Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 4 N 2282/02
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 14
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 12
Die einem Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans zugrunde liegende positive Planungskonzeption muss sich nicht aus seinem Wortlaut erschließen. Es genügt, wenn sie in einer Weise verlässlich fixiert ist, die es der Gemeinde ermöglicht, einen Nachweis für den Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre zu erbringen. Zur Ermittlung des künftigen Planinhalts kann z.B. auf Vorlagen für die Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung oder sonstige Unterlagen zurückgegriffen werden.

2. Die Planung einer Fläche für Windkraftanlagen auf einer Außenbereichsfläche als Versorgungsfläche gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB stellt eine hinreichende Konkretisierung der Planungsabsichten der Gemeinde dar, wenn damit eine planerische Feinsteuerung für die Errichtung von Windkraftanlagen angestrebt wird.


Hessischer Verwaltungsgerichtshof Im Namen des Volkes Urteil

4 N 2282/02

In dem Normenkontrollverfahren

wegen Überprüfung der Gültigkeit der Satzung über eine Veränderungssperre für den Bereich des künftigen Bebauungsplans Nr. 44 "Windkraftanlagen Lendorfer und Lembacher Höhe" vom 06.02.2002

hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof - 4. Senat - durch

Vorsitzenden Richter am Hess. VGH Koch, Richter am Hess. VGH Dr. Dittmann, Richter am Hess. VGH Heuser, Richter am Hess. VGH Schönstädt, Richter am Hess. VGH Dr. Jürgens

auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 5. Februar 2004 für Recht erkannt:

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abwenden, sofern nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung in entsprechender Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen eine Satzung über eine Veränderungssperre für den Bereich des künftigen Bebauungsplans Nr. 44 "Windkraftanlagen-Lendorfer und Lembacher Höhe" der Antragsgegnerin vom 06.02.2002.

Die Antragstellerin betreibt eine Bauträger- und Verwaltungsgesellschaft, die u.a. Windkraftanlagen projektiert, errichtet und betreibt. Mit am 30.11.2001 bei der Bauaufsicht des Schwalm-Eder-Kreises eingegangenem Bauantrag begehrte sie die Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung von zwei Windkraftanlagen des Typs Enron Wind 1,5 si mit einer Nennleistung von je 1.500 kw, einer Nabenhöhe von 100 m und einem Rotordurchmesser von 77 m auf den Grundstücken Gemarkung Lendorf, Flur ..., Flurstücke ... und ..... Die Standorte der vorgesehenen Windkraftanlagen liegen in einem Bereich, für den der Regionalplan Nordhessen 2000 (StAnz. 2001, 2068) ein Vorranggebiet für die Windenergienutzung vorsieht.

In der Magistratsvorlage vom 12.12.2001 machte die Bauverwaltung der Antragsgegnerin den Vorschlag, die Aufstellung des künftigen Bebauungsplans Nr. 44 "Windkraftanlagen-Lendorfer und Lembacher Höhe" gemäß einem beigefügten Plan zu beschließen und der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin u.a. zu empfehlen, den entsprechenden Aufstellungsbeschluss zu fassen und eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans zu beschließen. Zur Begründung wurde dargelegt, dass nach Gesprächen mit der Stadt Homberg (Efze) für diesen Bereich ein Bebauungsplan aufgestellt werden solle, mit dem die Anzahl, die Standorte und die Höhen der einzelnen Anlagen geregelt werden könnten. Im Rahmen des Planverfahrens seien auch damit zusammenhängende Fragen des Lärmschutzes, des Landschaftsschutzes, des Brutvorkommens von geschützten Arten und der Flugsicherheit zu klären. Der Bauausschuss der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin befasste sich in seiner Sitzung vom 31.01.2002 mit den Vorschlägen der Bauverwaltung und schloss sich seiner Empfehlung an. Dies sei notwendig, damit auf konkrete Bauvorhaben für Windkraftanlagen reagiert werden könne und eine Steuerung möglich sei. Hinsichtlich der Steuerungsmöglichkeiten schloss sich der Bauausschuss der Stadtverordnetenversammlung ebenfalls den Empfehlungen der Bauverwaltung an.

Am 06.02.2002 beschloss die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin, den Bebauungsplan Nr. 44 "Windkraftanlagen-Lendorfer und Lembacher Höhe" aufzustellen. Gleichzeitig beschloss sie die Satzung über den Erlass einer Veränderungssperre für den Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplans. Die Satzung enthält in ihrem § 2 Nr. 1 das Verbot der Durchführung und Beseitigung von baulichen Anlagen im Sinne des § 29 BauGB. Aufstellungsbeschluss und Veränderungssperre wurden am 14.02.2002 im "Borkener Anzeiger", dem amtlichen Bekanntmachungsorgan der Antragsgegnerin, bekannt gemacht.

Der Schwalm-Eder-Kreis lehnte mit Bescheid vom 08.05.2002 den Bauantrag der Antragsgegnerin für zwei Windkraftanlagen ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Vorhaben widerspreche § 2 der Veränderungssperre und damit öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 70 Abs. 1 HBO. Über die hiergegen von der Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht Kassel erhobene Verpflichtungsklage ist bisher noch nicht entschieden worden.

Mit ihrem am 13.08.2002 eingegangenen Normenkontrollantrag wendet sich die Antragstellerin gegen die Veränderungssperre. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, sie sei antragsbefugt, da sie aufgrund des ablehnenden Bescheids des Schwalm-Eder-Kreises geltend machen könne, in eigenen Rechten verletzt zu sein.

Die Veränderungssperre sei verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen. An dem ihr zugrunde liegenden Beschluss hätten Stadtverordnete teilgenommen, die wegen Widerstreits der Interessen von der Mitwirkung in dieser Angelegenheit ausgeschlossen gewesen sein könnten. Die Satzung über den Erlass der Veränderungssperre betreffe 30 Flurstücke, welche unterschiedlichen Eigentümern gehörten. Die Anzahl der Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin umfasse jedoch mehr als 40 Stadtverordnete. Aufgrund dieses Sachverhalts erscheine die nähere Überprüfung veranlasst, ob die an der Abstimmung beteiligten Mandatsträger eine eigentumsrechtliche oder sonstige schuldrechtliche Verknüpfung mit den im Geltungsbereich der Veränderungssperre gelegenen Grundstücken aufwiesen. Im Vorfeld der Normenkontrollklage habe sich die Antragsgegnerin geweigert, ihr, der Antragstellerin, die Sitzungsniederschriften zugänglich zu machen, so dass es ihr nicht möglich gewesen sei, die Verwandtschafts- und Eigentumsverhältnisse zu klären. Es sei daher nicht auszuschließen, dass Eigentümer bzw. schuldrechtliche Nutzungsberechtigte von im Satzungsgebiet gelegenen Grundstücken durch die Beschlussfassung einen Vorteil materieller oder immaterieller Art erlangt hätten, wobei die bloße Möglichkeit unmittelbarer persönlicher Vor- oder Nachteile ausreiche. Vor Abstimmung der Stadtverordnetenversammlung über den Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre hätte eine Betroffenheitsüberprüfung vorgenommen werden müssen, die hier unterblieben sei. Rein vorsorglich werde weiter gerügt, dass der Aufstellungsbeschluss und die Veränderungssperre unter Verstoß gegen das Öffentlichkeitsgebot (§ 52 HGO) sowie das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Ladung (§ 58 HGO) erlassen worden seien. Hierzu könne erst nach eingehender Prüfung der Verfahrensakten abschließend Stellung genommen werden.

Die Veränderungssperre sei auch materiell rechtswidrig. Es fehle an der für sie erforderlichen positiven Plankonzeption. Eine Veränderungssperre sei unzulässig, wenn der Inhalt der Planung im Zeitpunkt ihres Erlasses in keiner Weise absehbar sei. In Abweichung zu den Festsetzungen des Regionalplans habe die Antragsgegnerin eine Verkleinerung des Gebiets vorgenommen, ohne dass eine Begründung hierfür ersichtlich sei. Der vorliegenden Planung könne nur schemenhaft entnommen werden, dass eine noch später zu ermittelnde Anzahl von Windkraftanlagen als Höchstgrenze festgesetzt werden solle. Die Entwicklung eines Grundstücks dürfe nicht für einen nicht unerheblichen Zeitraum gestoppt werden, ohne dass ein zulässiges städtebauliches Ziel erkennbar geschützt werden solle. Unzulässig sei eine Negativplanung, die sich darin erschöpfe, einzelne Vorhaben - wenn auch nur temporär - auszuschließen. Als Sicherungsmittel ungeeignet und somit in städtebaulicher Hinsicht nicht erforderlich sei eine Veränderungssperre, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzungen nicht erreichen lasse, der beabsichtigte Plan einer positiven Plankonzeption entbehre und der Förderung von Zwecken diene, für deren Verwirklichung die Planinstrumente des BauGB nicht bestimmt seien oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar seien. Hier fehle es bezüglich der zu sichernden städtebaulichen Planung an der positiven Grundkonzeption. Aus der Niederschrift des Bauausschusses der Stadtverordnetenversammlung lasse sich insoweit nichts entnehmen. Eingegangen sei danach nur darauf, dass durch eine Veränderungssperre auf ein konkretes Bauvorhaben von Windkraftanlagen reagiert werden könne und eine diesbezügliche Steuerung möglich erscheine. Hieraus seien jedoch keine auf die Sicherung der Bauleitplanung hindeutenden Schlüsse zu ziehen, vielmehr rechtfertige sich der Verdacht, dass ihr, der Antragstellerin, Bauvorhaben per Veränderungssperre verhindert werden solle. Im Ergebnis handele es sich damit um eine Negativplanung, die sich darin erschöpfe, einzelne Vorhaben auszuschließen. Die bloße Anzahl von Windenergieanlagen stelle keine zulässige Festsetzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB dar, wenn nicht erkennbar werde, welches legitime besondere städtebauliche Ziel gerade damit verfolgt werden solle. Wenn die Antragsgegnerin als städtebauliche Ziele rudimentär ersichtliche Aspekte des Landschafts- und Naturschutzes anführe, so verweise sie damit lediglich auf die pauschalen Grundsätze der §§ 1 und 1a BauGB.

Eine Heilung der Fehlerhaftigkeit der Veränderungssperre könne nicht dadurch erreicht werden, dass ein hinreichender Stand der Planung erst zu einem späteren Zeitpunkt eintrete. Erwägungen des Landschafts- und Naturschutzes sowie des Immissionsschutzes seien bereits im Rahmen der Festlegungen des Gebiets durch den Regionalplan eingestellt worden.

Schließlich laufe die Veränderungssperre den Zielen der Raumordnung zuwider, da sie deren Festsetzungen nicht berücksichtige.

Die Antragstellerin beantragt,

die Satzung über die Veränderungssperre der Stadt Borken für den Bereich des künftigen Bebauungsplans Nr. 44 "Windkraftanlagen-Lendorfer und Lembacher Höhe" vom 06.02.2002 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Veränderungssperre sei in formeller und materieller Hinsicht nicht zu beanstanden. Soweit die Antragstellerin eine Interessenkollision einzelner Mitglieder ihrer Stadtverordnetenversammlung rüge, sei ihr Vortrag völlig unsubstantiiert. Diese Behauptung erfolge "ins Blaue hinein", ohne dass die fraglichen Mitglieder benannt würden. Die Antragstellerin beschränke sich darauf, ihre Vermutung durch den lapidaren Hinweis auf die Anzahl der von der Veränderungssperre betroffenen Grundstücke zu untermauern. Nach § 25 Abs. 4 HGO treffe den Mandatsträger eine Mitteilungspflicht bei Annahme des Vorliegens eines Widerstreits der Interessen. Es sei nicht Aufgabe des Vorstehers der Stadtverordnetenversammlung zu prüfen, ob die anwesenden Stadtverordneten unter Verstoß gegen § 25 Abs. 1 HGO in einer Angelegenheit beratend oder entscheidend mitwirkten. Auch die Rüge der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe bei dem Erlass der angefochtenen Veränderungssperre gegen die §§ 52 und 58 HGO verstoßen, sei unbegründet. Die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung seien zu der hier maßgeblichen Sitzung vom 06.02.2002 durch Ladung des Vorstehers der Stadtverordnetenversammlung vom 28.01.2002 ordnungsgemäß geladen worden. Die Ladung sei im "Borkener Anzeiger" vom 31.01.2002 bekannt gemacht worden.

Der Einwand der Antragstellerin, die Veränderungssperre sei mangels positiver Planungsziele materiell rechtswidrig, sei unbegründet. Im Zeitpunkt der Verkündung der Veränderungssperre sei eine ausreichende Konkretisierung der Planung vorhanden gewesen. Die Planung habe einen Stand erreicht, der ein Mindestmaß dessen habe erkennen lassen, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans werden solle. Die Veränderungssperre werde den Anforderungen der Rechtsprechung, dass die Kommune positive planerische Vorstellungen entwickelt haben müsse und eine Negativplanung, die sich darin erschöpfe, einzelne Vorhaben auszuschließen, nicht zulässig sei, gerecht. So lasse sich der Magistratsvorlage ihrer Bauverwaltung vom 12.12.2001 entnehmen, dass die Stadtverordnetenversammlung ein Änderungsverfahren des Flächennutzungsplans zur Darstellung einer Vorrangfläche für Windkraftanlagen eingeleitet habe. Das Ergebnis eines Windgutachtens sei in den Blick genommen und die Lendorfer und Lembacher Höhe im Grenzbereich zu dem Gebiet der Kreisstadt Homberg (Efze) als geeigneter Standort ausgewählt worden. Vor diesem Hintergrund sollten nach Gesprächen mit der Stadt Homberg der Bebauungsplan Nr. 44 "Windkraftanlagen-Lendorfer und Lembacher Höhe" für diesen Bereich gemeinsam aufgestellt werden, um u.a. die Anzahl, die Standorte und die Höhen der einzelnen Anlagen zu regeln. In diesem Rahmen sollten abwägungsrelevante Belange (Lärmschutz, Landschaftsbild, Brutvorkommen von geschützten Arten sowie Sicherheit) Berücksichtigung finden. Das Plangebiet sei in der Sitzung des Bauausschusses der Stadtverordnetenversammlung vom 31.01.2002 vorgestellt worden. Dabei seien die Möglichkeiten eines Bebauungsplans als kommunales Steuerungsinstrument bezogen auf Anzahl, Standort, Nabenhöhe, Rotordurchmesser, Farbgestaltung, Beleuchtungsverbot, Werbeverbot, Schutzpflanzungen und Ausgleichsmaßnahmen erläutert worden. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans sei in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 06.02.2002 festgelegt und in der ortsüblichen Bekanntmachung sei darauf hingewiesen worden, dass die Errichtung von Windkraftanlagen planerisch geordnet werden solle. Damit habe sie die zu sichernden Planungsziele des Bebauungsplans Nr. 44 hinreichend konkretisiert. Für diese Planung, die auf einem positiven städtebaulichen Konzept beruhe, diene die Veränderungssperre als Sicherungsinstrument.

Die zu sichernde Planung verstoße auch nicht gegen § 1 Abs. 4 BauGB, vielmehr sei sie den Zielen des hier maßgeblichen Regionalplans Nordhessen 2000 angepasst. Ziele der Raumordnung seien gemäß § 3 Ziffer 2 ROG der Konkretisierung zugänglich, was hier geschehen sei. Das im Wege der Landesgesetzgebung vorgegebene Ziel laute, die in der Karte dargestellten Bereiche für die Windenergienutzung derart umzusetzen, dass der "Bestand" unangetastet bleibe. Dagegen sei der Bereich selbst für eine Konkretisierung offen. Von diesem Konkretisierungsspielraum habe sie Gebrauch gemacht, in dem sie unter Berücksichtigung einer Sicherheitsstudie sowie eines avifaunischen Gutachtens zum Brutvorkommen der Grauammer einen Planungsbereich des Raumordnungsplans ausgeklammert habe. Diese Planungsabsicht sei Ausdruck einer städtebaulichen Konzeption unter Anpassung an die Zielvorgaben des Regionalplans Nordhessen 2000.

Ein Ordner Verfahrensunterlagen betreffend die Veränderungssperre für den Bereich des künftigen Bebauungsplans Nr. 44 "Windkraftanlagen-Lendorfer und Lembacher Höhe" war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Normenkontrolle gegen eine Satzung, die nach § 16 BauGB erlassen worden ist und damit gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, deren Gültigkeit von dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof nach §§ 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO, 15 Abs. 1 HessAGVwGO überprüft werden kann.

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Danach ist antragsbefugt, wer geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Antragstellerin ist zwar nicht Eigentümerin eines im Geltungsbereich der Veränderungssperre gelegenen Grundstücks, so dass sie nicht zu dem Personenkreis gehört, der in erster Linie daran gehindert wird oder gehindert werden kann, die in § 14 Abs. 1 BauGB bezeichneten Veränderungen vorzunehmen. An die Geltendmachung einer Rechtsverletzung sind jedoch keine höheren Anforderungen zu stellen, als sie für die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO gelten, d.h. die Antragsbefugnis fehlt nur dann, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Antragstellers verletzt sein können. Für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügt es, wenn - wie hier - beachtliche Gründe dafür sprechen, dass der Antragstellerin die Genehmigung erteilt werden könnte, wenn die angegriffene Veränderungssperre nicht entgegenstünde (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.01.2001 - 6 CN 4.00 -, BRS 64 Nr. 55; OVG NW, Urteil vom 04.06.2003 - 7 a D 131/02.NE - BauR 2003, 1696 <1697>; Thür. OVG, Urteil vom 16.05.2001 - 1 N 932/00 -, BRS 64 Nr. 53).

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die angegriffene Veränderungssperre ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Veränderungssperre ist formell ordnungsgemäß zu Stande gekommen. Soweit die Antragstellerin "vorsorglich" rügt, die Antragsgegnerin habe bei der Beschlussfassung gegen die Erfordernisse der Öffentlichkeit (§ 52 HGO) und der ordnungsgemäßen Ladung (§ 58 HGO) verstoßen, kann sie damit keinen Erfolg haben. Die Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin wurden von dem Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung unter dem 28.01.2002 zu der maßgeblichen Sitzung vom 06.02.2002 schriftlicher unter Beifügung der Tagesordnung geladen und die Ladung wurde im "Borkener Anzeiger" vom 31.01.2002 ortsüblich bekannt gemacht. Damit wurde den Anforderungen des § 58 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGO genügt, wonach der Vorsitzende die Gemeindevertreter zu den Sitzungen der Gemeindevertretung schriftlich unter Angabe der Gegenstände der Verhandlung beruft und zwischen dem Zugang der Ladung den Sitzungen mindestens drei Tage liegen müssen.

Dass die Beratungen und Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin in der Sitzung vom 06.02.2002 unter Verstoß gegen § 25 Abs. 1 Nr. 1 HGO zu Stande gekommen sind, ist nicht ersichtlich. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Frage weiter aufzuklären, weil die Antragstellerin insoweit keine Anhaltspunkte vorgetragen hat, die Anlass für gerichtliche Ermittlungsmaßnahmen geben und sich Aufklärungsmaßnahmen auch nicht nach den Umständen des vorliegenden Falles aufdrängen. Das Vorbringen der Antragstellerin, es sei nicht auszuschließen, dass an dem Satzungsbeschluss Eigentümer bzw. anderweitig schuldrechtliche Nutzungsberechtigte von im Satzungsgebiet gelegenen Grundstücken mitgewirkt hätten, die einen materiellen oder immateriellen Vorteil durch die Beschlussfassung und die Veränderungssperre erlangt hätten, rechtfertigt keine Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang der Frage einer möglichen Befangenheit von Stadtverordneten nicht mit der gebotenen Sorgfalt nachgegangen ist. Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Antragsgegnerin habe ihr die Einsicht in die maßgeblichen Sitzungsniederschriften der Stadtverordnetenversammlung verweigert, hätte sie sich zwar auf eine Verletzung ihres Akteneinsichtsrechts gemäß § 29 HVwVfG und eine verminderte Substantiierungslast hinsichtlich des geltend gemachten Verstoßes gegen § 25 Abs. 1 HBO stützten können; dies ist ihr jedoch dadurch verwehrt, dass sie mit der Antragschrift (Anlage A 4) die Niederschrift der Stadtverordnetenversammlung mit den Namen der anwesenden Stadtverordneten vorgelegt hat, woraus sich ergibt, dass sie Kenntnis davon hatte, welche Stadtverordnete in dieser Angelegenheit mitgewirkt hatten. Zu Recht weist die Antragsgegnerin darauf hin, dass derjenige, der annehmen müsse, weder beratend noch entscheidend mitwirken zu dürfen, dies gemäß § 25 Abs. 4 HGO vorher dem Vorsitzenden der Stadtverordnetenversammlung mitzuteilen habe. Zwar wirkt das Mitwirkungsverbot kraft Gesetzes, so dass die Entscheidung der kommunalen Vertretungskörperschaft über die Befangenheit eines Mandatsträgers im Falle der gerichtlichen Nachprüfung für das Gericht nicht verbindlich ist; sowohl Stadtverordnetenversammlung als auch das überprüfende Gericht sind jedoch nur dann verpflichtet, dem Verdacht einer Befangenheit nachzugehen, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte gegeben sind oder sich diese aufdrängen. Das auch im Laufe des Verfahrens nicht näher substantiierte Vorbringen der Antragstellerin, das von der Antragsgegnerin als eine Behauptung "ins Blaue hinein" beurteilt wird, genügt diesen Voraussetzungen nicht.

Die angefochtene Veränderungssperre ist auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre beschließen, wenn sie einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst hat. Einen derartigen Beschluss hat die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin am 06.02.2002 gefasst. Dass die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin in derselben Sitzung auch den Beschluss über die Veränderungssperre gefasst hat, ist eine rechtlich zulässige Verfahrensweise, denn § 14 Abs. 1 BauGB erfordert nicht, dass die Veränderungssperre erst nach Bekanntgabe des Aufstellungsbeschlusses beschlossen werden darf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.02.1989 - 4 B 236.88 -, BauR 1989, 432; OVG NW, Urteil vom 24.08.1990 - 7 A 2495/87 -, NVwZ 1990, 581).

Die Veränderungssperre ist auch nicht wegen Verstoßes gegen materielles Recht unwirksam. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, hängt die Wirksamkeit einer Veränderungssperre nicht davon ab, ob der noch nicht beschlossene Bebauungsplan in seinen einzelnen Festsetzungen von einer ordnungsgemäßen und gerechten Abwägung aller betroffenen Belange (§ 1 Abs. 6 BauGB) getragen sein wird, sondern es kommt nur darauf an, ob die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann. Für den Erlass einer Veränderungssperre genügt es, wenn der ihr zugrunde liegende Planaufstellungsbeschluss ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Das bedeutet, dass die Gemeinde schon positive planerische Vorstellungen entwickelt haben muss. Allein das Ziel, ein bestimmtes Vorhaben zu verhindern, genügt nicht. Eine Veränderungssperre als Sicherungsmittel der Planung ist nur dann ungeeignet, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzungen nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bauleitplanung einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind, oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind (BVerwG, Beschluss vom 21.12.1993 - 4 NB 40.93 -, BRS 55 Nr. 95). Zu Unrecht meint die Antragstellerin, dass der beabsichtigte Bebauungsplan einer positiven Planungskonzeption entbehre und eine Negativplanung sei, die sich darin erschöpfe, einzelne Vorhaben auszuschließen. Als inhaltliches Mindestmaß des zu erwartenden Bebauungsplans wird bei der Überplanung einer bisher unbebauten Fläche in der Regel die Angabe der beabsichtigten Art der baulichen Nutzung ausreichen (vgl. Jäde/Dirnberger/Weiss, BauGB/BauNVO, 3. Aufl., § 14 Rn 25). Die Art der baulichen Nutzung kann im Bebauungsplan aber außer durch Baugebietsfestsetzungen nach Maßgabe der Baunutzungsverordnung auch durch anderweitige Flächenfestsetzungen nach § 9 Abs. 1 BauGB bestimmt werden; Baugebietsfestsetzungen haben keinen Vorrang (BVerwG, Beschluss vom 23.12.1997 - 4 BN 23.97 -, BRS 59 Nr. 71). Ist - wie hier - die Festsetzung einer Fläche für Windkraftanlagen auf einer Außenbereichsfläche als Versorgungsfläche vorgesehen, die gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB im Bebauungsplan festgesetzt werden kann (vgl. Bielenberg/Söfker, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 01.05.2003, § 9 Rn 110), so genügt dies für eine hinreichende Konkretisierung der Planungsabsichten, wenn damit eine planerische Feinsteuerung für die Errichtung von Windkraftanlagen angestrebt wird. Dies ist hier der Fall. Die dem Aufstellungsbeschluss zugrunde liegende positive Planungskonzeption erschließt sich zwar nicht aus seinem Wortlaut oder der Sitzungsniederschrift der Stadtverordnetenversammlung von diesem Tage, dies ist jedoch auch nicht erforderlich, denn die Konkretisierung muss nicht offen gelegt sein. Es genügt, wenn sie in einer Weise verlässlich fixiert ist, die es der Gemeinde ermöglicht, einen Nachweis für den Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre zu erbringen. Zur Ermittlung des künftigen Planinhalts kann z.B. auf Vorlagen für die Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung oder sonstige Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. Lemmel, in Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 14 Rn 9; Krautzberger, in Battis-Krautzberger-Löhr, BauGB, 8. Aufl., § 14 Rn 9). Unter Berücksichtigung dieser Kriterien lässt sich die positive Planungskonzeption aus der Magistratsvorlage der Bauverwaltung der Antragsgegnerin vom 12.12.2001 und der Sitzungsniederschrift des Bauausschusses der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin vom 31.01.2002 entnehmen. In der Magistratsvorlage vom 12.12.2001 wird u.a. ausgeführt, dass die Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin in ihrer Sitzung vom 04.11.1996 die Einleitung eines Änderungsverfahrens des Flächennutzungsplans zur Darstellung einer Vorrangfläche für Windkraftanlagen beschlossen habe. Nach dem Ergebnis eines Windgutachtens sei die Lendorfer/Lembacher Höhe im Grenzbereich zum Gebiet der Kreisstadt Homberg (Efze) als geeigneter Standort ausgewählt worden. Der Regionalplan Nordhessen stelle diesen Bereich als geplante Fläche für Windkraftanlagen dar. Nach Gesprächen mit der Kreisstadt Homberg (Efze) solle für diesen Bereich gemeinsam ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Damit könne u.a. die Anzahl, die Standorte und die Höhen der einzelnen Anlagen geregelt werden. Im Rahmen des Planverfahrens seien auch Fragen zum Lärmschutz, Landschaftsbild, Brutvorkommen von geschützten Arten und zur Flugsicherheit zu klären. Aus der Niederschrift des Bauausschusses der Stadtverordnetenversammlung der Antragsgegnerin über die Sitzung vom 21.01.2002 ergibt sich, dass sich der Bauausschuss unter den TOP 2a und 2b mit dem Aufstellungsbeschluss Nr. 44 "Windkraftanlagen-Lendorfer und Lembacher Höhe" sowie der Verhängung einer Veränderungssperre für das Gebiet dieses künftigen Bebauungsplans befasst hat. Der Bürgermeister der Antragsgegnerin berichtete den Ausschussmitgliedern, dass im Rahmen der Änderung des Flächennutzungsplans u.a. von den Trägern öffentlicher Belange eine Sichtbeziehungsstudie sowie ein avifaunistisches Gutachten zum Brutvorkommen der Grauammer gefordert worden sei. Damit auf konkrete Windkraftvorhaben reagiert werden könne und eine Steuerung möglich sei, würden die Aufstellung eines Bebauungsplans und der Erlass einer Veränderungssperre für notwendig gehalten. Nachdem der Leiter der Bauverwaltung das Plangebiet und die Steuerungsmöglichkeiten des Bebauungsplans vorgestellt hatte, empfahl der Bauausschuss der Stadtverordnetenversammlung den Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 44 "Windkraftanlagen-Lendorfer und Lembacher Höhe" zu fassen und für seinen Geltungsbereich eine Veränderungssperre zu erlassen. Sowohl aus der Magistratsvorlage vom 12.12.2001 als auch aus der Niederschrift der Sitzung des Bauausschusses der Stadtverordnetenversammlung vom 31.01.2002 ergibt sich das planerische Ziel der Antragsgegnerin. Es soll eine planerische Feinsteuerung der Errichtung von Windkraftanlagen hinsichtlich Standort, Anzahl, maximal zulässige Höhe, Rotordurchmesser und Farbgestaltung erfolgen; darüber hinaus sollen aufgeworfene naturschutzrechtliche Fragen, wie die nach dem Brutvorkommen der Grauammer, geklärt werden. Dies stellt eine hinreichend konkrete Plankonzeption dar (so auch OVG NW, Urteil vom 04.06.2003, a.a.O.).

Der Einwand der Antragstellerin, es handele sich um eine unzulässige Negativplanung, die nicht gemäß § 14 BauGB gesichert werden dürfe, ist unbegründet. Der Gemeinde ist es keineswegs verwehrt, aufgrund eines gestellten Bauantrags durch Planung oder Umplanung zu reagieren, der ihm die materielle Rechtsgrundlage entzieht. Der Zweck der Einvernehmensregelung des § 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauGB besteht (auch) gerade darin, der Gemeinde aus Anlass eines konkreten Bauantrags die Möglichkeit zu geben, die rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit des Vorhabens noch zu verändern (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1990 - 4 NB 8.90 -, BRS 50 Nr. 9) oder zu modifizieren.

Der beabsichtigte Bebauungsplan dient auch nicht Zielen, für deren Verwirklichung das Instrument der Veränderungssperre nicht bestimmt ist. Dies wäre der Fall, wenn tatsächlich nicht die Sicherung des Bebauungsplans, sondern der Eintritt einer Sperrwirkung, um die Konzentrationsplanung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 im Rahmen einer Änderung des Flächennutzungsplans verwirklichen zu können. Damit würde kein zulässiges Ziel nach § 14 Abs. 1 BauGB verfolgt, weil nur die Aufstellung eines Bebauungsplans und nicht eines Flächennutzungsplans mit der Veränderungssperre gesichert werden kann. Für eine derartige Planung der Antragsgegnerin liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Der Gemeinde muss eine angemessene Frist für planerische Überlegungen und Prüfungen gewährt werden. Dabei kann sich die Notwendigkeit ergeben, die Planungskonzeption zu ändern. Maßnahmen zur Sicherung der Planung werden nicht dadurch nachträglich rechtswidrig, dass eine zunächst sachgerecht eingeleitete Planung Erkenntnisse bringt, die erst im Verlaufe des Planverfahrens gewonnen werden konnten und zu einer Änderung der Planungsabsichten geführt haben.

Die nicht näher substantiierte Rüge der Antragstellerin, dass der aufgestellte Bebauungsplan und die Veränderungssperre den Zielen der Raumordnung zuwider laufe, greift ebenfalls nicht durch. Nach § 1 Abs. 4 BauGB sind die Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Die Anpassungspflicht bezieht sich auf den aufzustellenden Plan, seine Änderung, Ergänzung oder Aufhebung. Ein Bauleitplan, der der Anpassungspflicht des § 1 Abs. 4 BauGB nicht entspricht, ist nichtig. Im vorliegenden Fall ist ein Verstoß der Bauleitplanung gegen Ziele der Raumordnung nicht gegeben. Die Fläche des aufgestellten Bebauungsplans ist im Regionalplan Nordhessen 2000 (StAnz 2001, 290 ff.) als Bereich für die Windenergienutzung festgelegt. Als Ziele der Raumordnung für regenerative Energie ist im Regionalplan Nordhessen 2000 bestimmt, dass ihre Nutzung zu fördern ist und die in der Karte dargestellten Bereiche für die Windenergienutzung die Errichtung von Windkraftanlagen Vorrang vor diesem Ziel entgegenstehenden Planungen, Nutzungen und Funktionen hat (StAnz 2001, 2068). In der Begründung hierzu ist ausgeführt, dass die Bereiche für Windenergienutzung durch die abwägende Bewertung der auf ihnen zusammentreffenden Belange eine besondere Disposition für diese Nutzung erhalten. Die bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Entscheidung über ein konkretes Vorhaben sei hierdurch zwar vorgeprägt und erleichtert, weil solche Vorhaben in diesen Gebieten regelmäßig den Zielen der Raumordnung (§ 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB) entsprechen. Sie werde hierdurch aber nicht präjudiziert, weil hierin weitere, im Rahmen der Regionalplanung noch gar nicht berücksichtigungsfähige Belange einzubeziehen seien. Damit wird der Regionalplan Nordhessen 2000 dem Grundsatz gerecht, dass zwischen dem Konkretheitsgrad bauleitplanerischer Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten und den Festlegungen in einem Raumordnungsplan mit Zielcharakter eine hinreichende Gestaltungsmöglichkeit für eigene, substantiierte, gewichtige planerische Entscheidungen auf gemeindlicher Ebene verbleiben muss (vgl. Runkel, in Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Stand: November 1999, § 1 Rn 56). Zutreffend hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, dass sie von diesem Konkretisierungsspielraum bei der Aufstellung des Bebauungsplans und der Sicherung dieser Bauleitplanung durch die Veränderungssperre unter Berücksichtigung der Belange einer Sichtbeziehungsstudie sowie eines avifaunistischen Gutachtens zum Brutvorkommen der Grauammer Gebrauch gemacht hat. Diese Planungsabsicht widerspricht nicht den Zielen des Regionalplans Nordhessen 2000.

Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück