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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.08.2002
Aktenzeichen: 3 UZ 778/02
Rechtsgebiete: GaVO


Vorschriften:

GaVO § 2
Die Bauaufsichtsbehörde ist bei offensichtlichen Verstößen auch gegen nicht prüfpflichtige Vorschriften gehalten, schon im Baugenehmigungsverfahren Maßnahmen zu ergreifen, die ein späteres bauaufsichtliches Einschreiten entbehrlich machen.

§ 4 Abs. 2 GaVO gilt auch für Kleingaragen


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss

3. Senat

3 UZ 778/02

In dem Verwaltungsstreitverfahren

wegen Baurechts

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 3. Senat - durch Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Blume, Richter am Hess. VGH Dr. Michel, Richterin am Hess. VGH Schott

am 27. August 2002 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 11.415,00 € festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor dieses Beschlusses bezeichnete Urteil bleibt ohne Erfolg, weil der Kläger Zulassungsgründe nicht darzulegen vermochte. Er beruft sich zunächst ohne Erfolg auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und trägt dazu vor, das Gericht ginge zu Unrecht davon aus, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 GaVO vorlägen. Diese Vorschrift finde jedoch auf Kleingaragen, worum es sich bei den Vorhaben des Klägers handele, keine Anwendung. Dies ergebe sich aus der systematischen Stellung des Absatzes 2 in der Gesamtregelung des § 4 GaVO. Mit diesem Vorbringen sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht dargetan. Das Gericht legt ausführlich dar, dass § 4 Abs. 2 GaVO für Kleingaragen gilt. Es führt aus, dass entgegen der Ansicht des Beklagten die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 GaVO, wonach die Rampen von Mittel- und Großgaragen nicht mehr als 15 vom Hundert geneigt sein dürfen, auf die Kleingarage des Klägers keine Anwendung findet. Danach steht fest, dass seine Rampen, die zu beiden Garagen eine Neigung von 30,6 vom Hundert auf 5 m aufweist, nicht gegen die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 GaVO verstößt. Allerdings verstießen die Garagen gegen die Vorschrift des § 4 Abs. 2 GaVO, wonach zwischen öffentlicher Verkehrsfläche und einer Rampe mit mehr als 10 vom Hundert Neigung eine geringer geneigte Fläche mit weniger als 5 vom Hundert Neigung und von mindestens 3 m Länge liegen müsse. Diese Vorschrift wird vom Bauvorhaben des Klägers nicht eingehalten. Zu Recht führt das Urteil an, dass von seinem Wortlaut her § 4 Abs. 2 GaVO nicht auf Mittel- und Großgaragen beschränkt sei. Vielmehr sprechen sowohl die Überschrift des Paragraphen ("Rampen") sowie die ausdrückliche Erwähnung von Mittel- und Großgaragen in den Absätzen 1 und 3 dafür, dass auch nur in diesen Absätzen eine besondere Regelung für Mittel- und Großgaragen getroffen wird. Die vom Kläger vorgenommene Auslegung gegen den ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift, vermag keine ernstlichen Zweifel an der Auslegung des Gerichts zu begründen. Im Übrigen überzeugt die Auslegung des Gerichts entgegen der Ansicht des Klägers auch von der gesetzgeberischen Intention her. Denn wenn der Gesetzgeber es für Kleingaragen schon zulässt, dass Rampen eine stärkere Neigung als 15 vom Hundert aufweisen, so will er jedenfalls offensichtlich sicherstellen, dass zwischen der öffentlichen Verkehrsfläche und der Rampe eine geringer geneigte Fläche von einer bestimmten Größe zur Verfügung steht.

Auch soweit der Kläger den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO anführt und meint, es müsse geklärt werden, ob § 4 Abs. 2 GaVO auf Kleingaragen Anwendung finde, bleibt er ohne Erfolg. Denn diese Frage lässt sich, wie oben ausgeführt, bereits aus dem Gesetz eindeutig entnehmen.

Soweit der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Hinblick auf die Ausführungen des Gerichts dazu geltend macht, dass bauliche Anlagen nicht gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstoßen dürfen, bleibt er ohne Erfolg. Denn wie er selbst zu Recht anführt, hat das Gericht die Frage danach, ob die Errichtung der Rampen gegen diese allgemeine Anforderung, dass bauliche Anlagen nicht gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstoßen dürfen, gerade dahingestellt sein lassen. Im Hinblick auf eine Frage, die das Gericht ausdrücklich dahingestellt hat sein lassen, können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nicht bestehen. Denn die Frage ist nicht entscheidungserheblich gewesen. Die Entscheidung darüber vermag das Urteil daher auch nicht im Sinne des Klägers zu beeinflussen.

Soweit der Kläger sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache insofern bezieht, als er die Frage aufwirft, ob die Ablehnung einer Baugenehmigung allein mit Blick auf einen möglichen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 GaVO ohne Prüfung des konkreten Einzelfalles am Maßstab der §§ 3, 50 HBO möglich sei, bleibt er ohne Erfolg. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Denn das Gericht hat den Fall anhand des konkreten Einzelfalls geprüft.

Soweit der Kläger einen Verfahrensmangel geltend macht und sich damit auf § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beruft, bleibt er ebenfalls ohne Erfolg. Er meint, das Gericht hätte nicht von der mangelnden Verkehrssicherheit der Rampen und der Garagen ausgehen dürfen, ohne die Örtlichkeit zu besichtigen. Er, der Kläger, habe mehrfach die Anberaumung eines Ortstermins beantragt. Damit ist ein Verfahrensverstoß jedoch nicht dargetan. Denn der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung nur die Anregung gegeben, das Gericht möge die Örtlichkeit in Augenschein nehmen. Wenn das Gericht einer solchen Anregung nicht folgt, ist damit unter keinen Umständen ein Verfahrensverstoß gegeben. Denn eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann in Anlehnung an die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich dann nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter von einem Beweisantrag abgesehen hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 12. Auflage, § 124 a Rdnr. 13). Ein Beweisantrag wurde hier nicht gestellt, sodass sich der Kläger auf einen Verfahrensverstoß nicht berufen kann.

Soweit der Kläger sich weiterhin auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils mit der Begründung bezieht, das Gericht habe nicht geprüft, ob der behauptete Rechtsverstoß durch Auflagen oder Nebenbestimmungen, wie z.B. die Verpflichtung zur Anbringung von Spiegeln an der Rampenzufahrt, hätte beseitigt werden können, ergeben sich damit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Denn der Verstoß gegen § 4 Abs. 2 GaVO, der nach Ansicht des Gerichts zentral der Erteilung der Genehmigung entgegensteht, kann durch die Anbringung von Spiegeln nicht beseitigt werden. Es ist auch nicht erkennbar, durch welche sonstigen Nebenbestimmungen dieser Verstoß beseitigt werden könnte.

Der Kläger bleibt ebenfalls ohne Erfolg, soweit er sich auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO beruft und vorträgt, das Gericht habe nur unzureichend geprüft, ob die Versagung der Genehmigung nicht zu einer unvorhergesehenen Härte führen würde. Es hätte prüfen müssen, ob eine Befreiung nach § 68 Abs. 3 Nr. 3 HBO zu erteilen gewesen sei, da der Sachverhalt atypisch sei. Es läge insoweit auch der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vor. Beide Zulassungsgründe sind jedoch nicht gegeben. Das Gericht hat sich mit der Frage der Erteilung einer Befreiung auseinander gesetzt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine besondere Härte darstelle, dass die Errichtung einer Garage auf dem Grundstücken wegen der baulichen Ausnutzung der Grundstücke nicht möglich sei. Denn der Bauherr habe es selbst in der Hand, durch entsprechende Planungen und Umplanungen zu einer für ihn bestmöglichen Ausnutzung des Grundstücks im Rahmen der rechtlichen Vorschriften zu gelangen. Zum anderen bestehe grundsätzlich kein Anspruch für einen Bauherrn, dass er auf seinem Grundstück eine Garage errichten könne. So seien auch auf den benachbarten Grundstücken, die ebenfalls Teil der Reihenhaussiedlung seien, keine Garagen und Kellergeschosse errichtet worden. Mit dieser Argumentation hat sich der Kläger nicht auseinander gesetzt. Zweifel an der Richtigkeit dieser Erwägungen hat der Senat aufgrund der Darlegungen des Klägers nicht. Auch ein Verfahrensmangel ist damit nicht dargetan.

Auch soweit ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darin gesehen wird, dass das Gericht sich nicht mit den Möglichkeiten von Auflagen und sonstigen Nebenbestimmungen auseinander gesetzt habe, bleibt er ohne Erfolg. Denn wie bereits ausgeführt, vermögen Nebenbestimmungen den Verstoß gegen § 4 Abs. 2 GaVO nicht zu beseitigen. Es sind insofern weder Verfahrensfehler zu erkennen noch ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dargetan. Auch soweit wegen der fehlenden Anberaumung eines Ortstermins der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 VwGO geltend gemacht wird, bleibt der Kläger ohne Erfolg. Ein Verfahrensfehler liegt aus den bereits erörterten Gründen nicht vor. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen nicht, denn der Verstoß gegen § 4 Abs. 2 GaVO konnte eindeutig ohne Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit festgestellt werden.

Auch soweit der Kläger abschließend die Frage stellt, ob der Beklagte im Rahmen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens nach § 87 HBO berechtigt gewesen sei, einen Verstoß nach § 4 GaVO überhaupt zu prüfen, bleibt er ohne Erfolg. Das Gericht hat dazu dargelegt, aus welchen Gründen die Genehmigungsbehörde auch im vereinfachten Verfahren verpflichtet bleibt, bei Bekanntwerden von Verstößen öffentlich-rechtlicher Vorschriften die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dabei sei sie bei offensichtlichen Verstößen auch gegen nichtprüfpflichtige Vorschriften gehalten, schon im Baugenehmigungsverfahren Maßnahmen zu ergreifen, die ein späteres bauaufsichtliches Einschreiten entbehrlich machen. Auch die vom Kläger angeführten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind nicht dargetan. Es fehlt bereits an einer Darlegung dazu, aus welchen Gründen die Rechtssache über das normale Maß hinausgehende tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus den §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 und 3 sowie § 15 Abs. 1 GKG.

Bei der Berechnung des Streitwerts ist das Gericht ebenso wie die erste Instanz von 38,05 qm umbautem Raum ausgegangen. Es hat gemäß der ab 01.01.2002 für die Bausenate des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs geltenden Streitwertrichtlinien 150 €/qm³ umbauten Raumes bei unterirdischen Garagen zugrunde gelegt.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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