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Beginn der Entscheidung

Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Urteil verkündet am 25.05.2000
Aktenzeichen: 4 N 2660/91
Rechtsgebiete: BauGB, BNatSchG, HENatG


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 3
BauGB § 1 Abs. 5
BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 30
BNatSchG § 8
HENatG § 5
HENatG § 6
Eine Bauleitplanung ist nichtig, wenn das Planungsergebnis der aus den Planaufstellungsvorgängen zu entnehmenden Planungsabsicht nicht entspricht (wie Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.1994 - 4 N 796/92 - HessVGRspr. 1995 S. 75).

Zur Bedeutung der Ausgestaltung der Verkehrsfläche einer Straße nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen (Teil: Querschnitte RAS-Q) für die Abwägung im Rahmen der Aufstellung eines Bebauungsplans.

Die Änderung des Flächennutzungsplans durch Darstellung eines Gebiets als ökologisch wertvolle Fläche ist keine Ersatzmaßnahme, die einen Ausgleich für mit dem Vollzug eines Bebauungsplanes verbundene Eingriffe in Natur und Landschaft darstellt. Eine Kompensation kann nur durch eine rechtliche Aufwertung von Flächen durch entsprechende Festsetzungen in einem Bebauungsplan bzw. durch die Übertragung des Ausgleichs auf ein nachfolgendes Verwaltungsverfahren erfolgen.

Auch auf der Grundlage des Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.12.1986 - BauGB 1987 - war der Ausgleich für mit dem Vollzug eines Bebauungsplans verbundene Eingriffe in Natur und Landschaft außerhalb des Plangebiets durch einen zweiten Bebauungsplan zulässig.

Zur Berechnung des Ausgleichs der durch den Vollzug eines Bebauungsplans entstehenden Eingriffe in Natur und Landschaft. Die ökologische Wirkung des Ausgleichs ist nach einem auch für die Bewertung des Eingriffs in die Naturgüter geltenden Maßstab zu beurteilen. Die Berechnung auf der Grundlage des angewandten Differenzverfahrens führte notwendigerweise zu willkürlichen Ergebnissen (im Anschluss an Urteil des Hess. VGH vom 12.02.1993 - 4 UE 2744/90 - BRS 55 Nr. 46).


Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan "Gewerbegebiet Sprendlingen Süd" der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin zu 1 ist als Erbin nach ihrem verstorbenen Ehemann H. S. Miteigentümerin in Erbengemeinschaft der im Bereich des Bebauungsplans gelegenen Flurstücke "In der Flachgewann", Flur 16 Flurstücke Nr. 229 bis 232. Über diese Grundstücke führt die L 3262 neu und der Einmündungsbereich der Straße zur Erschließung des Gewerbegebiets, deren Flächen durch den Bebauungsplan als Verkehrsfläche festgesetzt werden.

Der Antragsteller zu 2 ist ausweislich des vorgelegten Grundbuchauszugs Miteigentümer der ebenfalls in der Flur 16 gelegenen Flurstücke 360 und 361. Über beide Flurstücke führt die geplante Erschließungsstraße für das Gewerbegebiet.

Durch den Bebauungsplan wird südlich der Ortsteile Buchschlag und Sprendlingen zwischen der Bundesstraße 3, der Straße "An der Lettkaut", dem Taubenbaumweg und der Eisenbahnlinie Buchschlag-Ober-Roden ein Gewerbegebiet, ein Freizeitgebiet und ein Teilstück der Südumgehung Buchschlag (L 3262 neu) ausgewiesen.

Der westliche Abschnitt der Südumgehung (Aufhebung des schienengleichen Bahnübergangs im Zuge der Bundesbahnstrecke Frankfurt-Darmstadt durch Unterfahrung der Gleise einschließlich der Anbindung der Buchschlager Allee/Eisenbahnstraße über eine Querspange zur Buchwaldstraße) ist Gegenstand eines Planfeststellungsverfahrens. Mit dem Planfeststellungsbeschluss des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung vom 07.03.1989 - IV a 22-61 k 08 (1.376) - wurde der Plan für den Neubau der Ortsumgehung Dreieich/Buchschlag und Sprendlingen (Südumgehung) festgestellt. Die Planfeststellung wurde mit Beschluss vom 20.12.1989 - IV a 21-61 k 08 (1.376) - teilweise aufgehoben sowie in der Fassung des Teilaufhebungsbeschlusses mit Beschluss vom 28.12.1995 (Aktenzeichen V a 21-61 k 08 [1.376]) insgesamt aufgehoben. Der zuletzt genannte Beschluss ist Gegenstand eines Verwaltungsstreitverfahrens der Stadt Dreieich gegen das Land Hessen. Mit Urteil vom 16.04.1997 (Az.: 2 E 251/96 [2]) hat das Verwaltungsgericht Darmstadt die Anfechtungsklage der Stadt Dreieich gegen die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses abgewiesen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin jenes Verfahrens, der Stadt Dreieich, mit Beschluss vom 07.01.1998 (2 UZ 2866/97) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Das Verfahren ist als Berufungsverfahren unter dem Aktenzeichen 2 UE 112/98 anhängig.

Die baurechtliche Situation hat sich wie folgt entwickelt:

Das Plangebiet liegt im Geltungsbereich des Flächennutzungsplanes für das Gesamtgebiet des Umlandverbandes Frankfurt vom 06.07.1987 (StAnz. 1987, S. 1535). Das Plangebiet ist in seinem nördlichen Teil als gewerbliche Baufläche, in seinem südlichen Teil als Grünfläche - teils als Sportanlage, teils als Gartenfläche -, dargestellt. Die Verkehrsfläche liegt im Bereich der Grünfläche an der Grenze zur gewerblichen Baufläche. Sie ist durch einen Vermerk gemäß § 5 Abs. 6 BBauG/§ 5 Abs. 4 BauGB als Teil des überörtlichen Straßennetzes, wichtige Haupterschließungsstraße gekennzeichnet. Der Vermerk setzt ein fachgesetzliches Verfahren (Planfeststellungsverfahren) voraus. Die mit dem Vermerk gekennzeichnete Trasse wird westlich des Plangebiets bis zum Anschluss an die L 3262 im Außenbereich und in östlicher Richtung bis zum Anschluss an die im Innenbereich des Ortsteils Sprendlingen gelegene Hainer Chaussee fortgesetzt. Nach der Begründung des Bebauungsplans vom 28.12.1988 handelt es sich dabei um die Trasse der L 3262 neu (Südumgehung Buchschlag). Der Bereich der Freifläche zwischen dem Ortsteil Buchschlag und Sprendlingen (Baierhansenwiesen/Seegewann), in dem ca. 32 ha Freifläche als Ausgleichsmaßnahme für den durch den Vollzug des Bebauungsplans entstehenden Eingriff in Natur und Landschaft vorgesehen sind, ist neben Wiese und ökologisch bedeutsamem Grünland auch als Wohnbaufläche dargestellt.

Durch die zweite Änderung des Flächennutzungsplans des Umlandverbandes für den Bereich der Stadt Dreieich, Stadtteil Sprendlingen, Südumgehung vom 28.03.1989 (StAnz. 1989 S. 864) wird der Flächennutzungsplan im Geltungsbereich des Bebauungsplans geändert. Nach dem Erläuterungsbericht zur zweiten Änderung ist der Inhalt der Änderung die Änderung des Streckenabschnitts der Südumgehung zwischen Rostädter Weg und B 3 von bisher "Vermerk gemäß § 5, Abs. 6 BBauG" in Verbindung mit der Darstellung "Grünflächen gemäß § 5, Abs. 2, Nr. 5 BBauG" in die Darstellung "Fläche für den Straßenverkehr-überörtliches Straßennetz gemäß § 5, Abs. 2, Nr. 3 BBauG". In der Begründung des Erläuterungsberichts wird u. a. ausgeführt: Die durch den Bebauungsplan Nr. 2/83 beabsichtigte Festsetzung eines Teils der Südumgehung (L 3262 neu) als Straßenverkehrsfläche gemäß § 9 Abs. 1, Nr. 11 BBauG stimme insoweit nicht mit dem Flächennutzungsplan überein, als die gesamte Südumgehung dort als Vermerk, d. h. ohne inhaltliche Abwägung der Anregungen und Bedenken, entsprechend der Anforderung des Hessischen Landesamtes für Straßenbau im Rahmen des Flächennutzungsplan-Verfahrens unter Hinweis auf das seinerzeit bevorstehende Planfeststellungsverfahren aufgenommen worden sei. Als Zweck der Änderung wird die Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Bebauungsplanverfahren genannt. Mit der geplanten Straße sollten u. a. der weitaus größere Teil des geplanten Gewerbegebietes Sprendlingen-Süd und die im Süden vorgesehenen Sport- und Freizeiterholungsflächen erschlossen werden. Weitere Bedeutung erhalte die geplante Straße als Teilstück der Südumgehung Buchschlag (L 3262 neu). Der westliche Abschnitt der Südumgehung sei Bestandteil eines Planfeststellungsverfahrens. Grundlage für die Erkenntnis, die der Planung zugrunde läge, seien u. a. die Ausarbeitungen des Ingenieurbüros D. (im Auftrag der Stadt Dreieich) zu Planungsfall 11 des Generalverkehrsplanes Dreieich. Das Gebiet Baierhansenwiesen/Seegewann wird nunmehr insgesamt als Grünfläche (Wiese, ökologisch bedeutsames Grünland, Fläche für die Forstwirtschaft) dargestellt.

Im Rahmen des Änderungsverfahrens haben folgende Träger öffentlicher Belange Bedenken vorgebracht: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Deutscher Bund für Vogelschutz, Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz, Deutsche Gebirgs- und Wandervereine sowie die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Sie haben ökologische Gründe gegen die Straßenführung geltend gemacht und teilweise ein Verkehrskonzept entwickelt, das eine südliche Umfahrung von Buchschlag und Sprendlingen entbehrlich machen soll. Die Gemeindekammer hat sich mit den Bedenken auseinandergesetzt, ist ihnen nicht gefolgt und hat in ihrer Sitzung am 30.11.1988 die 2. Änderung des Flächennutzungsplans abschließend beschlossen.

Der streitgegenständliche Bebauungsplan wurde wie folgt aufgestellt: In ihrer Sitzung vom 07./08.06.1983 beschloss die Stadtverordnetenversammlung die Aufstellung eines Bebauungsplans. Veranlassung war, dass das Hessische Straßenbauamt Frankfurt mit Schreiben vom 09.03.1983 die Trassenführung der Südumgehung der Stadtteile Buchschlag und Sprendlingen bekanntgegeben hatte, wobei für einen Teilbereich Planungsrecht für die Straße durch einen Bebauungsplan geschaffen werden sollte. Ein Planfeststellungsverfahren wurde für diesen Bereich als langwierig und schwierig angesehen, weil für die Flur 16, durch die die Trasse der Südumgehung führe, keine maßstäblichen Katasterkarten- und Zahlennachweise für die Eigentumsverhältnisse vorlägen. Grunderwerbspläne seien jedoch Bestandteile der Planfeststellungsunterlagen und müssten andernfalls vom Katasteramt unter Kostenbeteiligung der Stadt Dreieich (ca. 300.000,-- DM) durch Vermessung geschaffen werden. Außerdem bestehe in den vorhandenen Gewerbegebieten der Stadt kein Angebot von Grundstücken, welches einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden könnte.

Am 11.07.1984 fand eine Bürgeranhörung statt und mit Schreiben der Beklagten vom 02.04.1985 eine erste Beteiligung der Träger öffentlicher Belange. Aufgrund vorgebrachter Bedenken wurde der Bebauungsplan geändert und durch einen integrierten Landschaftsplan ergänzt.

Am 19.10.1987 beschloss der Magistrat der Stadt Dreieich für die geänderte Planung eine Anhörung der Bürger gemäß § 3 BBauG, die am 04.11.1987 in Sprendlingen durchgeführt wurde, sowie die erneute Beteiligung der von der Planung berührten Träger öffentlicher Belange.

Bei der Anhörung teilte Bürgermeister A. mit, die Planung sei nur sinnvoll, wenn die Südumgehung, wie vorgeschlagen, im westlichen Bereich planfestgestellt und im östlichen Bereich in einem Bebauungsplan festgesetzt werde. Beide Planungen sollten nach Möglichkeit zeitgleich rechtswirksam werden. Stadtrat Dr.-Ing. Schliepe teilte mit, dass beide Planungsverfahren parallel liefen. Im Planfeststellungsverfahren seien die Behördenanhörungen und die öffentliche Anhörung durchgeführt. Der Regierungspräsident habe die vorgebrachten Bedenken und Anregungen zu Protokoll genommen und werde diese dem zuständigen Minister zur Entscheidung zuleiten.

In ihrer Sitzung vom 13.07.1988 hat die Stadtverordnetenversammlung über die eingegangenen Anregungen und Bedenken der Träger öffentlicher Belange u. a. wie folgt entschieden: Die Bedenken bezüglich der Einbeziehung der L 3262 in den Bebauungsplan wurden zurückgewiesen (Stellungnahme der Bezirksdirektion für Forsten und Naturschutz [BFN] vom 24.02.1988, des Deutschen Bundes für Vogelschutz vom 08.03.1988, der Hessischen Landesanstalt für Umwelt vom 02.06.1985, der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald vom 04.03.1988). In der Bewertung der Bedenken der BFN durch die Antragsgegnerin heißt es, es sei Einvernehmen erzielt, dass durch die planungsrechtliche Aufwertung von Ersatzflächen im Bereich Baierhansenwiesen/Seegewann ein Ausgleich für die durch Bebauung und Nutzungsänderung beanspruchte Fläche geschaffen werde.

In der gleichen Sitzung beschloss die Stadtverordnetenversammlung, den Bebauungsplan für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen und die erneute Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gleichzeitig mit der Offenlage durchzuführen.

In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 13.02.1989 wurde über die von den Trägern öffentlicher Belange bei der dritten Beteiligung vorgebrachten Bedenken, Anregungen, Anmerkungen und Hinweise entschieden und der Bebauungsplan als Satzung beschlossen. U. a. wurden die in der Stellungnahme der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald vom 04.03.1988 und der gemeinsamen Stellungnahme des Deutschen Bundes für Vogelschutz, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland und der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz vom 26.10.1988 und in der Stellungnahme der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald vom 04.03.1988 erhobenen Bedenken gegen die Festsetzung der Straßenfläche der L 3262 im Bebauungsplan zurückgewiesen. Nicht berücksichtigt bzw. zurückgewiesen wurden Bedenken der genannten Träger öffentlicher Belange gegen das Verkehrskonzept des Hessischen Ministers für Wirtschaft und Technik, gegen die Erschließungsfunktion der L 3262 für das geplante Gewerbegebiet und die Forderung nach einer eigenständigen Umweltverträglichkeitsprüfung für das Plangebiet.

Das Amt für Umwelt, Natur- und Denkmalschutz des Kreises Offenbach hat unter dem 17.11.1988 auf Weisung des Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 29.07.1988 eine Stellungnahme dahingehend abgegeben, dass die Eingriffswirkungen wegen ihrer Vielfalt und Intensität im Geltungsbereich des Bebauungsplans nicht ausgleichbar seien. Es seien über den Geltungsbereich hinaus Maßnahmen, die als Ersatz anerkannt werden könnten, vorzuschlagen und verbindlich festzusetzen. Die Antragsgegnerin knüpft in ihrer Entscheidung über Bedenken und Anregungen vom 13.02.1989 an ihre Bewertung der Bedenken der BFN vom 24.02.1988 an und führt aus, dass Freiflächen im Bereich Baierhansenwiesen/Seegewann als "qualitative" Ausgleichsmaßnahme des "potentiellen" Eingriffs in Natur und Landschaft durch den vorliegenden Bebauungsplan anerkannt würden. Hinzu kämen Renaturierung und Freilegung des verrohrten Hengstbaches in diesem Gebiet. Die Forderung nach zusätzlichen Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des räumlichen Bebauungsplan-Geltungsbereichs werde berücksichtigt.

Die Antragsgegnerin führte das Anzeigeverfahren gemäß § 11 Abs. 3 BauGB durch. Zu den mit dem angezeigten Bebauungsplan an den Regierungspräsidenten in Darmstadt zur Prüfung übersandten Unterlagen über das Planaufstellungsverfahren gehörte auch eine Berechnung von Eingriff und Ausgleich für den Bebauungsplan Gewerbegebiet Sprendlingen Süd in Verbindung mit einem "Bebauungsplan Hengstbach Teil H-8" nach der Differenzmethode, mit der der Nachweis geführt werden sollte, dass unter Zugrundelegung des anrechenbaren Betrages des Bebauungsplans Hengstbach und der voraussichtlichen Kosten der Renaturierung des Schlagsbachs der durch den Bebauungsplan Gewerbegebiet Sprendlingen-Süd ermöglichte Eingriff voll ausgeglichen wird. Nach dieser Berechnung ergab sich ein sogenannter Restschaden aus der Beeinträchtigung von Natur und Landschaft mit einem Geldwert von 1.944.411,-- DM, der nach dem erfolgten Teilausgleich durch im Plangebiet vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen mit einem Geldwert von 1.527.750,-- DM verblieb. Dem Geldwert des Restschadens wurden ein nach demselben Differenzverfahren errechneter anrechenbarer Betrag für die Bebauungsplanung Hengstbach in Höhe von 971.157,-- DM sowie voraussichtliche Kosten einer Renaturierung des Schlagsbachs von Höhe von 1.062.500,-- DM gegenüber gestellt.

Im Anzeigeverfahren wurde gemäß Verfügungen des Regierungspräsidenten in Darmstadt vom 21.02. und 19.04.1989 (V 3/34-61d 04/01 Sprendlingen-25) die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht geltend gemacht. Die Antragsgegnerin machte zunächst die Durchführung des Anzeigeverfahrens in der Offenbach-Post vom 04.03.1989 wie folgt bekannt: Der Regierungspräsident habe mit Verfügung vom 21.02.1989 mitgeteilt, dass "vorweg gegen nachstehend aufgeführte sachliche Teile des Bebauungsplans keine Verletzungen von Rechtsvorschriften geltend gemacht würden." Sie machte die Durchführung des Anzeigeverfahrens erneut in der Offenbach-Post vom 21.04.1989 bekannt. In der von der Antragsgegnerin als für die Bekanntmachung maßgeblich vorgelegten Hauptsatzung der Stadt Dreieich vom 22.04.1981, in der Fassung der Änderungen vom 02.07.1984, 18.04.1985 und 11.03.1988 ist in § 4 Abs. 1 Satz 1 geregelt, dass die öffentliche Bekanntmachung durch Veröffentlichungen in der Offenbach-Post erfolgt.

Das Baugebiet hat eine Größe von ca. 41 ha, von denen 7,5 ha im nördlichen an den Stadtteil Sprendlingen angrenzenden Teil des Baugebiets bereits bebaut sind.

Der als Gewerbegebiet, im bereits bebauten Teil als Mischgebiet ausgewiesene nördliche Teil des Plangebiets mit einer Größe von ca. 28 ha wird im Süden von der geplanten L 3262 neu begrenzt. Südlich der geplanten Trasse ist eine Fläche für Freizeit- und Erholungsnutzung von ca. 13 ha mit Übungsfeldern, Tennisplätzen und einem Vereinshaus ausgewiesen. Die Trasse mit einem Querschnitt von insgesamt 8 m Fahrbahn plus je 2 m Seitenstreifen ist zu den nördlich und südlich angrenzenden Planflächen anbaufrei gehalten. Die Anbindung der Freizeit- und Sportanlage im südlichen Plangebiet erfolgt parallel zur geplanten L 3262 über den vorhandenen Kreuzungsbereich B 3/An der Trift über den befestigten Feldweg "An der Lettkaut" parallel zur geplanten L 3262 neu. Das Gewerbegebiet wird über geplante ringförmige Erschließungsstraßen erschlossen, die über die Rostädter Straße im Westen des Plangebiets an die geplante Südumgehung angeschlossen sind. Die Rostädter Straße erschließt die bereits bebauten Flächen auch nach Osten in den Stadtteil Sprendlingen.

Als "3. Veranlassung der Planung" wird in der Planbegründung (Stand: 28.12.1988) die Begründung des Aufstellungsbeschlusses vom 07./08.06.1983 wiedergegeben. Unter "5. Städtebauliche Zielvorstellung" wird einerseits die Freilegung der Trasse für die Südumgehung mit ihrer Anbindung an die B 3 und andererseits die Sicherstellung der Wirtschafts- und Erwerbsstruktur genannt. Unter "6. Erschließung" wird der Anschluss des anfallenden Ziel- und Quellverkehrs für das neu geplante Gewerbegebiet an die geplante Südumgehung, der bereits bebauten Flächen über die Rostädter Straße und die Anbindung der Freizeit- und Sportanlage über die Straße An der Lettkaut als Erschließung angegeben. Weiterhin heißt es unter "10. Freiflächen und Erholungsflächen sowie landschaftsplanerische Festsetzungen" in der Planbegründung auszugsweise wie folgt:

"Alle Festsetzungen zur Gestaltung der öffentlichen und privaten Freiflächen zur Sicherung der ökologischen Grundlagen und Erfordernissen von Ausgleichsmaßnahmen sind dem in der Anlage beigehefteten Landschaftsplan zu entnehmen (Zitat Hanke: "Landschaftsplan als verbindlicher Teilplan im Bebauungsplan Nr. 2/83 für das Gewerbe- und Freizeitgelände Sprendlingen Süd"). Da dieser den Bereich aufgrund der kleinräumigen Nutzung mit stark gegliederten Feldgehölzrainen und Streuobstflächen als ökologisch und für den Erholungswert hoch einstuft, wird der Streuobstbestand durch ein "Erhaltungsgebot" an diesem Standort gesichert.

Darüber hinaus sind außerhalb des Bebauungsplansbereiches - im Gebiet Baierhansenwiesen/Seegwann - ca. 32 ha Freifläche als Ausgleichsmaßnahme für den durch den Vollzug des Bebauungsplans entstehenden Eingriff in Natur und Landschaft geplant. Diese Fläche wird gemäß Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 13.07.1988 entgegen früherer Absichten dort Wohnbauflächen vorzuhalten im Flächennutzungsplan als "Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft" im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB dargestellt. Ein entsprechender Antrag wurde mit Schreiben vom 03.08.1988 an den Umlandverband Frankfurt gerichtet."

Der "als verbindlicher Teilplan im Bebauungsplan Nr. 2/83 für das Gewerbe- und Freizeitgebiet Sprendlingen-Süd" integrierte Landschaftsplan besteht aus dem Plan (Bestand: September 1985) mit Erläuterung und Begründung. Das Plangebiet wird ausweislich der Erläuterung und Begründung zum Landschaftsplan (Nr. 3. Situation) überwiegend landwirtschaftlich und gärtnerisch genutzt. Aufgrund der kleinräumigen Nutzung mit stark gegliederten Feldgehölzrainen und Streuobstflächen wird der ökologische und Erholungswert als hoch eingestuft. Der Baumbestand, überwiegend mit ca. 40 bis 50 Jahre alten Obsthochstämmen, deutet die lange Garten- bzw. Obstbautradition an. An den Wegrändern und an Gärten seien noch Wegraine vorhanden, die zusammen mit den Obstbäumen, aber auch den kleinen Heckenstücken eine wichtige ökologische Funktion als Lebensräume vorwiegend für Vögel und Insekten hätten.

Mit Schriftsatz vom 02.06.1991, eingegangen am 05.12.1991, haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt und die Begründung einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten, der am 14.11.1997 eingegangen ist. Der Antrag wird wie folgt begründet: Der angegriffene Bebauungsplan setze eine Verkehrsfläche für eine Landesstraße fest, deren Fortsetzung nach Westen planerisch nicht gesichert gewesen sei. Auch ein Bedarf für eine Erschließungsstraße bestehe nicht. Die Nachfrage nach Grundstücken sei nicht methodisch fehlerfrei ermittelt. Als Folge sei der Plan bis heute nicht umgesetzt. Der Bebauungsplan unterlasse die Festsetzung eines räumlich vom Gewerbegebiet getrennten zweiten Geltungsbereichs von ca. 32 ha im Bereich "Baierhansenwiesen/Seegewann". Damit würden die dort vorgesehenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die planbedingten Eingriffe in Natur und Landschaft nicht rechtsverbindlich fixiert. Die vom Umlandverband Frankfurt bereits in der Flächennutzungsplanänderung für diese Wiesen diskutierte Bebauung bleibe daher zukünftig rechtlich möglich. Eine bloße rechtliche Aufwertung von Fläche sei keine Kompensation im Sinne des Naturschutzrechts, eine Darstellung einer Fläche als "ökologisch bedeutsames Grünland" deshalb keine Ersatzmaßnahme. Der Bebauungsplan sei widersprüchlich, weil er in der Begründung zu Gunsten des Streuobstbestandes ein Erhaltungsgebot ausspreche, im Planteil aber größere Teile des Streuobstbestandes mit Gebäuden überplane.

Der Bebauungsplan genüge nicht den Anforderungen, die sich aus dem Abwägungsgebot ergäben, weil er sich mit den zu berücksichtigenden Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege nicht ausreichend befasse. Die bei einer Zusammenstellung des Abwägungsmaterials erforderliche Bestandsaufnahme der Tierwelt und damit eine Bewertung von Strukturelementen hinsichtlich des gesetzlich angeordneten Arten- und Biotopschutzes für Tiere sei nicht vorgenommen worden. Zwar habe die Antragsgegnerin einen Landschaftsplan erstellen lassen. Dieser erkenne die durch die Straßen- und Bauplanung aufgeworfenen ökologischen und eigentumsrechtlichen Konflikte nicht hinreichend, weil er die Vorgabe vorschnell und ohne Begründung akzeptiert habe, dass die in der Planung vorgesehenen Straßen und Gebäude realisiert werden müssten, wie die Feststellung im Erläuterungsbericht (Veränderungen der Vegetation) auf Seite 6 deutlich mache, wonach der Großteil der im Bestandsplan kartierten Einzel- und Gehölzgruppen nicht zu erhalten sei. Im zitierten Landschaftsplan, der einen "Verlust von wertvollem Vegetationsbestand, Freischneiden von Lichtraum- und Verkehrsraumprofilen", die "Einbringung von standortfremden Arten", "nachhaltige Störungen, Verschiebung im Artenspektrum (Kulturfolger)" und "Artenabwanderungen" als Folge des Bebauungsplans prognostiziere, fehlten jegliche Anhaltspunkte für eine Ermittlung von Lebensräumen schützenswerter Tiere. Zu einer mehr oder weniger umfassenden Bestandsaufnahme der Tierwelt habe hinreichender Anlass bestanden. Die obere Naturschutzbehörde habe in ihren Bedenken und Anregungen vom 24.02.1988 (unter Ziffer 2.3) das Thema angesprochen und ein Defizit bezüglich des Ausgleichs dieses Natureingriffs beklagt. Der Deutsche Bund für Vogelschutz habe in seiner Stellungnahme vom 08.03.1988 (unter Ziffer 3.5) fehlende Angaben des Landschaftsplanes zur Biotopstruktur und die fehlende Kartierung der Tiere gerügt. Auch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald habe in ihrer Stellungnahme vom 28.09.1988 im Hinblick auf die Zerschneidung ökologisch wertvoller Bereiche konkrete Anhaltspunkte für den Planungskonflikt mit den Lebensrauminteressen der Tierwelt geliefert. Grebe habe in seinem Landschafts- und Grünordnungsplan auch indirekt auf eine schützenswerte Fauna im Untersuchungsbericht hingewiesen. Er weise darauf hin, dass über die Tierwelt im Stadtgebiet nur einzelne Beobachtungen vorlägen, und habe die von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz zusammengestellten Erfahrungswerte in der Anlage aufgelistet. In ihr befänden sich unter den erwähnten Vögeln, Amphibien und Schmetterlingen eine ganze Reihe von Arten, die auf der Roten Liste stünden. Die im Landschaftsplan vorgenommene Bewertung des Bestandes stark gegliederter Feldgehölzraine und Streuobstflächen von hohem "ökologischen Wert" und die Prognosen einer nachhaltigen Störung auf 2/3 der überplanten Flächen und von "Artenabwanderungen" machten im Hinblick auf die Größe des überplanten Gebietes von 41 ha eine konkrete Bestandsaufnahme der vorhandenen Tierwelt und eine entsprechende Bewertung von Strukturelementen hinsichtlich des Arten- und Biotopschutzes für Tiere zwingend notwendig, wie sie auch der Hess. VGH in einem Parallelfall (B. v. 15.12.1995 - 4 N 1678/87 -) für erforderlich gehalten habe. Dabei wären die Vogelarten Habicht (Brutvorkommen), Sperber, Rotmilan, Mäusebussard, Turmfalke (Brutvorkommen), Schwarzmilan, Schleiereule (Brutvorkommen), Steinkauz (Brutvorkommen), Pirol, Neuntöter (Brutvorkommen), Schwarz-, Grau-, Grün- und Kleinspecht, Wendehals, die Reptilien Zauneidechse, Blindschleiche, die Amphibien Feuersalamander, Bergmolch, Erdkröte, Laub- und Grasfrosch, die Heuschrecken, Weinhähnchen, Feld-Grashüpfer, große Goldschrecke und Sumpfschrecke als besonders artengeschützte Vertreter von Tiergruppen mit hohem Indikatorwert im Plangebiet zu kartieren gewesen. Ein Nachschauen hätte sich gelohnt, wie spätere eingehendere Untersuchungen zeigten. So sei das "ökologische Gutachten zum geplanten Bau der Südumgehung Buchschlag: L 3262 neu" von Dr. G. Rausch 1995 im Auftrag des BUND zu dem Ergebnis gekommen, dass der im Bebauungsplan vorgesehene Trassenbereich beinahe durchgehend eine hohe ökologische Wertigkeit besitze. Das Gutachten stehe in Übereinstimmung mit einer Umweltverträglichkeitsstudie, die im Auftrag der Stadt Dreieich für eine Neuplanung der L 3262 neu (jetzt als "Stadtstraße" bezeichnet) durchgeführt worden sei.

Auch die bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials erforderliche Bestandsaufnahme der Pflanzenwelt hinsichtlich des gesetzlich angeordneten Arten- und Biotopschutzes für Pflanzen sei nicht vorgenommen worden. In dem kleinräumigen Nebeneinander verschiedener Offenland-Biotoptypen wie Äcker, Grünland, Obstbaumwiesen, Kleingärten begründe sich ein Strukturreichtum, der sich im Plangebiet in der vergleichsweisen hohen Zahl von 472 Gefäßpflanzenarten niederschlage, von denen 13 bestandsgefährdet seien. Bei einer Bestandskartierung hätten die Vorkommen von knolliger Spierstaude, Wasserfeder, kleinem Hainkraut, Tressbin-Federschwinge, echtem Wasserschlauch, Krebsschere und Seekanne voraussichtlich die Antragsgegnerin wegen des gesetzlichen Artenschutzes dieser Pflanzen veranlasst, deren Standorte von einer Bebauung oder Änderung der Flächennutzung auszusparen.

Auch die erforderliche Bestandsaufnahmen des örtlichen Klimas und die Bewertung der von der Planung verursachten Klimaänderungen seien nicht vorgenommen worden, was von den Antragstellern näher ausgeführt wird.

Die Antragsteller beantragen,

den Bebauungsplan Nr. 2/83 "Gewerbegebiet Sprendlingen-Süd" für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Sie trägt vor: Der Einwand der mangelnden Planrechtfertigung gehe ins Leere, da das Straßenbauamt sich mit Schreiben vom 25.03.1988 mit diesem Verfahren einverstanden erklärt habe und das betreffende Straßenstück nicht nur ein Teil der Südumgehung, sondern gleichzeitig die Haupterschließungsstraße für das Baugebiet darstelle. Auch bei einem eventuellen Verzicht auf den Bau der geplanten Landesstraße werde das Straßenstück, so wie im Plan ausgewiesen, realisiert. In diesem Fall würde lediglich das letzte Endstück nicht ausgebaut. Sollte das Planfeststellungsverfahren für die Weiterführung wider Erwarten nicht fortgesetzt werden, werde die Antragsgegnerin die Weiterführung gegebenenfalls durch eigene Bauleitplanung betreiben. In Anwendung des § 8 Abs. 3 BauGB sei die Südumgehung im Geltungsbereich des Bebauungsplans Sprendlingen-Süd durch die 2. Änderung zum Flächennutzungsplan zwischenzeitlich als "Fläche für den Straßenverkehr-überörtliches Straßennetz" dargestellt.

Die Möglichkeit der Ausweisung eines zweiten Geltungsbereichs des Bebauungsplans zur Sicherung von Ausgleichsflächen habe es nach der damaligen Rechtslage nicht gegeben. Statt ihrer habe daher nur eine Darstellung im Flächennutzungsplan als "ökologisch bedeutsames Grünland" vorgenommen werden können. Es werde bestritten, dass die von der Gegenseite geforderte Kartierung notwendig gewesen sei. Der Bebauungsplan entspreche gerade zur Frage der ausreichenden Berücksichtigung ökologischer Belange höchsten Anforderungen. Die Fauna sei tatsächlich nicht gesondert untersucht worden. Hierzu habe es keine Veranlassung gegeben. Etwaige Bedenken der Naturschutzbehörden seien ausgeräumt worden, indem sich die Stadt bereit erklärt habe, auf Bauflächen in den Baierhansenwiesen zu verzichten. Hinsichtlich der Forderung nach qualitativ angemessenem Ausgleich werde darauf hingewiesen, dass gerade die Aufwertung von ca. 32 ha Freiflächen in dem Bereich Baierhansenwiesen als Fläche im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB a.F. im Einvernehmen zwischen der Stadt Dreieich und der oberen Naturschutzbehörde erfolgt sei und die Aufwertung vorhandener Freiräume als Ausgleichsmaßnahme anerkannt worden sei. Hinzu komme die Renaturierung und Freilegung des Hengstbaches und des verrohrten Schlagsbaches. Diese Forderung sei für zusätzliche verbindliche Ausgleichsmaßnahmen außerhalb des Bebauungsplanbereichs zwischenzeitlich teilweise vollzogen (Renaturierung Hengstbach bzw. derzeit in der Planung, Renaturierung Schlagsbach, landschaftsplanerischer Ideenwettbewerb Baierhansenwiesen). Bei der ökologischen und naturräumlichen Bestandsuntersuchung zum Grünordnungsplan Dreieich seien weder kaltlufterzeugende Quellmuldenbereiche mit hoher Wasserverdunstungs- und Versickerungskapazität noch besondere Grundwasserströme festgestellt oder kartiert worden.

Am 14.12.1999 hat die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Dreieich die Aufstellung eines Bebauungsplans für eine "Stadtstraße" als Umfahrung der Stadtteile Buchschlag und Sprendlingen beschlossen, die sich an der Trasse der Südumgehung Buchschlag-Sprendlingen orientiert.

Dem Senat liegen die das Planfeststellungsverfahren betreffenden Gerichtsakten des Hess. VGH 2 UE 112/98 vor. Ferner liegen vor: Ein Ordner mit Aufstellungsunterlagen sowie zwei Hefter der Antragsgegnerin, der Regionale Raumordnungsplan Südhessen 1986, der Landschaftsplan des Umlandverbandes Frankfurt für den Bereich "Gewerbegebiet Sprendlingen-Süd" der Stadt Dreieich, Unterlagen des Umlandverbandes Frankfurt zur 2. Änderung des Flächennutzungsplans Dreieich sowie ein gehefteter Vorgang des Antragsteller-Bevollmächtigten. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist statthaft. Die Antragsteller wenden sich im Wege des Normenkontrollverfahrens gegen einen Bebauungsplan und damit gegen eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, über deren Gültigkeit der Hessische Verwaltungsgerichtshof nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 11 Abs. 1 HessAGVwGO entscheidet.

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig. Die Antragsteller haben durch den Bebauungsplan einen Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in absehbarer Zeit zu erwarten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt die Neufassung der Antragsbefugnis in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der Fassung des 6. VwGOÄndG vom 01.11.1996 (BGBl. I S. 1626) nicht für Normenkontrollanträge, die vor dem 01.01.1997 gestellt worden sind (Urteil vom 12.03.1998 - 4 CN 12.97 - BauR 1998, 637), weil die durch § 47 Abs. 2 VwGO a.F. eingeräumte Verfahrensposition nicht ohne weiteres habe beseitigt werden können. Der Senat, der mangels einer Übergangsregelung grundsätzlich das neue Verfahrensrecht für anwendbar hält, ist der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit der Maßgabe gefolgt, dass er offengelassen hat, ob für vor dem 01.01.1997 gestellte Normenkontrollanträge im Ergebnis eine Meistbegünstigung Platz greift, d. h., zu Gunsten des jeweiligen Antragstellers die alte und/oder neue Fassung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Anwendung kommt (Beschluss des Senats vom 03.07.1998- 4 N 972/92 -). Diese Frage kann auch hier offen bleiben, da die Antragsteller nach altem Recht antragsbefugt sind. Einen Nachteil im Sinne der vorgenannten Bestimmung kann geltend machen, wer vorträgt, durch die angegriffene Norm mehr als nur unwesentlich in einem Interesse beeinträchtigt zu werden, das bei der Aufstellung des Bebauungsplans als beachtenswerter privater Belang gemäß § 1 Abs. 6 BauGB in die Abwägung hätte eingestellt werden müssen oder nicht genügend berücksichtigt worden ist (BVerwG, Beschluss vom 09.11.1979 - 4 N 1.78, 4 N 2. bis 4.79 - BVerwGE 59, 87 [100]). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Antragsteller haben insofern einen Nachteil zu erwarten, als auf der Grundlage des Bebauungsplans ihre in die ausgewiesene Verkehrsfläche fallenden Grundstücksteilflächen enteignet werden können.

Der Normenkontrollantrag ist begründet.

Die Durchführung des Anzeigeverfahrens, das gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB 1987 ortsüblich bekannt zu machen war, ist im Ergebnis ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung der Stadt Dreieich vom 22.04.1981 in der geänderten Fassung vom 03.03.1988 erfolgen die öffentlichen Bekanntmachungen der Stadt Dreieich, auch die der Genehmigung eines Bebauungsplans, in der Offenbach-Post. Die Antragsgegnerin hat die Durchführung des Anzeigeverfahrens für Teile des Bebauungsplans in der Offenbach-Post vom 04.03.1989, für die der Regierungspräsident vorweg mitgeteilt hatte, dass Rechtsverletzungen nicht geltend gemacht werden, öffentlich bekannt gemacht. Sie hat die Bekanntmachung für den gesamten Plan in der Offenbach-Post vom 21.04.1989 wiederholt. Die Bekanntmachung vom 04.03.1989 ist als versuchte Teil-Inkraftsetzung des Bebauungsplans fehlerhaft. § 11 Abs. 3 Satz 2 BauGB 1987 sieht das Anzeigeverfahren nur für den Bebauungsplan insgesamt vor. Die Regelung kennt keine Prüfung und demgemäß auch keine Bekanntmachung gemäß § 12 Satz 1 BauGB 1987 für sachliche Teile des Bebauungsplans vorweg. Eine derartige teilweise Inkraftsetzung würde einen Beitritt der Gemeinde zu der teilweisen Inkraftsetzung des Bebauungsplans erforderlich machen, die nicht erfolgt ist. Im Hinblick auf die Fehlerhaftigkeit der Bekanntmachung vom 04.03.1989 ist mit der 2. Bekanntmachung der mit der Bekanntmachung der Satzung verfolgte Hinweiszweck noch erreicht worden.

Der Bebauungsplan ist im Parallelverfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans aufgestellt worden. Formelle Fehler bei der Fortschreibung des Flächennutzungsplans sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Festsetzung der Verkehrsflächen für die Binnenerschließung über die Trasse der geplanten L 3262 ist nicht deshalb unwirksam, weil sie nicht von einer den Anforderungen des § 1 Abs. 3 BauGB gerecht werdenden Planrechtfertigung getragen würde. Bauleitpläne haben der Ordnung der städtebaulichen Entwicklung, zu der auch die Ausweisung von Verkehrsflächen für die Erschließung der Grundstücke gehört, zu dienen, und dem ist nur genügt, "wenn überhaupt hinreichend gewichtige städtebaulich beachtliche Allgemeinbelange für eine bestimmte Planung sprechen" (BVerwG, B. v. 18.12.1987 - 4 NB 4.87 - BRS 47 Nr. 34). Das gilt auch für die Festsetzung einer öffentlichen Verkehrsfläche (Straße) nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB, die der Rechtfertigung durch Gründe des Allgemeinwohls in dem Sinne bedarf, dass die Festsetzung "objektiv vernünftigerweise geboten" sein muss (OVG Münster, U. v. 22.03.1993 - 11 a NE 64/89 - NVwZ-RR 1994, S. 311). Dabei besitzt die Gemeinde, die gerade bewusst Städtebaupolitik betreiben soll (BVerwG, B. v. 14.08.1995 - 4 NB 21.95 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86) ein weites planerisches Ermessen. Ein Bebauungsplan ist im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich, soweit er nach der städtebaulichen Konzeption der Gemeinde erforderlich ist (BVerwG, U. v. 07.05.1971 - IV C 76.68 - BRS 24 Nr. 15). Nach Auffassung des Senats sind für eine Planrechtfertigung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB nur verhältnismäßig geringe Anforderungen an die planerische Konzeption der Gemeinde zu stellen, die hier vorliegen. Die städtebaulichen Gründe für die Planung ergeben sich im ausreichenden Umfang aus dem streitgegenständlichen Bebauungsplan und seiner Begründung. Allerdings kann dafür nicht auf den 3. Abschnitt der Planbegründung "Veranlassung" zurückgegriffen werden, in dem lediglich dargelegt wird, warum für den im Geltungsbereich des Bebauungsplans liegenden Teilabschnitt der geplanten Trasse, die im Übrigen vorausgesetzt und nicht begründet wird, aus Zweckmäßigkeitsgründen Planungsrecht über den Bebauungsplan und nicht über ein Planfeststellungsverfahren wie für die übrigen Abschnitte der Südumgehung geschaffen werden soll. Der Senat entnimmt die Konzeption der Antragsgegnerin der im Abschnitt 5 der Planbegründung dargelegten städtebaulichen Zielvorstellung. Hier werden im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan das Planungskonzept sowohl hinsichtlich der Verkehrsflächen im Plangebiet (Südumgehung und Erschließung des Gewerbegebiets) als auch hinsichtlich der Funktion der im Plangebiet ausgewiesenen Nutzungen für die Entwicklung der Wirtschafts- und Erwerbsstruktur von Dreieich angesprochen.

Ob die Verkehrsflächen nach Lage und Dimensionierung als Trasse der L 3262 und für die Binnenerschließung des Gewerbegebiets so - wie geschehen - geplant werden konnten, ist eine Frage der Abwägung. Insoweit verstößt - wie darzulegen ist - der Bebauungsplan nicht gegen das Gebot gerechter Abwägung (§ 1 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 BauGB).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, ist das Abwägungsgebot verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat und wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie hätte eingestellt werden müssen. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen Privatbelange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit anderer Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - IV C 50.72 - BVerwGE 45, 309 [314]). Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungsgebot genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet. Die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und als solche der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen. Die Kontrolle beschränkt sich im Rahmen des Abwägungsgebots auf die Frage, ob die Gemeinde die abwägungserheblichen Gesichtspunkte rechtlich und tatsächlich zutreffend bestimmt hat und ob sie die aufgezeigten Grenzen der ihr obliegenden Gewichtung eingehalten hat.

Die Antragsgegnerin hat den Belang der Erfordernisse des Verkehrs (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 BauGB) in ausreichendem Umfang abgewogen. Die Dimensionierung, Lage und Ausgestaltung der Verkehrsflächen im Plangebiet sind nicht bereits durch die Binnenerschließung des Gewerbegebiets gerechtfertigt, denen sie gemäß Nr. 6 der Planbegründung dienen sollen. Zutreffend haben der Deutsche Bund für Vogelschutz und andere in ihren Bedenken vom 26.10.1988 dargelegt, dass die geplante L 3262 als Erschließungsstraße für das Gewerbegebiet einen unnötig hohen Ausbaustandard aufweisen und für diesen Zweck eine mittig durch das Gewerbegebiet gelegte Erschließungsstraße mit direkter Anbindung der Gewerbegrundstücke ausreichen würde. Die geplante anbaufreie Straßentrasse ist vielmehr nur gerechtfertigt, wenn die Funktion der Trasse als Teil einer überörtlichen Verbindungsstraße, nämlich der Trassenführung der geplanten Südumgehung L 3262 neu, in den Abwägungsvorgang einbezogen ist. Eine entsprechende planungsrechtlich relevante Abwägung kann nicht dem Flächennutzungsplan des Umlandverbandes Frankfurt vom 06.07.1987 entnommen werden. Dieser enthält hinsichtlich der Trasse der L 3262 lediglich einen Vermerk, der ohne inhaltliche Abwägung von Anregungen und Bedenken in den Plan aufgenommen wurde. Eine Abwägung der Straßenplanung ergibt sich jedoch unter Berücksichtigung der planerischen Vorgabe durch die Landesstraßenverwaltung und der 2. Änderung des Flächennutzungsplans des Umlandverbandes für den Bereich der Stadt Dreieich, Stadtteil Sprendlingen, Südumgehung vom 28.03.1989. In diesem Änderungsverfahren hat sich der Umlandverband mit den Anregungen der Träger öffentlicher Belange und insbesondere dem von drei Verbänden entwickelten alternativen Verkehrskonzept, das eine südliche Umfahrung für Buchschlag und Sprendlingen hinfällig machen sollte, ausreichend auseinandergesetzt. Der sich aus diesem Änderungsverfahren ergebende Tatbestand liegt der gemeindlichen Bebauungsplanung zugrunde. Die Trasse der L 3262 neu entspricht in ihrer Dimensionierung und Ausgestaltung den in den Richtlinien für die Anlage von Straßen niedergelegten Erfahrungen der Hessischen Straßenbaubehörden, die - mangels gegenteiliger Regelung - brauchbare technische Daten für den Ausbau der Straßen geben. Die hier gewählte Ausgestaltung der Trasse mit einem Querschnitt von insgesamt 8 m Fahrbahn plus je 2 m Seitenstreifen ist eine der Varianten für anbaufreie Straßen in den genannten Richtlinien Teil: Querschnitte-RAS-Q-.

Die Antragsgegnerin hat sich bei der Aufstellung des Bebauungsplans auch mit den gemäß § 1 Abs. 5 Nr. 7 BauGB 1987 zu berücksichtigenden Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege ausreichend befasst. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu dem Abwägungsmaterial, das der Bewertung der Belange von Natur und Landschaft zugrundezulegen zu ist, bei raumbedeutsamen Planungen regelmäßig auch eine Bestandsaufnahme des Lebensraums von Tieren und Pflanzen und eine sachkundige Auswertung derselben und der Eingriffsfolgen sowie eine Zusammenstellung möglicher Ausgleichsmaßnahmen gehört (Hess. VGH, B. v. 19.12.1990 - 4 NG 1374/90 - = HessVGRspr. 1991, 65 = NuR 1991, 437 = NVwZ-RR 1991, 588). Diese Entscheidung erging zu einer Bebauungsplanung, der kein Landschaftsplan zugrundelag. Im vorliegenden Fall enthält der Landschaftsplan insbesondere in seinem Bestandsplan gebietsbezogene Aussagen über die Flora und in der Erläuterung auch Hinweise auf die Folgen der bebauungsplanbezogenen Eingriffe auf die Tierwelt. Insbesondere lässt sich nach Auffassung des Senats - jedenfalls, wenn sich die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Bestandsaufnahme für die Gemeinde nicht aufdrängt oder aus Hinweisen von Trägern öffentlicher Belange ergibt - nicht generell eine zusätzliche Bestandsaufnahme neben einem vorhandenen Landschaftsplan fordern. Der als Teil des Landschaftsplans vorgelegte Bestandsplan hat die in der Flur 16 vorhandenen landschaftlichen Elemente (beispielsweise Wiesenflächen, Brachflächen, Gehölzbrache/Feldgehölz, Einzel- und Obstgehölze sowie insbesondere erhaltenswerte Gehölze) erfasst. Die Begründung des Landschaftsplans enthält die Darstellung der Ist-Situation und der Auswirkungen des Planvollzugs auf die Tierwelt. Aus dem Bestandsplan in Zusammenhang mit der Begründung des Landschaftsplans lassen sich bei einem Vergleich mit den Ausweisungen im zeichnerischen Teil des Bebauungsplans generell die Auswirkungen der Eingriffe auf der Grundlage des Bebauungsplans ablesen. Auch soweit die Antragsteller den Anlass zu weiteren Bestandsaufnahmen mit Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange begründen, vermag der Senat dem nicht zu folgen: Im Hinblick auf die Stellungnahme der Bezirksdirektion für Forsten und Naturschutz in Darmstadt vom 24.02.1988 hat die Antragsgegnerin in ihrer Bewertung auf einen Erörterungstermin mit der BFN vom 25.04.1988 verwiesen, in dem Einvernehmen über einen Ausgleich durch die Aufwertung von ca. 32 ha Freifläche im Bereich Baierhansenwiesen/Seegewann erzielt worden sei. Die Stellungnahmen von drei Verbänden u. a. dem Deutschen Bund für Vogelschutz vom 08.03.1988 weist auf Defizite des Landschaftsplans hin, ohne jedoch konkrete Hinweise für das Vorkommen von schützenswerten Pflanzenfamilien und Tierarten zu geben, die zunächst mindestens das Erfordernis einer örtlichen Begehung als Vorbereitung einer zusätzlichen Kartierung aufgezeigt hätten. Auch in der Stellungnahme der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald vom 28.09.1988 fehlen Hinweise auf die konkreten Folgen der Trassenplanung der L 3262. Der Landschafts- und Grünordnungsplan Grebe enthält schließlich nach übereinstimmender Auffassung keine konkreten Angaben für das Plangebiet. Das von den Antragstellern angeführte "Ökologische Gutachten zum geplanten Bau der Südumgehung Buchschlag: L 1362 neu" von Dr. G. Rausch aus dem Jahr 1995 und die Umweltverträglichkeitsstudie aus dem Jahre 1996 konnten von der Antragsgegnerin im Jahre 1989 noch nicht berücksichtigt werden.

Der Bebauungsplan ist aber fehlerhaft, weil der beabsichtigte Ausgleich für die durch seinen Vollzug entstehenden Eingriffe in Natur und Landschaft außerhalb des Plangebiets in zweierlei Hinsicht fehlgeschlagen ist:

Ausweislich der Planbegründung sollte der Ausgleich durch Darstellung einer 32 ha großen Freifläche im Gebiet Baierhansenwiesen/Seegewann als "Fläche für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB" im Flächennutzungsplan und durch konkrete Ausgleichsmaßnahmen in diesem Bereich erfolgen. Als konkrete Maßnahmen der Kompensation sind die Renaturierung des Schlagsbaches und des Hengstbaches in diesem Bereich vorgesehen. Die Änderung des Flächennutzungsplans durch Darstellung eines Gebiets als ökologisch wertvolle Fläche ist keine Ersatzmaßnahme, die einen Ausgleich für mit dem Vollzug eines Bebauungsplans verbundene Eingriffe in Natur und Landschaft als Realkompensation darstellt (Blume, NVwZ 1993, S. 941 [942]; Louis, ZUR 1993, 146 [150]). Eine Kompensation kann nur durch eine rechtliche Aufwertung von Flächen durch entsprechende Festsetzungen in einem Bebauungsplan bzw. durch die Übertragung des Ausgleichs auf ein nachfolgendes Verwaltungsverfahren erfolgen, wenn dessen Ergebnis als sicher bereits im Rahmen der planerischen Abwägung antizipiert werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 09.05.1997 - 4 N 1.96 - BRS 59 Nr. 11 = NuR 1997 S. 446 mit Anm. Louis; vgl. auch Hess. VGH, B. v. 26.02.1999 - 4 N 3578/97 - [Verkehrsprobleme]). Die Antragsgegnerin ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass auf der Grundlage des Baugesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.12.1986 (BGBl. I S. 2253) - BauGB 1987 - eine Ausweisung eines Gebiets durch Bebauungsplan als ökologisch bedeutsames Grünland als Grundlage für eine Realkompensation der mit dem Vollzug eines Bebauungsplans verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft rechtlich nicht zulässig war. Ebenso wie die Ausweisung einer privaten Grünfläche formal ihre Grundlage in § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB 1987 finden konnte (vgl. Hess. VGH, U. v. 18.05.1989 - 4 UE 970/85 - HessVGRspr. 1990, 9 = NuR 1991, 238 = RdL 1990, 202) hätte nach damaligem Recht die Ausweisung einer Fläche als ökologisch bedeutsames Grünland auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB 1987 erfolgen können. Die Planrechtfertigung ergibt sich aus der Funktion als Ausgleichsfläche. Ein Bebauungsplan kann zulässigerweise auf die Festsetzung von Flächen nach Nr. 20 beschränkt sein, wenn dies der positiven planerischen Konzeption der Gemeinde entspricht und nicht eine bloße "Negativplanung" ist (BVerwG, B. v. 27.07.1990 - 4 NB 156.89 - BRS 50 Nr. 101 = NVwZ 1991, S. 62). Auch die Antragsgegnerin hat in ihrer Bewertung der Stellungnahme des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 27.12.1988 die für Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Flächen als wichtige innerstädtische Grünzüge, die der Bevölkerung zur Erholung dienen, bezeichnet und damit die ökologische Aufwertung dieser Flächen aus städtebaulichen Gründen als erforderlich angesehen.

Die Berechnung des Ausgleichs der durch den Vollzug des Bebauungsplans entstehenden Eingriffe in Natur und Landschaft, die die Antragsgegnerin vorgenommen hat, hat keine geeignete Grundlage. Wie der Senat in seinem Urteil vom 12.02.1993 (- 4 UE 2744/90 - BRS 55 Nr. 46) näher dargelegt hat, führt die hier von der Antragsgegnerin angewandte Berechnungsmethode nach dem Differenzverfahren notwendigerweise zu willkürlichen Ergebnissen. Erforderlich war eine Gesamtbewertung aller vier hier maßgeblichen naturschutzrechtlichen Belange (Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, Landschaftsbild, Erholungswert und örtliches Klima; § 5 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 19.09.1980, GVBl. 1980 I S. 309; hinzugekommen sind nach geltendem Recht die Lebensbedingungen der Tier- und Pflanzenwelt; § 5 HENatG in der Fassung vom 16.04.1996, GVBl. I S. 145). Die Bewertung von Eingriff und Ausgleich nach der Differenzmethode erfasst die maßgeblichen naturschutzrechtlichen Belange nicht und ist aus diesem Grunde rechtsfehlerhaft.

Der mit der Änderung des Flächennutzungsplans beabsichtigte Ausgleich ist nach alledem fehlgeschlagen. Eine Bauleitplanung ist nichtig, jedenfalls unwirksam, wenn das Planungsergebnis der aus den Planaufstellungsvorgängen zu entnehmenden Planungsabsicht nicht entspricht (Hess. VGH, B. v. 25.08.1994 - 4 N 796/92 - HessVGRspr. 1995, S. 75; U. v. 06.04.1979 - IV N 7/77 - BRS 35 Nr. 4).

Die materiellen Fehler des Bebauungsplans führen nicht zur Feststellung seiner Nichtigkeit. Sie können durch ein ergänzendes Verfahren im Sinne von § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB behoben werden. Diese Vorschrift ist auch auf vorher in Kraft getretene Bebauungspläne anzuwenden (§ 233 Abs. 2 BauGB). Auch bezüglich der materiellen Fehler des Plans besteht die konkrete Möglichkeit der Fehlerbehebung in einem ergänzenden Verfahren, da Grundzüge der Planung nicht berührt werden (vgl. BVerwG, U. v. 08.10.1998 - 4 CN 7.97 - BRS 60 Nr. 52). Die Anwendung des § 215 a Abs. 1 BauGB ist weder im Hinblick auf den Beschluss der Antragsgegnerin vom 14.12.1999, der die Aufstellung eines Bebauungsplans für eine "Stadtstraße" zum Gegenstand hat, noch im Hinblick auf die erheblichen Kosten der Ausgleichsmaßnahmen, die nach geltendem Recht (§ 8 a BNatG i.V.m. § 1 a BauGB) ausschließlich von der Antragsgegnerin finanziert werden müssen und nicht auf die Grundstückseigentümer überwälzt werden können, ausgeschlossen. Das Gericht hat keine Wahrscheinlichkeitsprognose darüber anzustellen, ob der streitige Bebauungsplan in einem ergänzenden Verfahren voraussichtlich bestätigt wird.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens in vollem Umfang zu tragen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Anwendung von § 155 Abs. 1 VwGO (Kostenteilung) scheidet aus, obwohl der Senat den Bebauungsplan nicht für nichtig, sondern nur für unwirksam bis zur Behebung der Mängel erklärt hat. Hierin ist kein teilweises Unterliegen der Antragsteller zu sehen. Die in Anwendung von § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO erfolgte Tenorierung soll vielmehr lediglich verdeutlichen, dass eine Heilung der als fehlerhaft erkannten Satzung möglich ist. Bis zu einer eventuellen Heilung bleibt der Bebauungsplan aber im gleichen Umfang suspendiert wie bei einer Nichtigerklärung. Im Übrigen ist eine Fehlerheilung durch teilweise Verfahrenswiederholung grundsätzlich auch dann zulässig, wenn die Satzung zuvor in einem Normenkontrollverfahren für nichtig erklärt worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.05.1993 - 4 N 2.92 -, DVBl. 1993, 1096). Hieran hat sich durch das Inkrafttreten der §§ 215 a Abs. 1 BauGB und 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO am 01.01.1998 nichts geändert (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 06.02.1998 - 3 S 731/97 -).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht erfüllt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG und entspricht der vom Senat geschätzten Bedeutung für die Antragsteller.

Ende der Entscheidung

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