folgt der Senat den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, das darauf hinweist, hinsichtlich der Frage, ob eine gestalterische Festsetzung funktionslos geworden ist, sei allein auf die Einhaltung derjenigen Regelung, von der die Befreiung begehrt werde, abzustellen, und nicht auf sonstige in der Gestaltungssatzung daneben aufgeführte Regelungen.

Gestalterische Festsetzungen können unterschiedlichen gestalterischen Aspekten dienen, die einem eigenständigen rechtlichen Schicksal auch und gerade hinsichtlich der Frage, ob sie durch die tatsächliche Entwicklung vor Ort funktionslos geworden sind, ausgesetzt sein können.

Nach der streitigen Festsetzung in § 7 Abs. 3 der Satzung über die äußere Gestaltung von baulichen Anlagen mit Grün- und Freiflächen für den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 70 "Birnbaumfeld" der Stadt Homburg v. d. H./Stadtteil Dornholzhausen (Gestaltungssatzung) sind Gauben zulässig, sie dürfen jedoch in ihrer Gesamtheit höchstens 50 % der Trauflänge des Hauptdaches einnehmen und müssen zu Traufe, First und Ortgang mindestens 1,5 m Abstand haben.

Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang ohne differenzierte Angaben zu den hier streitigen Dachgauben die Funktionslosigkeit dieser Festsetzung. Auch aus der von ihm eingereichten Fotodokumentation ergibt sich eine Funktionslosigkeit der Feststetzungen hinsichtlich der Dachgauben nicht, da entgegen seiner Auffassung zum einen die dort auch angeführten Zwerchhäuser nicht gleichzusetzen sind mit den von ihm straßen- und gartenseitig angelegten mittleren Dachgauben und sich zum anderen die Frage der Funktionslosigkeit einer gestalterischen Festsetzung nur bezogen auf diese und nicht allgemein auf angeordnete gestalterische Festsetzungen beantworten lässt.

Soweit der Kläger unter (3) seines Berufungszulassungsbegründungsschriftsatzes vorträgt, ernstliche Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung bestünden auch deshalb, weil sich das Verwaltungsgericht nicht damit befasst habe, dass die Beklagte bei dem Haus Nr. 11 (Foto Nr. 22) eine überbreite Gaube (die Breite überschreite die zulässige Größe um ca. 100 cm) zur Straßenseite hin genehmigt habe, während in seinem Fall lediglich eine gartenseitige Überschreitung von 42 cm und eine straßenseitige von 79 cm in Streit stehe, zudem die Beklagte das völlig gleich gestaltete Wohnhaus Nr. 11 genehmigt habe, worin insgesamt ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz zu sehen sei, rechtfertigt auch dies die Zulassung der Berufung nicht.

Zunächst setzt sich der Kläger bereits nicht mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts auseinander, die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung seien deshalb zu verneinen, weil bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung im Sinne des § 8 der Gestaltungssatzung (bei dem in diesem Zusammenhang von dem Verwaltungsgericht zitierten § 6 der Gestaltungssatzung handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler) nicht gegeben seien, so dass er die Entscheidungserheblichkeit des von ihm geltend gemachten Ermessensfehlgebrauchs nicht dargelegt hat.

Im Übrigen würde auch die einmalige Genehmigung einer überbreiten Gaube bei dem Haus Nr. 11 weder zu der Funktionslosigkeit der genannten gestalterischen Festsetzung noch zu einer Ermessensbindung der Beklagten führen. Das von dem Kläger als identisch bezeichnete Haus Nr. 10 ist jedoch entgegen seiner Auffassung gerade nicht mit seinem Haus vergleichbar, da es sich bei dem Haus Nr. 10 im Mittelteil um ein Zwerchhaus und nicht wie bei dem Kläger im Mittelteil um eine übergroße Gaube handelt.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang die Funktionslosigkeit der gestalterischen Festsetzungen in § 7 Abs. 3 der Gestaltungssatzung hinsichtlich der Dachgauben daraus ableitet, dass die ebenfalls in § 7 Abs. 3 der Gestaltungssatzung geregelte Unzulässigkeit von Dachflächenfenstern funktionslos geworden sei, kann dem ebenfalls mit den zutreffenden Argumenten des Verwaltungsgerichts nicht gefolgt werden. In § 7 Abs. 3 der Gestaltungssatzung sind zwei gestalterische Festsetzungen zusammengefasst, nämlich zum einen hinsichtlich der Zulässigkeit von Dachgauben und zum anderen hinsichtlich der Zulässigkeit von Dachflächenfenstern. Selbst wenn der Argumentation des Klägers gefolgt werden sollte, dass aufgrund der vermehrten Zulassung von Dachflächenfenstern in dem Baugebiet die Festsetzung hinsichtlich der Dachflächenfenster funktionslos geworden sei, schlägt dies nicht auf die gestalterische Festsetzung zu Gauben durch, da es sich hierbei um verschiedene Festsetzungen handelt, die in keinem inneren rechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen.

Soweit der Kläger schließlich meint, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestünden deshalb, weil das Verwaltungsgericht den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 67 Abs. 5 HBO 1993 zu seinen Befreiungsanträgen verneint habe, kann dem nicht gefolgt werden.

Der Kläger hat ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils am 26. Mai 1999 einen Bauantrag gestellt, der ihm bestandskräftig unter Anordnung diverser Auflagen genehmigt wurde. Nachdem am 1. November 2000 eine Bauzustandsbesichtigung mit Mängelbeseitigungsaufforderung erfolgt ist, nach der die beiden mittleren großen Gauben als Zwerchhäuser auszuführen und das Dach entsprechend zurückzubauen ist und die Dachneigung gemäß den Grüneinträgen zu reduzieren ist, hat der Kläger am 11. September 2001 zwei Befreiungsanträge hinsichtlich der Begrenzung der maximalen Traufhöhe auf 2 m beantragt, die mit Bescheid vom 1. Februar 2002 unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 der Gestaltungssatzung abgelehnt worden sind.

Zwar ist in Anbetracht der Tatsache, dass der Kläger zumindest mit seinem dritten Klageantrag ein Verpflichtungsbegehren anhängig gemacht hat, grundsätzlich die derzeit gültige Hessische Bauordnung vom 18. Juni 2002 anzuwenden, hinsichtlich der Frage, ob die Befreiung über § 67 Abs. 5 Satz 4 der HBO 1993 im Rahmen des Genehmigungsverfahrens als erteilt galt, hat das Verwaltungsgericht jedoch zutreffend auf die Fassung der Hessischen Bauordnung vom 20. Dezember 1993 abgestellt. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend ausgeführt, dass die Genehmigungsfiktion des § 67 Abs. 5 HBO 1993 nicht auf die isolierte Befreiung anzuwenden ist, was sich bereits aus der Gesetzessystematik ergibt, da § 68 HBO 1993 zwar auf § 66 Abs. 2 und 3 der HBO verweist, nicht jedoch auf § 67 Abs. 5 Satz 4 HBO 1993. Zwar mag im Fall der gleichzeitigen Beantragung einer im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu erteilenden Baugenehmigung sowie einer hierzu erforderlichen Befreiung in Frage stehen, ob die Genehmigungsfiktion in diesem Fall auch die Ausnahme oder Befreiung mit umfasst, worauf Allgeier in der von dem Kläger zitierten Textstelle hinweist (vgl. Allgeier/von Lutzau, Die Bauordnung für Hessen, 6. Auflage, Wiesbaden 2000, Erläuterung zu § 67, 67.5). Bereits die einschlägige Kommentarstelle bei Hornmann (Hornmann, Hessische Bauordnung, Kommentar zu § 57 Rdnr. 73) deutet jedoch darauf hin, dass bei gleichzeitiger Beantragung von vereinfachter Baugenehmigung und Befreiung der Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht zwingend auch auf die Erteilung der Befreiung zu beziehen ist. Insoweit wird dort ausgeführt, die Bauaufsichtsbehörde könne, wenn dem Vorhaben - ausgenommen Vorhaben im Außenbereich - keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die nach § 57 Abs. 1 Satz 1 HBO zu prüfen seien, entgegenstünden, die Genehmigungsfiktion nach § 57 Abs. 2 Satz 3 HBO eintreten lassen. Diese Möglichkeit bestehe auch, wenn dem nach § 63 Abs. 2 HBO schriftlich unter Beifügung einer Begründung zu stellenden Antrag auf Befreiung oder Ausnahme (§ 31 BauGB) oder Abweichung (§ 63 HBO) zudem stattzugeben sei.

Es kann dahinstehen, ob im Fall der gleichzeitigen Beantragung einer Baugenehmigung im vereinfachten Genehmigungsverfahren und einer erforderlichen Befreiung die Genehmigungsfiktion - ausnahmsweise - auch die Erteilung der Befreiung umfasst, da dies den Fall des Klägers nicht erfasst. Der Kläger hat isoliert ein Befreiungsverfahren anhängig gemacht, bei dem nach den eindeutigen rechtlichen Vorgaben sowohl der HBO 1993 als auch der geltenden HBO 2002 die Fiktionsregelung des § 67 Abs. 5 Satz 4 HBO 1993, § 57 Abs. 2 Satz 3 HBO 2002 mangels entsprechender Verweisung in den Befreiungsvorschriften nicht greift.

Aus diesem Grund hat der Kläger auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht dargelegt, da sich im Fall der isolierten Beantragung einer Befreiung die Beantwortung der für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen Frage, ob die Genehmigungsfiktion des § 67 Abs. 5 HBO 1993 bzw. § 57 Abs. 2 HBO 2002 auf isolierte Befreiungen anzuwenden ist, bereits aus dem Gesetz ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Bei der Streitwertfestsetzung folgt der Senat der Vorinstanz (§§ 52, 47 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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